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Entscheidung 13 WF 7/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 10.05.2023
Aktenzeichen 13 WF 7/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0510.13WF7.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Verfahrenskostenhilfe versagende Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg vom 24.11.2022 abgeändert und der Beschwerdeführerin Verfahrenskostenhilfe für den ersten Rechtszug unter Beiordnung der Rechtsanwälte R…in Cottbus bewilligt.

Gründe

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Am vorliegenden Verfahren, in welchem der Vormund die familiengerichtliche Genehmigung für einen Antrag auf öffentlich-rechtliche Namensänderung der Mündel bei der Verwaltungsbehörde erstrebt, ist die Beschwerdeführerin gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zu beteiligen, weil durch die beantragte Entscheidung unmittelbar in ihre Elternrechte eingegriffen werden soll (vgl. BGH NJW 2020, 1220).

Der Beschwerdeführerin ist für ihre Beteiligung an diesem Verfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten zu bewilligen. Ihre Rechtsverteidigung hat ausreichende Aussicht auf Erfolg (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 S. 1 ZPO).

Die beantragte Genehmigung eines Antrags des Vormunds auf Namensänderung seiner Mündel greift in das durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternrecht ein, das das Interesse auch des nichtsorgeberechtigten Elternteils an der Beibehaltung der namensmäßigen Übereinstimmung als äußeres Zeichen der persönlichen Bindung zu seinem Kind schützt. Das Verfahren wird auf Antrag begonnen, das Gericht hat dann von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen, insbesondere Beteiligte von Amts wegen hinzuzuziehen und Anzuhörenden rechtliches Gehör zu gewähren, §§ 26, 29, 159, 160 Abs. 1 FamFG und eine Entscheidung zu treffen, die das Mündelwohl, aber auch die Grundrechte weiterer Beteiligter berücksichtigt.

Das Familiengericht ist bei der Entscheidung über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu besonderer Zurückhaltung bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 S. 1 ZPO) der am Verfahren beteiligten Grundrechtsträger angehalten.

Im Verfahren gemäß § 2 NamÄndG darf die Erfolgsaussicht nicht danach beurteilt werden, ob der Vortrag des Elternteils geeignet ist, das von ihm angestrebte Verfahrensergebnis zu erreichen, also die beantragte Genehmigung abzuwenden. Dieser in Streitsachen zutreffende Entscheidungsmaßstab wird den Besonderheiten eines Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Kindschaftssachen nicht gerecht. Verfahrenskostenhilfe ist in diesen Verfahren vielmehr schon dann zu bewilligen, wenn der Verfahrensgegenstand einen ernsthaften Anlass zu eingehender Überprüfung erkennen lässt und zu erwarten ist, der Beteiligte werde Tatsachenschilderungen und Rechtsansichten vortragen können, um seine Rechte geltend zu machen (vgl. Senatsbeschluss, FamRZ 2017, 310 zum Umgangsausschluss), oder die bei der Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen zu berücksichtigen sein werden.

Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe entspricht nicht nur dem rechts- und sozialstaatlichen Gebot, dem unbemittelten die Wahrnehmung seiner Verfahrensrechte ebenso zu ermöglichen wie dem bemittelten Beteiligten. Die Bewilligung verhilft dem Beteiligten vielmehr auch dazu, den in Betracht kommenden Grundrechtseingriff (Art. 6 Abs. 2 GG), den das bewilligende Gericht selbst anordnen wird, wirksam zu kontrollieren. Es ist ein Gesichtspunkt der Grundrechtsgewährleistung durch Verfahrensgestaltung (vgl. BVerfGE 53, 30, 65; 55, 171, 182; 79, 51, 66 f.; 99, 145, 162; 143, 1, 19), dem unbemittelten Beteiligten die professionelle Hilfe bei die Wahrnehmung seiner Verfahrensrechte zu ermöglichen. Nicht die Schwere eines möglichen Eingriffs vermittelt einen Anspruch auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, sondern die Notwendigkeit, die Gesichtspunkte des eigenen Elternrechts im Verfahren zur Geltung zu bringen (vgl. Musielak/Borth/Frank, FamFG, 7. Aufl. 2022, § 76 FamFG Rdnr. 13 f. MüKo-FamFG-Viefhues, 3. Aufl. 2018, § 76 Rdnr. 33 zu Sorgerechtsverfahren).

Diese Erwartung, die Beschwerdeführerin werde Tatsachen oder Rechtsansichten vortragen, die bei der Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen relevant sein können, kann ihren Ausführungen nicht abgesprochen werden. Ihre Einwände, dass zwischen den Interessen der Kinder und ihrer Pflegeeltern unterschieden und beachtet werden sollte, dass das letzte Band der Kinder zu ihrer Mutter zerschnitten werde (Bl. 12), sind auch nicht von vornherein ungeeignet, auf Art und Umfang der familiengerichtlichen Ermittlungen oder die Bewertung von Wohl und Interessen der Mündel Einfluss zu nehmen.

Einer Entscheidung über die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens bedarf es nicht (§§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 76 Abs. 2 FamFG, 574, Abs. 2, 3 ZPO), besteht nicht.