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Entscheidung 6 U 78/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 25.04.2023
Aktenzeichen 6 U 78/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0425.6U78.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 22. Juni 2022 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus, Az.: 1 O 174/21, teilweise abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.088,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.06.2021 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Im Übrigen darf der Beklagte die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 15.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Das angefochtene Urteil ist - soweit es Bestand hat - ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren und - in Abänderung der landgerichtlichen Wertfestsetzung auch für das Verfahren erster Instanz - auf 25.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien sind in S… zugelassene Rechtsanwälte. Der Kläger begehrt von dem Beklagten, es zu unterlassen, mit Mandanten Vergütungsvereinbarungen zu treffen, durch die diese für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe verpflichtet werden, an ihn zusätzlich zu der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung (Abschlags-)Zahlungen in Höhe der Differenz zur Wahlanwaltsvergütung (§ 13 RVG) zu leisten. Weiterhin verlangt er von dem Beklagten, es zu unterlassen, entsprechende Gebühren zu verlangen bzw. in Empfang zu nehmen. Schließlich verlangt er die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nach einem Gegenstandswert von 20.000 € unter Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zzgl. Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG.

Der Klage liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Am 23.11.2020 hatte der Beklagte mit seiner damaligen Mandantin Frau B… eine „Vergütungsvereinbarung" getroffen, die auszugsweise lautete:

„I Vergütung

Die Auftraggeberin schuldet dem Rechtsanwalt gemäß § 49b BRAO mindestens die gesetzliche Vergütung.

Der Rechtsanwalt erhält für die Vertretung im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Cottbus wegen Kündigung eine Abschlagszahlung in Höhe von insgesamt 252,30 €. Dieser Berechnung liegt ein Gegenstandswert von 6.000,00 € zu Grunde. Sollte durch das Gericht ein anderer Gegenstandswert festgelegt werden, ist eine Neuberechnung erforderlich.

Diese Abschlagszahlung wird bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr durch die im Rahmen der Prozess-/Verfahrenskostenhilfe aus der Landeskasse geleisteten Zahlungen ergänzt. (…)

Die Summe von Abschlagszahlung und die von der Landeskasse geleisteten Zahlung entsprechen der gesetzlichen Mindestgebühr.“ (...)

III Fälligkeit

Die vereinbarte Abschlagszahlung ist in monatlichen Raten zu je 50,-- auf das Konto der ... zu zahlen.“ (Anlage K1, Bl. 8 d.A.).

Am 25.11.2020 fertigte der Beklagte als Prozessbevollmächtigter der Mandantin B… eine Klageschrift verbunden mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und reichte diese bei dem Arbeitsgericht Cottbus ein. Mit Schriftsatz vom 2.12.2020 erweiterte der Beklagte die Klage um 2.000 €. Der Rechtsstreit endete in mündlicher Verhandlung vom 17.12.2020 mit einem Vergleich (vgl. Anlage K3, Bl. 13f. d.A.). Mit Beschluss vom 07.01.2021 gewährte das Arbeitsgericht der Mandantin des Beklagten unter dessen Beiordnung antragsgemäß Prozesskostenhilfe mit Rückwirkung zum 25.11.2020 (Anlage K4, Bl. 15 d.A.). Unter dem 26.01.2021 berechnete der Beklagte gegenüber seiner Mandantin die von ihm beanspruchte Anwaltsvergütung auf Grundlage des nach Klageerweiterung auf 8.000 € erhöhten Gegenstandswerts. Diese übersandt er der Mandantin mit Anschreiben vom selben Tag, in dem er u.a. ausführte: „Ich erlaube mir daher, Ihnen die Neuberechnung, die in der Anlage beigefügt ist, bekannt zu geben und bitte Sie, diesen neuen Betrag in Höhe von 686,14 € bei Ihrer Ratenzahlung zu berücksichtigen“ (Anlage K 5, Bl. 16 f. d.A.).

Der Kläger sah dieses Abrechnungsverhalten des Beklagten als unlauter im Sinne des §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 122 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. §§ 4, 50 RVG, § 307 BGB, § 3a RVG und § 352 StGB an, weil der Beklagte Gebühren verlange und entgegennehme bzw. sich versprechen lasse, die ihm nicht zustünden. Er forderte den Beklagten mit Schreiben vom 01.02.2021 auf, dies künftig zu unterlassen und eine entsprechende Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Dem kam der Beklagte nicht nach.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es künftig zu unterlassen, von seinen Mandanten zusätzliche Gebühren zu verlangen und in Empfang zu nehmen, wenn er aufgrund gerichtlicher Bestimmung diesen im Rahmen von § 121 ZPO beigeordnet worden ist, so wie es mit seiner Abrechnung vom 26.01.2021 (Dateinummer: jf 11061.dox) geschehen ist;

2. den Beklagten zu verurteilen, bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es künftig zu unterlassen, entgegen § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, § 45 RVG mit seinen Mandanten Vergütungsvereinbarungen zu schließen, die zum Nachteil seiner Mandanten die Verpflichtung enthalten, an ihn Zahlungen zu leisten, so wie es mit Abschluss der Vergütungsvereinbarung vom 23.11.2020 geschehen ist;

3. den Beklagten weiter zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.088,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Den Klageantrag zu 2. hat der Kläger zuletzt, wie er gemeint hat, im Wege einer Berichtigung, dahin gefasst,

dem Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, aufzugeben, es zu unterlassen, mit Mandanten Vergütungsvereinbarungen zu schließen, durch die diese für den Fall der PKH-Bewilligung verpflichtet werden, zusätzlich zu den aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren nach §§ 44ff. RVG an ihn (Abschlags-)Zahlungen zu leisten, so wie es mit Abschluss der Vergütungsvereinbarung vom 23.11.2020 geschehen ist (Anlage K1 zur Klageschrift).

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, aus der Zusammenschau von § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG und § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ergebe sich, dass eine Vergütungsvereinbarung auch mit Mandanten, denen Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei, bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung nach § 13 RVG wirksam sei.

Das Landgericht hat den Unterlassungsanträgen gestützt auf § 8 Abs. 1, Abs. 3, § 2 Nr. 1, § 3a UWG i.V.m. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, § 352 Abs. 1 StGB stattgegeben und dem Beklagten aufgegeben, es zu unterlassen, gegenüber einem ihm im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Mandanten eine Wahlanwaltsvergütung zu vereinbaren oder eine zuvor vereinbarte Wahlanwaltsvergütung geltend zu machen. Die Parteien seien Wettbewerber im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG und es sei auch eine Wiederholungsgefahr für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG gegeben. Der Beklagte habe als beigeordneter Rechtsanwalt mit seiner Vergütungsforderung vom 26.01.2021 gegenüber seiner Mandantin eine gegen die Marktverhaltensregelung des § 352 Abs. 1 StGB verstoßende, wettbewerbswidrige geschäftliche Handlung im Sinne von § 3a UWG unternommen. Der Beklagte habe entgegen des Verbots der Gebührenüberhebung in § 352 Abs. 1 StGB höhere als die gesetzlich zulässigen Gebühren beansprucht, indem er als im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt von seiner Mandantin auf Grundlage einer Vergütungsvereinbarung die Differenz zur Wahlanwaltsvergütung verlangt habe, obwohl die gesetzliche Regelung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO insoweit eine Durchsetzungssperre anordne.

Der Kläger könne zudem verlangen, dass der Beklagte auch die Vereinbarung einer entsprechenden Vergütungsabrede unterlasse. Zwar sei nicht der Ansicht des Klägers zu folgen, dass eine solche Vergütungsvereinbarung von vornherein als nichtig und deshalb als unlauter zu bewerten sei, denn unter „gesetzlicher Vergütung“ im Sinne des § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG sei nicht die Vergütung nach §§ 45, 49 RVG, sondern die Regelvergütung im Sinne des § 13 RVG zu verstehen. Die Unlauterkeit der Vergütungsvereinbarung ergebe sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus einem Verstoß gegen Vorschriften des AGB-Rechts, das eine - zu missbilligende - Abweichung von dispositiven Regelungen voraussetze; hier liege nämlich eine Unvereinbarkeit mit zwingenden gesetzlichen Regelungen und damit ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB vor. Die Vergütungsabrede sei aber deshalb als unlauter zu bewerten, weil sich der Beklagte für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine für ihn nach § 122 Abs. 1 Nr. 2 nicht durchsetzbare Vergütung habe sichern wollen. Dies sei unabhängig davon, dass der Straftatbestand des § 352 Abs. 1 StGB zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vergütungsvereinbarung mangels Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht erfüllt gewesen sei, als nach § 3a UWG i.V.m. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO unlauteres Verhalten zu bewerten. Der vorbeugende Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG könne auch dann geltend gemacht werden, wenn eine Zuwiderhandlung gegen die gesetzliche Vorschrift erst drohe. Die Regelung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO stehe mit dem dort gegenüber bedürftigen Mandanten angeordneten Liquidationsverbot einer berufsausübungsbezogenen Marktverhaltensregelung gleich. Die inkriminierte Vergütungsvereinbarung ziele darauf ab, diese Regelung zu umgehen, weil sich der Beklagte Zahlungen versprechen lasse, die zusammen mit der aus der Staatskasse gezahlten Prozesskostenhilfevergütung den Betrag der Wahlanwaltsvergütung erreiche. Ein Anspruch auf diese Vergütung sei aber nach § 122 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht durchsetzbar.

Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gründe sich auf § 13 Abs. 3 UWG. Die Aufwendungen seien als sachlich erforderlich anzusehen, auch wenn der Kläger selbst Rechtsanwalt sei, weil, wie sich aus der Beauftragung eines spezialisierten Rechtsanwalts durch den Beklagten zeige, die im Streit stehende Rechtsfrage „nicht unschwer“ zu beantworten sei.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 23.06.2022 zugestellte Urteil mit am Montag, dem 25.07.2022 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit am 23.09.2022 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Er rügt, der Kläger habe mit dem Schriftsatz vom 04.02.2022 einen neuen Klageantrag zu 2) eingeführt, ohne den bisherigen zurückzunehmen. Die zuletzt gestellte Antragsfassung bilde das inkriminierte Vorgehen nicht zutreffend ab. Zahlungen der Mandantin seien nur vor Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt.

Inhaltlich wendet er sich unter Wiederholung der erstinstanzlich vorgebrachten Einwände gegen den Vorwurf unlauteren Verhaltens. Er vertritt weiter die Ansicht, aus § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. folge, dass ein beigeordneter Anwalt mit der bedürftigen Partei vereinbaren dürfe, dass diese ihm die Differenz zwischen den PKH-Gebühren der Tabelle des § 49 RVG und den Wahlanwaltsgebühren der Tabelle des § 13 RVG selbst zahlt. Hinsichtlich des scheinbaren Widerspruches zu § 122 Abs. 1 Satz 3 ZPO sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe von der ursprünglich vorgesehenen Nichtigkeit jeglicher Vergütungsvereinbarung abgesehen habe und die Nichtigkeit ausdrücklich auf die Vereinbarung einer höheren als der gesetzlichen Vergütung beschränkt habe. Dass er damit eine Vereinbarung erlaube, von der er zugleich (in § 122 Abs. 1 Satz 3 ZPO) verbiete, sie durchzusetzen, sei nicht vorstellbar. Vielmehr sei der Widerspruch durch Auslegung dahin aufzulösen, dass die Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nur der Durchsetzung einer über die originäre gesetzliche Vergütung hinaus geforderten Zahlung entgegenstehe. Diese Lösung berücksichtige auch den Rechtsgedanken des § 58 Abs. 2 Satz 1 RVG, nach der eine Anrechnung der von der Partei an den Rechtsanwalt geleisteten Zahlungen auf die Vergütung aus der Landeskasse erst stattfinde, wenn insgesamt die gesetzliche Wahlanwaltsvergütung überschritten werde, sowie die dort enthaltene Regelung betreffend eines dem Mandanten gezahlten Vorschusses. Dies sei letztlich auch im Interesse der bedürftigen Partei, die dann wählen könne zwischen einem reinen PKH-Anwalt, einem Anwalt, der für die verminderten Sätze nicht tätig werde und von ihr die vollen gesetzlichen Gebühren fordere und einem Anwalt, der bis zur Höhe der PKH-Gebühren aus der Landeskasse bezahlt werde und der von ihr nur noch Zahlung der Differenz zu der gesetzlichen Vergütung verlange.

Die Auffassung des Landgerichts zur Auslegung der § 3a Abs. 3 RVG a.F. und § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO führe hingegen dazu, dass sich kein einziger Anwendungsfall des § 3a Abs. 3 RVG a.F. ergebe. Dass die Vergütungsvereinbarung, wie das Landgericht angenommen habe, im Fall einer Aufhebung der Prozesskostenbewilligung auflebe, entbehre eines Sinnes, weil dem Anwalt dann ohnehin ein Anspruch auf gesetzliche Vergütung gegenüber dem Mandanten zustehe, so dass es einer Vergütungsvereinbarung nicht bedürfte. Etwaige Nebenabreden seien von der Einschränkung des § 3a Abs. 3 RVG a.F. ohnehin nicht betroffen. Das Wiederaufleben der Vergütungsvereinbarung lasse sich auch nicht damit begründen, dass es dann als Rechtsgrundlage für eine etwaig freiwillig und vorbehaltslos erbrachte Zahlung herangezogen werden könne, denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien unverbindliche Vergütungsvereinbarungen voll kondizierbar.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags.

Der Senat hat mit Zustimmung der Parteien mit Beschluss vom 07.02.2023 die Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet. Als Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden konnten, wurde der 24.03.2023 bestimmt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). In der Sache ist das Rechtsmittel allerdings ganz überwiegend unbegründet. Verfahrensfehlerfrei und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht dem Kläger die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gegenüber dem Beklagten zugesprochen. Lediglich soweit das Landgericht darauf erkannt hat, dass dem Kläger gegenüber dem Beklagten auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten zusteht, unterlag das erstinstanzliche Urteil der Abänderung und war die Klage abzuweisen.

1. Entgegen der Ansicht des Beklagten leidet das landgerichtliche Verfahren nicht an einem Fehler insoweit, als die zuletzt gestellte Fassung des Klageantrags zu 2) gegenüber der zunächst angekündigten nicht als Klageänderung behandelt und hinsichtlich des in der Klageschrift zunächst formulierten Antrags keine ausdrückliche Klagerücknahme erklärt worden ist.

Anders als der Beklagte meint, hat der Kläger mit der Neufassung des Klageantrags zu 2) keine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO vorgenommen, denn der Streitgegenstand ist unverändert geblieben. Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger begehrte Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger diese Rechtsfolge herleitet. Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag besteht die begehrte Rechtsfolge in dem Verbot gerade der bestimmten - als rechtswidrig angegriffenen - Verhaltensweise (Verletzungsform), die der Kläger mit seinem Antrag und seiner zur Antragsauslegung heranzuziehenden Klagebegründung festgelegt hat (BGH, Urteil vom 29.05.2008 - I ZR 189/05 - Freundschaftswerbung im Internet, NJW 2008, 3711, m.w.N.). Mit seinem zunächst in der Klage angekündigten Antrag hat der Kläger unter Bezugnahme auf eine vom Beklagten mit einer Mandantin abgeschlossene Zahlungsvereinbarung dessen Verurteilung begehrt, es zu unterlassen, entgegen Vorschriften der ZPO und des RVG zu Zahlungspflichten eines Mandanten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, Vergütungsvereinbarungen zu schließen, die die Verpflichtung des Mandanten enthalten, an ihn Zahlungen zu leisten. Der neu gefasste Antrag ist unter wörtlicher Beschreibung der zuvor durch Verweis auf § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO und § 45 RVG bezeichneten Wirkungen der Prozesskostenhilfebewilligung auf dasselbe Klageziel gerichtet und nimmt auf dieselbe konkrete Verletzungshandlung Bezug.

Selbst wenn allerdings mit der Neufassung des Klageantrags zu 2) eine Klageänderung eingeführt worden wäre, wäre dies wirksam, ohne dass es dafür der Rücknahme des zunächst formulierten Klageantrags bedurfte. Nach § 263 ZPO ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte zustimmt oder das Gericht sie für sachdienlich ansieht. Eine entsprechende Zustimmung des Beklagten liegt auch vor, nämlich in Form seiner rügelosen Einlassung im schriftlichen Verfahren erster Instanz (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 34. Aufl., § 263 Rn. 12, § 267 Rn. 2).

2. Das Landgericht hat zu Recht den Beklagten antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, mit Mandanten Vergütungsvereinbarungen zu treffen, durch die die Mandanten verpflichtet werden, für den Fall der Prozesskostenbewilligung zusätzlich zu der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung Zahlungen an ihn zu leisten (Klageantrag zu 1), s. unten b)). Dem Landgericht ist ferner darin beizutreten, dass der Beklagte es zu unterlassen hat, aufgrund einer solchen Vereinbarung von seinen Mandanten zusätzliche Zahlungen zu verlangen und entgegenzunehmen, sofern dem betreffenden Mandanten Prozesskostenhilfe bewilligt und er ihm beigeordnet worden ist (Klageantrag zu 2), s. unten a)).

a) Dem Kläger steht nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 352 StGB ein Anspruch darauf zu, dass es der Beklagte unterlässt, über die ihm nach § 49 RVG zustehenden Gebühren hinaus zusätzliche Rechtsanwaltsvergütung auf Grundlage einer Vergütungsvereinbarung von seinen Mandanten zu verlangen und entgegenzunehmen, wenn er diesem aufgrund gerichtlicher Entscheidung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 121 ZPO beigeordnet worden ist.

aa) Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der Kläger ein nach § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG anspruchsberechtigter Mitbewerber des Beklagten ist. Dies greift die Berufung nicht an.

bb) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist das Landgericht weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die Abrechnung von Gebühren, auf die ein Rechtsanwalt gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO keinen Anspruch hat, den Tatbestand des § 352 Abs. 1 StGB erfüllt und damit unlauter i.S.d. §§ 3, 3a UWG ist. Die Einwände der Berufung insoweit greifen nicht durch.

(1) Nach § 352 Abs. 1 StGB wird ein Rechtsanwalt wegen Gebührenüberhebung bestraft, wenn er Vergütungen erhebt, von denen er weiß, dass der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Maße schuldet. Diese Vorschrift hat eine preisregulierende Wirkung zum Schutz der Verbraucher und stellt damit eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG dar (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 41. Auflage, § 3a UWG Rn. 1.258 m.w.N.).

(2) In der streitgegenständlichen Gebührenforderung liegt ein Verstoß gegen § 352 StGB. Vergütungen im Sinne des § 352 Abs. 1 StGB sind solche Ansprüche, die dem Grunde und dem Betrag nach gesetzlich festgelegt sind und die der Rechtsanwalt nach den Gebührenordnungen, Taxen oder sonstigen Vorschriften selbst zu berechnen hat (BGH, Urteil vom 06.09.2006 - 5 StR 64/06, juris Rn. 9). Der Schutzzweck der Vorschrift ist auf die Überschreitung solcher gesetzlich determinierten Gebühren beschränkt und bleibt unberührt, soweit der Rechtsanwalt auf der Grundlage einer vertraglichen Honorarvereinbarung abrechnet, sei sie wirksam oder unwirksam (BGH, a.a.O., Rn. 11). Entgegen der Ansicht des Beklagten handelt danach aber auch ein im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt tatbestandsmäßig im Sinne des § 352 Abs. 1 StGB, wenn er unter Missachtung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gegenüber dem Mandanten - und sei es aufgrund einer Vereinbarung - selbst Gebühren abrechnet, weil ihm unter diesen Voraussetzungen nur ein gesetzlicher Gebührenanspruch gegen die Staatskasse zukommt. Auch darin liegt eine Überschreitung gesetzlich festgelegter Gebühren, denn gegenüber der von ihm vertretenen bedürftigen Partei darf der beigeordnete Rechtsanwalt - gleich auf welcher wirksamen oder unwirksamen vertraglichen Grundlage - keine weiteren Honorarforderungen geltend machen (BGH, a.a.O., Rn. 13).

(3) Vorliegend hat der Beklagte nach der mit der Bewilligung von Prozesskosten ausgesprochenen Beiordnung entgegen § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO einen Gebührenanspruch geltend gemacht.

(3.1) Der Beklagte hat seiner Mandantin mit Schreiben vom 26.01.2021 unter Bezugnahme auf die Vergütungsvereinbarung vom 23.11.2020 eine Neuberechnung „der Differenz“ nach Maßgabe des durch die Klageerweiterung erhöhten Streitwertes übersandt. Darin liegt - entgegen seiner Auffassung - nicht lediglich eine - informatorische - Neuberechnung. Denn im letzten Absatz heißt es „ich (...) bitte Sie, diesen neuen Betrag in Höhe von 686,14 € bei Ihrer Ratenzahlung zu berücksichtigen“. Infolge der Bezugnahme auf die Vergütungsvereinbarung vom 23.11.2020, die unter „III Fälligkeit“ die Regelung enthält „Die vereinbarte Abschlagszahlung ist in monatlichen Raten zu je 50 € auf das Konto (...) zu zahlen“ stellt dies eine Aufforderung dar, monatliche Ratenzahlungen bis zur Höhe der neu berechneten „Differenz“ zu erbringen. Zugleich macht der Beklagte damit deutlich, dass er eine entsprechende Zahlung auch entgegennehmen wird. Diese Aufforderung in dem Schreiben vom 26.01.2021 ist zu einem Zeitpunkt ausgesprochen worden, zu dem der Mandantin mit Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 07.01.2021 Prozesskostenhilfe bewilligt worden war. Mit Geltendmachung der ihm als Teil seiner Gesamtvergütung nach der Vergütungsvereinbarung vom 23.11.2020 zustehenden Differenz zwischen Regel- und PKH-Vergütung hat der Beklagte deshalb gegen die - ihm nach dem Inhalt der Vergütungsvereinbarung ersichtlich auch bekannte - Forderungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO verstoßen. Die Entgegennahme entsprechender Zahlungen steht nach dem Wortlaut des Schreibens jedenfalls unmittelbar bevor und droht mithin. Insoweit ist jedenfalls - den Vortrag des Beklagten unterstellt, die Mandantin habe die von ihm erhaltenen Ratenzahlungen jeweils vor Bewilligung der Prozesskostenhilfe gezahlt - eine Erstbegehungsgefahr anzunehmen.

(3.2) Soweit der Beklagte rügt, das Landgericht habe verkannt, dass die Forderungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO im vorliegenden Fall nicht greife, weil die Vergütungsforderung auf einer vor Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG in der bis zum 30.09.2021 gültigen Fassung (im Folgenden: a.F.) zulässig getroffenen Vergütungsvereinbarung beruht, trägt er einen Rechtsfehler im Sinne von § 513 Abs. 1 Fall 1, § 546 ZPO vor, der allerdings nicht festzustellen ist. Ob Grundlage für die Zahlungsforderung eines Rechtsanwalts eine nach § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. bzw. § 3a Abs. 4 Satz 1 RVG in der ab dem 01.10.2021 gültigen Fassung (im Folgenden n.F.) zulässige Vergütungsvereinbarung ist, ist für die Bewertung eines nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausgesprochenen Vergütungsverlangens gegenüber dem Mandanten als unlauter irrelevant. Die unabhängig von Vergütungsvereinbarungen zwischen Rechtsanwalt und Mandant in § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO statuierte Forderungssperre spiegelt die rigide Entscheidung des Gesetzgebers wider, dass es einem beigeordneten Rechtsanwalt unter keinen Umständen gestattet ist, von seinem bedürftigen Mandanten eine (zusätzliche) Vergütung zu verlangen; er soll seine Vergütung gemäß §§ 45 ff. RVG ausschließlich aus der Staatskasse erhalten.

(3.3) Für die Entscheidung dieses Klageantrags kommt es deshalb entgegen der Ansicht des Beklagten nicht darauf an, ob die streitgegenständliche Honorarvereinbarung als wirksam anzusehen ist oder nicht. Dazu bestimmt § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. wortgleich zu § 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F., dass eine Vereinbarung, nach der ein im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt für die von der Beiordnung erfasste Tätigkeit eine höhere als die gesetzliche Vergütung erhalten soll, nichtig ist.

(3.3.1) Es ist allerdings zweifelhaft, ob § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) überhaupt auf Vergütungsvereinbarungen wie die streitgegenständliche anzuwenden sind. Die Regelung richtet sich an einen „im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete[n] Rechtsanwalt“. Nach dem Wortlaut des § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) hat die Anwendbarkeit der Vorschrift damit zur Voraussetzung, dass Prozesskostenhilfe bei Abschluss der Vereinbarung für den Mandanten bereits unter Beiordnung des Rechtsanwalts bewilligt war und nicht erst noch beantragt werden sollte. Es ist deshalb „schon fraglich, ob die Vorschrift Anwendung findet, wenn - wie hier - die Vergütungsvereinbarung schon vor Beantragung der Prozesskostenhilfe geschlossen war“ (so OLG Hamm, Beschluss vom 12.01.2018 - 7 W 21/17, juris Rn. 18). Auch die der Regelung des § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) in Ansehung der Forderungssperre des § 121 Abs. 1 Nr. 3 ZPO seitens des Beklagten zugeschriebene privilegierende Wirkung ist bereits deshalb von vornherein zweifelhaft.

(3.3.2) Letztlich kann für die Entscheidung des Klageantrags zu 2) die Anwendbarkeit des § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) auf Vergütungsvereinbarungen, die vor der Bewilligung von Prozesskostenhilfe getroffen worden sind, aber dahinstehen, wie auch die Frage, was unter „gesetzlicher Vergütung“ im Sinne des § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) zu verstehen ist. Auch die vom Beklagten in Anspruch genommene Wirksamkeit der mit seiner damaligen Mandantin geschlossenen Vergütungsvereinbarung vom 23.11.2020 kann als zutreffend unterstellt werden, ohne dass dies seiner Berufung zum Erfolg verhilft. Es kommt für die in § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO statuierte Durchsetzungssperre nämlich von vornherein nicht darauf an, ob eine Vergütungsvereinbarung wirksam oder unwirksam geschlossen wird, denn die in § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO statuierte Durchsetzungssperre gilt unabhängig davon.

(3.4) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bewirkt, dass „die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können.“ Sinngemäß dasselbe ergibt sich auch unmittelbar vergütungsrechtlich aus § 45 Abs. 1 RVG, wonach der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung in Gerichtsverfahren „von der Staatskasse“ erhält. In Übereinstimmung damit regelt die Berufsordnung für Rechtsanwälte in § 16 Abs. 2 BORA, dass der Rechtsanwalt nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe von seinem Mandanten Zahlungen nur annehmen darf, wenn sie freiwillig und in Kenntnis der Tatsache gegeben werden, dass der Mandant zu einer solchen Leistung nicht verpflichtet ist. Ist der Mandant zu der Zahlung nicht verpflichtet, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass der Rechtsanwalt nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich eine Wahlanwaltsvergütung nicht verlangen kann. Nach allen diesen Regelungen besteht mithin für den im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt eine zwingende Forderungssperre, die durch eine Vereinbarung mit dem Mandanten nicht abbedungen werden kann. Das hat der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit klargestellt, indem er zu § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausgeführt hat: „Die bedürftige Partei schuldet danach zwar dem ihr beigeordneten Rechtsanwalt die (Wahlanwalts-)Vergütung. Der Anspruch des Rechtsanwalts unterliegt jedoch bis zur Aufhebung der Bewilligung nach § 124 ZPO einer Forderungssperre (…). Die bedürftige Partei soll nicht mit Kosten belastet werden, zu deren Aufbringung sie nicht in der Lage ist“ (Beschluss vom 12.06.2006 - II ZB 21/05, juris Rn. 8). Ebenso heißt es in einer wenig später ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs: „Nach Gewährung der Prozesskostenhilfe kann der beigeordnete Rechtsanwalt Vergütungsansprüche gegen die Partei nicht mehr geltend machen (§§ 119, 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO; vgl. auch § 16 Abs. 2 BORA). Der im Revisionsverfahren beigeordnete Rechtsanwalt erhält seine Vergütung gemäß § 45 Abs. 1 RVG aus der Bundeskasse; auch wegen einer Vorschusszahlung hat er sich an die Staatskasse zu wenden (§ 47 Satz 1 RVG). Die Forderungssperre gegenüber dem Mandanten gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gilt für alle nach der Beiordnung verwirklichten Gebührentatbestände, auch wenn diese bereits vor der Beiordnung erfüllt waren. Auch der Anwalt, der vor der Beiordnung Wahlanwalt war, kann daher eine vor der Beiordnung entstandene Verfahrensgebühr nach der Beiordnung gegenüber dem Mandanten nicht mehr geltend machen“ (Beschluss vom 21.02.2008 - I ZR 142/06, juris Rn. 5; ebenso bereits OLG Köln, NJW-RR 1995, 634; OLG München, MDR 1991, 62;OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.11.2006 - 19 U 76/06, juris Rn. 17).

(3.5) Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, gegen diese in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sei die Entstehungsgeschichte des § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) anzuführen, ist ihm nicht zu folgen.

(3.5.1) Insbesondere hat sich - entgegen der Ansicht des Beklagten - an der Geltung der Durchsetzungssperre aus § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nichts durch die mit Artikel 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren vom 12.06.2008 (BGBl. I S. 1000) umgesetzte Neuregelung des § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) geändert. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf (BT-Drs. 16/8384, S. 5) sah für den neu einzuführenden § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG (a.F.) noch folgende Fassung vor: „Eine Vereinbarung, nach der ein im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt für die von der Beiordnung erfasste Tätigkeit eine Vergütung erhalten soll, ist nichtig.“ Im Laufe der Gesetzesberatung erhielt die Vorschrift dann ihre letzte Fassung, wonach die Nichtigkeit auf die Vereinbarung einer höheren als der gesetzlichen Vergütung beschränkt werden soll. Daraus lassen sich entgegen der Auffassung des Beklagten allerdings keine Rückschlüsse darauf ziehen, dass hinsichtlich des Forderungsteils, der von der Nichtigkeit nicht erfasst wird, die Durchsetzungssperre nicht greift.

(3.5.2) Die Ansicht des Beklagten, § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sei in Zusammenschau mit § 3a RVG dahin auszulegen, dass die Durchsetzungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nur auf solche Vergütungsvereinbarungen zu erstrecken ist, die nichtig sind, findet auch unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Norm keine Stütze. Tatsächlich bedürfte es der Forderungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht, wenn sie nur bei Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung zur Anwendung käme, weil eine nichtige Forderung ohnehin nicht durchsetzbar ist. Auch ist der Ansicht des Beklagten, dass es für eine nach den Voraussetzungen des § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) nicht nichtige Vergütungsvereinbarung keinen sinnvollen Anwendungsbereich gäbe, wenn ihr die Forderungssperre aus § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entgegenstünde, weder zu folgen, noch rechtfertigt das Argument eine andere Beurteilung.

Diesem Einwand des Beklagten ist zuvörderst entgegenzuhalten, dass die Durchsetzungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO der Geltendmachung einer vor oder während der Beiordnung nach § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F) erstellten Vergütungsabrechnung jedenfalls im Fall der Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nicht mehr entgegensteht. Ein rechtsdogmatischer Widerspruch zwischen wirksamer Vergütungsvereinbarung einerseits und fehlender Durchsetzungsmöglichkeit andererseits besteht nicht. Der Regelung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt insofern ähnliche Wirkung zu wie die Verjährung einer Forderung (vgl. § 214 Abs. 1 BGB), die zwar deren Durchsetzbarkeit, nicht aber ihre Wirksamkeit hindert. Deshalb kann sich ein Rechtsanwalt nach einer gemäß § 124 ZPO - etwa wegen fehlerhafter Angaben der Partei oder einer Verbesserung ihrer Vermögensverhältnisse - erfolgten Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung wieder auf eine zuvor getroffene Vergütungsregelung berufen, denn damit endet das Liquidationsverbot (MünchKommZPO/Wache, 6. Auflage, § 122 Rn. 13; Zöller/Schultzky, aaO, § 122 Rn. 11; Hartmann/Toussaint, Kostengesetze, 51. Auflage, § 3a RVG Rn. 51; Ahlmann in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Auflage, § 3a Rn. 52; Jungbaur, FÜR 2010, 348, 350).

(3.6) Der Berufung verhilft es weiter auch nicht zum Erfolg, dass sie sich auf eine Einzelmeinung in der Literatur stützt, die ausgehend von der Frage, welche Bedeutung eine Vergütungsvereinbarung mit der bedürftigen Partei haben kann, wenn dem Rechtsanwalt während der Beiordnung ohnehin untersagt ist, die Wahlanwaltsvergütung einzufordern, die weitreichende Schlussfolgerung ableitet, dass im Falle einer wirksam nach § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. bzw.§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F. geschlossenen Vergütungsvereinbarung die Forderungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht gelten kann. Bei einer rückwirkenden Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung falle zwar die Forderungssperre weg und der Rechtsanwalt könne nunmehr die Wahlanwaltsvergütung fordern, allerdings überzeuge diese Konsequenz nicht, weil mit der Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung die bedürftige Partei ohnehin die gesetzlichen Wahlanwaltsgebühren schulde, sodass es einer Vergütungsvereinbarung nicht bedürfte (Schneider, AGS 2009, 11 f.). Hieraus leitet diese Auffassung ab, dass sich die Forderungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO dann nur auf den Vergütungsanteil beziehe, der durch die dem Anwalt gegen die Staatskasse zustehende PKH-Vergütung gedeckt sei, nicht aber auf eine mit dem Mandanten vereinbarte Differenz zur Wahlanwaltsvergütung, so dass der Mandant, der sich im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung freiwillig des Schutzes des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO begeben habe, trotz Prozesskostenhilfebewilligung und Anwaltsbeiordnung zu der die PKH-Vergütung übersteigenden Ausgleichszahlung verpflichtet bleibe. Dieser Auffassung kann, wie auch das Landgericht erkannt hat, mit der ganz herrschenden Meinung (Jungbauer, a.a.O.; Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 52. Aufl., § 3a RVG Rn.; Mayer in Gerold/Schmidt, 25. Auflage, RVG, § 3a Rn. 42; MünchKommZPO/Wache, a.a.O.; Kratz, in: BeckOK/ZPO, 42. Ed. 01.09.2021, § 122 Rn. 24ff.; Fischer in Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 18. Auflage, § 122 Rn. 7; Zöller/Schultzky, aaO, § 122 Rn. 11; Groß/Eder, Anwaltsgebühren in Ehe- und Familiensachen, 5. Auflage, Rn. 114 mwN) nicht gefolgt werden.

Richtig ist zwar, dass einer nach § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. bzw. § 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F. wirksam geschlossenen Vergütungsvereinbarung insofern keine konstitutive Bedeutung zukommt, als ein Rechtsanwalt nach Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung auch ohne vorherigen Abschluss einer Vergütungsvereinbarung (wieder) die gesetzliche Wahlanwaltsvergütung verlangen kann (vgl. Ahlmann, aaO Rn. 52). Die RVG-rechtliche Wirksamkeit einer für den Vergütungsanspruch nicht zwingend erforderlichen Vereinbarung führt allerdings nicht dazu, dass die in § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO angeordnete Forderungssperre in Ansehung des mit dem Mandanten nach § 13 RVG vereinbarten Mehrbetrages nicht gilt. Insbesondere kann daraus nicht gefolgert werden, dass der Gesetzgeber diese Konsequenz mit der damaligen Neuregelung des § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG (a.F.; jetzt § 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) beabsichtigt hätte. Dafür finden sich im Gesetzgebungsverfahren nicht die geringsten Anhaltspunkte. Vielmehr widerspricht der Umkehrschluss von der vermeintlich funktionslosen Vorschrift in § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. bzw. § 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F. auf den Wegfall der Forderungssperre dem zwingenden Charakter der in § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO getroffenen Regelung sowie aber auch den unmittelbar auf die PKH-Vergütung bezogenen Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (§§ 45 ff. RVG) und der Berufsordnung für Rechtsanwälte (§ 16 Abs. 2 BORA), denen allen gemein ist, dass sie einer über die von der Staatskasse zu leistenden Vergütung hinausgehenden Zahlungsverpflichtung des bedürftigen Mandanten klar entgegenstehen. Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gerade sicherstellen, dass kein Bürger an der gerichtlichen Durchsetzung seiner Rechte deshalb gehindert wird, weil er nicht zur Aufbringung seiner Rechtsanwaltskosten in der Lage ist (BT-Drucks. 8/3068, S. 17; BGH, Beschluss vom 12.06.2006 - II ZB 21/05, juris Rn. 8). Dass der Gesetzgeber diese Zielsetzung im Zusammenhang mit nachfolgenden Änderungen des RVG ganz oder teilweise aufgegeben hätte, ist nicht erkennbar. Mit der Abschaffung der Vorgängerregelung in § 4 Abs. 5 RVG a.F. durch die Neuregelungen in § 3a Abs. 3 RVG (a.F.; jetzt § 3a Abs. 4 RVG n.F.) im Jahr 2008 wurde vielmehr nur RVG-rechtlich klargestellt, dass eine vom beigeordneten Rechtsanwalt geschlossene Vergütungsvereinbarung nicht (mehr) automatisch nichtig ist (Satz 1) und dass für Rückforderungsansprüche des Mandanten an die Stelle der bisherigen Sonderregelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 RVG a.F. die allgemeinen Vorschriften des BGB über die ungerechtfertigte Bereicherung gelten (Satz 2). Dafür, dass deshalb die Forderungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausnahmsweise dann nicht gelten soll, wenn der im Wege von Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt mit seinem Mandanten eine nach diesen Regelungen nicht nichtige Vergütungsvereinbarung geschlossen hat, bieten weder die Gesetzgebungshistorie noch die sonst erkennbaren Regelungsumstände einen tauglichen Anhaltspunkt (vgl. BT-Drs. 16/8916; näher zum Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens Mayer, aaO, Rn. 40).

(3.7) Ungeachtet der einer ausnahmsweisen Aufhebung der Forderungssperre entgegenstehenden gesetzgeberischen Zielsetzung wäre eine nach § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) wirksam geschlossene Vergütungsvereinbarung, die vor Bewilligung von Prozesskostenhilfe geschlossen worden und sodann für die Dauer der Beiordnung gegen den Mandanten nicht durchsetzbar wäre, aber auch nicht in jedem Fall sinnlos. So ist denkbar, dass sich ein Mandant für den Fall der Nichtbewilligung oder Aufhebung von Prozesskostenhilfe frühzeitig absichern und mit dem Rechtsanwalt eine jedenfalls wirksam bleibende Ratenzahlung vereinbaren möchte. Außerdem kann sich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur auf Teile des vom Mandat umfassten Streitgegenstandes erstrecken. Vor diesem Hintergrund trifft die Erwägung des Beklagten, dass es für eine nicht nach § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) unwirksame Vergütungsvereinbarung von vornherein keinen sinnvollen Anwendungsbereich gebe, auch dann nicht zu, wenn diese Regelung doch auf Vergütungsvereinbarungen anwendbar sein sollte, die vor Prozesskostenhilfebewilligung geschlossen worden sind.

b) Die Berufung bleibt auch ohne Erfolg, soweit der Beklagte sich gegen seine Verurteilung wendet, es zu unterlassen, Vergütungsvereinbarungen der streitgegenständlichen Art abzuschließen. Vielmehr hat das Landgericht zu Recht dem Kläger einen entsprechenden Unterlassungsanspruch nach Maßgabe der § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 und 2, § 3a UWG i.V.m. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, § 352 Abs. 1 StGB zuerkannt.

aa) Die von dem Kläger inkriminierte Vergütungsvereinbarung des Beklagten vom 20.11.2020 sieht vor, dass der Mandant eine Abschlagszahlung zu leisten hat, die „bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr durch die im Rahmen der Prozess-/Verfahrenskostenhilfe aus der Landeskasse geleisteten Zahlungen ergänzt“ wird. Damit hat die Vereinbarung zum Ziel, dass der Mandant auch im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedenfalls den Differenzbetrag zwischen PKH-Vergütung (§ 49 RVG) und Wahlanwaltsvergütung (§ 13 RVG) zusätzlich tragen soll, wie insbesondere der Passus klarstellt: „Die Summe von Abschlagszahlung und die von der Landeskasse geleisteten Zahlung entsprechen der gesetzlichen Mindestgebühr.“ Eine solche Vereinbarung widerspricht der Durchsetzungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, nach der, wie ausgeführt, die Beiordnung eines Rechtsanwaltes bewirkt, dass ein Anspruch auf die Wahlanwaltsvergütung nicht mehr geltend gemacht werden darf. Sie ist von Anfang an darauf gerichtet, die gesetzliche Forderungssperre des §122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu umgehen und dem beigeordneten Rechtsanwalt im rechnerischen Ergebnis den Erhalt einer Regelvergütung entsprechend den Wertgebühren des § 13 RVG zu sichern. Eine Vergütungsvereinbarung dieser Art ist ungeachtet der Wirksamkeit der getroffenen Gebührenvereinbarung jedenfalls dann im Sinne des § 3a UWG unlauter, wenn der Rechtsanwalt damit eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Vergütung vereinbart, und dies geeignet ist, den Mandanten zu einer den Rechtsanwalt gegenüber Mitbewerbern bevorteilenden (Zusatz-)Zahlung anzuhalten (vgl. BGH, Urteile vom 26.09.2002 - I ZR 44/00 - Anwalts-Hotline, juris Rn. 41, und vom 26.09.2002 - I ZR 21/02 - Telekanzlei, juris Rn. 47). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

bb) Entgegen der Auffassung des Klägers folgt die Unlauterkeit der im Streitfall geschlossenen Vergütungsvereinbarung allerdings nicht bereits daraus, dass der Beklagte damit eine Vergütung vereinbart hat, die höher war als die nach § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) höchstens zulässige „gesetzliche Vergütung“. Der Abschluss der Vergütungsvereinbarung verstößt nicht gegen eine lauterkeitsrechtlich als Marktverhaltensregelung zu bewertende RVG-rechtliche Höchstpreisvorschrift.

(1) Der Auffassung des Klägers, unter „gesetzlicher Vergütung“ im Sinne dieser Vorschriften (die grundsätzlich als lauterkeitsrechtlich relevante „Höchstpreisvorschrift“ eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG darstellen), seien (nur) die Vergütungsvorschriften des 8. Abschnitts des RVG in §§ 45 ff. RVG für beigeordnete Rechtsanwälte zu verstehen, so dass Vereinbarungen, die, wie die streitgegenständliche, eine darüber hinausgehende Vergütung bis zu den Sätzen nach § 13 RVG vorsehen, von vornherein nichtig und daher lauterkeitsrechtlich nach § 3a UWG zu beanstanden seien, ist nicht zu folgen. Vielmehr ist unter der „gesetzlichen Vergütung“ im Sinne des § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.), gegenüber der eine höhere Vergütung nicht vereinbart werden darf, die Regelvergütung im Sinne des § 13 RVG zu verstehen (Jungbauer, aaO, S. 349 f.; Mayer, aaO, § 3a RVG, Rn. 42;Kratz, aaO, §122 Rn. 24; ebenso OLG Hamm, aaO Rn. 18). Dies ergibt sich sowohl entstehungsgeschichtlich als auch gesetzessystematisch aus der Zusammenschau mit § 3a Abs. 1 RVG. Dort heißt es in Satz 1 bis 3: „Eine Vereinbarung über die Vergütung bedarf der Textform. Sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Sie hat einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss.“ Gesetzliche Vergütung in diesem Zusammenhang kann nur die Wahlanwaltsvergütung sein. Hätte der Gesetzgeber in § 3a Abs. 3 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 RVG n.F.) den Begriff der „gesetzlichen Vergütung“ abweichend von seiner Bedeutung in Absatz 1 im Sinne von §§ 45, 49 RVG definieren wollen, wäre eine entsprechende Klarstellung angezeigt gewesen. An einer solchen fehlt es.

(2) Es ist zudem nicht erkennbar, welchen gesetzgeberischen Sinn es haben sollte, einem beigeordneten Rechtsanwalt zu gebieten, eine Vergütung lediglich bis zur Höhe der PKH-Vergütung zu vereinbaren, wenn er diese ohnehin von der Staatskasse erhält und nach etwaiger Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung von seinem Mandanten darüber hinausgehend die Regelvergütung nach § 13 RVG verlangen kann. Eine solche Vereinbarung würde zudem mit den Vorschriften zur Mindestgebührenhöhe konfligieren, denn die Vereinbarung einer niedrigeren als der gesetzlichen Regelvergütung ist gemäß § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 4 Abs. 1 RVG nur unter engen Voraussetzungen für außergerichtliche Angelegenheiten zulässig. Ist aber unter „gesetzlicher Vergütung“ im Sinne des §3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) die Höhe der Regelvergütung nach § 13 RVG zu verstehen und wird diese richtig berechnet, wie das Landgericht für die Vergütungsvereinbarung vom 23.11.2020 geprüft und zutreffend bejaht hat, ist diese von vornherein nicht nach § 3a Abs. 3 Satz 1 a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) unwirksam. Das bedeutet zwar - wie ausgeführt - im rechtlichen Ergebnis nicht, dass der Mandant die höhere Vergütung entgegen § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO leisten muss. Es entfällt aber jedenfalls ein (allein) darauf gestützter lauterkeitsrechtlicher Verstoß gegen § 3a UWG, insofern der Abschluss einer solchen Vergütungsvereinbarung schon nicht gegen eine RVG-rechtliche Höchstpreisvorschrift verstößt. Ob § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG a.F. (§ 3a Abs. 4 Satz 1 RVG n.F.) überhaupt auf Vergütungsvereinbarungen anzuwenden ist, die wie im Streitfall vor Beantragung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe geschlossen worden sind, bedarf deshalb auch an dieser Stelle keiner Entscheidung.

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers ist ein lauterkeitsrechtlicher Verstoß nach § 3a UWG auch nicht deshalb begründet, weil die inkriminierte Vergütungsvereinbarung gegen die AGB-rechtlichen Vorschriften zur Inhaltskontrolle nach § 307 BGB verstieße.

(1) Die Verwendung unwirksamer AGB widerspricht zwar regelmäßig den Erfordernissen unternehmerischer Sorgfalt, so dass insbesondere Verstöße gegen die Marktverhaltensregelungen der § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB (Inhaltskontrolle) und § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (Transparenzgebot) geeignet sein können, die wirtschaftlichen Interessen des Durchschnittsverbrauchers spürbar zu beeinflussen (Köhler, aaO, Rn. 1.288). Die europarechtliche Unterlassungsklagen-RL (RL 2009/22/EG) und das UKlaG schließen die Kontrolle der Verwendung unwirksamer AGB nach dem UWG auch für Mitbewerber im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG nicht aus. Vertragsbedingungen für Vergütungsvereinbarungen, die eine Partei verwendet, stellen zudem geschäftliche Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar (Köhler, aaO, Rn. 1.287).

(2) Die streitgegenständlichen Vergütungsregelungen können hier auch als von dem Beklagten verwendete AGB angesehen werden. Für Verbraucherverträge gilt nach § 310 Abs. 3 BGB, dass AGB als vom Unternehmer gestellt gelten, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Es gilt also eine vom Rechtsanwalt zu widerlegende Vermutung dafür, dass die Vertragsbedingungen von ihm und nicht vom Auftraggeber gestellt wurden. Es ist außerdem nicht erforderlich, dass die Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurden, sondern die Inhaltskontrolle findet bereits statt, wenn die vorformulierten Vertragsbedingungen nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB).

(3)Allerdings fehlt es an den Voraussetzungen für einen AGB-rechtlichen Verstoß gegen §307 Abs. 1 BGB. Danach sind insbesondere Vertragsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt eine Abweichung vom dispositiven Recht voraus, denn gesetzliche Regelungen sind naturgemäß nicht abänderbar, wenn ihr Sinn und Zweck einer privatautonomen Gestaltung zwingend entgegenstehen. Nur wenn der Verwender durch das Gesetz eröffnete rechtsgeschäftliche Gestaltungsmöglichkeiten nutzt, sind entsprechende Klauselbestimmungen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterworfen (BGH, Urteile vom 20.03.2014 - VII ZR 248/13, juris Rn. 29; und vom 19.12.2007 - XII ZR 61/05, juris Rn. 17). Der Beklagte weicht mit der in Rede stehenden Vergütungsvereinbarung jedoch nicht von dispositivem, sondern von zwingendem Recht ab, insofern es gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (i.V.m. § 352 Abs. 1 StGB) einem Rechtsanwalt nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe schlechthin untersagt ist, eine im Innenverhältnis vereinbarte Vergütungsforderung gegen den Mandanten geltend zu machen. Damit verstoßen Vertragsregelungen, die eine solche Vergütungspflicht des Mandanten gerade auch für diesen Fall vorsehen, gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des §134 BGB.

dd) Das inkriminierte Vorgehen des Klägers stellt sich aber deshalb als unlauter dar, weil sich der Beklagte, wie der Kläger rügt, mit der Vergütungsvereinbarung vom 22.11.2020 gerade für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine für ihn nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO undurchsetzbare Vergütungsvereinbarung sichern wollte und die betreffenden Vertragsregelungen die dort bestimmte Durchsetzungssperre gezielt umgehen. Es verstößt gegen § 3a UWG, wenn ein Rechtsanwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung vereinbart und dies geeignet ist, ihm gegenüber Mitbewerbern einen unlauteren Wettbewerbsvorsprung zu verschaffen. Das ist hier der Fall, denn auch im Fall ihrer Widerrechtlichkeit können Vergütungsvereinbarungen wie die vorliegende durchschnittliche Mandanten dazu anhalten, ihnen gegenüber rechtlich nicht durchsetzbare Zahlungsansprüche zu erfüllen, wodurch der Beklagte einen geldwerten Wettbewerbsvorteil erlangt.

(1) Der Beklagte hat mit der streitgegenständlichen Vereinbarung eine der Wahlanwaltsvergütung entsprechende Differenz zur PKH-Vergütung und damit eine zu § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in Widerspruch stehende Vergütungshöhe vereinbart. Dies ist im Sinne der §§ 3, 3a UWG als unlauter zu bewerten, ohne dass es darauf ankommt, ob die Vergütungsvereinbarung vom 20.11.2020 mit der dort vorgesehenen Abschlagszahlung bereits selbst eine Geltendmachung im Sinne des § 352 Abs. 1 StGB darstellte. Daran bestehen Zweifel, denn bei Abschluss der Vergütungsvereinbarung waren die Voraussetzungen des Straftatbestands mangels bewilligter Prozesskostenhilfe noch nicht erfüllt.

(2) Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt der den Unterlassungsanspruch begründende Verstoß im Sinne des § 3a UWG vorliegend in der Vereinbarung einer Wahlanwaltsvergütung für den Fall nachfolgender Prozesskostenhilfebewilligung. Nach der speziell auf anwaltsvergütungsrechtliche Vorschriften bezogenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann es „ungeachtet der Wirksamkeit der getroffenen Gebührenvereinbarung […] auch generell unlauter sein, wenn der Anwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung vereinbart, ohne auf den Umstand der Gebührenüberschreitung hinzuweisen“ (Urteil vom 30.09.2004 - I ZR 26/04, Telekanzlei, juris Rn. 47). Es kann deshalb wettbewerbsrechtlich schon zu beanstanden sein, sich vor Beginn der Tätigkeit und vor Eintritt der die etwaige Fälligkeit der Vergütungsforderung begründenden Umstände eine überhöhte Vergütung vertraglich einräumen zu lassen (vgl. BGH, aaO und Urteil vom 26.09.2002 - I ZR 44/00 - Anwalts-Hotline, juris Rn. 41). Das belegt auch folgende Kontrollüberlegung: Ebenso wie AGB-rechtlich unzulässige Vertragsklauseln trotz ihrer Unwirksamkeit durchschnittliche Verbraucher davon abhalten können, ihnen gegen den Verwender nach dispositivem Recht zustehende Ansprüche geltend zu machen und dadurch zu einer im Sinne des § 3a UWG spürbaren Interessenbeeinträchtigung eines sich rechtskonform verhaltenden Mitbewerbers führen können (Köhler, aaO, § 3a UWG Rn. 1.289), zielen die streitbefangenen Vergütungsklauseln, welche sogar die Umgehung zwingender Rechtsvorschriften bezwecken, auf einen im Verhältnis zum Kläger als Mitbewerber widerrechtlichen Wettbewerbsvorsprung ab, indem der Beklagte danach seinen Mandanten gegenüber - vermeintlich - berechtigt ist, von ihnen auch und gerade im Falle der späteren Bewilligung von Prozesskostenhilfe den Differenzbetrag zwischen PKH-Vergütung und Wahlanwaltsvergütung zu verlangen.


Selbst wenn man davon ausginge, dass damit die für den Rechtsbruchtatbestand grundsätzlich vorauszusetzende Zuwiderhandlung gegen eine gesetzliche Vorschrift nicht angenommen werden kann, weil das inkriminierte Verhalten den Tatbestand dieser Norm noch nicht vollständig erfüllte (vgl. BGH, Urteil vom 08.11.2007 - I ZR 60/05 - Nachlass bei Selbstbeteiligung, juris Rn. 11), bestünde der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des vorbeugenden Rechtsschutzes, weil die inkriminierte Zuwiderhandlung gegen die gesetzliche Vorschrift unmittelbar bevorstand, also zumindest drohte (Köhler, aaO, Rn. 1.84). Denn die Vergütungsvereinbarung vom 23.11.2020 zielte eindeutig darauf ab, die Forderungssperre des §122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO von Beginn an zu umgehen. Diese ist zwar keine unmittelbar vergütungsrechtliche Mindest- oder Höchstpreisvorschrift, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohne Weiteres berufsausübungsbezogene Marktverhaltensregelungen darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.2004 - I ZR 26/04 - Telekanzlei, juris, Rn. 42; Köhler, aaO, Rn. 1.258), sie steht mit dem dort gegenüber bedürftigen Mandanten angeordneten „Liquidationsverbot“ (Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage, § 122 Rn. 7) einer solchen aber gleich. Nichts anderes folgt aus den weiteren einschlägigen vergütungs- und berufsrechtlichen Regelungen. So erhält ein beigeordneter Rechtsanwalt nach §45 Abs. 1 RVG seine Vergütung (nur) aus der Staatskasse. Ferner darf gemäß § 16 Abs. 2 BORA ein Rechtsanwalt nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe von seinem Mandanten grundsätzlich keine Zahlungen oder Leistungen mehr annehmen.

(3) Die Vergütungsvereinbarung verfolgte das Ziel, die vorgenannten Regelungen zu umgehen. Dies wird insbesondere deutlich, wenn es unter Ziffer „I Vergütung“ heißt: „Die Summe von Abschlagszahlung und die von der Landeskasse geleisteten Zahlung entsprechen der gesetzlichen Mindestgebühr“ (Anlage AS1; Bl. 5 d.A.). Was unter der gesetzlichen Mindestgebühr im Sinne der Vergütungsvereinbarung zu verstehen ist, stellt der vorhergehende Passus klar, in dem es zu der in der Vergütungsvereinbarung angegebenen „Abschlagszahlung“ heißt: „Diese Abschlagszahlung wird bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr durch die im Rahmen der Prozess-/Verfahrenskostenhilfe aus der Landeskasse geleisteten Zahlungen ergänzt“. Damit ist offenkundig, dass die gesetzliche Gebühr im Sinne der Vereinbarung diejenige der Regelvergütung für einen Wahlanwalt im Sinne von § 13 RVG ist und dass die Regelung das in § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO statuierte Liquidationsverbot umgeht, zumal die Vergütungsvereinbarung auf eine künftige Prozesskostenhilfebewilligung explizit Bezug nimmt und deren Beantragung bei Gericht in denjenigen Fällen, in denen der Beklagte eine solche Vergütungsvereinbarung verwendet, ersichtlich schon beabsichtigt ist; denn andernfalls ergäbe sich der mit der Vergütungsvereinbarung verfolgte Zweck - der Erhalt einer im Ergebnis den Wertgebühren des § 13 RVG entsprechenden Regelvergütung - bereits aus den gesetzlichen Vergütungsvorschriften. Dass der Beklagte - entsprechend § 16 Abs. 2 BORA - seine bedürftigen Mandanten darüber aufklärt, dass sie gesetzlich zu einer Vergütungsleistung nach Prozesskostenhilfebewilligung nicht verpflichtet sind, trägt er nicht vor; dass er diese Aufklärung unterlässt, liegt auch deshalb auf der Hand, weil er noch im Prozess die Auffassung vertritt, dass das Liquidationsverbot des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für Vergütungsvereinbarungen der streitbefangenen Art nicht gilt.

(4) Entgegen der Ansicht des Beklagten gebietet auch der Schutz des Mandanten nicht die von ihm vorgeschlagene Auslegung. Soweit er ausführt, der Mandant sei nicht schutzwürdig, soweit eine Vergütung bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung vereinbart werde, weil er hierdurch nicht benachteiligt werde, ist ihm bereits deshalb nicht zu folgen, weil die dem Rechtsanwalt einer bedürftigen Partei nach § 49 RVG aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren niedriger sind als die - gesetzlichen - Gebühren eines Wahlanwalts nach § 13 RVG. Eine Vereinbarung der gesetzlichen Gebühren - wäre diese durchsetzbar - stellt die bedürftige Partei deshalb schlechter, als sie ohne eine solche Vereinbarung stünde, weshalb die Vereinbarung als unlauter anzusehen ist, sofern der Mandant im Augenblick der Vereinbarung nicht davon Kenntnis hat, dass er mehr zahlt, als er ohne die entsprechende Vereinbarung zahlen würde (BGH, Urteil vom 26. September 2002 - I ZR 44/00 - Anwalts-Hotline, aaO; vom 30. September 2004 - I ZR 26/04 - Telekanzlei, aaO). Dass ihm andererseits Vorteile im Hinblick auf die Wahl des von ihm beauftragten Rechtsanwalts entgehen - insoweit, als er dann, wenn der von ihm beauftragte Prozessbevollmächtigte eine Tätigkeit zu den geringeren Sätzen des § 49 RVG ablehnt, einen anderen Rechtsanwalt suchen muss, der PKH-Mandate annimmt, statt dem Anwalt seines bisherigen Vertrauens lediglich die Differenz zu der gesetzlichen Vergütung zu zahlen - steht dem nicht entgegen. Denn bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch den ursprünglichen Rechtsanwalt bliebe dem Mandanten die Wahlfreiheit erhalten, zugleich entfiele das Unwerturteil der Unlauterkeit.

(5) Der Berufung verhilft es schließlich auch nicht zum Erfolg, dass sie sich auf § 58 Abs. 2 Satz 1 RVG beruft. Das sich diese Regelung auch auf Vorschüsse und Zahlungen bezieht, die der Rechtsanwalt vor der Beiordnung erhalten hat, und anordnet, dass diese zunächst auf die Vergütung anzurechnen sind, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht besteht, lässt nicht den Schluss zu, dass die Vereinbarung der gesetzlichen Vergütung nach § 13 RVG mit Mandanten, für die Prozesskostenhilfe beantragt werden soll, nicht als unlauter zu bewerten ist. Denn die Vorschrift des § 58 Abs. 2 RVG regelt das Verhältnis von Prozessbevollmächtigten und Staatskasse, indem zugunsten des ersteren bestimmt wird, dass Zahlungen des Mandanten an ihn in näher bestimmtem Umfang nicht an die Staatskasse abzuführen sind. Die Vorschrift bestimmt allerdings nicht, unter welchen Voraussetzungen es zu entsprechenden Zahlungen des Mandanten an seinen Prozessbevollmächtigten kommen kann, dies ist vielmehr Gegenstand des § 45 RVG.

(6) Ob der Kläger in einer Publikation vorgeschlagen hat, vor Bewilligung der Prozesskostenhilfe die weitere Tätigkeit des dann noch nicht beigeordneten Rechtsanwalts von der Zahlung eines Vorschusses abhängig zu machen, wie der Beklagte im Schriftsatz vom 23.03.2023 vorträgt, kann dahinstehen. Sofern der Beklagte in einem solchen Vorgehen ein lauterkeitsrechtlich bedenkliches Verhalten sieht, steht es ihm frei, den Kläger abzumahnen, sofern er die von ihm in seiner Publikation erläuterte Vorgehensweise auch praktiziert. Die Äußerung einer entsprechenden rechtlichen Auffassung steht jedenfalls der Befugnis des Klägers, die - anders gelagerten - streitgegenständlichen Ansprüche gegenüber dem Beklagten geltend zu machen, nicht entgegen.

3. Die Berufung hat Erfolg, soweit der Kläger seine Verurteilung zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten angreift. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dieser Zahlungsanspruch des Klägers nicht nach § 13 Abs. 3 UWG begründet.

a) Dabei ist allerdings nicht der Auffassung des Beklagten zu folgen, dass ein solcher Anspruch bereits deshalb nicht bestehe, weil der Kläger ihm gegenüber keine Abmahnung ausgesprochen habe. Vielmehr ist das Schreiben des Klägers an den Beklagten vom 01.02.2021 als eine solche zu bewerten. Unter einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung ist die Mitteilung eines Anspruchsberechtigten an einen Verletzer zu verstehen, dass er sich durch eine im einzelnen bezeichnete Handlung wettbewerbswidrig verhalten habe, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen und binnen einer bestimmten Frist eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung abzugeben (Bornkamm/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 13 UWG Rn. 3). Das Schreiben vom 01.02.2021, das der Beklagte erhalten zu haben nicht in Abrede stellt, weist alle aufgeführten Inhaltsmerkmale auf. Dass es den Begriff „Abmahnung dabei nicht verwendet“, ist unschädlich.

b) Ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten besteht allerdings aus Rechtsgründen nicht. Nach § 13 Abs. 3 UWG sind Aufwendungen für eine Abmahnung von dem Verletzer zu erstatten, sofern sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Aufwendungen, die aus der Beauftragung eines Rechtsanwalts im Zusammenhang mit einer Abmahnung entstehen, gelten als nicht notwendig, wenn der Abmahnende selbst über eine hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoßes verfügt. Dies gilt erst recht für einen Rechtsanwalt, der im Fall der eigenen Betroffenheit seine Sachkunde bei der Abmahnung eines Wettbewerbsverstoßes einsetzen muss. Die Zuziehung eines weiteren Rechtsanwaltes ist bei typischen, unschwer zu verfolgenden Wettbewerbsverstößen deshalb nicht notwendig und die daraus resultierenden Kosten sind nicht zu erstatten. Vorliegend geht es um einen Verstoß gegen Regeln des anwaltlichen Berufsrechts, die typischerweise zur Sachkunde des abmahnenden Rechtsanwalts gehören und die der Kläger als Rechtsanwalt auch selbst zu erfüllen hat. Wie sich aus dem Umstand ergibt, dass sich zu dem Verhältnis der Vorschrift des § 3a RVG zu § 122 Abs. 3 Nr. 1 ZPO eine ganz herrschende Meinung entwickelt hat, weist der Fall auch keine schwierigen Rechtsfragen auf. Der Kläger hätte mithin die Kosten eines weiteren Rechtsanwalts nicht nach § 13 Abs. 3 UWG von dem Beklagten erstattet verlangen können. Da für den Fall der Selbstbeauftragung dieselben Grundsätze gelten wie für die Heranziehung eines anderen Rechtsanwalts (BGH, Urteil vom 06.05.2004 - I ZR 2/03 - Selbstauftrag, juris Rn. 12) kann der Kläger, der die streitgegenständliche Abmahnung selbst ausgesprochen hat, eine Kostenerstattung nicht beanspruchen (vgl. BGH aaO Rn. 12f.; OLG Hamm, Urteil vom 28.02.2013 - 4 U 159/12, GRUR-RR 2013, 339).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Soweit der Kläger mit dem Antrag auf Erstattung von Abmahnkosten unterlegen ist, ist die Zuvielforderung verhältnismäßig gering und hat keine besonderen Kosten verursacht.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 51 Abs. 2, 43 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht erfüllt sind. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO liegt vor, wenn die der Rechtssache zugrunde liegende Rechtsfrage auch künftig wiederholt auftreten wird und über ihre Auslegung in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen geäußert worden sind oder wenn sich in einer gewichtigen Frage eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung andeutet. Eine entsprechende Änderungstendenz ist nicht erkennbar, vielmehr besteht in der Rechtsprechung ein einhelliger Meinungsstand, der ein Bedürfnis nach einer obergerichtlichen Leitentscheidung nicht erkennen lässt. Auch in der Literatur fehlt es an unterschiedlichen Auffassungen zu den maßgeblichen Rechtsfragen, denn dafür genügt nicht, dass, wie hier, nur vereinzelte, von der ganz überwiegenden Meinung abweichende Auffassungen vertreten werden (BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 2009 - 1 BvR 3598/08 - Justizgewährungsanspruch, NJW-RR 2009, 1026).