Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung
Aufgrund von Wartungsarbeiten konnten seit Januar 2024 keine neuen Entscheidungen veröffentlicht werden. Alle Entscheidungen mit Stand vom 31. Dezember 2023 sind jedoch abrufbar. Zurzeit werden die noch ausstehenden Entscheidungen nachgepflegt.

Entscheidung 6 U 86/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 06.06.2023
Aktenzeichen 6 U 86/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0606.6U86.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. Oktober 2021 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus, Az.: 11 O 3/20, unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei das einzelne Ordnungsgeld den Betrag von 250.000,00 € und die Ordnungshaft insgesamt 2 Jahre nicht übersteigen darf und an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, verurteilt, es zu unterlassen,

geschäftlich handelnd bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln an Apotheken Preise zu bewerben, anzukündigen und/oder zu gewähren, die durch die Gewährung von Skonti unter Berücksichtigung der gesetzlichen Umsatzsteuer zu Bruttopreisen führen, die unter dem Wert liegen, der sich ergibt aus dem einheitlichen Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für dieses Arzneimittel zzgl. eines Festzuschlages von 0,70 € sowie der Umsatzsteuer,

insbesondere wenn dies geschieht wie nachfolgend mit Bezug auf das Präparat „A...“ in der Packungsgröße 5 x 3 ml ersichtlich:

Preisliste

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 299,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.03.2020 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist, soweit es aufrechterhalten worden ist, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung hinsichtlich der Unterlassung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 € abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen wird beiden Parteien nachgelassen, die Vollstreckung des jeweiligen Gegners gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht dieser vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger ist ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, dem u.a. der Bundesapothekerverband, mehrere Landesapothekerverbände, Einzelapotheken und pharmazeutische Unternehmen angehören. Er nimmt die Beklagte, einen Parallel- und Reimporteur von Arzneimitteln, auf Unterlassung vorgeblich unlauteren Handelns im Wettbewerb sowie auf Erstattung einer Kostenpauschale für eine Abmahnung in Höhe von 299,60 € in Anspruch.

Die Beklagte vertreibt in Deutschland als verantwortliche pharmazeutische Unternehmerin im Direktvertrieb gegenüber Apotheken insbesondere hochpreisige Arzneimittel. Grundlage ihrer Tätigkeit ist eine Preisliste, in der die angebotenen Präparate in alphabetischer Reihenfolge mit den darin enthaltenen Wirkstoffen und den jeweils aufgerufenen (Netto-)Preisen aufgeführt werden, wie aus Anlage K1 (Bl. 17ff. GA) ersichtlich. Die dort aufgeführten Preise stellt die Beklagte gegenüber den Apotheken zuzüglich der Umsatzsteuer in Rechnung, wobei sie ein Zahlungsziel von 30 Tagen einräumt.

Streitgegenständlich ist die Preisliste mit Stand 15.07.2019, die für die angebotenen Arzneimittel neben dem Namen des angebotenen Präparats, der Packungsgröße und weiteren Angaben zum Produkt den „AEP“, einen ggf. auf das Produkt gewährten Rabatt in Prozent, den „Preis öff. Apotheke“, einen Betrag „14 Tage Valuta“ und eine Angabe zum Skonto in Prozent auswies, wie beispielhaft für das verschreibungspflichtige Präparat A... ersichtlich:

Präparat/Wirkstoff

PZN     

Stärke

DRF     

Pck. größe

AEP     

Rabatt

Preis öff. Apotheke

14 Tage Valuta

Skonto

A...
Insulin glargin

11886828

100E(ml

PEN     

5x3ml 

48,66 €

3,04 %

47,20 €

45,78 €

3%    

Dabei bezeichnet „AEP“ den Apothekeneinkaufspreis, der dem nach § 2 Abs. 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch den Großhandel an Apotheken oder Tierärzte zuzüglich Umsatzsteuer für das Arzneimittel „A...“ höchstzulässigen Preis entspricht. Dieser setzt sich zusammen aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (APU; für „A...“ laut IFA-Arzneimitteldatenbank, Stand 11.11.2019, 46,50 €), einem Festzuschlag von 70 Cent sowie einem optionalen Zuschlag von 3,15 Prozent. „Preis öff. Apotheke“ ist der Preis, den die Beklagte gegenüber ihren Kunden bei Einhaltung der 30-tägigen Zahlungsfrist in Rechnung stellt (hier 47,20 €) und „14 Tage Valuta“ bezeichnet den Betrag, den die Beklagte bei - vorfristigem - Zahlungseingang innerhalb von 14 Tagen verlangt. Dieser - skontierte - Preis von 45,78 € unterschreitet den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV im Verhältnis Großhändler zu Apotheker „zu erhebenden“ Betrag, bestehend aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zuzüglich des Festzuschlags von 70 Cent (46,50 € + 0,70 € = 47,20 €). Zu einer Unterschreitung dieser Summe führt auch der von der Beklagten ihren Kunden gegenüber eingeräumte Rabatt, wenn man nicht den ausgewiesenen „Preis öff. Apotheke“ zugrunde legt, sondern den Apothekeneinkaufspreis (AEP) um den angegebenen Rabattsatz ermäßigt (48,66 € - 3,04 % = 47,18 €).

Der Kläger hat gerügt, diese Preisgestaltung sei mit den Vorgaben des AMG bzw. der AMPreisV unvereinbar. Er hat die Beklagte mit Schreiben vom 08.08.2019 abgemahnt und als unlauter beanstandet, dass der rabattierte Preis für das Arzneimittel „A...“ den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV zu erhebenden Betrag unterschreite, denn der aus der Summe von Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens (ApU) zzgl. Festzuschlag zzgl. Umsatzsteuer gebildete Betrag stelle den nicht zu unterschreitenden Mindestpreis für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel dar. Die Beklagte hat die Abgabe der zugleich geforderten Unterlassungserklärung mit Schreiben vom 16.08.2019 verweigert.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe gegenüber der Beklagten im Hinblick auf die beschriebene Preisgestaltung ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3, § 3a UWG iVm § 78 Abs. 1, 3 Satz 1 AMG und § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV zu. Die Preisgestaltung der Beklagten verstoße gegen die als Marktverhaltensregelungen zu qualifizierenden Vorschriften der § 78 Abs. 1, 3 AMG und § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV und sei deshalb unlauter. Da es sich bei „A...“ um ein verschreibungspflichtiges Medikament handele, unterliege es der Arzneimittelpreisbindung und dürfe nur mit einem Preis abgegeben werden, der sich innerhalb der Margen der AMPreisV bewege. Der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV bezeichnete Betrag bestehend aus Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU), Festzuschlag und Umsatzsteuer stelle im Geschäftsverkehr zwischen Großhandel und Apotheken eine absolute Preisuntergrenze ohne Einschränkungen dar und dürfe nicht durch Rabatte, Skonti oder andere Vergünstigungen unterschritten werden. Preiswettbewerb durch Rabatte oder Skonti sei vielmehr nur innerhalb der variablen Marge von 3,15 Prozent nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AMPreisV zulässig. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Norm, der Begründung des Referentenentwurfs des Bundesministeriums für Gesundheit zum Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (TSVG) vom 23.07.2018 (S. 57, 141), der Äußerung der SPD-Fraktion im Gesetzgebungsverfahren (BT-Drs 19/8351, S. 170f.) und unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 05.10.2017 - I ZR 172/16 - Großhandelszuschläge. Der Wortlaut von § 2 Abs. 1 AMPreisV stimme zudem überein mit demjenigen des § 3 AMPreisV betreffend die Abgabe von Arzneimitteln an Endverbraucher. Dass in diesem Verhältnis Skonti oder andere Preisnachlässe strikt verboten seien, sei anerkannt.

Die Unlauterkeit der Preisgestaltung ergebe sich zudem daraus, dass unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Niedrigzinsniveaus eine Valutastellung des Kaufpreises innerhalb von 14 Tagen gegenüber dem ansonsten von der Beklagten verlangten Zahlungsziel von einem Monat keinem finanziellen Vorteil gegenüber den Apotheken in Höhe von 3 % entspreche. Ein Skonto in dieser Höhe und für eine Valutafrist von 14 Tagen sei im Apothekenhandel zudem nicht üblich. Das Skonto stelle damit einen (unzulässigen) zusätzlichen Rabatt dar, der einen Wert von insgesamt mehr als 6 % erreiche.

Selbst wenn es der Beklagten, wie sie behaupte, jedenfalls erlaubt wäre, auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers Skonto zu gewähren, wäre ihr tatsächliches Verhalten unlauter. Denn ausweislich der Preisliste berechne sie das eingeräumte Skonto nicht ausgehend vom Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, sondern vom gesetzlichen Mindestpreis, bestehend aus Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zuzüglich Festzuschlag. Zudem werde der gesetzlich festgelegte Mindestpreis bereits durch den von ihr gewährten Rabatt unterschritten.

Wegen der unter dem 08.08.2019 ausgesprochenen Abmahnung stehe ihm eine Kostenpauschale in Höhe von 280 € netto zzgl. Umsatzsteuer, insgesamt 299,60 € zu.

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

1. der Beklagten wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei das einzelne Ordnungsgeld den Betrag von 250.000 € und die Ordnungshaft insgesamt 2 Jahre nicht übersteigen darf und an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, untersagt,

geschäftlich handelnd bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln an Apotheken Preise zu bewerben, anzukündigen und/oder zu gewähren, die durch die Gewährung von Rabatten und/oder Skonti unter Berücksichtigung der gesetzlichen Umsatzsteuer zu Bruttopreisen führen, die unter dem Wert liegen, der sich ergibt aus dem einheitlichen Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für dieses Arzneimittel zzgl. eines Festzuschlags von 0,70 € sowie der Umsatzsteuer,

insbesondere wenn dies geschieht wie aus der Anlage K1 mit Bezug auf das Präparat „A...“ in der Packungsgröße 5 x 3 ml ersichtlich;

2. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 299,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, die Klage sei wegen Unbestimmtheit und Unklarheit des Klageantrags unzulässig.

Dass der für das Produkt „A...“ ausgelobte Rabatt von 3,04 % rechnerisch den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens plus Festzuschlag von 70 Cent unterschreite, beruhe auf einer falschen Berechnung in der Excel-Tabelle. Die Höhe des Rabattes sei tatsächlich geringer, denn unstreitig habe sie ihren Kunden stets den ziffernmäßig ausgewiesenen, den Mindestbetrag nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV nicht unterschreitenden „Preis öff. Apotheke“ in Rechnung gestellt.

Entgegen der Ansicht des Klägers sei die Einräumung des in der Preisliste ausgewiesenen Skontos gegenüber ihren Kunden nicht zu beanstanden. § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV beinhalte kein Skontoverbot, sondern lege lediglich fest, dass der Festzuschlag von 0,70 € zwingend zu erheben sei. Aus dem Regierungsentwurf zur Neufassung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV, der zur offiziellen Gesetzesbegründung geworden sei, ergebe sich, dass auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens im Handel allgemein übliche Skonti gewährt werden dürften. Um ein solches handele es sich hier. Die Einräumung eines Skontos stelle eine Gegenleistung dar für eine vorzeitige Zahlung bei einem handelsüblich längeren Zahlungsziel und sei als solche auch im Geschäftsverkehr mit Apotheken üblich und angemessen. Durch den Skontovorteil werde der Käufer zu einer schnelleren Zahlung veranlasst und infolge der Auslobung werde weniger häufig eine rechtzeitige Zahlung vergessen, so dass sich für den Verkäufer der Aufwand für den Forderungseinzug verringere.

Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, sowohl die Gewährung des Rabattes wie des Skontos stellten einen Verstoß gegen die Preisregelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV dar. Durch den Rabatt von 3,04 % auf den Apothekeneinkaufspreis von 48,66 € falle der Nettopreis auf 47,18 € und damit unter den zwingend nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV zu erhebenden Preis von 47,20 €, zusammengesetzt aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers in Höhe von 46,50 € und dem Festzuschlag in Höhe von 0,70 €.

Auch die Gewährung eines Skontos von 3 % lasse den Nettopreis unter den Mindestverkaufspreis sinken. Auch dies sei unlauter. Zwar sei den widersprüchlichen Gesetzgebungsmaterialien nicht eindeutig zu entnehmen, dass die Gewährung eines Skontos unzulässig sei. Allerdings komme es auf die subjektiven Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe nicht entscheidend an, denn maßgeblich für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift sei der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Die Preisvorschriften stellten Berufsausübungsregelungen dar, die die Berufsfreiheit einschränkten und deshalb aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit das verbotene Handeln unzweideutig beschreiben müssten. Den Betroffenen sei nicht zuzumuten, den Umfang der sie treffenden Pflichten aus Gesetzgebungsmaterialien zu ermitteln.

Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV müsse ein Mindestpreis aus Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, Festzuschlag und Umsatzsteuer erhoben werden; auf diese Preisbestandteile dürften weder Skonti noch Rabatte gewährt werden. Nur so lasse sich das gesetzgeberische Ziel erreichen, dem Großhandel eine Vergütung zu verschaffen, welche die Sicherung einer flächendeckenden, bedarfsgerechten und wohnortnahen medizinischen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gewährleiste, Preiskämpfe unter pharmazeutischen Unternehmen ausschließe und die Konkurrenzfähigkeit kleinerer Apotheken erhalte.

Auch eine wirtschaftliche Betrachtung führe zum selben Ergebnis. Skonti reduzierten den Kaufpreis aufgrund vertraglicher Vereinbarung für den Fall einer Zahlung innerhalb eines bestimmten Zeitfensters. Der Unternehmer erspare Zinsen und komme in den Genuss einer erhöhten Liquidität und eines geringeren Vorfinanzierungs- und Forderungsausfallvolumens. Diese Vorteile stellten keine Leistung dar, die die Beklagte im Gegenzug für die Lieferung von Arzneimitteln erhalte, sondern sei Folge dessen, dass die Abnehmer ihrer Pflicht zur zeitnahen Zahlung des nach § 271 BGB von Gesetzes wegen sofort fälligen Kaufpreises nachkämen. Ein echtes Skonto stelle hingegen einen aufschiebend bedingten Teilerlass der Forderung für den Fall fristgerechter Zahlung dar. Dieser Teilerlass setze einen verzichtbaren Anspruch voraus, an dem es hier fehle, denn Arzneimittelpreise seien der vertraglichen Disposition der Parteien entzogen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 14.10.2021 zugestellte Urteil mit am 28.10.2021 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Sie wendet sich gegen ihre Verurteilung insgesamt und rügt, das Landgericht habe ein Totalverbot von Skonti ausgesprochen, für das es an einer gesetzlichen Grundlage fehle. § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG stelle eine solche nicht dar. Soweit dort bestimmt werde, dass der pharmazeutische Unternehmer zu einem einheitlichen Abgabepreis zu liefern habe, stehe dies der Einräumung eines Zahlungsziels an die von ihr belieferten Apotheken und der Auslobung angemessener Skonti für eine vorzeitige Zahlung nicht entgegen. Ein entsprechendes Verbot lasse sich auch nicht auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV stützen, denn auch diese Norm enthalte keine Regelung betreffend Skonti, sondern bezeichne - in Reaktion auf die Entscheidung des BGH vom 05.10.2017 - I ZR 172/16 - Großhandelszuschläge - einen Mindestpreis, zusammengesetzt aus Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, dem zwingend zu erhebenden Festzuschlag von 0,70 € und der obligatorischen Umsatzsteuer. Dass Skonti auf diesen Mindestpreis verboten sein sollten, ergebe sich weder nach dem Wortlaut, noch aus der Gesetzeshistorie oder dem Gesetzgebungsverfahren. Soweit einzelne Fraktionen im Gesetzgebungsverfahren zu der Novellierung des § 2 Abs. 1 AMPreisV die Meinung vertreten hätten, auf die im Gesetz genannten Preisbestandteile dürfe der Großhandel weder Rabatte noch Skonti gewähren, stehe dies in Widerspruch zu der allein maßgeblichen amtlichen Gesetzesbegründung.

Da die Einräumung eines Skontos sowohl im Verhältnis des pharmazeutischen Unternehmers zu dem Großhandel als auch im Verhältnis von Großhandel zu Apotheken handelsüblich sei, hätte der Gesetzgeber, wenn er ein Verbot erstmalig hätte anordnen wollen, dies eindeutig regeln müssen. Den einschlägigen Regelungen lasse sich aber nicht entnehmen, dass es keine Skonti durch den Großhandel geben dürfe, sobald auf den disponiblen Zuschlag nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AMPreisV verzichtet werde.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts reduzierten die eingeräumten Skonti zudem nicht den Kaufpreis, sondern stellten eine Gegenleistung im Sinne einer Vergütung dar für eine gesonderte Leistung des Käufers, der vor Ablauf der eingeräumten Zahlungsfrist und damit vor Fälligkeit zahle. Ob ein Skonto von 3 % eine adäquate Abgeltung für eine vorfällige Zahlung darstelle, bedürfe keiner Entscheidung, denn die Skontohöhe sei nicht Gegenstand des Klageantrags.

Soweit das Landgericht ferner die in der Preistabelle ausgewiesene Rabattgestaltung verboten habe, durch die der Mindestpreis unterschritten werde, liege der behauptete Verstoß tatsächlich nicht vor. Denn in der drittletzten Spalte der Preistabelle, bezeichnet als „Preis öff. Apotheke“ werde der von der Apotheke zu zahlende Preis richtig angegeben (47,20 €). Es sei unbestritten geblieben, dass dies der Preis sei, den sie, die Beklagte, von den Apotheken gefordert habe. Sie habe lediglich aufgrund einer unzutreffenden Excel-Berechnung den Rabatt in der falschen Höhe von 3,04 % ausgewiesen, ohne dass sich das auf den von ihr in Rechnung gestellten Mindestpreis ausgewirkt habe.

Mangels Unterlassungsanspruches hafte sie nicht für die Abmahnkosten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LG Cottbus vom 07.10.2021 - Az.: 11 O 3/20 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Er führt aus, das landgerichtliche Urteil sei fehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass der in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV zu erhebende Mindestpreis weder durch Rabatte noch durch Skonti unterschritten werden dürfe. Das gesetzliche Verbot, den Mindestpreis zu unterschreiten, gelte ausnahmslos. Rabatte und Skonti seien nur im Rahmen des variablen prozentualen Großhandelszuschlages zulässig. Ein ausdrückliches Verbot sei entbehrlich, denn der Wortlaut sei eindeutig. Würde man der Auffassung der Beklagten folgen, wären auch Rabatte und sonstige Preisnachlässe erlaubt, denn auch insoweit fehle ein ausdrückliches Verbot. Entgegen der Auffassung der Beklagten stelle das von ihr eingeräumte Skonto einen Preisnachlass auf den Mindestpreis, nicht aber eine Vergütung für vorzeitige Zahlung dar. Denn der Kaufpreis sei nach § 271 BGB sofort fällig und werde durch ein Skonto für den Fall einer Zahlung innerhalb eines vertraglich bestimmten Zeitfensters einvernehmlich reduziert.

Zu Recht habe das Landgericht auch eine Rabattgestaltung verboten, die zu Bruttopreisen führe, die den Mindestpreis, bestehend aus Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, Festzuschlag von 0,70 € und Umsatzsteuer, unterschritten. Die Beklagte habe auf ihrer Preisliste mit einem Rabatt von 3,04 % geworben, der sich daraus ergebende Nettopreis unterschreite mit 47,18 € den zwingend zu erhebenden Mindestpreis von 47,20 €. Dass es sich dabei um einen Berechnungsfehler handele, sei unglaubwürdig, zudem sei diese Erklärung erst verspätet vorgebracht worden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) ist nur teilweise begründet, nämlich soweit der Kläger das Ziel verfolgt, der Beklagten eine Unterschreitung des nach § 2 Abs. 1 AMPreisV „zu erhebenden“ Preises durch Rabatte zu untersagen. Insoweit war auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die - insgesamt zulässige (1) - Klage abzuweisen (2).

Im Übrigen hat das Rechtsmittel der Beklagten keinen Erfolg und war die Berufung zurückzuweisen. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente an Apotheken Preise zu bewerben, anzukündigen und/oder zu gewähren, die infolge der Gewährung von Skonti den nach § 2 Abs. 1 AMPreisV mindestens zu erhebenden Preis unterschreiten (3). Die Berufung hat auch insoweit keinen Erfolg, als sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Aufwendungsersatzes an den Kläger für die ausgesprochene Abmahnung richtet (4).

1. Zu Recht hat das Landgericht die Klage als zulässig angesehen.

a) Der Kläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (i.d.F. vom 17.02.2016, die nach § 15a UWG auf die vor dem 09.09.2021 rechtshängige Klage anwendbar bleibt; im Folgenden a.F.) klagebefugt. Danach stehen Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 UWG u.a. rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen zu, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt. Die Vorschrift regelt nicht nur die sachlich-rechtliche Anspruchsberechtigung, sondern auch die prozessuale Klagebefugnis (BGH, Urteil vom 07.05.2015 - I ZR 158/14 - Der Zauber des Nordens, WRP 2015, 1464 Rn. 13). Dem Kläger gehören Einzelapotheken, pharmazeutische Unternehmen und Apothekerverbände und damit jedenfalls mittelbar eine erhebliche Zahl von Unternehmen an, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben wie die Beklagte.

Wegen der weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG a.F. streitet eine Vermutung für ihr Vorliegen, weil der Kläger gerichtsbekannt jahrelang als klagebefugt anerkannt ist (BGH, Urteil vom 14.11.1996 - I ZR 164/954 - Geburtstagswerbung II, GRUR 1997, 476; OLG München, Urteil vom 05.07.2018 - 29 U 1866/17, WRP 2019, 242; KG, Urteil vom 27.03.2012 - 5 U 39/10, WRP 2012, 993 Rn. 70; Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 8 Rn. 3.86). Dies greift die Berufung auch nicht an.

b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Klageantrag in der zuletzt gestellten Form als hinreichend bestimmt beurteilt hat. Ein bestimmter Klageantrag (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist erforderlich, um den Streitgegenstand und den Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) festzulegen, die Tragweite des begehrten Verbots zu erkennen und die Grenzen der Rechtshängigkeit und der Rechtskraft festzulegen (BGHZ 189, 59 - TÜV I, Rn. 9). Der Verbotsantrag darf daher nicht derart undeutlich gefasst sein, dass sich der Gegner nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre (BGH, Urteil vom 21.05.2015 - I ZR 183/13 - Erfolgsprämie für die Kundengewinnung, GRUR 2015, 1237 Rn. 13; Urteil vom 26.01.2017 - I ZR 207/14 - ARD-Buffet, WRP 2017, 426 Rn. 18; Urteil vom 21.09.2017 - I ZR 53/16 - Festzins Plus, WRP 2018, 328 Rn. 12; Urteil vom 08.11.2018 - I ZR 108/17 - Deutschland-Kombi, GRUR 2019, 627 Rn. 15; BGH, Urteil vom 10.01.2019 - I ZR 267/15 - Cordoba II, WRP 2019, 1013 Rn. 23). Auch muss der Schuldner, der den Titel freiwillig befolgen möchte, hinreichend genau wissen, was ihm verboten ist (Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 12 UWG Rn. 1.35).

Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag in der zuletzt gestellten Form. Die Rüge der Beklagten, der Klageantrag sei unklar, weil der „Insbesondere-Antrag“ nicht in der Verallgemeinerungsform enthalten sei, denn der Kläger wolle ihr im Klageantrag näher beschriebene Bruttopreise für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel gegenüber Apotheken verbieten, nehme allerdings mit dem „insbesondere“ Antrag auf die als Anlage K1 zur Klageschrift vorgelegte, ausschließlich Netto-Preise ausweisende Liste Bezug, greift nicht mehr. Eine sich etwaig dahingehend aus der ursprünglichen Antragsfassung ergebende Unklarheit ist in der letzten Antragsfassung beseitigt. Nunmehr ist hinreichend erkennbar, dass der Kläger die Preisgestaltung der Beklagten im Hinblick auf die Zusammensetzung der ausgewiesenen Nettopreise für unzulässig hält, wie sie in der Anlage K1 im Einzelnen aufgeführt werden. Die Notwendigkeit, im Antrag auch die Bruttopreise in Bezug zu nehmen, ergibt sich aus den Anforderungen des UStG und der AMPreisV, denen die Beklagte unterliegt und denen sie im Geschäftsverkehr auch insoweit unstreitig genügt.

2. Die Berufung hat Erfolg, soweit das Landgericht die Beklagte verurteilt hat, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen, bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln an Apotheken Preise zu bewerben, anzukündigen und/oder zu gewähren, die durch die Gewährung von Rabatten unter Berücksichtigung der gesetzlichen Umsatzsteuer zu Bruttopreisen führen, die unter dem Wert liegen, der sich ergibt aus dem einheitlichen Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für dieses Arzneimittel zzgl. eines Festzuschlages von 70 Cent sowie der Umsatzsteuer.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf die begehrte Unterlassung nicht zu, weil es an der dafür vorauszusetzenden Verletzung des Preisunterschreitungsverbots und einer dadurch begründeten Wiederholungsgefahr fehlt. Die Beklagte hat bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln an Apotheken mit der von ihr in der Preisliste vom 15.07.2019 ausgewiesenen Rabattierung nicht solche Preise beworben, angekündigt und/oder gewährt, die unter dem nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV „zu erhebenden“ Preis liegen.

a) Der Unterlassungsanspruch dient der Abwehr künftiger Beeinträchtigungen und setzt deshalb die drohende Gefahr einer Beeinträchtigung voraus. Diese liegt vor, wenn entweder die Gefahr eines erstmaligen Wettbewerbsverstoßes drohend bevorsteht (Erstbegehungsgefahr) oder der Anspruchsgegner sich bereits wettbewerbswidrig verhalten hat und Wiederholungsgefahr besteht (Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 8 Rn. 1.7, 1.11). Eine begangene Verletzung begründet eine Vermutung für die Wiederholungsgefahr, für die Erstbegehungsgefahr muss der Kläger die tatsächlichen Umstände, die eine ernstlich drohende und unmittelbar bevorstehende Gefahr erstmaliger Begehung begründen, im Einzelnen darlegen und ggf. beweisen (Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 8 Rn. 1.18).

b) Der Kläger verfolgt das Ziel, der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, durch die ihren Kunden eingeräumten Rabatte einen Preis zu bewerben, anzukündigen oder zu gewähren, der den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV „zu erhebenden“ Preis nicht erreicht. Dieser Preis beträgt für das Arzneimittel „A...“ 47,20 €. Er setzt sich zusammen aus dem einheitlichen Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, ausweislich der IFA-Arzneimitteldatenbank, Stand 11.11.2019, in Höhe von 46,50 €, zuzüglich des Festzuschlags von 70 Cent. Diesem Betrag entspricht der Preis, den die Beklagte in ihrer Tabelle als „Preis öff. Apotheke“ ausgewiesen hat und zu dem sie das Arzneimitteln Apotheken zum Kauf anbietet. Die Beklagte hat dazu vorgetragen, das Arzneimittel auch tatsächlich nicht unterhalb dieses Preises an Apotheken abgegeben zu haben, dies hat der Kläger nicht bestritten. Für ein „Gewähren“ von Preisen, die aufgrund einer Rabattierung den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV „zu erhebenden“ Preis unterschreiten, fehlt es mangels begangener Verletzung damit an einer Wiederholungsgefahr. Dass sonstige Umstände vorliegen, die eine ernstlich drohende und unmittelbar bevorstehende Gefahr erstmaliger Begehung begründen würden, trägt der Kläger nicht vor.

c) Entgegen der Ansicht des Klägers hat der Beklagte mit Vorlage der Preisliste Stand 15.07.2019 niedrigere als die im Klageantrag beschriebenen Preise auch weder „angekündigt“ oder „beworben“. Denn in der Preisliste weist die Beklagte neben Produktnamen, Packungsgröße und dem „APE“ (dem Apothekeneinkaufspreis als dem Höchstbetrag, zu dem nach § 2 Abs. 1 AMPreisV das verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel verkauft werden darf, für das Arzneimittel „A...“ hier 48,66 €) den „Preis öff. Apotheke“ aus. Dieser bezeichnet den von der Beklagten gegenüber den Apotheken tatsächlich geforderten Preis, der dadurch „angekündigt“ bzw. „beworben“ wird.

Soweit zusätzlich auch der Rabattsatz (hier 3,04 %) aufgeführt wird, um den der Kunde das Arzneimittel bei Inanspruchnahme des „Preis(es) öff. Apotheke“ günstiger kauft als bei Ansatz des „APE“ (Apothekeneinkaufspreis), liegt darin kein zusätzliches oder alternatives Angebot, das „angekündigt“ oder „beworben“ würde. Vielmehr dienen entsprechende Angaben zu Rabattsätzen regelmäßig der Information des Käufers über die Höhe einer ihm angebotenen Ersparnis, also Vergleichszwecken zu anderen Anbietern. Den kundenseitigen Apotheken wird durch die Angabe des Rabattsatzes nicht die Wahl ermöglicht, zu entscheiden, ob sie das Arzneimittel zum bezifferten Preis oder zu dem aufgrund des Rabattsatzes zu berechnenden Preises erwerben wollen, vielmehr liegt nur ein Angebot vor, das maßgeblich in dem ziffernmäßig ausgewiesenen Preis liegt.

Die rechtliche Bewertung ändert sich nicht dadurch, dass sich im Streitfall nach dem angegebenen Rabattsatz von 3,04 % aus dem Apothekeneinkaufspreis von 48,66 € ein gegenüber dem „Preis öff. Apotheke“ in Höhe von 47,20 € abweichender Betrag, nämlich 47,18 € errechnet. Dadurch entstehen nicht zwei Angebote, mit denen sich die Beklagte an ihre Kunden wendet. Denn der „niedrigere“ Betrag wird nicht „beworben“ oder „angekündigt“, er muss erst aufgrund einer - nicht ohne weiteres ohne technische Hilfsmittel vorzunehmenden - Rechenoperation ermittelt werden. Hingegen ist der tatsächlich in Rechnung gestellte „Preis öff. Apotheke“ in Ziffern bezeichnet und damit ohne weiteres zu erfassen und zu bewerten; er stellt damit das Preisangebot der Beklagten dar. Ob es durch die Anwendung des zu hohen Rabattsatzes zu einem Preis kommen würde, der unter dem Mindestverkaufspreis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV liegt, ist deshalb ohne Relevanz; gleiches gilt für die Gründe dieses Fehlers.

Dies kann der Senat beurteilen, auch wenn ihm keine Apotheker angehören, die an sich Mitglieder desjenigen Verkehrskreises sind, an die sich das Angebot der Beklagten richtet, die mithin „betroffen“ wären. Bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses ist auf die Anschauungen des angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksamen und kritischen Durchschnittsmarktteilnehmers abzustellen. Diese können auch dann, wenn der Richter nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählt, auf Grund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung festgestellt werden, sofern dafür keine besonderen Kenntnisse oder Erfahrungen erforderlich sind (BGH, Urteil vom 15.12.2016 - I ZR 197/15 - Bodendübel, WRP 2017, 792 Rn. 58; Urteil vom 17.07.2013 - I ZR 21/12 - Einkaufswagen III, WRP 2013, 1339 Rn. 29; Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 12 Rn. 1.71). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Denn die hier zu beurteilende Gestaltung der Tabelle entspricht den allgemein im Geschäftsverkehr üblichen Gepflogenheiten und weist keine apothekenspezifischen Besonderheiten auf, die dem Senat möglicherweise nicht geläufig sein könnten. Auf solche hat auch der Kläger nicht hingewiesen.

Auch die Frage, ob in der unrichtigen Bezeichnung des Rabattsatz möglicherweise eine - unlautere - Irreführung zu sehen ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn der Kläger macht nicht geltend, dass die Unlauterkeit des inkriminierten Verhaltens auf einer Irreführung des Geschäftsverkehrs beruhe, sondern trägt ausschließlich einen Verstoß der Beklagten gegen die Preisbindungsvorschriften der § 78 AMG, § 2 Abs. 1 AMPreisV vor.

3. Im Übrigen bleibt die Berufung ohne Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln an Apotheken Preise zu bewerben, anzukündigen und/oder zu gewähren, die durch die Gewährung von Skonti unter Berücksichtigung der gesetzlichen Umsatzsteuer zu Bruttopreisen führen, die unter dem Wert liegen, der sich ergibt aus dem einheitlichen Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für dieses Arzneimittel zzgl. eines Festzuschlages von 70 Cent sowie der Umsatzsteuer. Dies stellt eine unzulässige geschäftliche Handlung in Form des Rechtsbruchtatbestandes nach § 3 Abs. 1, § 3a UWG dar, wegen der der Kläger die Beklagte nach § 8 Abs. 1, 3 UWG i.V.m. § 3 Abs. 1, § 3a UWG, § 78 AMG, § 2 Abs. 1 AMPreisV auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann.

a) Der Verfolgung eines Verstoßes gegen § 78 AMG bzw. § 2 Abs. 1 AMPreisV als unlautere geschäftliche Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1, § 3a UWG steht nicht entgegen, dass die Richtlinie 2005/29/EG, die in ihrem Anwendungsbereich zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt hat (Art. 3 Abs. 1, Art. 4 der Richtlinie; vgl. EuGH, Urteil vom 10.07.2014 - C-421/12, GRUR Int. 2014, 964 - Kommission ./. Belgien, Rn. 55; BGH, Urteil vom 10.11.2022 - I ZR 242/19 - Herstellergarantie IV, GRUR 2022, 1832, juris Rn. 43; Beschluss vom 29.07.2021 - I ZR 135/20, GRUR 2021, 1320 - Flaschenpfand III), keinen mit der Bestimmung des § 3a UWG vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Denn die Richtlinie steht solchen nationalen Regelungen nicht entgegen, die in ihren Ausnahmebereich fallen (BGH, Urteil vom 27.04.2017 - I ZR 215/15 - Aufzeichnungspflicht, WRP 2017, 941 Rn. 28), dazu zählen nach § 3 Abs. 3 der RL 2005/29/EG Rechtsvorschriften in Bezug auf Gesundheitsaspekte (vgl. Senat, Urteil vom 17.01.2023 - 6 U 26/22, juris, Rn. 57; OLG München, Urteil vom 12.04.2018 - 6 U 1679/17 Rn. 67). Solche stellen auch die die Arzneimittelpreisbindung betreffenden Normen dar (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.2016 - I ZR 163/15 - Freunde werben Freunde, WRP 2017, 694 Rn. 28; Urteil vom 12.02.2015 - I ZR 213/113 - Fahrdienst zur Augenklinik I, GRUR 2015, 813 Rn. 11).

b) Nach § 3 Abs. 1, § 3a UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, d.h. solche, die gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, sofern dieser Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. § 78 Abs. 1 AMG und § 2 AMPreisV stellen Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG dar, weil sie nach ihrem Zweck dazu bestimmt sind, den Preiswettbewerb unter den Pharmagroßhändlern zu regeln (BGH, Urteil vom 05.10.2017 - I ZR 172/16 - Großhandelszuschläge, juris Rn. 22; Urteil vom 09.09.2010 - I ZR 98/08 - Bonus-Taler GRUR 2010, 1133 Rn. 20; Urteil vom 06.11.2014 - I ZR 26/13 - Kostenlose Zweitbrille, GRUR 2015, 504 Rn. 9).

c) Zu Recht hat das Landgericht einen Verstoß der Beklagten gegen § 78 AMG, § 2 Abs. 1 AMPreisV angenommen, soweit sie den von ihr belieferten Apotheken auf den nach § 2 Abs. 1 AMPreisV zu erhebenden Preis bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen ein Skonto gewährt.

aa) Die Beklagte unterliegt als pharmazeutischen Unternehmen gleichgestellter Parallel- und Reimporteur von Arzneimitteln den Vorschriften des AMG bzw. der AMPreisV.

Verschreibungspflichtige Medikamente sind nach § 78 AMG auf unterschiedlichen Vertriebsstufen Gegenstand der Preisbindung: Pharmazeutische Unternehmer sind nach § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG verpflichtet, einen einheitlichen Abgabepreis für solche Arzneimittel sicherzustellen, die vom Verkauf außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind, Apotheken müssen für diese Arzneimittel einen einheitlichen Apothekenabgabepreis gewährleisten, also bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Patienten einheitliche Preise verlangen (§ 78 Abs. 2 Satz 2 AMG). Für den dazwischen geschalteten Großhandel ermächtigt § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG den Verordnungsgeber, Preisspannen für Arzneimittel festzusetzen, die im Großhandel oder in Apotheken im Wiederverkauf abgegeben werden. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber mit der AMPreisV Gebrauch gemacht.

Diese Preisvorschriften gelten nach § 78 Abs. 1 Satz 3 AMG bei der Abgabe an Apotheken, welche die Arzneimittel zur Abgabe an den Verbraucher beziehen, auch für pharmazeutische Unternehmer, die eine Tätigkeit nach § 4 Abs. 22 AMG ausführen, also berufs- oder gewerbsmäßig zum Zweck des Handelstreibens mit der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder der Ausfuhr von Arzneimitteln befasst sind mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an andere Verbraucher als Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Krankenhäuser. Die Beklagte ist infolge ihres Geschäftsmodells, Arzneimittel im Parallelvertrieb in den Verkehr zu bringen, nach § 4 Abs. 18 AMG pharmazeutischer Unternehmer in diesem Sinne und unterliegt damit den Vorschriften der AMPreisV.

bb) § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV i.d.F. vom 06.05.2019 bestimmt, dass bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch den Großhandel an Apotheken oder Tierärzte auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ein Festzuschlag von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer zu erheben sind; zusätzlich darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 € erhoben werden. Dabei ist der Berechnung der Zuschläge der Betrag zugrunde zu legen, zu dem der pharmazeutische Unternehmer das Arzneimittel nach § 78 Abs. 3 oder Abs. 3a AMG abgibt (§ 2 Abs. 1 Satz 3 AMPreisV). Es ergibt sich daraus eine Preisspanne, innerhalb derer das vom pharmazeutischen Unternehmer geforderte Entgelt angesiedelt sein muss, wobei der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 zu erhebende Betrag den Mindestpreis bildet (vgl. Brixius, in: Bülow/Ring/Artz/Brixius, Heilmittelwerbegesetz, 6. Aufl., § 7 Rn. 274).

Diese Spanne hat die Beklagte in ihrer Preisliste vom 15.07.2019 in der Spalte „14 Tage Valuta“ im Hinblick auf das - verschreibungspflichtige - Produkt „A...“ in der Packungsgröße 5 x 3 ml unterschritten. Unstreitig betrug zu diesem Zeitpunkt der Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens, wie er in der Arzneimitteldatenbank der Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IFA) verzeichnet und deshalb für den pharmazeutischen Unternehmer bis zur nachfolgenden Meldung bindend war (Zuck/Dettlin, Arzneimittelgesetz, § 78 AMG Rn. 310), 46,50 €. Zuzüglich des Festzuschlags von 70 Cent ergab sich ein Mindestpreis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV von 47,20 €. Diese Summe stellt die untere Grenze der zulässigen Preisspanne dar. Auf diesen Betrag darf der Großhändler nach § 2 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. 2 AMPreisV einen fakultativen Großhandelszuschlag aufschlagen von maximal 3,15 %, so dass sich als höchster zulässiger Preis der Betrag von 48,66 € ergibt. Der von der Beklagten in ihrer Preisliste angebotene Preis des Arzneimittels „A...“ bei Inanspruchnahme des Skontos, bezeichnet mit „14 Tage Valuta“, lag mit 45,78 € unterhalb der sich danach ergebenden zulässigen Preisspanne zwischen 47,20 € und 48,66 €.

cc) Dies steht in Widerspruch zu § 78 AMG, § 2 Abs. 1 AMPreisV. Danach ist eine Belieferung von Apotheken durch den pharmazeutischen Großhandel zu Preisen, die unter dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zuzüglich eines Festzuschlages von 70 Cent liegen, unzulässig.

(1) Dies ergibt sich im Grundsatz bereits aus dem Wortlaut, den § 2 Abs. 1 AMPreisV durch die Novellierung vom 06.05.2019 im Zuge des TSVG erhalten hat, auch wenn dort Skonti nicht ausdrücklich erwähnt werden. § 2 Abs. 1 AMPreisV ist in Abweichung zu der Vorfassung mit der Formulierung „sind... zu erheben“ zwingend ausgestaltet und lässt Ausnahmen nicht zu. Durch die Wendung im Imperativ, dass auf einen bestimmten Preis ein Festzuschlag „zu erheben“ ist, kommt zum Ausdruck, dass ein preislicher Spielraum nicht besteht (vgl. BGH, Urteil vom 05.10.2017 - I ZR 172/16 Rn. 33 zu § 3 AMPreisV).

Der Auffassung der Beklagten, das Gebot stehe der Gewährung von Skonti nicht entgegen, denn infolge ihrer Handelsüblichkeit hätte es eines ausdrücklichen Verbots bedurft, hätte der Verordnungsgeber auch Skonti ausschließen wollen, schließt sich der Senat nicht an. Dass Zugaben und Rabatte seit der Aufhebung der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes im Jahr 2001 grundsätzlich erlaubt sind, gilt nur in den Grenzen der allgemeinen Rechtsvorschriften (BT-Drs 14/5594, S. 8). Eine solche stellt § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV ihrer Formulierung nach dar.

(2) Die genetische Auslegung der Norm anhand der Gesetzeshistorie bleibt unergiebig und lässt sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - insbesondere nicht für ihre Ansicht anführen, die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV einzuhaltende Preisspanne dürfe für Skonti unterschritten werden. Die Beratungsunterlagen zum TSVG, durch das die maßgebliche Änderung des § 3 Abs. 2 Satz 1 AMPreisV in Reaktion auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 05.10.2017 - I ZR 172/16 - Großhandelszuschläge - vorgenommen worden sind, sind im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Skontierung widersprüchlich: So heißt es in der Begründung zum Referentenentwurf zum TSVG vom 23.07.2018 (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen//GuS/T/TSVGRefE.pdf, S. 57): „Es wird gesetzlich klargestellt, dass der pharmazeutische Großhandel bei der Arzneimittelabgabe den Festzuschlag von 70 Cent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers nach der Arzneimittelpreisverordnung zwingend aufschlagen muss und auf diesen Betrag keine Rabatte oder Skonti gewähren darf“. Die nachfolgend erstellte Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 07.12.2018 (BT-Drs 19/6337 vom 07.12.2018, S. 156) lautet hingegen: „Durch die Änderung wird jetzt eindeutig klargestellt, dass der Großhandel den Festzuschlag von 70 Cent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zwingend aufschlagen muss. (...) Rabatte und übliche Skonti können nur auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und Rabatte nur im Rahmen des prozentualen Zuschlags gewährt werden“. Schließlich äußerte im weiteren Verlauf die SPD Fraktion die Auffassung: „und nicht zuletzt sei wichtig, dass durch die Änderung ... rechtssicher festgehalten werde, dass der Mindestpreis aus Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, Festzuschlag von 0,70 € zzgl. Umsatzsteuer bestehe. Auf diese Preisbestandteile dürfe der Großhandel weder Rabatte noch Skonti gewähren“ (Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 13.03.2019, BT-Drs 19/8351, S. 171).

Welche von mehreren, sich widersprechenden Gesetzesmaterialien grundsätzlich als maßgeblich anzusehen ist - ob hier auf den Referentenentwurf als ursprüngliche Fassung, auf die zeitlich letzte Äußerung im Bericht des Ausschusses für Gesundheit oder auf die von der Beklagten als „amtliche Begründung“ bezeichnete, allerdings bereits in sich widersprüchliche (vgl. dazu Buchner/Burk, WRP 2019, 842, 845) Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung abzustellen wäre - bedarf keiner Entscheidung. Denn in Anbetracht der allgemeinen Formulierung der Norm kann aus den Gesetzesmaterialien eine Auslegung, die über den Wortlaut hinausgeht, nicht abgeleitet werden. Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Es kommt dafür nicht auf die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung an. Die Entstehungsgeschichte einer Vorschrift hat für deren Auslegung nur insofern Bedeutung, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf diesem Weg allein nicht ausgeräumt werden (BGH, Urteil vom 05.10.2017 - I ZR 172/16 - Großhandelszuschläge, Rn. 40 m.w.N.); sie kann vorliegend eine Auslegung über den Wortlaut hinaus, wie sie die Beklagte vorträgt, nicht rechtfertigen.

(3) Auch die historische und die systematische Auslegung der Norm sind für die Frage der Zulässigkeit einer Unterschreitung der nach § 2 Abs. 1 Satz 11 AMPreisV vorgesehenen Preisspanne letztlich unergiebig.

Die Beklagte bezieht sich für ihre Auffassung insbesondere auf Gesetzgebungsmaterialien zu dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung aus dem Jahr 2006 (BT-Drs 16/3100 S. 199), in denen es in der Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD betreffend die Novellierung des § 78 Abs. 3 und 4 AMG heißt „Die Vereinbarung von Skonti und Zahlungsfristen im Rahmen marktüblicher Bedingungen bleibt unberührt“. Daraus lässt sich allerdings bereits deshalb nichts für die Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV i.d.F. vom 06.05.2019 herleiten, weil die aufgrund des vorgenannten Gesetzgebungsverfahrens verabschiedete Regelung anders als die hier zu beurteilende Fassung gerade keine Preisuntergrenze festgelegt hat (vgl. BGH, Urteil vom 05.10.2017 - I ZR 172/16 - Großhandelszuschläge). Im Übrigen steht die von der Beklagten angeführte Textstelle im Zusammenhang mit Ausführungen zum einheitlichen Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, was nahelegt, dass sich auch die Erläuterung zu den Möglichkeiten einer Skontierung insgesamt nur auf diesen und nicht auf den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV aus der Summe von Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, Festzuschlag und Umsatzsteuer gebildeten Mindestpreis beziehen (vgl. Czettritz/Thewes, PharmR 2014, 460, 461).

Auch die systematische Auslegung, auf die sich der Kläger maßgeblich stützt, bleibt ohne eindeutiges Ergebnis. Zwar entspricht der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV i.d.F. vom 06.05.2019 nunmehr der zu § 3 AMPreisV gewählten Formulierung. Diese Norm betrifft das Verhältnis von Apothekern zu Kunden, für das ein Skontoverbot anerkannt ist (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25.08.20121 - 2 U 21/11, WRP 2012, 111). Allerdings steht vorliegend die Zulässigkeit handelsüblicher Skonti in Streit; im Verhältnis zwischen Apotheker und Kunden hingegen, in dem regelmäßig Bargeschäfte getätigt und bereits deshalb keine Zahlungsfristen eingeräumt werden, besteht für die Vereinbarung von Skonti ohnehin kein Anlass. Im Hinblick auf die unterschiedliche Interessenlage auf den betroffenen Handelsstufen lässt sich aus der Vergleichbarkeit der Formulierung deshalb ein hinreichend sicherer Schluss auf die Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV nicht ziehen.

(4) Nach dem Sinn und Zweck der Norm kommt eine Unterschreitung der in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV bezeichneten Preisuntergrenze durch die Einräumung eines Skontos allerdings nicht in Betracht.

Die arzneimittelpreisrechtlichen Vorschriften sollen im Allgemeinen gewährleisten, dass die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt ist (BGH, Urteil vom 09.09.2010 - I ZR 26/09 - Bonus-Taler Rn. 15 m.w.N; zu den weiteren verfolgten Zielen vgl. von Czettritz/Thewes, PharmR 2014, 460, 462). Aus der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 07.12.2018 zum TSVG (BT-Drs 19/6337, S. 155) betreffend die Novellierung des § 2 AMPreisV im Anschluss an die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 05.10.2017 ergibt sich, dass diese Regelung insbesondere der Gewährleistung eines funktionsfähigen Großhandels dient, die ihrerseits die Belieferung der Apotheken in der Fläche und damit das vorgenannte Ziel der Versorgung der Bevölkerung sicherstellen soll. In der Begründung wird in Bezug auf die vorgesehene Änderung des § 2 AMPreisV ausgeführt:

„Es handelt sich um eine Klarstellung des ... Ziels, dass der Festzuschlag zur Sicherstellung einer angemessenen und flächendeckenden Belieferung der Apotheken dient. Der prozentuale Zuschlag bleibt hingegen rabattfähig und erlaubt dem Großhandel einen gewissen Spielraum bei der Preisgestaltung gegenüber den Apotheken. (...) Nach § 52b AMG haben Betreiber von Arzneimittelgroßhandlungen eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung von Arzneimitteln sicherzustellen, damit der Bedarf von Patientinnen und Patienten im Geltungsbereich des AMG gedeckt ist. Vollversorgende Arzneimittelgroßhandlungen müssen im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung der mit ihnen in Geschäftsbeziehung stehenden Apotheken gewährleisten. Dies gilt entsprechend für andere Arzneimittelgroßhandlungen im Umfang der von ihnen jeweils vorgehaltenen Arzneimittel (§ 52b Absatz 3 AMG). Da dieser Auftrag unabhängig vom Preis eines Arzneimittels zu erfüllen ist, sollte der Großhandel im Gegenzug eine Vergütung erhalten, die ausreichend ist, eine angemessene und flächendeckende Belieferung der Apotheken zu gewährleisten.

Durch die Änderung wird jetzt eindeutig klargestellt, dass der Großhandel den Festzuschlag von 70 Cent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zwingend aufschlagen muss. Nur so kann das mit dem Festzuschlag bezweckte Ziel erreicht werden.“

Dies zeigt, dass nach der Intention des Verordnungsgebers der Festzuschlag einen aus Anlass des Verkaufs eines verschreibungspflichtigen Medikaments an die Apotheke zu zahlenden Beitrag für die besondere Funktion des Arzneimittelgroßhandels darstellt, weniger ein Entgelt für das Arzneimittel. Das zeigt sich auch daran, dass der Beitrag als „Festzuschlag“ seiner Höhe nach vom Preis des Arzneimittels entkoppelt ist. Dem steht nicht entgegen, dass der Festzuschlag unmittelbar von dem verkaufenden Unternehmen eingenommen wird und bei ihm verbleibt, vielmehr ist dies mit Blick auf das Ziel einer ausreichenden finanziellen Ausstattung des jeweiligen Großhändlers gerade folgerichtig. Stellt der Festzuschlag mithin kein Entgelt für das abgegebene Arzneimittel dar, kommt ein Skonto auf diesen Preisbestandteil nicht in Betracht.

Dies gilt unabhängig davon, wie man das von der Beklagten ihren Kunden gegenüber eingeräumte Skonto einordnet, also auch dann, wenn man der Auffassung der Beklagten folgte, dass das von ihr eingeräumte Skonto grundsätzlich als sog. „echtes“ nicht einen Nachlass auf den geforderten Preis, sondern eine Vergütung für vorfristige Zahlung (im Sinne eines Gegenstücks zu Verzugszinsen, vgl. Buchner/Burk, WRP 20119, 8422, 847) darstellt, wie sie grundsätzlich zulässigerweise auch im preisgebundenen Geschäftsverkehr vereinbart werden kann (BGHZ 36, 370 - Rollfilme; BGH Urteil vom 24.06.2003 - KZR 32/02 - Buchpreisbindung). Eine dahingehende Qualifizierung kommt entgegen der Auffassung des Klägers zwar in Betracht. Denn die Beklagte räumt ihren Kunden eine Zahlungsfrist von 30 Tagen ein und führt durch dieses Zahlungsziel eine vertragliche Bestimmung der Leistungszeit herbei (Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, 82. Aufl. § 271 Rn. 13). In der Folge wird die Forderung erst mit Ablauf der 30tägigen Zahlungsfrist fällig. Zuvor ist sie zwar durch den Schuldner erfüllbar, die Beklagte als Gläubiger kann die Leistung aber nicht verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 01.02.2008 - III ZR 159/06, NJW 2007, 1581 Rn. 17). Verabreden die Parteien in einem solchen Fall, dass bei Zahlung vor Ablauf der 30tägigen Zahlungsfrist, nämlich wie hier innerhalb von 14 Tagen, seitens des Käufers ein Skontoabzug von 3 % vorgenommen werden darf, kann dies einen aufschiebend bedingten Teilerlass darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.1998 - VIII ZR 287/97, NJW 1998, 1302 Rn. 7). Die für das Wirksamwerden des Erlasses maßgebliche Bedingung dabei ist, dass der Käufer über die Zahlung des Kaufpreises hinaus eine zusätzliche Gegenleistung erbringt, nämlich den Kaufpreis innerhalb einer bestimmten, vor Fälligkeit der Forderung ablaufenden Frist zahlt.

Für den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV zu erhebenden Festzuschlag scheidet eine entsprechende Skontierung allerdings aus, wenn man ihn nicht als Teil des Entgelts begreift (so im Ergebnis auch: Buchner/Burk, WRP 2019, 842 Rn. 29; Hofmann, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Aufl. § 78 Rn. 60). Stellt der Festzuschlag kein Entgelt für das veräußerte Arzneimittel dar, sondern einen aus Anlass eines Verkaufsgeschäfts zu leistenden, der Höhe nach durch öffentlich-rechtliche Normen bestimmten Beitrag zur Sicherung der Existenz des Großhandels und zur Gewährleistung der Belieferung der Apotheken in der Fläche mit dem Ziel, eine umfassende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu erreichen (Müller, AnwZert HaGesR 18/2020 Anm. 2), ist er der Disposition der Parteien entzogen und kann er auch nicht Gegenstand eines Nachlasses für vorfristige Zahlung sein (so auch von Czettritz/Thewes, PharmR 2014, 460, 463). Denn dann würde er seiner Funktion als Finanzierungsbeitrag zur Sicherung der im öffentlichen Interesse der allgemeinen Gesundheitsversorgung liegenden Existenz und Funktionsfähigkeit des Großhandels beraubt.

dd) Ist der Festzuschlag nach seinem Sinn und Zweck nicht skontierfähig, so gilt dies zugleich für den nach § 2 Abs. 1 Halbs. 1 AMPreisV aus Festzuschlag und Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zusammengesetzten Mindestpreis insgesamt (so im Ergebnis auch Bülow/Ring/Artz/Brixius, Heilmittelwerbegesetz, 6. Aufl. § 7 Rn. 279; Hofmann, a.a.O., Rn. 62; Köber, in: MüKo-Lauterkeitsrecht, 3. Aufl., § 78 AMG Rn. 70). Eine Beschränkung insoweit auf den Festzuschlag erfüllte den Gesetzeszweck nicht, weil er zusammen mit dem nach dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers bestimmten Entgelt für das verkaufte verschreibungspflichtige Arzneimittel einheitlich in das Eigentum des Großhändlers übergehe, ohne dass eine reale Trennung vorgenommen würde. Ließe man ein Skonto zwar nicht auf den Festzuschlag, wohl aber auf die anderen in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV genannten Preisbestandteile (insbesondere den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers) zu, würde deshalb auch der Festzuschlag, ggf. anteilig - indirekt - nicht mehr „erhoben“ (vgl. von Czettritz/Thewes, PharmR 2014, 460, 461). Stattdessen könnte es entgegen der gesetzlichen Zielsetzung zu dem ruinösen Wettbewerb zwischen Großhändlern kommen, welchen der Verordnungsgeber mit der Einführung des Festzuschlages gerade vermeiden wollte.

d) Der festgestellte unlautere Verstoß gegen § 78 AMG, § 2 Abs. 1 AMPreisV ist auch geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Da die Preisbindung einen Wettbewerb über den Preis - außerhalb des nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AMPreisV zulässigen fakultativen Aufschlags - grundsätzlich ausschließt, sind auch relativ geringfügige Nachlässe geeignet, Einfluss auf das Kundenverhalten zu nehmen, insbesondere dann, wenn, wie vorliegend, vorwiegend hochpreisige Arzneimittel abgegeben werden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 25.08.2011 - 2 U 21/11, WRP 2012, 111 Rn. 81).

4. Dem Kläger steht schließlich nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG in der bis zum 01.12.2020 gültigen Fassung, die nach § 15a Abs. 2 UWG auf die der Beklagten im August 2019 und damit vor dem 02.12.2020 zugegangene Abmahnung zur Anwendung kommt, ein Anspruch zu auf die geltend gemachte Kostenpauschale in Höhe von 299,60 €. Danach kann der Abmahnende, soweit die Abmahnung berechtigt war, den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Dass die Abmahnung vorliegend, wie ausgeführt, nur teilweise berechtigt war, führt nicht zu einer Kürzung des Aufwendungsersatzanspruches. Denn der Kläger verlangt nicht den Ersatz von nach dem Gegenstandswert berechneten und damit der Höhe nach durch den Streitfall konkret verursachten Aufwendungen, sondern eine Pauschale, die er, wie im Einzelnen dargelegt, berechnet nach einem Bruchteil der durchschnittlich für jede Abmahnung anfallenden Kosten. Hätte der Kläger seine Abmahnung von vornherein auf den Teil beschränkt, mit dem seine Klage Erfolg hat, hätte er demnach eine Kostenpauschale in nämlicher Höhe verlangen können.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Der streitentscheidenden Frage, ob der in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV bestimmte Mindestbetrag durch die Gewährung eines Skontos für die Zahlung der Rechnungssumme vor Fälligkeit unterschritten werden darf, kommt über die konkreten Vermögensinteressen der Parteien hinaus im Hinblick auf ihr tatsächliches und wirtschaftliches Gewicht für den Geschäftsverkehr zwischen Apothekengroßhandel und Apotheken grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. BGHZ 154, 288; BGH, Beschluss vom 18. September 2003 - V ZB 9/03, NJW 2003, 3765). Die Fortbildung des Rechts erfordert zudem eine Entscheidung des Revisionsgerichtes, denn bereits im Gesetzgebungsverfahren haben sich unterschiedliche Rechtsauffassungen betreffend die Zulässigkeit einer entsprechenden Skontierung manifestiert und auch in der Literatur werden dazu unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten (vgl. Douglas, A&R 2021, 303; Mand A&R 2014, 147). Von einer beschränkten Zulassung der Revision hat der Senat im Hinblick auf die Unteilbarkeit des Streitgegenstandes abgesehen.