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Entscheidung DG 7/22


Metadaten

Gericht Dienstgericht Cottbus Entscheidungsdatum 23.12.2022
Aktenzeichen DG 7/22 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 20. September 2022 wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen seine Versetzung im Zuge einer Veränderung der Gerichtsorganisation.

Der Antragsteller ist Richter am Arbeitsgericht in .... Mit dem Gesetz zur Neustrukturierung der Arbeitsgerichtsbezirke vom 8. Juni 2021 wurde das Arbeitsgericht ... zum 31. Dezember 2022 aufgehoben. Der Antragsgegner schlug dem Richterwahlausschuss zweimal die Versetzung des Antragstellers an das Arbeitsgericht ... vor und erhielt beide Male nicht die Zustimmung für diese Maßnahme.

Mit Bescheid vom 20. September 2022 versetzte der Antragsgegner den Antragsteller mit Wirkung zum 1. Januar 2023 an das Arbeitsgericht ... und übertrug ihm das Amt eines Richters am Arbeitsgericht bei dem Arbeitsgericht .... Zugleich wies er ihn mit Wirkung zum 1. Januar 2023 in eine Planstelle R1 brandenburgische Besoldungsordnung bei diesem Gericht ein. Der Antragsgegner ordnete die sofortige Vollziehung der Versetzung an.

Mit Schreiben vom 27. September 2022 erhob der Antragsteller Widerspruch, welcher noch nicht beschieden ist.

Der Antragsteller hat am 24. Oktober 2022 seinen Antrag auf Eilrechtsschutz gestellt. Er führt aus, es mangele bereits an einem Sofortvollzugsinteresse. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, da der Richterwahlausschuss der Versetzung des Antragstellers an das Arbeitsgericht ... nicht zugestimmt habe. Diese Mitwirkung sei auch bei einer Versetzung und nicht nur bei einer Einstellung zwingend. Dem Ministerium stehe insoweit keine Letztentscheidungskompetenz zu. Diese widerspreche der brandenburgischen Landesverfassung.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20. September 2022 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er führt aus, die Versetzungsentscheidung sei nicht wegen einer fehlenden Zustimmung des Richterwahlausschusses rechtswidrig. Ein Zustimmungserfordernis ergebe sich nicht aus den landesrechtlichen Regelungen. Der in § 11 Abs. 1 BbgRiG verwendete Begriff der Versetzung sei dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass nur solche Versetzungsentscheidungen erfasst seien, die am Grundsatz der Bestenauslese ausgerichtet sind. Dies ergebe sich unmissverständlich aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BbgRiG, der bestimme, dass der Richterwahlausschuss in geheimer Abstimmung den Bewerber wählt, der für das Richteramt persönlich und fachlich am besten geeignet sei. Eine solche am Grundsatz der Bestenauslese ausgerichtete Personalentscheidung stehe hier jedoch nicht in Rede. Die Versetzung des Antragstellers sei vielmehr Ausdruck einer Ermessensentscheidung. An anderen Stellen des Brandenburgischen Richtergesetzes werde gleichfalls deutlich, dass der Gesetzgeber die Maßnahmen nach § 32 Abs. 1 Satz 1 DRiG nicht vom Begriff der „Versetzung" erfasst wissen wollte. So bestehe für die Anfechtung sämtlicher Maßnahmen wegen Veränderung der Gerichtsorganisation eine Zuständigkeit des Dienstgerichts (§ 65 Nr. 4 BbgRiG), nicht aber für „sonstige" Versetzungen.

Auch aus der historischen Auslegung ergebe sich, dass Maßnahmen nach § 32 DRiG insgesamt nicht der Zustimmung des Richterwahlausschusses unterlegen. Das Brandenburgische Richtergesetz habe in seiner bis zum Jahr 2011 geltenden Fassung in § 12 Abs. 3 BbgRiG a. F. Ausnahmen für die Beteiligung des Richterwahlausschusses für Versetzungen nach § 31 DRiG und § 32 DRiG vorgesehen. Die Ausnahmevorschrift sei bei der Angleichung der Richtergesetze Berlins und Brandenburgs im Jahr 2011 weggefallen, was ein redaktionelles Versehen sei. Dafür spreche auch die Begründung des Gesetzgebers, der bei § 11 BbgRiG n. F. darauf hinweise, dass die Norm die schon nach bisherigem Recht vorgesehenen Beteiligungsrechte des Richterwahlausschusses in das Richtergesetz übernehme (§ 12 Absatz 1 BbgRiG a. F.) (Lt-Drs. 5/2774, S. 8).

Entgegen der seinerzeit durch den Dienstgerichtshof des Landes geäußerten Auffassung stehe die einschränkende Auslegung des Versetzungsbegriffs in § 11 Abs. 1 BbgRiG auch mit Art. 109 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfG in Einklang. Die Schlussfolgerung des seinerzeitigen Dienstgerichtshofs, dass hierzu auch die Versetzung im Sinne von § 32 Abs. 1 DRiG gehöre, lasse sich weder mit dem Wortlaut des Art. 109 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfG noch durch Auslegung der entsprechenden Bestimmung belegen.

Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Beratungen und Erwägungen des zuletzt mit der Materie befassten Verfassungsausschusses dürfte der in Art. 109 Abs. 1 Satz 1 BbgVerfG verwendete Begriff des Richteramtes statusrechtlich zu verstehen sein. Schon zu Beginn der Debatte über die Richterwahlausschüsse im Verfassungsausschuss (Unterausschuss II) in der 8. Sitzung am 13. Mai 1991 sei von der „Berufung der Richter" die Rede (Ausschussprotokoll V 1/UA II/8, S. 7 in: Lt Bbg (Hrsg.): Dokumentation der Verfassung des Landes Brandenburg vom 20. August 1992, Band 2, S. 921). Es werde auch Art. 98 Abs. 4 GG zitiert (ebd.), wo ebenfalls lediglich die „Anstellung der Richter" geregelt sei. Die vereinzelte Nennung des „Richteramtes" erfolge ohne jeden Bezug auf ein konkretes richterliches Amt (Lt Bbg, a. a. 0., S. 922 f.). Auch in der 10. Sitzung am 21. Mai 1991 sei lediglich von der „Berufung der Richter" und deren Einstellung die Rede (Lt Bbg, a. a. O., S. 966 f.).

Von der Prämisse, dass Art. 109 Abs. 1 Satz 1 BbgVerf das Statusamt im Blick habe, gehe auch der brandenburgische Landesgesetzgeber aus. Andernfalls wäre nicht erklärlich, dass das Brandenburgische Richtergesetz in seiner bis zum Jahr 2011 geltenden Fassung in § 12 Abs. 3 BbgRiG a. F. die bereits erwähnten Ausnahmen für die Beteiligung des Richterwahlausschusses für Versetzungen nach § 31 DRiG und § 32 DRiG vorsehen konnte. Zudem zeige eine vergleichende Betrachtung der Rechtslage in anderen Bundesländern, dass eine auf das konkrete Richteramt bezogene Auslegung des Art. 109 Abs. 1 S. 1 BbgVerf fernliege.

Selbst wenn man nach den landesrechtlichen Vorgaben eine Zustimmung des Richterwahlausschusses auch bei Versetzungsmaßnahmen nach § 32 Abs. 1 DRiG als erforderlich erachten würde, stünde dies nicht mit den Vorgaben im Grundgesetz in Einklang. Nach Art. 98 Abs. 4 GG könnten die Länder bestimmen, dass über die Anstellung der Richter in den Ländern der Landesjustizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuss entscheide. Nach herrschender Auffassung verfolge Art. 98 Abs. 4 GG u. a. das Ziel, auch auf der Landesebene die Justiz zusätzlich demokratisch zu legitimieren und damit zugleich die Akzeptanz von Personalentscheidungen des Ministers zu erhöhen. Sofern die Länder von der Ermächtigung in Art. 98 Abs. 4 Gebrauch machen, seien sie an dessen materielle Vorgaben gebunden.

Demnach komme die Einbeziehung des Richterwahlausschusses nur in Betracht, wenn eine „Anstellung" im Sinne des Art. 98 Abs. 4 GG in Rede stehe. Die Anstellung i. S. d. Art. 98 Abs. 4 GG sei die der Ernennung vorausliegende materielle Auswahlentscheidung. Der Begriff der „Anstellung" weise eine semantische und strukturelle Übereinstimmung mit dem „Zugang zum öffentlichen Amte" i. S. d. Art. 33 Abs. 2 GG auf. Das grundrechtsgleiche Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG beinhalte die Kriterien für den Auswahlvorgang zur Erlangung eines Amtes. Die „Anstellung" in Art. 98 Abs. 4 GG firmiere als Oberbegriff für diesen Auswahlvorgang. Letzterer setze im Sinne der Einheit der Verfassung die Bestenauslese voraus. Der Maßstab, an dem jede Entscheidung über die „Anstellung" eines Richters auszurichten sei, sei demnach allein Art. 33 Abs. 2 GG. Daher sei der Richterwahlausschuss an den Grundsatz der Bestenauslese i. S. d. Art. 33 Abs. 2 GG und damit an einen eindeutigen verfassungsrechtlichen Entscheidungsmaßstab gebunden

Personalmaßnahmen, die nicht unter Anwendung des Leistungsgrundsatzes erfolgten, seien daher nicht vom Begriff der „Anstellung" erfasst. Nach der Ordnung des Grundgesetzes könne ein zwingendes Zustimmungserfordernis des Richterwahlausschusses daher in der vorliegenden Konstellation keinen Bestand haben, da die Versetzung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 DRiG nicht am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichtet sei. Bei der statusgleichen Versetzung bestehe im Übrigen auch kein Bedürfnis nach einer zusätzlichen demokratischen Legitimation durch den Richterwahlausschuss, da in die Entscheidungskompetenz des Richters selbst nicht eingegriffen werde. Er werde lediglich an einem anderen Ort tätig. Der Betroffene solcher Maßnahmen sei im Übrigen nicht rechtsschutzlos, sondern könne diese vor dem Dienstgericht überprüfen lassen.

Bei jedem anderen Verständnis von Art. 98 Abs. 4 GG wäre es im Fall einer Veränderung der Gerichtsorganisation möglich, dass politische Mehrheiten im Richterwahlausschuss darüber befänden, ob der Dienstherr von Maßnahmen nach §§ 30 Abs. 1 Nr. 4, 32 DRiG - die überdies in Art. 97 Abs. 2 Satz 3 GG verfassungsrechtlich abgesichert seien - Gebrauch machen kann. Der Dienstherr wäre dann daran gehindert, das ihm durch das Bundesrecht in § 32 DRiG eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können. Die Konsequenz wäre, dass im Falle der Aufhebung eines Gerichts bei Nichtwahl durch den Richterwahlausschuss mangels Richteramt keine Weiterverwendung des Antragstellers möglich wäre. Dies wiederum wäre auch deshalb verfassungswidrig, weil dem Richterwahlausschuss dann faktisch die Letztentscheidungsbefugnis zustünde, was mit Art. 98 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren wäre. Gleichzeitig wäre es mit Blick auf den Gewaltenteilungsgrundsatz höchst bedenklich, wenn der Richterwahlausschuss eine durch den Gesetzgeber beschlossene Veränderung der Einrichtung der Gerichte im Sinne des Artikel 97 Absatz 2 Satz 3 des Grundgesetzes dadurch konterkarieren könnte, dass er den hieraus resultierenden Personalmaßnahmen nicht zustimmt. Dies werde in der hier vorliegenden Konstellation besonders deutlich, zumal § 22 Abs. 1 Satz 2 BbgRiG hier eine Zweidrittelmehrheit vorsehe. Hinzu komme, dass der Antragsteller bewusst auf die Meinungsbildung in dem Gremium eingewirkt habe, indem er die Mitglieder des Richterwahlausschusses gebeten habe, dem Versetzungsvorschlag des Ministeriums der Justiz in Bezug auf ihre Person jeweils nicht zuzustimmen.

Soweit vorliegend gleichwohl eine Beteiligung des Richterwahlausschusses erfolgt sei, sei dies vorsorglich geschehen. Eine nochmalige Vorlage sei nach § 22 Abs. 1 Satz 3 BbgRiG ausgeschlossen. Selbst wenn man den Erwägungen zur Auslegung des § 11 Abs. 1 BbgRiG nicht folgen wollte, sei für die vorliegende Konstellation, in der trotz der mehrmaligen Befassung keine Zustimmung des Richterwahlausschusses zu einer Maßnahme nach § 32 DRiG erreicht werde, davon auszugehen, dass die Letztverantwortung der Ministerin für Entscheidungen nach § 11 Abs. 1 BbgRiG auch mit einer entsprechenden Letztentscheidungskompetenz korrespondiere.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

1. Der Rechtsweg zu den Dienstgerichten ist eröffnet. Gemäß § 65 Nr. 4 lit. a des Richtergesetzes des Landes Brandenburg (BbgRiG) entscheidet das Dienstgericht bei Anfechtung einer Maßnahme wegen Veränderung der Gerichtsorganisation. Dies schließt die Entscheidung über einen Eilantrag gegen eine entsprechende Maßnahme ein (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2003 – AR (Ri) 1/03 –, juris Rn. 18).

2. Der Antrag nach § 80 BbgRiG i.V.m. § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig, insbesondere statthaft. Gegen eine Maßnahme aufgrund des § 32 Deutsches Richtergesetz (DRiG) ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegeben (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2003 – AR (Ri) 1/03 –, juris Rn. 18).

3. Der Antrag ist begründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 kann das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruches ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Die gerichtliche Entscheidung ergeht dabei auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das Suspensivinteresse des Antragstellers einerseits und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des streitbefangenen Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte, wenn aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung Erfolg oder Misserfolg des Rechtsbehelfs offensichtlich erscheinen. Lässt sich bei der summarischen Überprüfung die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes ohne weiteres feststellen, ist sie also offensichtlich, so ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anzuordnen, weil an einer sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erweist sich nach der genannten Überprüfung der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig, so führt dies in Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzuges regelmäßig dazu, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen ist.

Die angegriffene Versetzungsverfügung ist offensichtlich bereits formell rechtswidrig. Es fehlt an der Zustimmung des Richterwahlausschusses gemäß § 11 Abs. 1 BbgRiG. Hiernach entscheidet über die Einstellung, die erstmalige Berufung in ein Richterverhältnis auf Lebenszeit, die Versetzung und über die Ernennung, durch die ein Richteramt mit höherem Endgrundgehalt als dem eines Eingangsamtes verliehen wird, das zuständige Mitglied der Landesregierung gemeinsam mit dem Richterwahlausschuss.

Wie der Dienstgerichtshof bereits im Zuge der letzten Reform zur Arbeitsgerichtsstruktur aus dem Jahre 2013 entschieden hat, verpflichtet § 11 Abs. 1 BbgRiG den Antragsgegner zur Beteiligung des Richterwahlausschusses bei einer Maßnahme nach § 32 DRiG. Nach § 11 Abs. 1 BbgRiG ist der Richterwahlausschuss bei der Versetzung eines Richters zu beteiligen, ohne dass die Regelung - wie § 60 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 7 BbgRiG bei der Beteiligung des Präsidialrates - zwischen der Versetzung und Maßnahmen im Sinne von § 32 DRiG differenziert (Dienstgerichtshof des Landes Brandenburg, Beschluss vom 12. April 2013 – DGH Bbg 1.13 –, juris Rn. 17).

Zwar hat der Richterwahlausschuss vorliegend mitgewirkt, er hat aber der hier streitigen Versetzung seine Zustimmung nicht mit der erforderlichen Mehrheit erteilt. Das genügt dem Beteiligungserfordernis des § 11 Abs. 1 BbgRiG selbstredend nicht, da der Richterwahlausschuss den betreffenden Richter wählen bzw. der Maßnahme zustimmen muss (§ 22 Abs. 1, 2 BbgRiG).

Anders als der Antragsgegner meint, kann § 11 Abs. 1 BbgRiG insoweit nicht teleologisch reduziert werden. Wortlaut und Systematik streiten, wie bereits der Dienstgerichtshof (a.a.O.) ausgeführt hat, gegen die Auslegung, die der Antragsgegner bevorzugt. Dass es sich vorliegend um eine Versetzung handelt, ist genauso unstreitig wie dass der Wortlaut des § 11 Abs. 1 BbgRiG ausdrücklich eine Beteiligung des Richterwahlausschusses bei Versetzungen vorsieht. Der Verweis des Antragsgegners auf die Historie ist letztlich ein Verweis auf das Schweigen des Gesetzes, denn der Gesetzgeber hat die frühere Regelung des § 12 BbgRiG 2011 gerade geändert. Ob er dies bewusst oder aus Versehen tat, ist unklar und vermag für die Auffassung des Antragsgegners nichts beizutragen.

Das Telos des § 11 Abs. 1 BbgRiG steht dem erkennbar nicht entgegen. Im Hinblick auf die Argumentation zu der in § 22 Abs. 1 S. 1 BbgRiG vorgesehenen Bestenauswahl käme wenn überhaupt allenfalls eine teleologische Reduktion dieser Regelung in Betracht, wenn eine Maßnahme zur Abstimmung gestellt wird, die nicht dem Bestenauslesegrundsatz unterliegt. Im Übrigen sind Versetzungen regelmäßig nicht durch den Bestenauswahlgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG geprägt, da dies nur bei Selbstbindung des Dienstherren oder einem Bewerberfeld, welches sowohl aus Beförderungs- als auch aus Versetzungsbewerbern besteht der Fall ist. Wollte man der Argumentation des Antragsgegners zu § 11 Abs. 1 BbgRiG daher folgen, hätte es die Exekutive in der Hand durch entsprechende Ausschreibungspraxis selbst zu wählen, ob der Richterwahlausschuss beteiligt wird oder nicht, was erkennbar zweckwidrig wäre und wofür das Gesetz keinen Anhalt bietet. Auch zeigt etwa § 22 Abs. 2 BbgRiG, dass das Gesetz selbst davon ausgeht, dass es auch „sonstige“ Beschlüsse des Richterwahlausschusses gibt, die nicht § 22 Abs. 1 BbgRiG unterfallen.

Vor diesem Hintergrund, kann es offenbleiben, ob der weiteren Argumentation des Dienstgerichtshofs (a.a.O.) zu folgen ist, dass eine einschränkende Auslegung des Versetzungsbegriffs in § 11 Abs. 1 BbgRiG, die Maßnahmen nach § 32 Abs. 1 DRiG von einer Beteiligung des Richterwahlausschusses ausnimmt, mit höherrangigem Recht nicht vereinbar ist. Hiernach fordert Art. 109 Abs. 1 Satz 1 BbgVerf uneingeschränkt die Beteiligung des Richterwahlausschusses bei einer „Berufung in ein Richteramt“. Hierzu zählt nach Auffassung des Dienstgerichtshofs auch die Versetzung im Sinne von § 32 Abs. 1 DRiG, die zugleich eine Versetzung im Sinne von § 11 Abs. 1 BbgRiG darstellt.

Im Hinblick auf die umfänglichen Ausführungen des Antragsgegners zur etwaigen Verfassungswidrigkeit seines eigenen Gesetzes weist das Gericht zunächst darauf hin, dass den Behörden nach allgemeiner Auffassung keine Verwerfungskompetenz für eine von ihm für verfassungswidrig gehaltene Norm zukommt. Sie sind an Recht und Gesetz gebunden, vgl. Art. 20 Abs. 3 GG. Hält wie hier ein Ministerium, eine Norm für verfassungswidrig, so steht ihm der Weg der abstrakten Normenkontrolle über die Landesregierung offen (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, Art. 113 Nr. 2 der Verfassung des Landes Brandenburg) oder es kann dem Landtag die Änderung der betreffenden Norm vorschlagen. Es geht demgegenüber nicht an, dass wann immer das hier als Antragsgegner auftretende Land seine eigenen Gesetze für verfassungswidrig hält, es diese einfach nicht anwendet.

Das Gericht folgt der Argumentation des Antragsgegners, nach der § 11 Abs. 1 BbgRiG insoweit gegen Art. 98 Abs. 4 GG verstößt als eine Beteiligung des Richterwahlausschusses bei Versetzungen vorgesehen ist und dementsprechend insoweit nichtig ist, nicht. Art. 98 Abs. 4 GG ist nicht zu entnehmen, dass eine nicht am Bestenauslesegrundsatz ausgerichtete Maßnahme wie bspw. hier eine Versetzung im Rahmen der Veränderung der Gerichtsorganisation nicht von einer Zustimmung des Richterwahlausschusses abhängig gemacht werden darf. Der vom Antragsgegner bemühte Konnex zwischen dem Begriff der „Anstellung“ und Art. 33 Abs. 2 GG lässt sich weder Wortlaut, noch Systematik noch Telos des Art. 98 Abs. 4 GG entnehmen. Diese Auslegung ist auch nicht wegen der vom Antragsgegner angeführten etwaigen Folgen geboten. Sieht ein Land, was entsprechend Art. 98 Abs. 4 GG nach der grundgesetzlichen Ordnung seine freie Wahl ist, einen Richterwahlausschuss vor, so beschwört es damit automatisch die Gefahr von Konflikten zwischen Justizministerium und Richterwahlausschuss herauf. Das ist die logische und gewollte Folge, wenn zwei anstatt einer Institution zu beteiligen sind. Im Gegenteil wäre der Richterwahlausschuss wohl einigermaßen überflüssig, wenn er stets und immer der Auffassung des Justizministeriums folgen müsste. Art. 98 Abs. 4 GG und das Grundgesetz im Übrigen räumen dem Land kein Reuerecht ein, wenn es in seiner Janusköpfigkeit einen solchen Konflikt nicht im Rahmen des Kompromisses bzw. des politischen Prozesses bereinigen kann. Vielmehr hat das Land sich dann frei entschieden, den Vorteil der einheitlichen und schnelleren Entscheidungsfindung dem Vorteil der höheren Legitimation und demokratischen Teilhabe zu opfern. Mit den Folgen muss das Land sodann leben. Um Missverständnissen vorzubeugen, weist das Dienstgericht darauf hin, dass dies naturgemäß den Richterwahlausschuss nicht berechtigt sachfremde und damit willkürliche Erwägungen zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen oder gar – in Fällen in denen dieser anwendbar ist – Art. 33 Abs. 2 GG zu missachten.

Soweit der Antragsgegner sinngemäß einwendet, es könne nicht sein, dass der Richterwahlausschuss die gesetzliche Maßnahmen der Gerichtsorganisation konterkariere und dies auch noch durch die betroffenen Richter selbst beeinflusst werden, bewegt er sich letztlich außerhalb von rechtlichen Argumenten. Nicht nur kann das sein, sondern es ist die Folge des gewählten Konstruktes von „gemeinsamer“ (vgl. § 11 Abs. 1 BbgRiG) Entscheidung von Richterwahlausschuss und Justizminister. Das erzwingt letztlich da mindestens zwei Drittel der Mitglieder des Richterwahlausschusses Abgeordnete sein müssen (vgl. Art. 109 Abs. 1 S. 2 der Verfassung des Landes Brandenburg) im Zweifelsfall eine Kompromissfindung zwischen Justizminister und Richterwahlausschuss. Anders als in den Fällen der Bestenauswahl, die sich an Art. 33 Abs. 2 GG zu orientieren haben, stünde dem Kompromissweg hier auch rechtlich nichts im Wege. Kommt ein solcher Kompromiss nicht zustande, so obliegt es dem politischen Prozess zu bestimmen, wer die Verantwortung trägt, wenn einem Richter ein Amt nicht zugewiesen werden kann, mit der Folge, dass er ohne seine Tätigkeit auszuüben weiter besoldet wird. Ob dieses Konstrukt sinnvoll ist, hat das beschließende Gericht nicht zu entscheiden. Das obliegt dem Gesetzgeber und ggf. dem Verfassungsgeber. Auch wenn man der Auffassung des Dienstgerichtshofs zur verfassungsrechtlich zwingenden Beteiligung des Richterwahlausschusses bei einer Versetzung im Rahmen des § 32 DRiG folgen sollte – was das Gericht offenlässt – sind verfassungsrechtlich jedenfalls weder die Mehrheitsverhältnisse, noch der Modus vorgegeben. Auch die Besetzung ist lediglich dergestalt verfassungsmäßig vorgegeben, dass mindestens zwei Drittel der Mitglieder Abgeordnete sein müssen. Schließlich stehen dem Dienstherren im Rahmen des § 32 DRiG auch noch andere Mittel als die Versetzung zur Verfügung. Wenig überzeugend und rechtlich unhaltbar ist es aber, wenn sich der Justizminister jedes Mal wenn er die erforderliche Mehrheit im Richterwahlausschuss verfehlt, über diesen einfach hinwegsetzen könnte.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 80 BbgRiG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.