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Entscheidung DG 4/21


Metadaten

Gericht Dienstgericht Cottbus Entscheidungsdatum 19.08.2022
Aktenzeichen DG 4/21 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Disziplinarverfügung.

Der Kläger ist Richter am Arbeitsgericht in ... und der Pressesprecher dieses Gerichtes. Im Zuge der Diskussion über eine Neuordnung der Gerichtsorganisation der Arbeitsgerichtsbarkeit im Land Brandenburg übersandte die Direktorin des Arbeitsgerichtes ... eine Stellungnahme vom 05.01.2021 an die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg. Ferner leitete die Direktorin des Arbeitsgerichtes ... ihre Stellungnahme per E-Mail an die übrigen Direktoren der Arbeitsgerichte in Brandenburg, sowie an die am Arbeitsgericht ... tätigen Richter ..., ... und ... weiter. Der Kläger erhielt diese Stellungnahme ebenfalls per E-Mail, jedoch nicht von der Direktorin des Arbeitsgerichtes ..., sondern von einer anderen Person. Der Kläger leitete diese E-Mail an die am Arbeitsgericht ... tätigen Richter und nichtrichterlichen Beschäftigten weiter.

Zudem gab der Kläger der Märkischen Oderzeitung – ... ein Interview, das am 04.02.2021 von dieser veröffentlicht wurde. Hierin äußerte er auf die Frage, welches sein Hauptkritikpunkt an den Plänen der Ministerin sei:

„So viele Punkte. An erster Stelle die geheim und empathielos wirkende Vorbereitung der Sache zum Weihnachtsfest. Die schamlose Ausnutzung der Pandemiesituation. Die fehlerhafte Beteiligung der Verbände. Die unausgegorene Sichtweise. Die Arroganz des Verfahrens.“

Zudem gab der Kläger dem RBB ein Fernsehinterview. Auf dem Schreibtisch des Klägers lag dabei das Schreiben der Direktorin des Arbeitsgerichtes ... vom 05.01.2021.

Die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg leitete aufgrund dieser Vorgänge mit Verfügung vom 10.02.2021 ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein.

Der Kläger nahm mehrfach Stellung und stellte den Antrag auf Beteiligung des Gesamtrichterrats. Der von der Präsidentin des Landesarbeitsgerichts informatorisch angehörte Gesamtrichterrat widersprach der beabsichtigten Disziplinarmaßnahme am 20.05.2021.

Mit Disziplinarverfügung vom 26.05.2021 sprach die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg einen Verweis gegen den Kläger aus.

Zur Begründung führte sie aus, nach dem Ergebnis der Ermittlungen habe der Kläger gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen, indem er die Stellungnahme der Direktorin des Arbeitsgerichtes ... weitergeleitet habe. Umstände aus denen sich eine Befugnis zur Weiterleitung ergeben könnten, seien nicht ersichtlich. Auch sei keiner der Ausnahmetatbestände des § 37 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (BeamtStG) gegeben.

Auch habe der Kläger dadurch, dass er das Schreiben vom 05.01.2021 während des Fernsehinterviews auf seinem Tisch habe liegen lassen, dieses unbefugt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dieses sei zu Beginn der Aufnahmen zu sehen gewesen. Für jeden Zuschauer sei es daher möglich gewesen, einen Screenshot zu fertigen, der das Lesen des Schreibens ermöglicht hätte. Es gehöre zur Dienstpflicht des Klägers, seinen Schreibtisch in Kenntnis anstehender Fernsehaufnahmen so einzurichten, dass interne Vorgänge der Kameraaufnahme nicht zugänglich seien.

Zudem habe der Kläger im Zusammenhang mit dem Interview vom 04.02.2021 schuldhaft gegen die Dienstpflicht der Mäßigung verstoßen. So stünden die Formulierungen „die geheim und empathielos wirkende Vorbereitung der Sache“, „die schamlose Ausnutzung der Pandemiesituation“, „die unausgegorene Sichtweise“ und „die Arroganz des Verfahrens“ nicht mit der Mäßigungspflicht des Klägers aus § 33 BeamtStG im Einklang. Die Äußerungen im Interview seien zweifelsfrei nicht als Privatperson, sondern unter Angabe des Richteramtes getätigt worden. Der Kläger habe sich mit den Formulierungen in unsachlicher und abwertender Weise über die Ministerin geäußert. Die beim Amtsträger bestehenden Loyalitätspflichten dürften nicht außer Acht bleiben. Bei Form und Inhalt sei dem Mäßigungsgebot Rechnung zu tragen.

Der Kläger legte gegen die Disziplinarverfügung mit Schreiben vom 02.06.2021 Widerspruch ein.

Das Ministerium der Justiz hob auf den Widerspruch hin den erteilten Verweis auf und stellte das Disziplinarverfahren gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 des Landesdisziplinargesetzes (LDG) durch Einstellungsverfügung vom 11.10.2021 ein. Die Einstellungsverfügung unterzeichnete der Vertreter des Abteilungsleiters I mit „i.V. ...“. Der Einstellung lag im Ministerium der Justiz ein Entscheidungsvorschlag vom 29. September 2021 des Referats I.1 zu Grunde, das im Geschäftsgang zunächst dem Abteilungsleiter I „mit der Bitte um Billigung und Zeichnung“ und sodann der Staatssekretärin - ohne weitere Anmerkung- vorgelegt worden war. Die Staatssekretärin zeichnete die Vorlage und unterstrich im Entscheidungsvorschlag mit Rotstift das Wort „einstellen“. Darüber hinaus ergänzte sie den Vorschlag mit dem Satz: „S. 17: Bereits das Disziplinarverfahren an sich hat einen pflichtenmahnenden Eindruck hinterlassen.“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Entscheidungsvorschlag vom 29.09.2021 und die Einstellungsverfügung vom 11.10.2021 Bezug genommen (Bl. 43-74 des Beiheftes Disziplinarverfahren).

Mit der Einstellungsverfügung machte das Ministerium der Justiz im Hinblick auf den Vorwurf, der Kläger habe das Schreiben vom 05.01.2021 während des Fernsehinterviews unbefugt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, von § 20 Abs. 2 S. 1 LDG Gebrauch und beschränkte das Disziplinarverfahren, da diese Handlung nicht ins Gewicht falle. Im Übrigen sei ein Dienstvergehen erwiesen. Eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 37 BeamtStG im Hinblick auf die Weiterleitung des Schreibens vom 05.01.2021 an alle Beschäftigten des Arbeitsgerichts ... sei nicht im dienstlichen Verkehr geboten gewesen. Das Schreiben sei nicht für die Aufgabenerledigung der Adressaten der Weiterleitung von Belang gewesen. Die Weiterleitung sei auch nicht allein deshalb geboten gewesen, weil ihre Adressaten selbst zur Amtsverschwiegenheit verpflichtete Dienstangehörige waren. Die Pflicht zur Verschwiegenheit gelte nicht nur gegenüber der Öffentlichkeit, sondern auch gegenüber den Kollegen der Dienststelle. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass das Schreiben vom 05.01.2021 nicht als „VS“ oder „nur für den Dienstgebrauch“ gekennzeichnet gewesen sei.

Auch sei die Ausnahme des § 37 Abs. 2 Nr. 2 BeamtStG nicht gegeben. Es sei bereits nicht ersichtlich, dass es sich bei den Ausführungen im Schreiben vom 05.01.2021 um Tatsachen handele. Gegenstand des Schreibens sei eine wertende Stellungnahme in einem Gesetzgebungsverfahren. Diese wertende Betrachtung sei auch nicht offenkundig gewesen. Diese hätte auch der Geheimhaltung bedurft. Es könne dahinstehen, ob die Weitergabe des Schreibens geeignet war, die Persönlichkeitsrechte der Direktorin des Arbeitsgerichts ... zu verletzen. Denn die Weiterleitung sei geeignet gewesen, öffentliche Interessen zu beeinträchtigen. Der Vorgang des Interessenausgleichs im Gesetzgebungsverfahren bedürfe der Möglichkeit des offenen Meinungsaustausches, für den die Akteure auf Stellungnahmen sachnaher Stellen angewiesen seien. Diese Stellen seien auf Vertraulichkeit ihrer Stellungnahmen angewiesen, um eine unbefangene Meinungsäußerung zu ermöglichen. Durch die unbefugte Weiterleitung könne der offene Meinungsaustausch in einem Gesetzgebungsverfahren beeinträchtigt werden. Der Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht sei vorsätzlich und schuldhaft begangen worden. Es habe keine Befugnis zur Weiterleitung bestanden.

Durch die herabwürdigenden Formulierungen einerseits und deren Verquickung mit dem eigenen richterlichen Amt im Interview mit der Märkischen Oderzeitung habe der Kläger das Mäßigungsgebot verletzt. Die Formulierungen hätten einen drastischen und überschießenden Charakter und bezögen sich auf jeden denkbaren Aspekt der Vorbereitung des Gesetzgebungsverfahrens und stellten der Ministerin insoweit ein umfassend schlechtes Zeugnis aus. Insbesondere der Vorwurf der „schamlosen Ausnutzung der Pandemiesituation“ sei zu einem Zeitpunkt als hohe Hospitalisierung- und auch Sterberaten auftraten, bestenfalls geschmacklos. Zudem sei diese Formulierung geeignet, in einer aufgeheizten Debatte der populistischen Stimmungsmache zu dienen. Die Formulierungen zeichneten das Bild eines die Fürsorgepflicht gegenüber den Bediensteten hinterrücks verletzenden und dilettantisch agierenden Dienstherrn. Es werde aus dem Kontext auch deutlich, dass der Kläger für sich in Anspruch nehme, für die Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit zu sprechen. Indem er stets als Arbeitsrichter seine „Hauptkritikpunkte“ formuliere, nehme er für deren Stichhaltigkeit das eigene richterliche Amt in Anspruch. Unter diesen Umständen habe der Kläger seine Kritikpunkte sachlich und differenziert vortragen müssen.

Trotz der Verstöße, sei eine Ahndung des Dienstvergehens durch eine Disziplinarmaßnahme nicht angezeigt. Das Dienstvergehen weise zwar eine mittlere Schwere auf. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass der Kläger in einem Gesetzgebungsverfahren, das seinen Tätigkeitsort unmittelbar betraf, Stellung bezog. Eine augenblickliche emotionale Betroffenheit möge insoweit die pflichtwidrige Überreaktion erklären. Es sei davon auszugehen, dass das Disziplinarverfahren bereits einen pflichtenmahnenden Eindruck hinterlassen habe.

Der Kläger hat am 20.10.2021 Klage erhoben.

Der Kläger führt aus, es liege kein Verstoß gegen das Mäßigungsgebot vor. Die Kritik des Klägers im Interview sei nicht geeignet, irgendwelche Zweifel an der Unabhängigkeit und Neutralität der Rechtsprechung zu schüren. Es fehle daher an einer Beeinträchtigung des speziellen Rechtsgutes des Art. 97 des Grundgesetzes (GG), § 39 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG). Die Widerspruchsbehörde jedenfalls habe nicht die gebotene objektive und abgewogene Sicht walten lassen. Die Bewertung sei geprägt von Überspitzung und besonderer Empfindlichkeit. Dem Interview des Klägers sei ein disziplinarisch zu missbilligender Sinn zugeschrieben worden, der mit dem Wortlaut der Äußerungen objektiv nicht in Einklang zu bringen sei. Es gäbe mehrere objektiv mögliche andere Deutungen der Äußerungen. Der Kläger habe seine Kritik anders als ihm vorgeworfen nicht „auf jeden denkbaren Aspekt“ des Verfahrens bezogen und auch nicht die Ministerin der Justiz bewertet und kritisiert. Auch die Bewertung im Widerspruchsbescheid, der Kläger habe mit seiner Kritik irgendeinen Bezug zum Leid der im Rahmen der Pandemie Erkrankten herstellen wollen, sei nicht nachvollziehbar. Auch habe die Kritik des Klägers am Gesetzgebungsverfahren sachlichen Bezug.

Der Kläger habe auch nicht sein Richteramt benutzt, um seiner persönlichen Auffassung größere Beachtung zu verschaffen. Das Interview beinhalte bereits keine Rechtsfragen. Da er als von der Reform der Gerichtsorganisation betroffener Richter betragt wurde, sei eine Ausblendung des Amtes naturgemäß nicht möglich gewesen.

Auch der Vorwurf der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht sei nicht gerechtfertigt. Dem stehe bereits § 37 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 BeamtStG entgegen, da das weitergeleitete Schreiben vom 05.01.2021 sich auf Darlegungen und Hinweise auf aktuelle und vergangene Sachverhalte, die offenkundig seien oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürften. Bei den in dem Schreiben objektiv formulierten Hinweisen, handele es sich um Tatsachen. Das gelte auch dann, wenn diese Tatsachen Teil einer wertenden Stellungnahme in einem Gesetzgebungsvorhaben seien. Selbst dies sei bei dem Schreiben vom 05.01.2021 indes nicht der Fall, da dieses sich inhaltlich auf eine objektive Darstellung der Tatsachen beschränke. Bei den Informationen habe es sich zudem gemäß § 37 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 BeamtStG um solche gehandelt, die einer Geheimhaltung nicht bedürften. Weder Anlass, Inhalt, noch Form des Schreibens vom 05.01.2021 könnten einen Ansehensverlust der Direktorin des Arbeitsgerichtes ... bewirken, was diese auch selbst nicht befürchtet habe. Denn diese habe das Schreiben selbst nicht nur an die Präsidentin des Landesarbeitsgerichtes, sondern auch an alle Richter des Arbeitsgerichts ... und andere Direktoren der Arbeitsgerichte weitergeleitet. Die Weiterleitung durch den Kläger habe auch keine öffentlichen Interessen tangiert. Der Kläger habe auch nicht gezielt eine Weiterleitungsbefugnis missachtet. Es sei bereits irrig davon auszugehen, ein amtliches Schreiben benötige so einer „Weiterleitungsbefugnis“ des verfassenden Amtsträgers.

Dem Kläger könne ein Rechtsschutzbedürfnis auch insoweit nicht abgesprochen werden, als sich die Klage gegen die Ausführungen des Beklagten zum einstweiligen Ausscheiden einer vorgeworfenen Pflichtverletzung gem. § 20 LDG wende. Diese Ausführungen bekräftigen nämlich den in der angegriffenen Disziplinarverfügung enthaltenen Vorwurf als solchen und bezeichneten den Verstoß als objektiv begangen. Das Schreiben sei weder im Filmbeitrag selbst noch im Screenshot lesbar gewesen, sodass kein Pflichtenverstoß vorliege. Darin liege eine selbständige Beschwer durch den Widerspruchsbescheid. Ausreichend und normzweckentsprechend sei dagegen eine Eventualprogose für den - offen gelassenen - Fall der Berechtigung des Vorwurfes. Soweit der Beklagte seine Auffassung auf § 20 Abs. 2 Satz 4 LDG stütze, greife dies nicht durch, da das Verfahren gerade noch nicht unanfechtbar abgeschlossen sei. Zudem liege eine Beschwer in der Kostenentscheidung.

Die Verfügung habe nicht gegen den Widerspruch der Richtervertretung ergehen dürfen. Der Beklagte dürfe sich nicht über ein förmliches, nachkonstitutionelles Gesetz hinwegsetzen. Bei seiner verfassungskonformen Auslegung verkenne der Beklagte die Tragweite der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.1995. Davon seien nicht sämtliche Disziplinarmaßnahmen erfasst und das seinerzeit beurteilte Personalvertretungsgesetz habe keine den Maßgaben des § 104 S. 3 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) entsprechende Vorschrift enthalten. Solche enthalte aber das brandenburgische Richtergesetz (BbgRiG) in § 47 Abs. 8 bzw. § 49 Abs. 3 und § 50. Selbst wenn der Beklagte zu der von ihm vorgenommen verfassungskonformen Auslegung berechtigt gewesen sei, habe er zunächst ein Einigungsstellenverfahren durchführen müssen.

Der Gesamtrichterrat sei mit Blick auf die Zuständigkeit der Präsidentin des Landesarbeitsgerichts für die Einleitung des Disziplinarverfahrens und den verhängten Verweis gem. § 41 BbgRiG zu beteiligen und auch korrespondierend zuständig gewesen. Unzuständig sei der (entgegen §§ 26 Nr. 1, 33 Nr. 1 BbgRiG nicht gebildete) örtliche Richterrat gewesen, da keine Maßnahme des dortigen Gerichtsvorstandes in Frage stand.

Der Beklagte verkenne bei der Auslegung des § 39 Abs. 1 BbgRiG, dass diese Norm nicht isoliert in Teilen ihres Wortlauts, sondern nur ohne Friktion mit dem in das das brandenburgische (Personal-)Richtervertretungsrecht von Anfang an eingeführten Stufenvertretungsverfahren ausgelegt werden müsse. Seien Stufenvertretungen gebildet, so gelte für die Zuständigkeiten der jeweiligen Stufen grundsätzlich das (z.T. explizit gesetzlich geregelte - § 75 PersVGBbg, 82 BPersVG) - sog. Kongruenzprinzip: Die Zuständigkeit der jeweiligen Personalvertretung sei danach strikt an die Zuständigkeit der für die beteiligungspflichtige Maßnahme jeweils zuständigen Dienststelle geknüpft. Auch die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts habe dementsprechend den ihr als zuständigen Gerichtsvorstand gegenüberstehenden Gesamtpersonalrat (wenn auch nur informatorisch) beteiligt. Dieses auf die jeweilige Maßnahme bezogene Kongruenzprinzip zur Bestimmung der Zuständigkeit der jeweiligen Stufenvertretung fände in sämtlichen entsprechenden Vorschriften auch des BbgRiG Eingang. Wortlaut und Systematik und Zielrichtung der Normen seien klar erkennbar und auch die Gesetzesmaterialien der historischen Gesetzesfassungen sprechen eine eindeutige Sprache. Beispielhaft sei auf § 26 ("Richterräte als ... Stufenvertretungen"), § 31 (Korrespondenzprinzip bei Kostentragung), § 33 (Dreistufigkeit), § 41 (genereller Maßnahmebezug), § 45 Abs. 2 Satz 3 (Pflicht zu stufenkorrespondierenden regelmäßigen Besprechungen), § 43 (konkreter Maßnahmebezug),... verwiesen. Es sei bei sämtlichen von § 41 BbgRiG umfassten und von dem ihm in seiner Vertretungsstufe zugeordneten Gerichtsvorstand beabsichtigten Maßnahmen der Gesamtrichterrat zu beteiligen. Eine ordnungsgemäße Beteiligung in Bezug auf den Verweis der Präsidentin des LAG habe jedoch nicht stattgefunden.

Die nicht ordnungsgemäße Einbeziehung des Gesamtrichterrats sei auch nicht deshalb unbeachtlich, weil der gegen das Votum des Gesamtrichterrats erlassene Verweis von der Widerspruchsbehörde aufgehoben worden sei, das Ministerium eine neue Sachentscheidung getroffen habe und hierfür zwar eine Beteiligungspflicht bestanden habe, die aber ohne örtlichen Richterat eben ins Leere gelaufen sei.

Bei dem verfahrensgegenständlichen Verweis in der Gestalt des Widerspruchsbescheids handele es sich um keine Maßnahme der obersten Dienstbehörde, sondern nach den einschlägigen Vorschriften um eine Maßnahme der Präsidentin des LAG, die als Widerspruchsbehörde, nicht als vorgesetzte Disziplinarbehörde handelte. Der Verweis auf § 47 Abs. 8 BbgRiG gehe also von vornherein fehl. Diese Vorschrift umfasse nur originäre Maßnahmen des Ministeriums und würde nach dem Wortlaut des Gesetzes auch nur zur Unanwendbarkeit der Vorschriften des "Schiedsverfahrens" gem. den Absätzen 1 bis 7 des § 47 bzw. eines Einigungsstellenverfahrens nach §§ 48ff BbgRiG führen, nicht aber zum Wegfall der Pflicht zur Beteiligung der zuständigen Stufenvertretung an der Maßnahme. Wolle man der Argumentation des Beklagten folgen, hätte das Ministerium die bei ihm angesiedelte Richtervertretung beteiligen müssen, was aber unterblieb.

Wenn die Präsidentin des LAG den Gesamtrichterrat ordnungsgemäß beteiligt hätte, hätte sie den Dissens mit diesem zum Anlass eines Schlichtungsverfahrens nehmen müssen. Weder habe sie den Richterrat ordnungsgemäß beteiligt, noch gar ein Schlichtungsverfahren eingeleitet. Dass diese Pflicht aber auch für den Fall der Zuständigkeit des örtlichen Richterrats bestanden hätte, könne seit der klarstellenden Ergänzung des § 47 Abs. 1 BbgRiG durch die Einfügung des neuen Satzes 3 ("Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn die Präsidentin .... des oberen Landesgerichts den örtlichen Personalrat zu beteiligen hat".) durch das Erste Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Richtergesetzes vom 19. Juni 2019, GVBI. l Nr. 34, nicht mehr zweifelhaft sein.

Die Maßnahme in Gestalt des Widerspruchsbescheids sei schließlich von einem unzuständigen Amtsträger verfügt worden. Für Maßnahmen der Dienstaufsicht der obersten Dienstbehörde habe das Dienstgericht des Bundes (BGH, Urteil 14.10.2021 - RiZ (R) 2/20) klargestellt, dass jegliche Maßnahme der Dienstaufsicht (des Ministeriums) über Richter nur vom Minister selbst oder in seinem Namen ausgeübt werden könne. Anderen Amtsträgern im Ministerium stehe die Befugnis zu irgendwelchen Maßnahmen der Dienstaufsicht gegen Richter nicht zu. Denkbar sei nur, dass ein solcher Amtsträger im Einzelfall mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben vom Minister oder seinem Vertreter im Amt mittels inhaltlich ganz bestimmter Weisungen zu den zu treffenden Maßnahmen veranlasst werde, die eine eigene Entscheidung über das "Ob" und "Wie" ausschließen und den Beauftragten jedenfalls nur als ausführendes und nicht als entscheidendes Organ in Erscheinung treten lassen.

Ausdrücklich offen habe der BGH nur gelassen, ob es ausreichen könne, wenn der Minister eine bereits vorbereitete Entscheidung ausdrücklich gutheiße. Der vorliegend angegriffene Widerspruchbescheid genüge diesen strengen Anforderungen nicht. Der Bescheid sei weder von dem auf dem Bescheid benannten Bearbeiter noch von dem Unterzeichnenden auf der Grundlage einer ganz bestimmten, das eigene "Ob" und das "Wie" ausschließenden Weisung der Ministerin oder deren Vertreterin im Amt entworfen oder gebilligt worden.

Der Kläger beantragt,

die Disziplinarverfügung der Präsidentin des Landesarbeitsgerichtes vom 26.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Ministeriums der Justiz vom 11.10.2021 (Az. (I.1.) 1 O 21) aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nimmt zunächst Bezug auf die angegriffenen Bescheide und führt sodann weiter aus, dem Kläger fehle im Hinblick auf den ausgeschiedenen Vorwurf das Rechtsschutzbedürfnis. Er sei insoweit durch die Begründung im Bescheid nicht beschwert. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass über die ausgeschiedenen Vorwürfe keine in Rechtskraft erwachsende Entscheidung getroffen werde. Ferner ergebe sich dies daraus, dass mit rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens die Verfolgung der ausgeschiedenen Vorwürfe gemäß § 20 Abs. 2 S. 4 LDG ausgeschlossen sei.

Der Kläger habe durch das Interview mit der Märkischen Oderzeitung das Mäßigungsgebot verletzt. Er habe seine Äußerungen explizit als von der Reform betroffener Richter getätigt und damit das richterliche Amt benutzt, um seiner ablehnenden Meinung zu der Reform mehr Nachdruck zu verleihen. Der Kläger habe durch seine Äußerungen das Reformvorhaben und die verantwortliche Ministerin der Justiz harsch kritisiert und herabgewürdigt. Die Äußerungen seien geeignet den Eindruck entstehen zu lassen, er werde bei seiner Tätigkeit nicht loyal gegenüber dem Gesetzesvorhaben und zu dem verantwortlichen Justizministerium stehen. Dies gelte umso mehr als die Äußerungen im direkten und engen Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit stünden. Die Äußerungen seien auf eine Herabwürdigung der an dem Gesetzesvorhaben Beteiligten gerichtet. Die Angabe, die Pandemiesituation sei „schamlos ausgenutzt“ worden, lege nahe, die Verantwortlichen hätten skrupellos, bedenkenlos bzw. dreist und unverschämt gehandelt. Die Aussagen seien auch nicht einer weniger negativen Auslegung zugänglich, da insoweit der Wortlaut die Grenze bilde. Die Äußerungen seien geeignet, Zweifel an der Unabhängigkeit des Klägers zu schüren. Rechtsschutzsuchende könnten durch die Formulierungen verunsichert werden, ob der Kläger die ihn direkt betreffende Reform mittragen werde. Aus dem Kontext des Interviews ergebe sich auch, dass sich die Kritik des Klägers auf die Ministerin beziehe. Darauf käme es aber nicht entscheidend an, da auch herabwürdigende Kritik an der zuständigen Behörde das Mäßigungsgebot verletze.

Der Kläger habe gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen. Das Schreiben vom 05.01.2021 sei eine dienstliche Angelegenheit. Die Weiterleitung habe auch nicht lediglich der Mitteilung offenkundiger Tatsachen gedient. Denn bereits die Tatsache, dass die Direktorin des Arbeitsgerichtes ... überhaupt eine Stellungnahme abgegeben und auf Bedenken hingewiesen habe, sei nicht offenkundig gewesen. Sofern die Direktorin ihre Argumentation auf einzelne Tatsachen stützte, sei bei der Frage der Offenkundigkeit nicht auf diese abzustellen, sondern auf die Tatsache, dass und wie die Direktorin zu dem Reformvorhaben wertend Stellung bezog. Die Tatsachen hätten auch ihrer Bedeutung nach der Geheimhaltung bedurft. Bei Berücksichtigung der aufgrund des Gesetzesvorhabens laufenden Diskussionen innerhalb der Gerichtsbarkeit sei die Weiterleitung geeignet gewesen, Autorität und Ansehen der Direktorin im Dienstbetrieb zu beeinträchtigen. Der Kläger habe auch keine Weiterleitungsbefugnis gehabt.

Soweit der Kläger die Nichtbeteiligung der Richtervertretung rüge, dringe dies nicht durch. Zum einen wäre – selbst wenn eine Beteiligung hätte stattfinden müssen – der örtliche Richterrat zu beteiligen gewesen. Dieser sei indes nie gebildet worden und habe daher nicht beteiligt werden können. Eine ersatzweise Beteiligung eines anderen Gremiums käme nach der Gesetzeslage nicht in Betracht. Überdies sei durch die Einstellungsverfügung des Ministeriums die Disziplinarverfügung der Präsidentin des LAG aufgehoben und eine neue Sachentscheidung getroffen worden. Es sei auch nicht wie der Kläger meint im Rahmen des BbgRiG ein strenges Kongruenzprinzip analog zum Personalvertretungsgesetz (PersVG) etabliert worden. So gehe § 47 Abs. 1 BbgRiG gerade davon aus, dass eine Obergerichtspräsidentin einen örtlichen Richterrat zu beteiligen habe. Was die Beteiligung durch die oberste Dienstbehörde betreffe, verkenne der Kläger, dass die Einstellungsverfügung eine Entscheidung nach § 73 Abs. 1 BbgRiG i.V.m. 36 Abs. 3 S. 1, 2 LDG und kein Widerspruchsbescheid sei.

Unabhängig davon, ob im Übrigen das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.10.2021 anwendbar sei, werde versichert, dass die Verfügung mit der die Einstellungsverfügung erging, von der Staatssekretärin gebilligt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die jeweils Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe

I. Die teilweise zulässige Klage ist nicht begründet.

1. Die Klage ist teilweise zulässig.

a) Der Zulässigkeit der Klage steht zunächst nicht entgegen, dass sich der Kläger gegen eine Einstellungsverfügung gemäß § 73 Abs. 1 BbgRiG i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 2 LDG wendet. Insbesondere hat er insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis und ist durch die Einstellungsverfügung beschwert. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 LDG wird das Disziplinarverfahren eingestellt, wenn ein Dienstvergehen zwar erwiesen ist, eine Disziplinarmaßnahme jedoch nicht angezeigt erscheint. Eine Einstellungsverfügung im Disziplinarverfahren enthält aus sich heraus keine Beschwer des vom Disziplinarverfahren Betroffenen und dadurch auch keine mögliche Rechtsverletzung. Eine solche kann sich jedoch dann ergeben, wenn die Verfügung „belastende Elemente" aufweist, etwa weil zwar das Disziplinarverfahren eingestellt, gleichzeitig aber festgestellt wird, dass ein Dienstvergehen vorliegt bzw. das Vorliegen eines Dienstvergehens offen gelassen wird (vgl. Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 26. Februar 2013 – 16b DZ 11.1421 – juris Rn. 3, und vom 28. Januar 2015 – 16b DZ 12.1868 - Rn. 5; VG Schleswig, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 17 A 11/17 – juris Rn. 14 m.w.N.; Gansen in: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, 34. Update, November 2021, 3.1 Anfechtungsklage, juris Rn. 37; Schmiemann in: Schütz/Schmiemann, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, 15. Lieferung 10.2021, § 52 BDG, juris Rn. 28.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. März 2022 – 31 A 3052/21.O –, Rn. 17 - 18, juris).

So liegt es indes bei einer Einstellung, die wie hier gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 LDG erfolgt im Unterschied zu einer Einstellung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 LDG.

b) Die Klage ist indes insoweit unzulässig, als sie sich auch gegen das in der Einstellungsverfügung vom 11.10.2021 enthaltene Ausscheiden des Vorwurfes, der Kläger habe das Schreiben vom 05.01.2021 während des Fernsehinterviews unbefugt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 LDG richtet. Insoweit ist eine Beschwer nicht ersichtlich. Mit dem Beklagten ist davon auszugehen, dass insoweit Feststellungen zu ausgeschiedenen Dienstpflichtverstößen und damit etwaigen Disziplinarvergehen in der Begründung zur Ausscheidung keinerlei dem Kläger nachteilige Rechtswirkung entfalten. Über die etwaigen Dienstpflichtverletzungen wird gerade nicht entschieden, sondern die Ausscheidung dieser aus dem Disziplinarverfahren dokumentiert gerade, dass über diese keine Entscheidung getroffen werden soll. Vielmehr hat eine solche Beschränkung nur Wirkungen zu Gunsten des Klägers. Gemäß § 20 Abs. 2 S. 3, 4 LDG können die ausgeschiedenen Handlungen nämlich nicht wieder in das Disziplinarverfahren einbezogen werden, es sei denn, die Voraussetzungen für die Beschränkung entfallen nachträglich. Werden die ausgeschiedenen Handlungen nicht wieder einbezogen, können sie nach dem unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens nicht Gegenstand eines neuen Disziplinarverfahrens sein.

2. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet.

Die Disziplinarverfügung vom 26.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides/der Einstellungsverfügung vom 11.10.2021 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 73 Abs. 1 BbgRiG, § 3 LDG, § 113 Abs. 1 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Beklagte war berechtigt das Disziplinarverfahren gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 LDG einzustellen.

a) Die angegriffene Disziplinarverfügung vom 26.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides/der Einstellungsverfügung vom 11.10.2021 ist formell rechtmäßig.

aa) Eine formelle Rechtswidrigkeit folgt nicht daraus, dass der Beklagte den örtlichen Richterrat bzw. den Gesamtrichterrat nicht (ordnungsgemäß) beteiligt hätte. Gemäß § 41 BbgRiG i.d.F. vom 12. Juli 2011 zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2019 bestimmt der Richterrat bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen mit, die die Richterinnen und Richter insgesamt oder im Einzelfall betreffen oder sich auf sie auswirken. Soweit Mitbestimmungsfälle über die beabsichtigten Maßnahmen hinaus schutzwürdige persönliche Interessen der Richterin oder des Richters berühren, ist die Mitbestimmung von der Zustimmung der betroffenen Person abhängig. In jedem Fall ist das den Vorsitz des Richterrats führende Mitglied von der beabsichtigten Maßnahme zu unterrichten. Die Mitbestimmung entfällt bei Organisationsentscheidungen der obersten Dienstbehörde, die auf deren verfassungsmäßigen Rechten beruhen. Die Zuständigkeit des Richterrats besteht nicht in Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Präsidialrats fallen.

Gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BbgRiG ist zu beteiligen 1. der Richterrat in Angelegenheiten, welche die Richterinnen und Richter des Gerichts betreffen, für das der Richterrat gebildet ist, 2. der Gesamtrichterrat in Angelegenheiten, die über den Aufgabenbereich eines Richterrats hinausgehen und die ihm durch dieses Gesetz zugewiesen werden.

§ 47 BbgRiG sieht für den Fall, dass es bei einer der Mitbestimmung unterliegenden Maßnahme zwischen dem Gerichtsvorstand und dem Richterrat nicht zu einer Einigung kommt ein gestuftes Verfahren vor, wonach zunächst die Stufenvertretungen (d.h. Gesamtrichterrat und anschließend bei Nichteinigung Hauptrichterrat) zu beteiligen sind. Kommt es sodann immer noch nicht zu einer Einigung, so entscheidet die Einigungsstelle durch Beschluss (§ 49 Abs. 1 BbgRiG) Der Beschluss ist für die Beteiligten bindend, soweit er nicht nach § 50 BbgRiG ganz oder teilweise aufgehoben wird (§ 49 Abs. 3 BbgRiG).

Es mag im Ergebnis dahinstehen, ob die Auffassung des Beklagten zutrifft, dass § 49 Abs. 3 BbgRiG, laut dem der Beschluss der Einigungsstelle für die Beteiligten bindend ist, soweit er nicht nach § 50 BbgRiG ganz oder teilweise aufgehoben wird, jedenfalls insoweit verfassungswidrig ist, als er aufgrund der Regelung in § 41 BbgRiG auch Maßnahmen wie das hier in Rede stehende Disziplinarverfahren, insbesondere dessen Einleitung und abschließende Entscheidung betrifft.

Denn der Beklagte konnte hier vorliegend den Richterrat nicht beteiligen, da es einen solchen beim Arbeitsgericht ... nicht gab.

Zwar hätte gemäß §§ 41, 39 BbgRiG i.d.F. des Gesetzes vom 19. Juni 2019 der Richterrat auch bei dem Disziplinarverfahren des Klägers mitbestimmen müssen.

Jedoch trifft die Auffassung des Beklagten zu, dass hierfür gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 BbgRiG i.d.F. des Gesetzes vom 19. Juni 2019 der Richterrat in Angelegenheiten, welche die Richterinnen und Richter des Gerichts betreffen, für das der Richterrat gebildet ist, zu beteiligen ist. Der Gesamtrichterrat ist demgegenüber gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 BbgRiG i.d.F. des Gesetzes vom 19. Juni 2019 zu beteiligen in Angelegenheiten, die über den Aufgabenbereich eines Richterrats hinausgehen und die ihm durch dieses Gesetz zugewiesen werden. Hierfür streitet durchgreifend auch § 47 Abs. 1 BbgRiG i.d.F. des Gesetzes vom 19. Juni 2019. Hiernach kann innerhalb von zwei Wochen nach der Feststellung der Nichteinigung die Sache schriftlich der übergeordneten Dienststelle, bei der eine Stufenvertretung gebildet ist, oder dem Gesamtrichterrat vorgelegt werden, wenn es über eine der Mitbestimmung unterliegende Maßnahme zwischen dem Gerichtsvorstand und dem Richterrat nicht zu einer Einigung kommt. Gesamtrichterrat und übergeordnete Dienststelle verhandeln innerhalb von zwei Wochen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn die Präsidentin oder der Präsident des oberen Landesgerichts den örtlich zuständigen Richterrat zu beteiligen hat.

Daraus folgt zwingend, dass das BbgRiG i.d.F. des Gesetzes vom 19. Juni 2019 nicht vom (strengen) Kongruenzprinzip ausgeht, sondern davon, dass auch der Präsident oder die Präsidentin eines oberen Landesgerichts den örtlichen Richterrat zu beteiligen haben kann. Ist ein solcher nicht gebildet, besteht kein Raum für eine Lückenschließung durch eine „Hochzonung“ der Zuständigkeit zum Gesamtrichterrat. Die vom Kläger hiergegen ins Feld geführte systematische Auslegung im Hinblick auf die §§ 26, 31, 33, 41, 43, 45 Abs. 2 Satz 3 BbgRiG vermag dieses Auslegungsergebnis nicht in Frage zu stellen. Weder wird dadurch die klare Zuständigkeitsregelung des § 39 BbgRiG in Frage gestellt, noch kann dem Kläger darin gefolgt werden, dass diese Vorschriften ein strenges Kongruenzprinzip begründen würden. Davon geht das Gesetz nach seinem ausdrücklichen Wortlaut in § 47 Abs. 1 BbgRiG i.d.F. des Gesetzes vom 19. Juni 2019 selbst nicht aus. Dass eine gewisse Kongruenz im Übrigen besteht, trifft zu, beschränkt sich aber gerade auf die Fälle dieser ausdrücklichen Regelung.

Eine andere Auslegung gebietet auch nicht der vom Kläger ins Feld geführte Art. 11 Abs. 3 des Staatsvertrages über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg. Hiernach ist der Gesamtrichterrat bei einem gemeinsamen Fachobergericht bei einer Maßnahme des Fachobergerichtspräsidenten, die nur die erstinstanzlichen Gerichte im anderen Land betrifft zu beteiligen; die Beteiligung erfolgt nach dem Recht des anderen Landes. Unabhängig davon, ob diese Regelung das Auslegungsergebnis zum brandenburgischen Richtergesetz beeinflussen kann und wie ggf. bei einer Abweichung zwischen der Regelung im Richtergesetz und dem Staatsvertrag zu verfahren wäre, ist die Regelung für den Kläger schon nach ihrem Wortlaut unbehelflich. Denn danach setzt diese Regelung des Staatsvertrages voraus, dass eine Maßnahme des Fachobergerichtspräsidenten die erstinstanzlichen Gerichte eines Landes betrifft. Es setzt also eine Maßnahme voraus, die jedenfalls auf eine Mehrzahl, wenn nicht alle erstinstanzlichen Gerichte eines Landes unter der Aufsicht des Fachobergerichtspräsidenten betrifft. Nicht erfasst ist nach dem Wortlaut daher eine Maßnahme, die nur einen Fall an einem erstinstanzlichen Gericht betrifft. So liegt es indes hier. Hierfür dürfte auch der Zweck der Regelung streiten. Denn diese dient gerade nicht dazu, vorzugeben, wie das jeweilige Land genau seine Mitbestimmung regelt. Sinn der Regelung ist es vielmehr abzugrenzen, wann der gemeinsame Gesamtrichterrat tätig werden muss, selbst wenn nur ein Land betroffen ist. Denn dieser besteht gemäß § 11 Abs. 2 des Staatsvertrages aus Richtern beider Länder, sodass sich nicht von selbst versteht, dass er auch zuständig sein sollte, wenn nur die Gerichte eines Landes betroffen sind. Hierfür streitet auch der letzte Halbsatz der Regelung, nach dem die Beteiligung nach dem Recht des anderen Landes erfolgt, sich also insbesondere auch das „wie“ der Beteiligung nach dem Recht des Landes richtet, dessen erstinstanzliche Gerichte betroffen sind. Schließlich streitet dafür auch die systematische Auslegung. Denn den Fall der Einzelmaßnahme an einem erstinstanzlichen Gericht hat § 11 Abs. 3 Nr. 3 des Staatsvertrages vor Augen: Danach ist der Gesamtrichterrat bei einem gemeinsamen Fachobergericht als Stufenvertretung zu beteiligen, wenn der Präsident oder Direktor eines erstinstanzlichen Gerichtes und der dort gebildete Richterrat sich nicht über eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme einigen können, mithin eine Maßnahme in Rede steht, die nur ein erstinstanzliches Gericht betrifft.

Hier war ein Richterrat am Arbeitsgericht ... unstreitig nicht gebildet. Danach gab es auch keine Möglichkeit für den Beklagten diesen zu beteiligen. Der Gesamtrichterrat konnte danach auch nicht als Stufenvertretung auftreten. Soweit der Beklagte den Gesamtrichterrat dennoch über das Disziplinarverfahren informiert und dieser Stellung genommen hat, ist dies belanglos. Der Beklagte kann nicht durch die Beteiligung einer unzuständigen Personalvertretung deren Zuständigkeit begründen. Die Beteiligung einer unzuständigen Personalvertretung allein in der Form, dass dieser – wie hier - mitgeteilt wird, dass der Beklagte von ihrer Unzuständigkeit ausgeht, begründet nicht die formelle Rechtswidrigkeit der angegriffenen Bescheide.

bb) Eine formelle Rechtswidrigkeit der Disziplinarverfügung bzw. der Einstellungsverfügung/des Widerspruchsbescheides folgt auch nicht daraus, dass die Einstellungsverfügung bzw. der Widerspruchsbescheid nicht von der Ministerin der Justiz bzw. ihrer Vertreterin im Amt unterzeichnet wurde. Soweit der Kläger auf das Urteil des Dienstgerichts des Bundes vom 14.10.2021 (RiZ (R) 2/20) Bezug nimmt, führt dies zunächst nicht weiter.

Das Dienstgericht des Bundes hat in jenem Fall entschieden, dass das Anbringen des Prüfungsvermerks - als notwendiger Teil einer dienstlichen Beurteilung eines Richters - auf der Ministerialebene grundsätzlich durch den Minister selbst oder seinen ständigen Vertreter erfolgen muss. Allerdings kann der Minister (oder sein Vertreter im Amt) im Einzelfall unter ganz bestimmten Voraussetzungen einen anderen Amtsträger mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben im Zusammenhang mit der Dienstaufsicht beauftragen (BGH, Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ(R) 4/83, BGHZ 90, 34 juris Rn. 17; BGH, Urteil vom 14. Oktober 2021 – RiZ (R) 2/20 –, Rn. 27, juris).

Nach der Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes kann die Dienstaufsicht über Richter nicht von einem Beamten des Ministeriums kraft seiner Dienststellung, sondern nur vom Minister selbst oder in seinem Namen ausgeübt werden (vgl. BGH, Urteile vom 9. März 1967 - RiZ(R) 2/66, BGHZ 47, 275 juris Rn. 26 f.; vom 11. Februar 1969 - RiZ(R) 5/68, BGHZ 51, 363 juris Rn. 28; vom 21. Oktober 1982 - RiZ(R) 6/81, BGHZ 85, 145 juris Rn. 93; vom 31. Januar 1984 - RiZ(R) 4/83, BGHZ 90, 34 juris Rn. 17). Anderen Amtsträgern im Ministerium steht mit Rücksicht auf die besondere Rechtsstellung der Richter aus Art. 97 Abs. 1 GG kraft ihrer Dienststellung die Befugnis zu irgendwelchen Maßnahmen der Dienstaufsicht gegen Richter nicht zu. Das schließt nicht aus, dass ein solcher Amtsträger im Einzelfall mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben vom Minister oder seinem Vertreter im Amt beauftragt wird. Das kann indessen nur in der Weise zulässig sein, dass der Amtsträger mit inhaltlich ganz bestimmten Weisungen für die zu treffenden Maßnahmen versehen wird, die eine eigene Entscheidung über das "Ob" und "Wie" ausschließen und den Beauftragten jedenfalls nur als ausführendes und nicht als entscheidendes Organ in Erscheinung treten lassen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1969 - RiZ(R) 5/68, aaO juris Rn. 28). Daher kann beispielsweise der Leiter der Personalabteilung einem Richter kein Dienstleistungszeugnis erteilen. Geschieht dies gleichwohl, so ist diese Maßnahme der Dienstaufsicht unzulässig (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1982 - RiZ(R) 6/81, BGHZ 85, 145 juris Rn. 93 und juris Rn. 125 m.w.N.; BGH, Urteil vom 14. Oktober 2021 – RiZ (R) 2/20 –, Rn. 28 - 29, juris)

Unabhängig davon, dass eine Disziplinarverfügung keine Maßnahme der Dienstaufsicht i.S.d. § 26 DRiG ist, sondern das Disziplinarrecht der Richter durch Verweisung auf das Disziplinarecht der Beamten (§§ 46 und 71) mit Sonderregelungen für Richter (§§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63, 64 und 78 Nr. 1, 81 – 83) geregelt ist und Dienstaufsichtsverfahren und Disziplinarverfahren jedenfalls streng zu trennen sind (Dienstgerichtshof beim Kammergericht Berlin, Urteil vom 25. Mai 1994 – DGH 1/94 –, juris; Nomos-BR/Staats DRiG/Johann-Friedrich Staats, 1. Aufl. 2012, DRiG § 26 Rn. 8), hat das Dienstgericht des Bundes im Fall der Disziplinarklage ausgeführt (BGH, Urteil vom 18. Februar 2016 – RiSt (R) 1/15 –, Rn. 42, juris):

„Der Senat hat in älteren Entscheidungen in Prüfungsverfahren angenommen, dass die Dienstaufsicht über Richter nicht von einem Beamten des Ministeriums kraft seiner Dienststellung, sondern nur vom Minister selbst oder in seinem Namen ausgeübt werden könne (BGH - Dienstgericht des Bundes -, Urteil vom 9. März 1967 - RiZ (R) 2/66, BGHZ 47, 275, 283 f.; Urteil vom 11. Februar 1969 - RiZ (R) 5/68, BGHZ 51, 363, 370; Urteil vom 21. Oktober 1982 - RiZ (R) 6/81, BGHZ 85, 145, 151 f.; Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ (R) 4/83, BGHZ 90, 34, 40 f.). Anderen Amtsträgern im Ministerium stehe kraft ihrer Dienststellung die Befugnis zu irgendwelchen Maßnahmen der Dienstaufsicht gegen Richter nicht zu. Ob der besonderen Rechtsstellung der Richter aus Art. 97 Abs. 1 GG auch dann ausreichend Rechnung getragen ist, wenn der Minister mit der Erhebung der Disziplinarklage befasst wird und eine von den Beamten seines Ministeriums vorbereitete Entscheidung gutheißt, braucht im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden.“

Insoweit geht das erkennende Gericht davon aus, dass jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Einstellung eines Disziplinarverfahrens im Raum steht, die vorliegende Unterzeichnung der abschließenden Verfügung, aber nicht des maßgeblichen Bescheides, durch die Staatssekretärin den Anforderungen der Rechtsprechung des Dienstgericht des Bundes genügt. Das Dienstgericht des Bundes stützt seine Auffassung auf Art. 97 Abs. 1 GG und nimmt damit die richterliche Unabhängigkeit in Bezug. Das erkennende Gericht hält es für mit der richterlichen Unabhängigkeit vereinbar, wenn die Einstellung eines Disziplinarverfahrens, die letztlich gerade die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme verneint bzw. in diesem Fall sogar aufhebt, auch dann nicht die richterliche Unabhängigkeit berührt, wenn – wie hier - nur durch die Staatssekretärin in der abschließenden Verfügung unterzeichnet und die Einstellungsverfügung darauf gestützt wird, dass der Dienstherr davon ausgeht, dass ein Dienstvergehen zwar erwiesen ist, eine Disziplinarmaßnahme jedoch nicht angezeigt erscheint (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 LDG). Im vorliegenden Einzelfall ist zwar zweifelhaft, ob eine ausdrückliche Billigung durch die Staatssekretärin erfolgt ist. Zwar hat sie den ihr vorgelegten Entscheidungsvorschlag unterzeichnet, auch hat sie in diesem Vorschlag Anmerkungen bzw. Änderungen eingefügt. Indes ist ihr dieser Vorschlag – anders als dem Abteilungsleiter – nicht mit der Bitte „um Billigung“ vorgelegt worden. Danach ist offen, ob die Staatssekretärin im Rechtssinne den Bescheid gebilligt hat. Klar ist aber, dass sie ihn inhaltlich zur Kenntnis genommen und teilweise bearbeitet und die Vorlage des Entscheidungsvorschlages unterzeichnet hat. Bei diesem Gesamtbild, einer letztlich in die richterliche Unabhängigkeit nicht mehr eingreifenden, abhelfenden Maßnahme im Rahmen eines behördlichen Disziplinarverfahrens und der klaren auch inhaltlichen Beteiligung der Staatssekretärin an dieser Maßnahme, erschiene es als bloßer Formalismus, den Einstellungsbescheid mangels Unterschrift der Staatssekretärin für rechtswidrig zu erachten, zumal angesichts des § 79 VwGO dies nur zur Rechtswidrigkeit der Einstellungsverfügung führen könnte und den ursprünglichen Verweis wieder aufleben lassen würde.

b) Die Einstellungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig. Der Beklagte durfte und musste in der Begründung der streitgegenständlichen Verfügung ein Dienstvergehen feststellen. Für eine Einstellung unter dem Makel eines Dienstvergehens bietet § 73 Abs. 1 BbgRiG i. V. m. § 33 Abs. 1 Nr. 2 LDG eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. Dass die Einstellungsverfügung diesen Makel nicht verschweigen darf, ergibt sich einerseits aus dem Unterschied zwischen der Einstellung mangels erwiesenen Dienstvergehens (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 LDG) zur Einstellung trotz Dienstvergehens mangels Opportunität (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 LDG) und andererseits aus der Verpflichtung, die Einstellungsverfügung zu begründen (§ 33 Abs. 3 LDG).

Soweit die Einstellungsverfügung zu der Einschätzung gelangt, dass der Kläger ein Dienstvergehen begangen hat, trifft dies zu.

aa) Das betrifft zunächst den Verstoß gegen das Mäßigungsgebot gemäß § 39 DRiG. Hiernach hat sich der Richter innerhalb und außerhalb seines Amtes, auch bei politischer Betätigung, so zu verhalten, daß das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird.

Gemäß Art. 97 Abs. 1 GG sind die Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Sie sind, soweit sie Recht sprechen, an Weisungen nicht gebunden. Diese Vorschrift dient in erster Linie dem Schutz der rechtsprechenden Gewalt vor Eingriffen durch die Legislative und die Exekutive (BVerfGE 12, 67 <71>). Sie enthält eine Teilkonkretisierung des in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Gewaltenteilungsprinzips im Hinblick auf die Dritte Gewalt und gleichzeitig eine Wiederholung des Art. 20 Abs. 3 GG, nach dem die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind. Neben der in Art. 97 Abs. 1 GG ausdrücklich garantierten sachlichen Unabhängigkeit und der in Art. 97 Abs. 2 GG institutionell gesicherten persönlichen Unabhängigkeit ist dem Begriff der richterlichen Tätigkeit wesentlich, "daß sie von einem nicht beteiligten Dritten ausgeübt wird". Neutralität, Unparteilichkeit und Distanz sind mit dem Begriff des Richters im Sinne von Art. 97 GG untrennbar verknüpft, wie er sich auch aus dem Rechtsstaatsprinzip, dem Gebot der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 und 3 GG), aus Art. 92 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ergibt (BVerfGE 3, 377 <381>; 4, 331 <346>; 21, 139 <145 f.>; 26, 186 <198>; 42, 64 <78>; 60, 253 <296>). Die Unabhängigkeit ist insoweit verpflichtende Aufgabe des Richters, dem gemäß Art. 92 GG die rechtsprechende Gewalt anvertraut ist. Sie begründet eine entsprechende Verantwortung und einen entsprechenden Pflichtenkreis, der andersartig ist und weitreichender sein kann als der eines weisungsgebundenen Beamten. Der Richter muss bei der rechtsprechenden Tätigkeit stets in der Lage sein, frei von außerrechtlichen Einflüssen, Zwängen und Rücksichtnahmen Gesetz und Recht Geltung zu verschaffen.

§ 39 DRiG konkretisiert die mit der Rechtsstellung des Richters verbundene Pflicht zur Zurückhaltung und Mäßigung. Nach dieser Vorschrift, die unter Heranziehung der dargestellten verfassungsrechtlichen Vorgaben auszulegen ist, hat der Richter sich innerhalb und außerhalb seines Amtes, auch bei politischer Betätigung, so zu verhalten, dass das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird. Unabhängigkeit ist dabei nicht nur im Sinne der Unabhängigkeit von den Prozessbeteiligten, insbesondere der Vorschriften über die Ausschließung und Ablehnung von Richtern (vgl. u.a. § 54 VwGO, §§ 41 f. der Zivilprozessordnung (ZPO)) zu verstehen, sondern - wie sich aus den vorangehenden Ausführungen ergibt - in weit umfassenderem Rahmen im Sinne einer äußeren und inneren Unabhängigkeit, also im Sinne von Neutralität, Unparteilichkeit und Distanz. Sie fordert Offenheit und Freiheit der Rechtsprechung gegenüber Staat und Gesellschaft, gegenüber Wertvorstellungen und Ideologien sowie Ausgewogenheit. Voreingenommenheit, Vorurteile und auch Abhängigkeiten von nichtstaatlichen Institutionen und Kräften (u.a. von Verbänden, der Presse, den Parteien und Kirchen) sind mit ihr unvereinbar. Diese innere und äußere Unabhängigkeit des Richters und das Vertrauen in diese Unabhängigkeit werden vom Gesetz als selbstverständlich vorausgesetzt. Der Richter darf durch sein Verhalten keinen gegenteiligen Eindruck erwecken. Seine subjektive Überzeugung, unabhängig zu sein, schließt allein einen Verstoß gegen § 39 DRiG nicht aus. Maßgebend ist vielmehr das Vertrauen derer, die sich an dem Begriff der Unabhängigkeit in dem dargelegten Sinne orientieren. Ebenso wie eine wegen überspitzter Anforderungen und Empfindlichkeiten nicht mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben und der gesetzlichen Regelung zu vereinbarende Einbuße an Vertrauen unbeachtlich ist, müssen "schlechte Sitten" außer Betracht bleiben.

Die sich aus Art. 97 GG ergebenden, in § 39 DRiG konkretisierten Pflichten eines Richters sind mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar, nach dem jeder das Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Art. 97 GG gewährleistet dem Richter die Unabhängigkeit nicht als subjektives Recht, als Richterprivileg im Sinne eines zusätzlichen Grundrechts. Die Unabhängigkeit dient vielmehr allein dem Interesse an einer funktionsfähig, intakten, rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Rechtsprechung. Der Richter kann sich deshalb bei Ausübung seines Amtes nicht auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen. Er genießt vielmehr als Staatsbürger wie jeder andere Staatsbürger den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Der Richter muss allerdings auch außerhalb seines amtlichen Pflichtenkreises der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die in das Richteramt gesetzt werden. Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ist ihm insoweit gewährleistet, als es mit den sich aus seinem Richteramt ergebenden Pflichten vereinbar ist, wobei die rechtlich begründeten Grenzen des Art. 5 GG im Lichte des durch sie begrenzten Grundrechts auszulegen sind (vgl. hierzu die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zu den durch Art. 33 Abs. 5 GG gedeckten Regelungen des Beamten- und Disziplinarrechts: BVerfGE 39, 334 <366 f.> mit umfangreichen Nachweisen; BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 30. August 1983 - 2 BvR 1334/82 - <NJW 1983, 2691>; BVerwGE 47, 330 <355 f.>; 52, 313 <328>; 61, 176 <177 f.>).

Außerdienstliche Meinungsäußerungen eines Richters in der Öffentlichkeit stehen hiernach grundsätzlich unter dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG. Als Staatsbürger kann der Richter seine Auffassungen in Wort, Schrift und Bild äußern und verbreiten, und zwar unabhängig davon, ob andere die von dem Richter vertretene Meinung für richtig oder falsch halten. Staat und Gesellschaft können an unkritischen Richtern kein Interesse haben. Der Richter kann sich, soweit kein unmittelbarer Bezug zu konkreten, von ihm zu entscheidenden Rechtsstreitigkeiten besteht, mit der gebotenen Sachlichkeit und Distanz in Wort und Schrift u.a. in Zeitschriften, in Referaten, bei Kolloquien usw. zu jedem Thema, auch zu rechtspolitischen Fragen äußern. Auch die Erwähnung des Richteramts ist in der Regel erlaubt (vgl. § 10 Abs. 1 BbgRiG i.V.m. § 69 Abs. 3 S. 1 LBG; ferner auch § 46 DRiG i.V.m. § 86 Abs. 2 Satz 1, 2 BBG und entsprechende Vorschriften anderer Länder), ebenso wie ein Richter, dessen Rechtsstellung in der Öffentlichkeit bekannt ist, nicht von Meinungsäußerungen ausgeschlossen ist.

Für die politische Betätigung eines Richters gilt kein anderer Maßstab. Der Richter darf sich, wie sich aus dem Wortlaut des § 39 DRiG eindeutig ergibt, politisch und auch parteipolitisch betätigen, Ämter übernehmen, in der Öffentlichkeit als Funktionär auftreten und sich am Wahlkampf beteiligen (vgl. auch § 36 DRiG), und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er mit der Auffassung der jeweiligen Regierung übereinstimmt oder ihr widerspricht. Ein parteipolitisches Engagement gefährdet demgemäß, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, nach dem Gesetz grundsätzlich nicht das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Richters. Er kann eine politische Auffassung nicht nur haben, sondern auch vertreten und dennoch seine Unabhängigkeit bei der Ausübung der rechtsprechenden Tätigkeit bewahren. Die Pflicht zu der durch das Richteramt gebotenen Mäßigung und Zurückhaltung gebietet ihm jedoch in besonderer Weise, eine klare Trennung zwischen Richteramt und seiner Teilnahme am politischen Meinungskampf einzuhalten. Er darf bei seinen privaten Äußerungen nicht den Anschein einer amtlichen Stellungnahme erwecken. Er verletzt seine sich aus dem ihm anvertrauten Richteramt ergebenden Pflicht auch, wenn er das Amt und das mit diesem auf Grund seiner verfassungsrechtlichen Ausgestaltung verbundene Ansehen und Vertrauen durch Hervorhebung dazu benutzt und einsetzt, um seiner Meinung in der politischen Auseinandersetzung mehr Nachdruck zu verleihen und durch den Einsatz des Richteramtes eigene politische Auffassungen wirksamer durchzusetzen. Dafür ist ihm das Amt nicht anvertraut. Ob ein Richter diese sich aus seiner Rechtsstellung als Richter ergebenden Grenzen der Meinungsfreiheit beachtet oder überschritten hat, ist jeweils unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1987 – 2 C 72/86 –, BVerwGE 78, 216-223, Rn. 11-15)

An diesen Maßstäben ausgerichtet, hat der Kläger vorliegend jedenfalls durch seine Äußerungen im Interview mit der Märkischen Oderzeitung – ..., das am 04.02.2021 von dieser veröffentlicht wurde, seine Hauptkritikpunkte seien u.a. „die schamlose Ausnutzung der Pandemiesituation“ und „die Arroganz des Verfahrens“ die gebotene Sachlichkeit und Distanz vermissen lassen. Zwar ist es dem Kläger unbenommen sich politisch zu äußern und insbesondere auch Kritik an Gesetzesvorhaben und Gesetzgebungsverfahren zu äußern. Auch wird man keine übermäßige Zurückhaltung verlangen dürfen, vielmehr ist vor dem Hintergrund des Art. 5 Abs. 1 GG auch dem Richter zuzugestehen auch plakativ Kritik zu üben. Diese Grenze ist aber jedenfalls mit den benannten Äußerungen überschritten. Der Kläger verließ hiermit den Boden der Sachlichkeit und unterstellte den Beteiligten letztlich sachfremde Motive aus „niederen“ Beweggründen. Das ist nicht mehr als eine Auseinandersetzung in der Sache, sondern als ein Übergang ins persönlichcharakterliche zu werten. Ob der Kläger damit direkt auf die Ministerin der Justiz Bezug nahm oder allgemein die am Gesetzgebungsvorhaben beteiligten Akteure meinte, ist belanglos. Die Ministerin der Justiz genießt keinen höheren, die anderen am Gesetzgebungsvorhaben beteiligten Beschäftigten des Ministeriums keinen niedrigeren Schutz. Es ist auch nicht von Belang, inwieweit die einzelnen Akteure dem Kläger bekannt waren. Ein Gesetzgebungsverfahren kann jedenfalls abstrakt eine Pandemiesituation nicht „schamlos ausnutzen“. Dazu bedarf es handelnder Menschen, die der Kläger mit seinen Äußerungen in unzulässiger Art und Weise angreift.

bb) Es betrifft ferner auch den Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht des § 10 Abs. 1 BbgRiG i.V.m. § 37 BeamtStG durch die Weiterleitung der Stellungnahme der Direktorin des Arbeitsgerichtes ... an die Beschäftigten und Richter des Arbeitsgerichts ....

Gemäß § 37 Abs. 1 BeamtStG haben Beamten über die ihnen bei oder bei Gelegenheit ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen dienstlichen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch über den Bereich eines Dienstherrn hinaus sowie nach Beendigung des Beamtenverhältnisses.

Gemäß § 37 Abs. 2 BeamtStG gilt Absatz 1 nicht, soweit

1. Mitteilungen im dienstlichen Verkehr geboten sind,

2. Tatsachen mitgeteilt werden, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen, oder

3. gegenüber der zuständigen obersten Dienstbehörde, einer Strafverfolgungsbehörde oder einer durch Landesrecht bestimmten weiteren Behörde oder außerdienstlichen Stelle ein durch Tatsachen begründeter Verdacht einer Korruptionsstraftat nach den §§ 331 bis 337 des Strafgesetzbuches angezeigt wird.

Im Übrigen bleiben die gesetzlich begründeten Pflichten, geplante Straftaten anzuzeigen und für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten, von Absatz 1 unberührt.

Dass es sich bei dem Schreiben der Direktorin des Arbeitsgerichtes ... vom 05.01.2021 um eine dienstlichen Angelegenheit handelt, die dem Kläger bei Gelegenheit seiner amtlichen Tätigkeit bekannt geworden ist, liegt auf der Hand.

Er war auch zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die von ihm ins Feld geführten Regelungen des § 37 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 BeamtStG greifen nicht ein.

Die Weiterleitung der Stellungnahme vom 05.01.2021 war nicht gemäß § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtStG im dienstlichen Verkehr geboten. Dies würde voraussetzen, dass die Weiterleitung erfolgt, um das reibungslose Funktionieren der Verwaltung im Verhältnis zu Vorgesetzten, Arbeitskolleginnen und -kollegen sowie im Verkehr mit anderen Behörden zu gewährleisten (v. Roetteken in: v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 22. Update Oktober 2021, b) Dienstlicher Verkehr (Abs. 2 S. 1 Nr. 1), Rn. 69).

Das war vorliegend offenkundig nicht der Fall. Die Weiterleitung war vielmehr nicht einmal notwendig, geschweige denn geboten. Es bestand kein dienstliches Bedürfnis, die übrigen Beschäftigten des Arbeitsgerichts ... von der Stellungnahme vom 05.01.2021 zu informieren.

Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht scheidet auch nicht deshalb aus, weil die Beschäftigten des Arbeitsgerichts ... ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Denn ein solches Verständnis ist mit der Regelungssystematik des § 37 BeamtStG nicht vereinbar. Ungeachtet dessen, wie man die Rechtsnatur des § 37 Abs. 2 BeamtStG versteht (vgl. zum Streitstand: v. Roetteken in: v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 22. Update Oktober 2021, a) Allgemeines), ist klar, dass mit der Formulierung „im dienstlichen Verkehr“ – wenn auch nicht ausschließlich – so jedenfalls auch der Verkehr von Amtsträgern und -trägerinnen untereinander, sei es innerhalb der Behörde oder im Verhältnis von Behörden zueinander (Grigoleit in Battis § 67 BBG Rn. 8; Zängl in GKÖD § 61 BBG a. F. Rn. 26 ff.; Conrad. in Weiß u. a. § 37 BeamtStG Rn. 39 ff., 45; Ule § 39 BRRG Rn. 2; v. Roetteken in: v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 22. Update Oktober 2021, b) Dienstlicher Verkehr (Abs. 2 S. 1 Nr. 1), Rn. 72) gemeint ist. Daher geht das Gesetz selbst davon aus, dass dienstliche Angelegenheiten auch im Verkehr unter Amtsträgern, die stets zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, sofern ihre Offenbarung nicht geboten ist.

Auch die Regelung des § 37 Abs. 2 Nr. 2 BeamtStG führt hier nicht dazu, dass das Schreiben der Direktorin des Arbeitsgerichtes ... vom 05.01.2021 nicht der Verschwiegenheitspflicht des Klägers unterlag.

Bei dem Schreiben handelt es sich nicht um Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

Die offenbarte Angelegenheit war nicht offenkundig. Offenkundigkeit erfasst nicht nur die allgemeinkundigen und gerichtsbekannten Tatsachen. Es ist nicht nur auf den öffentlichen Kenntnisstand i. S. d. Allgemeinkundigkeit abzustellen, sondern daneben auch auf den Kenntnisstand des konkreten Empfängers bzw. der Empfängerin einer Mitteilung des Beamten bzw. der Beamtin. Haben der Adressat bzw. die Adressatin sichere Kenntnis, so besteht ihm/ihr gegenüber keine Geheimnispflicht mehr ohne Rücksicht darauf, ob er/sie die Information legal oder pflichtwidrig erhalten hat (v. Roetteken in: v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 22. Update Oktober 2021, c) Offenkundigkeit (Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 1. Alt.), Rn. 83; Herget in Altvater u. a. § 10 BPersVG Rn. 23; ebenso zum strafrechtlichen Geheimnisschutz BGH, Beschluss vom 12. November 1963 - 7 StE 3/63 - NJW 1965, 1190; RG, Gutachten vom 20. Dezember 1907 - II 792/07 - RGSt 41, 4, 10; a. A. Weiß in GKÖD J 530 Rn. 81; Hampel in GKÖD § 67 BBG 2009 Rn. 44).

Daran gemessen war die Angelegenheit, d.h. das Schreiben der Direktorin des Arbeitsgerichtes ... vom 05.01.2021 nicht für die Adressaten der Weiterleitung offenkundig. Es mag dabei dahinstehen, ob den Ausführungen der Beteiligten zur Frage, was eine „Tatsache“ i.S.d. § 37 Abs. 2 Nr. 2 BeamtStG konstituiert, gefolgt werden kann. Jedenfalls enthält die Stellungnahme der Direktorin des Arbeitsgerichtes ... vom 05.01.2021 nicht lediglich reine Tatsachen, sondern eine Vielzahl von Wertungen, die schon für sich genommen nicht offenkundig waren. Auch im Hinblick auf die in dem Schreiben enthaltenen Tatsachen, sind diese für den Empfängerkreis nicht offenkundig gewesen. Insoweit sei nur etwa auf Verfahrenszahlen aus einem bestimmten Landkreis im Zuständigkeitsbereich des Arbeitsgerichts ... verwiesen, die in dem Schreiben vom 05.01.2021 aufgeschlüsselt werden. Diese waren den Adressaten der Weiterleitung, die am Arbeitsgericht ... als Richter oder Arbeitnehmer tätig waren, selbstredend nicht bekannt. Auch im Übrigen ist festzuhalten, dass das Schreiben eine Vielzahl von Anregungen enthält, die unter keinem Gesichtspunkt das Kriterium der „Offenkundigkeit“ erfüllen, da sie Vorschläge der Direktorin des Arbeitsgerichtes ... zur besseren Ausgestaltung bzw. Abänderung des Gesetzgebungsvorhabens beinhalteten, die allenfalls sie selber gekannt haben kann.

Die Angelegenheit bedurfte auch nicht aufgrund ihrer Bedeutung keiner Geheimhaltung. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, muss die offenbarte Angelegenheit bedeutungslos sein, also unter keinem Gesichtspunkt aus irgendeinem Grund jetzt oder in der Zukunft Bedeutung für den Dienstherrn haben können (BVerwG, Urteil vom 25. November 1982 – 2 C 19/80 –, ZBR 1983, 181; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Entscheidung vom 20. Dezember 1960 – Y 21/59 –, ZBR 1961, 248, 249; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Entscheidung vom 5. August 1960 – V 49/59 – OVGE 16, 56, 57 f.; Grigoleit in Battis § 67 BBG Rn. 9; Lemhöfer in Plog/Wiedow § 61 BBG a. F. Rn. 11).

Das kann für die Stellungnahme der Direktorin des Arbeitsgerichtes ... vom 05.01.2021 offenkundig nicht bejaht werden. Zu Recht weist der Beklagte insoweit auf die Bedeutung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bzw. dessen Vorbereitung und die Möglichkeit eines geschützten Austausches der beteiligten Stellen im Vorfeld hin.

cc) Die Dienstpflichtverletzungen sind vom Kläger auch schuldhaft begangen worden.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 73 Abs. 1 BbgRiG, 78 Abs. 4 LDG, 154 Abs. 1 VwGO.

III. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 73 Abs. 1 BbgRiG i.V.m. § 3 LDG i.V.m. § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.