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Entscheidung 13 WF 67/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 23.05.2023
Aktenzeichen 13 WF 67/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0523.13WF67.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 04.04.2023 wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgelds wegen Ausfalls des Umgangs am 26.12.2022 der in ihrem Haushalt lebenden Tochter mit ihrem Vater, dem Antragsteller.

Im Verfahren vor dem Amtsgericht zum Aktenzeichen 24 F 18/21 schlossen die beteiligten Eltern am 09.09.2022 einen Vergleich (Bl. 178 Hauptakte, im Folgenden Ha), wonach der Vater u.a. jedes Jahr in der Zeit vom 26.12. 10.00 Uhr bis zum 30.12. 17.00 Uhr Umgang mit seiner Tochter hat.

Mit nachfolgendem Beschluss vom 12.09.2022 (Bl. 183 HA) sprach das Amtsgericht die familiengerichtliche Billigung des Vergleichs aus und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung gegen den Vergleich Ordnungsmaßnahmen an.

Am 26.12.2022 übergab die Antragsgegnerin das Mädchen nicht zum Umgang, so dass kein Umgang stattfand.

Mit Antrag vom 26.02.2023 (Bl. 204 HA) hat der Antragsteller die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Antragsgegnerin wegen des Umgangsausfalls am 26.12.2022 beantragt.

Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss vom 04.04.2023 (Bl. 1 OV) gegen die Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld von 500 € festgesetzt, der hiergegen gerichteten Beschwerde der Antragsgegnerin vom 05.04.2022 (Bl. 6 OV) am 08.05.2023 (Bl. 226 HA) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gemäß §§ 87 Abs. 4 FamFG, 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sind erfüllt. Vollstreckt wird aus einem in einer Kindschaftssache und damit einer Familiensache (§§ 151 Nr. 2, 111 Nr. 2 FamFG) geschlossenen und familiengerichtlich gebilligten Vergleich (§ 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG), nämlich dem Vergleich des Amtsgerichts Nauen vom 09.09.2022, der den Umgang des Kindes mit seinem Vater verbindlich regelt. Auf die Möglichkeit der Festsetzung von Ordnungsmittelns ist die Antragsgegnerin mit Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 12.09.2022 hingewiesen worden (§ 89 Abs. 2 FamFG). Der Titel ist der Antragsgegnerin zugestellt worden und damit wirksam (§ 40 Abs. 1 FamFG) und vollstreckbar (§ 86 Abs. 2 FamFG).

Die Antragsgegnerin war aufgrund des mit dem Vater geschlossenen Vergleichs zur Ermöglichung des Umgangs am 26.12.2022 verpflichtet. Hiergegen hat sie schuldhaft verstoßen, indem sie L... an diesem Tag nicht dem Vater übergeben hat. Soweit sich die Antragsgegnerin zum Unterbleiben des Umgangs darauf beruft, das Kind habe nicht mit dem Vater mitgehen wollen, vermag sie dies nicht zu entlasten.

Die im Vergleich vereinbarte Umgangsregelung begründet für die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller eine gesetzliche Sonderverbindung familienrechtlicher Art, die durch das Wohlverhaltensgebot gemäß § 1684 Abs. 2 BGB näher ausgestaltet ist und an der das Kind als Begünstigter teilhat. Die Umgangsregelung ist für beide Elternteile verbindlich. Nach § 1684 Abs. 2 BGB haben die Eltern alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil erschwert, um das Kind vor schweren Loyalitätskonflikten zu bewahren, die es nicht bewältigen kann und die daher seinem Wohl nachhaltig schaden können. Der betreuende Elternteil ist daher verpflichtet, eventuelle Widerstände des Kindes abzubauen und eine positive Einstellung zum Umgang zu fördern. Er darf die Umgangsregelung weder blockieren noch das Kind gegen den anderen Elternteil beeinflussen (Peschel-Gutzeit/Ebeling in Kaiser/Schnitzler/Schilling/Sanders, BGB, 4. Aufl. 2021, § 1684 Rn. 28).

Das Vertretenmüssen einer Pflichtverletzung durch denjenigen, der gegen die Umgangsregelung verstößt, wird dabei vermutet (OLG Saarbrücken, FamRZ 2015, 863; FamRZ 2013, 476). Der Entlastungsbeweis (§ 89 Abs. 4 FamFG) kann nur dadurch geführt werden, wenn der zur Umgangsgewährung Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat, indem er konkrete Umstände für das Scheitern des Umgangs vorträgt (OLG Saarbrücken FamRZ 2015, 863). Da diese Umstände regelmäßig in der Sphäre des zur Umgangsgewährung Verpflichteten liegen, sind sie im Nachhinein objektiven Feststellungen häufig nur eingeschränkt zugänglich. Erläutert der Verpflichtete nicht detailliert, warum er an der Befolgung der gerichtlichen Anordnung gehindert war, kommt ein Absehen von der Festsetzung eines Ordnungsgelds oder dessen nachträgliche Aufhebung nicht in Betracht. Beruft sich etwa ein Elternteil nach Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Umgangsentscheidung auf den entgegenstehenden Willen des Kindes, wird ein fehlendes Vertretenmüssen nur dann anzunehmen sein, wenn er im Einzelfall darlegt, wie er auf das Kind eingewirkt hat, um es zum Umgang zu bewegen (BGH FamRZ 2012, 533).

Der Beschwerdevortrag genügt diesen Anforderungen nicht. Die Antragstellerin trägt lediglich vor, das bereits vorher auf das Treffen mit dem Vater vorbereitete Kind sei nicht bereit gewesen, mit dem Vater mitzugehen. Bis auf die Aussage, dass die Tasche gepackt sei und der Vater sich auf sie freue, hat sie nach eigenem Vortrag nicht versucht, das Kind davon zu überzeugen, den Wochenendumgang wahrzunehmen. Auch unter Berücksichtigung möglicherweise bestehender Ängste des Kindes, ist nicht ersichtlich, dass L... sich bei entsprechendem erzieherischen Einwirken seitens der Mutter gleichwohl der Wahrnehmung des Umgangs im väterlichen Haushalt verweigert hätte. Ein Kind von vier Jahren lässt erwarten, dass es sich von dem mit erzieherischen Mitteln den Umgang anregenden Elternteil entsprechend überzeugen und einen inneren Widerstand gegen den Umgang überwinden wird. Die Mutter hat dies aber nicht einmal versucht, sondern die Übergabe des Kindes an den Vater ihrem Sohn überlassen. Nur wenn nicht ersichtlich ist, dass der betreuende Elternteil mit erzieherischen Mitteln noch auf das Kind einwirken kann, um dessen ablehnende Haltung gegenüber den Umgangskontakten zu überwinden, ist die Verhängung eines Ordnungsgeldes unzulässig (OLG Karlsruhe, FamRZ 2005, 1698), was jedoch nur bei älteren Kindern in Betracht kommt, deren nachvollziehbarem Willen bei der Umgangsregelung eine erhebliche Bedeutung zukommt.

Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgelds begegnet keinen Bedenken. Art. 6 Abs. 1 EGBGB und § 89 Abs. 3 FamFG geben einen Rahmen von 5 € bis 25.000,- € vor, innerhalb dessen das Ordnungsgeld festgesetzt werden kann. Die Ausübung des Ermessens, in welcher Höhe ein Ordnungsmittel festzusetzen ist, hat sich am Kindeswohl (vgl. Kroiß/Siede/Braun, FamFG, Kommentiertes Verfahrensformularbuch, 2. Aufl. § 89 FamFG Rn. 13) sowie am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Rake in Johannsen/Henrich/Althammer, Familienrecht, 7. Aufl. 2020 § 89 Rn. 16) zu orientieren. Folglich ist stets zu prüfen, ob mildere Maßnahmen in Betracht kommen. Hinsichtlich der Höhe des Ordnungsgelds oder der Dauer der Ordnungshaft sind neben der Art, dem Umfang und der Dauer des Verstoßes, dem Verschuldensgrad, der Intensität des Verstoßes und dessen Auswirkungen, dem Vorteil des Verpflichteten aus der Verletzungshandlung, der Eingriffstiefe der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen und gegebenenfalls des Verhaltens des Verpflichteten nach dem Verstoß, die individuelle Ordnungsmittelempfindlichkeit des Adressaten, also seine persönliche und wirtschaftliche Lage und die Auswirkung des Ordnungsmittels hierauf, sowie spezialpräventive Aspekte zu berücksichtigen (BGH, GRUR 2017, 308; NJW 2004, 506; OLG Saarbrücken, FamRZ 2015, 863; Senat, FamRZ 2020, 1673; Rake a. a. O. Rn. 17). Hieran gemessen ist das festgesetzte Ordnungsgeld von 500 € nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 87 Abs. 5, 84 FamFG.

Eine Wertfestsetzung ist nicht veranlasst, § 55 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, Nr. 1602, 1912 KV FamGKG.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, §§ 87 Abs. 4 FamFG, 574 Abs. 2, 3 ZPO.