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Entscheidung 5 U 81/20


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Zivilsenat Entscheidungsdatum 29.06.2023
Aktenzeichen 5 U 81/20 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0629.5U81.20.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 5. Juni 2020, Az. 1 O 330/14, wird zurückgewiesen.

II.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 5. Juni 2020, Az. 1 O 330/14, unter Zurückweisung seiner weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1.

Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, hinsichtlich des Grundstücks H… 43 in … R…, eingetragen im Grundbuch von R… des Amtsgerichts Zossen, Blatt …, Flur …, Flurstück …, in Form einer öffentlichen Urkunde oder in öffentlich beglaubigter Form die Berichtigung des Grundbuchs dahingehend zu bewilligen, dass der Kläger wieder als alleiniger Eigentümer eingetragen und die Beklagte zu 1 als Eigentümerin gelöscht wird.

2.

Die Beklagten werden verurteilt, das Grundstück H… 43 in … R…, eingetragen im Grundbuch von R… des Amtsgerichts Zossen, Blatt …, Flur …, Flurstück …, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

3.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, das auf dem Grundstück H… 43 in … R…, eingetragen im Grundbuch von R… des Amtsgerichts Zossen, Blatt …, Flur …, Flurstück …, befindliche Wohnhaus zu beseitigen.

4.

Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 29. Juni 2024 bewilligt.

5.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 6.041,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz per anno seit dem 24. Juli 2015 zu zahlen.

6.

Die Beklagten werden verurteilt, die auf dem Grundstück H… 43 in … R…, eingetragen im Grundbuch von R… des Amtsgerichts Zossen, Blatt …, Flur …, Flurstück …, lastende, im vorgenannten Grundbuchblatt in Abteilung III zu lfd. Nr. 3 eingetragene, gemäß § 800 ZPO vollstreckbare Grundschuld zugunsten der … Sparkasse in P… über 280.000,00 € nebst Jahreszinsen von 18% seit dem 13. November 2011 zur Löschung zu bringen.

7.

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache betreffend die Stufenklage (Anträge zu 8 b und c sowie 9) hinsichtlich seit dem 21. April 2010 gezogener Nutzungen, soweit sie nicht Gegenstand der Klageanträge zu 4, 5, 6 oder 7 sind, erledigt ist.

8.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III.

Von den Gerichtskosten haben der Kläger 5%, die Beklagten als Gesamtschuldner 80% und die Beklagte zu 1 weitere 15% zu tragen. Der Kläger hat von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 4% und denen des Beklagten zu 2 6% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben die Beklagten als Gesamtschuldner 80% zu tragen und die Beklagte zu 1 weitere 15%. Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringen.

Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung wie folgt abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt:

- Vollstreckung aus dem Tenor zu Ziffer 2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von    200.000 €

- Vollstreckung aus dem Tenor zu Ziffer 3 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000 €

- Vollstreckung aus dem Tenor zu Ziffer 6 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 €

- Vollstreckung im Übrigen (Tenor zu Ziffer 5 und Prozesskosten) in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit dem ebenfalls streitigen Eigentum an einem Grundstück, das die Beklagten aufgrund eines später aufgehobenen Zwangsversteigerungsbeschlusses erworben hatten.

1.

Der am 4. Oktober 1971 in den USA geborene Kläger war seit dem 23. August 1993 im Grundbuch von R… Blatt … als Eigentümer des dort verzeichneten Grundbesitzes (Grundstück H… 43 in R…, Flur …, Flurstück … mit einer Größe von 989 qm; damals als Erholungsfläche verzeichnet) eingetragen. Seine Eintragung erfolgte aufgrund am 1. Dezember 1992 eröffneten Testaments vom 24. Juni 1992 des Notariats VI Freiburg im Breisgau, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Anlage B3, Bl. 181 d.A.). Ursprüngliche Eigentümerin war die nach eigenen Angaben im Testament unverheiratete und kinderlose Frau E. A., geboren am 24. Januar 1897. Die Erblasserin setzte

„meinen Neffen - Sohn meines in den USA lebenden Bruders
E. Sch.
E…, F…-Str. 6
zu meinem ...“ Erben ein.

Die Erblasserin verstarb am 4. September 1992. Mit Schreiben der Rechtsanwälte Dr. M. und Partner vom 6. April 1993 beantragte E. Sch. unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Testaments und des Eröffnungsprotokolls, das Grundbuch zu berichtigen und ihn als Eigentümer einzutragen. Unter dem 23. Juli 1993 teilten die Rechtsanwälte dem Grundbuchamt mit, dass das Geburtsdatum des Herrn E. Sch. der „16.08.1939“ sei. Das Grundbuchamt trug am 23. August 1993 als Eigentümer ein: „E. Sch., geb. am 16.08.1939, D… N. C. / USA“. Mit Schreiben vom 21. September 1993 teilten die vorgenannten Rechtsanwälte mit, dass das im Grundbuch eingetragene Geburtsdatum unzutreffend sei, da E. Sch. am 4. Oktober 1971 geboren sei. Sie beantragten Grundbuchberichtigung, die am 25. Oktober 1993 erfolgte. Der Kläger ist der Großneffe der Erblasserin. Sein Vater F. Sch. ist Sohn der Frau M. Sch., die wiederum die Schwester der Erblasserin war.

Das Amtsgericht Luckenwalde führte über das Grundstück ein Zwangsversteigerungsverfahren (Az. 17 K 312/08). Aufgrund dieses Verfahrens erlangte die Beklagte zu 1 durch den Zuschlagbeschluss vom 21. April 2010 das Eigentum und wurde am 28. August 2010 als Eigentümerin eingetragen. Am 14. Oktober 2011 wurde im Grundbuch Abteilung III unter lfd. Nr. 3 eine brieflose Grundschuld über 280.000,00 € mit 18% Zinsen für die … Sparkasse in P…, vollstreckbar gemäß § 800 ZPO eingetragen.

Die Beklagte zu 1 und ihr Ehemann, der Beklagte zu 2, ließen ein auf dem Grundstück befindliches Wochenendhaus abreißen und ein neues Wohnhaus errichten. Sie bewohnen das Hausgrundstück seit dem 1. August 2012.

Der Kläger wendete sich mit außerordentlicher Beschwerde („Nichtigkeitsbeschwerde“) gegen den der Beklagten erteilten Zuschlag mit der Begründung, er sei am Zwangsversteigerungsverfahren nicht beteiligt worden. Das Landgericht Potsdam hob mit Beschluss vom 11. März 2014 (Az. 1 T 103/13; Bl. 43 ff. d.A.) den Zuschlagsbeschluss auf. Die hiergegen von der Beklagten erhobene Gehörsrüge hatte ebenso wenig Erfolg (Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 17. Juli 2017) wie ihre beim Bundesverfassungsgericht erhobene Verfassungsbeschwerde (Beschluss vom 23. März 2018, Az. 2 BvR 2126/17).

Der Kläger ist der Auffassung, ihm stünde als Eigentümer des Hausgrundstücks ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1 auf Berichtigung des Grundbuchs zu. Ihm stünde gegen beide Beklagte ein Anspruch aus § 985 BGB bzw. § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB auf Räumung und Herausgabe zu. Die Beklagten hätten rechtlos Besitz an dem Grundstück. Der Anspruch auf Beseitigung des Hauses ergebe sich aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB. Gezogene Nutzungen der Beklagten hätten sie nach den Grundsätzen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses herauszugeben. Sie hätten nie ein Recht zum Besitz gehabt. Die Nutzung des Hauses als Wohnhaus stelle eine gezogene Nutzung dar. Spätestens seit Kenntnis vom Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 11. März 2014 über die Aufhebung des Zuschlags seien sie wie Besitzer nach Rechtshängigkeit zu behandeln. Wegen des Gebrauchsvorteils gehe sein Anspruch auf Wertersatz, der in Höhe der ortsüblichen Miete von monatlich 1.000,00 € zu bemessen sei. Für die Zeit ab ihrem Einzug im August 2012 bis zum 31. Dezember 2014 ergebe sich daher ein Betrag von 28.000,00 €. Ferner bestehe ein Anspruch auf Herausgabe der von der Beklagten bestellten Grundschuld durch Löschung, gegebenenfalls durch Wertersatz. Da die Beklagten die Grundschuld als Kreditsicherung genutzt hätten, hätten sie über den wirtschaftlichen Vorteil Auskunft zu erteilen und diesen herauszugeben. Der Antrag zu 5 (gemeint wohl: Antrag zu 4) beinhalte keinen vollständigen Ausgleich der Gebrauchsvorteile durch die Wohnungsnutzung, sondern nur den geschätzten Mindestbetrag.

Er hat mit der am 4. Juni 2015 zugestellten Klage die im Berufungsverfahren wiederholten Anträge gestellt.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Die Beklagten haben die Aktivlegitimation des Klägers bestritten. Er sei 1971 geboren. Er sei damit nicht Erbe der ursprünglichen, im Jahre 1897 geborenen und 1992 verstorbenen Eigentümerin. Die Erblasserin habe den Sohn ihres Bruders eingesetzt. Das sei nicht der 1971 geborene Kläger. Die Berichtigung des Geburtsdatums im Grundbuch sei erfolgt, ohne dass irgendwelche Unterlagen in der erforderlichen Form vorgelegen hätten. Ein Erbschein sei bisher nicht erteilt. Die vom Grundbuchamt vorzunehmende Auslegung des Testaments habe nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führen können. Der Kläger sei also allenfalls Bucheigentümer gewesen. Er könne sich nicht auf die Vermutung des § 891 BGB berufen. Es handele sich um eine widerlegbare Vermutung. Sollte ein Anspruch aus § 894 BGB bestehen, stünde den Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 2 BGB zu. Ihnen stünde ein Wertersatzanspruch wegen des von ihnen errichteten Einfamilienhauses zu. Dieser bemesse sich nach dem Verkehrswert, der nach dem Ertragswert, unter Umständen nach dem Sachwert zu bemessen und mit 500.000,00 € anzusetzen sei. Um diesen Betrag sei der Wert des Grundstücks erhöht. Das Zurückbehaltungsrecht bestehe auch gegenüber dem Räumungs- und Herausgabeanspruch sowie den im Zusammenhang mit der Grundschuld geltend gemachten Ansprüchen (Löschung bzw. Befreiung von Verbindlichkeiten). Ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB bestehe nicht. Seine Geltendmachung verstoße jedenfalls gegen das Schikaneverbot oder Treu und Glauben. Ansprüche auf Nutzungsersatz bestünden nicht; die Nutzungsvorteile seien erst aufgrund der Investitionen der Beklagten entstanden. Anzusetzen sei allenfalls der Nutzungswert des unbebauten Grundstücks, der allenfalls 50,00 € monatlich betrage. Die Entscheidung vom 11. März 2014 (Aufhebung des Zuschlags) sei für das vorliegende Verfahren nicht bindend. Von einem als unrichtig erkannten Urteil dürfe kein Gebrauch gemacht werden, wenn besondere Umstände hinzutreten, die die Ausnutzung in hohem Maße unbillig und geradezu unerträglich machen würden. Dies sei hier der Fall.

2.

Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 verurteilt, die Berichtigung des Grundbuchs dahingehend zu bewilligen, dass der Kläger als alleiniger Eigentümer eingetragen und die Beklagte zu 1 als Eigentümerin gelöscht wird. Ferner hat es die Beklagten zur Zahlung von 6.041,67 € nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger ein Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB zustehe. Er habe sein Eigentum an dem Grundstück nicht verloren, da der Zuschlagsbeschluss rechtskräftig aufgehoben worden sei. Die Beklagen hätten Nutzungen nur aufgrund des reinen Grundstückswerts zu ersetzen, da sie die Baulichkeiten errichtet hätten. Ausgehend von einem Wert von 50.000,00 € ergebe sich bei einer Verzinsung von jährlich 5% ein Jahresbetrag von 2.500,00 €, also für die geltend gemachten 29 Monate insgesamt 6.041,67 €. Dem Herausgabeanspruch stünde der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Hiernach sei eine Abwägung der beiderseitigen Interessen vorzunehmen. Der Kläger sei zwar Eigentümer, lebe aber dauerhaft und durchgängig weit entfernt; demgegenüber hätten die Beklagten im Vertrauen auf den Zuschlag ihren Lebensmittelpunkt auf dem Grundstück eingerichtet. Diesen Einwand könnten die Beklagten auch in Bezug auf die Grundschuld und die Hilfsansprüche geltend machen.

3.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren jeweils form- und fristgerecht eingereichten wechselseitigen Berufungen.

Der Kläger verfolgt seine erstinstanzlichen Anträge weiter, soweit das Landgericht sie abgewiesen hat. Er rügt, es handele sich um eine Überraschungsentscheidung. Das Landgericht habe in der mündlichen Verhandlung noch deutlich gemacht, dass dem Kläger sowohl der Berichtigungs- als auch der Herausgabeanspruch zustehe. Es verstoße gegen Denkgesetze, dem Kläger einen Grundbuchberichtigungsanspruch zuzugestehen, ihn aber von der Nutzung seines Grundstücks auszuschließen. Zwar sei das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger Eigentümer des Grundstücks sei, nachdem der Zuschlagsbeschluss aufgehoben sei. Als Eigentümer habe er jedoch einen Herausgabeanspruch, die Beklagten demgegenüber kein Recht zum Besitz. Die Ausführungen des Landgerichts zu dem Einwand von Treu und Glauben seien rechtlich unerheblich, zumindest nicht tragfähig. Gleiches gelte für den Beseitigungsanspruch. Hinsichtlich des geltend gemachten Zahlungsanspruchs habe das Landgericht die angebotenen Beweise übergangen, die Höhe der Nutzungsentschädigung durch Sachverständigengutachten zu ermitteln. Der Verweis auf das Gutachten sei unzulässig, da der dort aufgeführte Bodenwert ab 2012 veraltet sei. Der Bodenrichtwert sei von 60,00 € pro Quadratmeter im Jahre 2012 über 65,00 €/qm in 2013 und 80,00 €/qm auf 210,00 €/qm in 2019 gestiegen. Auch die übrigen Anträge habe das Landgericht fehlerhaft abgewiesen.

Der Kläger beantragt unter Wiederholung - ohne Berücksichtigung der zu seinen Gunsten erfolgten Verurteilung - seiner erstinstanzlichen Anträge, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 5. Juni 2020, Az. 1 O 330/14,

1.

(entspricht dem landgerichtlichen Urteilstenor zu Ziffer 1)

die Beklagte zu 1 wird verurteilt, hinsichtlich des Grundstücks H… 43 in … R…, eingetragen im Grundbuch von R… des Amtsgerichts Zossen, Blatt …, Flur …, Flurstück …, in Form einer öffentlichen Urkunde oder in öffentlich beglaubigter Form die Berichtigung des Grundbuchs dahingehend zu bewilligen, dass der Kläger wieder als alleiniger Eigentümer eingetragen und die Beklagte zu 1 als Eigentümerin gelöscht wird.

2.

die Beklagten zu verurteilen, das Grundstück H… 43 in … R…, eingetragen im Grundbuch von R… des Amtsgerichts Zossen, Blatt …, Flur …, Flurstück …, zu räumen und an den Kläger herauszugeben;

3.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, das auf dem Grundstück H… 43 in … R…, eingetragen im Grundbuch von R… des Amtsgerichts Zossen, Blatt …, Flur …, Flurstück …, befindliche Wohnhaus zu beseitigen,

4.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 28.000,00 € wegen aus dem Grundstück H… 43 in … R…, eingetragen im Grundbuch von R… des Amtsgerichts Zossen, Blatt …, Flur …, Flurstück …, in der Zeit zwischen dem 1. August 2012 und dem 31. Dezember 2014 in Form der Bewohnung des vorgenannten Grundstücks gezogener Nutzungen sowie Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen;

5.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

a)

die auf dem Grundstück H… 43 in … R…, eingetragen im Grundbuch von R… des Amtsgerichts Zossen, Blatt …, Flur …, Flurstück …, lastende, im vorgenannten Grundbuchblatt in Abteilung III zu lfd. Nr. 3 eingetragene, gemäß § 800 ZPO vollstreckbare Grundschuld zugunsten der … Sparkasse in P… über 280.000,00 € nebst Jahreszinsen von 18% seit dem 13. November 2011 zur Löschung zu bringen;

b)

oder hilfsweise zum Antrag 5 a), ebenfalls als Gesamtschuldner an den Kläger weitere 280.000,00 € nebst 18% Zinsen hieraus pro Jahr seit dem 13. November 2011 zu zahlen;

6.

hilfsweise zu den Anträgen zu 5 a) und 5 b) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

a)

Auskunft zu erteilen über sämtliche zur Ermittlung des Wertes der im Grundbuch von R… des Amtsgerichts Zossen, Blatt …, Flur …, Flurstück …, in Abteilung III zur lfd. Nr. 3 eingetragenen, gemäß § 800 ZPO vollstreckbaren Grundschuld erheblichen Umstände, soweit sich diese nicht aus öffentlich zugänglichen Informationsquellen entnehmen lassen, insbesondere über ihre persönliche Bonität zum Zeitpunkt der Darlehensaufnahme sowie die ihnen von der … Sparkasse in P… sowie jedem anderen Kreditgeber, dem mit der vorgenannte Grundschuld Sicherheit gewährt wurde, eingeräumten Kreditkonditionen, insbesondere den Darlehensbetrag, Zinssatz, Zinsfestschreibungszeit, Gebühren, Kosten, Disagio, Zins- und Tilgungsraten, Vereinbarungen über Zinsneufestsetzungen, sämtliche auf das Darlehen geleistet Zahlungen sowie den zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch offenstehenden Darlehensbetrag und hierzu aussagekräftige Belege vorzulegen, insbesondere den oder die jeweiligen Darlehensverträge, Sicherheitsdokumente, Zahlungsanweisungen und Kontoauszüge;

b)

nach der Erteilung der Auskunft gemäß Antrag zu 6 a) ggf. deren Richtig- und Vollständigkeit an Eides statt zu versichern sowie

c)

an den Kläger und den sich nach Erteilung und ggf. eidesstattlicher Versicherung des Auskunft gemäß Antrag zu 6 a) ergebenden und dann zu beziffernden Wert der unter Antrag 6 a) bezeichneten Grundschuld herauszugeben.

7.

hilfsweise zu den Anträgen 5 a), 5 b) und 6 a) - 6 c) festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger den Vermögensvorteil herauszugeben, den sie im Zusammenhang mit der Bestellung der im Grundbuch von R… des Amtsgerichts Zossen, Blatt …, Flur …, Flurstück …, in Abteilung III zu lfd. Nr. 3 eingetragenen, gemäß § 800 ZPO vollstreckbaren Grundschuld zugunsten der … Sparkasse in P… über 280.000,00 € nebst Jahreszinsen von 18% sowie im Zusammenhang mit deren Nutzung als Kreditsicherungsinstrument erlangt haben oder noch erlangen werden;

.... (vormalige Klageanträge zu 8 und 9)

und

10.

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

1.

die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

2.

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 5. Juni 2020, Az. 1 O 330/14, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten wiederholen ihre Auffassung, dass dem Aufhebungsbeschluss vom 11. März 2014 (Landgericht Potsdam Az. 1 T 103/13) keine Bindungswirkung für den hiesigen Rechtsstreit zukomme. Entgegen dessen Annahme sei die öffentliche Zustellung wirksam gewesen; ferner hätte das Landgericht die Behauptung prüfen müssen, dem Kläger sei der Eigentumswechsel bereits 2010 mitgeteilt worden, so dass alle Notfristen abgelaufen waren. Dies ergebe sich aus der Entscheidung des Landgerichts Potsdam vom 29. Februar 2016 (Az. 4 O 360/14), das die Wirksamkeit der damaligen Zustellungsbevollmächtigung durch den Kläger festgestellt habe. Der landgerichtliche Beschluss vom 11. März 2014 weise selber auch Verfahrensfehler auf, da er der Beklagten zu 1 nicht zugestellt worden sei. Entfalte der Beschluss daher keine Bindungswirkung, habe das Landgericht eine Interessenabwägung treffen und zu dem Ergebnis kommen müssen, dass das gesamte Vorgehen des Klägers rechtsmissbräuchlich sei. Ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung bestehe nicht, wie sich aus dem Beschluss des erkennenden Senats vom 9. September 2014 zu einer Grundbuchbeschwerde (Az. 5 W 142/14) ergebe.

Die Beklagten wiederholen zudem, dem Kläger fehle die Aktivlegitimation, da er nicht Erbe sei (sein könne) und ein Erbschein nicht vorliege. Er habe daher auch nicht im Grundbuch eingetragen werden können. Er sei lediglich zeitweiliger Bucheigentümer gewesen. Er könne sich nicht auf § 891 BGB berufen, da er derzeit nicht im Grundbuch eingetragen sei und die Vermutung widerlegbar sei. Sei der Kläger nicht Eigentümer, bestehe auch kein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis.

Im Übrigen verteidigen sie die vom Landgericht ausgesprochene Klageabweisung.

4.

Der Kläger hat im Wege der Stufenklage mit seinen ursprünglichen Klageanträgen zu 8 a bis c sowie dem Hilfsantrag zu 9 Auskunft und Zahlung hinsichtlich sonstiger Nutzungen der Beklagten verlangt. Der Senat hat in teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagten mit Teilurteil vom 4. August 2022 verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über sämtliche aus dem Grundstück gezogenen Nutzungen, soweit diese nicht Gegenstand der Klageanträge zu 4, 5, 6 oder 7 sind. Nachdem die Beklagten gegenüber dem Kläger erklärt hatten, außer der eigenen Nutzung zu Wohnzwecken keine anderweitigen Nutzungen gezogen zu haben, haben die Parteien den Rechtsstreit in den Anträgen zu 8 b und 8 c sowie 9 in der Hauptsache für erledigt erklärt.

II.

A.

Die Berufungen des Klägers sowie der Beklagten sind zulässig.

Nachdem der Senat über die Stufenklage zum Klageantrag zu 8 in der ersten Stufe entschieden und die Parteien anschließend die weiteren Stufen und den hilfsweisen Klageantrag zu 9 für erledigt erklärt haben, ist über die weiteren Berufungsanträge des Klägers sowie die Berufung der Beklagten zu entscheiden. Das Teilurteil des Senats vom 4. August 2022, mit dem lediglich über die Stufenklage des Klageantrags zu Ziffer 8 a in der ersten Stufe entschieden worden ist, erwächst nur hinsichtlich der Pflicht zur Auskunftserteilung in Rechtskraft; eine rechtskräftige Aussage über das Bestehen des (Zahlungs-)Anspruchs (BGH Urteil vom 28. April 1992, Az. X ZR 129/90; Saenger ZPO § 322 Rn. 42) oder dessen Grund (BGH Urteil vom 20. Februar 1969, Az. VII ZR 101/67) folgt hieraus nicht.

Gleichwohl hält der Senat an den bereits im Teilurteil niedergelegten tatsächlichen und rechtlichen Wertungen fest, so dass die Berufung der Beklagten keinen und die Berufung des Klägers überwiegend Erfolg hat.

B.

Dem Kläger stehen als materiell-berechtigtem Eigentümer (nachfolgend Ziffer 1) des streitgegenständlichen Grundstücks die geltend gemachten Ansprüche auf Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB; nachfolgend Ziffer 2), Räumung und Herausgabe (§§ 985, 1004 BGB, nachfolgend Ziffer 3), Beseitigung des Hauses (§ 1004 BGB, nachfolgend Ziffer 4), Herausgabe der gezogenen Nutzungen (nachfolgend Ziffer 5) und Beseitigung (“Löschung“) der Grundschuld (nachfolgend Ziffer 6) zu.

1.

Der Kläger ist (materiell-rechtlich) Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks.

a.

Der Kläger war jedenfalls seit dem 23. August 1993 eingetragener Eigentümer des Grundstücks. Damit streitet zu seinen Gunsten die Vermutung nach § 891 Abs. 1 BGB, dass er bis zu der Eintragung der Beklagten zu 1 (§ 891 Abs. 2 BGB) Eigentümer war.

aa.

Die Vermutungswirkung des § 891 BGB knüpft an die Eintragung im Grundbuch an und setzt deren Wirksamkeit voraus. Für den Eintritt der Richtigkeitsvermutung sind die Umstände, die zu einer Eintragung geführt haben, ohne Belang. Selbst eine Verletzung von Verfahrensvorschriften im Zusammenhang mit der Grundbucheintragung lässt die Vermutung nicht entfallen (BGH Urteil vom 2. Dezember 2005, Az. V ZR 11/05; BeckOK/H.-W. Eckert BGB § 891 Rn. 7). Vorliegend führen daher die Rügen der Beklagten, dass eine Eintragung des Klägers durch das Grundbuchamt nicht hätte vorgenommen werden dürfen, nicht zu einer Unwirksamkeit der Eintragung. Nichtigkeitsgründe (vgl. BGH a.a.O. m.w.N.) sind nicht dargelegt.

bb.

Im Grundsatz zutreffend verweisen die Beklagten darauf, dass die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB widerlegt werden kann. Hierfür genügen jedoch nicht Zweifel; vielmehr ist der Beweis des Gegenteils erforderlich (§ 292 ZPO). Zur Widerlegung dieser Vermutung muss der Vermutungsgegner nicht nur beweisen, dass der eingetragene Erwerbsgrund nicht zu einem Erwerb des Rechts geführt hat, sondern grundsätzlich auch, dass es keinen anderen Erwerbsgrund gibt. Dies erfordert nicht, dass der Vermutungsgegner jede nur denkbare Möglichkeit des Bestehens des Rechts ausräumt; er muss nur die Möglichkeiten widerlegen, die entweder vom Vermutungsbegünstigten behauptet wurden oder sich aus dem Grundbuch ergeben (oder danach zumindest naheliegen). Dabei kann der Vermutungsbegünstigte nicht irgendwelche Entstehenstatbestände frei erfinden, sondern muss konkreten Tatsachenvortrag bringen; diesen muss dann der Vermutungsgegner widerlegen. Auf Seiten des Vermutungsbegünstigten genügt konkreter Vortrag, sodass die andere Partei eine Gelegenheit der Widerlegung hat; vollständig substantiiert muss der Vortrag des Vermutungsbegünstigten nicht sein (vgl. BeckOGK/Hertel BGB § 891 Rn. 64; BGH Urteil vom 29. März 1996, V ZR 326/94).

cc.

Ohne Bedeutung ist, dass die Beklagte zu 1 die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die (vormalige) Eigentumseintragung des Klägers im Grundbuch zu erreichen versucht hat. Die Eintragung eines Widerspruchs, auch eines Amtswiderspruchs, entkräftet die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB nicht. Der Widerspruch soll lediglich gutgläubigen Erwerb verhindern (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 2. November 1982, Az. BReg 2 Z 31/82; BGH Urteil vom 26. September 1969, Az. V ZR 135/66; BeckOK/H.-W. Eckert BGB § 891 Rn. 20).

dd.

Vorliegend leitet der Kläger seine Eintragung als Eigentümer, mithin seinen „Erwerbsgrund“, aus der testamentarischen Gesamtrechtsnachfolge nach E. A. ab. Zur Widerlegung der Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB wäre daher von den Beklagten der Vollbeweis (§ 286 Abs. 1 ZPO) zu führen, dass der Kläger tatsächlich nicht aufgrund dieser Erbfolge Eigentümer des Grundstücks geworden ist. Dieser Beweis ist jedoch nicht geführt; er wäre geführt, wenn zur Überzeugung des Senats festgestellt werden könnte, dass der Kläger nicht der von der Erblasserin E. A. testamentarisch bedachte Erbe ist. Zweifel an seiner Erbenstellung genügen nicht; vielmehr muss feststehen, dass er als Erbe ausscheidet. Da bei der Auslegung eines jeden Testaments der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften ist (§ 133 BGB; vgl. BGH Urteil vom 7. Oktober 1992, Az. IV ZR 160/91), wäre der die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB entkräftende Gegenbeweis nur geführt, wenn die Auslegung des Testaments vom 24. Juni 1992 zur Überzeugung des Senats ergeben würde, dass die Erblasserin nicht den Kläger bedenken wollte. Diese Überzeugung kann der Senat aus nachfolgenden Gründen nicht gewinnen:

Der Senat verkennt nicht, dass unstreitige den Kläger betreffende Tatsachen mit der Bezeichnung des Erben „E. Sch.“ im Testament nicht in Einklang zu bringen sind. So hat die Erblasserin ihren Neffen bedenken wollen; unstreitig ist der Kläger aber nicht der Neffe von E. A., sondern ihr Großneffe. Sie hat ihren Neffen zudem als den Sohn ihres Bruders bezeichnet, was zunächst in sich schlüssig ist. Nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten ist der Kläger jedoch Sohn des F. Sch., dessen Mutter M. Sch. wiederum die Schwester der Erblasserin war. Es kann damit zweifelhaft sein, ob die Erblasserin einen Abkömmling nach ihrer Schwester bedenken wollte. Auch der Umstand, dass im Zusammenhang mit dem grundbuchlichen Berichtigungsantrag für den Erben zunächst ein Geburtsdatum „16.08.1939“ angegeben wurde, der Kläger jedoch am 4. Oktober 1971 geboren worden ist, bleibt dem Senat nicht verborgen, lässt aber letztlich keinen hinreichenden Schluss auf den Willen der Erblasserin zu. Auf die vom Senat in seinem Teilurteil aufgezeigten weiteren Zweifel im Zusammenhang mit einer Anschrift in E…, die der Kläger in seinem Schriftsatz vom 1. Oktober 2022 für ausgeräumt erachtet, kommt es letztlich nicht an.

Demgegenüber sprechen erhebliche Gesichtspunkte dafür, dass die Erblasserin den Kläger als Erben einsetzen wollte. Zunächst spricht hierfür die namentliche Benennung, ohne dass es darauf ankommt, dass der Kläger einen zweiten, im Testament nicht erwähnten Vornamen führt. Auch handelt es sich bei dem Kläger unstreitig um einen Nachkommen nach einem Geschwister der Erblasserin. Um welchen Nachkommen es sich handeln soll, hat die Erblasserin durch eine weitere Angabe deutlich gemacht: der Vater des Erben lebe in den USA. Dies traf unstreitig auf den Vater des Klägers zu. Auch wenn entgegen den Angaben im Testament der Vater des Klägers nicht Bruder der Erblasserin gewesen ist, würde im Umkehrschluss die wörtlich genommenen Erbeinsetzung bedeuten, dass die Erblasserin - neben ihrer Schwester M. Sch. geb. A. - einen Bruder mit dem - von ihr abweichenden - Namen Sch. gehabt hat und dieser wiederum einen Sohn namens E., so dass es im Ergebnis zwei enge Verwandte der Erblasserin mit dem gleichen Namen hätte geben müssen: einmal ihren Neffen, ein zweites Mal den Kläger als ihren Großneffen. Auch kommt der Vater des Klägers mit dem Namen F. Sch. nicht als Erbe in Betracht; selbst wenn man, was jedoch nicht naheliegt, die testamentarische Namensbezeichnung „E.“ als Kurz- oder Koseform von F. betrachten würde, würde es sich bei F. Sch. nicht um den Sohn eines Bruders der Erblasserin handeln, sondern um den Sohn der Schwester.

In der Wertung all dieser Umstände liegt nach Auffassung des Senats die Überzeugung sehr nahe, dass die Erblasserin den Kläger als Erben einsetzen wollte. Jedenfalls aber kann auf dieser Grundlage der Senat nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger nicht der mit Testament vom 24. Juni 1992 bedachte Erbe nach Frau E. A. ist.

b.

Die Vermutung des § 891 Abs. 2 BGB steht dem Eigentumsrecht des Klägers nicht entgegen. Nach § 891 Abs. 2 BGB wird vermutet, dass ein Recht ab dem Zeitpunkt seiner Löschung nicht (mehr) besteht. Für den Zeitraum vor der Löschung ist jedoch zu vermuten, dass das gelöschte Recht bis zur Löschung bestand. Die Löschung kann die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB jedoch gegebenenfalls rückwirkend beseitigen, so dass in diesem Fall Vollbeweis für das Eigentum zu erbringen ist. Eine solche die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB beseitigende Rückwirkung kommt in Betracht, wenn die Löschung auf einer Berichtigung beruht (MüKoBGB/Kohler, 8. Aufl. 2020, BGB § 891 Rn. 18; BeckOGK/Hertel BGB § 891 Rn. 47; BGH Urteil vom 26. September 1969, Az. V ZR 135/66). Zwar führt auch der Eigentumserwerb durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren zu einer nach § 22 GBO zu berichtigenden Unrichtigkeit des Grundbuchs. Gleichwohl entkräftet nicht jede berichtigte Unrichtigkeit des Grundbuchs die Vermutungswirkung des § 891 Abs. 1 BGB. Anders als bei einer nach § 22 GBO berichtigten ursprünglichen Unrichtigkeit des Grundbuchs (vgl. hierzu BeckOK/Hügel GBO § 22 Rn. 39 ff.) wird vorliegend nicht die von Beginn an unzutreffende Grundbucheintragung berichtigt; vielmehr handelt es sich um die Berichtigung einer Unrichtigkeit, die nachträglich infolge außerhalb des Grundbuchs erfolgtem Eigentumswechsels entstanden ist (vgl. BeckOK/ Hügel a.a.O. Rn. 46 ff.). Sprach damit aber bis zum Zeitpunkt der (zunächst erfolgten) Eigentumsänderung durch den Zuschlagsbeschluss die Vermutung des § 891 Abs.1 BGB für den Kläger, hat der - im Übrigen in der Folge durch die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses rückwirkend entfallene - Eigentumswechsel durch Zuschlag für die hiervor liegende Zeit nichts geändert (vgl. auch BGH a.a.O.).

c.

Der Kläger hat sein Eigentum nicht (endgültig) verloren. Insbesondere hat der rechtskräftig aufgehobene Zuschlag nicht zu einem Verlust des Eigentums geführt.

Zwar bewirkt der Zuschlag zunächst einen Eigentumserwerb des Erstehers nach § 90 Abs. 1 ZVG. Wird jedoch der Zuschlag rechtskräftig aufgehoben, entfallen seine Wirkungen rückwirkend. Der Kläger ist damit rückwirkend wieder (materiell-rechtlicher) Eigentümer geworden. Dies gilt nicht nur in dem Fall, dass der Zuschlag im Beschwerdeverfahren (§§ 95 ff. ZVG) aufgehoben wird, sondern – wie vorliegend – auch bei rechtskräftiger Aufhebung im Wege der außerordentlichen Beschwerde nach §§ 96 ZVG, 793, 569 Abs. 1 S. 3, 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO analog (vgl. Stöber/Becker ZVG 22. Aufl. § 90 Rn. 34; vgl. auch BGH Beschluss vom 5. März 2020, Az. V ZB 20/19).

aa.

Ist der Zuschlag rechtskräftig aufgehoben, kommt es letztlich nicht mehr darauf an, ob der Aufhebungsbeschluss selber inhaltlich oder verfahrensrechtlich fehlerhaft ist, wie die Beklagten meinen. Mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft bindet dessen materielle Rechtskraft Gericht und Parteien in einem späteren Verfahren. Zweck dieser Bindungswirkung ist es, sich widersprechende Urteile zu verhindern, den Rechtsfrieden zu sichern und zu gewährleisten, dass jeder Rechtsstreit einmal sein Ende findet. Unter diesem Gesichtspunkt ist es gerechtfertigt, dass selbst unrichtige Entscheidungen Bestand haben (BeckOK ZPO/Gruber ZPO § 322 Rn. 1). Diese materielle Rechtskraft hat das Gericht von Amts wegen auch zu beachten, wenn im Vorprozess über eine Rechtsfolge rechtskräftig entschieden wurde, die für die Entscheidung im nachfolgenden Prozess vorgreiflich ist. Das Gericht hat im nachfolgenden Prozess den Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung ohne Sachprüfung zugrunde zu legen (BGH Urteil vom 16. Januar 2008, Az. XII ZR 216/05; BeckOK ZPO/Gruber, a.a.O. Rn. 17).

Identität der Streitgegenstände ist dabei nicht nur dann anzunehmen, wenn im zweiten Prozess der nämliche Streitgegenstand zwischen denselben Parteien nochmals rechtshängig gemacht wird, sondern auch dann, wenn dort das mit dem Rechtsausspruch im ersten Prozess unvereinbare „kontradiktorische Gegenteil” begehrt wird. Wenn die im ersten Prozess rechtskräftig entschiedene Rechtsfolge im zweiten Prozess nicht die Hauptfrage, sondern eine Vorfrage darstellt, besteht die Wirkung der Rechtskraft in der Bindung des nunmehr entscheidenden Gerichts an die Vorentscheidung. Zwar ist dabei zu berücksichtigen, dass die Bestimmung des § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft eines Urteils bewusst enge Grenzen gesetzt hat. Sie erstreckt sich aber in jedem Fall auf den unmittelbaren Gegenstand der ersten Entscheidung, das heißt die Rechtsfolge, die den Entscheidungssatz bildet (vgl. BGH Urteil vom 26. Juni 2003, Az. I ZR 269/00). In entsprechender Anwendung des § 318 ZPO gilt gleiches für Beschlüsse (BGH Beschluss vom 19. Juli 2018, Az. V ZB 6/18; Beschluss vom 21. April 1982, Az. IVb ZB 584/81; Musielak/Voit ZPO § 322 Rn. 6; Münchener Kommentar/Gottwald ZPO § 322 Rn. 30).

Vorliegend ist die Beklagte zu 1 der Auffassung, der Zuschlag sei wirksam, weil der Aufhebungsbeschluss fehlerhaft sei. Sie begehrt damit im vorliegenden Rechtsstreit die Klärung einer Vorfrage vollständig gegenteilig anders als im rechtskräftigen Beschluss vom 11. März 2014 (des Landgerichts Potsdam Az. 1 T 103/13).

Ausgehend von den oben stehenden Rechtsgrundsätzen ist der Senat an die Aufhebung des Zuschlags durch den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 11. März 2014 gebunden.

bb.

Es kommt nicht darauf an, ob tatsächlich von einer wirksamen Zustellung im Zwangsversteigerungsverfahren auszugehen gewesen wäre oder das rechtliche Gehör der Beklagten zu 1 verletzt worden wäre.

Auch fehlerhaften Entscheidungen kommt grundsätzlich die volle Rechtskraftwirkung zu. Weder hindert ein Verfahrensverstoß den Eintritt der Rechtskraft (vgl. grundlegend BGH Urteil vom 12. Januar 1996, Az. V ZR 246/94) noch steht ihr eine materielle Unrichtigkeit entgegen (Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. § 322 ZPO Rn. 14; BGH Urteil vom 6. März 1985, Az. IVb ZR 76/83).

Zwar weist die Beklagte zu 1 zutreffend darauf hin, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Durchbrechung der Rechtskraft – außer in den gesetzlich normierten Fällen wie §§ 578 ff. ZPO – zulässt, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen Rechtslage zu Lasten des Schuldners ausnutzt (vgl. BGH Urteil vom 24. September 1987, Az. III ZR 187/86). Das Institut der Rechtskraft ist, wie jede formale Rechtsposition, nur in den Grenzen von Treu und Glauben durchsetzbar (BGH Urteil vom 14. Juni 2016, Az. XI ZR 242/15). Der „Rechtsbehelf gemäß § 826 BGB“ gegen erschlichene usw. rechtskräftige Urteile stellt daher eine unverzichtbare Rechtsfortbildung dar (vgl. Vollkommer in: Zöller a.a.O. Vorbemerkungen zu § 322 Rn. 72). § 826 BGB setzt in diesen Fällen jedoch zusätzlich besondere Umstände voraus, die die Vollstreckung (Ausnutzung) des Titels durch den Gläubiger als missbräuchlich erscheinen lassen (BGH Urteil vom 24. September 1987, Az. III ZR 187/86; Urteil vom 29. Juni 2005, Az. VIII ZR 299/04; Zöller a.a.O. Rn. 74). Sowohl die arglistige Urteilserschleichung durch Irreführung des Gerichts wie auch die sittenwidrige Ausnutzung eines (nicht erschlichenen) Urteils können hierunter fallen. Andererseits gebietet die Achtung vor der Rechtskraft und ihren Zielen, dass sie nur in besonders schwerwiegenden Fällen durchbrochen werden darf (BGH Urteil vom 3. Juli 1990, Az. XI ZR 302/89; Zöller a.a.O.)

Gemessen an diesen Voraussetzungen hat die Beklagte zu 1 auch mit der Berufung keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine solch schwerwiegende missbräuchliche Erschleichung oder Verwendung des Aufhebungsbeschlusses vom 11. März 2014 ergeben könnte. Weder die von der Beklagten zu 1 in dem dortigen Verfahren bereits gerügte Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör noch die von ihr nunmehr herangezogene Bewertung der Zustellungsvollmacht für den Kläger genügen, um den Schluss auf eine besonders schwerwiegende Missachtung der materiellen Rechtslage, die zu einer Durchbrechung der Rechtskraft jener Entscheidung führen müsste, zu begründen.

2.

Dem Kläger als wahrem materiell berechtigten Eigentümer des Grundstücks steht gegen die Beklagte als eingetragene Eigentümerin ein Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB zu.

a.

War der Kläger - wie ausgeführt - materiell-rechtlich Eigentümer des Grundstücks und ist es geblieben und hat infolge des aufgehobenen Zuschlags die Beklagte zu 1 kein (materiell-rechtliches) Eigentum nach § 90 Abs. 1 ZVG erworben, entspricht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung des Eigentums nicht der Rechtslage. Der materiell berechtigte und daher aktiv legitimierte Kläger kann von der Beklagten zu 1 die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs verlangen (§ 894 BGB).

Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1 folgt aus dem Beschluss des Senats vom 9. September 2014 (Az. 5 W 142/14), dem der hiesige Streit im Grundbuchverfahren zugrunde lag, nichts anderes. Der Senat hat in dem Grundbuchverfahren über eine Berichtigung nach § 22 GBO befunden. Er hat angenommen, dass die für eine solche Berichtigung erforderliche Unrichtigkeit im Falle der Eintragung aufgrund Ersuchens einer Behörde nach § 38 GBO nur aufgrund Berichtigungsersuchens der ersuchenden Behörde erfolgen könne. Dass dem Kläger ein Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB nicht zustehe, ergibt sich hieraus nicht.

b.

Der Beklagten zu 1 steht ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu.

Erstinstanzlich hat die Beklagte zu 1 gegenüber dem Anspruch auf Grundbuchberichtigung ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 2 BGB mit der Begründung geltend gemacht, ihr stünde für die Errichtung des Wohnhauses ein Wertersatzanspruch nach § 818 Abs. 2 BGB zu. Sie schätze den Anspruch auf mindestens 500.000,- €.

aa.

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob die Aufwendungen für einen Hausbau auf einem Grundstück (nützliche) Verwendungen auf das Grundstück sind und daher die §§ 994 ff. BGB Anwendung finden.

Nach der (älteren) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 26. Februar 1964, Az. V ZR 105/61; dem folgend u.a. OLG Frankfurt Urteil vom 4. Oktober 2013, Az. 2 U 307/12) schließen die Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses bereicherungsrechtliche Vorschriften sowie die des § 951 BGB aus; dies gelte auch dann, wenn es sich nicht um Verwendungen im Sinne des § 996 BGB handele. Mit der Errichtung eines Baus auf einem bisher unbebauten Grundstück liege aber keine Verwendung vor, da das Bauwerk nicht dem Grundstück in seinem bisherigen Zustand diene, sondern es verändere. Besteht damit ein Anspruch auf Verwendungsersatz nicht, käme allenfalls ein Ausgleichsanspruch nach § 242 BGB in Betracht, wenn – wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall – der Verwender von seinem Wegnahmerecht nach § 997 BGB aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften – dort § 22 WohnBauG – nicht Gebrauch machen dürfe.

Demgegenüber hält die Literatur es zum Teil (vgl. MüKoBGB/Raff, 8. Aufl. 2020, BGB § 994 Rn. 20 m.w.N.) für vorzugswürdig, auch in diesen Fällen § 996 BGB anzuwenden.

bb.

Letztlich kann diese Frage offen bleiben.

Geht man mit der genannten Rechtsprechung davon aus, dass die §§ 994 ff., 812 ff., 951 Abs. 1 BGB keine Anwendung finden und allenfalls ein Anspruch aus § 242 in Betracht kommen kann, bestehen gleichwohl keine Ersatzansprüche. Dass, wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, vorliegend die Beklagten ihr Wegnahmerecht aus Rechtsgründen nicht ausüben können und daher die Werterhöhung dem Kläger verbleiben muss, ist nicht ersichtlich. Da es darum geht, einen billigen, dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprechenden Interessenausgleich zu finden, müssen sämtliche Umstände des Falles berücksichtigt werden (BGH a.a.O.). Dies bedeutet jedoch auch, dass dem Kläger wiederum seine sich aus § 1004 Abs. 1 BGB ergebenden Rechte dadurch versagt würden, dass er, will er den Hausbau auf seinem Grundstück nicht verwenden, gleichwohl hierfür Ausgleich zu zahlen hätte.

Folgt man der Literaturmeinung des weiten Verwendungsbegriffs, ergibt sich ebenfalls kein Anspruch der Beklagten. Für die Ersatzfähigkeit nicht notwendiger Verwendungen kommt es entscheidend darauf an, ob der Wert der Sache durch sie zum Zeitpunkt der Rückgabe an den Eigentümer noch erhöht ist. Es ist der tatsächliche Verkehrswert der Sache im Rückgabezeitpunkt zu ermitteln und mit dem hypothetischen Verkehrswert zu vergleichen, den die Sache in diesem Zeitpunkt ohne die Verwendungen gehabt hätte. Die Differenz ist zu ersetzen. Demgegenüber ist der Eigentümer durch die eingeschränkte Durchsetzbarkeit des Verwendungsersatzanspruchs nach §§ 1000 ff. BGB geschützt, die es ihm ermöglicht, sich dem Anspruch durch faktischen Verzicht auf den Sachbesitz (§ 1001 S. 2 BGB) zu entziehen (vgl. BeckOK/Fritzsche BGB § 996 Rn. 5 ff.). Die Verwendungen sind in Höhe der objektiven Werterhöhung nach § 996 BGB uneingeschränkt ersatzfähig, sofern der Eigentümer sich die Werterhöhung tatsächlich nutzbar macht oder dies zumutbarerweise tun könnte. Verwendungen im Sinne des § 996 BGB sind also nur insoweit ersatzfähig, als sie für den Eigentümer aufgrund seiner konkreten Interessenlage einen (ggf. eingeschränkten) Wert haben. Zum Schutz seines Selbstbestimmungsrechts kann der Eigentümer also einen eventuellen Beseitigungsanspruch (§ 1004 Abs. 1 S. 1 BGB) gegen den Besitzer geltend machen, um den Verwendungsersatzanspruch abzuwehren, und den Besitzer auf sein Wegnahmerecht nach § 997 BGB verweisen. Er darf die Sache dann nicht zurücknehmen und die Verwendungen nicht genehmigen (vgl. BeckOK/Fritzsche BGB § 996 Rn. 11; Münchner Kommentar BGB/Raff, 8. Aufl. 2020, BGB § 996 Rn. 22).

Ausgehend hiervon steht den Beklagten ein Anspruch nach § 996 BGB auf Ersatz der Verwendungen für den Hausbau in Form der Werterhöhung des Grundstücks nicht zu. Der Kläger begehrt Beseitigung des Hausbaus. Eine Werterhöhung durch den Hausbau verbleibt ihm demnach nicht, so dass ein Ersatzanspruch ausscheidet.

3.

Der Kläger als (wahrer) Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf dessen Räumung (§ 1004 BGB) und Herausgabe (§ 985 BGB).

a.

Wie ausgeführt, ist der Kläger Eigentümer des Grundstücks, die Beklagten (also auch der Beklagte zu 2) sind unberechtigte Besitzer. Mit der Aufhebung des Zuschlags haben die Beklagten ihr anfängliches Besitzrecht, das sie ersichtlich nur auf ihr zwischenzeitliches Eigentum stützen konnten, rückwirkend verloren. Ein anderweitiges Recht zum Besitz führen die Beklagten nicht an und ist nicht ersichtlich. Der auf Herausgabe des unmittelbaren Besitzes gerichtete Anspruch ist weniger als ein vertraglicher Rückgabeanspruch und umfasst daher nicht grundsätzlich die Räumung des Grundstücks in dem Sinne, dass die Beseitigung von Gegenständen geschuldet ist. Ein solcher Anspruch folgt jedoch aus § 1004 Abs. 1 BGB (vgl. BGH Urteil vom 16. März 2007; Az. V ZR 190/06), wie sich aus den unter Ziffer 4 folgenden Ausführungen ergibt.

b.

Anders als das Landgericht und die Beklagten meinen, steht dem Herausgabeanspruch nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegen. Als ein Fall einer unzulässigen Rechtsausübung liegt auch keine Verwirkung vor.

aa.

Verwirkung schließt die illoyal verspätete Geltendmachung eines Rechts aus. Dabei kommt es nicht auf den Willen des Berechtigten an. Verwirkung kann auch gegen den Willen des Berechtigten eintreten, da die an Treu und Glauben ausgerichtete objektive Beurteilung, nicht aber der Willensentschluss des Berechtigten entscheidend ist. Verwirkung kann daher selbst dann eintreten, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung hat. Notwendig für die Verwirkung ist jedoch immer, dass sich der Verpflichtete mit Rücksicht auf das Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dass dieser das ihm zustehende Recht nicht mehr geltend machen werde, dass es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass der Berechtigte später doch mit dem ihm zustehenden Recht hervortritt und dass unter diesem Gesichtspunkt die Leistung für den Verpflichteten unzumutbar ist (BGH Urteil vom 16. März 2007, Az. V ZR 190/06).

Entscheidend sind dabei die Umstände des Einzelfalls. Wenn dem Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe der Einwand der Verwirkung entgegen gehalten wird, ist bei der gebotenen Würdigung zu berücksichtigen, dass dieser Anspruch Kernbestandteil des Eigentums ist und seine Verwirkung deshalb nur in Ausnahmefällen angenommen werden kann. Die Verneinung des Herausgabeanspruchs bedeutet wirtschaftlich die Enteignung des Eigentümers. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem nichtberechtigten Besitzer ist durch §§ 987 ff. BGB in einer Weise geregelt, die die Interessen und den Schutz von Eigentümer und Besitzer gegeneinander abwägt und grundsätzlich keiner Korrektur durch die Verneinung des Anspruchs aus § 985 BGB bedarf. Dem Irrtum des Eigentümers über den Umfang seines Eigentums kann grundsätzlich auch keine andere Bedeutung zukommen als dem entsprechenden Irrtum des Besitzers.

Soweit es um die Verwirkung des Herausgabeanspruchs aus dem in das Grundbuch eingetragenen Eigentum geht, ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Ansprüche aus dem eingetragenen Eigentum nach der ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers in § 902 Abs. 1 BGB als unverjährbar ausgestaltet sind und die Verwirkung des Herausgabeanspruchs das Eigentum als "Rechtskrüppel" zurücklässt, das gegen die Eintragung im Grundbuch noch nicht einmal im Wege der Ersitzung nach § 900 Abs. 1 BGB erstarken kann. Für die Verneinung des Herausgabeanspruchs des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung folgt daraus, dass eine Verwirkung nur angenommen werden kann, wenn sich die Verpflichtung zur Herausgabe für den Besitzer als schlechthin unerträglich darstellt (BGH a.a.O.; vgl. hierzu BeckOK/Fritzsche BGB § 985 Rn. 36; Staudinger/Thole (2019) BGB § 985 Rn. 228 ff.). Für den Eigentümer des als „Rechtskrüppel“ verbliebenen Eigentumsrechts wie auch für den Besitzer führt eine auf Dauer unzulässige Rechtsausübung zu „verfestigten Verhältnissen“, ohne dass eine ausreichende Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Ausgestaltung der Verhältnisse, zum Beispiel durch Bestellung eines dinglichen Nutzungsrechts gegen Entschädigung, besteht (vgl. Staudinger/Thole a.a.O. Rn. 258). Als schlechthin unerträglich werden Ausnahmefälle daher etwa dann angenommen, wenn der Bucheigentümer oder Herausgabeschuldner einen Anspruch auf Eigentumsübertragung beispielsweise aufgrund eines Anwartschaftsrechts hat oder etwa der Eigentümer Erwerbsaussichten des Besitzers geweckt und der Besitzer oder Bucheigentümer erhebliche Vermögensdispositionen getroffen hat (BGH Urteil vom 19. Juni 2012, Az. II ZR 241/10; BGH Urteil vom 23. März 1979, Az. V ZR 163/75; Staudinger/Thole a.a.O. Rn. 230 mit Beispielen).

bb.

Ausgehend von diesen Grundsätzen genügt grundsätzlich eine einfache Abwägung der beiderseitigen Interessen, des Grundstückseigentümer einerseits und des unberechtigten Besitzes andererseits, nicht. Der hier vorliegende Streitfall entspricht nicht den Ausnahmefällen, wie sie oben dargestellt sind oder sich aus den insbesondere auch bei Staudinger (a.a.O.) angeführten Beispielen ergeben. Gemeinsam ist diesen von der Rechtsprechung entschiedenen oder der Kommentarliteratur angeführten Fällen, dass der Eigentümer zu einem Vertrauen des Herausgabeschuldners beigetragen hat. Ein dem entsprechender Extremfall, der die Herausgabe für den Besitzer schlechthin unerträglich macht, ist trotz der unverschuldet für die Beklagten entstandenen Situation und ihrer gravierenden Folgen nicht gegeben. Letztlich stützen die Beklagten ihren Einwand einzig auf das Vertrauen in den staatlichen Akt des Zuschlags; Anhaltspunkte, dass der Kläger durch irgendeine Handlung das Vertrauen der Beklagten hervorgerufen oder befördert hätte, sind nicht ersichtlich.

Es liegt zwar auf der Hand, dass die Herausgabe des Grundstücks an den Kläger für die Beklagten eine gravierende und nur schwer erträgliche Folge bedeutet. Durch den Hausbau haben sie erhebliche finanzielle Aufwendungen gehabt, die - wie ausgeführt - der Kläger nicht zu erstatten hat. In welcher Höhe die Beklagten Aufwendungen hatten, legen sie jedoch nicht dar; sie stellen einzig auf den Verkehrswert ab, der durch den Hausbau 500.000 € betragen soll. Es kann letztlich jedoch offen bleiben, auf welchen Wert abzustellen ist. Im Hinblick auf die Feststellung, ob sich die Verpflichtung zur Herausgabe für die Beklagten als schlechthin unerträglich darstellt, ist bei den finanziellen Auswirkungen auch zu berücksichtigen, dass - anders als beispielsweise in dem vom Bundesgerichtshof (Urteil vom 16. März 2007, Az. V ZR 190/06) entschiedenen Fall - vorliegend Amts- und Staatshaftungsansprüche der Beklagten für den ihnen entstandenen Schaden in Betracht kommen. Der von den Beklagten behauptete Verkehrswert wie aber auch ihre Aufwendungen für den Hausbau sind daher nicht losgelöst von möglichen Ersatzansprüchen zu betrachten, um einen Extremfall zu begründen. Dies gilt auch in der Zusammenschau mit der persönlichen Situation der Beklagten: unbestritten dient das von den Beklagten errichtete Wohnhaus ihrem Familienleben mit zwei Kindern. Gerade auch für eine (junge) Familie erweist sich die Herausgabe ihres Wohngrundstücks als eine außergewöhnliche, auch emotionale Belastung. Andererseits führt aber gerade auch das Alter der - ausweislich des Grundbucheintrags - im Jahr 1981 geborenen Beklagten zu 1 dazu, dass - anders als bei einer vollstreckungsrechtlichen Berücksichtigung der persönlichen Situation - die Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung im vorliegenden Fall nicht nur vorübergehende oder zeitlich absehbare, sondern materiell-rechtlich „verfestigte Verhältnisse“ ohne Ausgestaltung der wechselseitigen Rechte und Pflichten der auf Dauer miteinander verbundenen Parteien bewirkt.

Liegen damit unverkennbar gravierende, aber durch Amts- und Staatshaftung gemilderte Folgen einer Herausgabe für die Beklagten vor, die jedoch in der Höhe letztlich offen sind, können sie in Anbetracht der vom Bundesgerichtshof herausgearbeiteten Entscheidung des Gesetzgebers, das Verhältnis zwischen Eigentümer und unberechtigtem Besitzer in §§ 985, 987 ff. BGB zu regeln, das Eigentumsrecht des Klägers letztlich nicht „als leere Hülle“ zurücklassen.

4.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Beseitigung des Wohnhauses aus § 1004 Abs. 1 BGB.

a.

Die Beklagten sind Störer, weil sie rechtswidrig das klägerische Grundstück durch das von ihnen errichtete Wohnhaus nutzen und so sein Eigentum beeinträchtigten. Auf Verschulden kommt es ebenso wenig an wie auf die Rechtswidrigkeit des Eingriffs, hier also des Hausbaus. Entscheidend ist allein der dem Inhalt des Eigentums widersprechende Zustand (BGH Urteil vom 19. Dezember 1975, Az. V ZR 38/74; BeckOK/Fritzsche § 1004 Rn. 59). Nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB muss der Störer die fortdauernde Eigentumsbeeinträchtigung beseitigen. Dies bedeutet, dass er den dem Inhalt des Eigentums entsprechenden Zustand wiederherzustellen hat. Geschuldet ist daher die Beseitigung der Störungsquelle (BGH Urteil vom 4. Februar 2005, Az. V ZR 142/04).

b.

Der Beseitigungsanspruch kann in Ausnahmefällen beschränkt oder ganz ausgeschlossen sein, wenn die Beseitigung für den Störer mit unverhältnismäßigen, billigerweise nicht mehr zumutbaren Aufwendungen oder Mühen verbunden wäre und ihre Geltendmachung deshalb rechtsmissbräuchlich erscheint (§ 275 Abs. 2 BGB; BGH Urteil vom 21. Mai 2010, Az. V ZR 244/09). Vorliegend haben die Beklagten einerseits bereits die mit der Beseitigung verbundenen Aufwendungen und Mühen nicht dargelegt. Andererseits kann sich der Störer bei erheblichen Beeinträchtigungen wie der vorliegenden Bebauung eines fremden Grundstücks nicht mit Erfolg auf § 275 Abs. 2 BGB berufen, da das Beseitigungsinteresse des Eigentümers selbst bei sehr hohen Kosten regelmäßig überwiegt (BeckOK/Fritzsche § 1004 Rn. 79).

Wie bereits im Zusammenhang mit den Verwendungen der Beklagten ausgeführt, ist bei der vorliegenden Bebauung eines fremden Grundstücks das Selbstbestimmungsrecht des Eigentümers zu berücksichtigen. Würde der Eigentümer die Beseitigung nicht verlangen können, hätte er die Störung auf seine Kosten zu beseitigen. Anderenfalls würde ihm gegebenenfalls ein Verwendungsersatzanspruch entgegen gehalten werden können.

c.

Auch durch das Schikaneverbot (§ 226 BGB) und den Grundsatz von Treu und Glauben ist der Beseitigungsanspruch des Klägers nicht begrenzt. Anhaltspunkte für eine Schikane bestehen nicht. Sie setzt nach § 226 BGB voraus, dass die Geltendmachung eines Rechts aus objektiver Sicht dem alleinigen Zweck dient, den Schuldner zu schädigen (BGH Urteil vom 11. April 1975, Az. V ZR 165/73). Hiervon kann nur ausgegangen werden, wenn ein seinerseits schützenswertes Rechtsgut oder auch nur ein Eigeninteresse des Handelnden auszuschließen ist. Ein solches Eigeninteresse des Klägers kann vorliegend aber nicht ausgeschlossen werden: Dass der Eigentümer eines ursprünglich unbebauten Grundstücks nicht nur dessen Herausgabe begehrt, sondern auch die Rückgabe in unbebautem Umstand, lässt jedenfalls ein hinreichendes Eigeninteresse erkennen, das den Schluss auf eine vorsätzliche Schädigung nicht zulässt. Weitere belastbare Anhaltspunkte, die diese Annahme stützen, sind nicht ersichtlich.

5.

Der Kläger kann von den Beklagten die Herausgabe der von ihnen gezogenen Nutzungen nach §§ 990 Abs. 1 S. 2, 987, 988 BGB verlangen.

Das Landgericht hat – ohne nähere Begründung der Anspruchsgrundlage – eine Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 31. Dezember 2014 in Höhe von 6.041,67 € zugesprochen. Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg, ebenso die Berufung des Klägers in seinem Berufungsantrag zu 4.

a.

Die Beklagten greifen die Annahme des Landgerichts, für die genannte Zeit sei Nutzungsentschädigung zu zahlen, einzig mit dem Argument an, dass der Kläger nicht Eigentümer sei. Wie vorstehend näher dargelegt, ist der Kläger mit Aufhebung des Zuschlags rückwirkend (wieder) Eigentümer des Grundstücks. Mit der Aufhebung des Zuschlags haben die Beklagten ihr anfängliches Besitzrecht, das sie ersichtlich nur auf ihr zwischenzeitliches Eigentum stützen konnten, rückwirkend verloren. Auf diesen anfänglich nicht berechtigten Eigenbesitz nach rückwirkend entfallendem Eigentumserwerb sind die Regeln des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses nach §§ 987 bis 993 BGB anwendbar (BGH Urteil vom 5. März 2010, Az. V ZR 106/09).

aa.

Ein Anspruch des Klägers nach § 990 Abs. 1 S. 1 BGB scheidet zwar aus. Bösgläubigkeit beim Besitzerwerb liegt dann vor, wenn in diesem Zeitpunkt dem Besitzer die fehlende Besitzberechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war (BGH a.a.O.). Hieran fehlt es. Die Beklagten haben den Besitz auf Grund des ihnen erteilten Zuschlags erlangt und waren deshalb zunächst zum Besitz berechtigt. Dass diese Berechtigung rückwirkend entfiel, wussten sie beim Besitzerwerb nicht und mussten es auch nicht wissen. Bösgläubigkeit nach § 990 Abs. 1 S. 2 BGB lag ab der Zustellung des landgerichtlichen Beschluss vom 11. März 2014 vor, aufgrund dessen die Beklagten wissen mussten, dass durch die Aufhebung des Zuschlags rückwirkend ihr Eigentum und damit die Besitzberechtigung weggefallen ist. Für einen früheren Zeitpunkt hat der insoweit darlegungsbelastete Kläger nichts vorgetragen.

bb.

Ein Anspruch aus § 987 Abs. 1 BGB ergibt sich frühestens mit der Rechtshängigkeit der vorliegenden Herausgabeklage am 4. Juni 2015. Auf die außerordentliche Beschwerde im Zwangsversteigerungsverfahren kommt es demgegenüber nicht an, weil sie vor dem Entstehen des Eigentümer-Besitz-Verhältnisses eingelegt wurde. Ansprüche nach §§ 987 ff. BGB setzen jedoch voraus, dass zur Zeit der Tatbestandsverwirklichung ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB, also eine Vindikationslage besteht (BGH a.a.O.). Dies war hier seit dem 11. März 2014 der Fall. Anders als im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall lag aber mit dem landgerichtlichen Aufhebungsbeschluss vom 11. März 2014 keine den in § 987 BGB geregelten Anspruchsvoraussetzungen vergleichbare Situation vor. Dem dortigen Kläger wurde mit der Aufhebung des Zuschlags wiederum gleichzeitig der Zuschlag erteilt. Mit dem Zuschlag hatte er einen Titel, aus dem er die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe betreiben konnte (§ 93 Abs. 1 S. 1 ZVG). Dies war im hiesigen Rechtsstreit nicht der Fall: der Kläger wurde durch den Aufhebungsbeschluss wieder Eigentümer; ein vollstreckbarer Herausgabetitel jedoch fehlte.

cc.

Der Kläger hat einen Anspruch aus § 988 BGB. Zur Herausgabe von Nutzungen ist nicht nur der nicht berechtigte Besitzer verpflichtet ist, der seinen Besitz unentgeltlich erworben hat, sondern auch der Besitzer, der seinen Besitz ohne Rechtsgrund erlangt hat. Daher ist § 988 BGB auch dann anzuwenden, wenn der Ersteher das versteigerte Grundstück aufgrund des mit dem Zuschlag eingetretenen Eigentumserwerbs (§ 90 Abs. 1 Halbs. 1 ZVG) in Besitz genommen hat und die Zuschlagsentscheidung im Beschwerdeweg rückwirkend aufgehoben wird. Auch in diesem Fall fehlt dem Besitzerwerb von Anfang an der Rechtsgrund (BGH a.a.O.).

Somit stehen dem Kläger ab Zustellung des Aufhebungsanspruchs vom 11. März 2014 Nutzungsersatzansprüche nach §§ 990 Abs. 1 S. 2, 987 BGB zu, für den hiervor liegenden Zeitraum Ansprüche nach § 988 BGB. Die vom Landgericht angenommene Höhe der Wertersatzansprüche für die Nutzung haben die Beklagten nicht angegriffen.

b.

Aber auch die Berufung des Klägers hat insoweit keinen Erfolg.

Mit seinem Berufungsantrag zu 4 begehrt der Kläger die Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 28.000,00 € für die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 31. Dezember 2014. Er rügt die vom Landgericht vorgenommene Schätzung jedoch ohne Erfolg.

aa.

Dem Grunde nach stehen dem Kläger wegen der von den Beklagten gezogenen Nutzungen Ansprüche nach §§ 990 Abs. 1 S. 2, 987, 988 BGB zu (s.o.). Der Kläger hatte mit der Klage eine Miethöhe von monatlich 1.000,00 € behauptet und unter Sachverständigenbeweis gestellt. Demgegenüber hat das Landgericht den Betrag jedoch nach dem Bodenwert des Gutachtens aus dem Zwangsversteigerungsverfahren (abgezinst) bemessen. Soweit der Kläger sich nunmehr auf das erstinstanzlich für die behauptete Miethöhe angebotene Sachverständigengutachten beruft, greift er hiermit das landgerichtliche Urteil in dessen Begründung nicht an.

bb.

Der Kläger rügt, das Landgericht habe nicht den Bodenwert des Gutachtens zugrunde legen dürfen. Der Bodenwert sei von 60,00 € pro Quadratmeter im Jahre 2012 über 65,00 €/qm in 2013 und 80,00 €/qm auf 210,00 €/qm in 2019 gestiegen.

Auch mit dieser Begründung zeigt die Berufung keine Fehler des landgerichtlichen Urteils auf. Das Bodengutachten im Zwangsversteigerungsverfahren geht wie auch der Kläger von dem Boden(richt)wert von 60,00 € pro Quadratmeter aus, den der Gutachter wegen der Größe interpoliert mit 56,00 € pro Quadratmeter festgelegt hat. Er macht jedoch Abschläge wegen Beräumungskosten und kommt so auf den Wert von 50.000,00 €, den das Landgericht zugrunde gelegt hat (Gutachten St. vom 21. April 2009; Bl. 185 d.A.). Hieran im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO auch für die streitgegenständlichen Jahre bis 2014 festzuhalten, zumal der Kläger erstinstanzlich keinen anderen Bodenwert und keine Erhöhung der behaupteten Miete vorgetragen hat, ist nicht fehlerhaft und zwingt nicht zu einer neuen Feststellung im Berufungsverfahren. Da der Zeitraum ab 2015 nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist, kommt es auf den vom Kläger behaupteten Bodenrichtwert ab dem Jahr 2015 nicht an.

6.

Der Kläger kann von den Beklagten die Löschung der Grundschuld verlangen (Antrag zu 5 a.). Ihm steht ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB zu.

Die Beklagten haben ohne Rechtsgrund die Sicherung ihres Darlehens durch Belastung des klägerischen Grundeigentums auf dessen Kosten erlangt. Sie sind deshalb zur lastenfreien Herausgabe des Grundstücks - die tatsächliche Herausgabe (Besitzverschaffung) folgt aus § 985 BGB - verpflichtet.

7.

Über die hilfsweise gestellten Anträge war nicht zu entscheiden, weil die innerprozessualen Bedingungen nicht eingetreten sind.

8.

Auf ihren in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag war den Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 29. Juni 2024 zu gewähren (§ 721 ZPO).

In der erforderlichen Abwägung der Räumungsinteressen des Klägers einerseits und den Interessen der Beklagten andererseits war den Beklagten entsprechend ihrem Antrag eine Räumungsfrist von einem Jahr zu gewähren. Hierbei ist zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass sie für ihre vierköpfige Familie eine Ersatzwohnung finden müssen. Zwar wird man bei Anwendung objektiver Maßstäbe annehmen können, dass die Beklagten aufgrund der Hinweise des Senats in der mündlichen Verhandlung im April 2021 nicht (mehr) unbekümmert auf die Abweisung der Räumungsklage hoffen durften (vgl. hierzu auch Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss vom 1. Juni 2021, Az. 3 W 56/21). Gleichwohl gilt zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass die Parteien das Ruhen des Verfahrens beantragt und außergerichtliche Vergleichsverhandlungen aufgenommen haben. Zudem ist die in Berlin und seinem Umland, in dem auch das streitgegenständliche Grundstück liegt, allgemein und gerichtsbekannt äußerst schwierige Lage am Wohnungsmarkt zu berücksichtigen. Demgegenüber sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder erkennbar, die zugunsten des Klägers für eine kürzere Räumungsfrist oder gar deren Versagung sprechen könnten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 91a ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit im Hinblick auf die geltend gemachten sonstigen Nutzungen teilweise für erledigt erklärt haben (ursprüngliche Klageanträge zu 8 b und c und Hilfsantrag zu 9), waren die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, da er mangels gezogener Nutzungen der Beklagten mit der Leistungsklage unterlegen wäre; lediglich die anteiligen Kosten der Auskunftsstufe (Klageantrag zu 8 a) waren den insoweit unterlegenen Beklagten aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:

        
                

Klageantrag zu 1:

200.000 € (Grundstückswert ausgehend vom Bodenrichtwert)

Klageantrag zu 2:

200.000 €

Klageantrag zu 3:

 30.000 €

Klageantrag zu 4:

 28.000 €

Klageantrag zu 5:

280.000 €

Klageantrag zu 8:

 10.000 € (§ 44 GKG), hiervon 1/10 für Auskunftsstufe

                

insgesamt:

748.000 €