Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung OVG 3a A 56/23


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 3a. Senat Entscheidungsdatum 07.06.2023
Aktenzeichen OVG 3a A 56/23 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0607.OVG3A.A56.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 4 BImSchG, § 5 Abs 1 Nr 1 BImSchG, § 6 Abs 1 BImSchG, § 4 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst b UmwRG, § 4 Abs 1 S 2 UmwRG, § 5 Abs 3 S 2 UVPG, § 9 UVPG, § 11 UVPG, § 35 Abs 3 S 1 BauGB, § 6 BauO BB, § 12 Abs 1 S 2 BauO BB, § 67 Abs 1 S 1 BauO BB, § 70 Abs 2 BauO BB

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einer Windenergieanlage.

Die Klägerin betreibt in dem Gebiet R... auf den Flurstücken 6..., Flur 9..., und 7..., Flur 4..., der Gemarkung Y... zwei Windenergieanlagen (WEA Y... und Y...).

Am 20. April 2020 beantragte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen beim Beklagten, ihr unter Gewährung einer Abweichung von den Vorgaben des Abstandsflächenrechts eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage auf dem Flurstück 7... der Flur 9... der Gemarkung I... zu erteilen. Dieses in räumlicher Nähe zu den von der Klägerin genutzten Flurstücken gelegene Flurstück hat eine Größe von mehr als 509.000 m². Die geplante Windenergieanlage soll in unmittelbarer Nähe zur südlichen Grenze des fraglichen Flurstücks in einer Entfernung von 437 m zur Y... und 852 m zur Y... der Klägerin errichtet werden.

In dem Genehmigungsverfahren reichte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen u.a. ein Gutachten zur Standorteignung vom 19. Oktober 2020 ein. Dort heißt es unter 4.2: „Für die Bestands-WEA R...“ - hierbei handelt es sich um die Bestandsanlage Y... der Klägerin - „konnte die nach DIBt 2012 ... nachzuweisende Standorteignung hinsichtlich der effektiven Turbulenzintensität nicht durch den Vergleich mit den Auslegungswerten nachgewiesen werden. Eine seitens der TÜV SÜD Industrie Service GmbH durchgeführte Überprüfung der standortspezifischen Lasten ... der betroffenen WEA, in der geplanten Konfiguration ... hat ergeben, dass die Auslegungslasten der betroffenen WEA R... für eine Lebensdauer von 20 Jahren nicht überschritten werden“. Das ebenfalls eingereichte Gutachten des TÜV SÜD vom 8. Oktober 2020 enthält eine entsprechende Feststellung auf Seite 7. Dort heißt es: „Die durch die zusätzliche WEA resultierende Turbulenzerhöhung der Anlage WEA R... ...wird in der Gesamtbetrachtung über 20 Jahre durch das im Vergleich zur Auslegung niedrigere Jahreswindmittel am Standort kompensiert. An den für die Standsicherheit der WEA maßgeblichen Laststationen ergeben sich durch die zusätzlichen Turbulenzen über einen Gesamtzeitraum von 20 Jahren keine Lasterhöhungen gegenüber den Windbedingungen der Richtlinie DIBt 2012 WZ 2 GK II, welche für die Auslegung zu Grunde gelegt wurde. Die Standsicherheit über den Betriebszeitraum von 20 Jahren ... wird durch die Errichtung der geplanten WEA und die damit verbundene zusätzlich induzierte Turbulenzintensität ... nicht gefährdet. Die WEA R... können ohne eine sektorielle Einschränkung der neu errichteten WEA betrieben werden.“ Außerdem überreichte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen ein Plausibilitätsgutachten des TÜV NORD vom 20. Januar 2021 mit der Feststellung, dass die Untersuchung zur Standorteignung vom 19. Oktober 2020 vollständig und nachvollziehbar durchgeführt worden sei.

Im Amtsblatt für Brandenburg vom 17. Februar 2021 machte der Beklagte seine Feststellung bekannt, dass für das Vorhaben keine UVP-Pflicht bestehe.

Mit Bescheid vom 6. April 2021 erteilte der Beklagte der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 4 BImSchG. Darin genehmigte der Beklagte der Beigeladenen die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage des Typs Nordex N163/5.X Delta4000 mit einem Rotordurchmesser von 163 m, einer Gesamthöhe von 245,5 m und einer Nennleistung von 5.700 kW. Nach Nebenbestimmung Nr. 2.6 ist die im vorgelegten Gutachten zur Standorteignung enthaltene Variante zur sektoriellen Betriebsbeschränkung (3.3.3.4/S. 28 des Gutachtens zur Standorteignung) dauerhaft so umzusetzen, dass die Standsicherheit aller im Gutachten berücksichtigten Windenergieanlagen gewährleistet ist. Nach Nebenbestimmung Nr. 6.4 ist die Windkraftanlage unter bestimmten Bedingungen im Zeitraum vom 15. Juli bis zum 15. September eine Stunde vor Sonnenuntergang bis eine Stunde vor Sonnenaufgang abzuschalten („Fledermaus-Abschaltmodul...“). Im Abschnitt „Materielle Sachentscheidung“ heißt es zudem, dass dem Antrag der Beigeladenen zur „Reduzierung der Abstandsflächen von (154,6 m auf 82,6 m)“ nach Ausübung von Ermessen stattgegeben werde.

Den gegen die Genehmigung eingelegten und u.a. auf formelle und materielle Fehler bei der Verkürzung der Abstandsfläche und auf Ertragsverluste gestützten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2022, der Klägerin zugestellt am 17. November 2022, zurück. Zur Begründung führte er aus, der Widerspruch sei nur insoweit zulässig, als sich die Klägerin auf sog. „Abschattungsverluste“ berufe. Verfahrensfehler und eine Rechtsverletzung wegen einer Reduzierung der Abstandsflächen könne die Klägerin demgegenüber nicht geltend machen, weil sie nicht unmittelbare Grundstücksnachbarin des Vorhabens sei. Der Widerspruch sei, soweit er zulässig sei, unbegründet, weil die vorgetragenen Abschattungsverluste für eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht ausreichten.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 16. Dezember 2022 erhobenen Klage. Zu deren Begründung macht sie geltend, es liege ein relevanter Fehler bei der UVP-Vorprüfung vor. Der geplante Anlagenstandort befinde sich „direkt in einer Flugroute“ für Fledermäuse. Insoweit lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass das Tötungsrisiko für Fledermäuse signifikant erhöht sei. Die „UVP-Vorprüfung“ sei fehlerhaft zu dem Ergebnis gekommen, dass der „beantragte WKA-Standort ... die Schutz- und Restriktionsbereiche um Fledermauslebensräume“ nicht unterschreite. Auch sei das Fledermausgutachten, das der Entscheidung zugrunde gelegen habe, veraltet gewesen. Außerdem sei unberücksichtigt geblieben, dass der Standort der Anlage verlegt und auf diese Weise der Schutz der schlaggefährdeten Fledermäuse sichergestellt hätte werden können. Auch im Übrigen sei der Beklagte fehlerhaft davon ausgegangen, dass eine Standortverschiebung der genehmigten Windenergieanlage nicht möglich sei. Hierbei sei verkannt worden, dass der Regionalplan Z..., der das Windeignungsgebiet 9... mit Ausschlusswirkung ausgewiesen habe, zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides für unwirksam erklärt gewesen sei. Die Grenzen des Windeignungsgebiets seien nicht mehr relevant gewesen. Der Beigeladenen hätte insoweit ihr gesamtes Grundstück als Standort für das Vorhaben zur Verfügung gestanden. Das Vorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Unter Berücksichtigung der sektoriellen Betriebsbeschränkungen ergäben sich an ihren beiden Bestandsanlagen Abschattungsverluste von ca. 7,2 % bzw. 3,8 % und damit jährliche Ertragsverluste in Höhe von gut 64.000 Euro. Die Anlage stehe in „Hauptwindrichtung“ zu ihrer nur 437 m entfernt gelegenen Anlage Y.... Wegen der Möglichkeit eines anderen Standortes könne die Beigeladene weniger Rücksicht verlangen, so dass auch Abschattungsverluste unterhalb von 10 % die Annahme der Rücksichtslosigkeit rechtfertigten. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB greife sowohl zu ihren Gunsten als auch zugunsten der Beigeladenen ein. Zu berücksichtigen sei auch § 2 EEG.

Außerdem werde die Lebensdauer ihrer Anlagen durch Turbulenzen, die die genehmigte Windenergieanlage hervorrufe, erheblich vermindert bzw. würden über den Regelfall deutlich hinausgehende Sicherungs- und Wartungsarbeiten nötig. Insoweit sei die Standsicherheit ihrer Bestandsanlagen nicht gewährleistet. Das Gutachten zur Standorteignung habe die Standorteignung „hinsichtlich der Y... = ‚R...‘“ nicht nachgewiesen, sei aber ohnehin bei der gutachterlichen Prüfung von den von der Beigeladenen übermittelten Windverhältnissen ausgegangen, die es der Begutachtung ungeprüft zugrunde gelegt habe. Das ergänzende Gutachten des TÜV Süd sei zwar zu dem Ergebnis gekommen, dass keine sektoriellen Betriebsbeschränkungen notwendig seien. Es sei jedoch ebenfalls von den ungeprüften Werten der Beigeladenen ausgegangen. In der Plausibilitätsprüfung sei davon die Rede, dass neben den von der Beigeladenen zur Verfügung gestellten standortbezogenen Windverhältnissen Daten der f... vorgelegen hätten. Hierbei habe es sich um Daten aus einem Privatgutachten gehandelt, das im Jahre 2017 für eine 425 m südöstlich des geplanten Anlagenstandortes gelegene Anlage erstellt worden sei. Richtigerweise hätten Daten für den „exakten Standort“ und die „exakten Anlagenkonfigurationen (Typenmodel, Nabenhöhe etc.)“ ermittelt und bei der Erstellung des Gutachtens verwendet werden müssen. Zudem seien Veränderungen der Standortbedingungen, etwa durch „Zubau weiterer WEA“, unberücksichtigt geblieben. Nicht in das Gutachten zur Standorteignung eingeflossen seien außerdem Angaben zur Veränderung des Windklimas mit der Höhe. Das verwendete logarithmische Windprofil gelte in der Regel nur für Höhen bis 100 m über Grund und sei damit für eine Umrechnung der Windgeschwindigkeiten von 137 m auf 164 m über Grund ungeeignet. Der Nachweis der Standsicherheit sei insoweit nicht erbracht worden. Außerdem mache die angefochtene Genehmigung das geplante Repowering ihrer Anlage auf dem „daneben liegenden Flurstück 7..., Flur 9..., Gemarkung Y...“ einer mit ihr verbundenen Gesellschaft unmöglich.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin weiter ausgeführt, warum das Standsicherheitsgutachten aus ihrer Sicht die Standsicherheit der hier relevanten Windenergieanlagen nicht belege.

Die Klägerin beantragt,

die der Beigeladenen erteilte Genehmigung des Landesamts für Umwelt vom 6. April 2021 zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2022 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, dass die UVP-Vorprüfung nicht zu beanstanden sei. Die angefochtene Genehmigung sei auch nicht aus Gründen der Standsicherheit rechtswidrig. Die im Genehmigungsverfahren eingereichten Unterlagen belegten, dass - bei Einhaltung der vorgegebenen sektoriellen Betriebsbeschränkungen - weder die hinzutretende Anlage der Beigeladenen, noch die Bestandsanlagen der Klägerin erhöhten Turbulenzen ausgesetzt seien. Das Turbulenzgutachten sei nicht zu beanstanden. Das Gebot der Rücksichtnahme sei mit Blick auf eine etwaige Abschattungswirkung nicht verletzt, zumal der Standort der Windkraftanlage entgegen der Annahme der Klägerin nicht verschoben werden könne.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, entgegen der Auffassung der Klägerin ergebe sich kein Aufhebungsanspruch wegen einer fehlerhaft durchgeführten UVP-Vorprüfung. Die angefochtene Genehmigung verstoße auch nicht gegen Standsicherheitsvorgaben. Der konkrete Standort sei „alternativlos“. Er sei so gewählt worden, dass die vorhandene Zuwegung und Kranstellfläche der zu repowernden Windenergieanlage effizient genutzt werden könne. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme sei nicht gegeben. Gleiches gelte für das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

In der mündlichen Verhandlung ist die Beigeladene den dort gemachten Ausführungen der Klägerin entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Streitakte, die Akte OVG 3a S 6.23 und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Es besteht zugunsten der Klägerin kein Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, Satz 2 UmwRG und die angefochtene Genehmigung verletzt die Klägerin auch nicht in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Klägerin hat keinen Aufhebungsanspruch aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, Satz 2 UmwRG.

a. Für das Vorhaben der Beigeladenen (Errichtung einer Windkraftanlage und Rückbau einer Bestandsanlage - Repowering) ist zu Recht lediglich eine UVP-Vorprüfung durchgeführt worden. Dabei kann offenbleiben, ob es sich hierbei um ein Änderungsvorhaben im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 UVPG oder um ein hinzutretendes kumulierendes Vorhaben im Sinne von § 11 UVPG handelt. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UVPG besteht für ein Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn (1.) allein die Änderung die Größen- oder Leistungswerte für eine unbedingte UVP-Pflicht gemäß § 6 UVPG erreicht oder überschreitet oder (2.) die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 UVPG besteht, wenn für das frühere Vorhaben eine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, für den Fall, dass für das frühere Vorhaben - wie hier - bereits eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, für ein solches hinzutretendes Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn (1.) das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- oder Leistungswerte für eine UVP-Pflicht gemäß § 6 UVPG erreicht oder überschreitet oder (2.) eine allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Danach musste hier keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden, weil das Vorhaben die Größen- oder Leistungswerte für eine UVP-Pflicht nicht erreicht oder überschreitet und die durchgeführte allgemeine Vorprüfung nicht ergeben hat, dass das Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.

b. Die Einschätzung des Beklagten, dass das Vorhaben keine zusätzlichen oder anderen erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen hervorgerufen kann, ist nicht zu beanstanden. Wird eine Vorprüfung durchgeführt, so prüft das Gericht im Grundsatz lediglich, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 UVPG durchgeführt wurde und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG. Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde gelegt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - juris Rn. 26; OVG Münster, Urteil vom 18. Mai 2017 - 8 A 975/15 - juris Rn. 113; Senatsbeschluss vom 24. Januar 2023 - OVG 3a S 1.23 - EA S. 7). Hiervon ausgehend erweist sich das Ergebnis der Vorprüfung bezogen auf die Auswirkungen des Vorhabens als plausibel.

aa. Dass es auf Seite 8 des „Prüfvermerks UVP-VP“ heißt, der „beantragte WKA-Standort“ unterschreite „nicht die Schutz und Restriktionsbereiche um Fledermauslebensräume“, steht dieser Annahme nicht entgegen. Angesichts des Umstandes, dass auf Seite 6 des Prüfvermerks festgestellt wird, dass die Anlage „an einem regelmäßig genutzten Flugkorridor in einem Gebiet mit besonderer Bedeutung für Fledermäuse“ liege, kann sich der Hinweis auf „Fledermauslebensräume“ auf Seite 8 des Vermerks nur auf die in Anlage 1 Nr. 9 zum Windkrafterlass des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 1. Januar 2011 genannten Lebensräume (Fledermauswochenstuben und Männchenquartiere, Reproduktionsschwerpunkte in Wäldern, Fledermauswinterquartiere und Hauptnahrungsflächen) beziehen, die dort von den Flugkorridoren getrennt aufgeführt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die so verstandene Feststellung des Beklagten unzutreffend wäre, sind weder den Ausführungen der Klägerin zu entnehmen noch sonst ersichtlich.

Davon abgesehen ist die tragende Feststellung des Beklagten, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben könne (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 UVPG), bezogen auf Fledermäuse auch deshalb plausibel, weil die genehmigte Windkraftanlage nach Nebenbestimmung Nr. 6.4 im Zeitraum vom 15. Juli bis zum 15. September bei Windgeschwindigkeiten in Gondelhöhe unterhalb von 5,0 m/s und bei einer Lufttemperatur von 10°C im Windpark ohne Niederschlag eine Stunde vor Sonnenuntergang bis eine Stunde vor Sonnenaufgang abzuschalten ist (vgl. zur Berücksichtigung von Vermeidungsmaßnahmen bei der UVP-Vorprüfung § 7 Abs. 5 Satz 1 UVPG). Diese Nebenbestimmung entspricht den Vorgaben aus Nr. 6 der Anlage 3 zum Windkrafterlass. Der Beklagte geht davon aus, dass hierdurch sichergestellt wird, dass von der Anlage kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko für Fledermäuse ausgeht. Gründe, die hieran zweifeln ließen, hat die Klägerin nicht vorgetragen und sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Dass die Anlage genau in einem Flugkorridor für Fledermäuse liegt, reicht hierfür nicht aus. Denn nach der plausiblen (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2018 - 1 BvR 2523/13 u.a. - juris Rn. 20) Einschätzung des Beklagten stellen die Sommermonate und die in der Nebenbestimmung genannten Uhrzeiten unter den dort genannten Bedingungen einen Schwerpunkt der Fledermausaktivitäten dar, so dass die vorgegebenen Abschaltzeiten das Kollisions- und Tötungsrisiko (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG) auch in diesem Fall hinreichend reduzieren.

bb. Soweit die Klägerin geltend macht, die Vorprüfung sei von einem veralteten Gutachten ausgegangen, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Die Klägerin trägt vor, der Fachbeitrag datiere vom 7. Januar 2016 und basiere auf Erfassungen vom 4. Mai 2015 bis zum 13. Oktober 2015. Er entspreche insoweit nicht den Vorgaben der Anlage 3 zum Windkrafterlass. Danach müssten die Detektorarbeiten im Zeitraum vom 11. Juli bis 20. Oktober eines Jahres stattfinden. Zudem dürften die Daten nicht älter als fünf Jahre sein. Dies reicht für die Annahme eines nicht mehr nachvollziehbaren Ergebnisses im Sinne von § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG nicht aus. Zum einen ist der im - für das Gericht nicht verbindlichen - Windkrafterlass genannte Untersuchungszeitraum vorliegend fast vollständig abgedeckt, ohne dass ersichtlich wäre, inwieweit das Fehlen von Erhebungen in einer Woche im Oktober zu anderen Untersuchungsergebnissen geführt haben könnte. Zum anderen wird in der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass ggf. auch bei einem Alter der Daten von sechs bis sieben Jahren noch von deren Gültigkeit ausgegangen werden kann, wenn kein Nutzungs- und Strukturwandel stattgefunden hat und auch sonst keine wesentliche Veränderung der Standortbedingungen eingetreten ist (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 17. Februar 2021 - 2 A 698/16 - juris Rn. 149; vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 10. Mai 2022 - 2 D 109/20.NE - juris Rn. 104 im B-Plan-Verfahren). Dafür, dass eine solche Veränderung hier eingetreten sein könnte, ist nichts dargetan oder ersichtlich.

Unabhängig davon ist auch insoweit auf die Nebenbestimmung zu den Abschaltzeiten zu verweisen. Die Annahme des Beklagten, dass dem Schutz der Fledermäuse durch die vorgegebene Abschaltung der Anlage hinreichend Rechnung getragen wird, ist auch dann plausibel, wenn das Gutachten als veraltet zu bewerten wäre.

cc. Unplausibel ist das Ergebnis der UVP-Vorprüfung auch nicht deshalb, weil der Beklagte verkannt hätte, dass der Standort der Anlage hätte verschoben werden können. Selbst wenn dies unterstellt wird, ändert dies nichts daran, dass die Feststellung des Beklagten, die artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG würden durch das Vorhaben für Fledermäuse nicht eintreten, nachvollziehbar ist, weil der Beklagte vorrangig darauf abgestellt hat, dass Abschaltzeiten zum Schutz von Fledermäusen eingehalten werden, wodurch eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos von Fledermäusen vermieden werde. Dass ein Standort außerhalb des Flugkorridors gefunden werden könnte, stellt die Richtigkeit dieser Einschätzung nicht durchgreifend in Frage.

2. Die Genehmigung verletzt die Klägerin auch nicht in eigenen Rechten. Rechtsgrundlage für die erteilte Genehmigung ist § 6 Abs. 1 BImSchG. Danach darf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nur erteilt werden, wenn (Nr. 1) sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und (Nr. 2) andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin bewirkt die angefochtene Genehmigung keinen unzulässigen Eingriff in Rechte der Klägerin, die in diesem Zusammenhang relevant sind.

a. Auf einen Abstandsflächenverstoß bzw. die vermeintliche Rechtswidrigkeit der erteilten Abweichung gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 BbgBO von den Vorgaben des § 6 BbgBO zu freizuhaltenden Abstandsflächen und auf eine Verletzung von § 70 Abs. 2 BbgBO kann sich die Klägerin schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil sich die ungekürzte Abstandsfläche nicht auf das von ihr genutzte Grundstück erstreckt hätte und sie insoweit von § 6 BbgBO und § 70 Abs. 2 BbgBO nicht geschützt wird.

b. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass die genehmigte Windkraftanlage zu unzumutbaren Ertragsverlusten an ihren Bestandsanlagen führen wird. In Betracht kommt insoweit zwar eine Verletzung des unbenannten öffentlichen Belangs des Gebots der Rücksichtnahme nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Denn dieser Belang erstreckt sich über die gesetzliche Ausprägung in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB hinaus auch auf solche Auswirkungen eines Vorhabens, die keine schädlichen Umwelteinwirkungen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 2019 - 4 B 39.18 - juris Rn. 8). Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme wegen Ertragsverlusten liegt aber nicht vor.

aa. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, desto weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalles wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 - IV C 22.75 - juris Rn. 22 und vom 18. November 2004 - 4 C 1.04 - juris Rn. 22).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, liegt es auf der Hand, dass das Rücksichtnahmegebot bei einer Ertragsminderung von deutlich weniger als 10 %, wie sie die Klägerin hier für jede ihrer Bestandsanlagen befürchtet, nicht verletzt ist. Denn die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass die bei Errichtung vorgefundenen Windverhältnisse für die Entwurfslebensdauer ihrer Anlage von 20 Jahren oder darüber hinaus unverändert bleiben würden. Sie musste sich vielmehr aufgrund der Planungssituation vernünftigerweise darauf einstellen, dass andere, auch größere Anlagen in der Nachbarschaft errichtet würden, sich die Windverhältnisse dadurch zu ihren Lasten verändern und eine bestehende Lagegunst gemindert wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 2019 - 4 B 39.18 - juris Rn. 10).

Art. 14 Abs. 1 GG gebietet insoweit keinen weitergehenden Schutz. Aus dem Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie lässt sich kein Recht auf bestmögliche Nutzung des Eigentums ableiten. Eine Minderung der Wirtschaftlichkeit ist grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie eine Verschlechterung der Verwertungsaussichten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 2019 - 4 B 39.18 - juris Rn. 11).

bb. Auf die Möglichkeit der Beigeladenen, das genehmigte Vorhaben an einem anderen Standort auf ihrem Flurstück zu verwirklichen beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang ohne Erfolg. Die Annahme, das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot könne allein deshalb verletzt sein, weil es einen aus der Sicht des Nachbarn günstigeren Standort für eine Anlage gebe, trifft nicht zu. Die bebauungsrechtliche Prüfung ist an den Bauwunsch des Bauherrn gebunden; er allein bestimmt das Vorhaben, dessen Zulässigkeit - im Regelfall auf der Grundlage seines Genehmigungsantrags - von der Behörde zu prüfen ist. Maßgeblich ist allein die Intensität der Belastungen der Nachbarschaft im konkreten Fall. Ergibt die Prüfung, dass die Belastungen an dem vom Bauherrn gewählten Standort für den Nachbarn im Sinne des Gebots der Rücksichtnahme zumutbar sind, so muss er die bauliche Anlage auch dann hinnehmen, wenn es einen besser geeigneten Alternativstandort gibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 4 B 93.98 - juris Rn. 5).

c. Die Genehmigung genügt schließlich auch den Anforderungen an die Standsicherheit von Windkraftanlagen, so dass auch insoweit eine Rechtsverletzung der Klägerin ausscheidet.

aa. Bei den im Nachlauf einer Windenergieanlage entstehenden Turbulenzwirkungen handelt es sich zum einen um Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, die im Falle ihrer Unzumutbarkeit von Nachbarn abgewehrt werden können (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 26. Juni 2018 - 8 A 11691/17 - juris Rn. 36). Zum anderen kann durch solche Turbulenzeinwirkungen die Standsicherheit beeinträchtigt sein. § 12 Abs. 1 Satz 2 BbgBO bestimmt insoweit in einer Eigentümer anderer baulicher Anlagen schützenden Weise, dass durch eine bauliche Anlage die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrundes der Nachbargrundstücke nicht gefährdet werden dürfen.

Maßgeblich ist in beiderlei Hinsicht, ob die bauordnungsrechtlichen Kriterien für die Standsicherheit von Windenergieanlagen verletzt sind, was dann der Fall ist, wenn durch den Betrieb der angrenzend geplanten Anlage die Lebensdauer der bestehenden Anlage erheblich vermindert wird oder über den Regelfall deutlich hinausgehende Sicherungs- und Wartungsarbeiten nötig werden (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 26. Juni 2018 - 8 A 11691/17 - juris Rn. 36). Obwohl zwischen der genehmigten Anlage und der Anlage Y... der Klägerin ein geringerer Abstand als fünf Rotordurchmesser in Hauptwindrichtung liegt und deshalb eine Beeinträchtigung der Stand- und Betriebssicherheit grundsätzlich in Betracht kommt, ist im Ergebnis nicht davon auszugehen, dass eine Verletzung der Kriterien für die Standsicherheit gegeben ist.

bb. Das von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegte Stand-orteignungsgutachten hält der rechtlichen Prüfung stand.

(1) Zunächst bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der für das Gutachten verwendeten Winddaten (vgl. S. 17 des Gutachtens, Tabelle 3.1).

(a) Zwar trifft es zu, dass in dem Gutachten davon die Rede ist, dass dem Gutachter die standortbezogenen Windverhältnisse vom „Auftraggeber ... übermittelt“ worden seien (S. 17), diese Daten „als richtig voraussetzt“ würden und „keine Gewähr für deren Korrektheit übernommen“ werde. Der ursprüngliche Einwand der Klägerin, das Gutachten habe die übermittelten Windverhältnisse der Prüfung „ungeprüft“ zugrunde gelegt, verkennt aber, dass eine Prüfung durch den TÜV Nord in seiner Plausibilitätsprüfung vom 20. Januar 2021 erfolgt ist. Dort heißt es, dass außer dem Gutachten zur Standorteignung „Informationen zur Windrichtungs- und Windhäufigkeitsverteilung (A- und k-Parameter der Wiebullverteilung) für den Standort …“ eingereicht worden seien (S. 1) und ein „Vergleich der Winddaten“ aus diesen Informationen mit den Daten aus dem Gutachten zeige, „dass die Winddaten für eine Höhe von 137,0 m richtig übernommen“ worden seien.

(b) Auch die Einwände der Klägerin gegen die Eignung und die Umrechnung der vom TÜV Nord überprüften Winddaten ziehen das Gutachtenergebnis nicht durchgreifend in Zweifel.

(aa) Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass die Daten aus einem Privatgutachten stammten, das im Jahre 2017 für eine 425 m südöstlich des geplanten Anlagenstandortes gelegene Anlage erstellt worden sei, und geltend macht, richtigerweise hätten Daten für den „exakten Standort“ ermittelt und bei der Erstellung des Gutachtens verwendet werden müssen, stellt sie die Feststellungen des Gutachtens zur Standsicherheit nicht substantiiert in Frage. Nach den überzeugenden Ausführungen der in der mündlichen Verhandlung sachverständig vertretenen Beigeladenen bedarf es für die Erstellung eines Standorteignungsgutachtens, welches sich mit den zu erwartenden Turbulenzen befasst, grundsätzlich keiner „exakten“ Winddaten für den spezifischen Anlagenstandort. Danach reicht es bei Windfeldern der hier in Rede stehenden Art, die nicht durch extreme Höhenunterschiede oder sonst eine deutlich unterschiedliche Abschattungsumgebung geprägt sind, regelmäßig aus, Winddaten zu verwenden, die für einen nicht allzu weit entfernten Standort ermittelt worden sind. Bei flachem Gelände und identischem Bewuchs könnten danach Winddaten eines Bereichs von ca. „zwei mal zwei km“ ohne weiteres für alle konkreten Standorte innerhalb dieses Bereichs verwendet werden. Anderes gelte möglicherweise für Ertragsberechnungen durch sog. „Windgutachter“, die genauere Daten benötigten. Die Berechnungen für ein Standsicherheitsgutachten seien jedoch „extrem konservativ“, um auf der sicheren Seite zu liegen. Insoweit hätten die Daten für einen Anlagenstandort in einer Entfernung von 425 m ohne Bedenken übernommen werden können. Dies erscheint dem Senat nachvollziehbar und überzeugend.

Gründe, die an der Richtigkeit dieser Ausführungen zweifeln ließen, sind dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen. Den Einwänden der Klägerin in der mündlichen Verhandlung mangelt es schon deshalb an Substanz, weil sie diese durch einen - nach eigenen Angaben - sog. „Windgutachter“ vortragen ließ, der sich ersichtlich auf Windverhältnisse bezog, die einer Ertragsberechnung zugrunde zu legen wären, nicht aber auf Winddaten für Standorteignungsbegutachtungen. Gründe, an den sich spezifisch auf Fragen der Standorteignung mit Blick auf zu erwartende Turbulenzen bezogenen Ausführungen der Beigeladenen zu zweifeln, ergaben sich hieraus nicht.

Dabei spricht für die Richtigkeit der Angaben der sachverständig beratenden Beigeladenen auch das Ergebnis des Plausibilitätsgutachtens des TÜV Nord. Der Umstand, dass nicht für jede der in dem Standorteignungsgutachten betrachteten Anlagen spezifisch standortbezogene Winddaten verwendet worden waren, stellte sich nach den Schilderungen des „Windgutachters“ der Klägerin als für einen Sachverständigen offensichtlich dar. Wären solche Daten für ein Standorteignungsgutachten entgegen der Auffassung der Beigeladenen tatsächlich erforderlich und grundsätzlich üblich, so hätte dies eine Beanstandung des Standorteignungsgutachtens durch den TÜV Nord zur Folge haben müssen. Eine Bestätigung der Plausibilität des hier ersichtlich ohne solche spezifischen Daten erstellten Gutachtens erschiene in diesem Fall ausgeschlossen.

(bb) Soweit die Klägerin weiter geltend macht, Veränderungen der Standortbedingungen seit 2017, etwa durch „Zubau weiterer WEA“, seien bei der Begutachtung unberücksichtigt geblieben, ist auch hiermit die Überzeugungskraft des Standorteignungsgutachtens nicht durchgreifend in Frage gestellt. Die sachverständig vertretene Beigeladene hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, es sei bei der Erstellung des Gutachtens bezogen auf die Windgeschwindigkeit von einem „freien Anströmen“ der Anlage ausgegangen worden. So ergebe sich für die Standorteignungsbeurteilung ein „worst-case-Szenario“ mit höheren Lasten. Die einzelnen bereits vorhandenen Anlagen seien dann erst bei der Ermittlung der Turbulenzen berücksichtigt worden. Der Senat hat keinen Grund, an der Richtigkeit dieser Darlegungen zu zweifeln.

(cc) Schließlich zeigt die Klägerin auch mit ihrem Einwand, nicht in das Gutachten zur Standorteignung eingeflossen seien weiter Angaben zur Veränderung des Windklimas mit der Höhe, sowie mit ihrem Vorbringen, das verwendete logarithmische Windprofil gelte in der Regel nur für Höhen bis 100 m über Grund und sei damit für eine Umrechnung der Windgeschwindigkeiten von 137 m auf 164 m über Grund ungeeignet, keinen Fehler des Standorteignungsgutachtens auf, der Zweifel am Gutachtenergebnis rechtfertigt. Hierzu hat die Beigeladene erneut auf ein „worst-case-Szenario“ von Standorteignungsgutachten verwiesen und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Umrechnung nach dem logarithmischen Windprofil zu höheren Lasten und damit zu einem Ergebnis führe, das auf der sicheren Seite liege. Spezifische Daten bzw. Umrechnungen unter Berücksichtigung eines abnehmenden k-Parameters seien nur erforderlich, wenn es um die Ermittlung von Erträgen von Windenergieanlagen gehe, nicht aber für die Beurteilung der Standorteignung.

(2) Mit ihren weiteren Einwänden gegen das Standorteignungsgutachten dringt die Klägerin ebenfalls nicht durch.

(a) Soweit sie die Frage aufwirft, welche Werte auf Seite 26 und 27 des Gutachtens verglichen worden seien, weil die „R...“ in der Tabelle 3.8 für die ermittelte effektive Turbulenzintensität vor Zubau nicht auftauche, stellt dies die Feststellungen des Gutachtens nicht durchgreifend in Zweifel. Das Gutachten weist nur exemplarisch einige Werte vor Zubau auf (vgl. Gutachten der N... vom 19. Oktober 2020, S. 26). Nach Mitteilung des Beklagten im Verfahren OVG 3a S 6.23 (Eilverfahren zu dem vorliegenden Hauptsacheverfahren) handelt es sich hierbei um die Daten solcher Windkraftanlagen, bei denen bereits vor dem Zubau die effektiven Turbulenzintensitäten signifikant überschritten worden seien, wozu die Y... der Klägerin nicht gehört habe. Entscheidend sind zudem allein die Werte nach Zubau (Tabelle S. 27). Dass diese Werte fehlerhaft ermittelt sein könnten, ergibt sich aus dem Hinweis der Klägerinnen auf das Fehlen der Anlage R... in der Tabelle auf Seite 26 („vor Zubau“) nicht.

(b) Soweit die Klägerin die Festlegung einer sektoriellen Betriebsbeschränkung auf Seite 28 des Gutachtens angreift, rechtfertigt auch dies keine andere Entscheidung. Inwieweit unklar sein soll, welche sektorielle Betriebsbeschränkung gemeint sein soll, wird nicht deutlich. Festgelegt wird, dass die „WEA W1“ (Vorhaben [„neu geplante... WEA“]) in allen Windgeschwindigkeitsbereichen nur im Modus „Mode 2“ betrieben werden darf. Gründe, an der Bestimmtheit einer solchen Festlegung zu zweifeln, sind nicht ersichtlich. Es besteht auch kein Anlass, an der Umsetzbarkeit einer solchen sektoriellen Betriebsbeschränkung zu zweifeln. Angesichts dessen kommt es darauf, dass die fragliche Betriebsbeschränkung ausweislich des Gutachtens (vgl. S. 28 des Gutachtens: „Geforderte Betriebsbeschränkung zum Schutz von W1“) nicht dem Schutz der Anlage der Klägerin dient, sondern ausschließlich dem Schutz des Vorhabens selbst, nicht an.

(c) Soweit die Klägerin schließlich vorträgt, Lastvergleiche für wechselseitige Beeinträchtigungen von Windenergieanlagen verschiedener Hersteller seien unzulässig und insoweit auf Agatz, Windenergie-Handbuch, 22. Aufl. 2021, S. 203 f., hinweist, überzeugt auch dies nicht. Grundlage der in Bezug genommenen Passage ist der Hinweis der Autorin, dass Lastrechnungen „genaue (von den WEA-Herstellern als Betriebsgeheimnis eingestufte) Auslegungsdaten“ erforderten und „daher ausschließlich von den WEA-Herstellern durchgeführt“ werden könnten. Dem Gutachten des TÜV-Süd vom 8. Oktober 2020 lagen indes die Unterlagen des Herstellers der Y... offensichtlich vor (vgl. S. 3 des Gutachtens), so dass davon auszugehen ist, dass dem Gutachter die fraglichen Betriebsgeheimnisse zur Verfügung standen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.