Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung 41 BRH 13/22


Metadaten

Gericht LG Frankfurt (Oder) Entscheidungsdatum 18.04.2023
Aktenzeichen 41 BRH 13/22 ECLI ECLI:DE:LGFRANK:2023:0418.41BRH13.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Anordnung des Rates des Kreises B..... F....., Referat Jugendhilfe, aus Februar / März 19..... betreffend die Heimerziehung des Betroffenen in einem Säuglingsheim und die hieraufhin erfolgte Einweisung des Betroffenen in das Krankenhaus in B.....F..... und in die Dauerkrippe in A..... in der Zeit vom 15.04.1985 bis zum 21.12.1985 wird gemäß § 1 Abs. 1  des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben.

2. Dem Betroffenen wurde im Zeitraum vom 15.04.1985 bis 21.12.1985 zu Unrecht die Freiheit entzogen.

3. Dem Betroffenen steht gemäß § 6 Abs. 1 StrRehaG dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung etwaiger gezahlter Kosten und Auslagen des Unterbringungs-verfahrens im Verhältnis von 2,- Mark/DDR zu 0,51 € zu.

4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die notwendigen Auslagen des Betroffenen im gerichtlichen Rehabilitierungsverfahren hat die Landeskasse zu tragen, § 14 Abs. 2 StrRehaG.

Gründe

I.

Der Betroffene begehrt im vorliegenden Verfahren noch seine Rehabilitierung für die Zeit seiner Unterbringung in Säuglingsheimen in B..... F..... und A..... im Zeitraum vom 15.04. bis zum 21.12.1985.

Er ist der Sohn der am 05.01.1968 geborenen – und zum Zeitpunkt der Geburt des Betroffenen noch minderjährigen - G..... F....., geb. B....., und des am 05.02.1967 geborenen R..... F......

Für Frau F..... war mit vorläufiger Verfügung des Rates des Kreises B..... F..... - Referat Jugendhilfe - vom 05.01.1984 (Verf.-Reg-Nr. 3/84) die vorläufige Heimerziehung angeordnet worden. Hintergrund waren u.a. Spannungen mit deren Mutter und Probleme in der Schule. In der Folge befand sich Frau F..... ab dem 05.01.1984 im Durchgangsheim B..... F..... und ab dem 08.03.1984 im Jugendwerkhof K....., Außenstelle B.....-E...... Anfang September 1984 wurde bei ihr eine Schwangerschaft festgestellt.

Aufgrund fortbestehender Spannungen im Mutter-Tochter-Verhältnis und, weil auch die Mutter im Herbst 1985 ein Kind erwartete, wurde Frau F..... ab dem 16.01.1985 im Mütter- und Säuglingsheim des Landambulatoriums in B..... S..... untergebracht und hielt sich dort auch noch nach der Geburt des Betroffenen am 27.02.1985 bis zur Rückführung in den Jugendwerkhof am 15.04.1985 auf.

Der Betroffene wurde am 08.04.1985 von Frau F..... getrennt und vom Mütter- und Säuglingsheim zunächst - bis zur Fertigstellung der Krippe - in das Kinderkrankenhaus B..... F..... und anschließend in die Dauerkrippe in A..... verlegt.

Am 21.12.1985 wurde Frau F..... aus dem Jugendwerkhof entlassen. Ab diesem Zeitpunkt lebte der Betroffene bei ihr.

Im Januar 2020 beantragte Frau F..... die Rehabilitierung nach dem StrRehaG für ihre Unterbringungen in dem Durchgangsheim E..... (05.01.1984 bis 07.03.1984), im Jugendwerkhof K....., Außenstelle B.....-E..... (08.03.1984 bis 15.01.1985 und 15.04.1985 bis 21.12.1985) sowie im Mütter- und Säuglingsheim des Landambulatoriums B..... S..... (16.01.1985 bis 14.04.1985).

Das Verfahren war bei der Kammer unter dem Aktenzeichen 41 BRH 27/20 anhängig. Mit Beschluss vom 21.03.2022 hat die Kammer im Ergebnis umfassender Ermittlungen die vorläufige Verfügung des Rates des Kreises B..... F..... vom 05.01.1984 (Verf.-Reg.Nr. 3/84) sowie die Anordnung der Heimerziehung des Rates des Kreises B..... F..... vom 19.01.1984 (Beschl.-Reg-Nr. 2/84) mit den hieraus folgenden Einweisungen in das Durchgangsheim B..... F..... sowie in den Jugendwerkhof K....., Außenstelle B.....-E....., für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben. Sie hat zugleich festgestellt, dass Frau F..... vom 05.01.1984 bis zum 15.01.1985 sowie vom 15.04.1985 bis zum 21.12.1985 zu Unrecht eine Freiheitsentziehung erlitten hat. Betreffend den Aufenthalt in dem Mütter- und Säuglingsheim in B..... S..... vom 16.01.1985 bis zum 14.04.1985 – hat sie den Rehabilitierungsantrag zurückgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Beschluss (Bl. 8ff GA) verwiesen.

Unter dem 24.03.2022 hat der Betroffene seine Rehabilitierung für seine Unterbringungen im Mütter- und Säuglingsheim in B..... S..... in der Zeit vom 04.03. bis 08.04.1985 und im Säuglingsheim in B..... F..... bzw. in A..... in der Zeit vom 08.04.1985 bis zum 21.12.1985 unter Hinweis auf die Vermutung gem. § 10 Abs. 3 S. 2 StrRehaG beantragt; für die Zeit in dem Mütter-Säuglingsheim hat er seinen Antrag jedoch wieder zurückgenommen.

Er macht geltend, dass für seine Unterbringung keine fürsorgerischen Gründe vorgelegen hätten. Im Gegenteil: Die unrechtmäßige Freiheitsentziehung habe den Kontakt zwischen ihm und seiner Mutter in der prägenden Bindungsphase unterbrochen. Im Säuglingsheim hätten lediglich die Grundbedürfnisse wie Essen, Schlaf und Gesundheit befriedigt werden können. Es habe aber an menschlicher Wärme und Zuwendung durch mindestens eine erwachsene Person, die grundsätzlichen Mutter und oder Vater sein sollten, gefehlt. Seiner  Unterbringung hätten sachfremde Zwecke zugrunde gelegen, weil die zwangsweise Umerziehung seiner Mutter zu einer sozialistischen Persönlichkeit Vorrang gegenüber einer entwicklungsfähigen Lösung eingeräumt worden sei. Das Jugendamt habe nicht nur seine Mutter beschränkt, sondern auch die Wohnung und die Schränke des Vaters kontrolliert. Obwohl diese nicht beanstandet worden seien, sei er nicht in dessen Obhut und Fürsorge gegeben worden.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) ist dem Rehabilitierungsantrag entgegen getreten:

Die Unterbringung im Säuglingskinderheim sei aus fürsorgerischen und nicht aus sachfremden Gesichtspunkten erfolgt. Die Vermutung des § 10 Abs. 3 StrRehaG greife nicht.

Aus dem Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 21.03.2022 (Bl. 8ff. d.A., dort Seite 9 des Beschlusses) werde deutlich, dass das Referat Jugendhilfe sich um eine Versorgung des Säuglings in der Familie bemüht habe, dieser aber aus verschiedenen Gründen weder bei den Großeltern noch beim leiblichen Vater habe untergebracht werden können, ohne dass dies seiner Entwicklung geschadet hätte. Eine Versorgung durch die damals noch minderjährige leibliche Mutter sei ebenfalls nicht möglich gewesen. Da die Jugendhilfe in Sorge darüber war, dass die Mutter des Antragstellers mit diesem versuchen würde, „auszureißen“, wie sie dies bereits im noch hochschwangeren Zustand getan hatte, sei dem Jugendhilfeausschuss nichts übrig geblieben, als den Antragsteller im Säuglingsheim unterzubringen.

Die Kammer hat die Rehabilitierungsakten betreffend G..... F..... – 41 BRH 27/20 – und seinen Vater R..... F..... – 41 BRH 18/20 - beigezogen. Aus letzterer ergibt sich, dass Herr H..... in der Zeit vom 10.07.1981 bis zum 18.08.1981 im Durchgangsheim B..... F..... und in der Zeit vom 18.08.1981 bis 30.08.1983 im Jugendwerkhof W..... untergebracht worden war. Mit Beschluss vom 12.05.2020 hat das Landgericht ihn wegen der Anordnung der Heimerziehung und die Unterbringungen rehabilitiert.

II.

Der Rehabilitierungsantrag ist im aufrechterhaltenen Umfang zulässig und begründet.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rehabilitierung des Betroffenen betreffend die Anordnung der Heimerziehung in einem Säuglingsheim und Einweisung in das Krankenhaus E..... und in die Dauerkrippe in A..... im Zeitraum vom 15.04 bis zum 21.12.1985  gemäß §§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2, 1 Abs. 1 des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) liegen – entgegen der Annahme der Staatsanwaltschaft - vor.

Entsprechend sind die Anordnung der Heimerziehung und die Einweisung in die v.g. Einrichtungen gemäß §§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2, 1 Abs. 1 StrRehaG als rechtsstaatswidrig aufzuheben und zugleich festzustellen, dass dem Betroffenen in Zeit vom 15.04. bis 21.12.1985 zu Unrecht die Freiheit entzogen worden ist.

1.

Behördliche Entscheidungen der ehemaligen DDR über eine Heimunterbringung unterliegen der strafrechtlichen Rehabilitierung, wenn sie der politischen Verfolgung bzw. sonst sachfremden Zwecken gedient haben oder die angeordneten Rechtsfolgen in einem groben Missverhältnis zu dem zu Grunde liegenden Anlass stehen (§ 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 StrRehaG). Dabei bedarf der Gesichtspunkt des freiheitsentziehenden Charakters einer solchen Maßnahme nach der obergerichtlichen Rechtsprechung keiner gesonderten Überprüfung, denn hierfür streitet gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG eine gesetzliche Vermutung (so BbgOLG Beschlüsse vom 27.03.2012 - 2 Ws (Reha) 28/11-  juris Rz. 7, vom 22.03.2018 - 2 Ws (Reha) 11/17-  juris Rz. 12, vom 21.06.2018, 2 Ws (Reha) 14/17, juris Rz. 6).

2.

Die Trennung des damals 6 Wochen alten Betroffenen von seiner Mutter und Einweisung in das Krankenhaus E..... und nachfolgend in die Dauerkrippe in A..... sind mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlich-rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar, weil aufgrund der gesetzlichen Vermutung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 StrRehaG n.F. davon auszugehen ist, dass die Anordnung der Heimerziehung und die Einweisung sachfremden Zwecken diente.

a.

Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 StrRehaG, der durch das Gesetz zur Verbesserung reha-bilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgungen in der ehemaligen DDR vom 22.11.2019 mit Wirkung vom 29.11.2019 in das StrRehaG (BGBl. Teil I vom 28.11.2019 S. 1752ff.) eingefügt worden ist, wird vermutet, dass die Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche der politischen Verfolgung oder sonst sachfremdem Zwecken diente, soweit gleichzeitig mit der Unterbringung in einem Heim freiheitsentziehende Maßnahmen gegen die Eltern oder einen Elternteil aufgrund von Entscheidungen, die im Wege der Rehabilitierung für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben worden sind, vollstreckt wurden.

Eine gleichzeitige Vollstreckung freiheitsentziehender Maßnahmen liegt nach Satz 3 dann vor, wenn zwischen der Heimunterbringung und der Vollstreckung der freiheitsentziehenden Maßnahme ein Sach- und Zeitzusammenhang besteht.

b.

Vorliegend ist durch den vom Landrat des Landkreises M..... O..... K....., unter dem 02.07.2014 erstellten Nachweis über Aufenthalte in DDR-Kinderheimen (Bl. 5 GA) belegt, dass sich der Betroffene vom 08.04.1984 bis zum 05.12.1985 in B..... F..... und in A..... in Heimerziehung befunden hat. Der Zeitraum deckt sich mit jenem, in welchem Frau F....., die Mutter des Betroffenen, im Jugendwerkhof K....., Außenstelle B.....-E....., untergebracht war und für den die Kammer – unter Feststellung der Rechtswidrigkeit und Aufhebung der Anordnung der Unterbringungsmaßnahme – einen zu Unrecht erfolgten Freiheitsentzug festgestellt hat.

c.

Zwischen der Heimunterbringung des Betroffenen und der Unterbringung seiner Mutter im Jugendwerkhof besteht – neben dem zeitlichen – auch ein sachlicher Zusammenhang. Aus der Jugendhilfeakte der Mutter des Betroffenen ergibt sich, dass die Unterbringung des Betroffenen nur deshalb erfolgt war, weil seine noch minderjährige Mutter aufgrund der schwierigen familiären Situation im Haushalt ihrer Mutter nach der Entbindung wieder zeitnah im Jugendwerkhof untergebracht werden sollte. Die Heimerziehung war ja gerade deshalb angeordnet, weil weder im mütterlichen Haushalt noch beim Vater oder den Großeltern ein familiäres Umfeld gegeben war, das eine Versorgung und adäquate Persönlichkeitsentwicklung der Betroffenen aus Sicht der Behörde ermöglicht hätte. Diese Annahme galt fort. Darüber hinaus sah das Referat Jugendhilfe den Schutz des Betroffenen nicht im ausreichenden Umfang gewährleistet und eine Entlassung des Betroffenen mit seiner Mutter in den Haushalt seiner Großmutter auch deshalb als ausgeschlossen an, weil diese im Dezember 1983 selber ein Kind bekam und zudem eine Aufnahme ihrer Tochter ausdrücklich abgelehnt hatte. Ein Zusammenleben mit dem zu diesem Zeitpunkt noch minderjährigen Vater des Kindes verwarf das Referat Jugendhilfe wohl letztlich, weil er ebenfalls nicht in eine Familie eingebunden, sondern „familiengelöst“ war. Zudem war er  selbst erst am 05.02.1985 volljährig geworden. Auch dritte Personen, die bereit und in der Lage gewesen wären, Frau Freier und den Betroffenen in ihren eigenen Haushalt aufzunehmen, standen – wie die Kammer bereits im Rehabilitierungsverfahren 41 BRH 27/20 festgestellt hatte - im Ergebnis nicht zur Verfügung.

3.

Anknüpfungspunkte, die nach den o.g. Grundsätzen die Vermutungswirkung des § 10 Abs. 3 S. 2 StrRehaG entkräften, sind nicht ersichtlich.

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, mit Hilfe von Zeugenaussagen, Urkunden oder anderen Beweismittel im Verfahren festzustellen, dass die Heimunterbringung (auch) aus anderen Gründen, etwa aus Fürsorgegesichtspunkten, erfolgt ist und damit die Vermutung widerlegt ist.

Nach Auswertung der beigezogenen Rehabilitierungsakten für die Mutter des Betroffenen (41 BRH 27/20) und den Vater (41 BRH 18/20) ist die Vermutung nicht widerlegt.

a.

Insoweit gelten die Grundsätze, die eine Abweichung von der Regelwirkung der in Anbetracht der systematischen  menschenverletzenden Mängel des Spezialheimsystems in § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG eingefügten Vermutungsregelung in Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Naumburg (etwa Beschluss vom 22.03.2018 – 2 Ws (Reh) 32/17) und der Kammer (vgl. statt vieler: Beschlüsse der Kammer vom 04.10.2018 – AZ: 41 BRH 28/16 -, juris Rn. 30ff; vom 22.10.2018 - AZ: 41 BRH 28/16 -, juris Rn. 92 ff.), gestatten. Die Vermutung wird nicht dadurch ausgeräumt, dass möglicherweise Verwahrlosungstendenzen oder sonstige Erziehungsdefizite vorgelegen haben.

Nach dem der Neuregelung in § 10 Abs. 3 StrRehaG zugrunde liegenden Verständnis erfolgte der staatliche Eingriff nicht der Fürsorge gegenüber den Kindern oder Jugendlichen; die Unterbringung in Spezialkinderheimen diente vielmehr der zwangsweisen Umerziehung mit dem Ziel der Umerziehung der Betroffenen zur sozialistischen Persönlichkeit.

Die Vermutungswirkung kann daher nur dadurch erschüttert werden, dass mit mehr als überwiegender Wahrscheinlichkeit von einem atypischen Sachverhalt auszugehen ist. Atypisch wäre zum Beispiel ein gemeingefährliches Verhalten des Betroffenen sowie die Begehung schwerer Straftaten (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 22.03.2018 Az.: 2 Ws (Reh) 32/17, Rn. 6, juris) oder wenn bezüglich einer Einrichtung aufgrund der festgestellten Umstände der Unterbringung nachgewiesen ist, dass in dieser Einrichtung nicht die Zerstörung der Persönlichkeit und Missachtung  der Individualität der Zöglinge bezweckt waren bzw. zumindest hingenommen wurden und keine menschenverletzenden Zustände herrschten.

Erziehungsschwierigkeiten, Probleme im Elternhaus und in der Schule sind jedenfalls noch kein Grund, um von der Regelwirkung abzuweichen (vgl. BT-Drs. 19/14427, S. 19).

 b.

Auch wenn die Mutter des Betroffenen, wie die Kammer bereits in dem Rehabilitierungsbeschluss vom 21.03.2022 (41 BRH 27/20) festgestellt und hierzu umfassend ausgeführt hat, sich delinquent verhielt, es erhebliche Spannungen mit ihrer Mutter und in der Schule gab, zu der Zeit, als sie sich im Mütter-Säuglingsheim in B..... S..... befand, Weglauftendenzen zeigte, und ihre Entwicklung insgesamt aufgrund eines schwierigen Elternhauses ernsthaft gefährdet war, gab es objektiv keinen Grund, den Betroffenen von ihr zu trennen und ihn in einer Säuglingseinrichtung unterzubringen.

Die Reaktion, ohne Frau F..... überhaupt eine Chance zu geben, ihre Verantwortung für das Kind gemeinsam mit dem zwischenzeitlich dann auch volljährig gewordenen Kindesvater Herr F..... wahrzunehmen, war völlig unangemessen und stellt sich als Verletzung des Rechts des Betroffenen dar. Immerhin stand auch die Familie unter dem Schutz der Verfassung der DDR (Art. 38 Verf).

Einer sachgerechten Fürsorge für den Betroffenen hätte es entsprochen, etwaige Verhaltensauffälligkeiten und  Fehlentwicklungen durch Erziehungsdefizite oder Vernachlässigungen der Eltern des Betroffenen in deren Elternhaus durch geeignete pädagogische Konzepte und Therapien und unterstützende Maßnahmen entsprechend dem staatlichen Fürsorgeauftrag zu begegnen, der jungen Familie Unterstützungsangebote, ggf. auch in einem geschützten Rahmen, zu bieten und engmaschig zu prüfen, ob Wohl und Gesundheit des Betroffenen gefährdet sind.

Die Trennung des Betroffenen von seinen Eltern,  seine Einweisung in eine Säuglingseinrichtung und die (erneute) Unterbringung seiner Mutter im Jugendwerkhof K....., Außenstelle B.....-E....., ohne konkrete Feststellungen zu einer möglichen Vernachlässigung des Betroffenen durch deren Eltern wurden dem staatlichen Fürsorgeauftrag in keinster Weise gerecht. Zu berücksichtigen ist, dass Frau F..... den Betroffenen im Mütter- und Säuglingsheim – soweit ersichtlich – beanstandungsfrei versorgt und betreut hat. Der Kindesvater hatte eine eigene Wohnung, hinsichtlich der anlässlich einer Kontrolle keine Beanstandungen festgestellt worden waren. Damit wäre bei der Entscheidungsfindung auch die Möglichkeit einzubeziehen gewesen, dass sich die jungen Eltern ihrer Verantwortung für ihr Baby bewusst waren und – ggf. mit Unterstützung der Jugendhilfe – für dieses ausreichend sorgen würden.

Soweit dem Betroffenen bzw. seiner Mutter in dem Unterbringungsverfahren Kosten entstanden waren und er diese bezahlt hat, kann er diese in entsprechender Anwendung von § 6 Abs. 1 StrRehaG erstattet verlangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 14 StrRehaG.