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Bodenordnungsverfahren - Bodenordnungsplan - Ladung zum Anhörungstermin - Widerspruchserhebung vor Anhörungstermin - Nachsichtgewährung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 70. Senat Entscheidungsdatum 01.06.2023
Aktenzeichen OVG 70 A 1/22 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0601.OVG70A1.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 59 Abs 2 FlurbG, § 134 Abs 1 FlurbG, § 8a FlurbuaGAG BB, § 59 Abs 5 FlurbG, § 134 Abs 2 FlurbG, § 134 Abs 3 FlurbG

Leitsatz

Zur Nachsichtgewährung bei vor dem Anhörungstermin erfolgten Widersprüchen gegen den Bodenordnungsplan

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30€ erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig nach einem Streitwert von 5.000€.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Bodenordnungsplan im Bodenordnungsverfahren.

Er ist Eigentümer mehrerer im Gebiet des Bodenordnungsverfahrens x... gelegener Grundstücke in der Gemarkung U... (K...). Er ist mit Einlageflächen von 8... m² (Wertzahl: 8... WE) Teilnehmer des mit Beschluss vom 4. Dezember 2000 angeordneten Bodenordnungsverfahrens. Dieser wurde nach Auslegung in der Gemeinde ortsüblich bekannt gemacht. Die Feststellung der Wertermittlung vom 24. Januar 2007 wurde nach Auslegung bekannt gemacht. In einem Planwunschtermin teilte der Kläger am 18. Oktober 2007 mit, dass er mit der Neuordnung seiner Flurstücke nicht einverstanden sei und einem seitens der Stadt G... angedachten Reitweg über sein Flurstück nicht zustimme. Nachdem der Kläger die Einladung zu einem weiteren Planwunschtermin abgelehnt hatte, erfolgte die Neuordnung der Flächen weitgehend lageidentisch.

Mit Schreiben des Verbandes für Landentwicklung und Flurneuordnung Brandenburg vom 30. November 2011 wurde der Kläger zum Termin zur Erläuterung und Anzeige des Besitzstücke am 12. und 13. Dezember 2011 eingeladen. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2011 drückte dieser erneut seine grundsätzliche Ablehnung der Bodenordnung aus.

Die Eigentumsverhältnisse im Verfahrensgebiet wurde mit Bodenordnungsplan vom 3. August 2016 neu geregelt. Danach soll der Kläger mit den Flurstücken 7... in Flur 5... in der Gemarkung U... abgefunden werde (vgl. Einlage- und Abfindungsnachweis mit Karten VV Bl. 33 – 39). Die Abfindungsfläche beträgt 8... m² (Wertzahl: 8... WE).

Mit Schreiben des Verbandes für Landentwicklung und Flurneuordnung Brandenburg  vom 15. November 2016 wurde dem Kläger ein Auszug aus dem Bodenordnungsplan zugestellt und er zum Anhörungstermin am 14. und 15. Dezember 2016 geladen. In der Ladung befindet sich der Hinweis, dass Widersprüche gegen den Bodenordnungsplan zur Vermeidung des Ausschlusses in dem Anhörungstermin oder innerhalb von zwei Wochen nach diesem schriftlich bei der zuständigen Flurbereinigungsbehörde erhoben werden müssen und bei Versäumung der fristgerechten Einlegung des Widerspruchs oder Nichterklärung bis zum Ablauf der Frist über den Verhandlungsgegenstand angenommen wird, dass der Beteiligte mit dem Bodenordnungsplan oder dem Ergebnis der Verhandlung einverstanden ist.

Der Kläger legte am 17. November 2016 per Fax und am 18. November 2016 per Post Widerspruch ein und bat darum, alle Angelegenheiten und Protokolle der Rechtsanwaltskanzlei x... in G... zu überlassen. Der Verband für Landentwicklung und Flurneuordnung Brandenburg teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 23. November 2016 mit, dass ein Widerspruch erst nach Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes erhoben werden könne und eine Bevollmächtigung eines Anwaltes nicht vorliege. Mit Schreiben vom 17. Mai 2017 wies der Verband den Kläger darauf hin, dass nicht beabsichtigt sei, den Widersprüchen abzuhelfen, da diese unzulässig seien. Der Kläger teilte daraufhin mit, seine Widersprüche aufrechtzuerhalten.

Mit Vorbescheid vom 28. Oktober 2021 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Widersprüche vom 17. und 18. November 2016 seien unzulässig, da sie nicht in einem der Anhörungstermine oder zwei Wochen danach erhoben worden seien. Eine vor dem Termin abgegebene Erklärung sei nicht als Widerspruch anzusehen. Eine Übersendung der Verfahrensunterlagen an die benannte Rechtsanwaltskanzlei habe mangels Vorlage einer Vollmacht zu keinem Zeitpunkt erfolgen können.

Nachdem der Kläger erklärt hatte, mit dem Vorbescheid nicht einverstanden zu sein, wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2022 aus den Gründen des Vorbescheides zurück.

Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, der Bodenordnungsplan sei verfahrensfehlerhaft ergangen, nicht inhaltlich hinreichend bestimmt und verstoße gegen die Grundsätze des Flurbereinigungsgesetzes. Seine Einlageflurstücke seien mangels Beeinträchtigung für die extensive landwirtschaftliche Nutzung und Pflege im Urzustand zu belassen und von der Abmarkung abzusehen. Die bezeichneten Flächen seien nicht Bestandteil des Bodenordnungsverfahrens. Seine gegen den Bodenordnungsplan erhobenen Widersprüche seien fristgerecht eingegangen. Es handele sich um eine eigentumsrechtlich geschützte Position.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 24. Januar 2022 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Bescheidung an die Widerspruchsbehörde zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, der gegen den Bodenordnungsplan erhobene Widerspruch vom 17. und 18. November 2016 sei unzulässig, da er nicht in einem der Anhörungstermine vom 14. und 15. Dezember 2016 oder zwei Wochen danach erhoben worden sei. Weitere Widersprüche seien innerhalb der Frist nicht erhoben worden. Die Voraussetzungen für die Zulassung eines verspäteten Widerspruchs lägen nicht vor. Eine Nachsichtgewährung komme nicht in Betracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg, weil der Kläger es entgegen § 63 Abs. 2 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) in Verbindung mit § 59 Abs. 2 und 4 des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) versäumt hat, im Termin zur Anhörung der Beteiligten und zur Bekanntgabe des Bodenordnungsplans am 14. und 15. Dezember 2016 Widerspruch einzulegen. Er hat es zudem versäumt, innerhalb der Frist von 2 Wochen nach diesem Termin (§ 59 Abs. 5 FlurbG in Verbindung mit § 8a des Brandenburgischen Landentwicklungsgesetzes [BbgLEG]) Widerspruch einzulegen.

1. Nach 59 Abs. 2 FlurbG müssen die Beteiligten Widersprüche gegen den bekanntgegebenen Bodenordnungsplan zur Vermeidung des Ausschlusses in einem Anhörungstermin vorbringen. Das Flurbereinigungsgesetz schreibt damit zwar nicht ausdrücklich vor, in welcher Form, mündlich oder schriftlich, eine Beschwerde nach § 59 Abs. 2 FlurbG zu erheben ist. Jedenfalls aber müssen die Beteiligten nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Norm Beschwerden gegen den Bodenordnungsplan „zur Vermeidung des Ausschlusses in einem Anhörungstermin vorbringen“ (BVerwG, Urteil vom 6. Mai 1970 – IV C 59.69 – juris Rn. 13).

a) Ein bereits vor dem Anhörungstermin erfolgter Widerspruch gegen den Bodenordnungsplan im Allgemeinen oder gegen die Wertermittlung im Einzelnen ist in keinem Fall ein Widerspruch, der den Erfordernissen des § 59 Abs. 2 FlurbG entspricht. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Urteil vom 6. Mai 1970 (a. a. O.) ausgeführt:

„Jede andere Deutung des § 59 Abs. 2 FlurbG würde dazu führen, daß diese Vorschrift leerliefe: Es wäre dann einmal völlig gleichgültig, ob die Beteiligten im Anhörungstermin erschienen oder nicht, sie könnten ihre Beschwerde schriftlich oder mündlich oder gar zu Protokoll der Flurbereinigungsbehörde vor dem Anhörungstermin erheben, brauchten sich um den Termin selbst nicht zu kümmern und könnten notfalls immer noch später unter Inanspruchnahme des Instituts der Nachsichtgewährung gemäß § 134 Abs. 2 FlurbG mit ihren Beschwerden hervortreten. Das ist indessen nicht der Sinn des § 59 Abs. 2 FlurbG und erst recht nicht derjenige des Absatzes 4, wonach "Beschwerden nach Absatz 2" in die Verhandlungsniederschrift aufzunehmen sind. Eine nicht in dem Anhörungstermin durch den Beteiligten selbst oder einen Vertreter erhobene Beschwerde ist eben keine nach Absatz 2 erhobene und braucht daher nicht in die Verhandlungsniederschrift aufgenommen zu werden. Beschwerden werden mithin erst durch die Aufnahme in die Sitzungsniederschrift über den Anhörungstermin existent – von denjenigen zunächst abgesehen, die unter den Voraussetzungen des § 134 Abs. 2 FlurbG nachträglich zugelassen oder die nach § 59 Abs. 5 FlurbG nach Landesrecht ebenfalls nachträglich zusätzlich erhoben werden. Der erkennende Senat hat bereits in dem Beschluß vom 17. April 1968 – BVerwG IV B 91.67 – inhaltlich ausgeführt, im Flurbereinigungsgesetz sei ganz bewußt vorgeschrieben, daß die Beschwerden gegen die Abfindung nur in einem von der Behörde anberaumten Anhörungstermin vorgebracht werden können, daß also vorher abgegebene Erklärungen nicht als solche zu werten sind. Damit trägt das Flurbereinigungsgesetz der Erfahrung Rechnung, daß manche, wenn nicht sogar viele Teilnehmer ihre Abfindung zunächst ablehnen, sie dann aber im Anhörungstermin nicht mehr beanstanden, weil sie nach den Erörterungen an Ort und Stelle anderen Sinnes geworden sind. Diese Beschränkung des Rechts auf Einlegung der Beschwerde dient der Rechtssicherheit und vor allem der Beschleunigung des Verfahrens. Diese Ziele würden aber nicht zu erreichen sein, wenn alle vorher einmal – im ersten Unmut – schriftlich vorgebrachten "Beschwerden" ohne Anwesenheit der betreffenden Teilnehmer behandelt und in das Protokoll aufgenommen werden müßten. Denn nach Ablauf des Anhörungstermins, in dem die Beschwerden anzubringen sind, soll feststehen, ob der einzelne Teilnehmer mit seiner Abfindung einverstanden ist oder nicht. Dies ist der Sinn dieser Vorschrift, und der erkennende Senat hält an dieser Auslegung der Vorschrift fest. Ein weiterer Beleg für die Richtigkeit dieser Ansicht ist die Vorschrift des § 134 Abs. 1 FlurbG, wonach angenommen wird, daß ein Beteiligter mit dem Ergebnis der Verhandlung einverstanden ist, wenn er einen Termin versäumt oder sich nicht bis zum Schluß des Termins über den Verhandlungsgegenstand erklärt hat. Dieser durch die Ausschlußwirkung eingetretene Rechtsverlust folgt aus dem Gesetz, das hier im öffentlichen Interesse der zeitlichen Geltendmachung von Rechten Grenzen setzt und setzen muß.“

Der erkennende Senat schließt sich diesem Verständnis des § 59 Abs. 2 FlurbG an. Die damit verbundene Beschränkung des Rechts auf Einlegung des Widerspruchs dient der Rechtssicherheit und vor allem der Beschleunigung des Verfahrens; denn nach Ablauf des Anhörungstermins, in dem die Beschwerden anzubringen sind, soll feststehen, ob der einzelne Teilnehmer mit seiner Abfindung einverstanden ist oder nicht. Diese Ziele würden nicht zu erreichen sein, wenn alle vor- oder nachher schriftlich vorgebrachten Einwendungen unabhängig von der Anwesenheit der betreffenden Teilnehmer behandelt und in das Protokoll aufgenommen werden müssten (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 7. Dezember 2010 – 8 K 10/09 – juris Rn. 20).

Hiervon ausgehend kann der Kläger sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Bodenordnungsplan sei aufgrund eines Verstoßes gegen die Anhörungspflicht gemäß § 32 FlurbG verfahrensfehlerhaft ergangen, nicht im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG inhaltlich hinreichend bestimmt und verstoße gegen die Grundsätze des Flurbereinigungsgesetzes; denn diese formellen und materiellen Beschwerden wären im Rahmen des Anhörungstermins vorzutragen gewesen. Das gilt auch für die in der mündlichen Verhandlung erhobenen pauschalen Rügen, er hätte zu Vorstandssitzungen der Teilnehmergemeinschaft eingeladen werden müssen und bei seinen Grundstücken handele es sich um ein Biotop.

b) Der Kläger ist mit Schreiben vom 15. November 2016 sowie in der öffentlichen Bekanntmachung der Ladung im Amtsblatt für die Stadt G... vom 23. November 2016 (VV Bl. 183) auch ordnungsgemäß im Sinne des § 59 Abs. 2 FlurbG belehrt worden. Danach ist in der Ladung darauf hinzuweisen, dass die Beteiligten Widersprüche zur Vermeidung des Ausschlusses in dem Anhörungstermin vorbringen müssen. Gleichwohl hat der Kläger in dem Termin seinen Widerspruch nicht nachgeholt, sondern sich trotz des ausdrücklichen Hinweises auf die Folgen seines Ausbleibens in der Ladung zum Anhörungstermin darauf beschränkt, mit Schreiben vom 17. und 18. November 2016 seine Nichtteilnahme, die Bitte um Übersendung der Unterlagen an einen Rechtsanwalt und die vorsorgliche Einlegung des Widerspruchs mitzuteilen. Der Kläger hat auf den mit Schreiben des Verbandes für Landentwicklung und Flurneuordnung vom 23. November 2016 erteilten Hinweis, dass eine Bevollmächtigung eines Anwaltes nicht vorliege, der Kläger daher, sofern er einen Anwalt beauftragen möchte, die Unterlagen direkt an diesen weiterleiten solle, nicht reagiert.

2. Der Kläger hat auch nicht innerhalb der landesrechtlich nach § 59 Abs. 5 FlurbG in Verbindung mit § 8a BbgLEG zugelassenen Widerspruchsfrist von zwei Wochen nach dem Anhörungstermin schriftlich Widerspruch erhoben. Auf diese Möglichkeit ist der Kläger sowohl in dem Ladungsschreiben vom 15. November 2016 als auch in der öffentlichen Bekanntmachung der Ladung zum Anhörungstermin (s.o.) hingewiesen worden.

3. Gründe für eine Zulassung eines verspäteten Widerspruchs nach § 134 Abs. 3, Abs. 2 FlurbG (sog. Nachsichtgewährung), der als spezialgesetzliche Regelung die Vorschrift des § 32 VwVfG (Wiedereinsetzung) verdrängt (OVG Magdeburg, a.a.O., Rn. 23), hat der Beklagte zu Recht nicht angenommen.

a) Eine unverschuldete Versäumung der Widerspruchsfrist nach § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil Gründe, warum der ordnungsgemäß über die Widerspruchsfrist und die Folgen einer Versäumung belehrte Kläger nicht bereits im Anhörungstermin oder innerhalb der Frist von zwei Wochen nach diesem Termin seine formellen und materiellen Beschwerden vorgetragen hat, nicht geltend gemacht worden sind. Diese hätten zudem unverzüglich nach Behebung des etwaigen Hindernisses vorgetragen werden müssen. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, er sei aus beruflichen Gründen damals nicht vor Ort gewesen, erklärt dies nicht, weshalb es ihm nicht möglich gewesen soll, den von ihm in seinen Schreiben vom 17. und 18. November 2016 benannten Rechtsanwalt zu bevollmächtigen, zumal der Kläger in der Lage gewesen ist, die genannten Schreiben zu verfassen.

b) Der Beklagte hat es des Weiteren auch zu Recht abgelehnt, den Widerspruch des Klägers trotz Fristversäumnis zuzulassen. Eine – bei schuldhafter Fristversäumnis – im Ermessen stehende Nachsichtgewährung gemäß § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG setzt eine Interessenabwägung zwischen den Erfordernissen der Beschleunigung des Verfahrens und der Rechtssicherheit, die eine zeitliche Begrenzung des Beschwerderechts erfordern, und dem sachlich-rechtlichen Anspruch des Teilnehmers auf eine dem Gesetz entsprechende Abfindung voraus. Nur wenn dieser Anspruch derart berührt wird, dass für den Teilnehmer eine unbillige Härte eintritt, ist die Nachsichtgewährung gerechtfertigt. Unbedeutende Beeinträchtigungen haben außer Betracht zu bleiben. Die für den Teilnehmer eintretende Härte muss offenbar sein, d.h. sie muss ohne besondere Untersuchungen erkennbar zu Tage treten. Es ist nicht Sinn dieser Regelung, die sachlichen Einwendungen auf das Genaueste so zu untersuchen, als wären sie fristgerecht in das Verfahren eingeführt worden. Bei der erforderlichen Abwägung ist außerdem der Zeitablauf zwischen dem Eintritt der Säumnis und der Erhebung des verspäteten Rechtsmittels zu berücksichtigen; aus dem Beschleunigungsgrundsatz ergeben sich zeitliche Grenzen für die im Ermessen der Behörde stehende Nachsichtgewährung. Es muss von einem Teilnehmer erwartet werden, dass er Einwendungen gegen die mit Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbaren Schlussakte eines abgeschlossenen Verfahrensabschnitts unverzüglich nach deren Bekanntwerden geltend macht (OVG Magdeburg, Urteil vom 7. Dezember 2010, a.a.O., Rn. 25 m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 19. November 1970 – IV B 51.69 – RdL 1971, 72).

Hiervon ausgehend hat der Kläger weder dargelegt noch ist ersichtlich, dass eine offenbare Härte vorliegen könnte. Insoweit ist die Annahme des Beklagten, dass die Abfindungsgestaltung auf den ersten Blick keine Mängel aufweise, die den Kläger spürbar beeinträchtigten und bei der Interessenabwägung den Erfordernissen der Verfahrensbeschleunigung und der Rechtssicherheit überwiegen würden, nicht zu beanstanden. Die lediglich allgemein gehaltenen Rügen des Klägers bieten keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Einschätzung, zumal Einlage- und Abfindungsflächen nahezu lageidentisch sind, die auf minimalen Grenzänderungen beruhende Flächendifferenz von -193 m² sehr gering ist und Kläger keinen Wertverlust hinzunehmen hat (vgl. Abfindungsnachweis VV Bl. 35).

Unabhängig davon ist eine unbillige Härte, die durch eine Nachsichtgewährung ausgeglichen werden könnte, nicht im Hinblick darauf zu erblicken, dass der angefochtene Bodenordnungsplan evidente Mängel aufweist. Hierzu fehlt es an hinreichend substantiierten Einwänden des Klägers. Soweit der Kläger im Klageverfahren geltend macht, seine Einlagegrundstücke seien nicht von dem Bodenordnungsverfahren erfasst, trifft dies nicht zu (vgl. Anordnungsbeschluss vom 4. Dezember 2000, Verzeichnis der Flurstücke in U..., VV Bl. 10; sowie Verzeichnis nach dem 1. Änderungsbeschluss VV Bl. 34).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 60 LwAnpG i.V.m. § 147 Abs. 1 FlurbG. Die Gebührenpflicht richtet sich nach Nr. 5112 der Anlage I zum GKG. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Verfahrensgebühr bemisst sich mangels konkreter Anhaltspunkte für ein anders zu bewertendes wirtschaftliches Interesse des Klägers an der Aufhebung des Bodenordnungsplans anhand eines Streitwerts von 5.000 EUR. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30 EUR erhoben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 60 LwAnpG, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG und § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.