Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat | Entscheidungsdatum | 10.07.2023 | |
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Aktenzeichen | OVG 6 A 2/23 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0710.OVG6A2.23.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Zum Anspruch auf Schallschutzvorkehrungen für ein außerhalb des für den Flughafen Berlin Brandenburg (BER) festgesetzten Tagschutzgebietes liegendes Wohngebäude.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks G... in 6..., Ortsteil I..., das in dem für den Flughafen Berlin Brandenburg (BER) festgesetzten Nachtschutzgebiet, jedoch außerhalb des festgesetzten, etwa 100 Meter nördlich befindlichen Tagschutzgebietes liegt. Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut.
Die Klägerin beantragte am 12. August 2016 Schallschutzmaßnahmen nach Maßgabe des Planfeststellungsbeschlusses. Das auf der Grundlage einer schalltechnischen Objektbeurteilung vom 28. November 2016 erstellte Kostenerstattungsangebot (Leistungsverzeichnis) der Beklagten vom 16. Dezember 2016 sah Schallschutzmaßnahmen zur Wahrung der Nachtschutzziele in Höhe von insgesamt 8.216,67 EUR vor. Die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen nach Tagschutzmaßnahmen wies die Beklagte zurück.
Die Klägerin war mit dieser Ausgleichsmaßnahme nicht einverstanden und lehnte den ihr angebotenen Abschluss einer Kostenerstattungsvereinbarung ab. Zur Begründung ihrer daraufhin erhobenen Klage trägt sie im Wesentlichen vor, ihr stehe mit Blick auf die an ihrem Grundstück festgestellten Lärmwerte sowie die Lärmmessungen des Deutschen Fluglärmdienstes e.V. und der Beklagten (Messstelle R... ein Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen zur Einhaltung des Tagschutzes zu. Jedenfalls bestehe ein Rechtsanspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über weitere Schutzmaßnahmen, da sich die in der Planfeststellung zugrunde gelegten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse unter Einschluss insbesondere der für die Lärmberechnung angenommenen jährlichen Flugbewegungen zu Lasten der Betroffenen änderten oder sich ein Wandel abzeichne. Aufgrund der nach Eröffnung des Flughafens vermehrt stattfindenden Flugbewegungen habe sich eine erhebliche Lärmmehrbelastung auch für Bereiche abgezeichnet, für die bisher lediglich eine Nachtschutzzone festgelegt worden sei. In unmittelbarer Nachbarschaft seien Schallschutzmaßnahmen zur Einhaltung des Tagschutzes getätigt worden. Die Grenzwerte von 60 dB außen seien maßgeblich überschritten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, bei der schalltechnischen Objektbeurteilung und der Umsetzung des Schallschutzkonzeptes nach der planfestgestellten Lärmschutzauflage A. II Ziffer 5.1.2 des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Flughafens Berlin Schönefeld vom 13. August 2004 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses am 20. Oktober 2008 in der derzeit gültigen Fassung baulichen Schallschutz zur Erhaltung des Tag- bzw. Nachtschutzes für das Wohngebäude G..., unter Berücksichtigung der baulichen Besonderheiten vorzusehen und die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen mitzuteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, die Klägerin habe für das deutlich außerhalb des Tagschutzgebietes liegende Grundstück nicht den nach dem Planfeststellungsbeschluss erforderlichen Einzelnachweis erbracht, dass an den Wohnräumen ihres Gebäudes außen für die Tagstunden an den sechs verkehrsreichsten Monaten ein energieäquivalenter Dauerschallpegel von 60 dB(A) überschritten werde. Diesen Nachweis könne die Klägerin offensichtlich nicht erbringen. Die vorgelegten Messdaten erfassten lediglich die Geräuschspitzen, ließen jedoch nicht auf den Dauerschallpegel schließen. Auch seien die Messungen nicht über einen ausreichenden Zeitraum erfolgt und ließen schon nicht erkennen, wo und wie sie durchgeführt worden seien. Die Messungen des Deutschen Fluglärmdienstes e.V. wiesen lediglich einzelne Maximalpegel über 60 dB nach. Auch die aktuellen Messdaten an der für das klägerische Grundstück repräsentativen, im Vergleich zum klägerischen Grundstück näher an dem Flughafen liegenden Messstelle R... unterschritten die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Kriterien für den Tagschutzbereich. Die dort für den Zeitraum September 2020 bis August 2021 durchgeführten Messungen belegten, dass der Dauerschallpegel am Tag in keinem Monat über dem Grenzwert von 60 dB(A) gelegen habe. Auch im Zeitraum von März 2022 bis März 2023 habe der Dauerschallpegel in zehn von zwölf Monaten deutlich unter dem genannten Grenzwert gelegen; lediglich in den Monaten Juli und Oktober 2022 sei der Pegel mit einem Wert von jeweils 60,1 dB(A) leicht überschritten worden. Trotz Zunahme der Flugbewegungen im August 2022 gegenüber August 2021 habe sich der Dauerschallpegel von 59,9 dB(A) im August 2021 auf 56,8 dB(A) im August 2022 verringert. Grund hierfür sei ein unter anderem ein optimierter Betrieb der beiden Start- und Landebahnen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zu, da der Planfeststellungsbeschluss eine eindeutige Regelung zur Einzelfallprüfung vorsehe, wonach das Erfordernis von Schallschutzvorrichtungen außerhalb des Tagschutzgebietes durch den Eigentümer nachzuweisen sei. Mit Blick auf die an der Messstelle R... aufgezeichneten Messwerte bestehe kein Anlass, Messungen im Rahmen einer von der Klägerin geforderten Einzelfallprüfung durchzuführen oder das Tagschutzgebiet zu erweitern, zumal bei der Klägerin geringere Messwerte als an der Messstelle zu erwarten seien. Die von der Klägerin gemessenen Maximalpegel deckten sich im Wesentlichen mit den an der Messstelle R... festgestellten Pegelhäufigkeiten und blieben teilweise hinter diesen zurück.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte sowie des Schallschutzvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung für passiven Schallschutz zur Einhaltung des planfestgestellten Tagschutzziels nach Teil A II 5.1.2 Nr. 1 des Planfeststellungsbeschlusses „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 13. August 2004 (PFB), denn ihr Grundstück erfüllt die hierfür vorgesehenen Kriterien nicht. Weder liegt das Grundstück innerhalb des Tagschutzgebietes noch hat die Klägerin durch Einzelfallprüfung das Erfordernis von Schallschutzvorrichtungen nachgewiesen (dazu 1.). Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem Auflagenvorbehalt in Teil A II 5.1.9 Nr. 1 PFB (dazu 2.).
1. Nach der Lärmschutzauflage in Teil A II 5.1.2 Nr. 1 PFB (S. 105 f.) sind für Wohnräume, Büroräume, Praxisräume und sonstige nicht nur vorübergehend betrieblich genutzte Räume in der Umgebung des Flughafens geeignete Schallschutzvorrichtungen vorzusehen. Die Vorrichtungen haben am Tag zu gewährleisten, dass durch die An- und Abflüge am Flughafen im Rauminnern bei geschlossenen Fenstern keine höheren A-bewerteten Maximalpegel als 55 dB(A) auftreten. Innerhalb des Tagschutzgebietes haben die Träger des Vorhabens auf Antrag des Eigentümers eines Grundstücks, das am 15.05.2000 bebaut oder bebaubar war, für geeignete Schallschutzvorrichtungen an den Räumen Sorge zu tragen. Außerhalb des Tagschutzgebietes ist durch eine Einzelfallprüfung das Erfordernis von Schallschutzvorrichtungen durch den Eigentümer eines Grundstückes, das am 15.05.2000 bebaut oder bebaubar war, durch eine Geräuschmessung außen nachzuweisen. Die Kosten für den Nachweis, die Einzelfalluntersuchung und die geeigneten Schallschutzvorrichtungen tragen im Fall des Erfordernisses die Träger des Vorhabens.
Dem liegt nach der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses die Erwägung zugrunde, dass nach den Erkenntnissen der Planfeststellungsbehörde Schallschutzmaßnahmen regelmäßig innerhalb des festgelegten Schutzgebietes zum Tagschutz erforderlich seien. Anstelle der Prüfung einer Vielzahl von Einzelfällen könnten aus Gründen der Rechtspraktikabilität nach Lage der Dinge gleichartig betroffene Grundstücke zusammengefasst werden und nach Art einer "Meistbegünstigung" die schutzwürdigsten und schutzbedürftigsten Grundstücke für die Betrachtung ausschlaggebend sein. Zu diesem Zweck habe die Planfeststellungsbehörde sogenannte Schutzgebiete für den Tag- und Nachtschutz festgesetzt, innerhalb derer Lärmschutz nach Maßgabe des jeweiligen Schutzzieles gewährt werde, ohne dass ein gesonderter Nachweis über die tatsächliche Lärmbelastung geführt werden müsse. Rechtsbegründend für den Anspruch auf Schallschutz sei dabei jedoch nicht der Umstand, dass das jeweilige Grundstück innerhalb des ausgewiesenen Schutzgebiets liege, sondern allein, dass die Lärmbelastung auf dem Grundstück das festgelegte Maß überschreite. Daraus folge, dass Anwohner, deren Grundstücke einer die festgelegten Grenzen überschreitenden Lärmbelastung ausgesetzt seien, einen Anspruch auf Schutzmaßnahmen hätten, auch wenn sie nicht innerhalb des festgelegten Schutzgebiets lägen. Die Einbeziehung eines Grundstücks in ein Schutzgebiet sei daher für das Bestehen eines Schutzanspruchs nicht konstitutiv, sie führe lediglich dazu, dass sich der Anspruch innerhalb des Schutzgebiets allein aus der Lage ergebe, während außerhalb der Nachweis im Einzelfall zu führen sei (vgl. PFB S. 654).
a) Dem geltend gemachten Begehren steht entgegen, dass das klägerische Grundstück, das zu dem genannten Stichtag bebaubar war (vgl. Baugenehmigung vom 22. Februar 2000), unstreitig nicht innerhalb, sondern außerhalb des für den Flughafen Berlin Brandenburg festgesetzten Tagschutzgebietes liegt, das nach Teil A II 5.1.2 Nr. 2 PFB das Gebiet umfasst, das von der Grenzlinie eines für die Tagstunden (6:00 bis 22:00) der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 60 dB(A) außen umschlossen wird. Soweit nach Teil A II 5.1.2 Nr. 3 PFB Grundstücke, die durch die Grenzlinie des Tagschutzgebietes angeschnitten werden, den Grundstücken gleichstehen, die vollständig innerhalb des Schutzgebietes liegen, mithin die Beklagte in diesen Fällen ohne Einzelnachweis für Schallschutzvorrichtungen Sorge zu tragen hat (vgl. PFB S. 655), trifft dies bei dem klägerischen Grundstück, das vollständig außerhalb des Tagschutzgebietes liegt, nicht zu. Einen verursachungslosen Anspruch für lediglich in der Nähe des Tagschutzgebietes liegende Grundstücke sieht der Planfeststellungsbeschluss nicht vor.
b) Die Klägerin hat für ihr außerhalb des Tagschutzgebietes liegendes Grundstück den nach Teil A II 5.1.2 Satz 3 PFB vorausgesetzten Einzelnachweis, dass Schallschutzmaßnahmen für den Tagzeitraum erforderlich sind, nicht erbracht. Die Behauptung der Klägerin, dass auf ihrem Grundstück der energieäquivalente Dauerschallpegel tags bei über 60 dB(A) liege, ist in keiner Weise substantiiert worden.
aa) Die von der Klägerin vorgelegten Messergebnisse, die teilweise oberhalb von 60 dB(A) liegende Maximalpegel ausweisen, sind nicht geeignet, den erforderlichen Einzelnachweis zu führen.
(1) Die Klägerin lässt unberücksichtigt, dass das Tagschutzgebiet – anders als das Nachtschutzgebiet – ausschließlich nach dem Dauerschallpegelkriterium, nicht aber nach dem Maximalpegelkriterium abgegrenzt wird. Ein Betroffener, der nicht in dem durch Anlage 2 des Planfeststellungsbeschlusses festgesetzten Tagschutzgebiet wohnt, muss im Wege der Einzelfallprüfung nachweisen, dass bei ihm der Dauerschallpegel von 60 dB(A) außen (= 45 dB(A) innen) überschritten wird. Ist dies der Fall, wird er in das Tagschutzgebiet einbezogen mit der Folge, dass er in seiner Kommunikation auch durch das Maximalpegelkriterium geschützt wird. Kann er eine entsprechende Lärmbelastung nicht nachweisen, bleibt er außerhalb des Tagschutzgebiets und genießt keinen Kommunikationsschutz nach Teil A II 5.1.2 Nr. 1 PFB. Die Häufigkeit des Auftretens von Maximalpegeln über 55 dB(A) ist für die Frage, ob ein Anspruch auf Schallschutzvorrichtungen besteht, nicht entscheidungserheblich, sondern bestimmt lediglich den Anspruchsinhalt (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. April 2013 – OVG 11 A 14.13 – juris Rn. 52).
(2) Die von der Klägerin vorgelegten eigenen Lärmmessungen an ihrem Grundstück weisen eine Überschreitung des maßgeblichen Dauerschallpegels von 60 dB(A) nicht nach, zumal einzelne Maximalpegel keinen Rückschluss auf den Dauerschallpegel zulassen. Das ergibt sich daraus, dass bei der näher als das klägerische Grundstück an dem Flughafen gelegenen Messstelle R... im Vergleich zu den von der Klägerin vorgelegten Werten höhere bzw. häufiger auftretende Maximalpegel gemessen worden sind, ohne dass dies zu einer Überschreitung des Dauerschallpegels von 60 dB(A) geführt hat. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung mit Blick auf den Gesundheitsschutz geltend gemacht hat, es sei auf den Dauerschallpegel an besonders lärmintensiven Tagen, an denen zahlreiche Lärmspitzen um die 70 dB(A) aufträten, abzustellen, lässt sie unberücksichtigt, dass nach dem Lärmschutzkonzept des bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses auf den in den sechs verkehrsreichsten Monaten ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegel von 60 dB(A) abzustellen ist (vgl. Teil A II 5.1.2 Nr. 12 PFB).
bb) Soweit die Klägerin sich auf die von dem Deutschen Fluglärmdienst e.V. (DFLD) veröffentlichten Lärmmessungen für den 23. Mai 2023 an der Messstation G..., die ausweislich des Vortrags in der mündlichen Verhandlung auf ihrem Grundstück positioniert sei, bezieht, weist auch dies eine Überschreitung des für den Tagschutz maßgeblichen Dauerschallpegels nicht nach. Der dort für den Tagzeitraum ausgewiesene Dauerschallpegel, bei dem es sich um den nach dem Planfeststellungsbeschluss (dort S. 527) maßgeblichen energieäquivalenten Dauerschallpegel Leq(3,Tag) handelt (http://www.dfld.de/Mess/Language/MessHelpG.html#K3), beträgt 57,4 dB(A). Soweit Lärmpegel zwischen 60 und 80 dB(A) aufgezeichnet worden sind, handelt es sich um – hier nicht maßgebliche – Maximalpegel. Das gilt entsprechend für die vorgelegte Tagesstatistik des DFLD vom 29. April 2022, die für den Tagzeitraum einen Dauerschallpegel von 58,1 dB(A) ergeben hat, sowie die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Lärmmessung vom 6. Juli 2023, die einen Dauerschallpegel von 58,5 dB(A) ausweist. Nach allem kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob diese Lärmmessungen den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung angesprochenen technischen Rahmenvorgaben entsprechen.
cc) Ohne Erfolg beruft die Klägerin sich auf die Messergebnisse an der von der Beklagten betriebenen Messstelle R... in I..., X.... Danach lag der energieäquivalente Dauerschallpegel Leq(3,Tag) (06:00 bis 22.00 Uhr) in dem Zeitraum Oktober 2020 bis August 2021 in keinem Monat über dem maßgeblichen Grenzwert von 60 dB(A). Die höchsten Werte wurden im April 2021 mit 54,5 dB(A) und im August 2021 mit 59,9 dB(A) erreicht. Da die Messstelle näher an dem Flughafen liegt als das klägerische Grundstück, ist mit der Beklagten anzunehmen, dass bei der Klägerin kein höherer Dauerschallpegel aufgetreten sein kann. Soweit die Klägerin sich auf die an dieser Messstelle aufgezeichneten Pegelhäufigkeiten für den Zeitraum August 2021 bezieht, betreffen diese die hier nicht maßgeblichen Maximalpegel.
c) Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, im Rahmen einer Einzelfallprüfung Lärmmessungen an ihrem Grundstück vorzunehmen. Nach Teil A II 5.1.2 Nr. 1 Satz 4 PFB obliegt die Nachweisführung bzw. Einzelfallprüfung allein dem Eigentümer eines Grundstücks, während nach Satz 5 der Regelung die Träger des Vorhabens hierfür die Kosten zu tragen haben, wenn das Erfordernis von Schallschutzvorrichtungen nachgewiesen wird. Die Planfeststellungsbehörde geht bei ihrer Regelung in den Auflagen 5.1.2 Nr. 1 PFB (Tagschutz) und 5.1.3 Nr. 1 PFB (Nachtschutz) davon aus, dass außerhalb der von ihr festgelegten Schutzgebiete auf der Grundlage der vorliegenden Lärmprognosen grundsätzlich keine Lärmbelastung entstehen wird, die den für die Grenzlinie des Gebiets maßgeblichen energieäquivalenten Dauerschallpegel überschreiten wird. Da in den Grenzbereichen der Schutzgebiete jedoch Abweichungen nicht ausgeschlossen seien und der Anspruch auf Einhaltung des Dauerschallpegels den Betroffenen unabhängig von der Grenzlinie des Schutzgebietes zustehe, gewährt sie passiven Schallschutz auch in diesen Fällen. Sie ist der Ansicht, zur Vermeidung einer übermäßigen Kostenbelastung der Vorhabenträger durch ungerechtfertigte Ansprüche sei es sachgerecht, die Kostenlast im Falle des Misslingens des Nachweises dem jeweiligen Anspruchsteller aufzuerlegen (PFB S. 656). Diese Kostenregelung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angemessen. Es sei davon auszugehen, dass die Grenzlinie der Schutzgebiete grundsätzlich alle Grundstücke einschließe, die nach den angestellten Lärmberechnungen voraussichtlich von einer Überschreitung des festgelegten Dauerschallpegels betroffen sein würden. Erfassten die Schutzgebiete den Regelfall, blieben für die Einzelfallprüfung nur die atypischen Fälle übrig. Es sei nicht unbillig, den Grundeigentümern die Kosten der Geräuschmessung aufzuerlegen, wenn sich in diesen Fällen wie prognostiziert herausstelle, dass ein Anspruch auf passiven Schallschutz nicht bestehe. Auf der Grundlage ihres Lärmschutzkonzepts habe die Planfeststellungsbehörde keinen Anlass gehabt, an der Grenzlinie des Tag- und des Nachtschutzgebiets eine weitere Schutzzone festzulegen, innerhalb derer stets die Vorhabenträger das Kostenrisiko einer Einzelfalluntersuchung trügen. Die Möglichkeit atypischer Einzelfälle rechtfertige die Einrichtung einer solchen Schutzzone nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 (232), juris Rn. 331).
2. Die Klägerin kann ihr Klagebegehren auch nicht mit Erfolg auf einen „Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über weitergehende Schutzmaßnahmen“ stützen.
a) Ohne Erfolg beruft die Klägerin sich der Sache nach auf die Regelung in Teil A II 5.1.9 Nr. 1 PFB, wonach die nachträgliche Festsetzung, Änderung oder Ergänzung von Auflagen zum Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm vorbehalten bleibt (Satz 1). Insbesondere werden bei geänderten An- und Abflugverfahren am Flughafen die festgelegten Schutz- und Entschädigungsgebiete neu ausgewiesen, wenn sich der energieäquivalente Dauerschallpegel an der äußeren Grenze des Schutzgebiets an den Schnittpunkten mit den An- und Abflugstrecken um mehr als 2 dB(A) ändert (Satz 2). Die Klägerin hat weder dargelegt noch ist ersichtlich, dass die Voraussetzungen dieses Auflagenvorbehalts vorliegen könnten.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Bestimmung in der Weise interpretiert, dass nach ihrem Satz 1 Lärmbetroffene schon dann einen einklagbaren Rechtsanspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über weitergehende Schutzmaßnahmen haben, wenn sich die im Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse unter Einschluss insbesondere der für die Lärmberechnung angenommenen jährlichen Flugbewegungszahl von 371.000 zu Lasten der Betroffenen ändern oder sich insoweit ein Wandel abzeichnet (Urteil des Senats vom 6. Juli 2017 – OVG 6 A 2.16 – juris Rn. 29 unter Bezugnahme auf Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. März 2006 – 4 A 1075/04 –, BVerwGE 125, 116 ff., Rn. 356 bei juris). Daran fehlt es vorliegend.
aa) Die im Planfeststellungsbeschluss zu Grunde gelegten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse haben sich seit dessen Erlass weder geändert noch zeichnet sich insoweit ein Wandel ab. Insbesondere ist eine vorliegend allein in Betracht kommende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht eingetreten. Sie läge nur dann vor, wenn sich die Umstände, die von der Behörde bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als maßgeblich zugrunde gelegt wurden, geändert hätten. Dafür ist nichts ersichtlich.
bb) Soweit die Klägerin auf die nach Eröffnung des Flughafens vermehrt stattfindenden Flugbewegungen und die sich damit abzeichnende erhebliche Lärmmehrbelastung auch für Bereiche, für die bisher lediglich die Nachtschutzzone festgelegt worden ist, und die von ihr vorgelegten Messergebnisse verweist, zeigt sie nicht auf, dass die vorgenannten Voraussetzungen des Auflagenvorbehalts vorliegen könnten. Die Beklagte weist zutreffend auf die Messergebnisse der für das klägerische Grundstück repräsentativen Messstelle R... hin. Die dort gemessenen Daten ergeben, wie bereits dargestellt, dass der maßgebliche Dauerschallpegel für den Tag im Zeitraum Oktober 2020 bis August 2021 nicht überschritten wurde. Soweit in dem Zeitraum von März 2022 bis März 2023 in zehn von zwölf Monaten der Dauerschallpegel deutlich unter dem genannten Grenzwert lag und lediglich in den Monaten Juli und Oktober 2022 um 0,1 dB(A) überschritten wurde, zeigt dies, dass die im Bereich der Messstelle liegenden Grundstücke trotz im Vergleich zu dem Zeitraum August 2020 bis August 2021 festzustellender Erhöhung der Flugbewegungen nicht in das Tagschutzgebiet einzubeziehen sind. Obwohl die Zahl der täglichen Flugbewegungen im August 2022 gegenüber August 2021 zugenommen hat (von 11.497 auf 13.577 Flugbewegungen), hat sich der Dauerschallpegel um 3,1 dB(A) von 59,9 dB(A) im August 2021 auf 56,8 dB(A) im August 2022 reduziert, was nach dem Vortrag der Beklagten unter anderem auf einen optimierten Betrieb der beiden Start- und Landebahnen des Flughafens zurückzuführen sei. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten.
b) Soweit die Klägerin eine Ungleichbehandlung mit der Begründung geltend macht, in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihrem Grundstück seien Schallschutzmaßnahmen für den Tagschutz getätigt worden, hat sie dies in keiner Weise substantiiert. Aus dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläuterten Umstand, dass auch bei innerhalb des Tagschutzgebietes liegenden Grundstücken entgegen der ursprünglichen Lärmprognose der maßgebliche Dauerschallpegel unterschritten sein könne und in diesen Fällen ohne Einzelnachweis passiver Schallschutz zu gewähren sei, kann die Klägerin für ihr außerhalb des Tagschutzgebietes liegendes Grundstück keinen Anspruch auf Schallschutz für den Tagzeitraum herleiten. Wie bereits vorstehend unter 1. und 1.c) ausgeführt, entspricht dies den Vorgaben der Planfeststellung. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die für das klägerische Grundstück nicht einschlägige Regelung in Teil A II 5.1.2 Nr. 3 PFB hinzuweisen, wonach bei Grundstücken, die durch die Grenzlinie des Tagschutzgebietes angeschnitten werden, die Beklagte ohne Einzelnachweis für Schallschutzvorrichtungen Sorge zu tragen hat (s.o.). Diese Regelung zugunsten der Betroffenen vereinfacht die Ermittlung der Anspruchsberechtigten und vermeidet Streitfälle (PFB S. 655).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 67 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO nicht vorliegen.