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Entscheidung OVG 3 K 57/22


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 24.07.2023
Aktenzeichen OVG 3 K 57/22 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0724.OVG3K57.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 162 Abs 1 VwGO, § 162 Abs 2 S 1 VwGO, Nr 7003 RVG-VV, Nr 7005 RVG-VV

Tenor

Die Erinnerung der Antragsteller gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 16. September 2022 - OVG 2 A 16.19 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Erinnerung (Antrag auf gerichtliche Entscheidung, §§ 165, 151 VwGO) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Oberverwaltungsgerichts ist nicht begründet. Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf Erstattung der durch Reisekosten ihres Bevollmächtigten entstandenen Aufwendungen im geltend gemachten Umfang.

Erstattungsfähig im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind gem. § 162 Abs. 1 VwGO u.a. die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts sind stets erstattungsfähig (§ 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Das bedeutet indes nicht, dass diese Aufwendungen in jedem Fall und in jeglicher Höhe erstattungsfähig sind. Vielmehr stehen auch sie unter dem Vorbehalt des § 162 Abs. 1 VwGO, wonach es sich um die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen handeln muss. Der daraus herzuleitende Grundsatz der Kostenminimierung ist bei der Anwaltswahl - ungeachtet des Umstands, dass eine § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO vergleichbare Vorschrift fehlt - mit der Folge zu beachten, dass Reisekosten eines Rechtsanwalts ohne nähere Prüfung nur dann voll zu erstatten sind, wenn er seine Kanzlei am Sitz oder im Bezirk des angerufenen Gerichts oder am Wohnsitz seines Mandanten oder in dessen Nähe hat. Im Fall der Beauftragung eines nicht hierzu zählenden, auswärtigen Rechtsanwalts sind dessen Reisekosten erstattungsfähig, wenn für dessen Mandatierung hinreichend gewichtige Gründe vorliegen, dieser insbesondere über besondere Fachkenntnisse verfügt und der Streitfall Fragen aus dem betreffenden Fachgebiet von solcher Schwierigkeit aufwirft, dass eine verständige Partei zur angemessenen Wahrnehmung ihrer Rechte die Hinzuziehung gerade eines solchen Anwalts für ratsam halten muss, oder wenn zu dem betreffenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht und dies seine Beauftragung im Einzelfall rechtfertigt.

Ausgehend hiervon sind tragfähige Gründe, die eine Beauftragung des in X... ansässigen Bevollmächtigten rechtfertigten, nicht gegeben. Die Antragsteller machen weder ein Erfordernis besonderer Fachkenntnisse noch ein besonderes Vertrauensverhältnis zu ihrem Prozessbevollmächtigten geltend.

War die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit Sitz an dem gewählten Ort nicht im Sinn des § 162 Abs. 1 VwGO notwendig, sind die Reisekosten des Bevollmächtigten nach Maßgabe des Grundsatzes der Kostenminimierung lediglich in der Höhe erstattungsfähig, wie sie für einen Rechtsanwalt entstanden wären, der am Sitz des Gerichts oder am Wohnort der Auftraggeber ansässig ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Juli 2017 - 9 KSt 4.17 - juris Rn. 5; Neumann/Schaks, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 162 Rn. 70; Olbertz, in: Schoch/Schneider, VerwR, Stand: August 2022, VwGO § 162 Rn. 52; Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 162 Rn. 12; anders zu § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO: BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 - I ZB 62/17 - juris Rn. 12; Beschluss vom 14. September 2021 - VIII ZB 85/20 - juris Rn. 11). Somit ist für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 18. Mai 2022 allein die vom Urkundsbeamten berücksichtigte Entfernung von 40 km zwischen dem Wohnort der Antragsteller in W... und dem Gericht in Berlin zu berücksichtigen.

Mangels konkreter Angaben der Antragsteller zu einer weiterreichenden zeitlichen Inanspruchnahme durch die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 2022 ist ein höheres Abwesenheitsgeld als 25 Euro nicht gerechtfertigt.

Nicht erstattungsfähig sind dagegen die (reduzierten) Aufwendungen für die Anreise des Bevollmächtigten zur Akteneinsicht am 29. April 2019. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem Gebot einer sparsamen Prozessführung ergibt sich auch bei Reisekosten die Pflicht, den Aufwand im Rahmen des Verständigen möglichst niedrig zu halten (vgl. VGH München, Beschluss vom 22. März 1996 - 23 C 96.463 - BeckRS 2005, 29612). Es kann dahinstehen, ob der im April 2019 mandatierte Prozessbevollmächtigte der Antragsteller mit Blick auf die fristgebundenen Rügeobliegenheiten nach § 215 Abs. 1 BauGB auf Akteneinsicht noch im April 2019 angewiesen war. Auch wenn mit den Antragstellern davon ausgegangen wird, dass die Frist des § 215 Abs. 1 BauGB durch die erste Veröffentlichung des zur Überprüfung gestellten Bebauungsplans bereits mit dessen erster Veröffentlichung am 4. Mai 2018 in Gang gesetzt wurde und deshalb die Rügefrist - ungeachtet der erneuten Bekanntmachungen im März 2019 - am 4. Mai 2019 ablief, entsprach es nicht dem Gebot einer sparsamen Prozessführung, wenn die Antragsteller ihren Prozessbevollmächtigten erst Anfang April 2019 und damit zu einem so späten Zeitpunkt mit ihrer Vertretung beauftragt haben, dass ihm die Einhaltung dieser Frist nur unter erheblichem Zeitdruck möglich und daher eine Verweisung auf eine Einsichtnahme in die Satzungsvorgänge nach Übersendung in die Kanzleiräume nicht zumutbar war.

Danach errechnet sich folgende Kostenerstattung:

Verfahrensgebühr

1.380,80 Euro

Terminsgebühr

1.035,60 Euro

Kopierkosten

107,80 Euro

Kopierkosten

25,00 Euro

Post-/Telekommunikation

32,98 Euro

Reisekosten (2 x 40 km x 0,30 Euro)

24,00 Euro

Abwesenheitsgeld (25 Euro)

25,00 Euro

Mehrwertsteuer

499,92 Euro

Auslagen

12,00 Euro

Parteikosten

21,00 Euro

        

3.164,10 Euro

Gerichtskosten

1.380,00 Euro

        

4.544,10 Euro

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Wertfestsetzung bedarf es nicht, weil für das Erinnerungsverfahren Gerichtsgebühren nicht erhoben werden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).