Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 26.04.2023 | |
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Aktenzeichen | 3 K 823/19 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2023:0426.3K823.19.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 34 BBauG, § 12 BauNVO, § 35 BBauG, § 14 BauNVO, § 15 BauNVO |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladenen nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Im Übrigen dürfen die Kläger die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Kläger begehren die Aufhebung der den Beigeladenen erteilten Baugenehmigung.
Die Kläger sind Nachbarn des nördlich belegenen Grundstücks der Beigeladenen, welches die Bezeichnung A... trägt. Auf Antrag der Beigeladenen erteilte der Beklagte diesen mit Bescheid vom 12. Februar 2018 eine Baugenehmigung für einen Anbau an ein vorhandenes Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung auf dem Flurstück 2... und für den Anbau an ein vorhandenes Nebengebäude und für die Errichtung eines Carports auf dem Flurstück 8... . Die Kläger bewohnen ein in offener Bauweise errichtetes Einfamilienhaus mit 1 ½ Geschossen. Der Abstand des Hauses der Kläger von der Grundstücksgrenze der Beigeladenen beträgt 3,50 Meter. Der Abstand des Bauvorhabens des Wohngebäudes der Beigeladenen von der Grundstücksgrenze der Kläger beträgt jedenfalls 3,20 Meter.
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Mit einem Schreiben vom 5. Juni 2018 informierten die Beigeladenen die Nachbarschaft über beginnende Bauarbeiten am 9. Juni 2018. Jedenfalls begannen die Bauarbeiten am 26. Juni 2018. An diesem Tag und am 27. Juni 2018 ließen die Beigeladenen Verdichtungsmaßnahmen für die Herstellung eines tragfähigen Untergrunds für die Bodenplatte durchführen und dabei auftretende Bodenschwingungen durch ein Ingenieurbüro aufzeichnen, mit dem Zweck, umliegende Gebäude vor etwaigen Beschädigungen zu schützen. Eine der Messstellen befand sich im Gebäude der Kläger. Diese hatten gegenüber den Beigeladenen hierfür eine entsprechende vorherige Zustimmung erteilt. Am 31. Juli 2018 wurde das Bauvorhaben eingemessen. Der Dachstuhl wurde am 21. September 2018 errichtet. Am 5. Oktober 2018 feierten die Beigeladenen Richtfest. Am 13. Oktober 2018 erfolgte die Eindeckung des Daches.
Gegen die Baugenehmigung erhoben die Kläger am 11. Januar 2019 Widerspruch. Zur Begründung führten sie im Wesentlichen aus, durch die Erweiterung des bestehenden Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung in östliche Richtung mit einem Anbau sei der Gebietscharakter berührt bzw. werde der Gebietserhaltungsanspruch verletzt. Das Gepräge der näheren Umgebung entspreche dem eines Kleinsiedlungsgebiets. Sämtliche Grundstücke seien straßenseitig mit Einfamilienhäusern, in der Regel mit 1 ½ Geschossen bebaut. Eine Bebauung zu Wohn- oder Gewerbezwecken in zweiter Reihe habe zuvor nicht existiert. Vorliegend seien auf dem Grundstück der Beigeladenen zwei mit separaten Eingängen eigenständige Gebäude entstanden, wobei Vorderhaus und Hinterhaus lediglich über einen Wintergarten als gemeinsamen Begegnungsraum verbunden seien. Auch dem Maß der baulichen Nutzung komme eine nachbarschützende Wirkung zu. Zudem werde das Gebäude gewerblich genutzt, was nicht genehmigt sei. Die Beigeladene zu 1.) führe unter der Anschrift „A... “ einen gewerblichen Gebäude-, Textil- und Teppichreinigungsbetrieb. Darüber hinaus verletze das Bauvorhaben das Gebot der Rücksichtnahme. Das um den Anbau erweiterte Wohngebäude übe auf das klägerische Grundstück eine erdrückende Wirkung aus. Dies ergebe sich insbesondere aus den zwei Dachfenstern und einem Balkon, welche auf der südlichen Traufseite des Satteldachs in Richtung des klägerischen Grundstücks ausgerichtet seien. Das Vorhaben des Anbaus an das Nebengebäude auf dem Flurstück 8... befinde sich im Außenbereich. Der Bebauungszusammenhang ende an der hinteren, der östlichen Grenze des Flurstücks 2... . Den Klägern werde so der Ausblick in den naturbelassenen Außenbereich versperrt. Zudem sei das Parken von Gartenmaschinen im Außenbereich unzulässig. Zu besorgen sei ferner, dass aufgrund der gewerblichen Tätigkeit und der damit in Verbindung stehenden Nutzung gewerblicher Fahrzeuge des Reinigungsbetriebes diese entlang des schmalen Pflasterweges, welcher direkt an der ihrer Grundstücksgrenze vorbeiführe, vermehrt Lärm und Abgase emittieren. Die gassenförmige Anordnung der Gebäude verstärke eine solche Lärmentwicklung aufgrund des dadurch entstehenden Schalls. Unzumutbar seien auch Belästigungen durch das Scheinwerferlicht der Fahrzeuge bei Zu- und Abfahrten während der Dunkelheit.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 28. Mai 2019 zurück. Die Baugenehmigung verletze die Kläger nicht in ihren Rechten. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig, insbesondere entspreche es dem Gebietscharakter. Der Annahme, die nähere Umgebung entspreche einem Kleinsiedlungsgebiet, stehe entgegen, dass es bereits begrifflich an Kleinsiedlern fehle. Vorliegend sei vielmehr ein allgemeines Wohngebiet gegeben. Hinsichtlich des Bauvorhabens der Beigeladenen sei eine Nutzungsänderung von Wohnen hin zu Gewerbe weder beantragt noch genehmigt worden. Es sei nicht davon auszugehen, dass das Grundstück für gewerbliche Zwecke genutzt werde, auch nicht für das Abstellen gewerblicher Fahrzeuge. Durch die Erweiterung der überbaubaren Grundstücksfläche in Richtung Osten sei die gebotene Rücksichtnahme nicht verletzt. Das Bauvorhaben führe nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung. Dies gelte auch für die Einsichtnahmemöglichkeiten aufgrund der Dachfenster und des Balkons. Ein Nachbar habe nicht den Anspruch darauf, dass sein Grundstück vor unerwünschten Einblicken freigehalten werde. Ein Brandüberschlag sei nicht zu besorgen, da die erforderlichen Abstände des Brandschutzes eingehalten seien. Im Übrigen seien keine drittschützenden Normen betroffen. Die Versperrung eines ungehinderten Blicks ins Grüne sei kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot.
Hiergegen haben die Kläger am 20. Juni 2019 Klage erhoben. Zur Begründung werden im Wesentlichen die Erwägungen des Widerspruchs wiederholt und vertieft. Ergänzend wird vorgetragen, dass nach der nunmehrigen Nutzung des fertiggestellten Anbaus des Wohnhauses intensivste Observationsmöglichkeiten auf das Grundstück der Kläger einschließlich einer Einsichtnahme in Wohnräume und in das Badezimmer bestünden. Die Beeinträchtigung ginge über das erträgliche Maß hinaus. Ihnen – den Klägern – sei jede Rückzugsmöglichkeit und die Möglichkeit des Unbeobachtetseins genommen worden. Eine etwaige Verdunkelung der Fenster ihres Wohnhauses schränke die Lebensqualität ein. Die bloße Einhaltung von Abstandsflächen sei nicht ausreichend, um die erdrückende Wirkung des Bauvorhabens zu verhindern. Maßgeblich sei auch die Menge des umbauten Raumes. Das Grundstück werde regelmäßig von fünf verschiedene Fahrzeuge befahren. Eine entsprechende Beschriftung auf zwei Fahrzeugen erwecke den äußeren Eindruck einer gewerblichen Nutzung. Zudem sei es für Feuerlöschfahrzeuge nicht möglich, die im hinteren Grundstücksbereich bereits realisierten oder zur Realisierung anstehenden Gebäude über das Grundstück der Beigeladenen zu erreichen. Für eine effektive Löschung im Brandfalle müsse vielmehr sodann ihr Grundstück in Anspruch genommen werden, was dann Beschädigung von Garten und Geräteschuppen zur Folge haben würde. Die räumliche Nähe, die Höhe und die Masse des Anbaus begünstige einen Überschlag im Falle eines Brandes. Schließlich seien die Beeinträchtigungen für die Kläger erst mit der Durchführung der Bauarbeiten erkennbar geworden.
Die Kläger beantragen,
die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Beklagten vom 12. Februar 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2019 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die angegriffene Baugenehmigung und den Widerspruchsbescheid. Eine Verletzung von nachbarschützenden Normen liege nicht vor.
Die Beigeladenen beantragten, die Klage abzuweisen. Sie halten die Klage wegen Verwirkung bereits für unzulässig. Die Kläger hätten mit ihren Einwendungen länger als notwendig gewartet. Es könne verlangt werden, dass Nachbarn durch zumutbares, aktives und auch zeitnahes Handeln dazu beitragen, für den Bauherrn wirtschaftlichen Schaden abzuwenden bzw. möglichst gering zu halten. Ferner schließen sie sich der Argumentation des Beklagten an und tragen ergänzend wie folgt vor:Die Bestandsbebauung im näheren Umkreis des Flurstücks 8... spreche dafür, dass hinsichtlich des geplanten Anbaus an das Nebengebäude ein Außenbereich nicht vorliege. Hinsichtlich des Anbaus an das Wohngebäude könne von einer eigenständigen Bebauung in zweiter Reihe keine Rede sein. Der Anbau sei in das Bestandsgebäude vollständig integriert worden. Die Baugrenze des Wohngebäudes einschließlich des Anbaus orientiere sich an den Bautiefen der näheren Umgebung. Im Erdgeschoss des Anbaus seien sämtliche Fenster- und Türflächen mit Sichtschutzfolien beklebt, um einen sog. Milchglaseffekt zu erreichen. Eine Einsichtnahme in das Badezimmer der Kläger sei nicht möglich. Deren Dach verfüge schon nicht über Fenster. Im Übrigen hätten die Kläger sowohl in östlicher als auch in südlicher Richtung ausreichend Rückzugsmöglichkeiten auf ihrem Grundstück, um ungestört zu sein. Auf ihrem Grundstück würden regelmäßig lediglich drei von insgesamt vier Fahrzeugen bewegt, wobei zwei Fahrzeuge typischerweise auf der den Klägern abgewandten Nordseite des Wohnhauses der Beigeladenen abgestellt seien; hierfür gebe es eine gesonderte Zuwegung. Die anderen zwei Fahrzeuge seien auch bereits vor dem Wohnhausanbau auf der südlichen Grundstücksgrenze, also nahe dem Grundstück der Kläger abgestellt worden. Das Reinigungsgewerbe werde in angemieteten gewerblichen Räumen auf einem anderen Grundstück ausgeübt, jedenfalls in keiner Weise auf dem streitgegenständlichen Grundstück.
Für weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, welche jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung sowie der Entscheidung gemacht worden sind.
Die Klage bleibt ohne Erfolg.
Den Klägern steht ein Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung des Beklagten vom 12. Februar 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2019 nicht zur Seite, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dabei ist festzuhalten, dass die Baugenehmigung letztlich zwei Vorhaben zum Inhalt hat, nämlich einerseits den Anbau an ein vorhandenes Einfamilienhaus und andererseits den Anbau an ein Nebengebäude nebst Errichtung eines Carports. Diese beiden einzelnen Vorhaben sind einer gesonderten Betrachtung zugänglich. Denn sie sind räumlich getrennt, können gesondert errichtet werden und stehen nicht in einem unauflösbaren rechtlichen Verbund.
1. Die Kläger können mit ihrem Begehren der Aufhebung der den Beigeladenen erteilten Baugenehmigung betreffs des Anbaus an das vorhandene Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung nicht durchdringen.
1.1. Die Klage ist insoweit zulässig. Sie ist als Anfechtungsklage statthaft, § 42 Abs. 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Widerspruch der Kläger war nicht verfristet. Zwar haben sie erst rund elf Monate nach Erteilung der Baugenehmigung Widerspruch eingelegt. Da ihnen die Baugenehmigung jedoch nicht amtlich bekannt gemacht worden war, hat ihnen gegenüber eine Widerspruchsfrist nicht zu laufen begonnen (vgl. § 58 Abs. 1 VwGO).
1.1.1. Die Kläger hatten ihr Widerspruchsrecht auch nicht verwirkt. Der Rechtsgedanke der Verwirkung als Unterfall des Grundsatzes von Treu und Glauben ist auch im öffentlichen Recht anwendbar. Dieser Einwand setzt neben dem Zeitablauf voraus, dass der Inhaber eines materiellen oder prozessualen Anspruchs oder Gestaltungsrechts innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. September 2018 – 4 B 34.18 – juris, Rn. 15 ff.; vom 23. Dezember 2015 – 2 B 40.14 – juris, Rn. 21; und vom 11. Februar 1997 – 4 B 10.97 – juris, Rn. 2 [für ungenehmigte Vorhaben]).
Für eine Verwirkung kommt es darauf an, ob der Berechtigte während eines längeren Zeitraums ein ihm zustehendes Recht nicht geltend macht, obwohl er hierfür Anlass hat, und ob sein Verhalten geeignet ist, bei dem Verpflichteten den Eindruck zu erwecken, der Berechtigte werde sein Recht nicht (mehr) ausüben. Die Verwirkung eines Rechts setzt außer der Untätigkeit des Berechtigten während eines längeren Zeitraums (sog. Zeitmoment) ferner voraus, dass besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (sog. Umstandsmoment).
Was die Länge der Zeit anbetrifft, während der ein Recht nicht ausgeübt worden ist, obwohl dies dem Berechtigten möglich gewesen wäre, lassen sich grundsätzlich keine allgemeingültigen Bemessungskriterien nennen. Die Dauer des Zeitraums der Untätigkeit des Berechtigten, von der an im Hinblick auf die Gebote von Treu und Glauben von einer Verwirkung die Rede sein kann, hängt entscheidend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Die Untätigkeit des Berechtigten während eines längeren Zeitraums verstößt insbesondere dann gegen Treu und Glauben, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. zu allem: BVerwG, Beschluss vom 11. September 2018 – 4 B 34.18 – juris, Rn. 15 m. w. N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Oktober 2022 – 2 S 44/22 – juris, Rn. 6).
Der Rechtsgedanke der Verwirkung schützt das in das Verhalten des anderen gesetzte Vertrauen. Wo die letztlich schadensverursachende Maßnahme – also etwa die Bauarbeiten – nicht auf einem solchen Vertrauen beruht, sondern unabhängig von einem eventuellen Vertrauen vorgenommen worden ist, kann insoweit keine Verwirkung eintreten (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Juni 2014 – 2 A 2757/12 – juris, Rn. 133 f. m. w. N.).
Die Betätigung des Vertrauens wird dabei häufig in einer weiteren Bautätigkeit bestehen. Grundsätzlich ist aber jedes im Vertrauen auf ein künftiges Unterbleiben von Einwendungen des Nachbarn gegen eine bauliche Anlage an den Tag gelegte Verhalten des Bauherrn geschützt, durch das er sich auf den bestehenden Zustand eingerichtet hat und dessen spätere Änderung zu nicht unerheblichen Belastungen für ihn führen würde (vgl. zu allem: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. Dezember 2020 – 2 A 560/17 – juris, Rn. 71 m. w. N.).
Im Übrigen ist anerkannt, dass das materielle Recht sogar auch gegenüber ungenehmigten Bauvorhaben verwirkt werden kann. Nachbarn stehen in einem besonderen „nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis" zueinander, das nach Treu und Glauben von ihnen besondere Rücksichten gegeneinander fordert. Es verpflichtet sie, durch ein zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen wirtschaftlichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder den Vermögensverlust möglichst niedrig zu halten; der Nachbar muss dieser Verpflichtung dadurch nachkommen, dass er nach Erkennen der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend macht, wenn ihm nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegengehalten werden soll, weil er mit seinen Einwendungen länger als notwendig gewartet hat (BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 – IV C 2.72 – juris, Rn. 24 allerdings zur Bedeutung von Treu und Glauben für verfahrensrechtliche Rechte).
Verwirken kann der Nachbar sein Widerspruchsrecht also dann, wenn er untätig geblieben ist, obgleich er sichere Kenntnis einer möglichen Verletzung seiner Rechte hatte oder hätte haben müssen. Der für den Eintritt der Verwirkung maßgebliche Zeitraum der Untätigkeit des Nachbarn ist jedoch deutlich länger zu bemessen als die Zeit, die ihm im Falle der Bekanntgabe der Baugenehmigung gemäß den im Regelfall geltenden verfahrensrechtlichen Rechtsbehelfsfristen (vgl. § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO) für die Geltendmachung seines Rechts eingeräumt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 – 4 C 4/89 – juris, Rn. 22). Daher tritt Verwirkung regelmäßig in Anlehnung an den Rechtsgedanken aus § 58 Abs. 2 VwGO längstens nach Ablauf eines Jahres nach Kenntnis oder Kennenmüssen von der Baugenehmigung und einer Verletzung eigener Rechte ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 – 4 C 2/72 – juris, Rn. 25; Beschluss vom 18. Januar 1988 – 4 B 257/87 – juris, Rn. 4; Beschluss vom 28. August 1987 – 4 N 3/86 – juris, Rn. 13). Je nach den besonderen Umständen des Einzelfalles kann Verwirkung aber auch schon vor Ablauf eines Jahres eintreten (OVG Berlin-Brandenburg, a. a. O., Rn. 6 m. w. N.).
1.1.2. Vorliegend ist das Zeitmoment schon nicht gegeben. Nach Überzeugung der Kammer beträgt der Zeitraum zwischen der einerseits (möglichen) Kenntnisnahme der Kläger von dem Bauvorhaben der Beigeladenen und der daraus abgeleiteten etwaigen Verletzung eigener Rechte und andererseits der Widerspruchserhebung allenfalls rund sieben Monate.
Dabei kann unbeantwortet bleiben, ab welchem konkreten Zeitpunkt die mögliche Kenntnisnahme des bevorstehenden Bauvorhabens bestand. Jedenfalls fanden erste (vorbereitende) Bauarbeiten bereits am 26. Juni 2018 statt. Hiervon hatten die Kläger positive Kenntnis. Denn an diesem Tag und am 27. Juni 2018 ließen die Beigeladenen Verdichtungsmaßnahmen für die Herstellung eines tragfähigen Untergrunds für die Bodenplatte durchführen und dabei auftretende Bodenschwingungen durch ein Ingenieurbüro aufzeichnen, mit dem Zweck, umliegende Gebäude vor etwaigen Beschädigungen zu schützen. Eine der Messstellen befand sich im Gebäude der Kläger. Diese hatten zuvor ihre Zustimmung erteilt. Die weitere Realisierung des Vorhabens begann nicht vor dem 31. Juli 2018. Ausweislich der unter dem 8. August 2018 gefertigten Einmessungsbescheinigung nach § 72 Abs. 9 Satz 2 BbgBO wurde erst an diesem Tag die Grundfläche der baulichen Anlage abgesteckt und ihre Höhenlage festgelegt. Selbst wenn auf den Zeitpunkt des Schreibens der Beigeladenen vom 5. Juni 2018, mit welchem die Nachbarschaft einschließlich der Kläger über beginnende Bauarbeiten am 9. Juni 2018 informiert wurde, abstellen würde, obwohl mit diesem über die Art des Bauvorhabens nicht informiert wurde, ergäbe sich nichts anderes. Die hier in Rede stehenden Zeiträume vom Beginn der Realisierung des Bauvorhabens bis zur Einlegung des Widerspruchs sind nicht ausreichend lang, um den außerordentlichen Rechtsverlust zu rechtfertigen.
1.1.3. Jedenfalls ist der Vertrauenstatbestand nicht erfüllt. Die Beigeladenen durften sich nicht darauf einrichten und einstellen, dass seitens der Kläger Maßnahmen, des Anbaus an das Wohngebäude betreffend, nicht (mehr) eingeleitet werden. Ist der Bauherr nicht durch die – längere Zeit andauernde – Untätigkeit des Nachbarn und im Hinblick auf ein dadurch geschaffenes Vertrauen auf dessen Einverständnis zu seinen Baumaßnahmen veranlasst worden, sondern hat er unabhängig davon eine ihm erteilte Genehmigung von sich aus sofort in vollem Umfang ausgenutzt und weitgehende, mit erheblichem Kapitaleinsatz verbundene Schritte unternommen, so kann auch eine längere Untätigkeit des Nachbarn, die solchen Dispositionen des Bauherrn nachfolgt, nicht mehr zur Verwirkung der nachbarlichen Abwehrrechte führen. Für das Merkmal der Treuwidrigkeit, das für den Rechtsverlust durch Verwirkung konstitutiv ist, fehlt es sodann an der außer dem Zeitablauf erforderlichen kausalen Verknüpfung des Verhaltens des Berechtigten mit bestimmten Maßnahmen des Verpflichteten und deren Folgen. Die verzögerte Rechtsausübung verdient die Qualifizierung als treuwidrig nur dann, wenn die zunächst gezeigte Untätigkeit den anderen Teil zu bestimmten Reaktionen veranlasst hat (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 – 4 C 4/89 – juris, Rn. 28). Vorliegend ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Beigeladenen bewusst darauf vertraut haben, dass die Kläger ihr Recht nicht mehr ausüben werden, oder anders gewendet, dass die Beigeladenen ein Vertrauen auch betätigt hätten. Zwar besteht regelmäßig die (konkludente) Betätigung des Vertrauens in der weiteren Bautätigkeit. Vorliegend war die Untätigkeit der Kläger während der Bauphase jedoch nicht kausal für die weiteren Arbeiten und Investitionen bezüglich des Vorhabens. Denn den Nachbarn – hier den Klägern – steht insoweit eine gewisse Überlegungszeit zu, die deutlich länger als ein Monat ist. In dieser Zeit haben die Beigeladen das Bauvorhaben sehr zügig vorangebracht. Von der Einmessung am 31. Juli 2018 bis zur Eindeckung des Daches am 13. Oktober 2018 verging ein Zeitraum von lediglich rund 10 Wochen.
1.2. Indes verletzt das Vorhaben des Anbaus an das bestehende Wohngebäude die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1.2.1. Ein Rechtsanspruch auf Aufhebung einer erteilten Baugenehmigung steht einem Nachbar nicht schon dann zu, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr müssen durch den Rechtsverstoß zugleich nachbarliche Rechte verletzt werden. Das ist dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt ist, ihr mithin drittschützende Wirkung zukommt. Eine Baugenehmigung ist demnach im Rahmen einer Anfechtungsklage des Nachbarn nur darauf zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtschutz nachsuchenden Nachbarn dienen (st. Rechtsprechung des BVerwG, vgl. etwa Urteil vom 28. Oktober 1993 – 4 C 5/93 – juris, Rn. 19).
1.2.2. Dies zugrunde gelegt folgt ein wehrfähiger Abwehranspruch gegen das Vorhaben der Beigeladenen für die Kläger nicht aus bauordnungsrechtlichen Gesichtspunkten. Eine Verletzung bauordnungsrechtlicher nachbarschützender Rechte ist nicht ersichtlich. Insbesondere hält das Vorhaben des Anbaus an das Wohngebäude ausweislich des zu der Baugenehmigung gehörenden objektbezogenen Lageplans vom 12. Februar 2018 (Bl. 7 des Verwaltungsvorgangs) die Abstandsflächen nach § 6 BbgBO zu dem Grundstück des Klägers ein. Die Tiefe der Abstandsfläche hat gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 der Bauordnung des Landes Brandenburg (BbgBO) einen Wert von 0,4 H zu betragen, mindestens jedoch von 3 Metern. Maßgeblich ist vorliegend der Mindestabstand von 3 Metern zum Grundstück der Kläger, welcher auch tatsächlich eingehalten wird. Die Wandhöhe (H) des Bauvorhabens des Beigeladenen bemisst sich auf 4,4 Meter, woraus sich um den Faktor von 0,4 lediglich ein erforderlicher Abstand von 1,76 Meter ergeben würde. Ausweislich der Ansichten zur Genehmigungsplanung beträgt der Abstand zwischen der Außenwand des Anbaus zur Grundstücksgrenze der Kläger 3,16 Meter.
1.2.3. Auch aus bauplanungsrechtlichen Vorschriften steht den Klägern kein wehrfähiger Abwehranspruch zu.
a. Der Gebietserhaltungsanspruch berechtigt den Grundstückseigentümer als Nachbarn, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Baugebiet nicht zulässiges Vorhaben zur Wehr zu setzen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses: Ist der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (vgl. BVerwG Beschluss vom 18. Dezember 2007 – 4 B 55.07 – juris, Rn. 5). Allerdings ist dieser Anspruch sowohl in einem festgesetzten Baugebiet als auch in einem faktischen (wie hier wohl vorliegend) allgemeinen Wohngebiet auf Umstände beschränkt, die sich auf die Art der baulichen Nutzung beziehen (ausführlich OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. Juni 2017 – 10 B 10.15 – juris, Rn. 46 f.; vgl. auch Beschluss vom 7. Dezember 2018 – 10 S 4.18 – juris, Rn. 12). Dafür, dass – wie die Kläger meinen – es sich vorliegend um ein faktisches Kleinsiedlungsgebiet handeln würde, ist nichts ersichtlich. Gemäß § 2 Abs. 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) dienen Kleinsiedlungsgebiete vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäuden mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen. Nach der im Jahr 2001 außer Kraft getretenen in § 10 Abs. 1 11. WoBauG enthaltenen Begriffsbestimmung, auf die nach wie vor zurückgegriffen werden kann, ist eine Kleinsiedlung eine Siedlerstelle, die aus einem Wohngebäude mit angemessener Landzulage besteht und die nach Größe, Bodenbeschaffenheit und Einrichtung dazu bestimmt und geeignet ist, dem Kleinsiedler durch Selbstversorgung aus vorwiegend gartenbaumäßiger Nutzung des Landes eine fühlbare Ergänzung seines sonstigen Einkommens zu bieten; die Kleinsiedlung soll einen Wirtschaftsteil enthalten, der die Haltung von Kleintieren ermöglicht. Dass die Grundstücke in der näheren Umgebung, das meint die Grundstücke südlich der D... und östlich der Straße A... , nach dieser Begriffsbestimmung Kleinsiedlungen sind, ergibt sich nicht aus den über das Geoportal „Brandenburg Viewer“ frei zugänglichen Luftbildern: Die Grundstücke sind mit gewöhnlichen Ein- oder Zweifamilienhäusern bebaut. Die nicht überbauten Grundstücksteile werden dabei hauptsächlich für Rasenflächen mit vereinzelt stehenden Bäumen oder ausschließlich als Ziergärten genutzt, so bezeichnenderweise auch das Hausgrundstück der Kläger. Mögen die Gärten von den Anwohnern teilweise auch gärtnerisch genutzt werden, ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass dadurch fühlbare Ergänzungen des sonstigen Einkommens erzielt würden. Auch ein bloßes Vorhandensein von Gras- und Weideland (Wiesen) genügt für sich genommen nicht. Den dahingehenden Erwägungen des Beklagten aus dem Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2019 (dort Seite 2 und 3) traten die Kläger auch nicht entgegen.
Es kann dahinstehen, ob das in Betracht zu ziehende Gebiet überhaupt ein solches im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB ist. Eine nachbarschützende Wirkung des Maßes der baulichen Nutzung lässt sich nicht damit begründen, dass hier der prägende Charakter des Baugebiets konterkariert werde, weil die bisherige Erscheinung der umgebenden Bebauung aus Einfamilienhäusern durch die Bebauung des Grundstücks des Beigeladenen mit einem Gebäude mit zwei Wohneinheiten durchbrochen werde, vgl. Beschluss der Kammer vom 25. April 2023 – 3 L 72/23 – m. w. N.. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 1995 - 4 C 3.94 -, juris, Rn. 17) die Größe einer baulichen Anlage auch die Art der baulichen Nutzung erfassen. Denkbar ist dies etwa dann, wenn die quantitative Dimensionierung eines Vorhabens derart aus dem Rahmen fällt, dass eine in dem Baugebiet in seiner konkreten Ausgestaltung unzumutbare Qualität im Hinblick auf die Art der Nutzung erreicht wird (vgl. dazu auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. Juni 2017 – 10 B 10.15 – juris, Rn. 40 f., m. w. N.). Dafür ist hier jedoch nichts ersichtlich. Allein durch die Größe des Vorhabens wird keine neue Art der Nutzung in das Gebiet hineingetragen und die geplante Wohnnutzung ihrer Art nach zu einer „anderen“ Wohnnutzung, die sich grundlegend von der vorhandenen Wohnnutzung unterscheidet. Durch das Vorhaben der Beigeladenen mit der Errichtung eines Anbaus an das Bestandsgebäude wird lediglich ein Wohnhaus mit dann zwei Wohneinheiten hergestellt. Ein solches Wohngebäude weist keine Größe auf, die es erlauben würde, von einer gegenüber Ein- und Zweifamilienhäusern andersartigen Nutzungsart zu sprechen. Es handelt sich lediglich um eine größere Intensität der Nutzung, die sich deutlich innerhalb der gegenwärtigen Prägung hält. Welche Ausmaße das Gebäude aufweist, ist – da nicht auf das Maß der baulichen Nutzung abzustellen ist – schon im Ausgangspunkt unerheblich. Insofern führt auch die klägerische Bezugnahme auf die „Wannsee“-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 9. August 2018 – BVerwG 4 C 7.17 – juris) nicht weiter. Das Urteil lässt sich nicht auf § 34 BauGB übertragen, da es im – wie hier vorliegenden – unbeplanten Innenbereich von vornherein an Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und einem dahinter stehenden planerischen Konzept fehlt, aus dem sich ein das Maß der baulichen Nutzung betreffendes wechselseitiges Austauschverhältnis und eine entsprechende nachbarschützende Wirkung zugunsten der daran beteiligten Grundstückseigentümer herleiten ließe (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Mai 2021 – 10 B 687/21 – juris, Rn. 9).
Nichts anders folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO. Sollte diese Norm überhaupt Anwendung finden, besteht der Nachbarschutz darin, dass der Eigentümer eines Grundstücks in einem festgesetzten oder faktischen Baugebiet lediglich in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung einen Nachbaranspruch auf Bewahrung des Gebietscharakters hat. Die allein für die Art, nicht aber das Maß der baulichen Nutzung geltende Bestimmung geht davon aus, dass – ausnahmsweise – Quantität in Qualität umschlagen, mithin die Größe einer baulichen Anlage die Art der baulichen Nutzung erfassen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1992 – 7 C 7.92 – juris, Rn. 14; Urteil vom 16. März 1995 – 4 C 3.94 – juris, Rn. 16 ff.; Beschluss vom 13. Mai 2002 – 4 B 86.01 – juris, Rn. 7; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 1 ME 47.14 – juris, Rn. 13 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. Juni 2017 – 10 B 10.15 – juris, Rn. 47). Dies ist nach dem zuvor Ausgeführten jedoch vorliegend nicht gegeben.
b. Ob das Vorhaben der Beigeladenen in jeder Hinsicht den Vorgaben des § 34 BauGB entspricht, ist nicht maßgeblich. Denn die bauplanungsrechtlichen Vorgaben zum Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche sind nicht unmittelbar drittschützend. Drittschutz vermitteln sie nur über das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, das in dem Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB zu verorten ist (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 – juris, Rn. 20 ff.; Beschluss vom 13. November 1997 – 4 B 195.97 – juris, Rn. 6; Urteil vom 23. Mai 1986 – 4 C 34.85 – juris, Rn. 12 f; Urteil vom 18. Oktober 1985 – 4 C 19.82 – juris, Rn. 14; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. November 2018 – 10 S 57.17 – juris, Rn. 10). Dieses Gebot soll die bei Verwirklichung von Bauvorhaben aufeinanderstoßenden Interessen der beteiligten Grundstückseigentümer angemessen ausgleichen. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Umgekehrt braucht derjenige, der ein Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm verfolgten Interessen sind. Insoweit ist eine Abwägung anhand der Umstände des Einzelfalles geboten. Das Rücksichtnahmegebot ist verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. statt vieler BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 – 4 C 22.75 – juris, Rn. 22).
Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots hat das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung bislang nur in besonders gelagerten Einzelfällen bejaht, etwa in einem Fall, in dem neben einem zweieinhalbgeschossigen Gebäude ein an der engsten Stelle nur 15 Meter entferntes zwölfgeschossiges Hochhaus genehmigt worden war (BVerwG, Urteil vom 13. März 1981 – 4 C 1.78 – juris, Rn. 28 ff.), oder in einem Fall, in dem die Genehmigung drei auf Stahlstützen errichtete Rundbehälter für Düngekalk in einer Höhe von 11,50 Meter über eine Länge von 13,31 Meter in einem Abstand von 3 Meter zur Grenze eines Wohngrundstücks zum Gegenstand hatte (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1986 – 4 C 34.85 – juris, Rn. 12 ff.). Eine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme kann in diesem Zusammenhang insbesondere in Betracht kommen, wenn das Vorhaben für das Nachbargrundstück eine erdrückende Wirkung hat (statt vieler OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Dezember 2020 – 10 S 65.20 – juris, Rn. 10; Beschluss vom 27. November 2018 – 10 S 57.17 – juris, Rn. 15 ff.). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird eine erdrückende Wirkung in Fällen angenommen, in denen durch die genehmigte bauliche Anlage für Nachbargrundstücke eine Abriegelungswirkung (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. September 1988 – 1 A 75/87 – juris) oder eine „Gefängnishof-Situation“ (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. April 1997 – 1 L 7286/95 – juris, Rn. 41) entsteht. „Erdrückend“ ist ein Bauwerk dann, wenn die baulichen Dimensionen des erdrückenden Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles derart übermächtig sind, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch überwiegend wie eine von dem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 6. April 2023 –ؘ 2 L 62/21.Z – juris, Rn. 35) Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg genügt es für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht, wenn ein Vorhaben die Situation für den Nachbarn lediglich nachteilig verändert. Vielmehr beschränken sich die durch das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot vermittelten Gewährleistungen auf Extremfälle, in denen dem Nachbargrundstück gleichsam die „Luft zum Atmen" genommen wird oder der Nachbar aus großer Höhe und nahezu jedem Blickwinkel den Einsichtnahmemöglichkeiten Dritter ausgesetzt ist oder wenn dem Nachbarn nicht wenigstens ein Mindestmaß an privater Wohnsphäre verbleibt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Dezember 2020 – 10 S 65.20 – juris, Rn. 16; Beschluss vom 24. Juni 2014 – 10 S 29.13 – juris, Rn. 26 ff.; Beschluss vom 30. Oktober 2009 – 10 S 26.09 – juris, Rn. 17 ff.).
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ferner geklärt, dass Beeinträchtigungen, die ein Vorhaben dadurch verursacht, dass es beim Grenzabstand ein bestimmtes Maß unterschreitet, vom hierdurch betroffenen Nachbarn grundsätzlich dann hingenommen werden müssen, wenn die landesrechtlichen Abstandsvorschriften eingehalten sind. Diese Regelungen zielen im Interesse der Wahrung sozial verträglicher Verhältnisse nicht zuletzt darauf ab, eine ausreichende Belichtung und Besonnung von Gebäude- und von sonstigen Teilen des Nachbargrundstücks sicherzustellen. Der Nachbar, der sich gegen die Verwirklichung eines Bauvorhabens zur Wehr setzt, kann unter diesem Blickwinkel grundsätzlich keine Rücksichtnahme verlangen, die über den Schutz des Abstandsflächenrechts hinausgeht. Denn die landesrechtlichen Grenzabstandsvorschriften stellen insoweit ihrerseits eine Konkretisierung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 1996 – 4 B 215.96 – juris, Rn. 9; Urteil vom 16. September 1993 – 4 C 28.91 – juris, Rn. 21).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Veränderung der Grundstückssituation der Kläger mit diesen Extremfällen nicht vergleichbar. Eine das Gebot der Rücksichtnahme verletzende, weil die Schwelle der Unzumutbarkeit überschreitende, also billigerweise nicht mehr hinnehmbare Situationsverschlechterung, ist wegen der mit dem Bauvorhaben einhergehenden zusätzlichen Einsichtnahmemöglichkeiten nicht zu erwarten. Insoweit konkretisiert bereits – wie dargestellt – das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht das Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme einschließlich der Wahrung des sozialen Friedens. Darüber hinaus ist festzustellen, dass sowohl die aus dem Untergeschoss folgenden Einsichtnahmemöglichkeiten durch ein Fenster und zwei größere Fensterflächen bzw. Glastüren als auch solche aus dem Dachgeschoss durch zwei Schrägdachfenster und einem rd. 3 Meter breiten Balkon keinen Blick durch die Fensterflächen der Kläger zulassen, die eine sehr umfängliche Einsicht in die Räumlichkeiten eröffnen würden. Das Vorhaben der Beigeladenen befindet sich nicht auf der gleichen Höhe des klägerischen Wohnhauses. Ausgehend von der östlichen Flucht des Wohnhauses der Kläger ist schon das Bestandswohngebäude der Beigeladenen um ca. 2,80 Meter in Richtung Osten versetzt. Erst daran schließt sich der Erweiterungsbau der Beigeladenen an. Durch die daraus folgenden diagonalen Sichtachsen werden die Ausschnitte des möglicherweise Sichtbaren bereits erheblich verringert. Dies betrifft zum einen das Erdgeschoss des Wohnhauses der Kläger, wobei ebenso festzustellen ist, dass eine Einsichtnahme mittels der in die südliche Giebelseite des Bestandsgebäudes der Beigeladenen eingelassenen Fenster deutlich einfacher möglich, die Situation der möglichen Einsichtnahme also in einem erheblicheren Maße als es vom Anbau ausgehen kann, bereits bestand. Zum anderen betrifft dies die in einem Winkel um 90 Grad versetzten zwei Fenster im Dachgeschoss auf der östlichen Giebelseite des klägerischen Wohngebäudes. Zudem ist beachtlich, dass in der Dachfläche des Wohnhauses der Kläger Fenster überhaupt nicht integriert sind, in welche Einsicht genommen werden könnte. Festzustellen ist auch, dass Einsichtnahmemöglichkeiten aus dem Untergeschoss durch Bepflanzungen oder Sichtschutzelemente wirksam entgegentreten werden kann (siehe hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. September 2014 – 7 B 1037/14 – juris, Rn. 12). Dies ist offenkundig auch bereits erfolgt. Ausweislich der Luftbilder des Geoportals „Brandenburg Viewer“ ist als verlängerte Flucht vom Wohnhaus bzw. dazugehörigem Anbau der Kläger in Richtung des Geräteschuppens eine Reihe mit Koniferen gesetzt worden. Das Gericht verkennt nicht, dass neben dem an der Südseite des Vorhabens der Beigeladenen eingefügten kleineren Balkon auch an der Ostseite ein größerer Balkon angebracht ist, welcher ebenfalls einen Blick in den Garten bzw. auf die Grünfläche der Kläger ermöglicht. In Anbetracht des Umstands, dass – wie ausgeführt – die Einhaltung der Abstandsflächen bereits indiziert, dass sich das Vorhaben nicht als rücksichtslos darstellt, sind diese Einsichtnahmemöglichkeiten als üblich anzusehen. Es ist auch nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Beigeladenen anders als üblicherweise die gläsernen Fenster und Türen nur für vorübergehende, gelegentliche Ausblicke nutzen. Ganz im Gegenteil haben sie selbst auf die Glasflächen Sichtschutzfolien angebracht, um einen Milchglaseffekt zu erzeugen. Dieser verhindert nicht nur die Einsichtnahme, sondern verhindert auch, einen konkreten Ausblick nehmen zu können. Zudem existiert weder im Innenbereich nach § 34 BauGB noch im Außenbereich nach § 35 BauGB ein Recht darauf, sich in seinem Gartenbereich oder an jeder Stelle seines Wohngebäudes gänzlich unbeobachtet bewegen zu können. Eine Verschattung oder Beeinträchtigung der Belüftung des klägerischen Gebäudes liegt in Anbetracht des Abstands zwischen den Baukörpern sowie deren Lage fern.
Ferner überschreiten die Beeinträchtigungen nicht die Schwelle des Zumutbaren in Form einer Art „Gefängnishof-Situation“ bzw. eines „Eingemauertseins“. Zu diesem Eindruck trägt der Umstand bei, dass ausgehend vom klägerischen Grundstück nach Südosten und nach Süden hin ein vollkommen freier Blick verbleibt. Auch befindet sich das südlich belegene nächste Wohngebäude in nicht unerheblicher Distanz (rd. 30 Meter) zum klägerischen Gebäude. Allein der Blick in nördliche Richtung wird durch das Vorhaben der Beigeladenen tangiert. In Anbetracht des großen in östliche bzw. in südöstliche Richtung gelegenen freien Bereichs vermag das Vorhaben auch kein Gefühl einer „Gefängniswirkung“ zu vermitteln. Es liegt auch kein derartiger Höhenunterschied vor, bei der das Bauvorhaben für die benachbarte Bebauung erdrückende Wirkung hätte. Ein solches Missverhältnis ist angesichts der Bebauung mit lediglich 1,5 Geschossen nicht ersichtlich. Mit den von der zitierten Rechtsprechung entschiedenen Fällen ist die von den Klägern geltend gemachte Bedrängnis nicht mal im Ansatz vergleichbar.
2. Soweit die Kläger gegen die den Anbau an das Nebengebäude und die Errichtung des Carports legalisierende Baugenehmigung des Beklagten vorgehen, bleibt die Klage ebenso ohne Erfolg.
2.1. Dabei bedarf es hinsichtlich dieses Vorhabens keiner weiteren Erwägungen, ob dem Anspruch etwaige Gesichtspunkte einer Verwirkung entgegenstehen könnten. Unabhängig von der – hier nicht näher bekannten – Dauer der bisherigen Errichtung hat der Beigeladene schon nicht dazu vorgetragen, dass er in Ansehung des „Nichtstuns“ der Kläger darauf vertraut habe, dass diese etwaige Rechte nicht mehr ausüben werden und mit Blick auf dieses Vertrauen (weitere) Aufwendungen getätigt hätte. Ein etwaiges Vertrauen dürfte im Übrigen bereits deshalb nicht schutzwürdig sein, da das Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Widerspruchserhebung erst begonnen, aber noch längst nicht fertiggestellt wurde. So waren dahingehend lediglich die Fundamente und ein Sockel aus Ziegelmauerwerk etwa kniehoch errichtet.
2.2. Indes verletzt das Vorhaben des Anbaus an ein Nebengebäude und die Errichtung des Carports die Kläger jedenfalls nicht in ihren Rechten, also hinsichtlich der Verletzung einer Norm, welche zumindest auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt ist.
2.2.1. Ausgehend vom erforderlichen Drittschutz folgt ein wehrfähiger Abwehranspruch gegen das Vorhaben der Beigeladenen für die Kläger nicht aus bauordnungsrechtlichen Gesichtspunkten. Für eine Verletzung bauordnungsrechtlicher nachbarschützender Rechte ist weder etwas vorgetragen noch im Übrigen ersichtlich. Insbesondere hält das Vorhaben des Anbaus an das Nebengebäude ausweislich des zu der Baugenehmigung gehörenden Planung (Bl. 1 des Verwaltungsvorgangs) die Abstandsflächen nach § 6 BbgBO zu dem Grundstück der Kläger nicht nur ein. Vielmehr weist das Vorhaben einen überobligatorischen Abstand von 6,7 Metern zum klägerischen Grundstück auf. Auch der Doppelcarport, welcher an das Nebengebäude angesetzt werden soll, verstößt nicht gegen § 6 BbgBO. Gemäß § 6 Abs. 8 Nr. 1 BbgBO sind Garagen und Gebäude ohne Aufenthaltsräume und Feuerstätten mit einer mittleren Wandhöhe der grenznahen Wand bis zu 3 Meter und einer Gesamtgebäudelänge je Grundstücksgrenze von 9 Meter in den Abstandsflächen eines Gebäudes sowie ohne eigene Abstandsflächen zulässig. Der vorgesehene überdachte Stellplatz als Unterfall einer Garage (vgl. § 61 Abs. 1 lit. d BbgBO) erfüllt diese Voraussetzungen. Er erstreckt sich nicht direkt an der Grundstücksgrenze zu den Klägern, sondern endet auf der Höhe des nordöstlichen Eckpunkts des klägerischen Grundstücks. Die nur insoweit grenznahe Wand ist mit einer Höhe von lediglich 2,5 Meter angegeben zzgl. des Aufbaus für die Flachdachkonstruktion. Ferner liegt auch, entgegen der Auffassung der Kläger, keine Verletzung des § 14 BbgBO vor. Nach den vorliegenden Unterlagen hält das Vorhaben der Beigeladenen die Anforderungen dieser Norm ein. Ein Brandüberschlag ist fernliegend.
2.2.2. Auch aus bauplanungsrechtlichen Vorschriften steht den Klägern kein wehrfähiger Abwehranspruch zu. Dabei kann dahinstehen, ob das Vorhaben der Beigeladenen im Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB belegen ist oder dem Außenbereich zugerechnet werden muss. Denn in beiden Fällen können die Kläger einen wehrfähigen Anspruch nicht geltend machen. Denn § 35 BauGB ist – ebenso wie § 34 BauGB auch – allgemein nicht drittschützend. Einen allgemeinen Gesetzesvollziehungsanspruch haben die Kläger nicht. Vielmehr können sie sich auch an dieser Stelle lediglich auf eine Verletzung des drittschützenden baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme berufen.
a. Für eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ist jedoch nichts ersichtlich. Abgesehen davon, dass eine Versperrung des ungehinderten Blicks ins Grüne keinen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot darstellt, fehlte es schon an den tatsächlichen Voraussetzungen hierfür. Denn für die Kläger wird der Blick in Richtung Osten tatsächlich nicht versperrt. Der vorgesehene Anbau an das Nebengebäude liegt in nordöstlicher Richtung des klägerischen Grundstücks. Möglichen Sichtachsen ausgehend von einem Standpunkt auf den Gartenflächen der Kläger werden bereits durch den Geräteschuppen auf dem klägerischen Grundstück behindert. Ausgehend von den Fenstern im Dachgeschoss der östlichen Giebelwand des Wohnhauses der Kläger dürfte über den Anbau am Nebengebäude auch hinweggeschaut werden können. Denn der Anbau ist lediglich eingeschossig geplant und wird ausweislich der Bauunterlagen ein Maß von 3,20 Meter in der Höhe nicht überschreiten. Von allen anderen Standorten aus verbleibt bei einem freien Blick in Richtung Osten und Südosten.
Selbst für den Fall, dass das Vorhaben der Beigeladenen im Außenbereich belegen sein sollte, kann eine subjektive Rechtsverletzung des Klägers nur in Bezug auf das Gebot der Rücksichtnahme vorliegen. Denn bauplanungsrechtlicher Nachbarschutz kommt im Außenbereich nach § 35 BauGB grundsätzlich nur bei Verstößen gegen dieses Gebot in Betracht (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2013 – 4 B 48.12 – juris, Rn. 6). Dies gilt auch, wenn sich der Eigentümer eines im unbeplanten Innenbereich belegenen Grundstücks gegen ein Außenbereichsvorhaben wendet (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Juli 2018 – 10 S 52.17 – juris, Rn. 12 ff.). Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots liegt aber – wie dargestellt – nicht vor.
Selbst der Eigentümer eines Grundstücks, das an der Grenze zum Außenbereich liegt, muss mit Veränderungen in der Umgebung rechnen, denn der Außenbereich ist ausweislich § 35 BauGB einer baulichen Nutzung nicht völlig entzogen und gerade an der Grenze zum Innenbereich sind Verschiebungen – ggf. auf der Grundlage einer Bauleitplanung – nicht auszuschließen. Die einem Bauherrn erteilte Baugenehmigung mag es ihm zwar ermöglichen, den augenblicklichen Vorteil der örtlichen Lage am Rande des Außenbereichs auszunutzen; dies schützt ihn jedoch nicht vor einer Verschlechterung der Situation wie zum Beispiel dem Verlust der freien Aussicht (hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Juli 2018 – 10 S 52.17 – juris, Rn. 26 m. w. N.). Diese Grundsätze treffen vollumfänglich auf die Lage des klägerischen Wohngrundstücks am östlichen Rand des Ortsteils D... zu. So ist etwa beispielhaft rd. 300 Meter südlich des klägerischen Grundstücks ein Wohngebiet neu entstanden, welches sich orthogonal zur Straße A... ca. 200 Meter weit in östlicher Richtung ausdehnt.
b. Darüber hinaus können sich die Kläger auch nicht mit Erfolg auf wehrfähige Rechte nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB berufen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass von dem Anbau des Nebengebäudes oder dem Doppelcarport einschließlich des An- und Abfahrtsverkehrs hinreichend schädliche Umwelteinwirkungen für das klägerische Wohngrundstück ausgehen. Die von den Klägern insoweit geltend gemachte befürchtete Belästigung ausgehend vom Vorhabengrundstück erweisen sich nicht als rücksichtslos.
Die Beantwortung der Frage, ob die Nutzung von überdachten oder nicht überdachten Stellplätzen für Fahrzeuge unzumutbare Störungen, insbesondere in Form von Lärm oder Gerüchen, hervorruft, hat anhand aller für den Einzelfall bedeutsamen Umstände und nicht abstrakt und generell nach festen Merkmalen zu erfolgen. Dabei kommt es entscheidend auf die konkrete Situation an, in der sich die Belästigungen auswirken können. Vor allem der Standort der Stellplätze, ihre Lage und Nähe zu den Nachbargrundstücken – gegebenenfalls auch gegenüber den Wohnräumen des betroffenen Nachbarn –, die Art und Empfindlichkeit der dort stattfindenden Nutzungen sowie etwaige Vorbelastungen sind zu berücksichtigen. Dabei kommt der Zufahrt eine besondere Bedeutung zu, weil – jedenfalls bei Wohnbebauung – der Zu- und Abgangsverkehr die Nachbarschaft regelmäßig am stärksten belastet. Daraus folgt, dass die Nachbarn die von den Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Emissionen im Regelfall hinzunehmen haben, dass aber besondere örtliche Verhältnisse auch zu dem Ergebnis führen können, dass die Errichtung von Stellplätzen auf dem Grundstück nicht oder nur mit Einschränkungen genehmigt werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. März 2003 – 4 B 59.02 – juris, Rn. 6 und 7 zu § 15 BauNVO; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. September 2008 – 10 A 1678/07 – juris, Rn. 46; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Juli 2017 – 2 N 26.15 – juris, Rn. 3).
In Anwendung dieses Maßstabs ist die Kammer der Überzeugung, dass auch unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse und eingedenk des Umstandes, dass die Stellplätze durch die Baugenehmigung offenbar etwas weiter in den tieferen Bereich des Grundstücks hinein genehmigt worden sind, die zu erwartenden Beeinträchtigungen hinnehmbar sind. Die grundsätzliche Zulässigkeit für Stellplätze und Garagen im Rahmen der vorgesehenen Nutzung ergibt sich bereits aus § 12 Abs. 2 BauNVO. Die überdachten Stellplätze (Doppel-Carport) sollen nordöstlich des klägerischen Grundstücks errichtet werden; eine direkte Grenze zum klägerischen Grundstück ist nicht vorhanden. Der Abstand zum Wohnhaus der Kläger beträgt mindestens 27 Meter. Eine nennenswerte Beeinträchtigung durch Lärm, zum Beispiel durch das Schließen von Klappen oder Türen der Kraftfahrzeuge, ist am Abstellort nicht zu besorgen. Dem von den Klägern in dem nordöstlichen Winkel ihres Grundstückes errichteten Geräteschuppen dürfte gar eine partielle abschirmende Wirkung zukommen. Hinsichtlich des An- und Abfahrtsweges von der Straße A... hin zu dem Carport auf dem Grundstück der Kläger über eine Strecke von ungefähr 39 Metern ist einzustellen, dass bereits zuvor – also unabhängig vom Bauvorhaben der Beigeladenen – auf einer Strecke von ungefähr 19 Metern als Einfahrt und Abstellplätze für die Fahrzeuge ein Teil desselben Weges an der südlichen Grenze des Grundstücks der Beigeladenen genutzt wurde, welcher ungefähr auf mittlerer Höhe des Anbaus der Kläger endete. Die Fahrzeuge waren mithin näher am Wohnhaus der Kläger abgestellt, was wegen der mit dem Ein- und Ausstieg in bzw. aus den Fahrzeugen zu höheren Lärmbelästigungen geführt haben dürfte als die nun beabsichtigte bloße Durchfahrt. Jedenfalls ist nichts dafür ersichtlich, dass in Folge der Realisierung des Bauvorhabens eine dahingehende Verschlechterung auftreten könnte. Verstärkte Rangierbewegungen sind ebenfalls nichts zu besorgen. Soweit die Kläger einen entstehenden Schall und damit verbunden erhöhte Lärmentwicklung geltend machen aufgrund der gassenförmigen Anordnung der Gebäude, ist ihnen entgegenzuhalten, dass dies nur deshalb beachtlich sein könnte, weil die Kläger selbst Gebäude – namentlich ihr Wohnhaus und einen Anbau – mit 3,50 Metern relativ nahe der nördlichen Grundstücksgrenze hin zu den Beigeladenen errichtet haben. Im Übrigen ist durch die Kläger nicht weiter untersetzt – z. B. mit Messungen oder Erfahrungswerten – wie sich vorliegend aufgrund der Anordnung der Gebäude eine Verstärkung der Geräuschemissionen konkret darstellt. Selbst wenn eine den Lärm verstärkende „Gasse“ angenommen werden würde, so endet diese jedenfalls auf der Höhe hinter dem Anbau der Kläger. Da zudem für die in Rede stehende südliche Einfahrtseite des Vorhabengrundstücks lediglich zwei Stellplätze vorgesehen sind und die Kläger dem Vortrag der Beigeladenen, wonach die anderen zwei Fahrzeuge auf der nördlichen Seite des Vorhabengrundstücks und damit aus Sicht der Kläger entfernten Seite des Grundstücks abgestellt werden, nicht entgegengetreten sind, ist auch insgesamt ein zusätzlicher nennenswerterer An- und Abfahrtsverkehr zulasten der Kläger nicht erkennbar. Dies betrifft ebenso den An- und Abfahrtsverkehr während der Dunkelheit. Inwieweit hier das Scheinwerferlicht der beiden Fahrzeuge der Beigeladenen – ursächlich zurückgehend auf das Bauvorhaben – ein Maß der Unzumutbarkeit erreichen könnte, erschließt sich dem Gericht nicht. Hierzu haben die Kläger auch nicht näher vorgetragen.
3. Soweit die Kläger auf einen Verstoß gegen nachbarschützende brandschutzrechtliche Vorschriften verweisen, können sie damit nicht durchdringen. Solche haben sie schon nicht konkret benannt. Auch haben die Beigeladenen zutreffend angemerkt, dass sich aus §§ 14, 5 BbgBO ergebende Anforderungen für einen feuerwehrgerechten Zugang erfüllt sind, kommt den Vorschriften hinsichtlich einer Zufahrt und den Aufstellflächen für die Feuerwehr ein nachbarschützender Charakter nicht zu (vgl. VG Halle, Beschluss vom 08. Dezember 2021 – 23 229/21 HAL – juris, Rn. 19).
4. Soweit die Kläger vortragen, dass der Anbau und/oder das Nebengebäude auch für gewerbliche Zwecke genutzt werden, sind hierfür keine belastbaren Hinweise ersichtlich. Jedenfalls ist eine gewerbliche Nutzung von der Baugenehmigung nicht umfasst und daher nicht streitgegenständlich.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind dem Kläger aufzuerlegen, weil sie einen – erfolgreichen – Antrag gestellt und sich somit auch einem Kostenrisiko ausgesetzt haben.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.