Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 12. Kammer | Entscheidungsdatum | 16.06.2023 | |
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Aktenzeichen | 12 Sa 1159/22 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2023:0616.12SA1159.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 233 S 1 ZPO |
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom
17. Oktober 2022 – 5 Ca 499/22 – und das dortige gerichtliche Verfahren seit Einspruchseingang aufgehoben. Der Rechtsstreit wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – an das Arbeitsgericht Neuruppin zurückverwiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten vorrangig um Arbeitsentgelt.
Die Beklagte beschäftigte die Klägerin seit dem 1. März 2020 zunächst unter Vereinbarung einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 25 Stunden zu einem Monatsbruttoentgelt von 1.000 EUR, ab dem 1. Januar 2021 von 30 Stunden und 1.500 EUR brutto.
Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30. April 2021 zum 31. Mai 2021.
Mit Klage zum Arbeitsgericht, der Beklagten in den Briefkasten des Geschäftslokal zugestellt am 5. August 2022, hat die Klägerin das vertragliche Bruttoentgelt für die Monate März 2020 bis Mai 2021 geltend gemacht abzüglich 5.539 EUR als von der Beklagten erhaltener Nettobeträge und von 200 EUR wegen unbezahlten Urlaubs und außerdem die Herausgabe des Zertifikats für den Permanent Make-Up Kurs (Reg. Nr. B 162383).
Auf ihren Antrag hin ist am 19. August 2022 klagestattgebendes Versäumnisurteil gegen die Beklagte ergangen, wobei der Abzug wegen unbezahlten Urlaubs fallengelassen ist.
Das Versäumnisurteil ist der Beklagten am 25. August 2022 wiederum in den Briefkasten des Geschäftslokals zugestellt worden.
Am 5. September 2022 legte die Beklagte durch elektronisches Dokument seitens ihres Prozessbevollmächtigten Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein und beantragte vorsorglich für den Fall der Fristversäumung Wiedereinsetzung.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie sei schuldlos an der Einhaltung der Einspruchsfrist gehindert gewesen. Hierzu hat sie mit Dokument vom 14. September 2022 vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, sie hätte sich vom 29. Juli bis zum 4. September 2022 in den Urlaub begeben und für diese Zeit ihre einzige Mitarbeiterin, Frau B., gebeten, die Posteingangskontrolle vorzunehmen und sie persönlich anzurufen, sobald gerichtliche Schreiben beispielsweise in Form von Zustellungen eingingen. Die Mitarbeiterin habe versichert, dies zu tun. Als sie aus dem Urlaub zurückgekehrt sei, habe sie am 5. September 2022 bei der Durchsicht der Post festgestellt, dass sie eine Klage und ein Versäumnisurteil zugestellt erhalten hatte. Die Mitarbeiterin habe ihr auf Nachfrage mitgeteilt, sie habe den gelben Briefumschlägen keine besondere Bedeutung beigemessen. Sie sei davon ausgegangen, es würde sich um Werbung handeln. Warum die ansonsten zuverlässig arbeitende Mitarbeiterin nicht in der Lage gewesen sei, ein gerichtliches Schreiben von Werbezuschriften zu unterscheiden, könne sie sich nicht erklären. Sie habe sie ausdrücklich eingewiesen. In der Sache selbst sei gegen die geltend gemachten Ansprüche außerordentlich viel vorzutragen. Die erbrachten Zahlungen seien insbesondere Kurzarbeitergelder. Die Klägerin habe geraume Zeit überhaupt nicht gearbeitet.
Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht die Auffassung vertreten, der Beklagten sei die Wiedereinsetzung zu verwehren. Die pauschale Behauptung der Urlaubsabwesenheit sei unglaubwürdig. Die Fristversäumung sei verschuldet, weil die Beklagte keine ausreichenden Vorkehrungen für die Vermeidung des Büroversehens getroffen habe. Aufgrund einer vorgerichtlichen Geltendmachung mit Klageandrohung durch Schreiben vom 22. April 2022 habe die Beklagte mit einer gerichtlichen Geltendmachung rechnen müssen.
Am 17. Oktober 2022 hat das Arbeitsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und den Einspruch gegen das Versäumnisurteil als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Einspruch sei nach Ablauf der einschlägigen Wochenfrist ab Zustellung des Versäumnisurteils eingelegt worden und deshalb unzulässig. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei zurückzuweisen. Eine nicht sorgfältige Auswahl der beauftragten Mitarbeiterin sei offenkundig, wenn diese Werbung nicht von einer Zustellungsurkunde unterscheiden könne. Auch habe die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen, wann die Mitarbeiterin schon einmal mit einer solchen Aufgabe betraut worden sei. Zudem sei sie dem Vorbringen der Klägerin hinsichtlich des Bestreitens der Urlaubsabwesenheit und der Ankündigung von Ansprüchen vor Urlaubsantritt nicht entgegengetreten.
Gegen das ihr am 25. Oktober 2022 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 8. November 2022 Berufung eingelegt und – nach Fristverlängerung auf den 25. Januar 2023 – an diesem Tag begründet. Sie verfolgt weiter die Wiedereinsetzung und macht die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung an das Arbeitsgericht geltend. Sie ergänzt ihr Vorbringen zu den Wiedereinsetzungsgründen dahingehen, dass Frau B. zwischen dem 25. und dem 28. Juli 2022 entsprechend eingewiesen worden sei und auf Nachfrage erklärt habe, eine entsprechende Weisung zu verstehen. Aufforderungsschreiben der Klägerin vom 12. Februar oder 22. April 2022 habe sie nicht erhalten. Mit einer gerichtlichen Geltendmachung habe sie nicht rechnen müssen, weil das Arbeitsverhältnis seit einem Jahr beendet gewesen sei und die erhobenen Ansprüche sämtlich Zeiten von Kurzarbeit beträfen. Als Kleinstunternehmen habe sie nicht mehr tun müssen, als ihre einzige Mitarbeiterin in die Prüfung eingehender Post einzubinden. Sie habe drauf vertrauen dürfen, dass sich diese an die erteilten Weisungen halten werde, zumal die Mitarbeiterin ansonsten zuverlässig arbeite. Die Zahlungsforderung sei zu Unrecht zugesprochen. Den über den Antrag in der zugestellten Klageschrift hinausgehend im Termin geltend gemachten Bruttoanspruch habe sie nicht zugestellt erhalten. Die nur unregelmäßig und rudimentär erfolgten Arbeitsleistungen habe sie ordnungsgemäß abgerechnet. Die Voraussetzungen von Verzugsansprüchen seien nicht dargetan.
Die Beklagte beantragt,
unter Gewährung von Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einspruchsfrist zu dem Versäumnisurteil vom 19. August 2022 das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 17. Oktober 2022 - 5 Ca 499/22 - aufzuheben und die Sache an das Arbeitsgericht Neuruppin zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat im Berufungsverfahren nicht schriftsätzlich Stellung genommen.
Die Berufung ist zulässig und begründet.
I.
Die Berufung ist zulässig
Die Zulässigkeit der Berufung gegen die gemäß § 341 Absatz 2 Zivilprozessordnung (ZPO), § 55 Absatz 1 Nr. 4a Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) als Urteil ohne mündliche Verhandlung durch den Kammervorsitzenden allein ergangene Entscheidung des Arbeitsgerichts, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. GMP/Schleusener, 10. Aufl. 2022, ArbGG § 55 Rn 17a).
Wegen des 600 EUR übersteigenden Werts des Beschwerdegegenstandes ist die Berufung der Beklagten gemäß § 64 Absatz 2 Buchst. b ArbGG statthaft. Die Beklagte hat die Berufung innerhalb der Monatsfrist aus § 66 Absatz 1 Satz 1 ArbGG eingelegt und innerhalb der verlängerten Begründungsfrist begründet. Berufungseinlegung und Berufungsbegründung durch elektronisches Dokument genügen den formalen und inhaltlichen Anforderungen aus § 64 Absatz 6, § 46c Absätze 1 und 3, § 46g ArbGG, §§ 519 - 520 Zivilprozessordnung (ZPO).
Im Hinblick auf § 238 Absatz 2 Satz 1 ZPO ist somit die Berufung zulässig auch gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung gerichtet.
II.
Die Berufung ist begründet. Die Voraussetzungen für die von der Beklagten geltend gemachte Aufhebung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung und Zurückverweisung der Streitigkeit nach dort sind gegeben.
1. Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht als Berufungsgericht grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden, § 64 Absatz 6 ArbGG iVm. § 538 ZPO. Es darf aber, wenn eine Partei dies beantragt, in bestimmten Verfahrenssituationen – darunter die Verwerfung eines Einspruchs als unzulässig (§ 538 Absatz 2 Nr 2 ZPO) – die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen. Für das Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten ergänzt § 68 ArbGG, dass die Zurückverweisung wegen eines Mangels im Verfahren des Arbeitsgerichts unzulässig ist. Dies erfasst aber nicht die zu Unrecht ergangene Einspruchsverwerfung. § 538 Absatz 2 Nr. 2. ZPO erlaubt auch für das Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten die Zurückverweisung, wenn durch das angefochtene erstinstanzliche Urteil der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil fälschlicherweise als unzulässig verworfen ist (GK-ArbGG/Vossen § 68 Rn. 22). Erfasst sind die Fälle, wo erst das LAG dem Einspruchsführer nach Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und der Einspruch deshalb nicht unzulässig ist (Maul-Sartori, in: Düwell/Lipke, ArbGG - Kommentar, 5. Auflage 2019, § 68 Rn 18; Schwab in: Schwab/Weth, ArbGG, 6. Aufl. 2022, § 68 ArbGG, Rn 10). Hat das Arbeitsgericht einen Einspruch zu Unrecht als unzulässig verworfen, hat das Berufungsgericht nur zu prüfen, ob der Einspruch gegebenenfalls wegen Wiedereinsetzung ordnungsgemäß war, ohne dass eine materiell-rechtliche Prüfung der Klage stattfindet (LArbG Hamm, 14. März 2007 - 2 Sa 1284/06, juris Rn 17).
2. Die hieraus folgenden Voraussetzungen für eine Zurückverweisung sind vorliegend gegeben.
a. Der erforderliche Parteiantrag liegt mit dem Antrag der Beklagten vor.
b. Das Arbeitsgericht hat den Einspruch der Beklagten zu Unrecht als unzulässig verworfen. Die Beklagte hat die einwöchige Einspruchsfrist aus § 59 Satz 1 ArbGG ohne ein Verschulden versäumt, so dass ihr Wiedereinsetzung zu gewähren ist. Somit ist zu fingieren, dass die tatsächlich verspätete Einspruchseinlegung von der Beklagten rechtzeitig vorgenommen wurde (vgl. BGH, 8. Oktober 1986 - VIII ZB 41/86, juris Rn 10; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, § 233 Rn 1). Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen, nämlich im Hinblick auf die rechtsanwaltliche Vertretung der Beklagten die formwahrende Einreichung als elektronisches Dokument, sind gewahrt, so dass der Einspruch zulässig ist.
Zu den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im Einzelnen:
aa. Die formalen Voraussetzungen der Wiedereinsetzung sind gegeben. § 59 Satz 1 ArbGG zählt die Einspruchsfrist gegen ein Versäumnisurteil zu den Notfristen, gegen deren Versäumung nach § 233 Satz 1 ZPO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig ist. Der nach § 236 ZPO erforderliche formwahrende Antrag ist zusammen mit dem Einspruch am 5. September 2022 erfolgt. Die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist aus § 234 Satz 1 ZPO ist beachtet. Antrag und Begründung sind bis zum 14. September 2022 bei dem Arbeitsgericht eingegangen und damit innerhalb von zwei Wochen nach dem 5. September 2022, dem Tag als die Beklagte die Zustellung des Versäumnisurteils entdeckte und damit das Fristwahrungshindernis behoben war, vgl. § 234 Absatz 2 ZPO. Schließlich hat die Beklagte die Wiedereinsetzungsgründe durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, vgl. § 236 Absatz 2 Satz 1 ZPO.
bb. Die materiellen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung sind ebenfalls gegeben. Die Beklagte war ohne ihr Verschulden verhindert, die Einspruchsfrist zu wahren.
(1) Ob ein Verschulden der Partei oder ihres Vertreters vorliegt, ist nach dem objektiv-abstrakten Maßstab des § 276 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu beurteilen (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, § 233 Rn 12). Die Partei hat also Vorsatz, aber auch jede Form der Fahrlässigkeit zu vertreten. Maßgeblich ist die Sorgfalt einer ordentlichen Prozesspartei (Greger, aaO; MüKoZPO/Stackmann, 6. Aufl. 2020, ZPO § 233 Rn 32). Teilweise wird vertreten, es müsse der Partei nach deren subjektiven Verhältnissen ein Vorwurf gemacht werden können (Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Auflage 2016, Rn 25). Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Prozessbevollmächtigten wird zugerechnet, Verschulden sonstiger Dritter nicht. Die Vorschrift zur Zurechnung des Verschuldens von Erfüllungsgehilfen in § 278 BGB ist nicht entsprechend anwendbar (BGH, 21. Januar 2009 - VIII ZR 107/08, juris Rn 16; MüKoZPO/ Stackmann, 6. Auflage 2020, ZPO § 233 Rn 36). Fehler von Angestellten der Partei begründen daher die Wiedereinsetzung, solange keine Eigenverantwortlichkeit im Sinne eines Aufsichts-, Organisations- oder Informationsverschuldens hinzutritt (Greger, aaO Rn 16).
(2) Vorliegend ist die Versäumung der Einspruchsfrist in dem Versehen der Mitarbeiterin B. der Beklagten begründet, die entgegen den ihr erteilten Anweisungen die Beklagte nicht über die Zustellung einer Sendung des Arbeitsgerichts, nämlich des Versäumnisurteils vom 19. August 2022, telefonisch unterrichtet hat. Das Verschulden von Frau B. ist der Beklagten nicht zuzurechnen. Frau B. war weder ihre Prozessbevollmächtigte noch kommt nach den dargestellten Grundsätzen eine Zurechnung wegen des bestehenden Arbeitsverhältnisses in Betracht.
(3) Ein Organisationsverschulden der Beklagten ist entgegen dem Arbeitsgericht nicht anzunehmen. Dies gilt auch bei Zugrundelegung allgemeiner Sorgfaltspflichtanforderungen, so dass es auf die Beantwortung der Frage, ob die Beklagte als Kleinunternehmerin eine weniger strenge Sorgfalt zu wahren hatte, nicht ankommt.
(a) Maßgebend ist insoweit, dass es sich bei den Frau B. erteilten Anweisungen um einfach zu verstehende und umzusetzende Vorgaben handelt. Sie sollte eingehende Sendungen auf den Absender überprüfen und bei Post von Gerichten die Beklagte unter der ihr mitgeteilten Rufnummer anrufen. Eine Umsetzung dieser Vorgaben und deren Befolgung kann von jeder so angewiesenen Person erwartet werden. Deshalb konnte die Beklagte davon ausgehen, dass Frau B. die Anweisungen verstehen und beachten würde. Sie durfte sie daher mit dieser Aufgabe betrauen, ohne dass ihr deshalb ein Organisationsverschulden vorzuwerfen sein würde.
(b) Zwar kann dem Arbeitsgericht darin gefolgt werden, dass Zweifel an der Eignung von Frau B. bestehen, eine Posteingangskontrolle vorzunehmen, weil sie Werbung nicht von der Zustellung von Gerichtspost unterscheiden konnte. Entsprechende Zweifel sind aber erst einige Zeit nach ihrer Betrauung mit der Aufgabe erkennbar geworden, als die Beklagte nach Rückkehr aus dem Urlaub das Versehen bemerkt hatte. Für ein Organisationsverschulden würde es aber erforderlich sein, dass die Beklagte bereits vor der Betrauung die fehlende Eignung von Frau B. hätte erkennen müssen und sie sie deshalb fahrlässig für die Aufgabe ausgewählt hätte. Hierfür ist nichts ersichtlich. Frau B. hatte gegenüber der Beklagten bekundet, die Anweisungen verstanden zu haben. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Frau B. sich zuvor gegenüber der Beklagten als unzuverlässig erwiesen hätte oder für eine einfache Posteingangskontrolle als ungeeignet.
(c) Das Versäumen einer Erprobung begründet ebenfalls kein Organisationsverschulden der Beklagten. Wie bereits ausgeführt, konnte die Beklagte von Frau B im Hinblick auf die Einfachheit der Anweisungen auch ohne Erprobung erwarten, dass sie sie beachten würde.
(4) Die übrigen Überlegungen seitens des Gerichts oder der Klägerin begründen ebenfalls nicht die Verweigerung der Wiedereinsetzung. Die Urlaubsabwesenheit der Beklagten ist durch deren eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht. Die vorgerichtlichen Geltendmachungsschreiben würden nur dann zu erhöhten Sorgfaltspflichtanforderungen führen können, wenn sie der Beklagten zugegangen sein würden. Dies hat die Beklagte aber bestritten und die Klägerin hat keinen Nachweis geführt. Die Klagezustellung fällt bereits in den Zeitraum der Urlaubsabwesenheit der Beklagten. Überdies geht die Kammer davon aus, dass die Beklagte auch bei unterstelltem Zugang der vorgerichtlichen Geltendmachungsschreiben in Gestalt der Beauftragung der Frau B. mit der Posteingangskontrolle hinreichende Vorkehrungen getroffen haben würde.
c. Entscheidungsreife, wie sie der Zurückverweisung entgegenstehen würde, liegt nicht vor. Beide Parteien hatten noch nicht ausreichend Gelegenheit zur Begründetheit der Klageforderung vorzutragen. Es ist bereits nicht ersichtlich, ob Arbeitsentgelt für geleistete Arbeit oder unter anderen Gesichtspunkten etwa als Verzugslohn geltend gemacht wird. Außerdem könnte die von den Parteien angesprochene Kurzarbeit von Bedeutung sein sowie die von der Beklagten behaupteten Abrechnungen und möglicherweise von ihr bereits abgeführte Steuern und Sozialversicherungsbeiträge.
d. Bei der Ausübung des ihr durch § 538 Absatz 2 ZPO eingeräumten Ermessens hat sich die Kammer, weil die Klägerin einer Zurückverweisung nicht ausdrücklich entgegengetreten ist und im Hinblick auf den Umfang der noch ausstehenden Klärungen dafür entschieden, die Sache zurückzuverweisen.
III.
Die Kostenentscheidung ist der abschließenden Entscheidung in der Sache vorzubehalten.
Veranlassung, in Anwendung von § 72 Absatz 2 ArbGG die Revision zuzulassen, bestand nicht.
Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben.
Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen.