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Entscheidung 10 Sa 1143/22


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 10. Berufungskammer Entscheidungsdatum 15.06.2023
Aktenzeichen 10 Sa 1143/22 ECLI ECLI:DE:LAGBEBB:2023:0615.10SA1143.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art. 5 GG, § 9 KSchG, § 626 BGB, § 1 KSchG, § 10 KSchG

Leitsatz

1) Für Lehrer gelten im Privatbereich grundsätzlich die gleichen Rechte auf Meinungsfreiheit wie für andere Menschen.
2) Wesentliche Aspekte der Kündigung, die dem Personalrat nicht mitgeteilt worden sind, können im Kündigungsschutzverfahren nicht verwendet werden.
3) Pflichtverletzungen, die vom Arbeitgeber nur abgemahnt wurden, können nicht mehr zur Kündigungsbegründung herangezogen werden.

Tenor

I.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. September 2022 – 22 Ca 223/22 abgeändert.

1.

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentlichen, fristlosen Kündigungen vom 19. August 2021 und 15. Juli 2022 sowie die jeweils hilfsweise dazu ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen nicht aufgelöst worden ist.

2.

Das beklagte Land wird verurteilt, die Abmahnung vom 13. Januar 2021 ersatzlos aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

II.

Auf den Auflösungsantrag des beklagten Landes wird das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 72.275,28 EUR brutto mit Ablauf des 31. März 2022 aufgelöst.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.

IV.

Der Gebührenwert für das Berufungsverfahren wird auf 42.160,58 EUR festgesetzt.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier außerordentlicher und jeweils hilfsweise ordentlicher Kündigungen vom 19. August 2021 und 15. Juli 2022 sowie die Entfernung einer Abmahnung vom 13. Januar 2021 aus der Personalakte des Klägers.

Der Kläger ist … Jahre alt, verheiratet und seit dem 29. August 2008 als Lehrkraft, zuletzt am Oberstufenzentrum A im Fach Medienproduktion beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) nebst den diesen ergänzenden Tarifverträgen Anwendung. Der Kläger ist in Entgeltgruppe 13 entsprechend zuletzt 6.022,94 EUR brutto/mtl. eingruppiert. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 TV-L ist der Kläger verpflichtet, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung gewissenhaft und ordnungsgemäß auszuführen. Entsprechend § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L ist der Kläger verpflichtet, sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen.

Das beklagte Land hat das Arbeitsverhältnis zunächst am 19. August 2021 fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 31. März 2022 und sodann noch einmal am 15. Juli 2022 fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 31. März 2023 gekündigt.

Unter dem 13. Januar 2021 wurde der Kläger vom beklagten Land abgemahnt. In dem vierseitigen, einzeilig beschriebenen Text der Abmahnung heißt es auszugsweise:

Ich muss Sie leider wegen des folgenden Vorfalls abmahnen:

1. Veröffentlichung und Bewerbung von verschwörungstheoretischen Inhalten und der Aufforderung an Schülerinnen und Schüler zum Nichtragen einer Maske in Ihrer Funktion als Lehrer

Sie veröffentlichen regelmäßig Video- und Wortbeiträge auf der Internetplattform … und betreiben zudem unter anderem die Internetseite …

In diesen Beiträgen treten Sie regelmäßig als „Lehrer aus Berlin“ oder Lehrer/Berlin“ auf.

Sie warben für Ihre Veröffentlichungen im von Ihnen erteilten Unterricht. Durch Ihre Eigenbezeichnung als „Lehrer in Berlin“ und Lehrer am OSZ A“ erregt die von Ihnen vertretene Meinung den Anschein, sie würden der Auffassung der Behörde entsprechen, was jedoch nicht der Fall ist.

Ihre Videos tragen Titel wie: „Angies NEO-Faschismus wird in Kürze krachend scheitern“, „Maske tragen ist dumm! Ihr werdet krank und Ihr werdet letztlich daran sterben!“ und ähnliches. Dies und die sonstigen Inhalte (z.B. „Schülerinnen und Schüler gegen die Maskenpflicht ist eine gute Sache“, „Maske tragen ist dumm“, „es gibt weit und breit kein Virus – vor was wollen Sie sich schützen“) ihrer Veröffentlichungen entsprechen in keiner Weise der Auffassung Ihrer Dienstherrin und widersprechen jeder Hinsicht dem Mäßigungsgebot, welches einer Lehrkraft einer staatlichen Schule obliegt.

Soweit Sie nach Auffassung der Behörde falsche und gefährliche Inhalte verbreiten, die als Meinung der Schule, der Schulbehörde oder der Verwaltung dargestellt werden oder verstanden werden können, ist die Verbreitung Ihrer Auffassung eine Dienstpflichtverletzung und kann nicht hingenommen werden.

Vorzuwerfen ist Ihnen insbesondere, dass Sie für die von Ihnen geäußerten Meinungsbekundungen im Unterricht und im Lehrerzimmer werben.

Ihre Auffassungen sind nicht nur dazu geeignet Schülerinnen und Schüler dazu anzuregen, sich ordnungswidrig zu verhalten, sondern auch sich und andere zu gefährden.

2. Veröffentlichung beleidigender Inhalte gegen Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und Ihre Dienstherrin

Soweit Sie zusätzlich zu den unter 1. genannten auch noch beleidigende Inhalte verbreiten, verstärkt dies Ihre Dienstpflichtverletzung noch erheblich.

Dies geschah beispielsweise unter Ihrem Video …

Dort heißt es in einem von Ihnen abgesetzten Kommentar:

„Ich werde jetzt zum Dienstgespräch geordert, weil ich im Sommer Schüler fragte, warum sie denn eine Maske tragen würden, es sei doch gar keine Maskenpflicht. Einige der Schüler gehören zur Neo-Stasi, schreiben alles mit, was Lehrer sagen und verpfeifen sie beim Direktor. …

Darin ist eine Beleidigung ihrer Schülerinnen und Schüler zu sehen. Es ist das gute Recht der Schülerinnen und Schüler vermeintliche oder tatsächliche Pflichtverletzungen anzuzeigen. Sich über die Schülerinnen und Schüler deswegen beleidigend oder verspottend zu äußern, steht Ihnen nicht zu und kann nicht hingenommen werden. …

3. Vernachlässigung Ihrer Unterrichtspflichten

Sie unterrichten das Fach „Kommunikations- Informations- und Medientechnik, sowie Computer- und Netzwerktechnologie. Mit Schreiben vom 28. Juli 2020 teilten Schülerinnen und Schüler der … mit, dass Sie insbesondere seit Beginn von „Fridays for Future“ permanent im Unterricht ihre politische Meinung mitteilen. Sie teilen zwar mit, dass Sie zum regen Austausch bereit seien, taten aber Ihnen widersprechende Meinungen ab und schrien sogar andersdenkende Schülerinnen und Schüler an, sie würden Ihre Meinung nicht akzeptieren und seien uninformierte Marionetten der Regierung.

Es kommt erschwerend hinzu, dass Sie Schülerinnen und Schüler dazu aufgefordert haben, Ihrem T…-Kanal beizutreten und zu verfolgen, in dem ebenfalls Verschwörungstheorien verbreitet werden, auf deren Inhalt es allerdings im Einzelnen nicht ankommt, …

4. Gesundheitsgefährdung von Schülerinnen und Schülern, Aufforderung zur Ordnungswidrigkeit

Am 29.10.2020 holten Sie die Schülerin R… aus dem Unterricht und erklärten ihr, dass sie ihre Mund-Nasenbedeckung nicht tragen müsse, weil dies Husten verursache …

Die Schülerinnen und Schüler der … berichten, dass, obwohl Sie berichteten, dass Ihr Sohn mit Covid19-Symptomen zu Hause läge, dass Sie mit ihm teilen, Sie im Unterricht keine Mund- Nasenbedeckung trugen und sich auch nicht an den Mindestabstand in der Klasse …hielten.

5. Störung des Betriebsfriedens

Im bereits benannten Schreiben von dem Vater des Schülers W… teilt uns dieser mit, dass Sie im Klassenzimmer die rechtspopulistische Zeitschrift „Demokratischer Widerstand“ für Kollegen auslegen. … Die Schülerin R… berichtet ebenfalls, dass Sie in der Klasse Ihren Mund-Nasenschutz abnahmen, um dann davon zu berichten, dass die Freundin Ihres Sohnes, der mit Ihnen zusammen im Haushalt lebt, positiv auf das Corona-Virus getestet ist. Es ist ganz offensichtlich, dass dies den Schulfrieden erheblich stört und jeder vernünftig denkende Mensch äußerst besorgt ist, … Dies führt letztlich dazu, dass viele Schülerinnen und Schüler inzwischen verständlicherweise beabsichtigen, den von Ihnen gehaltenen Unterricht nicht mehr zu besuchen. … Besorgte Eltern melden sich, und teilen mit, dass Ihre Kinder nicht mehr von Ihnen unterrichtet werden dürfen.

Nach unseren bisherigen Erkenntnissen ist diese Sorge der Schulgemeinde berechtigt, da Sie sowohl versuchen, Schülerinnen und Schüler ideologisch zu indoktrinieren, als auch nicht davor zurückschrecken, die Gesundheit der Schulgemeinde zu gefährden.

Ihre nicht hinnehmbare Störung des Schulfriedens wird nicht nur durch Ihr Verhalten gegenüber den Schülerinnen und Schülern, sondern auch gegenüber Ihren Kollegen begründet. … Sie beschuldigen Ihre Kolleginnen und Kollegen „logisch und wissenschaftlich nicht mehr denken zu können“, sie haben im Dienstchat in der MitarbeiterInnengruppe, als auch gegenüber Schülerinnen und Schülern zu Querdenkerdemos aufgerufen und verschwörungstheoretisches Gedankengut geteilt …

Selbst nachdem Ihnen die Diskussion um Ihre Person und Ihre Meinungen bekannt geworden sind, warben Sie mit undatiertem Schreiben an die Schülerinnen und Schüler für Ihren T…-Kanal.

Die Abmahnung endet mit folgendem Text:

Folgende Dienstanweisungen gelten, soweit sie nicht bereits Grundlage der Abmahnung sind, davon unabhängig:

Ihre privaten Meinungskundgebungen, insbesondere die, die Sie als „Lehrer in Berlin“ verbreiten, haben maßvoll zu erfolgen. Beleidigende Inhalte haben zu unterbleiben.

Ihre privaten Meinungsäußerungen dürfen in keiner Weise den Eindruck entstehen lassen, dass diese die Meinung Ihres Dienstherrn wiedergibt.

Sie haben sich im Unterricht auf den Unterrichtsinhalt zu fokussieren. Exkurse über die sogenannte „Coronakrise“ und damit zusammenhängende Themen haben nach Möglichkeit zu unterbleiben. Wenn solche Exkurse unvermeidlich sein sollten, ist hier auf Ausgewogenheit und die notwendige Kürze zu achten.

Solange es eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasenbedeckung gibt, haben Sie Schülerinnen und Schüler sowie Kolleginnen und Kollegen nicht aufzufordern keine Maske zu tragen.

Soweit Sie kein geeignetes ärztliches Attest vorlegen können und solange und soweit es eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung gibt, haben Sie auch eine solche zu tragen.

Werbung für Ihre Internetauftritte in der Schule, insbesondere im Lehrerzimmer und im Unterricht, auch Onlineunterricht, haben zu unterbleiben.

Sollten sich derartige oder gleichartige Pflichtverletzung wiederholen, oder Sie sich nicht an die erteilten Dienstanweisungen halten, müssen Sie mit weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen, bis hin zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger unterhielt zumindest im Sommer 2021 und Sommer 2022 bei einem Videoportal im Internet einen sogenannten Kanal. Mittels dieses Kanals machte der Kläger Videos öffentlich, in denen er sich darstellte und zu verschiedenen (politischen) Themen Positionen vertrat.

Mit Schreiben vom 17. August 2021 beteiligte das beklagte Land vor der unter dem 19. August 2021 ausgesprochenen Kündigung den bei ihr gebildeten Personalrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung und in einem weiteren Schreiben vom selben Tag zu einer beabsichtigten hilfsweise ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung.

In dem Schreiben zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung hat das beklagte Land u.a. ausgeführt:

Bereits mit Abmahnung vom 13.01.2021 wurde Herr B… auf die ordnungsgemäße Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen hingewiesen.

Nachdem der Schulaufsicht am 09.08.2021 erstmals entsprechende Hinweise erteilt wurden, ist der Dienststelle durch den am 10.08.2021 im Internet veröffentlichten Artikel von www.rbb24.de sowie am 12.08.2021 durch die nach näherer Prüfung von der Schulaufsicht gemachte Mitteilung, bekannt geworden, dass sich Herr B. erneut gravierende Verletzungen seiner Dienstpflicht hat zu Schulden kommen lassen und sich nicht an die in der Abmahnung genannten Anweisungen gehalten hat. Im Detail handelt es sich um folgende Sachverhalte:

1. Video vom 05.08.2021 „Denken verboten“

In dem … Video … tätigt er folgende Aussagen:

[…] Diese Impfstation in den Schulen zu errichten ist aus vielerlei Gründen einfach nur falsch und ich verstehe nicht, wie die Schulsenatorin Sch… in Berlin dieses genehmigen konnte. Wahrscheinlich steht sie derzeit selbst unter einem massiven Druck das zu tun, aber es macht einfach keinen Sinn, es macht überhaupt keinen Sinn. Ja, außer den, eingeschüchterte Schüler zum Impfen zu (* zeigt eine drückende Handbewegung*) bewegen, (es erscheint auf dem Bildschirm ein Untertext: ‚Das ist Psychoterror und diesen darf man sehr wohl als perfiden Zwang ansehen‘) um nicht das Wort Zwang aussprechen zu müssen. […].

Herr B ist verpflichtet, auf die geschäftlichen Interessen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Rücksicht zu nehmen und sie in zumutbarem Umfang zu wahren. Durch die hiesige Behörde wird durch die mobilen Impfteams ein Impfangebot für Schülerinnen und Schüler geschaffen, doch mit seinen Aussagen in jenem frei verfügbaren Video sowie dem Hinweis, dass er als Lehrer tätig ist, hintertreibt und verunglimpft Herr B dieses Angebot.

Außerdem ist er erneut öffentlich nicht loyal gegenüber seiner Dienstherrin aufgetreten. So wirft er ihr Psychoterror und perfiden Zwang vor und dass Schülerinnen und Schüler eingeschüchtert werden, damit diese sich impfen lassen. Dies entspricht nicht der Wahrheit, da keine Schülerinnen oder Schüler zu Impfungen gezwungen werden. Sie werden über die Möglichkeit einer Impfung aufgeklärt und haben sodann die Möglichkeit, sich freiwillig impfen zu lassen. Ferner wird bei minderjährigen Schülerinnen und Schülern ein Einverständnis der Eltern vorausgesetzt, ggf. ist ihr Beisein bei der Impfung erforderlich. Es wird kein Druck auf diese ausgeübt und kein Psychoterror betrieben.

Es handelt sich hier um eine Beleidigung der Dienstherrin, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung bedeutet, sowie das Ansehen der Dienstherrin schädigt. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit schützt keine Beleidigungen und bloße Schmähungen und auch keine bewusst unwahren Tatsachenbehauptungen bzw. Halbwahrheiten. Auch müsse das Recht der freien Meinungsäußerung des Klägers hinter dem Recht seiner Dienstherrin zurücktreten, nicht in der Öffentlichkeit pauschal diffamiert zu werden.

Insbesondere dürfen vom Kläger als Arbeitnehmer auch keine falschen Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden, die geeignet sind, seine Arbeitgeberin in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.

2. Video vom 19.7.2021 „Sie machen Tempo! Und ich denke …“:

In einem weiteren von Herrn B erstellten und hochgeladenen …Video mit dem Titel „Sie machen Tempo! Und ich denke …“ wird zu Beginn ein Bild gezeigt, auf dem ein Tor mit der Aufschrift „IMPFUNG MACHT FREI“ zu sehen ist. Ein Screenshot … ist als Anlage 4 beigefügt. Das oben genannte Bild ist das sechst Bild in der zweiten Zeile.

Es gibt hier ganz offensichtlich Parallelen zum Tor des Konzentrationslagers Sachsenhausen, welches, wie andere Konzentrationslager auch, die Aufschrift „ARBEIT MACHT FREI“ trägt. Herr B vergleicht hier also das derzeitige Werben um eine Impfbereitschaft in der Pandemie mit dem System der Konzentrationslager zu Zeiten des Nationalsozialismus. Damit werden die Unrechtstaten sowie die Politik des Nationalsozialismus massiv von ihm verharmlost.

Lehrer Berliner Schulen haben den Bildungsauftrag zu erfüllen. Schülerinnen und Schüler sollen zu Persönlichkeiten herangebildet werden, die fähig sind, der Ideologie des Nationalsozialismus und allen anderen zur Gewaltherrschaft strebenden politischen Lehren entschieden entgegenzutreten sowie das staatliche und gesellschaftliche Leben auf der Grundlage der Demokratie, des Friedens, der Freiheit und der Menschenwürde zu gestalten, vgl. § 1 Berliner Schulgesetz.

Der von Herrn B getätigte Vergleich und sein vorgenanntes Verhalten zeigen, dass er gegen diese Verpflichtung massiv verstoßen hat. Dies stellt eine nicht zumutbare Handlung dar, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.

3. Außenwirkung

Durch die auf … veröffentlichten Videos erreicht Herr B eine Vielzahl von Menschen, auch Schüler/innen.

Interessenabwägung:

Das für eine Fortsetzung in eine Tätigkeit mit Herrn B unverzichtbare Vertrauen ist durch das oben genannte Verhalten von Herrn B irreparabel zerstört. Die Abwägung mit dem Interesse von Herrn B an einer Weiterbeschäftigung fällt, trotz der mehr als 12-jährigen Beschäftigungszeit und seiner familiären Situation, im Ergebnis zu Ungunsten von Herrn B aus.

Ich habe im Zuge der zwingend erforderlichen Interessenabwägung soweit möglich geprüft, ob Herr B sich in einer persönlichen Ausnahmesituation befunden haben könnte, die ihn möglicherweise zu solchen Handlungen getrieben haben oder diese wesentlich mitverursacht haben könnte. Solche sind mir nicht bekannt.

Ich bewerte das unter den oben genannten Ziffern 1 und 2 im Einzelnen dargelegte Verhalten von Herrn B als äußerst schwerwiegende Pflichtverletzungen.

In dem Schreiben zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung vom 17. August 2021 führte das beklagte Land den identischen Kündigungsvorwurf auf.

Nachdem der Kläger gegen diese Kündigungen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Berlin erhoben hatte, hat das beklagte Land in diesem Verfahren mit Schriftsatz vom 11. April 2022 nach diesbezüglicher Anhörung des Personalrats unter dem 25. März 2022 einen Kündigungsgrund nachgereicht.

In der Personalratsanhörung hat das beklagte Land u.a. ausgeführt:

Jeweils mit Schreiben vom 19.08.2021 wurde das Arbeitsverhältnis mit Herrn B… außerordentlich fristlos und hilfsweise fristgemäß aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt.

Hierzu hatte ich Sie jeweils mit Schreiben vom 17.08.2021 beteiligt / um Mitbestimmung gebeten. Auf diese Beteiligung/Mitbestimmung nehme ich ausdrücklich Bezug.

Gegen diese Kündigungen hat Herr B… Kündigungsschutzklage erhoben. Diese ist beim Arbeitsgericht Berlin … anhängig. Der Termin zur Kammerverhandlung findet am 27.04.2022 statt.

Nach Ausspruch der Kündigung wurde Herr Sch…, Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, aufgrund von Recherchen am 17.03.2022 anlässlich der Nachfrage des Gerichtes vom 16.03.2022 ob der Kläger (Herr B…) die einleitenden Worte „Mein Name ist B…, ich bin Lehrer in Berlin“ benutzt, ein bereits am 31.08.2020 veröffentlichtes Video bekannt. Der Inhalt des Videos soll im Kündigungsschutzverfahren sowohl zur Begründung der außerordentlichen fristlosen als auch der hilfsweise ordentlichen Kündigung nachgeschoben werden (§ 79 i.V.m. § 87 Nr. 8 Personalvertretungsgesetz analog). Im Einzelnen:

I.

Am 31.08.2020 Hat Herr B… ein Video mit dem Titel „Kommt, wir stürmen den Reichstag! ;-) (Zwinkersmiley) unter https://... Veröffentlicht. Das Video habe folgenden Untertitel:

„Urlaubsfoto aus Berlin? – Brandenburger Tor? Nö. – Dom? Nö. Heute mal Reichstag. Oh, ja! Was sollen denn all die Zäune hier? Was will denn die Polizei von uns? Warum schreibt die Zeitung so einen Käse? Es ist lächerlich, was da wieder in den Medien steht … Unseren Polizisten brennt der Arsch, denn viele von uns waren vor Ort und wissen, was da los war!

Sie haben auch immer berichtet, dass Robert F. Kennedy vor einer großen Menschenmenge am großen Stern eine historische Rede hielt. Wann wird das nachgeholt?“

In dem Video äußert sich Herr B… unter anderem wie folgt:

Heute Morgen ist mir ja wieder das Lachen im Halse stecken geblieben. Bundesverdienstkreuz für Reichstagshelden. Was soll denn das sein, Reichstagshelden? Aha, es sollen angeblich Leute den Reichstag gestürmt haben, ehm, Es gibt Bilder davon was da passiert ist, ja? Kann man sich auch angucken. Hmm, da haben ein paar Übermütige ein paar Absperrungen überklettert und ein Gruppenfoto auf den Treppen des Reichstags gemacht. Daraufhin ist dann die Polizei gekommen, hat ihren Job gemacht und gesagt Leute, zurück hinter die Absperrung, Husch Husch ja, so geht das aber nicht hier, das wars. Und das steht jetzt in der Zeitung, dass die Politik das Bundesverdienstkreuz fordert für die Reichstagshelden, für die Polizisten, die Husch Husch sagen, jetzt geht mal weg da, wird es ein Bundesverdienstkreuz geben. Ich fordere jeden Bundesverdienstkreuzträger auf, wenn er nur ein bisschen Ehre in der Brust hat, dieses Ding mit einem Brief zurückzuschicken. An die Politik, die so etwas fordert. Das Bundesverdienstkreuz ist eine Auszeichnung für außerordentliche Verdienste und nicht dafür, dass man seinen normalen Job macht. Ja? Ich tue jetzt auch meinen normalen Job. Und ich sage jetzt, dass diese Berichterstattung und diese Forderung, völlig aus der Luft gegriffen und völlig lächerlich sind und wiederum an der Demokratie unseres Landes kratzen. So etwas kann man nicht tun. Weder solche Berichte schreiben, noch solche Forderungen stellen. Es wird heute überhaupt nicht mehr über Corona gesprochen, sondern nur noch über den Reichstagssturm. Der hat nicht stattgefunden. Es war kein Sturm, ein Sturm im Wasserglas vielleicht, eine übermütige Aktion von, ja, Übermütigen. Das war das, was da vorgestern stattgefunden hat. Vielleicht versuchen ja jeden Tag wieder Leute vor dem Reichstag Fotos zu machen. Jo, ne, macht wohl jeder gerne, [unverständlich]… guck mal, schönes altes Gebäude, hängt viel Geschichte dran, mach ich doch mal ein Foto davor, schwenk mal meine Lieblingsfahne, die von Deutschland, die von Schweden, die von weiß der Teufel was, schönes Erinnerungsfoto, so war das gedacht, davon kannste ausgehen, also, Bundesverdienstkreuz mit nem gepfefferten Schreiben hintendran bitte an die Bundeskanzlerin adressieren und zurückgeben. Tschüss [Hervorhebungen durch den Unterzeichner]

Diversen Presseveröffentlichungen ist zu entnehmen, dass nach Polizeiangaben mehrere hundert Personen (etwa 300 bis 400) Absperrgitter am Reichstag überrannt, die Treppe hochgestürmt und sich vor dem Besuchereingang des Reichstagsgebäudes aufgebaut haben. Es wurden auch schwarz-weiß-rote Reichsflaggen geschwenkt. Die Polizei konnte die Personen. U.a. unter Einsatz von Pfefferspray, zurückdrängen.

Als Anlage finden Sie beigefügt folgende Auszüge aus der Presse, beigefügt als Anlagenkonvolut 1: …

Ausweislich von Pressemitteilungen wurden im Nachgang Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs, Beleidigung, Bedrohung, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Körperverletzung und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Beispielhaft finden Sie folgende Veröffentlichungen, beigefügt als Anlagenkonvolut 2:

II.

1.

Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sind gemäß § 241 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 TV-L verpflichtet, berechtigte Loyalitätspflichten des Arbeitgebers zu wahren. Sie müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Einem Lehrer obliegt dabei eine gesteigerte Loyalitätspflicht.

Lehrer des Landes Berlin haben gem. § 1 des Berliner Schulgesetzes folgenden Bildungsauftrag wahrzunehmen: …

In § 67 Berliner Schulgesetz heißt es zu den Aufgaben und der Stellung der Lehrkräfte unter anderem wie folgt: …

2.

Mit den unter Ziffer I. zitierten Äußerungen hat Herr B… sowohl gegen die ihm obliegende Loyalitätspflicht als auch gegen den ihm obliegenden Lehrauftrag verstoßen.

Nach Aussage von Herrn B… hätten ein paar übermütige Personen eine Absperrung überklettert und ein Gruppenfoto gemacht. Er vergleicht die Situation mit Menschen, die vor dem geschichtsträchtigen Gebäude Fotoaufnahmen machen und dazu gegebenenfalls ihre Lieblingsfahne schwenken.

Tatsächlich haben diese Personen sich unter Anwendung von Gewalt Zugang zum abgesperrten Reichstagseingang verschafft und konnten nur unter Anwendung polizeilicher Gewalt zurückgedrängt werden.

Ein derartiges Verhalten kann den Straftatbestand des Landfriedensbruchs (§ 125 StGB) erfüllen. § 125 Abs. 1 StGB hat folgenden Wortlaut: …

Herr B… verharmlost die Situation, indem er diese mit alltäglichen Situationen gleichstellt (Fotografieren im Rahmen von Stadtbesichtigungen), bzw. vergleicht. Wie soll jemand, der solche Äußerungen tätigt, Schüler zu Persönlichkeiten heranbilden, die fähig sind, gewalttätigem Handeln entschieden entgegenzutreten? Glaubhaft vermitteln kann Herr B… ein solches Handeln jedenfalls nicht. Indem er sich praktisch auf die Seite derjenigen stellt, die sich gewaltsam Zugang zum Eingang des Reichstagsgebäudes verschafft haben, kommt er der ihm obliegenden gesteigerten Loyalitätspflicht nicht nach.

Herr B… hat im Kündigungsschutzprozess wegen der Benutzung des Kollage „Impfung macht frei“ mit einem KZ-Tor in einem seiner Videos behauptet, es würde sich um eine ironische Wiedergabe des Tweeds von Ministerpräsident Söder „Impfen ist der Weg zur Freiheit“ handeln. Mit dem nun bekannt gewordenen Video zeigt sich deutlich wenigstens eine Sympathie zu verfassungsfeindlichen Handlungen.

3.

Es handelt sich bei dem geschilderten Verhalten nicht um ein privates Handeln, auch wenn sich das Verhalten nicht unmittelbar in der Schule zugetragen hat.

Herr B…hat seine Schüler aufgefordert, an seinen außerdienstlichen Aktivitäten teilzunehmen (Einladung in seinen Telegram-Channel). Das haben Schüler der ME71 in einem Schreiben vom 28.07.2020 per E-Mail mitgeteilt, vgl. Anlage 3. Herr B… selbst vermengt damit seine außerdienstlichen mit den schulischen Aktivitäten und stellt eine Verbindung zwischen beiden Bereichen dar.

In vielen seiner Videos tritt Herr B… öffentlich als Lehrer auf und stellt Bezug zum Schulbetrieb in Berlin her. Er kann durch die gewählte Form der Veröffentlichung von Videos auf verschiedenen Internetkanälen ein großes Publikum erreichen. Sein Handeln hat damit Außenwirkung und wirkt in den Schulbetrieb hinein.

4.

Auch eine Interessenabwägung geht nicht zu Gunsten von Herrn B… aus.

Unter dem 15. Juli 2022 hatte das beklagte Land gegenüber dem Kläger eine weitere außerordentliche und eine weitere ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen. Zur Begründung hat das beklagte Land ausgeführt:

Grund dafür ist die Veröffentlichung eines weiteren Videos, in dem der Holocaust und weitere Verbrechen des Nationalsozialismus extrem verharmlost werden. Am 07.07.2022 veröffentlichten Sie ein Video im Internet, abzurufen unter https://... Mit dem Titel „B. bald wieder im Schuldienst“. Die vorgenannte Verharmlosung geschieht insbesondere durch die völlig ironiefrei gesprochenen und geschriebenen Worte „Die totalitären Systeme von Stalin, Mao und Hitler haben zusammen nicht so viel Leid und Tod verursacht wie die Corona Spritz Nötiger“. Es gibt keinerlei wissenschaftlichen Beweis für diese Behauptung.

Lehrer Berliner Schulen haben einen Bildungsauftrag zu erfüllen. …, vgl. § 1 Berliner Schulgesetz.

Der von Ihnen getätigte Vergleich und Ihr vorgenanntes Verhalten zeigen, dass Sie gegen diese Verpflichtung massiv verstoßen haben. Dies stellt eine nicht zumutbare Handlung dar, die eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigt.

Der Kläger habe in dem Video aus einem von ihm selbst verfassten Schreiben zu seinem Kündigungsschutzverfahren vorgelesen und das Schreiben eingeblendet. Dort heiße es u.a. wie folgt:

ICH bilde denkende, kritische Bürger aus! ICH fühle mich als Pädagoge verpflichtet, das Leben meiner Mitmenschen – und insbesondere der mir anvertrauten Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen – zu schützen. Die sogenannte „Impfung“ der Menschheit ist ein geplanter Genozid, eine Plandemie …“.

Ich spreche es inzwischen deutlich vernehmbar aus und es gibt Menschen, denen das nicht gefällt. In Deutschland darf man so etwas denken, meinen und selbstverständlich auch Beweise dafür vorlegen, dass wir es hier gerade mit den größten Verbrechen der Menschheit zu tun haben. Die totalitären Systeme von Stalin, Mao und Hitler haben zusammen nicht so viel Leid und Tod verursacht, wie die „Corona“-Spritz-Nötiger“

Damit habe der Kläger den Holocaust und weitere Verbrechen des Nationalsozialismus extrem verharmlost. Ferner habe er allein schon durch die explizite Bezugnahme auf das vorliegende Kündigungsschutzverfahren und den Titel des Videos ausdrücklich eine Verknüpfung zu seiner Tätigkeit als Lehrkraft für das beklagte Land hergestellt. Jedenfalls aber habe der Kläger damit in gravierender Weise gegen die Verpflichtungen aus §§ 1, 67 Berliner Schulgesetz verstoßen.

Der Kläger hält sämtliche ausgesprochenen Kündigungen sowie die Abmahnung für unwirksam.

Er sei seit jeher der Meinung, die von den Regierungen der Bundesrepublik – insbesondere auch des Landes Berlin – ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der weltweiten SARS-CoV-2-Epidemie seien in ihrer Breite, Dauer und Auswahl rechts- und verfassungswidrig. Sowohl die Hygienepolitik als auch die „Impfwerbung“ an den Schulen zumindest mit minderjährigen Schülern stelle sich als an der Grenze zur Misshandlung von Schutzbefohlenen dar. Derartige Maßnahmen seien zu keinem Zeitpunkt erforderlich und ganz sicher nicht angemessen gewesen. Die sogenannten Impfungen stellten schon definitorisch keine Impfungen dar, sondern seien medizinisch praktisch vollkommen wirkungs- und nutzlos gewesen. Anderslautende Behauptungen könnten mit keiner wissenschaftlichen Fundierung vertreten werden. Bei den Videos „Sie machen Tempo! Und ich denke …“ sowie „Denken verboten“ handele es sich nicht um irgendwie geartete Pflichtverletzungen des Klägers, sondern um in jeder Hinsicht rechtmäßige und grundrechtlich geschützte Meinungsäußerungen. Es gebe keine politische Gehorsamspflicht für Berufsschullehrer, wonach diese verpflichtet wären, stets sämtliche politischen Maßnahmen des Senats mitzutragen und niemals in der Öffentlichkeit zu kritisieren. Das veränderte Bild des KZ-Tores im Video mit dem Titel „Sie machen Tempo! Und ich denke …“ habe er nicht selbst hergestellt, sondern aus dem Internet übernommen. Es habe zigtausendfacher Verbreitung unterlegen. Eine Verharmlosung des Nationalsozialismus sei darin nicht zu sehen. Vielmehr übe der Kläger in Ausübung der Meinungs- und Kunstfreiheit im Bereich seines privaten Handelns politische Kritik mit den Mitteln einer künstlerischen Collage. Die Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten seien ein Skandal und eine unerträgliche sprachliche Entgleisung, was er durch das Video zeitkritisch offenlege. In dem Tweet werde gewissermaßen die Impfentscheidung zur Voraussetzung der staatlichen Gewährung von Freiheitsrechten erhoben, die aber nicht von einer staatlichen Gewährung abhängig seien. Der Aussage „Impfen ist der Weg zur Freiheit“ liege ganz offenbar die seiner Ansicht nach verfassungswidrige rechtspolitische Annahme zugrunde, dass die Grundrechtsträger ihren Zugang zu den Freiheitsgrundrechten nur noch über die Impfung gewährt erhalten würden. Ganz bewusst solle die Äußerung den Eindruck erwecken, dass diejenigen, die sich (noch) nicht hätten impfen lassen, von ihren Freiheitsrechten keinen Gebrauch machen dürften. Mit dem Video habe er eine scharfe Kritik an der Äußerung des bayerischen Ministerpräsidenten üben und deutlich machen wollen, dass diese Äußerung der verabscheuenswürdigen menschen- und rechtsverachtenden Polemik des Nationalsozialismus nahekomme. Als straffreies Verhalten sei die Veröffentlichung des Videos eine legitime, vom beklagten Land auch im Arbeitsverhältnis hinzunehmende Meinungsäußerung. Eine Loyalitätspflicht in dem Sinne, dass die im öffentlichen Dienst Beschäftigten ihr gesamtes auch privates Verhalten so einrichten müssten, dass das Ansehen des öffentlichen Arbeitgebers nicht beeinträchtigt werde, gebe es nach der Neuregelung des Tarifrechts für den öffentlichen Dienst nicht mehr. Außerhalb der Arbeitszeit müsse er nur auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht nehmen und könne sonst seine Grundrechte wie jeder andere Bürger ausüben. Die Rücksichtnahmepflicht gebiete nur, dass nicht der Eindruck entstehen dürfe, eine geäußerte Meinung stelle eine dienstliche Auffassung dar, werde im Namen der Senatsverwaltung oder der Schule geäußert oder gebe deren Auffassung wieder. Dies sei in keinem Fall gegeben. Es handele sich um private Meinungsäußerungen, bei denen er auch nicht dem Bildungsauftrag des Berliner Schulgesetzes unterliege. Allenfalls die Angabe einer konkreten Tätigkeit mit Nennung des Arbeitsplatzes oder des Dienstherrn könne einen Bezug zum Arbeitsverhältnis herstellen.

Hinsichtlich des Auflösungsantrages des beklagten Landes sei dessen Begründung entgegen zu halten, dass es sich bei dem herangezogenen schriftsätzlichen Vortrag um zulässigerweise zuspitzendes Prozessverhalten gehandelt habe.

Die Abmahnung vom 13. Januar 2021 sei unwirksam, die zugrunde gelegten Tatsachenbehauptungen seien im Wesentlichen falsch, keiner der aufgeführten Vorwürfe stelle eine Pflichtverletzung dar. Selbst wenn das Arbeitsverhältnis durch eine der streitgegenständlichen Kündigungen beendet sein sollte, sei von einem fortbestehenden Entfernungsinteresse des Klägers auszugehen. Ihm stehe bei unterstellter Beendigung ein Anspruch auf ein wohlwollend formuliertes Zeugnis zu. Wenn sich eine rechtswidrige Abmahnung mit derartig drastischen Beurteilungen praktisch aller Bereiche der Arbeitstätigkeit des Klägers in der Personalakte befinde, könne nicht angenommen werden, dass ein wohlwollendes und seinem beruflichen Fortkommen förderliches Zeugnis erteilt würde. Auch sei zu befürchten, dass ein neuer Arbeitgeber vor der Einstellung des Klägers informelle Erkundigungen einhole und dann bei einem weiter in der Personalakte liegenden, rechtswidrigen Abmahnungsschreiben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine gerade die Qualität der Arbeitsleistungen kritisch würdigende Auskunft erhielte.

Das beklagte Land hält die außerordentliche fristlose, jedenfalls aber die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 19. August 2021 für wirksam. Mit der Veröffentlichung der Videos „Sie machen Tempo! Und ich denke …“ sowie „Denken verboten“ habe der Kläger seine Dienstherrin und die (seinerzeitige) Schulsenatorin grob beleidigt und bewusst falsche Tatsachen behauptet. Mit dem im Video „Sie machen Tempo! Und ich denke …“ veröffentlichten Bild ziehe der Kläger eine deutlich sichtbare Parallele zum Tor des Konzentrationslagers Sachsenhausen. Die mit der Veröffentlichung des Bildes getätigte Aussage werde durch den nachfolgend dargestellten Tweet des bayerischen Ministerpräsidenten nicht relativiert. Allein die Abfolge der Videosequenzen ändere nichts daran, dass der Kläger mit dem Schriftzug „IMPFUNG MACHT FREI“ das staatliche Werben um eine Impfbereitschaft in der Pandemie mit dem System der Konzentrationslager, jedenfalls aber der Unrechtsherrschaft zu Zeiten des Nationalsozialismus gleichsetze, damit die Unrechtstaten während des Nationalsozialismus verharmlose und die Opfer des Nationalsozialismus, insbesondere die der Konzentrationslager, missachte. Es werde die Situation Ungeimpfter mit der systematischen Verfolgung und Vernichtung der Juden im Dritten Reich verglichen und damit das an diesen begangene Unrecht relativiert bzw. verharmlost. Dass sich das Video, wie der Kläger meine, nicht mit einer Kritik an Corona-Maßnahmen befasse, sondern eine Kritik gegenüber dem Sprachgebrauch des bayerischen Ministerpräsidenten zum Inhalt habe, könne ihm nicht entnommen werden. Vielmehr stehe jedes Bild für sich. Zu beachten sei auch, dass auf der Startseite des Kontos des Klägers bei der Plattform als Titelbild des Videos allein das veränderte Tor des Konzentrationslagers zu sehen sei und es dort keinerlei Bezug zu dem Tweet des bayerischen Ministerpräsidenten gebe. Das Verhalten des Klägers sei nicht durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. Die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen Vertragspartei (§ 241 Abs. 2 BGB) gehöre zu den allgemeinen Gesetzen als Grundrechtsschranken. Die Meinungsfreiheit trete regelmäßig zurück, wenn sich Äußerungen als Angriff auf die Menschenwürde, als eine Formalbeleidigung oder eine Schmähung darstellten. Hinzu komme, dass die Verharmlosung des Holocaust einen Straftatbestand darstelle (§ 130 Abs. 3 StGB). Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes seien gemäß § 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 3 TV L verpflichtet, berechtigte Loyalitätspflichten gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren. Sie müssten sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Einem Lehrer obliege dabei eine gesteigerte Loyalitätspflicht. Gegen diese Loyalitätspflicht habe der Kläger in gravierender Weise verstoßen. Zusätzlich verletze der Kläger auch den ihm obliegenden Bildungsauftrag nach dem Berliner Schulgesetz. Es handele sich bei den Videoveröffentlichungen auch nicht um ein rein privates Handeln. Der Kläger sei öffentlich als Lehrer aufgetreten und stelle in den Videos teils einen Bezug zu seiner beruflichen Tätigkeit und zum Schulbetrieb in Berlin her. Durch die gewählte Form der Veröffentlichung könne er ein großes Publikum erreichen. Der Kläger werde aufgrund seiner außerdienstlichen Kommunikation als Lehrer wahrgenommen, auch wenn er nicht in jeder Veröffentlichung erneut auf seine Stellung als solcher Bezug nehme. Das schwerwiegende Fehlverhalten des Klägers mache eine vorherige Abmahnung entbehrlich. Ohnehin sei der Kläger am 13. Januar 2021 einschlägig abgemahnt worden. Die Abmahnung entfalte selbst dann, wenn man annehmen würde, sie sei formell fehlerhaft, ihre Warnfunktion. Die Interessenabwägung falle auch unter Berücksichtigung der Beschäftigungszeit von knapp dreizehn Jahren und des Lebensalters des Klägers zu dessen Lasten aus. Das Vertrauen des beklagten Landes in eine ordnungsgemäße Tätigkeit des Klägers sei unwiederbringlich zerstört. Dass der Kläger zukünftig seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachkommen und sich loyal zum beklagten Land verhalten werde, sei nicht zu erwarten. Das Land müsse sich auch schützend vor die jugendlichen Schülerinnen und Schüler stellen.

Die Abmahnung vom 13. Januar 2021 sei nicht aus der Personalakte des Klägers zu entfernen. Sie sei ordnungsgemäß erteilt. Bei unterstellter wirksamer Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehe ohnehin, unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit, kein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung mehr.

Der hilfsweise gestellte Auflösungsantrag sei aufgrund der ebenso unzutreffenden wie ehrenrührigen Anwürfe des Klägers in seinen Schriftsätzen gegen das beklagte Land begründet. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und dem beklagten Land sei wie im Schriftsatz vom 29. August 2022 im Einzelnen aufgeführt, endgültig zerstört. Dies gelte u.a. auch und erst recht für die Ausführungen des Klägers in seinem Video vom 7. Juli 2022, mit denen er dem beklagten Land eine politisch motivierte Kündigung des Arbeitsverhältnisses und damit eine politisch motivierte Diskriminierung, Diskreditierung und letztendlich Mobbing vorwerfe.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 12. September 2022 die Klage abgewiesen. Die mit dem Klageantrag zu 3. angegriffene Abmahnung vom 13. Januar 2021 sei nicht aus der Personalakte des Klägers zu entfernen. Der Kläger habe bereits – losgelöst von der Rechtmäßigkeit der Abmahnung – keinen Entfernungsanspruch, weil das Arbeitsverhältnis, nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts beendet sei.

Es liege ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vor. Dieser bestehe in dem Hochladen eines Videos mit dem Titel „Sie machen Tempo! Und ich denke …“ auf eine Internetplattform. In der Eingangssequenz dieses Videos sei ein Tor mit der Aufschrift „IMPFUNG MACHT FREI“ zu sehen. Unstreitig handele es sich um eine veränderte Darstellung des Tors eines nationalsozialistischen Konzentrationslagers. Anschließend werde in dem Video ein Tweet des bayerischen Ministerpräsidenten gezeigt, der u.a. den Satz enthalte „Impfen ist der Weg zur Freiheit“. Es könne offenbleiben, welche der möglichen Deutungsvarianten unter Berücksichtigung auch der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Kunstfreiheit zugrunde zu legen sei. Die Veröffentlichung des Videos stelle in jeder Auslegung eine Verletzung von Vertragspflichten des Klägers dar, die den Ausspruch der außerordentlichen fristlosen Kündigung gerechtfertigt erscheinen lasse. Auch als mehrdeutige Meinungsäußerung verletze die Videoveröffentlichung die Rücksichtnahme- und Loyalitätspflicht des Klägers. Nach Art. 5 Abs. 2 GG finde das Grundrecht der Meinungsfreiheit seine Schranken u.a. in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze und in dem Recht der persönlichen Ehre. Die Kunstfreiheit sei nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zwar vorbehaltlos, nicht aber schrankenlos gewährleistet. Beide Grundrechte fänden ihre Grenze (auch) verfassungsimmanent in kollidierenden Grundrechten Dritter, sofern diesen in der Abwägung im Einzelfall der Vorrang gebühre. Hier komme insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG in Betracht. Das gelte auch für die Kunstfreiheit. Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sei in der Rechtsprechung des BVerfG ein besonders hoher Rang beigemessen worden. Das gelte insbesondere für seinen Menschenwürdekern. Das Persönlichkeitsrecht ergänze die im Grundgesetz normierten Freiheitsrechte und gewährleiste die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen. Damit komme es auch als Schranke für künstlerische Darstellungen in Betracht. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit erfordere ebenso wie die Kunstfreiheit eine abwägende Gewichtung der Beeinträchtigungen, die der persönlichen Ehre auf der einen und der Meinungsfreiheit auf der anderen Seite drohten. Beide Grundrechtsverbürgungen müssten in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden. Der grundrechtlich geschützte Anspruch der heute in Deutschland lebenden Juden, als zugehörig zu einer durch das Schicksal herausgehobenen Personengruppe begriffen zu werden, werde nach Ansicht der Kammer verletzt, indem die Behandlung (auch) jüdischer Gefangener in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern durch Gleichsetzung oder auch nur Vergleich mit staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und/oder der Behandlung nicht gegen das Coronavirus geimpfter Personen relativiert, bagatellisiert und letztlich banalisiert werde. In der Abwägung müssten die Meinungs- und Kunstfreiheit des Klägers demgegenüber zurückstehen. Dem Kläger sei es nicht verwehrt, Kritik an der staatlichen Gesundheitspolitik zu üben. Auch seien Zuspitzung, Übertreibung und Polemik, wenn sie der Auseinandersetzung in der Sache dienten, im Rahmen der allgemeinen Gesetze zulässige Stilmittel (LAG Baden-Württemberg vom 2. Februar 2022 – 10 Sa 66/21). Anders als der Kläger meine, werde von ihm nicht nach Art einer politischen Gehorsamspflicht verlangt, sämtliche politischen Maßnahmen des beklagten Landes mitzutragen und niemals in der Öffentlichkeit zu kritisieren. Die durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter und seinen Menschenwürdekern gezogenen Grenzen müsse aber auch der Kläger wahren.

Das Arbeitsgericht führte zur Begründung weiter aus, dass auch eine Deutung des Videos im Sinne des Vorbringens des Klägers im Ausgangspunkt möglich, aber nicht zwingend sei. Es gebe auch stichhaltige Einwände gegen diese Deutung. Die vom Kläger vorgebrachte Deutung ließe jedoch im Ergebnis bei Zugrundelegung des objektiven Empfängerhorizontes eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums die Veröffentlichung des Videos als Verletzung der den Kläger treffenden Rücksichtnahme- und Loyalitätspflicht erscheinen. Mit dem Video bringe der Kläger selbst dann das beklagte Land als Arbeitgeber in schwersten Misskredit, wenn man seine Deutung des Videos als eine Stellungnahme zu dem Tweet des bayerischen Ministerpräsidenten zugrunde lege. Sodann beurteilt das Arbeitsgericht den Inhalt des Videos einschließlich des Tweeds des bayerischen Ministerpräsidenten. Bei verständiger Würdigung treffe die Kritik, die der Kläger in seinem Video künstlerisch aufbereitet haben wolle, auch das beklagte Land. Der bayerische Ministerpräsident stehe ersichtlich für den Kläger nur stellvertretend, sein Tweet pars pro toto für eine vom Kläger abgelehnte, aber eben auch vom beklagten Land getragene staatliche Impfpolitik insgesamt. Indem der Kläger nach seiner eigenen Auslegung die Formulierung dieser politischen Anliegen jedenfalls sprachlich auf eine Ebene mit der SS-Parole „ARBEIT MACHT FREI“ stelle, reproduziere er im Ergebnis im ersten Schritt eine das Leiden der KZ-Gefangenen bagatellisierende und die Gefühle insbesondere auch von KZ-Überlebenden verletzende Sprache, um diese sodann in einem zweiten Schritt gleichsam als eigene Aussage dem bayerischen Ministerpräsidenten zuzuweisen, diesem aber eben nur stellvertretend. Damit weise er den Bedeutungsgehalt, den die veränderte Abbildung des KZ-Tores gemäß den obigen Ausführungen nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums unter Berücksichtigung des historischen Hintergrundes objektiv habe, auch dem beklagten Land zu. Auch wenn er sich von dieser Sprache dadurch distanzieren wolle, dass er sie gleichsam als Kritiker dem bayerischen Ministerpräsidenten in den Mund lege, überschreitet der Kläger damit die Grenzen der Meinungs- und auch der Kunstfreiheit. Nicht nur dem bayerischen Ministerpräsidenten weise der Kläger damit eine schwere Missachtung der Persönlichkeitsrechte (jedenfalls) von jüdischen Überlebenden der Konzentrationslager zu, sondern er weise sie auch all den staatlichen Stellen, gesetzgebenden und gesetzesvollziehenden Organen zu, die den gleichen Politikansatz teilten, darunter auch das Land Berlin, das aber eben auch Arbeitgeber des Klägers sei, und zwar u.a. auch in Person der seinerzeitigen Bildungssenatorin als der Leiterin der Senatsverwaltung für Bildung, der Beschäftigungsbehörde des Klägers. Daran, dass der Kläger gerade auch die Corona-Politik des Landes Berlin als verfassungswidrig ablehne und hierbei zwischen der Bundes- und der Landesebene oder Berlin und anderen Bundesländern keinen Unterschied mache, lasse der Kläger schon in der Klageschrift keinen Zweifel. Vor diesem Deutungshintergrund habe der Kläger auch von seinem Standpunkt aus mit dem Video „Sie machen Tempo! Und ich denke …“ die staatlichen, gesetzgebenden und gesetzesvollziehenden Organe der Bundesrepublik Deutschland und auch des Landes Berlin als Arbeitgeberin des Klägers, einschließlich der Senatsverwaltung für Bildung als Beschäftigungsbehörde, verächtlich gemacht, indem er ihr Handeln in der Corona-Pandemie mit den verbrecherischen, menschenverachtenden, mörderischen Taten der Nazis in den Konzentrationslagern und der dieses Morden verdeckenden zynischen Propagandasprache auf eine Stufe stelle. Er verstoße dadurch gegen seine aus §§ 241 Abs. 2 BGB, 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L folgende Pflicht, den Staat und seine verfassungsmäßigen Organe als Teil der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht zu beschimpfen oder verächtlich zu machen, denn er mache sie verächtlich. Der Inhalt dieser Pflicht könne nicht losgelöst von dem Umstand definiert werden, dass das beklagte Land nicht nur Arbeitgeber des Klägers, sondern mit seinen gesetzgebenden und gesetzesvollziehenden Organen eben auch Träger gerade derjenigen Gesundheitspolitik sei, für die der Kläger KZ-Vergleiche als treffende Beschreibung erachte. Auf die Behauptung des Klägers, in dem Video sei während der gesamten Zeit, in der das veränderte Bild des Tores eines Konzentrationslagers zu sehen sei, mittig im Bild ein großes rotes Fragezeichen eingeblendet, komme es nicht an. Selbst wenn die Behauptung als wahr unterstellt werde, ändere dies den Aussagegehalt des Videos nicht in einer Weise, die seine Veröffentlichung nicht als Verletzung der Rücksichtnahme- und Loyalitätspflicht des Klägers erscheinen ließe. Relativieren könne ein – angenommenes – Fragezeichen den explizierten Bedeutungsgehalt des Videos nicht. In jeder denkbaren Variante bleibe es bei einer die Grenzen der Meinungs- und Kunstfreiheit überschreitenden Aussage. Im Ergebnis müssten auch bei Zugrundelegung der vom Kläger angebotenen Auslegungsvariante die Meinungs- und Kunstfreiheit des Klägers zurückstehen. Dem Kläger sei es nicht verwehrt, die staatliche Gesundheitspolitik sei es des Bundes, sei es eines Landes (auch des beklagten) oder die Sprache von politisch Verantwortlichen zu kritisieren. Bei der Gewichtung der durch eine Äußerung berührten grundrechtlichen Interessen sei davon auszugehen, dass der Schutz der Meinungsfreiheit gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen sei und darin unverändert seine Bedeutung finde. Teil dieser Freiheit sei, dass Bürgerinnen und Bürger von ihnen als verantwortlich angesehene Amtsträgerinnen und Amtsträger in anklagender und personalisierter Weise für deren Art und Weise der Machtausübung angreifen könnten, ohne befürchten zu müssen, dass die personenbezogenen Elemente solcher Äußerungen aus diesem Kontext herausgelöst würden und die Grundlage für einschneidende gerichtliche Sanktionen bildeten. Allerdings blieben die Gesichtspunkte der Machtkritik und der Veranlassung durch vorherige eigene Wortmeldungen im Rahmen der öffentlichen Debatte in eine Abwägung eingebunden und erlaubten nicht jede auch ins Persönliche gehende Beschimpfung von Amtsträgerinnen und Amtsträgern oder Politikerinnen und Politikern. Gegenüber einer auf die Person abzielenden, insbesondere öffentlichen Verächtlichmachung oder Hetze setzt die Verfassung allen Personen gegenüber äußerungsrechtliche Grenzen und nehme hiervon Personen des öffentlichen Lebens und Amtsträgerinnen und Amtsträger nicht aus. Der Kläger hätte seine Meinung durch eine andere Wort- oder Bildwahl äußern können, mit der er ebenfalls Aufmerksamkeit hätte erzeugen können, ohne aber die verfassungsmäßigen staatlichen Organe verächtlich zu machen.

Schließlich hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die in der Videoveröffentlichung als einem – unstreitig – außerdienstlichen Verhalten liegende Verletzung der Rücksichtnahme- und Loyalitätspflichten nicht deshalb als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung ausscheide, weil es sich um ein rein privates Handeln des Klägers ohne Bezug zum Arbeitsverhältnis gehandelt habe. Einen solchen Bezug habe der Kläger vielmehr selbst hergestellt, indem er sich in anderen von ihm auf derselben Online-Plattform hochgeladenen Videos als „Lehrer in Berlin“ vorgestellt habe. Nach der Rechtsprechung des BAG könne ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers die berechtigten Interessen des Arbeitgebers grundsätzlich nur beeinträchtigen, wenn es eine Verbindung zur dienstlichen Tätigkeit habe. Fehle ein solcher Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, scheide eine Verletzung der vertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers regelmäßig aus. Auch im öffentlichen Dienst, für den gelte, dass hier Beschäftigte auch außerhalb ihrer Arbeitszeit verpflichtet seien, sich ihrem Arbeitgeber gegenüber loyal zu verhalten und auf dessen berechtigte Integritätsinteressen in zumutbarer Weise Rücksicht zu nehmen, bedürfe es im Grundsatz eines solchen Bezugs. Richtigerweise könne bei Aktivitäten des Arbeitnehmers im Internet ein dienstlicher Bezug dadurch gegeben sein, dass sich für andere Internetnutzer ein Zusammenhang zwischen dem Handeln des Arbeitnehmers und dem Arbeitgeber ergebe. Der nötige Bezug werde insbesondere dann durch den Arbeitnehmer selbst hergestellt, wenn er aktiv auf seine berufliche Tätigkeit oder seinen Arbeitgeber hinweise und so eine Identifizierung des Arbeitgebers ermögliche. Dies genüge für die Annahme eines dienstlichen Bezuges. Normativ sei das Verhalten dann nicht mehr als „außerdienstlich“ anzusehen, da der Arbeitnehmer den Bezug zum Arbeitgeber bewusst hergestellt und damit den rein privaten Bereich verlassen habe. Gemessen hieran sei der notwendige Bezug im Streitfall zu bejahen. Zwar habe der Kläger in dem Video „Sie machen Tempo! Und ich denke …“ kein Wort gesagt, sich insbesondere nicht selbst vorgestellt. Aus diesem Video allein heraus sei nicht erkennbar, dass er Beschäftigter des beklagten Landes sei. Unstreitig sei aber auch, dass der Kläger in mehreren anderen von ihm auf der Internetplattform auf seinem dortigen Kanal veröffentlichten Videos, darunter demjenigen mit dem Titel „Denken verboten“, das der Kläger nur wenig später hochgeladen habe, eine Selbstvorstellung seiner Person gebe mit Worten wie „Mein Name ist B…, ich bin Lehrer in Berlin“ oder „Tach, mein Name ist B…, ich bin von Beruf Lehrer“ oder „Ich bin Lehrer in Berlin“. Auf jedem Kanal der Internetplattform seien unter der Rubrik „Videos“ sämtliche von dem Kanal-Betreiber eingestellten Videos sicht- und abrufbar, und zwar in der Grundeinstellung in chronologischer Reihenfolge, das jüngste zuerst. Bei dieser Ausgangslage sei der Bezug auch des Videos „Sie machen Tempo! Und ich denke …“ dadurch hergestellt, dass aus den Aktivitäten des Klägers auf der Internetplattform insgesamt dessen Tätigkeit als Lehrer im beklagten Land eindeutig hervorgehe. Die vom Kläger genutzte Kanal-Funktion sei darauf ausgelegt, die hochgeladenen Videos „als Einheit“ zu präsentieren, als einen einheitlichen persönlichen Plattform-Auftritt. Es sei wahrscheinlich und gewollt, dass Nutzer über ein betrachtetes Video zu weiteren Videos desselben Kanalbetreibers gelangen würden. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der das Video „Sie machen Tempo! Und ich denke …“ ansehe, sich zuvor ein weiteres Video angesehen habe, in dem der Kläger auf seine Tätigkeit als Lehrer in Berlin hinweise, oder sich ein solches Video im Anschluss ansehe, sei erheblich. Der Auftritt des Klägers auf der Internetplattform lasse deutlich nicht nur seine Tätigkeit als Lehrer, sondern auch erkennen, dass er Lehrer des beklagten Landes sei. Es sei auch unerheblich, ob in den Videos der Eindruck erweckt werde, der Kläger spreche im Namen der Senatsverwaltung oder der Schule, in der er eingesetzt sei, oder gebe deren Meinung im Sinne einer offiziellen Verlautbarung der Schule oder der Senatsverwaltung bekannt. Der Schutz der berechtigten Integritätsinteressen des (öffentlichen) Arbeitgebers beginne nicht erst dort, wo er mit persönlichen Ansichten seiner Beschäftigten, welche diese öffentlich äußern, identifiziert werde. So habe jeder Arbeitgeber und im Besonderen der öffentliche ein berechtigtes Interesse daran, inhaltlich nicht einmal in die Nähe extremistischer Ansichten eines Arbeitnehmers gerückt zu werden. Ausreichend sei, dass der Eindruck entstehen könne, das Land dulde die Einlassungen des Klägers. Auch ergebe die Interessenabwägung im konkreten Fall, dass dem Land die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile auf Dauer (unter Ausspruch etwa nur einer Abmahnung) und selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auch unter Berücksichtigung der Beschäftigungszeit von knapp dreizehn Jahren und des Lebensalters des Klägers nicht zumutbar sei, was auf Seite 46-48 der angefochtenen Entscheidung näher ausgeführt wird. Der vorrangige Rückgriff auf mildere Mittel, insbesondere eine Abmahnung, sei dem Land nicht zumutbar. Das Verhalten des Klägers habe – im Sinne des kündigungsrechtlichen Prognoseprinzips – auch für die Zukunft Gewicht. Der Zweck der Kündigung sei nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung müsse sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken. Im Streitfall sei das Risiko weiterer erheblicher Vertragsstörungen, beurteilt von dem im Grundsatz maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung aus, durch die besonders schwerwiegende Pflichtverletzung indiziert. Es liege in der Gesamtschau ausgesprochen nahe, dass die vom Kläger eingenommene Haltung zu den Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie (und möglicherweise auch zu anderen politischen und gesellschaftlichen Themen) und diesbezügliche öffentliche Äußerungen des Klägers, sei es im, sei es außerhalb des Unterrichts das Arbeitsverhältnis auch in Zukunft wiederholt belasten würden. Auch die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten, wie eine E-Mail einer Personalrätin 10 Tage vor Ausspruch der Kündigung belege.

Gegen dieses dem Klägervertreter am 7. Oktober 2022 zugestellte Urteil hat der Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt und diese auch rechtzeitig begründet.

Das angefochtene Urteil zitiere zwar alle verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine derart drastische Sanktionierung von Meinungsäußerungen bzw. Ausübungen der Kunstfreiheit. Das Urteil schiebe dann jedoch all diese Voraussetzungen beiseite und unterstelle dem Kläger in völlig abwegiger Weise einen geradezu geisteskranken Hass gegen alle staatlichen Impfbefürworter. In seinem abstrusen Parforceritt zu Lasten des Klägers mache das Arbeitsgericht diesen zunächst zum aktiven Verfassungsfeind, dann zum Menschenverachter und schließlich zu einem Verletzer des Menschenwürdekerns des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (offenbar) des Berliner Senats. Eine drastischere Verletzung der Grundfreiheiten des Klägers durch ein Arbeitsgericht erscheine dem Unterzeichner kaum vorstellbar. Das arbeitsgerichtliche Urteil stelle eine Aneinanderreihung von rechtsfehlerhaften Argumentationen dar, die in sich inkohärent und insgesamt das Ergebnis einer schweren Pflichtverletzung des Klägers gegenüber dem beklagten Land als Arbeitgeber nicht zu tragen geeignet seien. Im Kern werfe das Gericht dem Kläger einen diffus begründeten künstlerischen Tabubruch vor, ohne zu der eingangs ausgebreiteten Begründung zurückzukehren, weshalb es sich dabei um eine Vertragspflichtverletzung des Klägers handeln solle, die an sich geeignet sei, eine außerordentliche (fristlose) Kündigung zu rechtfertigen. Das Arbeitsgericht prüfe zunächst, ob politische Meinungsäußerungen des Klägers insofern eine Vertragspflichtverletzung darstellten, als sie gegen die Rücksichtnahmepflicht aus dem Arbeitsverhältnis in Gestalt der politischen Loyalitätspflicht verstoßen würden. Sicher rechtsirrig gehe das Arbeitsgericht aber hinsichtlich des inkriminierten Videos „Sie machen Tempo! Und ich denke“ insofern schon vom Ausgangspunkt her vor, als das Video keine politische Meinungsäußerung des Klägers darstelle. Es handele sich vielmehr um die Veröffentlichung eines Kunstwerkes der Filmkunst in Gestalt einer kurzen Filmkollage, in der der Kläger weder in geschriebener noch in gesprochener Sprache irgendeine Äußerung von sich gebe. Das Video habe eine Gesamtdauer von 5 Minuten und 32 Sekunden. Das Urteil des Arbeitsgerichts befasse sich lediglich mit den ersten 7 Sekunden des Videos, von denen etwa 3,5 Sekunden die Worte „Impfung macht frei“ (in Schwarzweiß) mit einem davor in rot groß wiedergegebenen Fragezeichen sowie einer Internetadresse zeigen. Die nächsten 3,5 Sekunden würden einen Tweet des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder vom 13. Juli 2021 zeigen, in dem die Wörter „Impfen ist der Weg zur Freiheit“ und „Freiheiten für Geimpfte“ rot unterstrichen seien, wobei der restliche Text rechts in einer Weise abgeschnitten sei, dass der Inhalt praktisch nicht entziffert werden könne. Schon allein die Überlegung, ob das dreieinhalbsekündige Zeigen einer grafischen Montage eine aktive Verfolgung verfassungsfeindlicher Ziele oder eine Beseitigung, Beschimpfung oder Verächtlichmachung von Staat, Verfassung oder ihrer Organe darstellen könnte, müsse als rechtlich ebenso vollkommen abwegig bezeichnet werden, wie die Annahme einer darin liegenden Verletzung von Persönlichkeitsrechten in ihrem Menschenwürdekerngehalt. Die Kunstfreiheit schütze aber gerade die spezifische Anstößigkeit und Provokation, die in der Kunst mit der Mannigfaltigkeit ihres Aussagegehalts gerade dadurch stecken könne, dass Bilder, Wörter, und Zeichen zusammengefügt würden. Gerade der Umstand, dass die hier in Rede stehende Montage von Zeichen nachgerade als erratisch bezeichnet werden müsse, lasse es als rechtlich schlicht abwegig erscheinen, diese kurze Montage als unerträgliche und gegen jede Loyalitätspflicht verstoßende Rücksichtslosigkeit mit einem faktischen Berufsverbot zu ahnden. Jede anstößige oder provokante künstlerische Betätigung wäre dann Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst faktisch rechtlich unmöglich gemacht. Auch in der dem Kläger ungünstigsten Auslegung des Sachverhaltes stehe die scharfe Missbilligung eines rechtsstaatswidrigen staatlichen bzw. behördlichen Vorgehens im Vordergrund. Die sogenannte politische Loyalität sei in diesem Sinne eben gerade keine Loyalität gegenüber der herrschenden Politik, sondern eine Verfassungsloyalität, eine Rechtsstaatsloyalität bzw. eine Loyalität mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Wenn ein Arbeitnehmer (auch des öffentlichen Dienstes) die Sorge oder die Meinung habe, politische Verantwortungsträger würden selbst die geschuldete (und beeidete) Verfassungsloyalität verletzen, so könne eine darauf aufmerksam machende (scharfe und polemische) Kritik per se keine verfassungsfeindliche Verächtlichmachung von Regierungsorganen bedeuten. Das Bemühen des Arbeitsgerichts, das Video des Klägers als unerträgliche Verletzung der Loyalitätspflicht zu beurteilen sei noch an einem weiteren Punkt gemessen an seinen eigenen rechtlichen Voraussetzungen rechtsfehlerhaft: Das Urteil stelle zutreffend dar, dass nach der Leitentscheidung des BAG vom 6. September 2012 eine Loyalitätspflichtverletzung nur dann geeignet sein könne, die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen, wenn eine „konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten sei, sei es im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich“. An keiner Stelle habe das Arbeitsgericht aber dazu konkrete Störungen festgestellt. Das in Rede stehende Video sei nämlich keineswegs in der Schule oder unter den Schülern oder Lehrern bekannt geworden, sodass von Störungen im Betrieb in keiner Weise gesprochen werden könne. Der eigentliche Kern der Urteilsbegründung setze sich mit seitenlangen Deutungen des gut dreisekündigen Ausschnitts auseinander. Rechtsfehlerhaft seien diese Ausführungen vom Ausgangspunkt her jedoch schon allein deshalb, weil das Arbeitsgericht stets vorrangig von einem Maßstab der Rechtsmäßigkeitsprüfung nach Artikel 5 Abs. 1 GG, also der Meinungsfreiheit ausgehe. Rechtsirrig übersehe das Arbeitsgericht dabei jedoch vor allem den Umstand, dass der grundrechtliche Schutz der Kunstfreiheit wegen seiner grundsätzlich schrankenlosen Gewährung erheblich weitergehe. Artikel 5 Abs. 3 GG sei kein Gesetzesvorbehalt beigefügt. Daraus folge nach allgemeinen Regeln, „dass die Grenzen der Kunstfreiheitsgarantie nur von der Verfassung selbst zu bestimmen seien. Eingriffe in die Grundrechte des Artikel 5 Abs. 3 GG seien verfassungsrechtlich nur durch kollidierendes Verfassungsrecht rechtfertigbar. Dabei bedürfe es einer kunstspezifischen Prüfung des Bedeutungsgehaltes, die insbesondere darin liege, dass die Mannigfaltigkeit der Deutung zu respektieren sei. Dies habe insbesondere zur Folge, dass der rechtlichen Würdigung von mehreren möglichen Interpretationen eines Kunstwerks diejenige zu Grunde zu legen sei, in der das Kunstwerk fremde Rechte nicht bzw. am wenigsten beeinträchtige.

Weiter führt der Kläger aus, dass die vom Arbeitsgericht angenommene Deutung der Eingangssequenz des Videos einem ganz grundlegenden Denkfehler des Gerichts unterliege. Es unterstelle dem Kläger eine fahrlässige Begehung des Straftatbestandes der Verharmlosung von unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangener Verbrechen im Sinne des § 130 Abs. 3 StGB. Die Verwendung von Abbildungen oder Zeichen, die einen Bezug zu solchen Verbrechen des Nationalsozialismus herstellen zur scharfen und zuspitzenden Kritik des Handelns von Politikern der Gegenwart setze aber denknotwendig voraus, dass der Verwender selbst die Beurteilung der unfassbaren Verbrechen des Nationalsozialismus gerade teile. Wer den politisch Handelnden eine Sprachverwendung vorwerfe, die fast schon an die Sprachverwendung der Verantwortlichen für diese monströsen Verbrechen ähnele, tue genau das Gegenteil von Billigen, Leugnen oder auch nur Verharmlosen. Seine Intention sei exakt auf das Gegenteil gerichtet. Er wolle durch die Verwendung dieser Abbildungen oder Zeichen ein harsches Unwerturteil über das von ihm in den Blick genommene Verhalten fällen und handele danach aus der gleichen wertmäßigen Intention heraus, wie der Gesetzgeber, der die Verharmlosung der Völkerrechtsverbrechen der Nazis unter Strafe gestellt habe. Immer dann, wenn diese Intention zum Ausdruck komme, könne unmöglich von einer Unwertigkeit des Handelns im Sinne von § 130 Abs. 3 StGB ausgegangen werden. Es komme darauf an, was der Kläger habe ausdrücken wollen und nicht ein „verständiger Dritter“. Zutreffend sei vielmehr, dass die vom Kläger vorgestellte Deutung seines Videos in jeder Hinsicht nachvollziehbar einleuchtend sei. Vor allem aber stelle es diejenige Deutung dar, durch die fremde Rechte in keiner Weise beeinträchtigt würden. Es handele sich natürlich um eine Kritik an einem Sprachgebrauch, der auf einen äußerst zweifelhaften Denkinhalt rückschließen lasse. Es formuliere nämlich gewissermaßen anklagend, dass sich der Inhalt des Videos „keineswegs… in einer reinen Sprachkritik“ erschöpfe, sondern die Kritik des Klägers „die Ebene einer reinen Sprach“-Kritik verlasse und zu einer „Sachkritik“ werde. Offenbar gehe das Arbeitsgericht tatsächlich davon aus, dass eine Sachkritik an der Corona-Politik per se nicht mehr von der Meinungs- oder Kunstfreiheit getragen sein könne. Das Arbeitsgericht dehne seine befremdliche Einschätzung noch dahingehend aus, dass sich die Sachkritik des Klägers nicht nur „exklusiv gegen den bayerischen Ministerpräsidenten“ richte, sondern auch „das beklagte Land und seine gesetzgebenden und gesetzesvollziehenden Organe“ betreffe. Das gesamte argumentative Vorbringen des Gerichts in seinem Urteil sei nicht mehr von einem Bemühen bezeichnet, eine Deutung des kurzen Videoausschnitts seiner Beurteilung zu Grunde zu legen, durch die das Kunstwerk fremde Rechte nicht oder nicht erheblich beeinträchtigt. Vielmehr versuche das Arbeitsgericht dem Kläger in einer nur noch befremdlich zu nennenden Weise größtmögliche Bösartigkeit und Verwerflichkeit zu unterstellen, statt zur Kenntnis zu nehmen, dass der Kläger möglicherweise mit seinem kommentarlosen Gegenüberstellen des Memes „Impfung macht frei“ gegenüber dem Söder-Zitat „Impfen ist der Weg zur Freiheit“ eine provokante Sprachkritik, die einen scharfen politischen Vorwurf kennzeichnen solle, lediglich von seiner Kunstfreiheit in jeder Hinsicht legitim Gebrauch gemacht habe. Ebenso als Selbstverständlichkeit könne bezeichnet werden, dass es sich bei dem Handeln des Klägers im Rahmen des Werk- und Wirkbereichs der Kunstfreiheit mit Sicherheit nur um ein rein privates Handeln handele. Ausschlaggebend für die hier in Rede stehende Begründung einer wirksamen außerordentlichen Kündigung sei im Übrigen der Umstand, dass dem Video überhaupt keine Beziehung zum Land Berlin entnommen werden könne. Die vom Gericht geschilderte kriminalistische Vorgehensweise der Ermittlung von Bezügen zum Land Berlin komme in dem dem Kläger vorgeworfenen Video in keiner Weise zum Ausdruck und könne den Unwertgehalt des Videos in keiner Weise beeinflussen. Im Übrigen sei Gegenstand der politischen Loyalitätspflicht nicht etwa der Anspruch des Arbeitgebers zumindest von seinen Arbeitnehmern keine politisch kritischen Äußerungen hören zu müssen, sondern lediglich eine Loyalität der Mitarbeiter gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung und der Verbindlichkeit des Rechtsstaatsprinzips. Die klägerischen Äußerungen seien aber von diesem Schutzbereich eben gerade nicht betroffen, da der Kläger ausschließlich von seinem Grundrecht Gebrauch mache.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. September 2022 – 22 Ca 223/22 – abzuändern und

1.

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche, fristlose Kündigung der Beklagten vom 19. August 2021 nicht aufgelöst worden ist;

2.

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung der Beklagten vom 19. August 2021 nicht aufgelöst worden ist, sondern über den 31. März 2022 hinaus fortbesteht;

3.

die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 13. Januar 2021 ersatzlos aus der Personalakte des Klägers zu entfernen;

4.

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die „vorsorgliche außerordentliche Kündigung – verhaltensbedingt“ der Beklagten vom 15. Juli 2022 nicht aufgelöst worden ist;

5.

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die „vorsorgliche höchsthilfsweise ordentliche Kündigung – verhaltensbedingt“ vom 15. Juli 2022 nicht aufgelöst worden ist.

Das beklagte Land beantragt,

1.

die Berufung zurückzuweisen;

2.

hilfsweise für den Fall, dass das erkennende Gericht die hilfsweise ordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 19. August 2021 für sozial ungerechtfertigt halten sollte, beantragt das beklagte Land, das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 16.261,94 EUR nicht überschreiten sollte, zum 31. März 2022 aufzulösen.

Der Kläger beantragt,

den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Das beklagte Land begründet den Auflösungsantrag mit den Äußerungen des Klägers in dessen Video vom 7. Juli 2022 („B… bald wieder im Schuldienst?“) sowie daneben im Wesentlichen mit schriftsätzlichem Vorbringen des Klägers im hiesigen Verfahren, infolge dessen das Vertrauensverhältnis der Parteien endgültig zerstört sei. Es handele sich um unzutreffende und ehrenrührige Anwürfe des Klägers gegen das beklagte Land. Das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien sei durch dessen Vorwürfe, das beklagte Land verhalte sich unredlich und verletze prinzipiell seine Rücksichtnahme- und Fürsorgepflichten, es verunglimpfe den Kläger, vertrete rechtsstaatsfeindliche Ansichten und verfolge den Kläger politisch, endgültig zerstört. Obgleich das Arbeitsverhältnis des Klägers zum beklagten Land Berlin und nicht zum Freistaat Bayern bestehe, gelte letztlich nichts anderes auch für den Anwurf des Klägers, die Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten kämen der verabscheuenswürdigen menschen- und rechtsverachtenden Polemik des Nationalsozialismus nahe. Die Ausführungen des Klägers, insbesondere seine Anwürfe gegen das beklagte Land, sind auch nicht durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen im Prozess gedeckt. Dies gelte erst recht für die Ausführungen des Klägers in seinem Video vom 7. Juli 2022, mit denen er dem beklagten Land eine politisch motivierte Kündigung des Arbeitsverhältnisses und damit eine politisch motivierte Diskriminierung, Diskreditierung und letztendlich Mobbing vorwerfe. Zudem beschuldige er in seinem Video mit dem Titel „Denken verboten“ die Dienstherrin und damalige Schulsenatorin der Ausübung von „Psychoterror“ und „perfidem Zwang“. Diese Vorwürfe in dem Video mit dem Titel „Denken verboten“ stünden im Kontext mit dem staatlichen Werben um eine Impfbereitschaft, so dass davon auszugehen sei, dass die Dienstherrin und Schulsenatorin nach Ansicht des Klägers zu den von ihm so betitelten „Corona-Spritz-Nötigern“ gehöre, denen er in seinem jüngsten Video explizit vorwerfe, sie würden mehr Leid und Tod verursachen, als die totalitären Systeme von Stalin, Mao und Hitler zusammen.

Das beklagte Land verteidigt unter konkreter Bezugnahme ihres erstinstanzlichen Vortrags und der Entscheidungsgründe die angefochtene Entscheidung. Das beklagte Land sehe davon ab, auf die Vielzahl emotionaler und teils polemischer Ausführungen des Klägers im Hinblick auf die Kammer, den Vorsitzenden und den Inhalt des Urteils einzugehen, da dies kaum sachdienlich sein dürfte. Gleiches gelte für die allgemeinpolitischen Ausführungen des Klägers. Klargestellt sei lediglich, dass es keine „höchsttendenziöse“ Kammerverhandlung gegeben habe und weder der Vertreter des beklagten Landes noch der Kammervorsitzende durch ihr Verhalten den geschilderten Eindruck erweckt hätten. Wenn der Vorsitzende sich ein solches Verhalten hätte zu Schulden kommen lassen, hätte der Kläger wiederum einen Befangenheitsantrag stellen können, was er offensichtlich nicht getan habe. Das Arbeitsgericht führe zutreffend aus, dass die Verletzung von Rücksichtnahmepflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB an sich geeignet sei, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zu begründen. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes unterlägen daneben einer besonderen Treuepflicht. Dieses Maß der einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes obliegenden Treuepflicht ergebe sich aus seiner Stellung, seinem Aufgabenkreis und der ihm laut Arbeitsvertrag übertragenen Aufgabe. Dabei könne es vorliegend offenbleiben, ob den Kläger eine gesteigerte Loyalitätspflicht oder „nur“ eine sogenannte einfache politische Loyalitätspflicht treffe. Im Einklang mit der Rechtsprechung lege das Arbeitsgericht den daraus folgenden Maßstab der Prüfung fest. Sei die so genannte einfache Treuepflicht einschlägig, verlange das BAG ein Mindestmaß an Verfassungstreue. Dies gelte sowohl für den dienstlichen als auch den außerdienstlichen Bereich. Wer, wie der Kläger, den Staat und seine Organe verächtlich mache, verletzt das Maß an Verfassungstreue, das die sogenannte einfache Treuepflicht von ihm verlange. Das Arbeitsgericht gelange nach eingehender Prüfung und Bewertung zu dem Ergebnis, dass der Kläger die ihm obliegende Treue- und Loyalitätspflicht durch die Veröffentlichung des vorgenannten Videos verletzt habe. Dabei habe es nicht etwa nur die Auslegung, die das beklagte Land dem Video zugrunde lege, sondern auch die vom Kläger herangezogene Auslegung einer ausführlichen und jeweils in sich schlüssigen Bewertung unterzogen. Das Arbeitsgericht halte auch die Deutung des Videos im Sinne des Vorbringens des Klägers im Ausgangspunkt für möglich und komme nach eingehender Auseinandersetzung mit der Argumentation des Klägers zu dem Ergebnis, dass die vom Kläger vorgebrachte Auslegung nicht zwingend sei, sich das Video nicht in einer reinen Sprachkritik erschöpfe und sich nicht exklusiv gegen den bayerischen Ministerpräsidenten wende. Das Arbeitsgericht lege im Einzelnen dar, dass die Kritik, die der Kläger in seinem Video künstlerisch aufbereitet haben wolle, auch das beklagte Land treffe. Die Verletzung der Loyalitätspflicht durch den Kläger sei bei beiden Varianten der Auslegung weder durch die Meinungs- noch durch die Kunstfreiheit gerechtfertigt. Das habe das Arbeitsgericht ausführlich und zutreffend dargelegt. Zutreffend meine der Kläger einerseits, Eingriffe in die Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG seien nur durch kollidierende Verfassungsrechte zu rechtfertigen. Falsch sei an anderer Stelle die Annahme, die „Strafbarkeitsgrenze“ sei die „alleinige Schrankenwirkung gegenüber dem grundrechtlichen Schutzbereich“ der Kunstfreiheit. Dies gelte namentlich für das durch Art 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht. Genau eine solche Prüfung habe das Arbeitsgericht vorgenommen und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass u.a. das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art 2 GG) der heute in Deutschland lebenden Juden die Kunstfreiheit des Klägers wirksam einschränke. Wenn der Kläger meine, es liege keine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses vor, die aber erforderlich sei, um eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen, übersehe er offensichtlich, dass die Veröffentlichung des Videos, das das Tor eines Konzentrationslagers mit der verfremdeten Schrift „IMPFUNG MACHT FREI“ zeige, Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers begründe und damit zu einer Störung im Vertrauensbereich führe. Zugleich stelle das eine Störung des Arbeitsverhältnisses dar. Es sei, anders als der Kläger meine, nicht erforderlich, dass das Video Schülern oder Lehrern konkret bekannt geworden sei. Die Störung der Vertrauensbasis zwischen dem beklagten Land als Arbeitgeber und dem Kläger auf Grund der erheblichen Zweifel an der Verfassungstreue würden eine entsprechende Störung des Arbeitsverhältnisses darstellen und seien nach der Rechtsprechung ausreichend. Die Argumentation des Klägers, derjenige, der Symbole des Nationalsozialismus zur Ausübung von Kritik verwende, sei per se gegen die Verbrechen des Nationalsozialismus eingestellt, sei widersinnig. Es kommt vielmehr stets auf den konkreten Sachverhalt an. Eine in dieser Art verallgemeinernde Aussage sei lebensfremd. Auch komme es nicht darauf an, was der Kläger mit dem Video gewollt habe (angeblich Darstellung eines „harschen Unwerturteils“), sondern allein auf das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Dritten. Es möge sein, dass der Kläger, wie von ihm behauptet, nicht die Intention gehabt habe, die Verbrechen des Nationalsozialismus durch Gleichstellung mit der Impfpolitik zu verharmlosen. Aus Sicht eines objektiven Dritten habe er dies aber getan. Die schwere Pflichtverletzung des Klägers könne - anders als er meine – nicht dadurch relativiert werden, dass sie lediglich wenige Sekunden des Videos einnehme. Dabei lasse der Kläger außer Acht, dass auf der Startseite des Kontos des Klägers bei der Internetplattform als Titelbild des Videos „Sie machen Tempo! Und ich denke …“ allein das Tor des Konzentrationslagers mit der Aufschrift „IMPFUNG MACHT FREI“ zu sehen sei. Dieses Bild sei weder mit einem Fragezeichen noch mit einer sonstigen Kommentierung versehen und bleibe dauerhaft sichtbar. Selbst wenn dieses Bild nicht zu sehen wäre, könne die kurze Dauer der Videosequenz das schwere Fehlverhalten des Klägers nicht relativieren. Es könne nicht darauf ankommen, wie lange ein verfassungsfeindliches Handeln dauere. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausführe, könne ein außerdienstliches Verhalten nur dann Relevanz im Hinblick auf die Verletzung von Rücksichtnahme - und Loyalitätspflichten aus dem Arbeitsverhältnis haben, wenn dieses außerdienstliche Verhalten in das Arbeitsverhältnis einstrahle. Dass eine solche Einstrahlung vorliege, habe das Arbeitsgericht ausführlich und vollkommen zutreffend dargelegt. Der Kläger habe die Schüler im Unterricht aufgefordert, an seinen außerdienstlichen Aktivitäten teilzunehmen und habe sie auf diese hingewiesen. Es komme auch nicht darauf an, ob in dem streitgegenständlichen Video ein Bezug zum beklagten Land gemacht worden sei. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt habe, seien die Veröffentlichungen des Klägers praktisch als Einheit zu sehen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung des Klägers vom 9. Januar 2023 nebst den in Bezug genommenen erstinstanzlichen Ausführungen und den Inhalt der Berufungserwiderung des beklagten Landes vom 10. März 2023 nebst den in Bezug genommenen erstinstanzlichen Ausführungen und ihren Schriftsatz vom 28. April 2023 sowie das Sitzungsprotokoll vom 15. Mai 2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.

II.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die Berufung war erfolgreich soweit der Kläger sich gegen die Kündigungen und die Abmahnung gewandt hat. Darüber hinaus hatte allerdings der Auflösungsantrag des beklagten Landes Erfolg.

Tragende Erwägung der Entscheidung bezüglich der Kündigungen ist der Umstand, dass der Beurteilung der Kündigungen nur der Sachverhalt zugrunde gelegt werden kann, den das beklagte Land dem bei ihr gebildeten Personalrat mitgeteilt hat, wie das Landesarbeitsgericht bereits im Hinweisschreiben vom 21. April 2023 mitgeteilt hatte. Weiter hat das beklagte Land bezüglich der in der Abmahnung vom 13. Januar 2021 enthaltenen Vorwürfe auf das Recht zum Ausspruch einer Kündigung verzichtet. Die Grundsätze der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) gebieten, dass nicht nur sachlich-differenzierte Äußerungen geschützt sind. Gerade Kritik darf auch pointiert, polemisch, überspitzt, ausfallend und scharf erfolgen. Das bei der Abwägung anzusetzende Gewicht der Meinungsfreiheit ist umso höher, je mehr die Äußerung darauf zielt, einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten. Dieser Maßstab gilt generell und ist für Lehrer nicht anders zu beurteilen (siehe unten 1.). Auf die vom Kläger teilweise in den Mittelpunkt seiner Argumentation gestellte (weitergehende) Kunstfreiheit kommt es nicht an.

Die Abmahnung vom 13. Januar 2021 ist aus der Personalakte des Klägers ersatzlos zu entfernen, auch wenn in der Regel mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Entfernungsanspruch mangels fortbestehenden Interesses des Arbeitnehmers grundsätzlich untergeht. Unabhängig von datenschutzrechtlichen Erwägungen ist ein Entfernungsanspruch weiterhin gegeben, wenn objektive Anhaltspunkte eine Beeinträchtigung des Arbeitnehmers durch den Inhalt der Personalakten auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vermuten lassen. Das ist aufgrund der öffentlichkeitswirksamen Auseinandersetzung der Parteien weiter der Fall (siehe unten 2.).

Dem Auflösungsantrag des Landes Berlin war stattzugeben, weil es objektiv unzumutbar ist, das hiesige Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien ist nicht mehr zu erwarten. Der Klägervertreter hat mit Formulierungen in seinen Schriftsätzen, von denen der Kläger sich in keiner Weise distanziert und sich diese damit zu eigen gemacht hat, in einer Art und Weise über das beklagte Land geäußert, dass in Anbetracht des Bildungsauftrags (§ 1 SchulG Bln), der Bildungsziele (§ 3 SchulG Bln) der Berliner Schule und der Aufgaben des Klägers als Lehrkraft (§ 67 Abs. 4 SchulG Bln) die Zusammenarbeit der Parteien massiv beeinträchtigt ist. Das Gleiche gilt für Äußerungen des Klägers in den von ihm verbreiteten Videos (siehe unten 3.).

1.

Die Kündigungen des Klägers sind unwirksam, weil das beklagte Land den bei ihm gebildeten Personalrat nur über einige Aspekte der im gerichtlichen Verfahren gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe unterrichtet hat.

Nach § 128 BPersVG muss der Arbeitgeber dem Personalrat diejenigen Gründe mitteilen, die aus seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgebend sind. Diesen Sachverhalt muss er unter Angabe von Tatsachen, aus denen der Kündigungsentschluss hergeleitet wird, so beschreiben, dass der Personalrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen kann. Teilt der Arbeitgeber objektiv erhebliche Tatsachen dem Personalrat deshalb nicht mit, weil er darauf die Kündigung nicht oder zunächst nicht stützen will, dann ist die Anhörung ordnungsgemäß, weil eine nur bei objektiver Würdigung unvollständige Mitteilung der Kündigungsgründe nicht zur Fehlerhaftigkeit der Anhörung und Unwirksamkeit der Kündigung nach § 128 BPersVG führt. Eine objektiv unvollständige Anhörung verwehrt es dem Arbeitgeber allerdings, im Kündigungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sachverhalts hinausgehen (BAG vom 24. März 2011 – 2 AZR 790/09).

In ständiger Rechtsprechung geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur sachlich-differenzierte Äußerungen schützt. Gerade Kritik darf auch pointiert, polemisch und überspitzt erfolgen (BVerfG vom 29. Juni 2016 – 1 BvR 2646/15). Die Grenze zulässiger Meinungsäußerungen liegt nicht schon da, wo eine polemische Zuspitzung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht erforderlich ist oder wo Gründe für die geäußerte kritische Bewertung nicht gegeben werden.

Anderes gilt bei herabsetzenden Äußerungen, die sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen. Hinsichtlich des Vorliegens von Formalbeleidigungen und Schmähkritik sind allerdings strenge Maßstäbe anzuwenden. Eine Äußerung nimmt den Charakter einer Schmähung erst dann an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern - jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik - die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Sie liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die Privatfehde beschränkt (BVerfG vom 29. Juni 2016 – 1 BvR 2646/15).

Das bei der Abwägung anzusetzende Gewicht der Meinungsfreiheit (oder auch die Kunstfreiheit) ist umso höher, je mehr die Äußerung darauf zielt, einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten. Bei der Gewichtung der durch eine Äußerung berührten grundrechtlichen Interessen ist zudem davon auszugehen, dass der Schutz der Meinungsfreiheit gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen ist und darin unverändert seine Bedeutung findet. Teil dieser Freiheit ist, dass Bürgerinnen und Bürger von ihnen als verantwortlich angesehene Amtsträgerinnen und Amtsträger in anklagender und personalisierter Weise für deren Art und Weise der Machtausübung angreifen können, ohne befürchten zu müssen, dass die personenbezogenen Elemente solcher Äußerungen aus diesem Kontext herausgelöst werden und die Grundlage für einschneidende (gerichtliche) Sanktionen bilden (vgl. BVerfG vom 21. März 2022 -1 BvR 2650/19).

Schmähkritik im verfassungsrechtlichen Sinn ist gegeben, wenn eine Äußerung keinen irgendwie nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und es bei ihr nur um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Person als solcher geht. Es sind dies Fälle, in denen eine vorherige Auseinandersetzung erkennbar nur äußerlich zum Anlass genommen wird, um über andere Personen herzuziehen oder sie niederzumachen, etwa in Fällen der Privatfehde (BVerfG vom 19. August 2020 – 1 BvR 2249/19).

Davon abzugrenzen sind Fälle, in denen die Äußerung, auch wenn sie gravierend ehrverletzend und damit unsachlich ist, letztlich als (überschießendes) Mittel zum Zweck der Kritik eines Sachverhaltes dient. Dann geht es dem Äußernden nicht allein darum, den Betroffenen als solchen zu diffamieren, sondern es stellt sich die Äußerung als Teil einer anlassbezogenen Auseinandersetzung dar. Gerade darin unterscheiden sich diese Fälle von den Fällen der Privatfehde oder von den Fällen, in denen es sonst - insbesondere im Internet - bezugslos allein um die Verächtlichmachung von Personen geht. Demnach sind Herabsetzungen in der Ehre, auch wenn sie besonders krass und drastisch sind, nicht als Schmähung anzusehen, wenn sie ihren Bezug noch in sachlichen Auseinandersetzungen haben. Dass die Einordnung ehrkränkender Äußerungen als Schmähung eine eng zu handhabende Ausnahme bleibt, entspricht dem Grundsatz des Ausgleichs von Grundrechten durch Abwägung. Für den Normalfall ist danach sicherzustellen, dass die Sanktionierung einer Beleidigung nicht ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und nicht ohne Blick auf seine grundrechtliche Dimension zustande kommt (BVerfG vom 19. August 2020 – 1 BvR 2249/19).

Die eine Abwägung entbehrlich machende und damit die Meinungsfreiheit verdrängende Einordnung einer Äußerung als Schmähkritik gebietet es, diese Einordnung klar kenntlich zu machen und sie in einer auf die konkreten Umstände des Falles bezogenen, gehaltvollen und verfassungsrechtlich tragfähigen Weise zu begründen. Diese Begründung darf sich bei der Schmähkritik nicht in der bloßen Behauptung erschöpfen, für den Äußernden habe die Diffamierung der Person im Vordergrund gestanden. Vielmehr sind die für diese Beurteilung maßgebenden Gründe unter Auseinandersetzung mit objektiv feststellbaren Umständen des Falles nachvollziehbar darzulegen. Insbesondere muss das Gericht deutlich machen, warum aus seiner Sicht ein gegebenenfalls vorhandenes sachliches Anliegen des Äußernden in der konkreten Situation derart vollständig in den Hintergrund tritt, dass sich die Äußerung in einer persönlichen Kränkung erschöpft (BVerfG vom 19. August 2020 – 1 BvR 2249/19).

Die Qualifikation einer ehrenrührigen Aussage als Schmähkritik und der damit begründete Verzicht auf eine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Ehre erfordern regelmäßig die Berücksichtigung von Anlass und Kontext der Äußerung (BVerfG vom 19. August 2020 – 1 BvR 2249/19).

1.1

In der Personalratsanhörung vom 17. August 2021 hat das beklagte Land das Video vom 5. August 2021 aufgeführt. Dazu hat das beklagte Land dann aber nur eine Passage aus dem Video als kündigungsrelevante Pflichtverletzung beschrieben. Die beanstandete Formulierung

[…] Diese Impfstation in den Schulen zu errichten ist aus vielerlei Gründen einfach nur falsch und ich verstehe nicht, wie die Schulsenatorin Sch… in Berlin dieses genehmigen konnte. Wahrscheinlich steht sie derzeit selbst unter einem massiven Druck das zu tun, aber es macht einfach keinen Sinn, es macht überhaupt keinen Sinn. Ja, außer den, eingeschüchterte Schüler zum Impfen zu (* zeigt eine drückende Handbewegung*) bewegen, (es erscheint auf dem Bildschirm ein Untertext: ‚Das ist Psychoterror und diesen darf man sehr wohl als perfiden Zwang ansehen‘) um nicht das Wort Zwang aussprechen zu müssen. […].

hat das beklagte Land als Verunglimpfung eines Angebotes des beklagten Landes und als eine Beleidigung bzw. Schmähung der damaligen Schulsenatorin angesehen. Durch falsche Tatsachenbehauptungen habe der Kläger dazu beigetragen, seine Arbeitgeberin in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Eine Privatfehde mit der damaligen Schulsenatorin hat das beklagte Land selbst nicht angenommen.

Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass es sich bei der Äußerung um eine gravierend ehrverletzende und damit unsachliche Äußerung gehandelt haben sollte, ging es dem Kläger offenbar nicht um eine Herabwürdigung bzw. Beleidigung der damaligen Schulsenatorin, sondern um eine Kritik an dem Impfangebot für Schüler durch mobile Impfteams. Letztlich diente es - auch bei Annahme der Wertung des beklagten Landes -maximal der Kritik eines Sachverhaltes mit einem überschießenden Mittel. Damit ging es dem Kläger aber nicht (allein) darum, die damalige Schulsenatorin als solche zu diffamieren, sondern es stellt sich die Äußerung als Teil einer anlassbezogenen Auseinandersetzung dar.

Auch hat das beklagte Land insoweit versäumt, dem Personalrat eine konkrete Beziehung der Meinungsäußerung zum Arbeitsverhältnis der Parteien mitzuteilen. Selbst wenn man annehmen sollte, dass der Hinweis in der Personalratsanhörung

mit seinen Aussagen in jenem frei verfügbaren Video sowie dem Hinweis, dass er als Lehrer tätig ist, hintertreibt und verunglimpft Herr B dieses Angebot.

den Bezug zum Arbeitsverhältnis darstellen sollte, ist nicht ersichtlich, dass der Kläger das Video vom 5. August 2021 in irgendeiner Form im Unterricht oder an anderer Stelle in seiner Schule bekannt gegeben oder verbreitet haben sollte. Meinungsäußerungen von (angestellten) Lehrern unterliegen außerhalb der Schule aber keinem anderen Grundrechtsschutz als Meinungsäußerungen anderer Menschen. Entsprechendes gilt für den Hinweis in der Personalratsanhörung, dass der Kläger durch die veröffentlichten Videos eine Vielzahl von Menschen, auch Schüler/innen, erreiche.

1.2

Zu dem Video vom 19. Juli 2021 hat das beklagte Land in der Personalratsanhörung ausgeführt:

In einem weiteren von Herrn B erstellten und hochgeladenen …Video mit dem Titel „Sie machen Tempo! Und ich denke …“ wird zu Beginn ein Bild gezeigt, auf dem ein Tor mit der Aufschrift „IMPFUNG MACHT FREI“ zu sehen ist. Ein Screenshot … ist als Anlage 4 beigefügt. Das oben genannte Bild ist das sechst Bild in der zweiten Zeile.

Es gibt hier ganz offensichtlich Parallelen zum Tor des Konzentrationslagers Sachsenhausen, welches, wie andere Konzentrationslager auch, die Aufschrift „ARBEIT MACHT FREI“ trägt.

Zur Bewertung dieses Sachverhaltes hat das beklagte Land ausgeführt:

Herr B vergleicht hier also das derzeitige Werben um eine Impfbereitschaft in der Pandemie mit dem System der Konzentrationslager zu Zeiten des Nationalsozialismus. Damit werden die Unrechtstaten sowie die Politik des Nationalsozialismus massiv von ihm verharmlost.

Auch wenn es sich bei dem vom Kläger verwandten Bild zu Beginn des Videos um einen nicht nur geschmacklosen, sondern unsäglichen, völlig unangemessenen Vergleich handelt, was an der Eignung des Klägers als Lehrer erheblich zweifeln lässt, führt das beklagte Land selbst aus, dass der Kläger das damalige Werben um eine Impfbereitschaft in der Pandemie mit dem System der Konzentrationslager zu Zeiten des Nationalsozialismus verglichen habe. Damit werden zwar vom Kläger auch die Unrechtstaten sowie die Politik des Nationalsozialismus massiv verharmlost, aber wie oben beschrieben ist auch eine überzogene, völlig unverhältnismäßige oder sogar ausfällige Kritik vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung geschützt.

Unstreitig stand die Äußerung des Klägers, auch wenn das in der Personalratsanhörung nicht erwähnt ist, im Zusammenhang mit einer Äußerung des bayerischen Ministerpräsidenten zur Impfung in der Bevölkerung. Insofern war noch eine Beziehung zu einer sachlichen Auseinandersetzung gegeben. Es mag sein, dass der Kläger bewusst und gewollt die Unrechtstaten sowie die Politik des Nationalsozialismus verharmlosen wollte. Dem Kläger ging es als Gegner des staatlichen Handelns im Zusammenhang mit der Pandemie aber zumindest auch um die Kritik an diesem staatlichen Handeln. Die damit verbundene Machtkritik des Klägers ist, wie oben beschrieben, nach der Rechtsprechung des BVerfG ausdrücklich durch das Grundgesetz geschützt.

So lange nicht durch Tatsachen tragfähig unter Ausschluss anderer Deutungsmöglichkeiten festgestellt werden kann, dass es dem Kläger nur um die Verharmlosung der Unrechtstaten sowie der Politik des Nationalsozialismus mit den Auswirkungen auf die Opfer des Nationalsozialismus ging, bewegt sich der Kläger weiter im Rahmen der vom Grundgesetz geschützten Meinungsfreiheit. Und bei allem verständlichen Suchen nach einem geeigneten Maßstab handelt es sich doch bei dem vom Arbeitsgericht bemühten „objektiven Empfängerhorizont eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums“ oder „des objektiven Dritten“ nur um eine richterliche Argumentationsfigur im Arbeitsrecht, die nicht gesetzlich verankert und somit kein normativer Rechtsbegriff ist. Es ist lediglich eine rhetorisch-argumentative Redeweise, die vielfach als nicht-justiziable Leerfloskel, Kunstfigur oder Phantom ohne selbständigen materiellen Rechtsgehalt angesehen wird (vgl. zum Ganzen Schellen, Die verständigen Arbeitsvertragsparteien 2022, 295f. m.w.N.).

Auch hier hat das beklagte Land in der Personalratsanhörung zum dienstlichen Bezug nur mitgeteilt, dass der Kläger durch die veröffentlichten Videos eine Vielzahl von Menschen, auch Schüler/innen, erreiche. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger das Video vom 19. Juli 2021 in irgendeiner Form im Unterricht oder an anderer Stelle in seiner Schule bekannt gegeben oder verbreitet hätte. Meinungsäußerungen von (angestellten) Lehrern unterliegen außerhalb der Schule aber, wie schon gesagt, keinem anderen Grundrechtsschutz als Meinungsäußerungen anderer Menschen. Auch hatte das beklagte Land dem Kläger in der Abmahnung vom 13. Januar 2021 nicht untersagt, in den Videos auf die Tätigkeit als Lehrer in Berlin hinzuweisen, sondern (nur), dass seine privaten Meinungskundgebungen, insbesondere die, die er als „Lehrer in Berlin“ verbreite, maßvoll zu erfolgen hätten und beleidigende Inhalte zu unterbleiben hätten. Seine privaten Meinungsäußerungen dürften in keiner Weise den Eindruck entstehen lassen, dass diese die Meinung Ihres Dienstherrn wiedergeben würden.

1.3

Hinsichtlich des nachgeschobenen Kündigungsgrundes hat das beklagte Land in der Personalratsanhörung längere Textpassagen aufgeführt, wie im Tatbestand dieses Urteils angegeben. Der Kläger habe die in dem Video in Bezug genommene Situation am Reichstag im August 2020 verharmlost und mit dem nun bekannt gewordenen Video Sympathie zu verfassungsfeindlichen Handlungen gezeigt.

Das beklagte Land hat sich aber in der Personalratsanhörung nicht dazu erklärt, was es als verfassungsfeindlich ansehe. Es hat vielmehr ausdrücklich (nur) auf den Straftatbestand des Landfriedensbruchs hingewiesen.

Entscheidend ist jedoch, wie das beklagte Land im Rahmen der Personalratsanhörung selbst bemerkt, dass ein außerdienstliches (Fehl-)Verhalten auch noch einen Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweisen muss. Diesen Bezug hat das beklagte Land in der Personalratsanhörung durch zwei Aspekte hergestellt. Zum einen hat es diesen in dem Umstand gesehen, dass der Kläger in vielen seiner Videos als Lehrer auftritt und zum anderen seine Schüler aufgefordert habe, an seinen außerdienstlichen Aktivitäten teilzunehmen.

Der erste Aspekt tritt - jedenfalls nach der Personalratsanhörung - in dem am 25. März 2022 dem Personalrat erläuterten Video nicht auf. Dass der gesamte Videokanal des Klägers als Einheit anzusehen wäre und deshalb auch die Videos in ihrer Gesamtheit zu beurteilen seien, wie das beklagte Land in der Berufungsverhandlung ausgeführt hat, wurde als insoweit tragende Überlegung dem Personalrat nicht mitgeteilt.

Für den zweiten Aspekt ist zu beachten, dass der Arbeitgeber, der durch den Ausspruch einer Abmahnung auf das Recht zur Kündigung aus den abgemahnten Gründen verzichtet (vgl. unten 2.4), eine spätere Kündigung nicht allein auf die abgemahnten Gründe stützen, sondern hierauf nur unterstützend zurückgreifen kann, wenn weitere kündigungsrechtlich erhebliche Umstände eintreten oder ihm nachträglich bekannt werden (BAG vom 13. Dezember 2007 – 6 AZR 145/07).

Dieser zweite Aspekt war bereits Gegenstand der Abmahnung vom 13. Januar 2021. Diese endete mit der ausdrücklichen Dienstanweisung an den Kläger, dass Werbung für seine Internetauftritte in der Schule, insbesondere im Lehrerzimmer und im Unterricht, auch Onlineunterricht, zu unterbleiben hätten. Dass der Kläger nach Erhalt der Abmahnung gegen diese Weisung noch einmal verstoßen hätte, ist dem Beklagtenvortrag nicht zu entnehmen. Der Hinweis in der Personalratsanhörung auf ein Schreiben der Schüler vom 28. Juli 2020 bestätigt indirekt, dass der Kläger nach dem 13. Januar 2021 keinen entsprechenden Pflichtenverstoß mehr begangen hat, jedenfalls wurde er vom beklagten Land nicht benannt.

1.4

Auch die beiden Kündigungen vom 15. Juli 2022 sind unwirksam. Ob und inwieweit der Vortrag in diesem Rechtsstreit durch die Personalratsanhörung begrenzt wäre, kann dahinstehen, obwohl das beklagte Land zur Personalratsanhörung nicht vorgetragen hat.

Zutreffend weist das beklagte Land darauf hin, dass die in dem Video vom 7 Juli 2022 getätigten Äußerungen des Klägers mit dem Bildungsauftrag nach § 1 des Berliner Schulgesetzes kaum in Übereinstimmung zu bringen sein dürften. Wenn im Schulgesetz als Ziel die Heranbildung von Persönlichkeiten beschrieben ist, welche fähig sind, der Ideologie des Nationalsozialismus und allen anderen zur Gewaltherrschaft strebenden politischen Lehren entschieden entgegenzutreten sowie das staatliche und gesellschaftliche Leben auf der Grundlage der Demokratie, des Friedens, der Freiheit, der Menschenwürde, der Gleichstellung der Geschlechter und im Einklang mit Natur und Umwelt zu gestalten, ist die relative Gleichsetzung der seinerzeitigen Corona-Maßnahmen mit den totalitären Systemen von Stalin, Mao und Hitler eine erneut völlig unangemessene und unsägliche Gleichsetzung von in keiner Weise auch nur ansatzweise vergleichbaren Sachverhalten.

Wie oben unter 1.3 bereits ausgeführt, bedarf ein außerdienstliches (Fehl-)Verhalten auch noch eines Bezuges zum Arbeitsverhältnis. Ob dem Personalrat ein entsprechender Bezug mitgeteilt worden ist, ist dem Beklagtenvortrag nicht zu entnehmen. Im Kündigungsschreiben selbst wurde dieser Bezug nicht erwähnt. Schriftsätzlich hat das beklagte Land ausgeführt, dass der Kläger allein mit dem Titel des Videos „B… bald wieder im Schuldienst“ und mit der expliziten Bezugnahme auf das Kündigungsschutzverfahren eine Verknüpfung zu seiner Tätigkeit hergestellt habe. Dem ist nicht zu folgen. Denn der Kläger hat sowohl mit dem Titel des Videos wie auch mit der ausdrücklichen Bezugnahme auf das Kündigungsschutzverfahren deutlich gemacht, dass er derzeit nicht (mehr) in einem Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land steht.

Selbst wenn man aber diesen Bezug als ausreichend ansehen würde, sind die Vorschriften des Schulgesetzes nicht die Grenze der Meinungsfreiheit von Lehrern. Diese Vorschriften legen entsprechend Art. 5 Abs. 2 GG fest, wie die Arbeit im Rahmen des Schulgesetzes durchzuführen ist, begrenzen aber nicht die durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsfreiheit im außerdienstlichen Bereich. Wie oben unter 1. ausgeführt, sind Fälle, in denen die Äußerung, auch wenn sie gravierend ehrverletzend und damit unsachlich ist, letztlich als (überschießendes) Mittel zum Zweck der Kritik eines Sachverhaltes dient, auch noch im Rahmen der Meinungsfreiheit durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt. Teil dieser Freiheit ist, dass Bürgerinnen und Bürger in anklagender und personalisierter Weise die Machtausübung angreifen können, ohne befürchten zu müssen, dass die personenbezogenen Elemente solcher Äußerungen aus diesem Kontext herausgelöst werden und die Grundlage für einschneidende (gerichtliche) Sanktionen bilden (vgl. BVerfG vom 21. März 2022 -1 BvR 2650/19).

Dem Kläger ging es auch hier nicht allein darum, die Opfer der genannten totalitären Systeme als solche zu diffamieren, sondern es stellt sich die Äußerung als Teil einer anlassbezogenen Auseinandersetzung im Zusammenhang mit den staatlich verordneten Corona-Maßnahmen dar. Indem der Kläger in dem Video aus dem eingeblendeten Schreiben verlas und dort zweimal ausdrücklich das große „ICH“ aufführte, hat er jedenfalls deutlich gemacht, was der Schwerpunkt der Meinungsäußerung sein sollte. Der Kläger meinte wohl, dass die staatlichen Corona-Maßnahmen die „größten Verbrechen der Menschheit“ seien. Jedenfalls sah sich die Kammer nicht in der Lage auszuschließen, dass dieses zumindest ein Teil der Intention der Äußerungen des Klägers war und diese damit durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt war.

2.

Nachdem das Arbeitsverhältnis zwar nicht durch die Kündigungen des beklagten Landes, aber doch durch dieses gerichtliche Urteil aufgelöst worden ist, hat der Kläger aufgrund der damit einhergehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich keinen Anspruch mehr auf die Entfernung der Abmahnung vom 13. Januar 2021 aus seiner Personalakte (BAG vom 19. April 2012 - 2 AZR 233/11). Nach §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht ein solcher Entfernungsanspruch nur noch dann, wenn es objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Abmahnung dem Arbeitnehmer noch schaden kann (BAG vom 17. November 2016 – 2 AZR 730/15).

2.1

Dazu hat der Kläger neben den erstinstanzlichen Ausführungen in der Berufungsbegründung ausgeführt, dass das beklagte Land überaus deutlich gemacht habe, die quasi politische Verfolgung des Klägers fortsetzen zu wollen. Insofern bestehe unabhängig von der Unwirksamkeit der Kündigungen und dem damit verbundenen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses weiterhin ein Entfernungsinteresse des Klägers.

Angesichts der von beiden Seiten sehr emotional geführten Auseinandersetzung erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass die in der Abmahnung genannten Pflichtverletzungen, die auch die unmittelbare Unterrichtstätigkeit des Klägers betrafen, in einem Arbeitszeugnis für den Kläger Erwähnung finden. Anders als in dem vom Arbeitsgericht genannten Fall, der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. September 1994 (5 AZR 632/93) zugrunde lag, ist hier aber noch kein Zeugnisrechtsstreit anhängig. Insofern erscheint es im Rahmen der Prozessökonomie erforderlich, bereits in diesem Verfahren die Beurteilung der Abmahnung vom 13. Januar 2021 vorzunehmen.

2.2

Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt (vgl. etwa BAG vom 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330/16).

Die Abmahnung muss zur Erfüllung der ihr innewohnenden Rüge- und Warnfunktion hinreichend bestimmt formuliert sein. In ihr muss der Arbeitgeber ein konkret als Pflichtverletzung abgrenzbares Geschehen benennen (BAG vom 23. Juni 2009 – 2 AZR 283/08). Dazu ist das beanstandete Verhalten gegenüber dem Arbeitnehmer genau zu bezeichnen (BAG vom 19. April 2012 – 2 AZR 258/11). Die Abmahnung darf sich nicht auf pauschale Vorwürfe (BAG vom 27. November 2008 – 2 AZR 675/07) oder die rechtliche Bewertung eines Fehlverhaltens beschränken, sondern muss angeben, auf welche Tatsachen und welchen Sachverhalt der Arbeitgeber seine formulierten Vorwürfe stützt (BAG vom 4. Dezember 2013 – 7 ABR 7/12).

Werden in einem Abmahnungsschreiben mehrere Pflichtverletzungen gleichzeitig gerügt und treffen davon nur einige (aber nicht alle) zu, so muss das Abmahnungsschreiben auf Verlangen des Arbeitnehmers vollständig aus der Akte entfernt werden und kann nicht teilweise aufrechterhalten bleiben (BAG vom 13. März 1991 – 5 AZR 133/90).

2.3

Diesen Anforderungen genügt die Abmahnung vom 13. Januar 2021 nicht. Deshalb ist sie aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Allein schon der Vorwurf zu Ziffer 1. der Abmahnung ist nicht hinreichend bestimmt. Wenn dort ausgeführt ist „Sie warben für Ihre Veröffentlichungen im von Ihnen erteilten Unterricht.“ oder „Vorzuwerfen ist Ihnen insbesondere, dass Sie für die von Ihnen geäußerten Meinungsbekundungen im Unterricht und im Lehrerzimmer werben.“, hätte dieses zumindest insoweit konkretisiert werden müssen, dass der Kläger sich dazu hätte einlassen können. Die Konkretisierung hätte mindestens die Art der Werbung und das Bezugsobjekt bzw. die Bezugsobjekte der Werbung beinhalten müssen. Dieses gilt hier umso mehr, weil der Kläger, wie unter Ziffer 3 der Abmahnung beschrieben, u.a. das Fach „Kommunikations- Informations- und Medientechnik unterrichtet und es an sich zu seinen Aufgaben gehört, den Umgang mit Medien zu unterrichten. Auch eine (grobe) zeitliche Zuordnung der Werbeaktivitäten wäre für eine ausreichende Bestimmtheit erforderlich gewesen.

Damit ist die Abmahnung in diesem Punkt und entsprechend der oben unter 2.2 genannten Rechtsprechung des BAG insgesamt als zu unbestimmt anzusehen. Einer Beurteilung der übrigen dort gerügten Aspekte bedarf es deshalb in diesem Rechtsstreit nicht mehr.

2.4

Nicht zu prüfen war in diesem Rechtsstreit, ob angesichts der in der Abmahnung enthaltenen konkreten Vorwürfe überhaupt eine Abmahnung erforderlich gewesen wäre oder die Vorwürfe angesichts ihres Gewichts auch schon ohne Abmahnung als Begründung für eine Kündigung ausreichend gewesen wären. Indem das beklagte Land sich zum Ausspruch der Abmahnung entschieden hat, sind die dazu herangezogenen Gründe für eine Kündigung verbraucht. Mit dem Ausspruch einer Abmahnung verzichtet der Arbeitgeber in der Regel zugleich auf das Recht zur Kündigung aus den Gründen, wegen derer die Abmahnung erfolgt ist (vgl. BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 145/07).

3.

Das Arbeitsverhältnis war trotz des Obsiegens des Klägers durch das Gericht aufzulösen, weil eine den „Betriebszwecken“ dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien objektiv nicht mehr zu erwarten ist.

3.1

Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, eine Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm übertragenen Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit gefährdet ist (BAG vom 19. November 2015 - 2 AZR 217/15 m.w.N.). Das beklagte Land muss im Einzelnen vortragen, weshalb die nicht ausreichenden Kündigungsgründe einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit entgegenstehen sollen (BVerfG 22. Oktober 2004 - 1 BvR 1944/01; BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 256/04).

3.2

Mit den schriftsätzlichen Äußerungen und den darin teilweise enthaltenen ehrenrührigen Anwürfen des Klägers, wie sie das beklagte Land im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 29. August 2023 herausgearbeitet hatte, ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der Parteien nicht mehr zu erwarten. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und dem beklagten Land ist endgültig zerstört, u.a. durch dessen Vorwürfe, das beklagte Land verhalte sich unredlich und verletze prinzipiell seine Rücksichtnahme- und Fürsorgepflichten, es verunglimpfe den Kläger, vertrete rechtsstaatsfeindliche Ansichten und verfolge den Kläger politisch. Die Ausführungen des Klägers, seine Anwürfe gegen das beklagte Land, sind auch nicht durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen im Prozess gedeckt. Dies gilt erst recht für die Ausführungen des Klägers in seinem Video vom 7. Juli 2022, mit denen er dem beklagten Land eine politisch motivierte Kündigung des Arbeitsverhältnisses und damit eine politisch motivierte Diskriminierung, Diskreditierung und letztendlich Mobbing vorwirft.

In der mündlichen Verhandlung hat sich der persönlich anwesende Kläger auch nicht von den Äußerungen seines Prozessbevollmächtigten distanziert. Ganz im Gegenteil wurde, wie auf Seite 14 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, seitens des Klägers ausdrücklich darauf verwiesen, dass die schriftsätzlichen Äußerungen als zugespitztes Prozessverhalten gerechtfertigt seien.

Weitere Auflösungsgründe hat das beklagte Land nicht aufgeführt, so dass diese auch keine Berücksichtigung finden konnten.

3.3

Anders als das beklagte Land angeregt hat, war deshalb eine Abfindung in Höhe von 12 Bruttomonatsgehältern festzusetzen. Dieses ist der Höchstbetrag des § 10 Abs. 1 KSchG. Hinsichtlich der Höhe der Abfindung war zugunsten des Klägers neben dem monatlichen Gehaltsbetrag seine Beschäftigungsdauer von ca. 13 ½ Jahren zum Auflösungszeitpunkt sein Lebensalter von mittlerweile 62 Jahren zu berücksichtigen. Im Sommer 2023 wäre der Kläger tarifvertraglich ordentlich nicht mehr kündbar gewesen. Dass der Kläger einen auch nur ansatzweise vergleichbaren Arbeitsplatz noch einmal erhalten würde, hielt die Kammer für nahezu ausgeschlossen.

Soweit in der Rechtsprechung vertreten wird, dass auch das Maß der Sozialwidrigkeit der Kündigung bei der Höhe der Abfindung von Bedeutung sei und bei einem geringen Maß der Sozialwidrigkeit die Abfindung geringer zu bemessen sei, vermochte das im hier zu entscheidenden Fall keine Reduzierung der zuvor ermittelten Abfindung rechtfertigen. Zwar hat der Kläger erhebliche Pflichtverstöße gerade auch im Unterricht und in der Schule begangen, wie etwa unter Ziffer 3 und 5 der Abmahnung vom 13. Januar 2021 ausgeführt, doch nahm das beklagte Land dieses nicht zum Anlass für eine Kündigung, so dass das bei der Bemessung der Abfindung auch keine Rolle spielen kann. Auch die Bezeichnung von Schülern als „Neo-Stasi“ wäre im Regelfall wohl geeignet, eine Kündigung zu rechtfertigen. Aber auch das hat das beklagte Land nur im Rahmen der Abmahnung verwendet. Aus der Zeit nach Erhalt der Abmahnung hat das beklagte Land jedoch keine konkreten Vorkommnisse aus der Schule oder dem Unterricht mehr angeführt, in denen der Kläger eine Pflichtverletzung begangen hätte. Die dem Kläger im Rahmen der Sozialwidrigkeit vorgeworfenen Sachverhalte fanden jeweils außerhalb der Schule statt. Auch wenn das beklagte Land verschiedene Aspekte zum dienstlichen Bezug des Verhaltens des Klägers dargelegt hatte, kann die Ausnutzung der Meinungsfreiheit bis zur Grenze der Zulässigkeit, so unsäglich das auch in manchen Situationen erscheint, keine Reduzierung der Abfindungssumme rechtfertigen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 92 Abs. 2 ZPO. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Obsiegen nur mit dem Auflösungsantrag hatte insoweit keinen eigenen Wert.

Die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.