Gericht | LG Cottbus 2. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 01.03.2022 | |
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Aktenzeichen | 2 O 593/20 | ECLI | ECLI:DE:LGCOTTB:2022:0301.2O593.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 162,61 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.08.2018 zu zahlen.
2. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz eines unfallbedingten Verdienstausfalls ist die Klage dem Grunde nach zu 1/3 gerechtfertigt.
3. Hinsichtlich des Schmerzensgeldes ist die Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils des Klägers von 2/3 gerechtfertigt.
4. Hinsichtlich des Ersatzes vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist die Klage dem Grunde nach zu dem Bruchteil gerechtfertigt, der sich aus dem Quotienten des Werts der vorgerichtlich anwaltlich geltend gemachten Ansprüche und dem Wert des gerichtlichen Obsiegens des Klägers mit diesen Ansprüchen ergibt.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6. Das Urteil ist hinsichtlich Ziff. 1 vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Fahrradunfall, der sich am 23.08.2017 ereignet haben soll.
Die Beklagten zu 2. und 3. sind Eigentümer des Grundstücks in Sie beauftragten die Beklagte zu 1., die ein deutschlandweit tätiges Bauunternehmen betreibt, mit der Realisierung eines Bauvorhabens auf ihrem Grundstück. Die ist in diesem Bereich mit groben Kopfsteinen gepflastert. Auf der Grundstücksseite der Straße verläuft ein schmaler, sandiger Gehweg. Der Weg enthält keine Kennzeichnung zur (Mit-)Benutzung durch Fahrräder. Am Rande des Wegs zur Straßenseite befinden sich einzelne Bäume und Laternen.
Im Rahmen der Bauarbeiten ließ die Beklagte zu 1. einen orangefarbenen Stahlbaucontainer so am Rand des Grundstücks der Beklagten zu 2. und 3. platzieren, dass er mit einer Ecke über die Grundstücksgrenze hinaus auf den Weg ragte und die benutzbare Wegbreite einschränkte. Der auf dem Grundstück der Beklagten zu 2. und 3. stehende Teil des Containers war mit einem Bauzaun abgegrenzt. Die auf den Weg hinausragende Ecke ragte aus dem eingezäunten Bereich heraus. Auf der anderen Seite des Wegs befand sich an dieser Stelle ein Baum. Ferner befand sich in unmittelbarer Nähe eine öffentliche Straßenlaterne. Ob die Laterne am Abend des 23.08.2017 eingeschaltet war, ist zwischen den Parteien strittig.
Der Kläger behauptet, dass er am Abend des 23.08.2017 gegen 21:30 Uhr den Weg vor dem Grundstück der Beklagten zu 2. und 3. mit seinem Elektrofahrrad befahren habe. Er sei bei bereits eingetretener Dunkelheit mit eingeschalteter Fahrbeleuchtung und äußerster Vorsicht gefahren. Er habe den ungesicherten und insbesondere unbeleuchteten, in den Weg ragenden Teil des Stahlbaucontainers nicht rechtzeitig erkannt und sei infolgedessen mit dem Container kollidiert und gestürzt. Dabei habe er sich erheblich verletzt und Sachschäden erlitten.
Für die Instandsetzung seines unfallbedingt beschädigten Fahrrades sei ein Kostenaufwand i.H.v. - unbestritten - 487,84 € erforderlich. Der Kläger behauptet, bei dem Unfall ein T-Shirt zum Kaufpreis von 95,00 €, einen Pullover zum Kaufpreis von 295,00 €, sowie seine Hose zum Kaufpreis von 150,00 € getragen zu haben. Diese Kleidung sei bei dem Unfall zerstört worden. Zudem habe er eine Armbanduhr der Marke mit einem Anschaffungspreis von 8.100,00 € getragen. Die Uhr sei ihm im Zuge der Kollision mit dem Container vom Arm gerissen und anschließend nicht mehr auffindbar gewesen.
Der Kläger habe durch den Unfall eine stark angeschwollene linke Wade mit einer ca. 10 cm langen, blutenden Risswunde, zahlreiche ebenfalls blutende und zum Teil stark verschmutzte Schürfwunden, eine Stauchung des linken Sprunggelenks und eine Prellung der rechten Schulter erlitten. Die Verletzungen seien zunächst hausärztlich versorgt worden. Wegen anhaltender Schmerzen im Sprunggelenk sei schließlich eine radiologische Untersuchung im Klinikum erforderlich geworden, wo eine Distorsion des oberen Sprunggelenks links diagnostiziert worden sei. In der Folge habe sich der Kläger in weiterführender fachorthopädischer Behandlung befunden und bis Mitte Dezember 2017 eine Bandagierung um das lädierte Sprunggelenk tragen müssen. Bis Ende November 2017 habe der Kläger seinen Fuß lediglich eine Stunde belasten können, bevor heftige Schmerzen aufgetreten seien und der Bereich um das Sprunggelenk stark angeschwollen sei. Aufgrund dessen sei der Kläger, der als Selbstständiger ein Maler- und Lackiererunternehmen betreibe, zu 100 % arbeitsunfähig gewesen. Sodann habe er bis zum Ende des Jahres 2017 zwei bis maximal drei Stunden täglich arbeiten können.
Aufgrund der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit seien dem Kläger vier Aufträge mit Nettoumsätzen i.H.v. ca. 4.100,00 €, 1.800,00 €, 2.300,00 € und 2.650,00 € entgangen.
Der Kläger wandte sich an die Beklagte zu 1. sowie deren Versicherer und forderte sie mehrfach erfolglos zur Leistung von Schadensersatz auf. Schließlich beauftragte er die ... Rechtsanwälte mit seiner außergerichtlichen Interessenwahrnehmung. Diese forderten den Versicherer der Beklagten zu 1. mit Schreiben vom 21.11.2017 zur Schadensersatzleistung auf. Sie forderten den Ersatz voraussichtlicher Reparaturkosten des Fahrrads (487,84 € netto), des Kaufpreises der zerstörten Kleidung unter Berücksichtigung von 15 % Zeitwertabzug (401,50 €) und des Kaufpreises der Uhr (8.100,00 €), zusammen 8.989,09 €. Ferner forderten sie ein Schmerzensgeld von mindestens 1.500,00 € und Ersatz des Schadens durch drei entgangene Aufträge i.H.v. 2.500,00 €, 1.200,00 € und 2.600,00 €. Ferner machten sie für ihre vorgerichtliche Tätigkeit Rechtsanwaltsgebühren auf einen Gegenstandswert von 16.789,09 € (1,5 Geschäftsgebühr, Post und Telekommunikationspauschale, 19 % Umsatzsteuer) geltend.
Nach weiterem Schriftverkehr lehnte der Versicherer seine Einstandspflicht mit Schreiben vom 01.08.2018 ab.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 20.376,10 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.08.2018 zu zahlen,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens aber 10.000 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.08.2018 zu zahlen und
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger durch den Containerzusammenstoß und dadurch bedingten Fahrradsturz in der in 15738 Zeuthen vom 23. August 2017 entstanden sind bzw. noch entstehen werden, soweit derartige Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.
Die Beklagten behaupten, dass der in den Weg ragenden Teil des Containers durch ein angebrachtes rotes Tuch markiert gewesen sei. Außerdem sei der Container durch die in der Nähe befindliche und eingeschaltete öffentliche Straßenlaterne gut erkennbar gewesen.
Die Beklagten sind der Auffassung, den Kläger treffe jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden. Er sei mit seinem Fahrrad unberechtigt auf dem Gehweg gefahren. Wenn er den beleuchteten und gut erkennbaren Container nicht wahrgenommen habe, lasse das bei lebensnaher Betrachtung nur die Vermutung zu, dass der Kläger den Weg im Zustand der beschränkten Wahrnehmungsfähigkeit, z.B. infolge einer starken Alkoholisierung, befahren habe.
Nach Eingang der Klageschrift am 30.12.2020 wurde der Kläger mit Scheiben vom 12.01.2021 aufgefordert, die Gerichtskosten einzuzahlen. Die Gerichtskosten sind am 25.01.2021 bei der Gerichtskasse eingegangen. Daraufhin wurde die Klageschrift dem Beklagten zu 1. am 04.03.2021 und den Beklagten zu 2. und 3. jeweils am 03.03.2021 zugestellt.
Das Gericht hat den Kläger persönlich angehört. Es hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen und Zum Ergebnis der Anhörung und der Zeugenvernehmung wird auf die Protokolle vom 13.08.2021 (BI. 173 ff. d.A.) und 01.02.2022 (BI. 319 ff. d.A.) Bezug genommen.
I.
Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungsantrags unzulässig. Im Übrigen ist sie zulässig.
Für den Feststellungsantrag fehlt es an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse. Zwar sind an das Feststellungsinteresse für einen Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht des Schädigers in Unfallsachen nicht allzu hohe Anforderungen zu stellen. Wird ein Feststellungsantrag jedoch neben einem Antrag auf Leistung materiellen und immateriellen Schadensersatzes gestellt, ist für ein Feststellungsinteresse mindestens erforderlich ist, dass die Entstehung weiterer, von den Leistungsanträgen nicht erfasster Schäden wahrscheinlich, jedenfalls aber möglich erscheint.
Solches ergibt sich aus dem klägerischen Sachvortrag jedoch nicht. Der Kläger hat nicht vorgetragen, welche weiteren materiellen Schäden neben den bezifferten Schäden noch in Betracht kommen sollen, obwohl das Unfallereignis mittlerweile über 4 Jahre zurückliegt und alle materiellen Schäden daher feststellbar sein dürften. In seiner persönlichen Anhörung hat der Kläger angegeben, heute nicht mehr an gesundheitlichen Beeinträchtigungen aus dem Unfallereignis zu leiden. Es sei alles verheilt. Insofern ist auch nicht ersichtlich, welche immateriellen Schäden dem Kläger zukünftig noch entstehen könnten, die nicht vom gestellten Schmerzensgeldantrag umfasst sind.
II.
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie teilweise begründet, teilweise dem Grunde nach gerechtfertigt und im Übrigen unbegründet.
1.
Der Erlass eines Teilgrund- und Teilendurteils ist hier gemäß §§ 301 Abs.1, 304 Abs. 1 ZPO zulässig und zweckmäßig. Die Parteien streiten über Ansprüche auf Ersatz materieller Schäden und die Zahlung von Schmerzensgeld. Hinsichtlich eines Teils der materiellen Schäden ist die Klage entscheidungsreif. Hinsichtlich des weiter begehrten Ersatzes eines Verdienstausfalles, des Schmerzensgeldes und der Rechtsanwaltskosten ist die Klage aber nur dem Grunde, nicht jedoch dem Betrag nach entscheidungsreif, weil insoweit entscheidungserhebliche Tatsachen (Umfang der unfallbedingten Verletzungen und unfallbedingt entgangener Aufträge) streitig sind und weitere (ggf. umfangreiche) Feststellungen erfordern. Ggf. ist auch ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.
2.
Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung von 162,61 € wegen der Beschädigung des Fahrrads. Der Anspruch ergibt sich aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 StVO und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 11 Abs. 2 BbgBO und § 823 Abs. 1 BGB.
a)
Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger am Abend des 23.08.2017 mit seinem Elektrofahrrad auf dem Gehweg vor der Baustelle der Beklagten gefahren und an dem dort abgestellten Baucontainer zu Fall gekommen ist. Das Gericht stützt seine Überzeugung auf die persönliche Anhörung des Klägers und die Vernehmung des Zeugen Der Kläger hat plausibel und detailreich geschildert, wie er sich von der Wohnung des Zeugen mit leeren Flaschen im Fahrradkorb auf den Weg zum REWE-Markt gemacht hat, um diese dort abzugeben und unterwegs mit dem Container kollidiert ist. Diese Einlassung wird durch die Aussage des Zeugen bestätigt. Zwar hat der Zeuge geschildert, den Unfall nicht selbst wahrgenommen zu haben. Er hat jedoch bestätigt, wie der Kläger bei ihm losgefahren sei und er, der Zeuge, dann wenig später Sturzgeräusche gehört und die Unfallstelle aufgesucht habe. Das Gericht verkennt nicht, dass der Kläger und der Zeuge offenbar befreundet sind. Gleichwohl sieht das Gericht keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge hinsichtlich der Tatsache des Sturzes des Klägers wahrheitswidrig ausgesagt hat. Die Aussage lässt keine Tendenz des Zeugen erkennen, zum Vorteil des Klägers aussagen zu wollen. So räumte der Zeuge offen ein, dass er nicht wisse, welche Kleidung der Kläger am Unfalltag getragen hat und ob der Kläger die Uhr nach dem Sturz noch am Arm trug.
b)
(1) Der Baucontainer hat unstreitig in den Bereich des unbefestigten Weges am Straßenrand geragt. Die Beklagten haben - soweit sie die entsprechende Platzierung des Containers durch die Containerfirma nicht selbst angeordnet haben - jedenfalls mit der Duldung dieses Zustandes gegen § 32 StVO verstoßen. Die Norm ist ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB. Nach § 32 StVO ist es u. a. verboten, Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Zur Straße i. S. d. § 32 StVO gehören auch Rad- und Gehwege. Adressat der Norm ist nicht nur derjenige, der den verkehrsfremden Zustand unmittelbar und schuldhaft herbeigeführt hat, sondern darüber hinaus auch derjenige, der die Handlungen des unmittelbar Verantwortlichen veranlasst, sie begleitet und ggf. zu überwachen hat <i>(Koehl,</i> in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Auflage 2017, StVO §32 StVO Rn. 4, m.w.N.). Sowohl die Beklagte zu 1. als veranlassende Bauunternehmerin als auch die Beklagten zu 2. und 3. als Bauherren (vgl. zur Verantwortung des Bauherrn für die Vorgänge auf der Baustelle <i>BGH,</i> Urt. v. 05.11.1992 - III ZR 91/91 - Juris, Rn. 21) sind dafür verantwortlich, dass von der Baustelle keine Gefahren ausgehen. Sie sind daher Verantwortliche i.S.d. § 32 StVO, wenn von der Baustelle Objekte in den Straßenkörper hineinragen. Durch den Container konnte auch der Verkehr auf dem Weg gefährdet oder erschwert werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beklagten den Container - wie sie streitig behaupten - durch eine Warnweste gesichert haben und der Container durch die Straßenlaterne beleuchtet war, denn auch in diesem Fall hätte der Container den Verkehr - wenn auch in geringerem Ausmaß - noch gefährden oder erschweren können. Das Vorliegen einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis, die den Beklagten die Inanspruchnahme des Gehweges (mit ordnungsgemäßer Sicherung) ohne Verstoß gegen § 32 StVO erlaubt hätte, haben die Beklagten nicht behauptet.
(2) Darüber hinaus haben die Beklagten auch gegen § 11 Abs. 2 BbgBO verstoßen. Auch diese Norm ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Nach § 11 Abs. 2 BbgBO ist bei Bauarbeiten, durch die unbeteiligte Personen gefährdet werden können, die Gefahrenzone abzugrenzen oder durch Warnzeichen zu kennzeichnen. Soweit erforderlich, sind Baustellen mit einem Bauzaun abzugrenzen. Auch für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten nach der BauO sind gern. § 52 BbgBO neben der Beklagten zu 1. als unmittelbar verantwortlicher Bauunternehmerin auch die Beklagten zu 2. und 3. als Bauherren im Rahmen ihres Wirkungskreises verantwortlich. Das bedeutet, dass die Beklagten zu 2. und 3. jedenfalls Kontroll- und Überwachungspflichten treffen. Die Beklagten zu 2. und 3. haben nicht vorgetragen, auf welche Weise sie ihren Kontroll- und Überwachungspflichten im Hinblick auf den Baucontainer nachgekommen sind bzw. ihre Kontroll-Überwachungspflichten wirksam auf andere Baubeteiligte delegiert haben.
Der Baucontainer war zur Überzeugung des Gerichts nicht ordnungsgemäß gesichert. Es hätte einer kompletten Einzäunung des Containers bedurft, weil die objektiv gefährlich in den Weg ragende Ecke des Baucontainers auch im Falle der Markierung mit einer Warnweste jedenfalls im Dunkeln noch gefährlich gewesen. Es kann dahinstehen, ob dennoch von einer ordnungsgemäßen Sicherung der Baustelle ausgegangen werden könnte, wenn die Straßenlaterne eingeschaltet und die stelle dadurch auch nachts gut beleuchtet gewesen wäre, denn die Beklagten haben dies zur Überzeugung des Gerichts nicht bewiesen. Aus der Existenz einer öffentlichen Straßenlaterne folgt kein Anscheinsbeweis dafür, dass diese an einem bestimmten Tag zur Nachtzeit auch eingeschaltet war, da Straßenlaternen bekanntlich gelegentlich auch defekt sind. Der Zeuge konnte sich nicht erinnern, ob die Straßenlaterne eingeschaltet war. Der Zeuge als Bauleiter konnte sich nicht einmal erinnern, ob die Laterne zur Bauzeit überhaupt grundsätzlich funktionierte.
(3) Darüber hinaus haften die Beklagten aber auch unmittelbar aus § 823 Abs. 1 BGB. Die Beklagte zu 1. hat in ihrem Verantwortungsbereich nach § 52 BbgBO im öffentlichen Verkehrsraum eine Gefahrenquelle geschaffen und nicht ausreichend gesichert, wofür auch die Beklagten zu 2. und 3. als Bauherrn einstehen müssen. Insofern wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.
c)
Der Kläger muss sich jedoch gern. § 254 Abs. 1 BGB ein erhebliches eigenes Mitverschulden von 2/3 anrechnen lassen.
Zu dem Unfall ist es überhaupt nur gekommen, weil der Kläger mit seinem Fahrrad nicht auf der Straße gefahren ist, sondern den Gehweg benutzt hat. Dadurch hat der Kläger gegen § 2 Abs. 1 S. 1 StVO verstoßen. Nach dieser Vorschrift müssen Fahrzeuge die Fahrbahn benutzen, soweit nichts anderes geregelt ist. Der Kläger gehört weder zu den nach § 2 Abs. 5 StVO privilegierten Minderjährigen, die den Gehweg benutzen dürfen. Noch hat er einen privilegierten Minderjährigen nach § 2 Abs. 5 S. 3 StVO begleitet. Der Gehweg war auch nicht durch Verkehrszeichen zur Mitbenutzung durch Fahrräder freigegeben. Allein der vom Kläger behauptete schlechte Zustand der Fahrbahn berechtigte den Kläger nicht, den Gehweg zu befahren. Lediglich in quasi „umgekehrter Richtung“ ist anerkannt, dass ein ausgewiesener Fahrradweg dann nicht benutzt werden muss, wenn dessen Zustand die Benutzung unzumutbar macht. Dagegen darf ein Fußweg, der nicht für den Fahrradverkehr freigegeben ist, auch dann nicht befahren werden, wenn die Fahrbahn in schlechten Zustand ist.
Darüber hinaus ist dem Kläger anzulasten, dass er zur Überzeugung des Gerichts entweder nicht mit einer den Straßen- und Sichtverhältnissen angepassten Geschwindigkeit gefahren ist oder dass er unaufmerksam war. Auch für Fahrradfahrer gilt das sogenannte Sichtfahrgebot nach § 3 Abs. 1 StVO, d. h. auch sie dürfen in der Dunkelheit nur so schnell fahren, dass sie innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten können. Auszugehen ist zunächst von der unstreitigen Tatsache, dass der Baucontainer eine orangene Farbe hatte. Auch bei wenig Licht hat sich der Container daher optisch noch von seiner Umgebung in der Straße abgehoben. Wird zugunsten des Klägers seine Behauptung, dass die Straßenbeleuchtung nicht funktioniert hat, als zutreffend unterstellt, war er auf seine Fahrradbeleuchtung angewiesen, die er nach seiner eigenen Behauptung auch eingeschaltet hatte. Aufgrund der vom Kläger behaupteten schlechten Sichtverhältnisse war er gehalten, besonders vorsichtig zu fahren. In jedem Fall durfte er nur so schnell fahren, dass er innerhalb des von seiner Fahrradlampe beleuchteten Bereichs anhalten konnte. Wenn er die Fahrradlampe so eingestellt hatte, dass nur ein vergleichsweise kurzer Bereich ausgeleuchtet wurde, hätte er entsprechend langsamer fahren müssen. Der Umstand, dass der Kläger den orangenen Baucontainer nach seiner eigenen Einlassung dennoch nicht so rechtzeitig gesehen hat, dass er noch anhalten konnte, lässt - da andere Sichtbehinderungen als die Dunkelheit weder vorgetragen noch ersichtlich sind - nur den Schluss zu, dass der Kläger so schnell gefahren ist, dass er bei Erkennbarkeit des Containers nicht mehr anhalten konnte oder dass er bei Erkennbarkeit des Containers den Container gleichwohl nicht sofort wahrgenommen hat, weil er unaufmerksam war. In beiden Fällen trifft den Kläger ein weiteres, über den Verstoß gegen das Fahrbahnbenutzungsgebot hinausgehendes Mitverschulden.
Das Gericht bemisst den Mitverschuldensanteil des Klägers gern. § 287 ZPO mit insgesamt 2/3.
d)
Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung von 1/3 der fiktiven Reparaturkosten des Fahrrads, also von 162,61 €. Insofern sieht es das Gericht als erwiesen an, dass das Fahrrad des Klägers bei dem Unfall beschädigt worden ist. Die Höhe der voraussichtlichen Instandsetzungskosten ist unstrittig.
e)
Der tenorierte Zinsanspruch ab 02.08.2018 ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB, weil die Versicherung ihre Einstandspflicht für die Beklagte zu 1. mit dem Schreiben vom 01.08.2018 endgültig abgelehnt hat. Der Verzug der Beklagten zu 1. wirkt gern. § 442 BGB auch gegenüber den Beklagten zu 2. und 3.
f)
Der Anspruch ist nicht verjährt. Schadensersatzansprüche aus § 823 BGB verjähren in der regelmäßigen Verjährung des §§ 195, 199 BGB binnen drei Jahren zum Jahresende. Die im Jahr 2017 entstandenen Ansprüche konnten somit frühestens mit Ablauf des 31.12.2020 verjähren. Der Kläger hat die Verjährung durch die Klageerhebung am 30.12.2020 jedoch rechtzeitig gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 167 ZPO gehemmt. Nach § 167 ZPO wirkt die Klageerhebung durch Zustellung an die Beklagten auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift bei Gericht zurück, wenn die Klage alsbald zugestellt wird. Eine Verzögerung der Zustellung bleibt unberücksichtigt, wenn den Kläger an der Verzögerung kein Verschulden trifft. Bei der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses ist dem Kläger regelmäßig eine Zahlungsfrist von 2 Wochen zuzugestehen, ohne dass dies der Annahme einer baldigen Zustellung entgegen steht. Vorliegend hat der Kläger die ihm zuzugestehende Zahlungsfrist nicht einmal ausgeschöpft. Dass die Klageschrift gleichwohl erst im März zugestellt worden ist, beruht auf einer Verzögerung der gerichtlichen Abläufe, die dem Kläger nicht anzulasten ist.
3.
Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz eines unfallbedingten Verdienstausfalls ist die Klage dem Grunde nach zu 1/3 gerechtfertigt. Die Haftung der Beklagten als Gesamtschuldner ergibt sich dem Grunde nach aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 StVO und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 11 Abs. 2 BbgBO und § 823 Abs. 1 BGB. Auf die vorstehenden Ausführungen unter Ziff. 2. wird Bezug genommen. Der Schadensersatzanspruch erfasst nach § 252 BGB auch einen Verdienstausfall, den der Kläger unfallbedingt erlitten hat. Auch insofern kann er nur 1/3 des ihm entstandenen Schadens ersetzt verlangen, weil er sich seinen Mitverschuldensanteil von 2/3 anrechnen lassen muss.
Die Feststellung welche Aufträge dem Kläger unfallbedingt entgangen sind und wie hoch der dem Kläger dadurch entstandene Schaden ist, bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
4.
Hinsichtlich des Schmerzensgelds ist die Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils des Klägers von 2/3 gerechtfertigt. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz seines immateriellen Schadens aus § 253 BGB. Insofern ist das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger bei dem Unfall nicht ganz unwesentliche Verletzungen erlitten hat. Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldanspruchs ist der Mitverschuldensanteil des Klägers von 2/3 zu berücksichtigen, wenngleich eine bruchteilsmäßige Kürzung des dem Kläger ohne einen Mitverschuldensanteil zuzusprechenden Schmerzensgeldes nicht stattfindet.
Die Feststellung des für die Bemessung des Schmerzensgeldes maßgeblichen Ausmaßes der Verletzungen des Klägers und des Heilungsverlaufs bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
5.
Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist die Klage dem Grunde nach nur zu dem Bruchteil gerechtfertigt, der sich aus dem Quotienten des Werts der vorgerichtlich geltend gemachten Ansprüche und dem Wert des gerichtlichen Obsiegens des Klägers mit diesen Ansprüchen ergibt.
Der Schadensersatzanspruch erfasst dem Grunde nach auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten, denn es entsprach einer zweckmäßigen Rechtsverfolgung, dass der Kläger nach seinen erfolglosen eigenen vorgerichtlichen Bemühungen um Schadensersatz einen Rechtsanwalt mit seiner weiteren vorgerichtlichen Interessenwahrnehmung beauftragt hat.
Der Höhe nach hat der Kläger einen Kostenerstattungsanspruch aber nur in dem Umfang, wie die vorgerichtlich geltend gemachten Forderungen berechtigt waren. Die Quote ist im Schlussurteil anhand der dem Kläger dann insgesamt zugesprochenen Ansprüche festzustellen. Ebenso bleibt dem Schlussurteil die Feststellung der Höhe der dem Kläger angefallenen Rechtsanwaltskosten vorbehalten.
6.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Kleidungskosten. Das Gericht sieht es weder als erwiesen an, dass der Kläger die behauptete Kleidung bei dem Unfall getragen hat, noch dass diese Kleidung komplett „zerstört“ worden ist. Die Einlassung des Klägers bei seiner persönlichen Anhörung allein reicht zur Überzeugung des Gerichts nicht aus, zumal der Kläger die zerstörte Kleidung nicht als Beweismittel vorgelegt hat. So ist es möglich, für das Gericht aber nicht unbedingt naheliegend, dass bei einem Unfall so teure Kleidung zerstört wird, der Geschädigte die Kleidung dann aber nicht als Beweismittel aufbewahrt. Der Zeuge konnte sich nicht erinnern, welche Kleidung der Kläger am Unfalltag getragen hat. Die Zeugenaussage war insofern gänzlich unergiebig. Daher war die Klage insoweit abzuweisen.
Ebenfalls sieht es das Gericht nicht als erwiesen an, dass der Kläger beim Unfall eine Armbanduhr verloren hat. Zwar hat der Zeuge bekundet, dass der Kläger immer eine Uhr trage und das auch am Unfallabend so gewesen sei. Zum Uhrenmodell hat sich der Zeuge jedoch nicht geäußert. Er konnte keine Aussage dazu treffen, ob der Kläger die Uhr nach dem Unfall noch trug. Auch insofern reicht dem Gericht die Einlassung des Klägers bei seiner persönlichen Anhörung zu einer Überzeugungsbildung nach dem Beweismaß des § 286 ZPO nicht aus. Daher war die Klage auch insoweit abzuweisen.
7.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
8.
Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.