Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 30.06.2023 | |
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Aktenzeichen | 5 K 1184/21 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2023:0630.5K1184.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend
für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5.
Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger wendet sich gegen eine Ordnungsverfügung des Beklagten, mit der ihm u.a. die Beseitigung eines Pontons mit einem darauf befindlichen Gebäude, eines Steges, von Einzäunungen sowie Wegbefestigungen, Elektroinstallationen und von im Wald angepflanzten Obstbäumen aufgegeben wurde.
Der Kläger ist Eigentümer eines (Wald-)Grundstücks bestehend aus dem Flurstück , Flur , Gemarkung Buckow. Das Grundstück ist als Schaumkraut-Schwarzerlen-Wald-Biotop eingestuft und kartiert. Angrenzend in östlicher Richtung vor dem Grundstück des Klägers befindet sich der Schermützelsee, einschließlich des Uferbereichs und der Vorlandfläche (Flurstück , Flur , Gemarkung Buckow). Im Uferbereich des Schermützelsees vor dem Grundstück des Klägers ist bzw. war ein geschlossener Röhrichtgürtel vorhanden. Weiter grenzt das Grundstück des Klägers an das benachbarte (Wald-)Flurstück an. Die Grundstücke liegen im Bereich des Landschaftsschutzgebietes von zentraler Bedeutung Naturpark „Märkische Schweiz“. Weiter befinden sich die Grundstücke im FFH-Gebiet „Schermützelsee“ (DE 3450-07). Das Gebiet ist entsprechend der 7. Erhaltungszielverordnung mit dem FFH-Lebensraumtyp Auen-Wälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior kartiert (Schwarz-Erle und Gemeine Esche). Weiter gehört das Areal zum europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000.
Im Zuge von Ortsbesichtigungen wurde festgestellt, dass auf den Flurstücken und auf einer Fläche von ca. 1700 m² Bäume gefällt und entfernt wurden. Weiter wurde Erde bewegt und wurden – neben weiteren nicht streitgegenständlichen Baumpflanzungen – mindestens 8 Obstbäume angepflanzt. Auf dem Areal wurde ein dreiseitiger Schutzzaun errichtet, der in Richtung Schermützelsee offen ist. Ursprünglich war im Schutzzaun eine Zaunöffnung vorhanden, in die zwei runde, bewegliche Querstangen eingelegt waren. Der Schutzzaun verfügt seit dem August 2019 über ein Holztor. Ein u.a. mit Holzhäckseln aufgeschütteter Weg führt über das Grundstück des Klägers zum Schermützelsee. Auf dem Grundstück ist ein Stromanschluss, einschließlich einer Hausanschlusssäule, vorhanden, von der aus eine Stromleitung bis zum Ufer des Schermützelsees verlegt wurde. Im Uferbereich besteht der Weg aus insgesamt drei Holzbrücken bzw. Stegen. Er dient dem Zugang zum im Uferbereich des Schermützelsees liegenden Ponton des Klägers. Der Ponton ist ca. 4,8 m mal 7 m groß und ist in Ufernähe unmittelbar im Röhrichtgürtel befestigt. Auf dem Ponton befindet sich ein zum Aufenthalt von Menschen geeignetes, u.a. aus Holz errichtetes Gebäude mit einer Grundfläche von ca. 4 m mal 4 m. Weiter befanden sich auf dem Ponton ein Tisch, zwei Stühle sowie ein Grill und eine in den See führende Leiter; der Grill wurde zwischenzeitlich entfernt. Das auf dem Ponton errichtete Gebäude verfügt über einen Stromanschluss. Innerhalb des Röhrichtgürtels ist weiterhin ein Ruderboot befestigt. Im unmittelbaren Bereich des Liegeplatzes der Plattform und des Bootes sowie im Bereich des Steges ist die uferbegleitende natürliche oder naturnahe Vegetation (Röhricht) beeinträchtigt und teilweise nicht mehr vorhanden.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2019 hörte der Beklagte den Kläger – unter Übermittlung eines Entwurfs der Ordnungsverfügung – umfassend zum beabsichtigen Erlass einer Ordnungsverfügung an.
Der Kläger führte in seiner Stellungnahme aus, dass die durchgeführte Durchforstung eine Verkehrssicherungsmaßnahme darstellte. Diese sei vom Landratsamt beauftragt und mit dem Förster sowie dem Landesforstbetrieb abgestimmt worden. Es seien anschließend ein Erlenwald sowie Wildobstbäume aufgeforstet worden. Zum Schutz vor Wildverbiss sei in Abstimmung mit der Forstbehörde ein Wildschutzzaun errichtet worden. Ein Hausboot sei nicht vorhanden. Es handele sich vielmehr um eine jagdliche Einrichtung zum Beobachten von Vögeln und sonstigem Wild. Der Schermützelsee sei Teil des Jagdreviers des Klägers. Der Ponton habe keinen festen Liegeplatz.
Am 3. Januar 2020 fand ein Anhörungsgespräch mit dem Kläger statt. Der Kläger führte aus, dass die Abholzung durch den Landkreis Märkisch-Oderland angeordnet worden sei. Ein im Landesdienst stehender Förster habe der Abholzung zugestimmt und die zu fällenden Bäume gekennzeichnet. Die neuen Bäume seien in Abstimmung mit einer Baumschule gepflanzt worden, welche die passenden Baumarten ausgewählt hätte. Die für die Aufschüttungen verwendete Erde sei vor Ort entnommen und nicht angeliefert worden. Der Trampelpfad sei nicht durch den Kläger aufgeschüttet worden. Die eingesetzten Hackschnitzel seien aus den vor Ort gefällten Bäumen gewonnen worden. Weiter sei ihm nicht bewusst gewesen, dass er für die Errichtung der Stege einer Genehmigung bedurft hätte. Das Hausboot sei eine jagdliche Einrichtung. Es werde zur Jagd auf dem Schermützelsee genutzt. Die Nutzung des Hausboots sei im Jahr 2018 mit einem Mitarbeiter der Unteren Wasserbehörde abgestimmt worden; dieser habe sein Einverständnis erteilt. Der vorhandene Wildschutzzaun sei in Abstimmung mit dem Förster zum Schutz der neu angepflanzten Bäume aufgestellt worden. Der Kläger legte einen Dienstleistungsvertrag mit dem Landesbetrieb Forst Brandenburg über die Auszeichnung von zu fällenden Bäumen vor. Weiter legte er E-Mail-Verkehr mit einem Mitarbeiter der Unteren Wasserbehörde des Beklagten vor, in dem dieser darauf hinwies, dass aus wasserrechtlicher Sicht keine Bedenken bestünden, dass jedoch Weiteres mit der Unteren Naturschutzbehörde zu klären sei.
Mit Bescheid vom 2. Juni 2020 gab der Beklagte dem Kläger auf der Grundlage des § 3 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) i.V.m. § 19 Ordnungsbehördengesetz (OBG) auf, die auf den Flurstücken und aufgetragene Erde zu entnehmen und zu entsorgen. Weiter gab er dem Kläger auf, die gepflanzten Obstbäume und die Einzäunung, einschließlich des Tores, sowie den Elektrokasten mit verlegter Elektro-Leitung bis zum Ufer abzubauen und zu entfernen (Ziffer I.1). Weiter wurde dem Kläger aufgegeben, das Hausboot, den Steg und den Bootsliegeplatz zurückzubauen und zu entfernen (Ziffer I.2). Gemäß Ziffer I.3 des Bescheides wurde dem Kläger schließlich aufgegeben, die Flurstücke und die Zuwegung der natürlichen Sukzession zu überlassen und die auf dem Pfad aufgebrachten Holzüberquerungen/Überbrückungen zu entnehmen. Abschließend wurde festgestellt, dass der ursprüngliche Zustand des Erlenwaldes wieder zu entwickeln ist. Gemäß Ziffer I.4 ordnete der Beklagte an, dass die in den Ziffern I.1 bis Ziffer I.3 genannten Maßnahmen ab sofort bis spätestens einen Monat nach Erhalt der Ordnungsverfügung durchzusetzen sind. Der Vollzug solle durch eine Fotodokumentation innerhalb von 5 Wochen nach Bekanntgabe der Verfügung schriftlich angezeigt werden. In Ziffer I.5 ordnete der Beklagte an, dass er für den Fall, dass der Kläger den unter den Punkten I.1 bis I.4 getroffenen Anordnungen nicht oder nur teilweise nachkommen würde, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000, - Euro androhe.
Zur Begründung des Bescheids führte der Beklagte aus, dass die in Anspruch genommenen Flächen gemäß der Verordnung über die Festsetzung von Naturschutzgebieten und einem Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung als Naturpark „Märkische Schweiz“ (im Folgenden: Naturpark-VO) in einem Großschutzgebiet liegen würden. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Naturpark-VO sei es verboten, Gebäude und bauliche Anlagen zu errichten. Weiter sei es gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Naturpark-VO verboten, Nutzungsänderungen von Flächen außerhalb von Ortslagen ohne Genehmigung der zuständigen Naturschutzbehörde vorzunehmen. Das Grundstück liege im FFH-Gebiet „Schermützelsee“ und sei als FFH-Lebensraumtyp Auen-Wälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior kartiert worden. Weiter handele es sich um ein Natura-2000 Gebiet. Erdauftrag und Obstbaumbepflanzung seien daher unzulässig. Es handele sich um ein gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG gesetzlich geschütztes Biotop „Schaumkraut-Schwarzerlenwald“, dass auf einer Fläche von 1700 m² gänzlich zerstört worden sei. Wegen des vorhandenen Bewuchses aus drüsigem Springkraut und Sonnenblumen sei vom Auftrag ortsfremden Erdaushubs auszugehen, der durch den Kläger zu beseitigen sei. Das Bootshaus befinde sich in einem gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG geschützten Biotop und sei zu beseitigen. Eine Genehmigung und /oder eine Ausnahmegenehmigung sei durch den Kläger weder beantragt noch sei ihm eine derartige Genehmigung erteilt worden. Durch die Errichtung des Bootshauses und des Holzsteges sowie in Folge des vor Ort befindlichen Ruderbootes seien mindestens 80 m² Ufervegetation zerstört worden. Durch den Kläger seien zudem mindestens 120 m² Schilf abgemäht worden. Weiter wird im Bescheid aufgeführt, dass nach Aufarbeitung und Beleuchtung aller Aspekte nur der Rückbau der Anlagen und die Entfernung von Fremdeinträgen in Betracht komme. Der Schutz der Natur habe Vorrang vor den Privatinteressen des Klägers.
Gegen den Bescheid vom 2. Juni 2020 legte der Kläger am 5. Oktober 2020 Widerspruch ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung ließ er ausführen, dass die Abholzungen der Gefahrenabwehr gedient hätten und mit dem Landesbetrieb Forst abgestimmt gewesen seien. Für das Hausboot hätte eine wasserrechtliche Genehmigung vorgelegen. Jedenfalls habe die Untere Wasserbehörde mitgeteilt, dass aus wasserrechtlicher Sicht nichts gegen die auf dem Ponton installierte jagdliche Einrichtung sprechen würde. Es habe sich um ein Jagdhaus gehandelt. Der Schermützelsee gehöre zum Jagdgebiet des Klägers. Der Wildschutzzaun sei in Abstimmung mit dem Landesbetrieb Forst errichtet worden. Mitarbeiter des Landesbetriebes hätten mündlich ausgeführt, dass die Wiederaufforstung nur gelingen könne, wenn ein Wildschutzzaun errichtet werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2021 wurde der Widerspruch des Klägers – unter Wiedereinsetzung in die versäumte Frist – überwiegend als unbegründet zurückgewiesen. Die zuvor erfolgte Festsetzung eines Zwangsgeldes wurde aufgehoben. Weiter wurde „die Vollstreckung der Anordnung“ ausgesetzt und die Zwangsgeldandrohung abgeändert. Ergänzend und vertiefend wird in der Begründung des Widerspruchsbescheids angeführt, dass die Baumfällungen nicht beanstandet würden. Die lediglich dreiseitige Einzäunung sei allerdings kein Wildschutzzaun. Es handele sich um eine unzulässige (Wald)-Sperrung. Die bauliche Anlage sei auf Grund ihrer Ausführung keine jagdliche Einrichtung. Es sei hinreichend dokumentiert, dass Erde aufgetragen worden sei. Der Bewuchs der Fläche mit drüsigem Springkraut und Sonnenblumen spreche dafür, dass ortsfremde Erde aufgebracht worden sei.
Am 13. Dezember 2021 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung lässt er ausführen, dass kein Boden angefahren und neu aufgeschüttet worden sei. Der vor Ort befindliche Boden sei verdichtet und neu bepflanzt worden. Aus dem Bewuchs könne nicht darauf geschlossen werden, dass neue Erde angefahren worden sei. Die auf dem Ponton errichtete Jagdhütte diene als Ausguck. Der vormals vorhandene Grill sei entfernt worden. Da die Jagdhütte über keinen Wasseranschluss verfügen würde, sei eine Übernachtung kaum möglich. Das Boot und der Bootsanleger seien notwendig, damit der Kläger auf dem Schermützelsee die Jagd ausüben könne. Der dreiseitige Zaun entspreche forstwirtschaftlichen Vorgaben. Das Bepflanzen mit Obstbäumen sei auf Geheiß des Försters erfolgt. Die Abholzung habe der Gefahrenabwehr gedient. Weiter sei der Kläger davon ausgegangen, dass die von ihm durchgeführten Maßnahmen durch die Naturwacht bewilligt und mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt worden seien.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Regelung in Nr. I.1. Satz 1 der Ordnungsverfügung vom 2. Juni 2020 aufgehoben. Die Beteiligten haben insoweit übereinstimmend Erledigung erklärt.
Der Kläger beantragt,
die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 2. Juni 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2020 aufzuheben
und
die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Begründungen des Bescheids und des Widerspruchsbescheids. Ergänzend führt er aus, dass das Ersetzen von Biotop- und FFH-lebensraumtypischer Vegetation durch Obstbäume keine Renaturierungsmaßnahme darstelle. Der Kläger könne sich nicht auf Auskünfte unzuständiger Behörden berufen. Es handele sich nicht um ein Genehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung. Die Rodung der Baumstümpfe und das Anpflanzen von Obstbäumen würden in der Gesamtschau mit den weiteren Handlungen eine Nutzungsänderung des Grundstücks indizieren. Der Ponton und die darauf errichtete Jagdhütte seien unter Berücksichtigung der Vorgaben der Naturparkverordnung rechtswidrig errichtet worden. Eine Genehmigung sei weder beantragt noch erteilt. Die Anlage sei nicht genehmigungsfähig, da sie ein geschütztes Biotop teilweise zerstöre bzw. erheblich beinträchtige.
Die Anordnung standortfremden Boden zu entfernen, sei im Hinblick auf Zeitablauf und Aufwuchs gegenstandslos geworden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.
Soweit die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich der aufgehobenen Regelung in Nr. I.1 Satz 1 der Ordnungsverfügung vom 2. Juni 2020 teilweise für erledigt erklärt haben, war es in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) teilweise einzustellen.
Im Übrigen ist die Anfechtungsklage zulässig, jedoch unbegründet. Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 2. Juni 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
Grundlage der angegriffenen Beseitigungsanordnungen ist § 3 Abs. 2 BNatSchG. Danach überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen. Zur Gefahrenabwehr von Beeinträchtigungen bundesgesetzlich geschützter Biotope i.S.d. § 30 Abs. 2 BNatSchG ist die Generalklausel des § 3 Abs. 2 BNatSchG mangels anderer spezieller Anordnungsbefugnisse anwendbar (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Mai 2012 - OVG 11 S 60.11 -, juris). Streitgegenständlich ist die Zerstörung oder sonstige erhebliche Beeinträchtigung von nach § 30 Abs. 1, Abs. 2 BNatSchG kraft Gesetzes geschützten Biotopen und damit ein gesetzliches Verbot, von dem lediglich im Einzelfall nach Ermessen eine Ausnahme (§ 30 Abs. 3 BNatSchG) zugelassen oder eine Befreiung (§ 67 BNatSchG) erteilt werden kann, so dass die als Generalklausel ausgestaltete Befugnisnorm für die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/12274, S. 51) des § 3 Abs. 2 BNatSchG zur Anwendung kommt.
Im Übrigen ist der Beklagte befugt, auf der Grundlage von § 30 Abs. 2 Brandenburgisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz |
Die Anordnung ist formell rechtmäßig ergangen. Die untere Naturschutzbehörde des Beklagten ist für den Erlass der Anordnungen zuständig, § 30 Abs. 2 Satz 1 BbgNatSchAG, § 1 Naturschutzzuständigkeitsverordnung. Der Kläger ist umfassend angehört worden, § 1 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg i.V.m. § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz.
Die Voraussetzungen für ein Eingreifen des Beklagten, die Beseitigungsverfügungen und die Anordnung, das Areal anschließend der natürlichen Sukzession zu überlassen, liegen vor. Ergänzend zu § 30 Abs. 2 BNatSchG gelten gemäß § 18 BbgNatSchAG als Handlungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung führen können, insbesondere die Intensivierung oder Änderung der Nutzung der geschützten Biotope und der Eintrag von Stoffen, die geeignet sind, das Biotop nachteilig zu beeinflussen.
Auf der Grundlage der im Verwaltungsvorgang enthaltenen Fotos, des Vortrags des Klägers und des Vortrags des Beklagten bestehen keine Zweifel daran, dass die vom Kläger errichteten baulichen Anlagen, die Anpflanzung von Obstbäumen, das Ausbringen von Hackschnitzeln auf dem Weg sowie die Nutzung des Röhrichts als Liegeplatz für das Hausboot und das Ruderboot gegen Vorschriften des gesetzlichen Biotopschutzes verstoßen. Die Flächen liegen in gesetzlich geschützten Biotopen. Ein Biotop umschreibt nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG den Lebensraum einer Lebensgemeinschaft wildlebender Tiere und Pflanzen. Bei dem auf den Fotos erkennbaren Röhricht und den Schwimmblattgesellschaften handelt es sich um ein gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG, § 18 Abs. 2, Abs. 4 BbgNatSchAG i.V.m. § 1 Ziffer 1.2 der Verordnung zu den gesetzlich geschützten Biotopen (BiotopschutzVO) gesetzlich geschütztes Biotop. Gemäß § 1 1.2 der Biotopschutzverordnung sind natürliche oder naturnahe Bereiche stehender Gewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche als Biotop definiert. Natürliche und naturnahe stehende Gewässer sind u.a. Seen, deren Ufer nicht verbaut sind und die eine für den jeweiligen Gewässertyp (einschließlich ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche) typische Pflanzen- und Tierwelt aufweisen. Weiter erstreckt sich der Schutz auf an das Gewässer angrenzende, von Grünland, Röhrichten, Gehölzen und anderer typischer, gewässerbegleitender Vegetation geprägte Flächen, soweit dort grundwassernahe Bodenbildungen (voll hydromorphe Mineralböden und Moorböden) vorliegen und diese Flächen nicht bereits durch andere geschützte Biotope (zum Beispiel Feucht- und Nasswiesen, Hochstaudenflure etc.) abgedeckt sind; davon ausgenommen sind in ihrem Bestand geschützte Bauwerke (zum Beispiel versiegelte Flächen, Gebäude, Steganlagen). Das Vorliegen eines derartigen Biotops wurde durch den Beklagten substantiiert dargelegt und durch den Kläger nicht bestritten. In ihrem Bestand geschützte Bauwerke sind nicht vorhanden.
Gemäß §1 5.1 Biotopschutzverordnung unterliegen dem Schutz weiter u.a. Bruchwälder. Bruchwälder sind als natürliche Waldgesellschaften auf nährstoff- und basenreicheren, moorigen oder anmoorigen Standorten charakteristisch. Sie können durch Nutzungsauflassung von Feuchtwiesen neu entstehen. Erlen-Eschen-Wälder stocken in Bachauen und Moorniederungen sowie an feuchten, flach abfallenden und quellwasserbeeinflussten Hängen, welche zeitweilig überflutet oder durch sehr hohe Grundwasserstände geprägt sind. Das landseitige Gebiet wurde als Biotop „Schaumkraut-Schwarzerlenwald“ eingestuft. Der Beklagte hat auch insoweit das Vorliegen eines Biotops dokumentiert; der Kläger hat dies nicht substantiiert in Frage gestellt. |
Die beschriebenen Biotope wurden durch die dem Kläger zuzurechnenden Handlungen teilweise zerstört bzw. erheblich beeinträchtigt.
Der Kläger errichtete im Uferbereich und unmittelbar im Röhrichtgürtel eine Steganlage, nutzte den Uferbereich im Röhrichtgürtel als Liegeplatz für das Hausboot und ein (Ruder-)Boot. Unstrittig ist, dass ca. 200 m² Ufervegetation (Röhricht) zerstört bzw. stark beeinträchtigt wurde. Weiter wird durch einen in Nutzung befindlichen Steg, insbesondere dann, wenn er – wie hier – auch als Bootssteg und Liegeplatz eines Hausboots genutzt wird, verhindert, dass sich der Schilfgürtel in diesem Bereich schließen kann. Die Steganlage und die damit verbundene Nutzung als Liegeplatz zerschneiden den Röhrichtgürtel und verhindern damit das Wiederanwachsen des Röhrichts als Lebensraum für wichtige Tier- und Pflanzenarten. Weiter wird das Biotop „Schaumkraut-Schwarzerlenwald“ durch die vom Kläger errichteten baulichen Anlagen erheblich beeinträchtigt. In das Biotop wurde durch die Anlage von Wegen, die Errichtung von Holzbrücken, das Errichten eines Schaltkastens, das Verlegen eines Stromkabels und das Errichten von Einzäunungen erheblich eingegriffen.
Das streitgegenständliche Grundstück des Klägers und die vorgelagerten und benachbarten Flächen, einschließlich des durch den Kläger tatsächlich in Anspruch genommenen Uferbereichs des Schermützelsees, liegen zudem im Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung Naturpark „Märkische Schweiz“. Für diese Flächen werden in der Naturpark-VO besondere Ge- und Verbote festgesetzt. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Naturpark-VO ist es verboten, Gebäude und bauliche Anlagen, auch solche die einer bauaufsichtlichen Genehmigung nicht bedürfen, ohne Genehmigung der zuständigen Naturschutzbehörde zu errichten. Die vom Kläger errichtete Einzäunung, der Schaltkasten einschließlich Stromanschluss, der Steg und die auf dem Pfad angebrachten Holzbefestigungen sind bauliche Anlagen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Brandenburgische Bauordnung - BbgBO). Weiter ist auch das Hausboot eine bauliche Anlage, da es seinem Verwendungszweck nach dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest genutzt zu werden (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BbgBO). Das Hausboot liegt überwiegend vor Ort und verfügt über einen landseitigen Stromanschluss.
Die Handlungen des Klägers stehen auch im Übrigen im Widerspruch zu den Regelungen der Naturpark-VO. Es ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Naturpark-VO verboten, Nutzungsänderungen von Flächen außerhalb der Ortslagen ohne Genehmigung vorzunehmen. Vorliegend wurde durch den Kläger ein Waldgrundstück, einschließlich des Uferbereichs, in ein Wochenendgrundstück bzw. Erholungsgrundstück umgewandelt. Letztlich kann diese Frage im Hinblick auf die oben aufgeführten Verstöße gegen naturschutzrechtliche Vorschriften / Verbote jedoch offenbleiben.
Eine Genehmigung bzw. Befreiung gemäß § 8 NaturparkVO wurde weder vom Kläger beantragt noch durch den Beklagten erteilt. Eine gemäß § 30 Abs. 3 BNatSchG mögliche Ausnahme wurde ebenfalls weder durch den Beklagten erteilt noch von dem Kläger beantragt. Auch eine auf der Grundlage des § 67 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. § 29 Abs. 1, Abs. 2 BbgNatSchAG und des § 8 Naturpark-VO mögliche Befreiung wurde weder erteilt noch seitens des Klägers beantragt. Es ist auch nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung vorliegen. Der Kläger kann sich im vorliegenden Fall nicht darauf berufen, dass er die Anlagen zur Ausübung der Jagd benötigt. Die konkrete Nutzung des Hausbootes als jagdliche Einrichtung führt zu einer Zerstörung bzw. Beeinträchtigung des Biotops (§ 1 Ziffer 1.2 der BiotopschutzVO). Insoweit ist nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass der Kläger zur Ausübung der Jagd zwingend auf den Standort bzw. Liegeplatz für das Hausboot in einem geschützten Biotop und auf die teilweise Zerstörung und Beeinträchtigung des Biotops angewiesen ist. Er trägt selbst vor, dass die „Plattform“ (Hausboot) auch an anderen Stellen des Schermützelsees liegen kann. Für die Zeiten der Nichtnutzung der Plattform kann diese ggf. an einer genehmigten Sammelsteganlage befestigt werden. Sonstige überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses im Sinne des § 30 Abs. 3 BNatSchG oder Gründe für die Erteilung einer Befreiung nach § 67 BNatSchG sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Eine Genehmigung für die Eingriffe wurde dem Kläger nicht erteilt. Die Ausführungen des Mitarbeiters der Unteren Wasserbehörde in der E-Mail vom 30. August 2019 stellen keine Genehmigung dar. Unabhängig von der fehlenden Schriftform wird lediglich informatorisch mitgeteilt, dass aus wasserrechtlicher Sicht keine Bedenken bestehen. Der Kläger wurde gleichzeitig darauf hingewiesen, dass er Weiteres mit der unteren Naturschutzbehörde klären muss.
Soweit sich der Kläger darauf beruft Jagdausübungsberechtigter zu sein, ersetzt dies nicht die erforderlichen naturschutzrechtlichen Genehmigungen. Die Ausübung der Jagd rechtfertigt keine ungenehmigte Biotopzerstörung bzw. erhebliche Beeinträchtigung von Biotopen.
Auch die unter Ziffer I.1 Satz 2 der Ordnungsverfügung ergangene Anordnung, die Obstbäume und die gesamte Einzäunung zu entfernen und die Anordnung in Ziffer 1.3, wonach die Flurstücke und der natürlichen Sukzession zu überlassen und die vorhandenen Holzüberquerungen/Überbrückungen zu entnehmen sind und der natürliche Zustand zu entwickeln ist, sind aus den vorgenannten Gründen rechtmäßig. Eine schriftliche Genehmigung für das Anpflanzen der biotopfremden Obstbäume lag nicht vor.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Waldgesetz des Landes Brandenburg (LWaldG) – eine entsprechende Entscheidung fällt jedoch in die Zuständigkeit der unteren Forstbehörde – Wald nur mit Genehmigung der unteren Forstbehörde in eine andere Nutzungsart umgewandelt werden darf. Bei der streitgegenständlichen Landfläche handelt es sich nach der maßgeblichen tatsächlichen Betrachtungsweise (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 26. November 1998 - 4 A 27/97 -, S. 13; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Mai 2017 - 11 B 19.6 -, juris) um Wald im Sinne des § 2 Abs. 1 LWaldG, weil sie mit Forstpflanzen bestockt ist. Die Herrichtung einer Waldfläche zur privaten (Freizeit-)Nutzung als „Naherholungsgrundstück“ unter Ausschluss der Öffentlichkeit – wie im vorliegenden Fall ausweislich der in den Verwaltungsakten befindlichen Lichtbilder geschehen – stellt aber, wie auch die damit ermöglichte Nutzung selbst, eine Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart im Sinne von § 8 Abs. 1 LWaldG dar (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 1999 - 4 A 41/97 -) und wäre daher genehmigungspflichtig. Durch die teilweise Einzäunung, die Anlage von Wegen zum Bootsliegeplatz und die Anlage des Liegeplatzes am Bootshaus, das Anpflanzen von Obstbäumen, die Installation eines Stromkastens und die Verlegung eines Stromanschlusses wurde das vormalige Waldgrundstück de facto in ein Erholungs- / Wochenendgrundstück umgewandelt. Eine Waldumwandlungsgenehmigung gemäß § 8 LWaldG ist dem Kläger durch die Untere Forstbehörde nicht erteilt worden. Eine solche ist auch nicht entbehrlich.
Gemäß § 18 Abs. 1, Abs. 2 LWaldG ist das Sperren von Wald nur mit Genehmigung der unteren Forstbehörde zulässig. Eine gemäß § 18 Abs. 3 Nr. 1 und/oder Nr. 2 LWaldG im öffentlichen Interesse zulässige Waldsperrung, insbesondere zum Wald- und Forstschutz und/oder im Rahmen der ordnungsgemäßen Waldbewirtschaftung liegt nicht vor. Auch liegt keine befristete Waldeinzäunung im Rahmen der ordnungsgemäßen Waldbewirtschaftung vor, welche keiner Genehmigung bedarf, § 18 Abs. 4 LWaldG. Zwar ist es grundsätzlich zulässig, zur Wiederaufforstung und zum Schutz vor Wildverbiss einen Schutzzaun zu errichten. Der vorliegende Zaun dient jedoch bei objektiver Betrachtung nicht dem Schutz vor Wildverbiss, da er die relevante Fläche nur dreiseitig umgibt und das Wild jederzeit Zugang zur Fläche hat. Auch ist festzuhalten, dass das vorhandene Tor bis zum Umbau nur durch Rundhölzer gesichert war, die ein Eindringen des Wildes nicht verhindern können.
Die Beseitigungsanordnung ist auch ermessensfehlerfrei ergangen, § 114 VwGO. Nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG steht das Einschreiten grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen (Entschließungs- und Auswahlermessen) der zuständigen Naturschutzbehörde. Allein aus der Verletzung des Naturschutzrechts folgt noch nicht zwingend, dass ein Absehen vom Einschreiten ermessensfehlerhaft wäre. Allerdings kann ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen das Naturschutzrecht zu einer Ermessensreduzierung führen; das gilt umso mehr, je wertvoller, empfindlicher und knapper das betreffende Naturgut ist. Unter solchen Umständen schränken insbesondere die Vorgaben des Unionsrechts den innerstaatlichen Ermessensspielraum ein. Bedenken hinsichtlich des naturschutzfachlichen Einschreitensermessens sind nach alledem nicht ersichtlich. Die im angefochtenen Bescheid angeordneten Maßnahmen entsprechen bei offensichtlicher materieller Illegalität der Eingriffe des Klägers ordnungsgemäßer Ermessensausübung. Bei illegalen Eingriffen wie hier ist die Veränderung auf der betroffenen Grundfläche selbst, also der Stelle des Eingriffs, rückgängig zu machen. Dies bedeutet, dass der ursprüngliche Zustand und damit das Biotop wiederherzustellen ist (Fischer-Hüftle in Engelhardt, § 3, Rn. 6; vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 9. August 2012 - 14 C 12.308 -, Rn. 24, juris)
Ein Ermessensausfall wegen unterlassener Störerauswahl liegt nicht vor. Adressat der Maßnahmen gemäß § 3 Abs. 2 BNatSchG ist derjenige, der den Verstoß unmittelbar oder zurechenbar verursacht, entweder als Handlungsstörer durch aktives Tun bzw. pflichtwidriges Unterlassen oder als Inhaber der tatsächlichen Gewalt über eine Sache - Zustandsstörer. Der Kläger ist beides. Eine Auswahl musste insoweit nicht getroffen werden. Der Kläger ist Eigentümer der Flächen und des im Uferbiotop befestigten Bootshauses sowie des Bootes und Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück sowie die im bzw. am See befindlichen Anlagen. Er hat weiter als Handlungsstörer durch aktives Tun die Beeinträchtigungen verursacht.
Die Zwangsgeldandrohung ist ebenfalls rechtmäßig. Grundlage der Zwangsgeldandrohung ist § 27 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg (VwVGBbg), § 28 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, Abs. 4 VwVGBbg. Danach kann die Behörde ein Zwangsgeld in bestimmter Höhe androhen. Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung aufgegeben wird. Die Behörde kann ein Zwangsgeld – wie vorliegend erfolgt – auch zur Durchsetzung mehrerer Verpflichtungen androhen. Eine solche Androhung muss allerdings hinreichend bestimmt sein. Eine Androhung zur Durchsetzung mehrerer Verpflichtungen muss erkennen lassen, ob sie sich auf Verstöße gegen jede einzelne Verpflichtung bezieht oder nur auf Verstöße gegen alle Verpflichtungen zugleich. Aus der Formulierung „nicht oder nur teilweise nachkommen“ folgt hier hinreichend deutlich, dass das Zwangsgeld bereits für den Fall angedroht wird, dass der Kläger einer der in den Ziffern I.1 bis I.3 des Bescheids vom 2. Juni 2020 angeordneten Handlungspflichten nicht oder nicht vollständig nachkommt.
Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes liegt innerhalb der gesetzlichen Vorgaben des § 30 Abs. 2 VwVGBbg, wonach das Zwangsgeld mindestens 10 und höchstens 50.000 Euro beträgt. Bei der Bemessung des Zwangsgeldes soll das wirtschaftliche Interesse der oder des Betroffenen an der Nichtbefolgung des Verwaltungsaktes berücksichtigt werden. Hier waren der erhebliche Umfang der Biotopbeeinträchtigungen sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers in den Blick zu nehmen.
Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Vorverfahren war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, weil es dem Kläger aus der Sicht einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei nicht zuzumuten war, den Rechtsstreit ohne anwaltliche Hilfe zu führen. Die Notwendigkeit der Zuziehung ist nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern sie entspricht der Regel, da der Bürger nur in Ausnahmefällen in der Lage ist, selbst seine Rechte gegenüber der Verwaltung ausreichend zu wahren (Kopp, VwGO, § 162 Rn. 18).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beruht die nach billigem Ermessen zu treffende Kostenentscheidung auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. Gründe, die Berufung zuzulassen, sind nicht ersichtlich.