Gericht | SG Neuruppin 26. Kammer | Entscheidungsdatum | 25.08.2023 | |
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Aktenzeichen | S 26 AS 180/23 WA | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Es wird festgestellt, dass das sozialgerichtliche Verfahren mit dem Aktenzeichen S 6 AS 646/12 durch den gerichtlichen Vergleich vom 05. Mai 2014 beendet ist.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Zwischen den Beteiligten ist im Ergebnis die Wirksamkeit des zur Erledigung von Rechtsstreitigkeiten vor dem erkennenden Gericht abgeschlossenen Vergleiches vom 05. Mai 2014 streitig.
Nachdem sich der Kläger und seine Ehefrau im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens – S 13 AS 578/07 – gegen ua auf die Regelungen des SGB II gestützte sozialverwaltungsbehördliche Verfügungen des Beklagten gewandt hatten, schlossen die Beteiligten im Rahmen eines Termins zur mündlichen Verhandlung vom 05. März 2008 „zum endgültigen Abschluss des Leistungszeitraumes, der hier streitbefangen ist, nämlich vom November 2005 bis November 2007,“ folgenden „gerichtlichen Vergleich“:
„1. Hinsichtlich der gerügten Verfassungswidrigkeit der Regelsätze verpflichtet sich der Beklagte, für den Fall, dass eine Entscheidung des Bundesverfassimgsgerichts ergeht, in der dieses die Höhe der Regelsätze für verfassungswidrig erklärt, eine Neuberechnung für den gesamten Zeitraum vorzunehmen.
2. Die Beklagte erkennt an, dass bei der Berechnung der Rückforderung i. H. v. 3565,79 € mit zu niedrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, entgegen dem Betrag in dem Widerspruchsbescheid, ausgegangen worden ist. Von der Rückforderung ist der Betrag von 626,40 € abzuziehen.
3. Der Beklagte verpflichtet sich, dass die für die Monate August bis Oktober 2007 wegen Fristversäumung in dem Bescheid vom 20. Juni 2007 berücksichtigten Fahrtkosten weiterhin Bestand haben und den Klägern der Differenzbetrag i. H. v. 255,99 € zusteht.
4. Die Kläger sind mit einer Verrechnung des Betrages von 255,99 € mit dem Betrag von 2939,39 € einverstanden.
5. Hinsichtlich der dann bestehenden Rückforderung von 2683,40 € erklärt der Beklagte die Möglichkeit zur Ratenzahlung, deren Höhe wird nach Prüfung festgesetzt.
6. Die Beteiligten erklären diesen Rechtsstreit unter diesen Regelungen übereinstimmend für erledigt.
7. Die Kläger erklären zur Klarstellung, dass sämtliche Widersprüche, die den Leistungszeitraum November 2005 bis November 2007 betreffen, hiermit erledigt sind.
8. Der Beklagte erklärt sich bereit, 1/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu tragen.
9. Die Kläger sind damit einverstanden und machen gegenüber dem Beklagten keine weiteren notwendigen außergerichtlichen Kosten geltend.“
Nachdem sich der Kläger im Rahmen von weiteren sozialgerichtlichen Verfahren – S 6 AS 646/12, S 6 AS 1617/12, S 6 AS 836/13 sowie S 6 AS 948/13 – erneut gegen ua auf die Regelungen des SGB II gestützte sozialverwaltungsbehördliche Verfügungen des Beklagten gewandt hatte, schlossen die Beteiligten im Rahmen eines Termins zur Erörterung des Sachverhalts vom 05. Mai 2014 den folgenden weiteren „gerichtlichen Vergleich“:
„1. Der Beklagte bewilligt hiermit unter teilweiser Abänderung seines Bewilligungsbescheides vom 27. Juli 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide und des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2012 dem Kläger für den Bewilligungszeitraum August 2011 bis März 2012 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 260,00 Euro.
Der Beklagte bewilligt dem Kläger weiterhin unter teilweiser Abänderung seines Bewilligungsbescheides vom 29. Februar 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide und des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2012 für den Zeitraum April 2012 bis Oktober 2012 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 320,00 Euro.
Unter teilweiser Abänderung seines Bewilligungsbescheides vom 22. Oktober 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. Januar 2013 (bezüglich des Bescheides für den Straßenausbau sowie bezüglich der vorläufigen Bewilligung von Heizkosten) sowie in der Fassung weiterer Änderungsbescheide bewilligt der Beklagte dem Kläger hiermit die bereits vorläufig bewilligten Heizkosten endgültig sowie zusätzlich weitere Heizkosten in Höhe von 45,00 Euro für den Monat April 2013 sowie weitere Kosten der Unterkunft im Hinblick auf den Straßenausbau für den Monat Januar 2013 in Höhe von 115,00 Euro.
Daraus ergibt sich ein vom Beklagten anerkannter Nachzahlungsbetrag in Höhe von 740,00 Euro.
2. Der Kläger ist damit einverstanden, dass dieser Nachzahlungsanspruch durch den Beklagten mit der sich aus dem Bescheid vom 15. April 2014 ergebenen Erstattungsforderung in Höhe von 355,74 Euro aufgerechnet wird. Der Kläger ist weiter damit einverstanden, dass der Beklagte den verbleibenden Nachzahlungsanspruch mit weiteren Forderungen, die der Beklagten gegen den Kläger hat, hier insbesondere der Forderung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 5. März 2008 (die Forderung existiert noch in Höhe von etwa 2.260,00 Euro), aufrechnet.
3. Die Beteiligten sind darüber einig, dass die Rechtsstreitigkeiten S 6 AS 646/12, S 6 AS 1617/12, S 6 AS 836/13, S 6 AS 948/13 damit vollumfänglich erledigt sind.
4. Der Beklagte trägt 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in den Verfahren S 6 AS 646/12 sowie S 6 AS 1617/12. Des Weiteren trägt der Beklagte ½ der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in den Verfahren S 6 AS 836/13. Im Übrigen, insbesondere in den Verfahren S 6 AS 948/13, findet eine Kostenerstattung nicht statt.“
Der Beklagte hat in Ausführung dieses Vergleiches den offenen Forderungsbetrag aus dem gerichtlichen Vergleich vom 05. März 2008 mit dem verbliebenen Nachzahlungsanspruch des Klägers verrechnet und in der Folgezeit – entsprechend der Aufstellung des Beklagten vom 07. Januar 2020 – die von den laufenden Leistungen einbehaltenen Beträge und die nach dem Renteneintritt des Klägers von ihm eingezahlten Beträge von dem Forderungsbetrag in Abzug gebracht.
Nachdem der Kläger bei dem erkennenden Gericht unter dem 13. Januar 2020 Klage mit dem Ziel erhoben hatte, festzustellen, die Erstattungsforderung des Beklagten sei zwischenzeitlich vollständig erfüllt worden (diese ist zunächst unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 37 AS 45/20 und später unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 26 AS 45/20 registriert und mit Urteil der Kammer vom heutigen Tage abgewiesen worden), hat er mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2022 die „Wiederaufnahme der Niederschrift vom 05.05.2014“ beantragt, weshalb das Gericht die im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhaltes vom 05. Mai 2014 behandelten Rechtsstreitigkeiten wieder aufgenommen und am 11. April 2023 unter den gerichtlichen Aktenzeichen S 26 AS 179/23 WA bis S 26 AS 182/23 WA neu registriert hat.
Der Kläger trägt vor, in den Verfahren seien wesentliche Dinge nicht beachtet worden, zum Beispiel der Bewilligungsbescheid vom 12. April 2013 sowie einige Bescheide davor, in denen geringere Erstattungsbeträge genannt worden seien.
Der Kläger beantragt,
das sozialgerichtliche Klageverfahren mit dem gerichtlichen Aktenzeichen S 6 AS 1617/12 fortzusetzen sowie den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 29. Februar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2012 für den Bewilligungszeitraum April bis Oktober 2012 weitere 151,67 Euro monatlich zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
festzustellen, dass das sozialgerichtliche Klageverfahren durch den gerichtlichen Vergleich vom 05. Mai 2014 beendet ist,
hilfsweise,
die Klagen abzuweisen.
Er meint, der Wiederaufnahmeantrag sei schon unzulässig, jedenfalls aber sei der gerichtliche Vergleich vom 05. Mai 2014 wirksam.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung, der Beratung und der Entscheidungsfindung waren.
Das klägerische Begehren hat keinen Erfolg.
1. Weil für das Vorliegen von Restitutionsgründen im Sinne des § 179 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 580 Nr 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) bis § 580 Nr 8 ZPO nichts ersichtlich ist und die Wiederaufnahme des Verfahrens schließlich mangels strafgerichtlicher Verurteilung eines Beteiligten auch nicht gemäß § 179 Abs 2 SGG statthaft ist, versteht die Kammer das Begehren des Klägers – im Hinblick auf § 123 SGG interessengerecht ausgelegt – dahin, dass er sich von der Bindungswirkung des gerichtlichen Vergleiches vom 05. Mai 2014 – dort insbesondere von dem unter der Ziffer 2. enthaltenen Klammerzusatz, wonach „die Forderung noch in Höhe von etwa 2.260,00 Euro [existiert]“ – lösen möchte. Dieses Ziel kann er indes nur durch das in der Antragstellung formulierte Fortsetzungsbegehren erreichen, was seinerseits die Unwirksamkeit des abgeschlossenen gerichtlichen Vergleiches voraussetzt.
2. Der gerichtliche Vergleich ist jedoch nicht unwirksam. Der Rechtsstreit wurde durch den vor dem erkennenden Gericht am 05. Mai 2014 wirksam geschlossenen Prozessvergleich jedenfalls aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung beendet (§ 101 Abs 1 S 1 SGG). Der Prozessvergleich ist weder aus prozessrechtlichen Gründen <dazu unter a)> noch wegen Anfechtung <dazu unter b)> oder geheimen Vorbehalts <dazu unter c)> aus materiell-rechtlichen Gründen unwirksam. Daher war von dem erkennenden Gericht als bisher mit der Sache befasstem Gericht entsprechend des Antrages des Beklagten die Beendigung des Rechtsstreits durch Endurteil festzustellen.
a) Der gerichtliche Vergleich gemäß § 101 Abs 1 SGG hat eine rechtliche Doppelnatur. Er ist sowohl Prozesshandlung, deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des Prozessrechts bestimmt, als auch ein materiell-rechtlicher Vertrag, für den die Vorschriften des § 53 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) und des § 54 SGB X sowie des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gelten. Seine Unwirksamkeit kann daher darauf beruhen, dass entweder der materiell-rechtliche Vertrag nichtig oder wirksam angefochten ist oder die zu seinem Abschluss notwendigen Prozesshandlungen nicht wirksam vorgenommen worden sind. Prozessrechtliche Mängel sind weder vom Kläger vorgetragen worden noch ersichtlich. Der Vergleich ist ordnungsgemäß protokolliert worden (§ 122 SGG iVm § 160 Abs 3 Nr 1 ZPO, § 162 Abs 1 ZPO und § 163 Abs 1 S 1 ZPO) und damit formwirksam zustande gekommen.
b) Der Prozessvergleich ist auch nicht aus materiell-rechtlichen Gründen wegen der vom Kläger – zumindest konkludent in seinem Schriftsatz vom 25. Oktober 2022 erklärten Anfechtung unwirksam.
aa) Gemäß § 123 Abs 1 Regelung 1 BGB kann derjenige eine Willenserklärung mit der Folge der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts (§ 142 Abs 1 BGB) anfechten, der zu ihrer Abgabe durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist. Zu dieser Anfechtung ist der Kläger nicht berechtigt. Eine arglistige Täuschung durch den Beklagten liegt nicht vor, weshalb offen bleiben kann, ob der Kläger nicht auch die Anfechtungsfrist (vgl § 124 Abs 1 BGB iVm § 124 Abs 2 BGB) versäumt hat.
Täuschung ist die vorsätzliche Erregung, Bestärkung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums, sei es durch das Vorspiegeln falscher oder das Verschweigen wahrer Tatsachen, um den Willensentschluss des Getäuschten zu beeinflussen. Sie darf sich nicht auf lediglich subjektive Werturteile, sondern muss sich auf objektiv nachprüfbare Angaben beziehen. Die Täuschung ist arglistig, wenn der Täuschende weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass er unredlich handelt, der Getäuschte dies nicht erkennt und ohne die Täuschung die Willenserklärung nicht oder nicht mit dem geäußerten Inhalt abgegeben hätte. Schließlich muss die Täuschung für die angefochtene Willenserklärung des Getäuschten ursächlich gewesen sein. Eine Willenserklärung kann nur dann angefochten werden, wenn der Anfechtende einem auf die Bestimmung des Willens gerichteten Verlangen nachgegeben und die Willenserklärung nicht aus eigener, selbständiger Überlegung abgegeben hat. Nach Maßgabe dieser Grundsätze bestehen für die Kammer keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte den Kläger bei Abschluss des gerichtlichen Vergleiches arglistig getäuscht haben könnte, insbesondere ist auch hinsichtlich der in dem Klammerzusatz der Ziffer 2 des Vergleiches enthaltenen Forderungshöhe von „etwa 2.260,00 Euro“ für eine arglistige Täuschung des Beklagten weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Wäre der Kläger von einem weitaus geringeren noch nicht erfüllten Erstattungsbetrag ausgegangen, hätte es nahegelegen, einen entsprechenden Zusatz in den Vergleich aufnehmen zu lassen oder den Vergleich – wegen der Prüfung der Höhe der Erstattungsforderung – nur mit einem Widerrufsvorbehalt abzuschließen. Dies gilt umso mehr, als dass der Kläger bei Abschluss des Vergleiches anwaltlich vertreten war. Auch das weitere Vorbringen des Klägers berechtigt nicht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Soweit er sich auf nach Abschluss des Prozessvergleichs eingetretene Umstände beruft, fehlt es – unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit des Vortrags – jedenfalls an der notwendigen Kausalität einer Täuschungshandlung. Nachträgliche Geschehnisse können für die angefochtene Willenserklärung nicht bestimmend gewesen sein.
Schließlich fehlt es an Anhaltspunkten für eine arglistige Täuschung durch Verschweigen von Tatsachen. Diese kommt nur dann in Betracht, wenn der Anfechtungsgegner zu einer Aufklärung und Offenbarung von Tatsachen verpflichtet war; hierfür bestehen indes keinerlei Anhaltspunkte.
bb) Auch eine Anfechtbarkeit wegen Irrtums gemäß § 119 Abs 1 BGB scheidet aus. Unabhängig davon, ob die Anfechtung unverzüglich im Sinne des § 121 Abs 1 BGB und damit rechtzeitig erklärt worden ist, was die Kammer für höchst zweifelhaft hält, fehlt es jedenfalls an einem Anfechtungsgrund. Der Kläger unterlag bei der Abgabe seiner Willenserklärung nicht einem Erklärungsirrtum im Sinne von § 119 Abs 1 Regelung 2 BGB. Ein solcher Erklärungsirrtum liegt vor, wenn der Erklärende etwas anderes äußert, als er eigentlich (subjektiv) will, weil er sich zum Beispiel verspricht, verschreibt oder vergreift. Das von dem Kläger in dem Erörterungstermin Erklärte entsprach aber seinem damaligen Willen. Der Kläger befand sich bei der Abgabe seiner Willenserklärung auch nicht über deren Inhalt im Irrtum (§ 119 Abs 1 Regelung 1 BGB). Bei einem Inhaltsirrtum deckt sich zwar das äußere Bild der Willenserklärung mit dem Willen des Erklärenden. Jedoch weicht der Bedeutungsgehalt, die der Erklärung vom Empfängerhorizont aus objektiv zuzumessen ist, vom Willen des Erklärenden ab. Der Erklärende irrt sich über den objektiven Sinn der von ihm verwendeten Erklärungszeichen, weil er beispielsweise fehlerhaft Maßeinheiten, Fachausdrücke oder Fremdwörter verwendet. Die einzelnen Angaben – insbesondere auch diejenigen, die sich in dem Klammerzusatz unter Ziffer 2. des Vergleiches befinden – entsprachen aber dem vom Kläger Gewollten. In Bezug auf den Bedeutungsgehalt dieser Angaben unterlag der Kläger keinem Irrtum. Die Erklärung des Klägers reut ihn lediglich im Nachhinein, weil er nach dem Vergleichsschluss zu der Auffassung gelangt ist, der vereinbarte Vergleichsinhalt werde der Sach- und Rechtslage nicht gerecht und er hätte in Wirklichkeit einen geringeren Betrag an den Beklagten zu erstatten. Dabei handelt es sich aber allenfalls um einen sog Motivirrtum, also eine Fehlvorstellung im Hinblick auf den Beweggrund zum Abschluss des Vergleiches. Ein solcher Motivirrtum begründet jedoch kein Anfechtungsrecht. Darüber hinaus wird die Wirksamkeit des Vergleichs durch den Kenntnisstand oder die Motivation des Klägers auch deshalb nicht berührt, weil er wirksam durch einen Bevollmächtigten vertreten worden ist und ihn die Prozesshandlungen des Bevollmächtigten binden (vgl § 73 Abs 6 S 7 SGG iVm § 785 Abs 1 ZPO).
Ferner ist der Prozessvergleich auch nicht gemäß § 58 Abs 1 SGB X iVm § 779 Abs 1 BGB unwirksam. Voraussetzung hierfür ist, dass der von beiden Parteien – im sozialgerichtlichen Verfahren der von beiden Beteiligten – nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt nicht der Wirklichkeit entspricht und der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde. Ein solcher beidseitiger Irrtum über die Vergleichsgrundlage liegt jedoch nicht vor.
c) Schließlich ist der Prozessvergleich nicht wegen eines geheimen Vorbehalts im Sinne des § 116 BGB unwirksam. Danach ist eine Willenserklärung nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen; sie ist nur dann nichtig, wenn sie einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt. Hierfür ist nichts ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 S 1 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens. Die Aufwendungen des Beklagten sind schon von Gesetzes wegen nicht erstattungsfähig (§ 193 Abs 4 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG).
4. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 183 S 1 SGG).
5. Die wegen der Unterschreitung des Wertes des Beschwerdegegenstandes zulassungsbedürftige Berufung (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG) – den Wert des Beschwerdegegenstandes nimmt die Kammer mit Blick auf die in dem sozialgerichtlichen Verfahren mit dem Aktenzeichen S 26 AS 45/20 lediglich noch streitige Restforderung in Höhe von nicht mehr als 750,00 Euro auch im vorliegenden Verfahren in diesem Umfang an, weil sich das Begehren des Klägers im Kern auch hier auf diesen Aspekt beschränkt und sich zudem aus dem zugunsten des Klägers enthaltenen Zahlenmaterial im gerichtlichen Vergleich vom 05. Mai 2014 für die dort behandelten vier Rechtsstreitigkeiten schon insgesamt keine höhere Beschwer als 750,00 Euro ergibt – war nicht zuzulassen, weil Gründe für die Zulassung der Berufung nicht ersichtlich sind (§ 144 Abs 2 SGG). Weder kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs 2 Nr 1 SGG zu, noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen des § 144 Abs 2 Nr 2 SGG oder des § 144 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen könnten.