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Entscheidung VG 3 L 98/23


Metadaten

Gericht VG Cottbus 3. Kammer Entscheidungsdatum 04.08.2023
Aktenzeichen VG 3 L 98/23 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2023:0804.3L98.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 45 Abs 2 WaffG, § 5 Abs 2 Nr 3 WaffG

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. April 2023 wird hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides angeordnet und hinsichtlich der Ziffer 2 wiederhergestellt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Der wörtliche Antrag des Antragstellers ist sinngemäß dahin auszulegen,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 21. April 2023 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. April 2023 hinsichtlich der Ziffer 1 anzuordnen und hinsichtlich der Ziffer 2 wiederherzustellen.

Zwar geht der Antragsteller zutreffend davon aus, dass die aufschiebende Wirkung seines erhobenen Widerspruchs hinsichtlich der in Ziffer 2 des Bescheides angeordneten Verhaltenspflichten entfällt, weil der Antragsgegner insoweit die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet hat (vgl. Seite 3 f. der Antragsschrift). Der Widerspruch entfaltet aber auch gegen den in Ziffer 1 geregelten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis keinen Suspensiveffekt, da dieser bereits kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 45 Abs. 5 Satz 1 Waffengesetz vom 11. Oktober 2002, zuletzt geändert durch Art. 228 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I Seite 1228) – WaffG. Der Antragsteller möchte erreichen, dass er weiterhin (vorläufig) seine Waffen rechtmäßig besitzen und nutzen darf. Dieses Ziel kann er nicht allein dadurch realisieren, dass er die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gegen Ziffer 2 des Bescheids beantragt. Denn der Umgang mit Waffen bedarf einer Erlaubnis (§ 2 Abs. 2 WaffG). Demnach ist der gestellte Antrag zugleich als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen Ziffer 1 des Bescheids auszulegen.

Der auch im Übrigen zulässige Antrag hat Erfolg.

1. Begründet ist der Antrag des Antragstellers zunächst, soweit er darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheides des Antragsgegners vom 17. April 2023 anzuordnen.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen. Voraussetzung hierfür ist, dass es im Rahmen einer Interessenabwägung zu dem Ergebnis kommt, dass das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Allgemeinheit überwiegt. Dabei hat das Gericht maßgeblich die sich aus einer summarischen Prüfung ergebenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Ergibt sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nur gebotenen summarischen Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, weil sich der angegriffene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist, überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes. Erweist sich der Rechtsbehelf bei summarischer Prüfung demgegenüber als offensichtlich erfolgreich, überwiegt regelmäßig das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Stellen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Ergebnis der nur gebotenen summarischen Prüfung hingegen als offen dar, ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen, bei der in Rechnung zu stellen ist, welche Gründe bei bestehender Unsicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs für und gegen eine Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes sprechen.

Vorliegend überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 17. April 2023. Denn unter Berücksichtigung der Anforderungen des § 80 Abs. 5 VwGO erweist sich der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis als nicht rechtmäßig.

Rechtsgrundlage des Widerrufs ist § 45 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 und § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis setzt gemäß § 4 Abs. 1 WaffG unter anderem voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG besitzt.

Die vorliegend im Raum stehende Frage, ob der Antragsteller wegen seiner Mitgliedschaft in der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD), seiner Kandidatur für das Amt des Bürgermeisters der Gemeinde B ... als AfD-Mitglied und/oder seiner Teilnahme am 4. Februar 2023 an einer Vernetzungsveranstaltung von Funktionären und Mitgliedern der AfD-Landesverbände Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im sächsischen Ort H ... die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit besitzt, hat der Antragsgegner unzutreffend verneint.

Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen unter anderem nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind (lit. a) aa)) oder Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat (lit. b) oder eine solche Vereinigung unterstützt haben (lit. c).

a) Dem Antragsteller wird nicht vorgeworfen, dass er im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) WaffG als Einzelperson Bestrebungen verfolgt habe, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet seien.

b) Soweit der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 17. April 2023 darauf abstellt, dass der Antragsteller als aktives Mitglied der „Alternative für Deutschland“ (AfD) eine Partei unterstütze, bei der hinreichend gewichtige Anhaltspunkte vorlägen, dass diese verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz (BbgVerfSchG) gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, namentlich gegen den Grundsatz der Menschenwürde und gegen das Demokratieprinzip verfolge, lässt sich daraus keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit ableiten. Entgegen seiner Annahme sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) WaffG nicht erfüllt

Der Landesverband der AfD Brandenburg ist – jedenfalls bisher – nicht als erwiesen verfassungsfeindliche Organisation zu behandeln. Zwar steht fest, dass dieser in der Zeit ab dem Jahr 2017 zunehmend von Personen aus der Gruppe der – inzwischen formell aufgelösten – AfD-Sammlungsbewegung „Der Flügel" dominiert werde (vgl. Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2022, Seite 75 f., https://mik.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/VS_Bericht_2022_Pressefassung_neu.pdf, zuletzt aufgerufen am 1. August 2023). Dabei betrachtet das Bundesamt für Verfassungsschutz den „Flügel“ als „erwiesen rechtsextrem“ und stellte ein „rechtsextremistisches Personenpotential“ innerhalb der Partei AfD fest (vgl. Erklärung auf der Pressekonferenz des Bundesamts für Verfassungsschutz vom 12. März 2020: https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/reden/DE/2020/statement-haldenwang-presekonferenz-stand-der-bekaempfung-des-rechtsextremismus.html; Verfassungsschutzbericht des Bundesamts für Verfassungsschutz, Seite 51., https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/verfassungsschutzberichte/2023-06-20-verfassungsschutzbericht-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=6, jeweils zuletzt aufgerufen am 1. August 2023). „Hinreichend gewichtige Anhaltspunkte“ für Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) WaffG genügen jedoch ebenso nicht für die Erfüllung des Tatbestandes des § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) oder lit. c) WaffG wie die Einordnung des Verfassungsschutzes einer Partei als Verdachtsfall (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz (BbgVerfSchG)).

aa) Einem solchen Verständnis der Norm steht deren Auslegung inhaltlich entgegen.

(1) Schon seinem Wortlaut nach setzt § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) und c) voraus, dass das Verfolgen von Bestrebungen im Sinne der Vorschrift feststeht („verfolgt oder verfolgt hat“), während hinsichtlich der betreffenden (Einzel-)Person der tatsachenbegründete Verdacht einer Mitgliedschaft bzw. der Unterstützung ausreicht (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) WaffG: „Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen“ (so auch VG Magdeburg, Beschluss vom 28. Februar 2023 – 1 B 212/22 MD – juris, Rn. 19 und dem nachgehend OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. April 2023 – 3 M 13/23 –, juris, Rn. 10 m. w. N.; VG Regensburg, Beschluss vom 7. März 2022 – RO 4 S 22.28 –, juris, Rn. 37; siehe auch Gade, WaffG, 3. Aufl. 2022, § 5 Rn. 29a; Steindorf/Papsthart, 11. Aufl. 2022, WaffG § 5 Rn. 54)).

(2) Auch dafür, dass nach dem Willen des Gesetzgebers ein doppelter tatsachenbegründeter Verdacht – bezogen auf die betreffende Person und ihre Mitgliedschaft in bzw. Unterstützung der Vereinigung sowie bezogen auf die Bestrebungen der Vereinigung selbst – ausreichend sein sollte, ist unter Berücksichtigung der Gesetzeshistorie und der Gesetzesbegründung nichts erkennbar. Stattdessen spricht gerade die Gesetzesbegründung für das vorgenannte Normverständnis (vgl. VG Magdeburg, a. a. O., juris, Rn. 20 ff.). So betraf der tatsachenbegründende Verdacht bereits nach der Vorgängerfassung allein die aktive individuelle Betätigung der betroffenen Person als Einzelperson oder im Kollektiv (BT-Drs. 18/12397, S. 13). Dass sich der tatsachenbegründende Verdacht auch auf die verfassungsfeindliche Betätigung der Vereinigung als Kollektiv bezog, ist nicht ersichtlich. Eine Änderung der gesetzgeberischen Intention hinsichtlich der ab dem Jahr 2020 geltenden Fassung des Waffengesetzes ist mit Blick auf die begründenden Erwägungen nicht ersichtlich. Vielmehr wird lediglich die Erweiterung der gesetzlichen Grundlage dahingehend erwähnt, dass die waffenrechtliche Regelunzuverlässigkeit künftig durch die (bloße) Mitgliedschaft in einer noch nicht verbotenen verfassungsfeindlichen Vereinigung begründet wird (BT-Drs. 19/15875, Seite 4 und Seite 24). Des Feststehens der Verfassungsfeindlichkeit bedarf es weiterhin (vgl. zum Ganzen: OVG Sachsen-Anhalt, a. a. O., Rn. 24 ff.).

(3) Ein solches Normverständnis entspricht auch dem Sinn und Zweck des Waffenrechts. Zentrales Anliegen des Waffengesetzes ist es zwar, den Schutz der Allgemeinheit vor unzuverlässigen Waffenbesitzern zu verstärken, d. h. das mit jedem Waffenbesitz verbundene Risiko zu minimieren und nur bei Personen hinzunehmen, die das Vertrauen verdienen, in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsbewusst mit der Waffe umzugehen (st. Rspr., siehe BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2007 – 6 C 24/06 –, juris, Rn. 65; vom 30. September 2009 – 6 C 29/08 –, juris, Rn. 17 und vom 19. Juni 2019 – 6 C 9/18 – juris, Rn. 16.). Es wäre jedoch zu erwarten, dass ein derart verschärfender Regelungswille, welcher im Tatbestand der Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit auch Fälle der Mitgliedschaft oder der Unterstützung einer Vereinigung erfassen möchte, die hinsichtlich etwaiger verfassungsfeindlicher Bestrebungen als Verdachtsfall geführt werden, im Gesetz und seiner Begründung jedenfalls in Ansätzen eine Stütze findet (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, a. a. O., Rn. 41). Daran fehlt es und wird vom Antragsgegner in seinen Ausführungen ebenso nicht berücksichtigt wie in der von ihm zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 7. März 2023 – 22 K 7087/20 – juris, Rn. 68 ff.). Im Übrigen wird der Schutzzweck des Waffengesetzes auch dadurch gewahrt, dass individuelle Betätigungen über § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) WaffG erfasst werden können. Zudem spricht einiges dafür, tatsachenbegründete Verdachtsmomente im Rahmen der Prognose des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG in einer Gesamtschau mitheranzuziehen (so auch: VG Regensburg, a. a. O., Rn. 37).

bb) Hinsichtlich der Frage, ob eine (noch) nicht verbotene oder mit einem Betätigungsverbot belegte Vereinigung verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG verfolgt, verweist der Gesetzgeber darauf, dass die zuständige Waffenbehörde die Einschätzung der Fachbehörden (Verfassungsschutzämter) einholen könne (BT-Drs. 19/15875, S. 36). In der Gesetzesbegründung zum WaffRNeuRegG hatte der Gesetzgeber noch deutlicher angemerkt, dass es in der Praxis um Fälle gehen werde, in denen die Waffenbehörde im konkreten Fall Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung habe; die könne sie dann per Einzelanfrage verifizieren (BT-Drs. 14/7758, S. 55). Weitere Erkenntnisse über verfassungsfeindliche Bestrebungen des AfD-Landesverbandes Brandenburg über den aktuell vorliegenden Verfassungsschutzbericht 2022 des Landes Brandenburg hinaus sind nicht ersichtlich. Daher führt auch der Umstand, dass der AfD-Landesverband Brandenburg von Personen der rechtsextremistischen, inzwischen aufgelösten Gruppierung „Der Flügel“ dominiert werde, also die inhaltliche Ausrichtung der Partei möglicherweise prägt, nicht weiter. In diesem Zusammenhang ist noch einmal festzuhalten, dass die AFD im Verfassungsschutzbereich des Landes Brandenburg als „Verdachtsfall“ eingestuft ist. Ein solcher wird angenommen, wenn die Erkenntnisdichte den Grad der Gewissheit noch nicht erreicht hat, zwar bereits tatsächlich Anhaltspunkte existieren, die auf eine verfassungsfeindliche Ausrichtung des Personenzusammenschlusses schließen lassen, diese aber noch nicht derart verdichtet sind um erwiesenermaßen davon auszugehen (vgl. wissenschaftliche Dienste WD 3-3000 - 107/22, S. 11). Von daher genügt der bloße Bericht nicht, um die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 3 b WaffG hinreichend zu untersetzen.

c) Soweit der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 17. April 2023 darauf abstellt, dass der Antragsteller an einem als Vernetzungsveranstaltung bezeichneten Treffen von Funktionären und Mitgliedern der AfD-Landesverbände Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen teilnahm und dass unter den Anwesenden wesentliche Akteure des inzwischen formal aufgelösten Personenzusammenschlusses „Der Flügel“ waren, lässt sich allein hieraus die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit nicht schließen.

aa) Die Voraussetzungen von § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) WaffG liegen nicht vor. Es ist nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass der Antragsteller in den letzten fünf Jahren Mitglied der Gruppierung „Der Flügel“ war.

bb) Ebenso liegen die Voraussetzungen von § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. c) WaffG nicht vor. Denn die bloße Teilnahme an dem Treffen mehrerer ostdeutscher AfD-Landesverbände im sächsischen H ... vermag noch nicht die Unterstützung des „Flügels“ zu begründen. Dabei kann unbeantwortet bleiben, ob die Norm auch die Unterstützung solcher Vereinigungen erfasst, die offiziell nicht mehr bestehen. Denn selbst bei der Bejahung dieser Annahme ist nichts für eine tatsächliche Unterstützung vorgetragen oder im Übrigen ersichtlich. Zudem ist nichts dafür vorgetragen, dass es sich bei der Veranstaltung selbst um eine (eigene) Vereinigung handelt, welche Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) WaffG verfolgt oder verfolgt hat. Unabhängig von der nicht beantworteten Frage, in welchem Verhältnis Personen mit etwaig rechtsextremistischer Gesinnung im Vergleich zu übrigen Mitgliedern der AfD anwesend waren – oder wieviele Personen reell überhaupt an der Versammlung teilnahmen, fehlt es an jeglichen Informationen, welchen Zweck das Treffen über die benannte Vernetzung von Funktionären und Mitgliedern der AfD-Landesverbände hinaus verfolgte, etwa welche Inhalte dort besprochen, vereinbart oder daraus folgend proklamiert worden sind oder gelebt werden. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass neben Herrn A ... als ein Exponent des ehemaligen „Flügels“ (VG Köln, Urteil vom 8. September 2022 – 20 K 3080/21 – juris, Rn. 10) bei der Veranstaltung wohl auch Personen anwesend waren, welche dem erwiesen rechtsextremistischen thüringischen AfD-Landesverband (Verfassungsschutzbericht des Freistaats Thüringen für das Jahr 2021, Seite 14, https://verfassungsschutz.thueringen.de/fileadmin/Verfassungsschutz/AU23-00215_Verfassungsschutzbericht_Ansicht.pdf, zuletzt aufgerufen am 1. August 2023) angehören. Doch nach den vorherigen Erwägungen ergibt sich daraus noch nicht, dass der Antragsteller eine Vereinigung unterstützte, welche kollektiv Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) WaffG verfolgt. Mögen hierfür in der Gesamtschau zwar Indizien sprechen, fehlt es jedenfalls an tatsachenbasierenden Feststellungen hierzu. Der an dem Antragsgegner unter dem 9. März 2023 übersandte Bericht der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg ist hier weitergehend nicht ergiebig.

d) Auch die Tatsache, dass der Antragsteller für das Amt des Bürgermeisters in der Gemeinde B ... für die AfD Brandenburg kandidierte, spricht nicht für eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit. Zwar dürfte er damit tatsächlich seine Zustimmung zu den parteipolitischen Inhalten des brandenburgischen Landesverbands der AfD untermauert haben. Hierdurch ergeben sich jedoch – weder für sich genommen noch in der Gesamtschau – neue Erkenntnisse hinsichtlich von Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG.

2. Begründet ist der Antrag des Antragstellers auch, soweit er darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich Ziffer 2 des Bescheides des Antragsgegners vom 17. April 2023 wiederherzustellen. Denn auch die insoweit getroffene Regelung erweist sich unter Berücksichtigung der Anforderungen des § 80 Abs. 5 VwGO als offensichtlich rechtswidrig. Die Voraussetzungen der Norm des § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG liegen nach den obigen durchgreifenden Bedenken zur Rechtswidrigkeit des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Unter Berücksichtigung der Empfehlungen in Ziffer 50.2 des Streitwertkataloges der Verwaltungsgerichtsbarkeit bemisst das Gericht den Streitwert mit 5.000,00 Euro. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen in Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges der Verwaltungsgerichtsbarkeit war der Streitwert für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren. Die Regelungen in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids wirken sich nicht streitwerterhöhend aus.