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Entscheidung VG 1 L 180/23


Metadaten

Gericht VG Cottbus 1. Kammer Entscheidungsdatum 09.08.2023
Aktenzeichen VG 1 L 180/23 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2023:0809.1L180.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 106 Abs 1, 2 und 4, Abs. 4 S. 3 SchulG BB, § 50 Abs 3 S 2 SchulG BB, § 4 GV, Nr 26 Abs 1 S 1 Vv-Schulbetrieb, Nr 5 VV-Unterrichtsorganisation, § 106 Abs 2 SchulG BB, § 106 Abs 4 SchulG BB, § 106 Abs 4 S 3 SchulG BB

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 S. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist mit dem Hauptantrag, der Antragsgegnerin aufzugeben, den Sohn der Antragsteller J ... zu Beginn des Schuljahres 2023/2024 vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache an der Grundschule D ... aufzunehmen, zwar zulässig, jedoch unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 S. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der jeweilige Antragsteller das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 und § 294 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Nach § 51 Abs. 1 S. 1 des Brandenburgischen Schulgesetzes (BbgSchulG) entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter über die Aufnahme in die Schule; nach § 50 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BbgSchulG kann die Aufnahme in eine Schule unter anderem dann abgelehnt werden, wenn ihre Aufnahmekapazität erschöpft ist. Nach § 106 Abs. 1 S. 1 BbgSchulG wird für jede Grundschule unter Berücksichtigung der genehmigten Schulentwicklungsplanung der Schulbezirk bestimmt, für den die Schule örtlich zuständig ist. Schulbezirke können auch deckungsgleich sein, § 106 Abs. 2 S. 2 BbgSchulG; übersteigt bei deckungsgleichen Schulbezirken die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität der Schule, so richtet sich die Auswahl nach der Nähe der Wohnung zur Schule und nach dem Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des Abs. 4 S. 3, § 106 Abs. 2 S. 4 BbgSchulG.

1. Die von der Antragsgegnerin ihrer Entscheidung zu Grunde gelegte Aufnahmekapazität der 1. Klassen an der Umweltschule D ... unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken. Die Aufnahmekapazität ist nach § 50 Abs. 3 S. 2 BbgSchulG so zu bemessen, dass nach Ausschöpfung der verfügbaren personellen, räumlichen, sächlichen und fachspezifischen Ausstattung die Unterrichts- und Erziehungsarbeit gesichert ist. Wie die Aufnahmekapazität einer Schule im Einzelnen zu bestimmen ist, ergibt sich aus weiteren Vorschriften des formellen Landesrechts, vor allem aber Verwaltungsvorschriften in Verbindung mit den örtlichen, vorliegend räumlichen, Gegebenheiten.

Nach § 103 Abs. 1 S. 1, 2 und 3 BbgSchulG müssen Schulen die für einen geordneten Schulbetrieb erforderliche Zahl von Parallelklassen (Zügigkeit) haben und sie müssen im Grundsatz mindestens zweizügig, Grundschulen mindestens einzügig sein. Die Umweltschule D ... ist von der Stadt C ... als Schulträger als eine zweizügige Schule bestimmt worden, § 4 Abs. 3 der Satzung über die Schulbezirke der Grundschulen der Stadt C ... (Schulbezirkssatzung Grundschulen) vom 27. Oktober 2022 (ABl. f. d. Stadt C ... v. 12. November 2022, Nr. 14 S. 1), und die weitere Kapazität bemisst sich im Grundsatz nach den Rahmenvorgaben des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport. Nach § 103 Abs. 4 S. 2 BbgSchulG legt das für Schule zuständige Ministerium unter anderem die Richtwerte für die Klassenfrequenz neu einzurichtender Klassen (Nr. 1.) und die Bandbreiten für die Klassenfrequenz bestehender Klassen (Nr. 2.) fest. In Übereinstimmung mit diesen Vorgaben des Brandenburgischen Schulgesetzes bestimmt Nr. 5 Abs. 1 S. 1 der hiernach maßgeblichen Verwaltungsvorschriften des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport über die Unterrichtsorganisation vom 26. Juli 2017 (VV-Unterrichtsorganisation – ABl. MBJS/17, S. 302), dass bei der Einrichtung von Klassen unter anderem in den Jahrgangsstufen 1 und 7 der jeweilige Frequenzrichtwert gemäß Anlage 1 gilt; für die Fortführung bestehender Klassen gilt die Bandbreite gemäß Anlage 1, die durch den oberen und den unteren Wert bestimmt wird, Nr. 5 Abs. 2 S. 1 und 2 VV-Unterrichtsorganisation. Die Anlage 1 VV-Unterrichtsorganisation wiederum setzt den Frequenzrichtwert bei Grundschulen und Primarstufenteilen von Schulzentren auf 23 Schülerinnen und Schüler fest; die – nach § 103 Abs. 4 S. 2 BbgSchulG und Nr. 5 Abs. 1 und 2 VV-Unterrichtsorganisation für die Fortführung bestehender Klassen relevante (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom 2. September 2021 – OVG 3 S 102/21 –, juris Rn. 7) – Bandbreite beträgt danach 15 bis 28 Schülerinnen und Schüler.

Hiervon ausgehend bewegt sich die Umweltschule D ... zwar mit einer Aufnahmekapazität von 21 und 22 Schülerinnen und Schülern innerhalb der durch die Verwaltungsvorschrift vorgegebenen Bandbreite, unterschreitet jedoch den Frequenzrichtwert von 23 Schülerinnen und Schülern. Das ist jedoch nicht zu beanstanden. Die Schule hat nach § 50 Abs. 3 S. 2 BbgSchulG zwar auf der einen Seite ihre, auch räumlichen Kapazitäten auszuschöpfen, ist auf der anderen Seite aber verpflichtet, die Unterrichts- und Erziehungsarbeit für alle Kinder zu sichern. Die Antragsgegnerin hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass das auf Grund der räumlichen Kapazität für die beiden neu eingerichteten 1. Klassen nur innerhalb der Aufnahmekapazität von 43 Kindern möglich ist. Die hiergegen gerichteten Einwände der Antragsteller verfangen nicht.

Nach Nr. 26 Abs. 1 S. 1 der Verwaltungsvorschriften über die Organisation der Schulen in inneren und äußeren Schulangelegenheiten (VV-Schulbetrieb - VVSchulB) vom 29. Juni 2010 (ABl. MBJS/10, [Nr. 6], S.154), diese zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 19. Oktober 2022 (Abl. MBJS/22, [Nr. 41], S. 440), „sollen“ allgemeine Unterrichtsräume eine Fläche von mindestens 1,7 m² und einen Luftraum von 5 m³ je Schülerarbeitsplatz aufweisen. In rechtlicher Hinsicht ist den Antragstellern – ungeachtet des Umstandes, dass die (vorliegend: norminterpretierenden) Verwaltungsvorschriften, das Gericht ohnehin nicht binden (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 10. Dezember 1969 – VIII C 104.69 –, juris Rn. 14) – zwar zuzugeben, dass der Begriff „soll“ nicht „muss“ bedeutet, sondern Spielraum für Ausnahmen lässt, sofern die Besonderheiten des Einzelfalls das gebieten. Das ist aber vorliegend nicht der Fall. Das Gericht sieht jedenfalls in einem für jede Schülerin und jeden Schüler einer 1. Klasse einer Grundschule zur Verfügung stehenden Platz von (einschließlich des Lehrerarbeitsplatzes und des sonstigen Raummobiliars) 1,304 Metern x 1,304 Metern eine zutreffende Umsetzung der Mindest-Anforderungen an einen geordneten Schulbetrieb nach § 103 Abs. 1 BbgSchulG (ebenso: VG Potsdam, Beschl. v. 24. August 2015 – VG 12 L 1030/15 –, n. v. Beschlussabdruck [BA] S. 5; vgl. ferner: VG Berlin, Beschl. v. 14. September 2018 – 3 L 402.18 –, juris Rn. 26).

Gerade bei den Einschulungsklassen einer Grundschule liegt es auf der Hand, dass die Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte die deutlich überwiegende Zeit ihres Schulaufenthalts in den Klassenräumen verbringen (vgl. auch insoweit den Begehungsbericht des Landesamtes für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit vom 26. Mai 2016: „80 %“ [Bl. 32 VV]) und Nr. 26 Abs. 1 S. 1 VV-Schulbetrieb bewegt sich mit dieser Flächenvorgabe ohnehin im unteren Bereich der Maßgaben für Schulraumgrößen. Das ergibt sich vorliegend schon aus dem Begehungsbericht des Landesamtes, der einen Mindeststandard von 2 m² Grundfläche und 6 m³ Luft für erforderlich erachtet. Diese aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht angezeigten Mindestanforderungen ( 2 m² Grundfläche) entsprechen wiederum dem, was in anderen Bundesländern und im Ausland geltendes Recht (jedenfalls bei Neubauten) ist bzw. was im Interesse eines geordneten Schulbetriebs für geboten erachtet wird: So bestimmt etwa § 2 Abs. 1 S. 2 und 3 der Bayerischen Schulbauverordnung vom 30. Dezember 1994 – entsprechende Regelungen fehlen, soweit ersichtlich, im Brandenburger Landesrecht – dass der für jede Klasse benötigte eigene Klassenraum einschließlich des Arbeitsplatzes für die Lehrkraft und des Tafelbereichs eine Grundfläche 2 m² je Schüler und einen Luftraum 6 m³ je Schüler aufweisen soll, wobei schulartspezifische Abweichungen zu berücksichtigen sind (vgl. instruktiv auch die Angaben in: „Vergleich ausgewählter Richtlinien zum Schulbau – Kurzfassung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, unter https://www.bda-bund.de/wp-content/uploads/2015/12/MUR_SBRI_ web.pdf; abgerufen: 05. August 2023, S. 13: Bundesland Bremen: früher 1,9 m², nunmehr 2,6 m² für die Primarstufe [vgl. dazu auch: OVG der Freien Hansestadt Bremen, Beschl. v. 09. Oktober 2020 – 1 B 288/20 –, juris Rn. 13; VG Bremen, Beschl. v. 20. August 2020 – 1 V 1109/20 –, juris Rn. 29; VG Bremen, Beschl. v. 20. August 2012 – 1 V 845/12 –, juris Rn. 17 – für Gymnasien]; S. 14: Stadt Herford: mindestens 2,5 m² für die Primarstufe; Kanton Zürich: 2,5 m² je Schüler bzw. eine Klassenraumgröße von 72 m²; Stadt Bozen: bei Grundschulen 2,7 m², S. 15: Republik Österreich: 2,75 m² je Schülerin und Schüler).

Hiervon ausgehend wird der 36,30 m² große Schulraum im Obergeschoss der Umweltschule D ... mit 21 Schülerinnen und Schülern voll ausgelastet, wobei darüber hinaus noch Platz für einen Einzelfallhelfer für den auf Rang 9 aufgenommenen Schüler (vgl. Bl. 4 des Verwaltungsvorgangs [VV], S. 54 – 56 der Gerichtsakte) zur Verfügung stehen muss; der zweite 36,68 m² große Schulraum wird mit 22 Schülerinnen und Schülern voll ausgelastet. Die Antragsgegnerin hat die Größe und die Aufnahmekapazität der für die neuen 1. Klassen im Dachgeschoss zur Verfügung stehenden Räume mit den Bauplänen (hier: Bl. 37 VV), den Fotos (Bl. 35/36 VV), dem vorerwähnten Begehungsbericht und schließlich mit dem Auszug aus der Schulentwicklungsplanung der Stadt C ... 2022 – 2027 nachvollziehbar und glaubhaft gemacht. Der von der Stadtverordnetenversammlung der Stadt C ... am 22. Februar 2023 beschlossenen Schulentwicklungsplanung nach (Beschlussvorlage: STVV III-001/23, abgerufen unter: https://w ..., abgerufen am 08. August 2023, dort S. 62 sowie S. 34 VV) ist das Schulgebäude der Umweltschule D ... teilsaniert, entspricht aber mit Einschränkungen noch den baulichen Vorgaben. Die Raumgrößen ermöglichen die Aufnahme „von maximal 28 Kindern in 10 Unterrichtsräumen und von 21 und 22 Kindern in zwei weiteren Räumen“.

Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Antragsteller überzeugen nicht. Auf eine „Ermessensausübung“ im Rahmen der „Unterschreitung der Flächenvorgabe“ kommt es ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die Schulräume mit Bänken für zwei Schülerinnen/Schülern oder Einzelplätzen ausgestattet sind oder werden. Zu der Frage einer Nutzung der Schulräume für einzelne Klassen der Jahrgangsstufen 2 und 3 und als Fachräume schließlich hat das Staatliche Schulamt bereits in dem Widerspruchsbescheid vom 07. Juni 2023 (dort S. 4/5) detailliert und nachvollziehbar Stellung genommen, ohne dass sich die Antragsteller hiermit im Einzelnen auseinandergesetzt hätten. Die Begründung des Widerspruchsbescheides, die übrigen zehn größeren Klassenräume für bis zu 30 Schülerinnen und Schüler, vier Räume für die zweizügigen Jahrgangsstufen 2 und 3 und sechs Fachräume, seien für den Unterricht der höheren, zahlenmäßig stärkeren Klassen vorgesehen und erforderlich, unterliegt keinen Bedenken und einer weiteren Klärung von Amts wegen bedarf es nicht. Die Antragsteller lassen zum einen außer Betracht, dass es im Ermessen der Schulleitung liegt, die Zwecknutzung der Räume unter Berücksichtigung schulfachlicher Belange zu bestimmen und die Räumlichkeiten entsprechend zu widmen, um ein leistungsfähiges Unterrichtsangebot und einen ungestörten Unterrichtsablauf gewährleisten zu können. (OVG d. Freien Hansestadt Bremen, Beschl. v. 08. September 2022 – 1 B 217/22 –, juris Rn. 16). Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger (ober-)verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung für Eltern und ihre schulpflichtigen Kinder bei der Aufnahme in die Schule weder aus Gründen des Verfassungsrechts (Art. 6 Abs. 2 S. 1 und Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes, Art. 27 Abs. 2 und Art. 30 Abs. 4 der Verfassung des Landes Brandenburg) noch des einfachen Gesetzes (§ 36 Abs. 3 S. 1 BbgSchulG) ein subjektives und damit einklagbares Recht auf Erweiterung vorhandener, aber erschöpfter Kapazitäten gibt (etwa: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 03. November 2020 – OVG 3 S 90/20 –, juris Rn. 11 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 10. September 2018 – OVG 3 S 45/18 –, juris Rn. 3; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27. September 2017 – OVG 3 S 70/17 –, juris Rn. 3; Beschl. d. Kammer v. 24. Juli 2013 – VG 1 L 147/13 –, juris Rn. 8). Das gilt im Hinblick auf den organisatorischen und pädagogischen Gestaltungsspielraum der Schulverwaltung im Grundsatz sogar dann, wenn die Einrichtung einer weiteren Klasse in personeller, sächlicher und räumlicher Hinsicht im Einzelfall möglich wäre, an anderen Schulen, deren Besuch ebenfalls zumutbar ist, allerdings genügend Schulplätze zur Verfügung stehen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 02. September 2021 – OVG 3 S 102/21 –, juris Rn. 2).

2. Rechtsfehler im Rahmen des Aufnahmeverfahrens durch die Antragsgegnerin sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat das für sie vorliegend nach § 106 Abs. 2 S. 4 BbgSchulG allein maßgebliche Kriterium der Nähe der Wohnung zur Schule nach dem „Falk-Routenplaner“ für die kürzeste Wegstrecke mit dem Kraftfahrzeug ermittelt. Die Nutzung dieses internetbasierten Routenplaners ist zulässig und die sich ergebenden Pauschalierungen und Typisierungen müssen Eltern und ihre Kinder grundsätzlich hinnehmen, sofern sich nicht im Einzelfall aufdrängen muss, dass die vom Routenplaner berechnete Wegstrecke nicht dem nach Länge oder Dauer kürzest möglichen Schulweg entspricht (vgl. etwa Sächsisches OVG, Beschl. v. 05. September 2022 – 2 B 237/22 –, juris Rn. 9 m. w. N.; OVG f. d. Ld. Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 11. August 2021 – 19 B 1245/21 –, juris Rn. 8 m. w. N.). Derartige Umstände sind weder ersichtlich noch dargelegt. Für die Wegstrecke zwischen der Wohnung der Antragsteller und der Umweltschule D ... hat die Antragsgegnerin (zu Gunsten der Antragsteller) 7,2 Kilometer berücksichtigt und Berechnungsfehler sind auch hinsichtlich der übrigen Kinder weder dargelegt noch ersichtlich.

Auf die von den Beteiligten problematisierte Frage, ob die Schülerin S (Bl. 41 ff. VV) tatsächlich bei ihrem (nicht-sorgeberechtigten) Vater unter der Anschrift A ... (von der Antragsgegnerin zutreffend errechnete Entfernung: 6,78 Kilometer) oder, wie die Antragsteller vermuten, tatsächlich bei ihrer Mutter unter der Anschrift F ..., lebt, kommt es schon nicht entscheidungserheblich an, weil in diesem Fall lediglich von einer Entfernung von 4,91 Kilometern auszugehen wäre und weil die Schulbezirke nach § 3 Abs. 1 der Schulbezirkssatzung Grundschulen der Stadt C ... deckungsgleich sind. Bei deckungsgleichen Schulbezirken können die Eltern unter allen Grundschulen eine Schule auswählen, bei der sie ihr schulpflichtiges Kind dann anmelden; die ausgewählte Schule ist danach die zuständige Schule für die eigentliche Anmeldung, § 4 Abs. 2 S. 1 u. 2 der Grundschulverordnung, GV (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 08. Oktober 2019 – OVG 3 S 99.19 –, juris Rn. 5). Die Regelung der Stadt C ... über Schuleinzugsbereiche, die über eine „Zuordnung zu einer Grundschule“ entscheiden soll, § 2 Abs. 2 der Schulbezirkssatzung Grundschulen, wäre, sollte sie nach dem Willen des Satzungsgebers rechtserheblich sein, nichtig, weil sie zum einen im Brandenburgischen Schulgesetz keine rechtliche Grundlage findet und sie zum anderen im Widerspruch zu § 4 Abs. 2 S. 1 und 2 GV und der in § 2 Abs. 1 der Schulbezirkssatzung Grundschulen vom Satzungsgeber selbst bestimmten Deckungsgleichheit stünde (vgl. VG Potsdam, Beschl. v. 28. August 2017 – VG 12 L 892/17 –, juris Rn. 11; VG Potsdam, Beschl. v. 04. September 2019 – VG 12 L 643/19 –, BA S. 14 [zu den entsprechenden Regelungen in der Schulbezirksatzung Potsdam] sowie nachfolgend: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 08. Oktober 2019 – OVG 3 S 99.19 –, juris Rn. 5).

3. Die Antragsteller können sich auch nicht darauf berufen, dass ihr Kind von der Antragsgegnerin vorrangig wegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 106 Abs. 3 S. 3 i. V. m. Abs. 4 S. 3 BbgSchulG hätte aufgenommen werden müssen. Nach diesen Bestimmungen ist von einem wichtigen Grund auszugehen, wenn (Nr. 1.) die zuständige Schule nur unter Schwierigkeiten erreicht werden kann, (Nr. 2.) dies die Wahrnehmung des Berufsausbildungsverhältnisses erleichtern würde, (Nr. 3) pädagogische Gründe hierfür sprechen oder (Nr. 4) soziale Gründe vorliegen.

Ob die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes im Rahmen der Kapazitätsberechnung vorliegen, beurteilt sich grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Aufnahmeentscheidung durch die Schulleiterin oder den Schulleiter, die als Abschluss des bei Übernachfrage durchzuführenden Auswahlverfahrens ergeht (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 18. September 2014 – OVG 3 S 47.14 –, juris Rn. 4; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22. August 2019 – OVG 3 S 52.19 –, juris Rn. 2; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22. September 2022 – OVG 3 S 27/22 –-, n. v. BA S. 2). Die Aufnahmeentscheidung war vorliegend mit Fertigung der Aufnahme- und Ablehnungsbescheide durch die Antragsgegnerin am 24. April 2023 abgeschlossen und die Antragsteller haben in ihrer Anmeldung vom 05. Dezember 2022 in der entsprechenden Rubrik „Wichtige Gründe für die Aufnahme“ die tatsächlichen Voraussetzungen des § 106 Abs. 4 S. 3 BbgSchulG nicht dargelegt. Auf die Darlegungen in der Widerspruchsbegründung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller vom 02. Mai 2023 (Bl. 16 VV) kommt es schon vor diesem Hintergrund nicht an.

Der Argumentationsversuch der Antragsteller, diese Rechtsprechung mit Verweis auf eine vermeintliche Verletzung der Anhörungspflicht durch die Antragsgegnerin zu umgehen, trägt nicht. § 1 Abs. 1 S. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) i. V. m. § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) bestimmen, dass, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten „eingreift“, diesem Gelegenheit zu geben ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Diese Regelung ist vorliegend nicht einschlägig. Der von § 28 Abs. 1 VwVfG vorausgesetzte Verwaltungsakt der „Eingriffsverwaltung“ liegt vor, wenn der zu erlassende Verwaltungsakt die bisherige Rechtsstellung des Beteiligten zu seinem Nachteil verändert, ihm eine rechtliche Verpflichtung auferlegt, insbesondere von ihm ein Tun oder Unterlassen fordert. Das kann auch sein, wenn durch den Verwaltungsakt ein früherer, den Beteiligten begünstigender Verwaltungsakt für nichtig erklärt, zurückgenommen oder widerrufen oder sonst zum Nachteil des Beteiligten verändert wird. Dagegen liegt in der Ablehnung einer die Antragsteller begünstigenden Rechtsposition kein Eingriff im Sinne vom § 28 Abs. 1 VwVfG (BVerwG, Urt. v. 14. Oktober 1982 – 3 C 46/81 –, juris Rn. 35; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 22. Juni 2011 – OVG 10 B 1.11 –, juris Rn. 45; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 29. September 2011 – OVG 3 S 108.11 –, BA S. 4 [zur Aufnahme in die Schule]; auch ansonsten ist eine Anhörungspflicht nicht ersichtlich oder angesichts des Umstandes, dass es den Antragstellern freistand, entsprechende Gründe bereits in der Anmeldung darzulegen, aus übergeordneten Gründen geboten.

Hiervon abgesehen lägen die Voraussetzungen eines Härtefalles selbst dann nicht vor, wenn das Gericht die Darlegungen der Antragsteller in der Widerspruchsbegründung berücksichtigen würde. Die Antragsteller können sich auf § 106 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 und Nr. 4 BbgSchulG nicht berufen.

Der Schulweg von der Wohnung der Antragsteller R ... bis zur C ... Grundschule, M ... wäre für einen Schüler der 1. Klasse einer Grundschule aus den dargelegten Gründen nicht unzumutbar. Die Möglichkeit, die C ... Grundschule ohne Umsteigen innerhalb einer zumutbaren Gesamtzeit zu erreichen, hat der Widerspruchsbescheid des Staatlichen Schulamtes vom 07. Juni 2023 (dort S. 6) zutreffend aufgezeigt und der Behauptung der Antragsteller, die K ... sei wegen der Gefahren durch den Autoverkehr für ein sechsjähriges Kind unzumutbar, würde das Gericht nicht folgen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit der K ... ist auf 30 km/h begrenzt und die Straße ist im Seitenbereich ungeachtet eines fehlenden Fußweges begehbar, dass in dem relevanten Zeitraum „7.000 bis 8.000 Kfz die K ... im Durchgangsverkehr“ befahren sollen, erscheint nicht nachvollziehbar und wurde nicht glaubhaft gemacht. Hiervon abgesehen könnte der Fußweg von der Wohnung bis zur Haltstelle über die K ... zum einen deutlich verkürzt werden, indem das Kind den Umweg über den S ... und die S ... benutzt; zum anderen wäre es bei einer entsprechenden anfänglichen Hilfestellung durch die Eltern, die vorausgesetzt werden kann, möglich, die Schule mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis 8:00 Uhr mit einmaligem Umsteigen vom Bus der Linie 2 ... in den Bus der Linie 1 ... mit einer Gesamtwegezeit von etwa 30 Minuten zu erreichen.

Die Antragsteller hätten in der Widerspruchsbegründung auch soziale Gründe im Sinne von § 106 Abs. 4 S. 3 Nr. 3 BbgSchulG nicht hinreichend dargelegt. Auf § 4 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 GV, wonach im Einzelfall ein wichtiger Grund vorliegen „kann“, „wenn Geschwisterkinder bereits die nicht zuständige Schule besuchen“, könnten sie sich nicht dergestalt berufen, dass diese Sachverhaltskonstellation bereits generell einen wichtigen Grund erfüllt, denn anderenfalls würde die Rechtsverordnung gegen § 106 Abs. 4 S. 3 BbgSchulG verstoßen, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass hiermit regelmäßig „soziale Gründe“ im Sinne des formellen Landesrechts dargetan wurden. Ob eine geltungserhaltende Reduktion in Betracht käme, oder ob § 4 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 GV teilnichtig wäre (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 08. Oktober 2019 – OVG 3 S 99.19 –, juris Rn. 4; VG Potsdam, Beschl. v. 04. September 2019 – VG 12 L 643/19 -, n. v. BA S. 11), könnte vorliegend offen bleiben, weil die allgemeinen Ausführungen in der Widerspruchsbegründung soziale Gründe nicht hinreichend untersetzen.

II. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist mit dem Hilfsantrag, „(…) den Antrag auf Aufnahme des Sohnes der Antragsteller (…) J ... an der Umweltschule D ... (…) zu Beginn des Schuljahres 2023/2024 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden“, bereits unzulässig.

Unabhängig davon, dass der Antrag in der vorliegenden Konstellation unzulässiger Weise auf eine endgültige Bescheidung und damit auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt – was nur vertretbar wäre, wenn vorläufige Regelungen unter dem Gesichtspunkt der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) unter keinen Umständen ausreichen würden (Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 123 VwGO Rn. 61 m. w. N.) –, ist der Antrag unstatthaft, weil die begehrte Aufnahme in die Grundschule nach zwingendem Recht zu entscheiden ist, ohne dass der Antragsgegnerin ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zustünde.

III. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens folgt aus § 154 Abs. 1 i. V. m. § 159 S. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i. V. m. Ziffer 38.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.