Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat | Entscheidungsdatum | 10.08.2023 | |
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Aktenzeichen | OVG 6 B 15/22 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0810.OVG6B15.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 Abs 3 Alt 2 UVG, § 7 UVG, § 10 SaRegG, Art 3 Abs 1 GG |
Kinder, die im Wege der ärztlich assistierten künstlichen Befruchtung unter Verwendung einer Samenspende nach den Vorschriften des Samenspenderregistergesetzes gezeugt worden sind, haben keinen Anspruch auf Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz, wenn es keinen rechtlichen Vater gibt.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Oktober 2022 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin ist Mutter des am 25. Mai 2020 geborenen Kindes R.... Das Kind ist im Wege der ärztlich assistierten künstlichen Befruchtung in einem Berliner Kinderwunschzentrum unter Verwendung von Spendersamen einer in Kopenhagen ansässigen Samenbank gezeugt worden.
Die Klägerin beantragte im August 2021 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz und gab dabei an, sie könne keine Angaben zum biologischen Vater machen, weil dieser ein ihr nicht bekannter Samenspender sei. Mit Bescheid vom 20. August 2021 lehnte das Bezirksamt Lichtenberg von Berlin den Antrag ab mit der Begründung, dass im Fall einer anonymen Samenspende kein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss bestehe. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Bezirksamt mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2021 zurück.
Die Klägerin hat am 4. Januar 2022 Klage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, für ihr Kind R... Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zu bewilligen.
Mit Urteil vom 25. Oktober 2022 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Bewilligung von Unterhaltsvorschuss nicht in Betracht komme, weil ein Ausschlussgrund analog § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG vorliege. Nach dieser Vorschrift bestehe der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss nicht, wenn der alleinerziehende Elternteil sich weigere, erforderliche Auskünfte zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken. Es sei durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass dieser Ausschlussgrund im Fall einer Zeugung des Kindes unter Verwendung einer anonymen Samenspende entsprechend anwendbar sei. Die analoge Anwendung des Ausschlussgrundes sei auch im vorliegenden Fall geboten. Die Klägerin habe durch ein bewusstes und gewolltes Verhalten vor der Geburt eine Situation geschaffen, in der die Feststellung der Vaterschaft von vornherein ausgeschlossen sei und deshalb die öffentliche Unterhaltsleistung nur als Ausfallleistung gewährt werden könne. Sie sei von dem Kinderwunschzentrum über die Rechtslage aufgeklärt worden und habe sich bewusst für eine sog. Solomutterschaft entschieden. Die Sach- und Rechtslage habe sich seit der Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2013 nicht wesentlich geändert. Ein Rückgriff auf den anderen Elternteil werde weiterhin vereitelt. Zwar bestehe seit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen ein Anspruch des Spenderkindes bzw. der Kindesmutter auf Auskunft gegenüber dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Daten des Samenspenders aus dem Samenspenderregister. Jedoch schließe der mit dem genannten Gesetz neu eingeführte § 1600d Abs. 4 BGB ausdrücklich die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft des Samenspenders aus.
Die Klägerin hat am 9. Dezember 2022 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese wie folgt begründet: Zwar treffe es zu, dass der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem nach dem Samenspenderregistergesetz registrierten Samenspender als seinem biologischen Vater ausfalle. Trotzdem habe das Kind gemäß § 1 Abs. 1 UVG grundsätzlich Anspruch auf Unterhaltsleistungen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Ausschlussgrund des § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG analog anzuwenden sei, treffe nicht zu. Das Kind habe gemäß § 10 SaRegG die Möglichkeit, zumindest den Namen seines biologischen Vaters ab dem 16. Lebensjahr zu erfahren und eventuell sogar Kontakt mit ihm aufzunehmen. Insofern sei es durchaus möglich, dass der Samenspender, auch wenn er kein gesetzlich unterhaltspflichtiger Elternteil werde, dennoch seinem biologischen Kind einen gewissen Unterhalt zahlen werde. Ein Samenspender spende nicht gegen Bezahlung, sondern erhalte eine kleine Aufwandsentschädigung. Es sei eine altruistische Leistung, die aufgrund des Auskunftsanspruchs des Kindes und eventueller Kontaktaufnahme auch in einer gewissen (Unterhalts-)Leistung münden könne. Insofern sei es nicht – wie das Verwaltungsgericht angenommen habe – von vornherein ausgeschlossen, dass die Vaterschaft und damit der andere Elternteil festgestellt werde. Indem sie, die Klägerin, für die Zeugung eines Kindes eine registrierte Samenspende mit der Möglichkeit der Auskunft gewählt habe, habe sie alles ihr Mögliche und Zumutbare getan, um eine Leistung des Beklagten nicht zur Ausfallleistung werden zu lassen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die sich der Beklagte und das Verwaltungsgericht beriefen, sei überholt. Das Bundesverwaltungsgericht sei davon ausgegangen, dass der Samenspender ewig unbekannt bleibe, weil die damalige dänische Samenbank Samenspenden von nicht registrierten Spendern verkauft habe. Es habe die rechtliche Frage, ob einem Spenderkind ein durchsetzbarer Auskunftsanspruch gegen die ausländische Samenbank auf Namensnennung des leiblichen Vaters zustehe und welche Auswirkungen ein solcher Anspruch auf die Gewährung der öffentlichen Unterhaltsleistung nach § 1 Abs. 1 UVG hätte, dahinstehen lassen, weil die Vorinstanz festgestellt gehabt habe, dass die dänische Samenbank tatsächlich keine nähere Auskunft über den anonymen Samenspender erteilen könne. Diese Rechtslage habe sich mit dem In-Kraft-Treten des Samenspenderregistergesetzes geändert. Nun gebe es ein Auskunftsrecht des Kindes. Daher liege auch keine planwidrige Regelungslücke mehr vor, die mit einer analogen Anwendung der Ausschlussregelung in § 1 Abs. 3 UVG geschlossen werden könne. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene analoge Anwendung sei rechtswidrig und verstoße gegen die Grundrechte des Kindes und der Mutter aus Art. 6 GG. Außerdem sei Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil wesentlich Gleiches ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werde. Für das Kind sei es mit Bezug auf Art. 6 GG gleichbedeutend, ob es keinen Unterhalt bekomme, weil sein Vater den Unterhalt aufgrund seiner finanziellen Situation von Anfang an und dauerhaft nicht aufbringen könne, oder weil sein biologischer Vater ein Samenspender sei, dessen Namen es erst ab dem 16. Lebensjahr erfahren könne. Schließlich sei auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt, weil ihre, der Klägerin, Entscheidung, ihren berechtigten Kinderwunsch über eine Samenspenderbehandlung zu erfüllen, nicht respektiert werde.
Der Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Oktober 2022 – VG 21 K 14/22 – zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Bezirksamtes Lichtenberg von Berlin vom 20. August 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2021 zu verpflichten, ihr für ihr Kind R... für die Zeit von August 2021 bis zum 22. November 2021 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf das Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2013 – 5 C 28.12 –, das auch unter der Geltung des Samenspenderregistergesetz weiterhin anwendbar sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin, die als alleinerziehende Mutter Unterhaltsvorschussleistungen für ihr Kind im eigenen Namen geltend machen kann (vgl. Urteil des Senats vom 13. Dezember 2018 – OVG 6 B 9.17 – juris Rn. 16 f.), hat keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juli 2007 (BGBl I S. 1446), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Dezember 2019 (Unterhaltsvorschussgesetz – UVG –).
1. Zwar vermittelt § 1 Abs. 1 UVG dem Sohn der Klägerin einen Anspruch auf Gewährung einer Unterhaltsleistung. Nach § 1 Abs. 1 UVG hat u.a. Anspruch auf Unterhaltsvorschuss oder Unterhaltsausfallleistung nach diesem Gesetz wer das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Nr. 1), im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig ist (Nr. 2) und nicht Unterhalt von dem anderen Elternteil mindestens in der in § 2 Abs. 1 und 2 UVG bezeichneten Höhe erhält (Nr. 3 a). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Sohn der Klägerin war im Zeitpunkt der Antragstellung ein Jahr alt, lebte bei der Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt ledig war, und erhielt von dem anderen Elternteil keinen Unterhalt.
2. Dem Anspruch steht jedoch der Ausschlussgrund des § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG entgegen, der im Fall der Zeugung des Kindes durch eine ärztlich assistierte künstliche Befruchtung unter Verwendung einer Samenspende nach den Vorschriften des Samenspenderregistergesetzes (im Folgenden: offizielle Samenspende) analog anwendbar ist.
a) Nach § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG besteht ein Anspruch auf Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz dann nicht, wenn der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichnete Elternteil sich weigert, die Auskünfte, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich sind, zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken. In seiner unmittelbaren Anwendung erlaubt § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG demnach die Zurechnung eines Verhaltens des alleinerziehenden Elternteils im Verwaltungsverfahren. Zur Mitwirkung bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils gehören grundsätzlich auch Angaben zur Bestimmung der Person des Vaters. Diese sind erforderlich, damit das Land Unterhaltsansprüche gegen den Vater nach § 7 UVG auf sich überleiten und auf diesem Wege Erstattung der vorgeleisteten Gelder von ihm verlangen kann. Die Mitwirkungspflicht aus § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG trifft die Mutter im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren, wobei es sich nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt, was der Mutter möglich und zumutbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 – 5 C 28/12 – juris Rn. 11). Daran gemessen hat die Klägerin das ihr im Verwaltungsverfahren Mögliche und Zumutbare getan, indem sie darauf verwiesen hat, dass ihr Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung unter Verwendung von Spendersamen der European Sperm Bank gezeugt worden ist.
b) Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Ausschlussgrund des § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG analog anzuwenden ist, wenn der alleinerziehende Elternteil durch ein bewusstes und gewolltes Verhalten vor der Geburt des Kindes eine Situation schafft, in der die Feststellung der Vaterschaft und damit des unterhaltspflichtigen anderen Elternteils von vornherein ausgeschlossen ist und deshalb die öffentliche Unterhaltsleistung nur als Ausfallleistung gewährt werden kann (Urteil vom 16. Mai 2013 – 5 C 28.12 – juris). Dieser Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat angeschlossen (vgl. Beschluss vom 28. Oktober 2013 – OVG 6 B 39.12 – BA S. 5). Eine analoge Anwendung des Ausschlussgrundes ist immer dann geboten, wenn die Schwangerschaft mit der Absicht herbeigeführt worden ist, auf die Feststellung der Vaterschaft von vornherein zu verzichten und die Feststellung der Vaterschaft daher unmöglich ist, was – entgegen der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung – auch dann zu bejahen ist, wenn die Schwangerschaft in dieser Absicht durch einen „One-Night-Stand“ herbeigeführt worden ist (vgl. Grube, UVG, 2. Auf. 2020, § 1 Rn. 135, 136). Dasselbe gilt, wenn durch die von der Kindesmutter gewählte Art der künstlichen Befruchtung bewusst ein Lebenssachverhalt hergestellt wird, in dem ein gesetzlich zum Unterhalt verpflichteter Vater, der vom Sozialleistungsträger nach § 7 UVG in Anspruch genommen werden könnte, von vornherein nicht zur Verfügung steht (von Koppenfels-Spies in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 7. Aufl. 2021, § 1 UVG Rn. 10; Heiß in: Heiß/Born, Unterhaltsrecht, Stand: Dezember 2022, 3. Kapitel Rn. 667; Engel-Boland: BeckOK Sozialrecht, Stand: 1. März 2023, § 1 UVG Rn. 100).
Dies ist hier der Fall. Auch im Fall einer Zeugung des Kindes im Wege der ärztlich assistierten künstlichen Befruchtung unter Verwendung einer offiziellen Samenspende hat die unverheiratete Mutter durch ein bewusstes und gewolltes Verhalten vor der Geburt einen Sachverhalt geschaffen, in dem die Feststellung der (rechtlichen) Vaterschaft des anderen Elternteils von vornherein aussichtslos ist. Durch die nach Belehrung über den Ausschluss der Feststellung der rechtlichen Vaterschaft des Samenspenders (vgl. § 4 Satz 1 Nr. 6 SaRegG) getroffene Entscheidung für die ärztlich assistierte Zeugung des Kindes unter Verwendung einer offiziellen Samenspende hat sich die Klägerin bewusst und gewollt dafür entschieden, ein Kind zu bekommen, das keinen rechtlichen Vater hat und damit keine Unterhaltsansprüche gegenüber dem anderen Elternteil geltend machen kann.
aa) Zwar haben Kinder, die mittels einer ärztlich unterstützten donogenen Insemination unter der Geltung des als Artikel 1 des Gesetzes zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen vom 17. Juli 2017 (BGBl I S. 2513) erlassenen Samenspenderregistergesetzes gezeugt worden sind, nunmehr die rechtlich abgesicherte Möglichkeit, den Namen ihres biologischen Vaters in Erfahrung zu bringen. § 1 des Gesetzes zur Errichtung eines Samenspenderregisters und zur Regelung der Auskunftserteilung über den Spender nach heterologer Verwendung von Samen vom 17. Juli 2017, hier anwendbar in der Fassung des Gesetzes vom 28. April 2020 (Samenspenderregistergesetz – SaRegG –), ordnet die Errichtung und Führung eines bundesweiten Samenspenderregisters beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte an, dessen Zweck es ist, die Verwirklichung des nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung (vgl. Urteil vom 31. Januar 1989 – 1 BvL 17/87 – NJW 1989, 891) für Personen sicherzustellen, die durch heterologe Verwendung von Samen bei einer ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung gezeugt worden sind.
Die §§ 2 bis 5 SaRegG normieren im Detail Aufklärungs-, Erhebungs-, Speicherungs-, Löschungs- und Übermittlungspflichten sowohl für die Entnahmeeinrichtung (sog. Samenbank) als auch für die Einrichtung der medizinischen Versorgung (sog. Kinderwunschzentrum). Gemäß § 4 Satz 3 SaRegG trifft die Empfängerin der Samenspende nach der Geburt infolge einer geglückten Insemination eine Meldepflicht gegenüber der Einrichtung der medizinischen Versorgung. Im Falle einer Geburt regeln die §§ 6 bis 9 SaRegG ferner die Übermittlung der Spender- und Geburtsdaten durch die Entnahmeeinrichtung bzw. die Einrichtung der medizinischen Versorgung sowie die Speicherung und Verwendung dieser Daten durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. § 10 Abs. 1 SaRegG regelt einen Anspruch auf Auskunft aus dem Samenspenderregister für Personen, die vermuten, durch heterologe Verwendung von Samen bei einer ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung gezeugt worden zu sein. Damit gibt es seit dem In-Kraft-Treten des Samenspenderregistergesetzes am 1. Juli 2018 in der Bundesrepublik Deutschland erstmals einen gesetzlich normierten Auskunftsanspruch eines unter Verwendung einer offiziellen Samenspende gezeugten Kindes bezüglich der Identität seines biologischen Vaters. Vor diesem Hintergrund weist die Klägerin im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass ihr Kind zu einem späteren Zeitpunkt die Möglichkeit haben wird, den Namen, das Geburtsdatum und die Anschrift seines biologischen Vaters aufgrund einer Anfrage beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu erfahren.
bb) Das Bestehen eines gesetzlichen Auskunftsanspruchs des Kindes ändert jedoch nichts daran, dass durch ein bewusstes und gewolltes Verhalten der Mutter vor der Geburt der Rückgriff auf den anderen Elternteil vereitelt wird. Nach dem mit Wirkung vom 1. Juli 2018 neu in § 1600d BGB eingefügten Absatz 4 kann der Samenspender nicht als rechtlicher Vater des Kindes festgestellt werden, wenn das Kind – wie hier – durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden ist, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SaRegG zur Verfügung gestellt wurde. Die Norm greift auch dann ein, wenn es – wie im Fall sog. Solomütter – anstelle des biologischen Vaters keinen anderen (rechtlichen) Vater gibt (vgl. Biggel u.a., AcP 2021, 765 <797>). Eine Ausnahme für diese Fälle wurde im Gesetzgebungsverfahren bewusst nicht eröffnet; vielmehr hat der Gesetzgeber die mit dem Feststellungsausschluss verbundene Gefahr der Vaterlosigkeit bewusst gebilligt, um das gesetzgeberische Ziel der Aufrechterhaltung der Spendebereitschaft und der Erleichterung der Kontaktaufnahme von Spenderkindern zu ihrem biologischen Vater zu fördern (vgl. Frie, NZFam 2018, 817 <822>; Löhning/Runge-Rannow, FamrZ 2018, 10 <11>).
Soweit die Klägerin darauf verweist, es sei nicht ausgeschlossen, dass der Samenspender nach einer Kontaktaufnahme durch das Kind freiwillig Unterhaltsleistungen erbringe, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Auch in diesem Fall würde der Unterhaltsvorschuss von vornherein als Ausfallleistung gewährt, weil der gesetzliche Forderungsübergang nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG voraussetzt, dass es einen zivilrechtlich unterhaltsverpflichteten anderen Elternteil gibt.
3. Der Ausschluss eines Anspruchs auf Unterhaltsleistung im vorliegenden Fall steht mit Verfassungsrecht im Einklang.
a) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt. Dieser gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das Grundrecht ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 – 1 BvR 2035/07 – juris Rn. 64).
Die Gleichbehandlung eines im Wege einer offiziellen Samenspende gezeugten Kindes mit einem Kind, dessen Mutter sich weigert, an der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken, stellt keine sachlich nicht gerechtfertigte Gleichbehandlung dar. Der allgemeine Gleichheitssatz dient in diesem Zusammenhang gerade als Maßstab für die Zulässigkeit des vorstehenden Analogieschlusses. Ergibt die Ähnlichkeitsprüfung, dass ein gleichartiger Fall vorliegt, so ist die Gleichbehandlung beider Fallgestaltungen geboten (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013, a.a.O. Rn. 31).
Die durch die Nichtgewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bewirkte Ungleichbehandlung eines im Wege einer offiziellen Samenspende gezeugten Kindes, dessen biologischer Vater aufgrund der Entscheidung des Gesetzgebers kein rechtlicher Vater ist und damit keinen Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind unterliegt, gegenüber einem Kind, das auf natürliche Weise gezeugt wurde und dessen Vater bekannt ist, ist sachlich dadurch gerechtfertigt, dass in der erstgenannten Fallgestaltung der Elternteil, bei dem das Kind lebt, vor der Geburt bewusst und gewollt dafür entschieden hat, ein Kind zu bekommen, das keinen rechtlichen Vater hat und damit keine Unterhaltsansprüche gegenüber dem anderen Elternteil geltend machen kann. Aus denselben Erwägungen erweist sich auch die Ungleichbehandlung eines im Wege einer offiziellen Samenspende gezeugten Kindes mit einem auf natürlichem Wege oder im Wege der sog. Becherspende gezeugten Kind, dessen leiblicher Vater nicht feststellbar ist, ohne dass dieses auf ein bewusstes und gewolltes Verhalten der Kindesmutter zurückzuführen ist, als sachlich gerechtfertigt.
Die Differenzierung stellt sich auch im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes jedenfalls deshalb nicht als unangemessen dar, weil die Versagung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht den Ausschluss der Gewährung anderer Sozialleistungen, insbesondere von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch nach sich zieht, mithin die Sicherstellung des Unterhaltes des betroffenen Kindes aus öffentlichen Mitteln gewährleistet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013, a.a.O. Rn. 32).
b) Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Nach Art. 6 Abs. 1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Auch wenn die durch das Grundrecht geschützte Familiengründungsfreiheit das Recht mitumfasst, mittels einer ärztlich assistierten Samenspendebehandlung ein Kind zu zeugen (vgl. Brosius-Gersdorf in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2013 Rn. 17), ist ein Verfassungsverstoß nicht erkennbar. Denn aus Art. 6 Abs. 1 GG kann jedenfalls kein Anspruch auf Gewährung von Unterhaltsvorschuss hergeleitet werden. Der Staat ist wegen des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes der Familie nicht gehalten, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen finanziell zu entlasten (Burghart in: Leibholz/Rinck, GG, Stand: März 2023, Art. 6 GG Rn. 88). Vielmehr steht dem Staat Gestaltungsfreiheit bei der Gewährung von bestimmten staatlichen Leistungen zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 CN 1.09 - juris Rn. 28 m. w. N.).
c) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), das auch das Recht eines Menschen umfasst, seine Einstellung zum Geschlechtlichen zu bestimmen, ist nicht verletzt. Soweit die Klägerin rügt, dass die geltende Rechtslage ihre Entscheidung, ihren Kinderwunsch über eine Samenspenderbehandlung zu erfüllen, nicht achte, überzeugt dies nicht. Die freie Entscheidung der Klägerin, als alleinstehende Frau im Wege der offiziellen Samenspende nach den insoweit geltenden gesetzlichen Vorschriften ein Kind zu bekommen, wird durch den Ausschluss von Unterhaltsvorschussleistungen nicht tangiert. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittelt keinen Anspruch auf Gewährung staatlicher Leistungen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.