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Wettvermittlungsstelle - Sportwettautomaten - Vorbereitungsautomaten - Wettverträge unter Einbindung des Personals - selbständig anfechtbare Nebenbestimmung - landesrechtliche Ermächtigungsgrundlage - Bestimmtheitsgebot


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 29.08.2023
Aktenzeichen OVG 1 S 56/23 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0829.OVG1S56.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 80 Abs 5 S 1 Alt 2 VwGO, § 80 Abs 3 S 1 VwGO, § 36 Abs 3 VwVfG, § 1 Nr 1 GlüStVtr BE 2021, § 4 GlüStVtr BE 2021, § 9 Abs 4 S 3 GlüStVtr BE 2021, § 21a Abs 1 GlüStVtr BE 2021, § 7 Abs 1 S 3 GlüStVtrBek BE 2021, § 7 Abs 3 S 1 GlüStVtrBek BE 2021, § 9 Abs 2 S 1 GlüStVtrBek BE 2021, § 9 Abs 4 S 6 GlüStVtrBek BE 2021, § 1 Nr 2 GlüStVtr BE 2021, § 1 Nr 3 GlüStVtr BE 2021, § 1 Nr 4 GlüStVtr BE 2021

Leitsatz

1. Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 hat die Entscheidung über die Ausgestaltung des Anspruchs auf die Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle als gebundener Anspruch oder als Ermessensanspruch den Ländern überantwortet.
2. Das Berliner Recht sieht in § 9 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. § 7 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV 2021 ausdrücklich vor, dass zur Sicherstellung der in § 1 GlüStV 2021 festgelegten Ziele Vorgaben zur Ausgestaltung der Wettabgabe gemacht werden können. Die Regelungen können grundsätzlich eine tragfähige Ermächtigungsgrundlage für Nebenbestimmungen sein, mit denen dem Wettvermittler (über den Wettveranstalter) aufgegeben wird, Wettverträge nur unter Einbindung seines Personals abzuschließen.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Juni 2023 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Nebenbestimmung zu Ziffer II.5 a des Bescheides des Antragsgegners vom 21. April 2022 (Gz. II A 20 – TIP – 011/20) wiederherzustellen, wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 500 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Beschwerdevorbringen des Antragsgegners, das nach § 146 Abs. 4 VwGO den Umfang der Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht bestimmt, führt zur Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht angenommen, die streitgegenständliche Nebenbestimmung, mit der der Antragsgegner der Antragstellerin aufgegeben hat, auch im Falle des Einsatzes von Sportwettautomaten die Wettscheinabgabe, Bezahlung und Gewinnauszahlung ausschließlich beim Personal der Wettvermittlungsstelle vorzunehmen, entbehre einer Rechtsgrundlage und sei daher offensichtlich rechtswidrig (I). Tatsächlich überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Nebenbestimmung dasjenige der Antragstellerin an ihrer einstweiligen Suspendierung (II). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nebenbestimmung genügt schließlich auch den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (III).

I. 1. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 AGGlüStV 2021 darf die Erlaubnis zum Vermitteln von Glückspielen nur erteilt werden, wenn kein Versagungsgrund vorliegt; gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV 2021 kann die Erlaubnis für eine Wettvermittlungsstelle nur dem „Erlaubnisinhaber“, nämlich dem Inhaber der Wettveranstaltungskonzession erteilt werden. Eine Regelung des Inhalts, dass die Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten zwingend und ohne die Möglichkeit weiterer Vorgaben für die Ausgestaltung der Wettabgabe zu erteilen ist, sofern kein Versagungsgrund vorliegt, sieht weder das Berliner AGGlüStV 2021 noch der GlüStV 2021 vor.

Zu Recht rügt der Antragsgegner, der Verzicht auf die in § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV 2012 noch enthaltene Regelung, nach der „[a]uf die Erteilung der Erlaubnis (…) kein Rechtsanspruch“ bestand, in § 4 GlüStV 2021 erlaube den vom Verwaltungsgericht gezogenen Umkehrschluss nicht. Zu den Gründen für diese Streichung heißt es in der amtlichen Begründung des Staatsvertrags:

„Der bisherige Satz 3, wonach auf die Erteilung einer Erlaubnis kein Rechtsanspruch bestand, wird gestrichen. Damit enthält der Staatsvertrag keine Aussage mehr dazu, ob ein Rechtsspruch auf die Erteilung einer Erlaubnis besteht oder nicht. Das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs im Einzelfall richtet sich vielmehr nach konkreten Bestimmungen zu der begehrten Erlaubnis und nach den allgemeinen Regeln des Rechtsstaats.“ (Abgh.-Drs. 18/3243 S. 106)

Danach haben die Staatsvertragsschließenden die Entscheidung über die Ausgestaltung des Anspruchs auf die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle als gebundener Anspruch oder als Ermessensanspruch – im Rahmen des verfassungs- und unionsrechtlich Zulässigen – den Ländern überantwortet, wobei auch der geltende Staatsvertrag in § 21a Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021 vorsieht, dass die Länder die Anzahl der Wettvermittlungsstellen zur Erreichung der Ziele des § 1 zu begrenzen haben.

Selbst wenn man annehmen wollte, dass innerhalb dieser Grenzen aus dem Grundrecht der Veranstalter und/oder Vermittler von Sportwetten aus Art. 12 Abs. 1 GG oder aus der Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV infolge einer Reduzierung des der Behörde in § 7 Abs. 1 Satz 3 und § 9 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV 2021 eingeräumten Ermessens ein Anspruch auf die Erteilung der Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten folgt, sofern kein zwingender Versagungsgrund vorliegt, würde eine solche Verdichtung des Ermessens zu einem gebundenen Anspruch allein das „Ob“ der Erlaubniserteilung betreffen, nicht auch die Ausgestaltung der Erlaubnis im Einzelnen (vgl. zu derartigen Fällen einer „gebundenen Verwaltung mit Randermessen“ etwa U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 36 Rn. 24; weitergehend für die generelle Annahme eines bloßen Ermessensanspruchs auch nach dem GlüStV 2021 etwa Postel, in: Dietlein/Ruttig, GlückspielR, 3. Aufl. 2022, § 4 Rn. 22 und 51 m.w.N.).

Das Berliner Recht sieht in § 9 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. § 7 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV 2021 ausdrücklich vor, dass zur Sicherstellung der in § 1 GlüStV 2021 festgelegten Ziele Vorgaben zur Ausgestaltung der Wettabgabe gemacht werden können. Dafür, dass dieser fachgesetzlichen Zulassung von Nebenbestimmungen keine konstitutive Wirkung zukommen sollte, sie vielmehr nur der Bekräftigung der in § 36 Abs. 1 Satz 1 VwVfG normierten Grundsätze dient (vgl. zu diesem Verständnis des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Mai 2006 – 4 C 9.04 – BVerwGE 126, 104 (107) – U. Stelkens, a. a. O. Rn. 115), ist nichts ersichtlich. Zudem sieht die Regelung des § 9 Abs. 4 Satz 6 AGGlüStV 2021 (i. V. m. § 7 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV 2021) anders als § 145 Abs. 4 Satz 1 BauGB nicht lediglich (abschließend) vor, welche Art von Nebenbestimmungen zulässig sein sollen, sondern ermächtigt die Behörde zum Zweck der Sicherstellung der in § 1 AGGlüStV 2021 genannten Ziele zum Erlass jeglicher Nebenbestimmungen zur Ausgestaltung der Wettabgabe. Ihre Begrenzung finden derartige Nebenbestimmungen in § 36 Abs. 3 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 BlnVwVfG und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dem Antragsgegner ist darin beizupflichten, dass § 9 Abs. 4 Satz 6 AGGlüStV 2021 bei dem vom Verwaltungsgericht für geboten erachteten Analogieschluss zu § 145 Abs. 4 Satz 1 BauGB (in der Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts) neben § 36 Abs. 1 VwVfG jeglichen eigenständigen Gehalt verlieren würde. Ein solches Verständnis der Norm kann dem Landesgesetzgeber nicht unterstellt werden.

Dies gilt erst recht für Fälle der hier streitigen Art. Denn der Landesgesetzgeber hatte ausweislich der amtlichen Begründung des § 9 Abs. 4 Satz 6 AGGlüStV 2021 gerade auch Nebenbestimmungen im Blick, mit denen dem Wettvermittler (über den Wettveranstalter) aufgegeben wird, Wettverträge nur unter Einbindung seines Personals abzuschließen. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung:

„Im Absatz 4 wird zudem klargestellt, dass die Befugnis zum Erlass von Nebenbestimmungen nach § 7 Absatz 3 auch eine Befugnis der Erlaubnisbehörde umfasst, Nebenbestimmungen zur Ausgestaltung der Wettabgabe zu erlassen. Danach ist es zum Beispiel möglich, aus Spielerschutzgründen Vorgaben dahingehend zu machen, dass Wettverträge nur unter Einbindung des Personals der Wettvermittlungsstelle abgeschlossen werden dürfen.“ (Abghs.-Drs. 18/2472 S. 15)

Daran gemessen hat der Senat entgegen dem Verwaltungsgericht keinen Zweifel daran, dass § 9 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. § 7 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV 2021 grundsätzlich als tragfähige Ermächtigungsgrundlage für die angefochtene Nebenbestimmung zu Ziffer II. 5 a dient. Der Einwand der Antragstellerin, es bedürfe im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, um Wettvermittler zu einer Abwicklung der Wettverträge durch ihr Personal anstelle der Abwicklung durch Wettautomaten zu verpflichten, greift nicht durch. Er verkennt, dass der Gesetzgeber ausweislich der zitierten amtlichen Begründung beim Erlass der genannten Regelungen gerade auch eine Nebenbestimmung der hier im Streit stehenden Art in seinen Willen aufgenommen hatte. Daran ändert entgegen der Antragstellerin nichts, dass er derartige Regelungen nur beispielhaft aufgeführt hat („… zum Beispiel möglich …“). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber damit nur eine Regelung in seltenen Einzelfällen zulassen wollte, lassen sich der Begründung des Gesetzentwurfs nicht entnehmen. Ein solches Verständnis könnte, wie der Antragsgegner zutreffend anführt, den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzten. Dass die vorliegend von der Antragstellerin begehrte Erlaubnis für die Wettvermittlung aufgrund besonderer Gegebenheiten der Wettvermittlungsstelle gebietet, von einer Nebenbestimmung der streitigen Art abzusehen, zeigt die Antragstellerin nicht auf. Die über die allgemeine Ermächtigung des § 7 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV 2021 hinausgehende Klarstellung in § 9 Abs. 4 Satz 6 AGGlüStV 2021, nach der die Behörde auch „Vorgaben zur Ausgestaltung der Wettabgabe“ machen kann, trägt auch dem Bestimmtheitserfordernis hinreichend Rechnung, zumal – wie aufgezeigt – die amtliche Begründung des Gesetzentwurfs entsprechende Hinweise gibt.

2. Die angefochtene Nebenbestimmung dient der Sicherstellung der in § 1 GlüStV 2021 genannten Ziele und verletzt daher auch § 36 Abs. 3 i. V. m. § 1 BlnVwVfG nicht.

Wie der Antragsgegner nachvollziehbar darlegt (S. 8 ff. seiner Beschwerdebegründungsschrift sowie S. 3 f. seines Schriftsatzes vom 4. August 2023), dient die Nebenbestimmung dem Spielerschutz im Sinne von § 1 Nr. 1 und Nr. 3 GlüStV 2021 und dem Schutz vor unerlaubter Geldwäsche und damit dem Ziel in § 1 Nr. 4 GlüStV 2021. Sie ermöglicht eine genauere Kontrolle der Wettenden durch das besonders geschulte Personal der Wettvermittlungsstelle, und zwar sowohl im Hinblick auf eine mögliche Suchtgefährdung als auch im Hinblick auf mögliche Versuche der Geldwäsche, und dient der Entschleunigung der Wettvorgänge, vor allem im Bereich der problematischeren Ereignis-Wetten. Daran ändert nichts, dass eine Entschleunigung des Wettbetriebs in begrenztem Umfang eine Abwanderung der Wettenden in andere Formen von Wettangeboten zur Folge haben könnte, was dem Kanalisierungsziel des § 1 Nr. 2 GlüStV 2021 zuwiderlaufen könnte. Wie der Antragsgegner zutreffend ausführt, würden bei einer Abwanderung in den (erlaubten) Online-Sportwettbetrieb die hierfür vorgesehenen – gegenüber dem terrestrischen Wettbetrieb strengeren – Schutzmechanismen greifen. Im Übrigen zeigt die Antragstellerin nicht substantiiert auf, dass allein aufgrund der Notwendigkeit der Wettabgabe beim Personal der Vermittlungsstelle auch bei einer entsprechenden Personalausstattung mit einer signifikanten Abwanderung in den unerlaubten Wettbetrieb zu rechnen ist.

3. Die streitige Nebenbestimmung ist bei der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sachlage auch verhältnismäßig.

Dass sie geeignet ist, die mit ihr verfolgten Ziele des Spielerschutzes und des Schutzes vor unerlaubter Geldwäsche zu fördern, stellt die Antragstellerin nicht substantiiert in Abrede.

Sie ist erforderlich, wenn kein zumindest gleich geeignetes Mittel zur Verfügung steht, die mit der Nebenbestimmung verfolgten Ziele zu erreichen, welches die Antragstellerin weniger belasten würde. Dass die Nutzung der Wettautomaten zur vollständigen autonomen Abwicklung der Wetten ohne die Implementierung einer personalisierten Kundenkarte den mit der Nebenbestimmung verfolgten Zielen nicht in gleicher Weise entsprechen würde, stellt auch die Antragstellerin (trotz ihres „Hauptantrages“ im Eilrechtsschutzverfahren) nicht ernsthaft in Frage.

Zweifel an der Erforderlichkeit der Maßnahme könnten nur insoweit bestehen, als der Antragsgegner der Antragstellerin als mildere, aber zumindest gleich effektive Maßnahme zur Erreichung seiner Ziele – ggf. alternativ zur Wettabgabe an der Kasse – aufgeben könnte, die Wettabwicklung an den Wettautomaten mittels einer personalisierten Kundenkarte der Wettkunden durchzuführen. Der vom Antragsgegner mit der Nebenbestimmung verfolgte Zweck der „Entschleunigung“ der Wettabgaben vor allem im Bereich der Ereigniswetten würde mit einer solchen Maßnahme verfehlt. Ob die Implementierung einer personalisierten Kundenkarte auch das Risiko einer Geldwäsche durch die Nutzung der Kundenkarten verschiedener (in der Vermittlungsstelle tatsächlich nicht anwesender) Personen (nebst der zugehörigen PINs) ausschließen könnte, hinge von der konkreten Ausgestaltung des Systems und seiner Überwachung durch das Personal der Vermittlungsstelle ab. Dies muss, wie (zu II) noch näher auszuführen sein wird, einer Klärung im Widerspruchs- und ggf. Klageverfahren vorbehalten bleiben. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Frage, ob die Implementierung einer personalisierten Kundenkarte tatsächlich eine bessere Erkennbarkeit von Suchtrisiken ermöglicht als die Wettabgabe beim Personal der Vermittlungsstelle.

Bei summarischer Prüfung ist die streitige Nebenbestimmung nicht unangemessen. Eine Begrenzung des Wettangebotes ist dem Glückspielrecht immanent (§ 1 Nr. 2 und § 21a Abs. 1 GlüStV 2021) und mit Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich vereinbar, soweit damit nicht in erster Linie fiskalische Interessen verfolgt werden (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 – 1 BvR 1054/01 – BVerfGE 115, 276 Rn. 97 ff.). Die Antragstellerin zeigt auch nicht substantiiert auf, dass ihr Angebot von Sportwetten in den Bundesländern, in denen die Durchführung der Wetten ausschließlich beim Personal der Vermittlungsstelle gesetzlich vorgesehen ist, nur noch in einem Umfang wahrgenommen wird, der einen wirtschaftlich tragfähigen Betrieb nicht mehr ermöglicht. Dass die streitige Nebenbestimmung zu einer Erhöhung des Personaleinsatzes führen könnte, um einen reibungslosen Ablauf in den Vermittlungsstellen zu gewährleisten, führt vor diesem Hintergrund noch nicht auf eine Unangemessenheit der Belastung. Auch eine verlässliche Überprüfung des Wettgeschehens an mit personalisierten Kundenkarten ausgestatteten Wettautomaten dürfte nur mit einer Aufstockung des Personals der Wettvermittlungsstelle zu gewährleisten sein.

II. Zu Recht nimmt der Antragsgegner an, es bestehe auch ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs der streitigen Nebenbestimmung (Schriftsatz vom 10. März 2023, S. 4 f.). Die Regelung dient der Abwehr von Gefahren, die mit dem Betrieb der Wettvermittlungsstelle einhergehen und damit einem überragend wichtigen Gemeinwohlziel (vgl. hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 – 1 BvR 1314/12 u. a. – BVerfGE 145, 20 Rn. 130 ff.). Ohne die Anordnung des Sofortvollzugs der Nebenbestimmung wäre der Antragstellerin bzw. der Wettvermittlungsstelle infolge des Widerspruchs allein gegen die Nebenbestimmung möglich, den Wettbetrieb für die Dauer eines unter Umständen mehrjährigen Klageverfahrens ausschließlich an den Wettautomaten durchführen und insoweit die auch vom Gesetzgeber für äußerst bedeutsam erachtete Kontrolle durch geschultes Personal zurücktreten zu lassen. Dass insoweit das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Regelung demjenigen an ihrem Erlass entspricht, ist unaufschiebbaren Maßnahmen zur Gefahrenabwehr immanent.

Ein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug der streitigen Nebenbestimmung bestünde auch dann, wenn sich im Widerspruchs- oder Klageverfahren ergeben würde, dass den mit der Nebenbestimmung verfolgten Zielen zumindest in gleicher Weise entsprochen werden könnte, indem die Antragstellerin bzw. die Wettvermittlerin die Wettautomaten mit personalisierten Kundenkarten ausstattet und eine entsprechende Überwachung des ordnungsgemäßen Gebrauchs derselben sichergestellt werden könnte. Auch bei einem insofern noch offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens überwiegt bei der dann anzustellenden Interessenabwägung das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Nebenbestimmung dasjenige der Antragstellerin an der einstweiligen Suspendierung. Angesichts dessen, dass auch die Implementierung eines zumindest gleich effektiven Systems mit personalisierten Kundenkarten und die damit voraussichtlich erforderliche Aufstockung des Personals nicht unerhebliche Aufwendungen der Antragstellerin bzw. der Wettvermittlungsstelle erfordern würde, ist ihr jedenfalls für einen vorübergehenden Zeitraum zuzumuten, die in anderen Bundesländern ohnehin vorgeschriebene Verfahrensweise einer Wettabwicklung ausschließlich durch das Personal anstelle von Wettautomaten vorzunehmen, zumal diese Investitionen verloren wären, sollte sich die streitige Nebenbestimmung im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen. Vor diesem Hintergrund überwiegt das öffentliche Interesse an einem möglichst effizienten Spielerschutz und Schutz vor Geldwäsche die mit dem vorläufigen Vollzug der Regelung verbundenen Nachteile der Antragstellerin auch bei der Annahme eines noch offenen Ausgangs des Hauptsacheverfahrens. Daher kann auch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die streitige Nebenbestimmung verbunden mit der von der Antragstellerin hilfsweise beantragten Auflage nach § 80 Abs. 5 Satz 4 Alt. 2 VwGO nicht erfolgen.

III. Die dem Bescheid beigefügte Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs der Nebenbestimmung genügt dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner lässt darin erkennen, dass er sich des Ausnahmecharakters des Sofortvollzugs bewusst war. Daran ändert nichts, dass das in der Begründung dargelegte Interesse für die Anordnung des Sofortvollzugs im Wesentlichen mit dem öffentlichen Interesse für den Erlass der Nebenbestimmung identisch ist. Der Antragsgegner hat zu erkennen gegeben, dass er aus Gründen des Gemeinwohls eine sofortige und durchgehende Einhaltung der Nebenbestimmung auch während des Widerspruchs- und Klageverfahrens für unerlässlich hält, um den Zielen des § 1 GlüStV 2021 gerecht werden zu können.

An all dem ändert ebenso wenig etwas, dass der Antragsgegner in mehreren die Antragstellerin betreffenden Bescheiden die Anordnung des Sofortvollzugs identisch begründet hat. Die Antragstellerin zeigt nicht auf, dass und worin sich der hiesige Fall von den dortigen unterscheidet.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).