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Hochschulzulassung - Humanmedizin - Modellstudiengang - Charité - Wintersemester 2015/16 - 1. Fachsemester - patientenbezogene Kapazität - Kapazitätsermittlungsnorm - Beobachtungspflicht des Verordnungsgebers - Überprüfungspflicht - Übergangsfrist - Mitternachtszählung - tagesbelegte Betten


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat Entscheidungsdatum 21.08.2023
Aktenzeichen OVG 5 B 17.19 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0821.OVG5B17.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 6 HSchulZulStVtr BE 2008, § 17a KapVO BE

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt ihre Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Beklagten im ersten Fachsemester außerhalb der festgesetzten Aufnahmekapazität nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2015/2016.

Nachdem die Beklagte letztmalig zum Sommersemester 2010 Studierende in den sog. Regelstudiengang der Humanmedizin immatrikuliert hatte, führte sie mit dem Beginn des Wintersemesters 2010/2011 einen sog. Modellstudiengang Humanmedizin ein. Die Beklagte immatrikulierte in diesem Studiengang über die in der Zulassungszahlensatzung für das Wintersemester 2015/2016 für Studienanfänger festgesetzte Zulassungszahl von 324 Studienplätzen (Amtliches Mitteilungsblatt der Charité Nr. 151 vom 14. Juli 2015) hinaus 326 Studierende, von denen einer am 20. Oktober 2015 wieder exmatrikuliert wurde; die Klägerin wurde nicht berücksichtigt. Auch den Antrag der Klägerin auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Beklagten außerhalb der festgesetzten Kapazität lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 11. September 2015 ab.

Das hiergegen von der Klägerin angestrengte Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes blieb in beiden Instanzen erfolglos (vgl. Beschluss des VG Berlin vom   30. März 2016 - VG 30 L 265.15 - sowie Beschluss des Senats vom 26. September 2016 - OVG 5 NC 21.16 -, juris). Die Klage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 21. November 2018 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester an der Beklagten nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2015/2016, da über die in der Zulassungszahlensatzung für das genannte Semester festgesetzte Zulassungszahl für Studienanfänger von 324 Studienplätzen bzw. über die Zahl der im Vergabe- und Auswahlverfahren letztlich vergebenen 325 Studienplätze hinaus keine weiteren Studienplätze zur Verfügung stünden.

Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV i.V.m. § 17a KapVO i.d.F. der 23. Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung vom 26. Juni 2015, also seit dem Wintersemester 2015/2016, richte sich die Berechnung der Aufnahmekapazität für den Modellstudiengang an der Beklagten ausschließlich nach patientenbezogenen Einflussfaktoren. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Vorschrift bestünden jedenfalls während der Dauer des ursprünglich achtjährigen Erprobungszeitraums des Modellstudiengangs, der bis einschließlich des Sommersemesters 2018 angedauert habe, nicht. Die im Verlauf des Sommersemesters 2018 in Kraft getretene Änderung des § 17a Satz 2 Nr. 1 KapVO vom 19. Juni 2018 sei vorliegend nicht anwendbar, da sie erst für ihr nachgelagerte Berechnungszeiträume - und daher nicht für das streitgegenständliche Semester - Gültigkeit beanspruche. Die Berechnung der Beklagten auf der Grundlage von § 17a KapVO a.F. sei nicht zu beanstanden. Danach sei zur Ermittlung der Aufnahmekapazität der Hochschule als patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität zunächst 15,5 vom Hundert der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten des Klinikums anzusetzen (§ 17a Satz 2 Nr. 1 KapVO a.F.). Die so ermittelte Zahl erhöhe sich je 1.000 poliklinische Neuzugänge im Jahr um die Zahl Eins, wobei die Zahl nach Nr. 1 höchstens um 50 vom Hundert erhöht werde (§ 17a Satz 2 Nr. 2 KapVO a.F.). Soweit in außeruniversitären Krankenanstalten Lehrveranstaltungen vereinbarungsgemäß und auf Dauer durchgeführt würden, erhöhe sich die patientenbezogene Aufnahmekapazität entsprechend (§ 17a Satz 2 Nr. 3 KapVO). Bei den tagesbelegten Betten habe die Beklagte beanstandungsfrei nur die vollstationären Patienten auf der Grundlage der Mitternachtszählung berücksichtigt, ohne Einbeziehung von medizinischen Versorgungszentren und auch ohne Betten des Deutschen Herzzentrums Berlin (DHZB) und des Evangelischen Geriatriezentrums Berlin (EGZB), da diese Einrichtungen nach wie vor rechtlich und organisatorisch von der Charité getrennt seien. Die Zahl der tagesbelegten Betten habe die Beklagte für das Jahr 2012 mit 2.501, für 2013 mit 2.334 und für 2014 mit 2.338 angegeben und glaubhaft gemacht. Von den danach durchschnittlich 2.391 tagesbelegten Betten seien gemäß § 17a Satz 2 Nr. 1 KapVO a.F. 15,5 v.H., also 370,605 als für die patientenbezogene Ausbildung zur Verfügung stehend anzusetzen. Diese Zahl sei gemäß § 17a Satz 2 Nr. 2 KapVO a.F. je 1.000 poliklinische Neuzugänge um Eins (Satz 1), höchstens jedoch um 50 v.H. (Satz 2) zu erhöhen. Die Zahl der poliklinischen Neuzugänge beziffere die Beklagte auf 426.775, woraus sich ein Erhöhungswert von 426,775 ergäbe, der auf 50 v.H. der Zahl nach Nummer 1, also (370,605 ÷ 2 =) 185,3025 zu begrenzen sei, so dass sich ein Gesamtwert von (370,605 + 185,3025 =) 555,9075 ergebe. Die Ausbildungskapazität erhöhe sich gemäß § 17a Satz 2 Nr. 3 KapVO wegen der Lehrveranstaltungen in außeruniversitären Krankenanstalten um 19,366 Studienplätze, so dass sich insgesamt eine jährliche Basiszahl von 575,2735 ergebe. Diese erhöhe sich um einen Schwundausgleichsfaktor auf 613,756 (575,2735 : 0,9373), gerundet 614 Studienplätze, so dass bei halbjährlicher Zulassung je 307 Studienplätze für das Wintersemester 2015/2016 und das Sommersemester 2016 zur Verfügung stünden. Die Beklagte habe demgegenüber - ausgehend von einer höheren Kapazität - im streitgegenständlichen Wintersemester 2015/2016 insgesamt 326 bzw. 325 Bewerber eingeschrieben, so dass weitere Studienplätze nicht zur Verfügung stünden.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt und Berufungszulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 VwGO geltend gemacht. Sie trägt u.a. vor, sie sehe den bisher angesetzten Erprobungszeitraum des Modellstudiengangs als zu lang an. Ferner sei vorliegend nicht § 17a KapVO i.d.F. der 23. Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung vom 26. Juni 2015, der gegen höherrangiges Recht verstoße, anzuwenden, sondern § 17a Satz 2 Nr. 1 KapVO vom 19. Juni 2018. Darüber hinaus sei die Mitternachtszählung veraltet, es müsse auch der Patient einer Tagesklinik in die Berechnung einbezogen werden. Ebenso müssten bei der Ermittlung der tagesbelegten Betten Patienten an den Medizinischen Versorgungszentren und am Herzzentrum berücksichtigt werden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. November 2018 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Charité Universitätsmedizin Berlin vom 11. September 2015 zu verpflichten, die Klägerin zum Studium der Humanmedizin an der Beklagten im ersten Fachsemester außerhalb der festgesetzten Aufnahmekapazität nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2015/2016 zulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten des Klage- sowie des Eilverfahrens und die im Leitverfahren des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens - VG 30 L 242.15 - enthaltenen Kapazitätsunterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin, über die mit Einverständnis der Beteiligten die Berichterstatterin im Wege schriftlicher Entscheidung befinden konnte (§§ 101 Abs. 2, 87a Abs. 2 und 3 VwGO), ist unbegründet.

Der Senat weist zunächst darauf hin, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Berufungsbegründung Gründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO benannt hat, die allerdings nur für einen Antrag auf Zulassung der Berufung maßgeblich sind, während es vorliegend eine vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung (hierzu vgl. §§ 124 Abs. 1, 124a Abs. 1 VwGO) zu begründen galt. Aber auch bei sachgerechter Auslegung der Ausführungen der Klägerin als Berufungsbegründung bleiben diese ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen, da die Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Beklagten (Modellstudiengang) im ersten Fachsemester nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2015/2016 hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Über die im Wintersemester 2015/2016 in der Zulassungszahlensatzung für das genannte Semester festgesetzte Zulassungszahl für Studienanfänger von 324 Studienplätzen bzw. über die Zahl der im Vergabe- und Auswahlverfahren letztlich vergebenen 325 Studienplätze hinaus stehen keine weiteren Studienplätze zur Verfügung.

Maßgeblich sind vorliegend der Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung (StV) vom 5. Juni 2008 (GVBl. 310), das BerlHZG sowie die Kapazitätsverordnung (KapVO) vom 10. Mai 1994 (GVBl. S. 186) in der für den Berechnungszeitraum des Wintersemesters 2015/2016 maßgeblichen Fassung vom 26. Juni 2015 (GVBl. S. 298). Hierzu hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausgeführt

„Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 StV sind die Zulassungszahlen so festzusetzen, dass nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung der räumlichen und fachspezifischen bzw. sächlichen Gegebenheiten eine erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazität erreicht wird; die Qualität in Forschung und Lehre sowie die geordnete Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschule, insbesondere in Forschung, Lehre und Studium, sind zu gewährleisten. Die Vorschrift gibt damit unter Beachtung des aus Art. 12 GG folgenden Kapazitätserschöpfungsgebots den Rahmen vor, dem eine Festsetzung der Zulassungszahl gemäß Art. 6 Abs. 1 StV zu genügen hat. Diese grundsätzliche Vorgabe wird in den weiteren Regelungen des Art. 6 Abs. 1 und 3 StV näher ausgefüllt: Die Zahl der aufzunehmenden Bewerber wird nach der jährlichen Aufnahmekapazität festgesetzt (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 StV). Diese wird nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 StV auf der Grundlage des Lehrangebots, des Ausbildungsaufwands und weiterer kapazitätsbestimmender Kriterien ermittelt, was in den folgenden Sätzen des Art. 6 Abs. 3 StV näher erläutert wird. Das damit gesetzlich vorgegebene Ermittlungsprogramm wird im Wesentlichen durch das Berechnungsverfahren nach der KapVO konkretisiert.

Bei der Erprobung neuer Studiengänge und -methoden erlaubt Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV die Festsetzung von Zulassungszahlen abweichend von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 StV mit der Folge, dass bei Modellvorhaben - um ein solches handelt es sich vorliegend - Zulassungszahlen abweichend von dem in § 1 Abs. 1 KapVO normierten und näher umschriebenen Gebot der erschöpfenden Auslastung der Ausbildungskapazität und von den Vorgaben des Zweiten und Dritten Abschnitts der KapVO festgesetzt werden können. Allerdings darf eine gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV von Satz 1 abweichende Festsetzung der Zulassungszahlen bei der Erprobung neuer Studiengänge nicht willkürlich unter Außerachtlassung des aus Art. 12 Abs. 1 GG entwickelten Kapazitätserschöpfungsgebots erfolgen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - 2 NB 347/06 -, juris, Rn. 42 m.w.N.). Der Festsetzung hat nach § 29 Abs. 2 Satz 2 des insoweit weiterhin zu beachtenden Hochschulrahmengesetzes (HRG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 23. Mai 2017 (BGBl. I S. 1228), immer und so auch im Falle innovativer Studiengänge oder Studienmethoden die Überprüfung vorauszugehen, ob im Rahmen der verfügbaren Mittel die Möglichkeiten zur Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazität ausgeschöpft sind.

Seit der Einführung des § 17a KapVO durch die 23. Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung (vom 26. Juni 2015, GVBl. 298), also seit dem Wintersemester 2015/2016, richtet sich die Berechnung der Aufnahmekapazität für den Modellstudiengang an der Beklagten ausschließlich nach dieser Vorschrift (vgl. § 1a KapVO) und damit allein nach patientenbezogenen Einflussfaktoren. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Vorschrift bestehen jedenfalls während der Dauer des ursprünglich achtjährigen Erprobungszeitraums des Modellstudiengangs, der bis einschließlich des Sommersemesters 2018 angedauert hat, nicht.“

Der hiergegen gerichtete Einwand der Klägerin, „[b]ereits mit dem vollständigen Durchlaufen des ersten Teils der Erprobungszeit [sei] in Abwägung zu den beeinträchtigten Grundrechten der Klägerin eine Auslegung dahingehend erforderlich, dass nicht etwa der von der Beklagten großzügig angesetzte Erprobungszeitraum von 8 Jahren erforderlich [sei], sondern allenfalls eine geringe zusätzliche Frist nach den ersten 10 Semestern“, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg. Hierzu hat das OVG Berlin-Brandenburg nach Abschluss des ersten Teils der Erprobungszeit, d.h. des vollständigen „Durchlaufens“ aller zehn Fachsemester, mehrfach ausgeführt (Beschlüsse vom 26. September 2016 - OVG 5 NC 21.16 - im parallelen Eilverfahren, juris, sowie vom 27. September 2016 - OVG 5 NC 52.16 - [SS 2016], juris):

„Der von der Antragsgegnerin zum Wintersemester 2010/2011 eingeführte Modellstudiengang fällt nach wie vor unter Art. 6 Abs. 2 Satz 2 des Staatsvertrages für die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung (StV) vom 5. Juli 2008 (GVBl. S. 310). Er ist ein zur Erprobung eingerichteter Studiengang, für den Art. 6 Abs. 2 Satz 2 eine von Satz 1 abweichende Festsetzung von Zulassungszahlen nach Maßgabe seiner Besonderheiten erlaubt. Der Erprobungscharakter ergibt sich aus der zeitlich begrenzten Laufzeit und der Abhängigkeit seiner Fortführung von Evaluationsergebnissen (§ 41 ÄAppO). Nach § 2 Abs. 1 der Studienordnung vom 8. November 2010 (Amtliches Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin vom 13. Dezember 2010, Nr. 71), § 17 Abs. 1 der Studienordnung vom 7. September 2015 (Amtliches Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin vom 6. Oktober 2015, Nr. 160) ist er für die Dauer von 8 Jahren eingerichtet worden. Die Regelstudienzeit beträgt gemäß § 1 Abs. 2 StO 2015 einschließlich der Prüfungszeit für den Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung sechs Jahre und drei Monate. Der Modellstudiengang besteht in seinem ersten Teil aus zehn Semestern (1. Studienabschnitt sechs Semester, 2. Studienabschnitt vier Semester), nach bestandenem Zweitem Abschnitt der Ärztlichen Prüfung folgt das Praktische Jahr (PJ), und im Anschluss daran schließt das Studium mit dem Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung ab.

Die Abweichungsbefugnis des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV rechtfertigt unter dem auch insoweit von Verfassung wegen zu beachtenden Gesichtspunkt des Kapazitätserschöpfungsgebotes, wie der Senat wiederholt ausgeführt hat, die Bestimmung der Ausbildungskapazität im streitgegenständlichen Modellstudiengang anhand des patientenbezogenen Engpasses (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 17. September 2015 - OVG 5 NC 7.14 - [WS 2014/15], juris), zumal die in der KapVO aufgeführten Lehreinheiten der Vorklinik und der Klinik im Modellstudiengang der Antragsgegnerin nicht bestehen (§ 1a HS 2 KapVO). Vor diesem Hintergrund war es zuletzt auch seit dem Wintersemester 2013/14 bzw. für das Sommersemester 2015 nicht zu bestanden, dass die Antragsgegnerin ihren Kapazitätsberechnungen § 17 Abs. 3 KapVO (eingefügt durch die 21. Verordnung vom 5. September 2013, GVBl. S. 499) bzw. § 17a KapVO (eingefügt durch die 23. Verordnung vom 26. Juni 2015, GVBl. S. 298) zugrunde gelegt hat. Hieran ist grundsätzlich auch bis zum Ende der festgesetzten Erprobungszeit festzuhalten. Zwar hat der Modellstudiengang nunmehr den ersten Teil durchlaufen. Sein Erprobungscharakter währt jedoch fort, ohne dass der erste Teil des Studiengangs separat betrachtet werden müsste. Der Modellstudiengang ist für die Dauer von 8 Jahren eingerichtet worden und die Regelstudienzeit beträgt, wie ausgeführt, 6 Jahre und 3 Monate. Dies zeigt, dass die Umstellungs- und Erprobungsphase des Modellstudiengangs u.a. das erstmalige Durchlaufen aller Studiengangbestandteile umfassen soll, was vor dem Hintergrund, dass für die Frage der Bewährung des Modellstudiengangs dessen Gesamtcharakter und u.a. auch die Prüfungsergebnisse als „Spiegel“ des Orientierungs- und Neuordnungsprozesses des Studiengangs von Bedeutung sein können, sinnvoll ist. Zudem ist der Modellstudiengang während der 8 Jahre dauernden Erprobungszeit, auch - ggfs. beobachtet durch die zuständige Senatsverwaltung - unter dem Gesichtspunkt der Aufnahmekapazität, begleitend und abschließend (vgl. § 41 Abs. 2 Nr. 4 ÄAppO) zu evaluieren. Diese Evaluierung des Studiengangs und die sich anschließende Auswertung, die neben dem „Wie“ des Modellstudiengangs auch das „Ob“ der Weiterführung umfasst, gilt es abzuwarten; die zwischenzeitlich durchgeführte Feldstudie der Antragsgegnerin wird im Rahmen der abschließenden Beurteilung, der Frage einer möglichen Verlängerung oder ggfs. eines Abbruchs des Modellstudiengangs und der Ermittlung der endgültigen Kapazität - unter Berücksichtigung der Zielzahl von 300 Studienplätzen pro Semester nach § 28 Abs. 2 UniMedG - zu würdigen sein. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass derzeit keine Veranlassung für die Annahme besteht, § 17a KapVO mit den dort benannten Parametern (15,5 % der tagesbelegten Betten zuzüglich 50 % hiervon für die poliklinischen Neuzugänge) verletze das Kapazitätserschöpfungsgebot zulasten der Studienbewerber. Die Begriffe „tagesbelegtes Bett“ und „poliklinischer Neuzugang“ sind, ebenso wie hiermit verbundene Fragen, in der Rechtsprechung des Senats geklärt. Soweit die von der Antragsgegnerin durchgeführte Feldstudie einen Vom-Hundert-Satz von nur 13,2 % der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten indiziert, wirkt sich das Festhalten des Verordnungsgebers am Parameter von 15,5 % kapazitätsfreundlich aus“.

An dieser Rechtsauffassung hat der Senat auch in der Folgezeit festgehalten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 3. November 2017 - OVG 5 NC 18.17 u.a. -, juris [WS 2016/2017] sowie Beschlüsse vom 5. März 2018 - OVG 5 NC 38.17 u.a. -, juris [SS 2017], vom 9. Januar 2019 - OVG 5 NC 2.18 u.a., OVG 5 NC 7.18 u.a. -, juris [WS 2017/2018]). Veranlassung dafür, von dieser Rechtsauffassung nachträglich Abstand zu nehmen, sieht der Senat nicht. Der damit maßgebliche achtjährige Erprobungszeitraum dauerte im streitgegenständlichen Semester noch an, so dass die Vorgaben des § 17a KapVO auch der Kapazitätsermittlung für das hier maßgebliche Wintersemester 2015/2016 zu Grunde zu legen sind.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist vorliegend § 17a KapVO i.d.F. der 23. Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung vom 26. Juni 2015 (GVBl. S. 298), hingegen nicht § 17a Satz 2 Nr. 1 KapVO vom 19. Juni 2018 (GBVl. S. 456), anzuwenden, da die letztgenannte Vorschrift erst für ihr nachgelagerte Berechnungszeiträume - und daher nicht für das streitgegenständliche Semester - Gültigkeit beansprucht. Das Verwaltungsgericht hat hierzu in dem angefochtenen Urteil ausgeführt:

„Der Verordnungsgeber hat keine Rückwirkung der Änderung vorgesehen, sondern in Art. 2 der 27. Verordnung zur Änderung der KapVO bestimmt, dass diese nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt in Kraft tritt. Dass keine Rückwirkung beabsichtigt war, ergibt sich auch aus der Begründung der Änderungs-Verordnung (amtliche Begründung des Regierenden Bürgermeisters von Berlin - Senatskanzlei Wissenschaft und Forschung - zur 27. Änderung der KapVO, abzurufen unter https://www.parlament-berlin.de/ados/ 18/IIIPlen/vorgang/verordnungen/vo18-109.pdf): Zum einen wird im allgemeinen Begründungsteil (dazu I., S. 2 ff.) ausgeführt, dass aufgrund der Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg vom 26. September 2016 (OVG 5 NC 12.16) die Parameter der patientenbezogenen Aufnahmekapazität zum Wintersemsester 2018/2019 überprüft worden sein müssten und die Verordnungsänderung spätestens bis zum Ende des Bewerbungszeitraum am 15. Juli 2018 in Kraft getreten sein müsse. Zum anderen heißt es zu Art. 2 der Verordnung, dass eine Übergangsregelung nicht erforderlich sei und die Verordnung erstmals für das Zulassungsverfahren zum ersten Fachsemester im Modellstudiengengang Medizin für das Wintersemester 2018/2019 gelte (vgl. S. 9 der Begründung). Auch Verfassungsrecht gebietet nicht die rückwirkende Anwendung des höheren Prozentsatzes, da es dem Verordnungsgeber - wie unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg ausgeführt - gestattet ist, den Erprobungszeitraum, in dem ein Abweichen von den Vorschriften zur Kapazitätsermittlung möglich ist, zur Überprüfung und Evaluierung seiner Erkenntnisse vollständig auszunutzen.“

Soweit die Klägerin dem entgegenhält, „[d]ie Gutachten und die Änderung des § 17a KapVO [hätten] gerade aufgezeigt, dass zumindest auch für den zurückliegenden Zeitraum des Wintersemesters 2015/2016 das Kapazitätsgebot gerade verletzt“ gewesen sei, verweist der Senat auf seine vorstehenden Ausführungen. Inwieweit der Verordnungsgeber nach dem Ende der festgesetzten Erprobungszeit die Parameter der patientenbezogenen Aufnahmekapazität hat überprüfen lassen und die Ergebnisse in § 17a Satz 2 KapVO i.d.F. der 27. Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung vom 19. Juni 2018 in ausreichendem Maße berücksichtigt hat, unterliegt aus dem o.g. Grund nicht der Überprüfung im hiesigen Verfahren (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 9. Januar 2019, a.a.O., juris).

Auf der Grundlage von §17a KapVO in der für das streitgegenständliche Semester maßgeblichen Fassung ist die Kapazitätsberechnung der Beklagten nicht zu beanstanden. Danach ist zur Ermittlung der Aufnahmekapazität der Hochschule als patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität zunächst 15,5 vom Hundert der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten des Klinikums anzusetzen (§ 17a Satz 2 Nr. 1 KapVO a.F.). Die so ermittelte Zahl erhöht sich je 1.000 poliklinische Neuzugänge im Jahr um die Zahl Eins, wobei die Zahl nach Nr. 1 höchstens um 50 vom Hundert erhöht wird (§ 17a Satz 2 Nr. 2 KapVO a.F.). Soweit in außeruniversitären Krankenanstalten Lehrveranstaltungen vereinbarungsgemäß und auf Dauer durchgeführt werden, erhöht sich die patientenbezogene Aufnahmekapazität entsprechend (§ 17a Satz 2 Nr. 3 KapVO). Die Gesamtzahl der tagesbelegten Betten bestimmt sich nach dem Mittelwert der tagesbelegten Betten des Klinikums der letzten drei Jahre vor dem Berechnungsstichtag, wobei wesentliche absehbare Änderungen zu berücksichtigen sind (§ 5 KapVO). Insoweit hat die Beklagte zutreffend und vom Verwaltungsgericht bestätigt bei den Pflegetagen nur die vollstationären Patienten auf der Grundlage der Mitternachtszählung berücksichtigt. Die entsprechenden Monita der Klägerin, die Mitternachtszählung sei veraltet und berücksichtige nicht die Patienten der Tagesklinik, verhelfen der Berufung nicht zum Erfolg. Der Senat hat wiederholt entschieden, dass die Mitternachtszählung während des - im streitgegenständlichen Semester noch andauernden - Erprobungszeitraums nicht zu beanstanden ist (vgl. zuletzt OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 5. März 2018 - OVG 5 NC 38.17 u.a. - [SS 2017], juris, sowie vom 9. Januar 2019 - OVG 5 NC 2.18 u.a., OVG 5 NC 7.18 u.a. -, juris [WS 2017/2018].

Ebenso wenig verhilft der - pauschale - Einwand der Klägerin, medizinische Versorgungszentren sowie das Herzzentrum Berlin müssten in die Berechnung der tagesbelegten Betten einbezogen werden, der Berufung zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil insoweit ausgeführt:

„Bei der Ermittlung der Anzahl der tagesbelegten Betten sind medizinische Versorgungszentren, an denen die Charité beteiligt ist, Ausgründungen und Beteiligungen nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 17a Satz 2 Nr. 1 KapVO a.F. sind als patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität 15,5 % der tagesbelegten Betten „des Klinikums“ anzusetzen. Maßgeblich sind damit die in den Einrichtungen des Universitätsklinikums vorhandenen tagesbelegten Betten. Das Deutsche Herzzentrum Berlin (DHZB) und das Evangelische Geriatriezentrum Berlin (EGZB), die von einigen Klägern insoweit in den Blick genommen werden, sind ausweislich des Internetauftritts beider Einrichtungen nach wie vor rechtlich und organisatorisch von der Charité getrennt. Dass es personelle Überschneidungen mit der Beklagten gibt, ist demgegenüber unerheblich […]. […Es] trifft […] auch nicht zu, dass die Beklagte ihre kardiologischen und geriatrischen Abteilungen vollständig ausgelagert hätte mit dem Ziel, die Aufnahmekapazität zu verringern. Vielmehr lässt sich dem Internet-Auftritt der Charité Berlin entnehmen, dass es nach wie vor vier Kardiologie-Klinken (Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Kardiologie auf dem Campus Virchow-Klinikum; Medizinische Klinik für Kardiologie auf dem Campus Benjamin Franklin; Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie auf dem Campus Virchow-Klinikum; Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie und Angiologie auf dem Campus Charité Mitte) sowie eine Klinik für Geriatrie auf dem Campus Benjamin Franklin gibt.

Die von der Charité Physiotherapie und Präventionszentrum GmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Beklagten, angebotenen Betten sind gleichfalls nicht zu berücksichtigen. Die GmbH bietet zwar neben ambulanter auch „stationäre Therapie“ an, diese Therapie erfolgt aber bei denjenigen Patienten, die stationär im Campus Benjamin Franklin und im Campus Charité Mitte untergebracht sind, d.h. die GmbH erbringt Leistungen der Physiotherapie an den dortigen Patienten und verfügt nicht über eigene tagesbelegte Betten. Dafür, dass das Ambulante Gesundheitszentrum der Charité GmbH, das an den Standorten Charité Campus Benjamin Franklin, Campus Charité Mitte und Campus Virchow Klinikum Medizinische Versorgungszentren betreibt, auch vollstationäre Patienten aufnimmt, ist nichts ersichtlich. Gleiches gilt für das Medizinische Versorgungszentrum Strahlentherapie (MVZ) Campus Virchow, in dem ambulante Patienten behandelt werden, und das Berliner Institut für Gesundheitsforschung. Die Charité Research Organisation, bei der die zur Zulassung neuer Medikamente gesetzlich vorgeschriebenen klinischen Studien durchgeführt werden, verfügt zwar über einige Betten, versorgt dort jedoch keine Patienten, sondern Probanden und ist dementsprechend in die klinische Ausbildung nicht einbezogen und auch nicht einzubeziehen.“

Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. hierzu etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. März 2018, a.a.O., juris), der die Klägerin nicht Durchgreifendes entgegenzusetzen weiß.

Hinsichtlich der weiteren Kapazitätsberechnung, gegen die die Klägerin sich nicht wendet, verweist der Senat auf das angefochtene Urteil.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.