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Entscheidung 2 L 422/23


Metadaten

Gericht VG Potsdam 2. Kammer Entscheidungsdatum 17.07.2023
Aktenzeichen 2 L 422/23 ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2023:0717.2L422.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst zu tragen hat.

2. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers, im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Wahrung seiner eigenen diesbezüglichen Bewerbungschancen vorläufig die Ernennung des auf Vorschlag des Landrates des Antragsgegners am 22. Juni 2023 vom Kreistag zum Beigeordneten gewählten Beigeladenen zu unterbinden, hat keinen Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sogenannte Sicherungsanordnung), wobei ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch in rechtlicher Hinsicht gegeben sein müssen und die dem Anordnungsgrund und dem Anordnungsanspruch zugrunde liegenden Tatsachen von dem Antragsteller glaubhaft zu machen sind, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung.

Vorliegend fehlt es an einem die begehrte einstweilige Anordnung tragenden Anordnungsanspruch.

Ein Anordnungsanspruch ist in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren glaubhaft gemacht, wenn der unterlegene Bewerber darlegt, dass die Auswahlentscheidung fehlerhaft war und seine Aussichten, bei erneuter Auswahlentscheidung ausgewählt zu werden, zumindest offen sind, seine Auswahl mithin ernstlich möglich erscheint,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2016 - 2 BvR 2223/15 -, juris Rn. 83, 86; BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2016 - 2 VR 1.16 -, juris Rn. 43.

Daran fehlt es hier. Selbst wenn der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers aufgrund von im Auswahlverfahren geschehenen Fehlern verletzt worden sein sollte, kann jedenfalls ausgeschlossen werden, dass der Landrat des Antragsgegners den Antragsteller im Ergebnis einer erneuten fehlerfreien Auswahlentscheidung dem Kreistag nach §§ 131 Abs. 1, 60 Abs. 1 Satz 1 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) zur Wahl vorschlägt. Das ausschließliche Vorschlagsrecht des Hauptverwaltungsbeamten (vgl. LT-Drucks. 4/5056, Gesetzentwurf zum Kommunalrechtsreformgesetz, Begründung zu § 60 S. 235) gewährleistet im Hinblick auf das jedenfalls im Ausgangspunkt notwendige (politische) Vertrauensverhältnis zwischen dem Landrat und den Beigeordneten eine starke Einflussnahme auf die Besetzung der Beigeordnetenstellen: Die Wahl einer nicht vom Landrat vorgeschlagenen Person zum Beigeordneten ist nicht möglich.

Soweit der Antragsteller die Vorstellung anklingen lässt, aufgrund seiner von ihm selbst als überragend eingeschätzten Qualifikationen könnte der Landrat im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet sein, ihn vorzuschlagen (vgl. S. 6 des Schriftsatzes vom 14. Juli 2023), ist dies durchaus abwegig. Vielmehr könnte der Landrat selbst dann davon absehen, den Antragsteller vorzuschlagen, wenn es sich bei ihm um den einzigen (verbliebenen) Bewerber handeln würde. Der Gesetzgeber hat es nämlich bewusst in Kauf genommen, dass der Dienstposten eines Beigeordneten aufgrund des ausschließlichen Vorschlagsrechts des Hauptverwaltungsbeamten im Einzelfall auch über einen längeren Zeitraum vakant bleiben kann (LT-Drucks. 4/5056, a.a.O.).

Dass der Landrat den Antragsteller als Beigeordneten vorschlagen könnte, erscheint schon wegen des Vorbringens des Antragstellers zur Antragsbegründung im Schriftsatz vom 14. Juli 2023 ausgeschlossen. Der Antragsteller wirft dem Landrat insbesondere das Folgende vor:

- der Landrat habe im Rahmen einer „One-Man-Show“ (S. 2, 31 des Schriftsatzes) nach rechtsfreiem Gutdünken agiert (S. 2 a.a.O.);

- der Beigeladene sei ihm aus fadenscheinigen und willkürlichen Gesichtspunkten vorgezogen worden (S. 2 a.a.O.);

- die Auswertung des Vorstellungsgesprächs lasse eine „getrickste Verfahrensweise“ und „Willkür“ vermuten (S. 7 a.a.O.);

- der Landrat sei im Jahr 2017 als der „fachlich am schlechtesten qualifiziert(e)“ Bewerber zum Amtsdirektor des Amtes B... gewählt und ihm, dem Antragsteller als seinerzeitigem Konkurrenten vorgezogen worden (S. 32 a.a.O.), er sei für die Amtsdirektorenwahl „fachlich bei weitem unterqualifziert“ (S. 41 a.a.O.) bzw. „objektiv schlechter qualifiziert als andere Bewerber“ (S. 42 a.a.O.) gewesen;

- die Bemerkung des Landrates zu Beginn des Vorstellungsgesprächs, der Antragsteller sei ihm bekannt, lasse vor dem Hintergrund der Konkurrenz um das genannte Amtsdirektorenamt auf eine negative Voreingenommenheit (S. 32 a.a.O.) bzw. Befangenheit (S. 41 a.a.O.) schließen;

- eine Aversion des Landrates („Fragenstellers/Protokollanten/Beurteilers“) „gegen einen erfahrenen Volljuristen“ (wie ihn, den Antragsteller) könne nicht ausgeschlossen werden (S. 37 a.a.O.);

- der Landrat verfüge als ehemaliger Dienststellenleiter bei der Schutzpolizei entweder über keine Erfahrungen in der gleichzeitigen Befragung und Protokollierung von rechtlich bedeutsamen Gesprächsinhalten oder habe die methodische Bodenhaftung verloren (S. 42 a.a.O.);

- der Landrat habe „als weitgehender juristischer Laie offenbar kein oder wenig Interesse an einer Person, die die Beigeordnetenposition mit erprobtem juristischen Sachverstand ausfüllen könne (S. 42 a.a.O.);

- es bestehe der Verdacht, dass eine fachlich wenig qualifizierte Person, die objektiv auf Rechtsberatung angewiesen sei (gemeint ist der Landrat), „diese aus subjektiv-willkürlichen Gründen neben sich vermeiden will, um vermeintlichen Einfluss zu behalten und eventuell, wie im vorliegenden Verfahren festgestellt werden könnte, Selbstherrlichkeit praktizieren zu können“ (S. 42 a.a.O.);

- die „gravierenden Fehlleistungen und Unprofessionalität“ des Landrates in Bezug auf die Protokollierung zeigten „eine massive Überforderung oder auch Neigung zur Manipulation (S. 42 a.a.O.).

Mit diesem mittelbar auch an die Landkreisverwaltung adressierten Vorbringen versucht der Antragsteller, den Landrat als fachlich wenig qualifiziert bzw. unqualifizert, unprofessionell, überfordert, selbstherrlich u. ä. persönlich verächtlich zu machen. Vor diesem Hintergrund ist ausgeschlossen, dass der Landrat auf der Grundlage einer geänderten Eignungs- bzw. Qualifikationsbewertung noch zu der Einschätzung gelangen könnte, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Antragsteller sei möglich. Der Antragsteller wäre daher für den Fall einer zu wiederholenden Auswahlentscheidung chancenlos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG).