Gericht | ArbG Brandenburg 4. Kammer | Entscheidungsdatum | 27.04.2022 | |
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Aktenzeichen | 4 BV 34/21 | ECLI | ECLI:DE:ARBGBRA:2022:0427.4BV34.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Antrag wird zurückgewiesen.
I.
Die Betriebsparteien streiten darüber, ob die Anrückzeit bei Rufbereitschaft Ärzte einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unterliegt.
Antragsteller ist der Betriebsrat im Betrieb der Beteiligten zu 2). Er besteht aus 15 Mitgliedern. Drei Mitglieder des Betriebsrates sind freigestellt. Die Beteiligte zu 2) betreibt das städtische Klinikum B..
Für die Ärzte*Innen gilt der TV Ärzte/VKA.
Die Betriebsparteien haben unter dem 27.02.2014 eine Betriebsvereinbarung „Dienstplangestaltung und Arbeitszeit Ärzte“ (nachfolgend BV Arbeitszeit Ärzte) abgeschlossen.
In § 10 der BV Arbeitszeit Ärzte haben sie eine Regelung zur Rufbereitschaft geschlossen. Unter § 10.2 heißt es:
„Während der Rufbereitschaft müssen die Beschäftigten telefonisch erreichbar und in der Lage sein, ihre Arbeit innerhalb einer für die notwendige Patientenversorgung angemessenen Zeit aufzunehmen.“
Wegen der weiteren Einzelheiten der BV Arbeitszeit Ärzte wird auf die Anlage Ast1/Blatt 11 - 17 der Akte verwiesen und in vollem Umfang Bezug genommen.
Die Arbeitgeberin erlies unter dem 14.10.2021 die Dienstanweisung Nr. 04/2021. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Dienstanweisung wird auf die Anlage Ast2/Blatt 18, 19 der Akte verwiesen und in vollem Umfang Bezug genommen.
In dem hier relevanten Teil heißt es:
„…
„Zu berücksichtigen sind neben den Rüst- und Wegezeiten auf dem Weg zum Krankenhaus auch die entsprechenden Zeiten auf dem Krankenhausgelände selbst. Sicherzustellen ist binnen längstens 30 Minuten die Verfügbarkeit am Patienten auf der Intensivstation. Über eine „gewöhnliche“ Rufbereitschaft ohne zusätzlichen Nachweis ist eine Anwesenheit am Patienten innerhalb von 30 Minuten nicht plausibel. Da im Rufbereitschaftsdienst der Aufenthaltsort frei gewählt werden kann, ist die Betrachtung des Wohnortes des Diensthabenden in der Regel nicht zielführend.“
Wird diese Definition der Durchführung der Rufbereitschaft nicht erfüllt, kann der OPS-Kode 8-98f nicht abgerechnet werden.
Es ist daher aus betrieblichen Gründen erforderlich, dass alle Fachärztinnen und Fachärzte in Rufbereitschaft diese Vorgaben zwingend und durchgängig erfüllen.
…“
Mit seinem am 12.11.2021 eingereichten Antrag verlangt der Betriebsrat die Unterlassung von der Arbeitgeberin Rufbereitschaftsdienst für alle Fachärztinnen/Fachärzte des Städtischen Klinikums in den Fachabteilungen Anästhesie und Intensivmedizin, Innere Medizin, Allgemein- und Visceralchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Gefäßchirurgie, Neurochirurgie und Radiologie sowie Gynäkologie und Urologie anzuweisen, dass diese innerhalb von maximal 30 Minuten „am Patienten verfügbar“ zu sein haben, solange hierzu keine Zustimmung seinerseits vorliegt oder dessen fehlende Zustimmung durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt wurde.
Die Beteiligten führten ein Vorverfahren in Form einer einstweiligen Verfügung, indem der Betriebsrat von der Arbeitgeberin die Unterlassung verlangte, eine Anweisung für den Rufbereitschaftsdienst von Fachärzten in einer Höchstzeit zwischen Abruf und Verfügbarkeit am Patienten von 30 Minuten vorzugeben (Aktenzeichen Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel: 4 BVGa 5/21; Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: 12 TaBVGa 1513/21). Der Antrag des Betriebsrates hatte erstinstanzlich und zweitinstanzlich keinen Erfolg. Auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wies den Antrag unter dem 7. Januar 2022 zurück.
Der Betriebsrat ist der Ansicht, er könne eine entsprechende Unterlassung von der Arbeitgeberin verlangen. Bislang sei die Zeit von 60 Minuten von der Arbeitgeberin als ausreichend angesehen worden. Zu berücksichtigen wäre, dass die Ärzte*Innen während der Rufbereitschaft in der Wahl ihres Aufenthaltsortes nicht völlig frei seien. Der Zweck der Rufbereitschaft bestünde gerade darin, dass der Arbeitnehmer*Innen in der Lage sein müsste, die Arbeit innerhalb einer angemessenen Zeitspanne auf Abruf aufnehmen zu können. Denn kennzeichnend für Rufbereitschaft sei daher, dass zwischen dem Abruf und der Arbeitsaufnahme nur eine solche Zeitspanne liegen dürfe, deren Dauer den Einsatz nicht gefährde und die Arbeitsaufnahme im Bedarfsfall gewährleiste. Die Ärzte*Innen dürften sich nicht in einer Entfernung vom Arbeitsort aufhalten, die dem Zweck der Rufbereitschaft zuwiderliefe. Der Betriebsrat verweise auf die Entscheidung LAG Berlin-Brandenburg vom 07.01.2022 und könne diese Auslegung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg nicht nachvollziehen. Sie enthielte auch keinerlei Anhaltspunkte im Tarifvertrag. Dort hieße es schlicht: „Um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen“. Und aus der daraus resultierenden Auslegung, dass dies in einer angemessenen Zeit erfolgen müsse, auf eine insoweit abschließende tarifliche Regelung zu schließen, könne vom Betriebsrat nicht vertreten werden.
Der Betriebsrat ist zur mündlichen Verhandlung am 27.04.2022 nicht erschienen.
Er hat unter dem 01.11.2021 beantragt:
Die Beteiligte zu 2) hat es unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 10.000,00 Euro zu unterlassen, bei Rufbereitschaftsdienst für alle Fachärztinnen / Fachärzte des Städtischen Klinikums in den Fachabteilungen Anästhesie und Intensivmedizin, Innere Medizin, Allgemein- und Visceralchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Gefäßchirurgie, Neurochirurgie und Radiologie sowie Gynäkologie und Urologie anzuweisen, dass diese innerhalb von maximal 30 Minuten „am Patienten verfügbar“ zu sein haben, solange hierzu keine Zustimmung des Beteiligten zu 1) vorliegt oder dessen fehlende Zustimmung durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt wurde.
Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) hat am 27.04.2022 beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 2) ist der Ansicht, die Anrückzeit für Rufbereitschaft unterliege nicht einem Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1; daher sei sie berechtigt, die Dienstanweisung 04/2021 vom 14.10.2021 ohne seine Zustimmung, respektive ohne einen die Zustimmung des Betriebsrates ersetzenden Spruch einer Einigungsstelle, zu erlassen. Das Mitbestimmungsrecht erfasse zwar die Aufstellung von Rufbereitschaftsplänen, nicht aber die inhaltliche Ausgestaltung der Rufbereitschaft selbst. Letztere unterfiele dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht über den konkreten Inhalt der Arbeitsleistung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 19.11.2021, 27.04.2022 Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist unbegründet.
Die Anrückzeit der Ärzte*Innen bei Rufbereitschaft unterliegt nicht einem Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1). Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2.) ist berechtigt, die Dienstanweisung 04/2021 vom 14.10.2021 ohne Zustimmung des Beteiligten zu 1) und auch ohne ersetzenden Spruch einer Einigungsstelle zu erlassen und durchzusetzen.
Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) über die Regelungen Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage umfasst zwar die Aufstellung von Rufbereitschaftsplänen, nicht aber die inhaltliche Ausgestaltung der Rufbereitschaft.
Der Begriff der Rufbereitschaft ist in § 10 Abs. 8 TV-Ärzte VKA abschließend geregelt. Es heißt dort:
„Der Arzt hat sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (Rufbereitschaft). Rufbereitschaft wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arzt vom Arbeitgeber mit einem Mobiltelefon oder einem vergleichbaren technischen Hilfsmittel zur Gewährleistung der Erreichbarkeit ausgestattet wird. Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt. Durch tatsächliche Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft kann die tägliche Höchstarbeitszeit von 10 Stunden (§ 3 ArbZG) überschritten werden (§ 7ArbZG).“
Die unterschiedliche Einordnung von Bereitschaftsdienst als „Arbeitszeit“ und Rufbereitschaft ist die, dass sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort befindet und diesem zur Verfügung stehen muss, um gegebenenfalls sofort die geeigneten Leistungen erbringen zu können. Der Arbeitnehmer, der während einer solchen Bereitschaftszeit verpflichtet ist, zur sofortigen Verfügung seines Arbeitgebers an seinem Arbeitsplatz zu bleiben, muss sich außerhalb seines familiären und sozialen Umfelds aufhalten und kann deshalb weniger frei über die Zeit verfügen, in der er nicht in Anspruch genommen wird. Deshalb ist dieser gesamte Zeitraum, unabhängig von den Arbeitsleistungen, die er während dessen tatsächlich erbringt, als „Arbeitszeit“ einzustufen (vgl. Dr. Eylert/Dr. Meyer Rufbereitschaft in NZA 2022, 225 ff. mit weiteren Nachweisen). Im Falle dessen, dass der Arbeitnehmer selbst seinen Aufenthaltsort bestimmen kann, führt das nicht zur Arbeitszeit. Fehlt nämlich die Verpflichtung, am Arbeitsplatz zu bleiben, besteht die Möglichkeit für den Arbeitnehmer, seine Zeit frei zu gestalten und sich seinen eigenen Interessen zu widmen. Für die Abgrenzung „Arbeits- und Freizeit“ bei inaktiven Bereitschaftszeiten führt das dazu, dass der Arbeitnehmer selbst seinen Aktionsradius bestimmen kann. Das hat erhebliche Auswirkungen auf seinen Bewegungsradius bzw. seine Bewegungsfreiheit und damit auf die Gestaltung seiner inaktiven Zeit. Bei der Entscheidung vom 09.09.2021 hat der EuGH - C-107/19 - NZA 2021, 1395 Rn. 36 - von einer starren zeitlichen Grenze abgesehen. Die Reaktionszeit ist dennoch ein gewichtiges Indiz, jedoch genügt dem EuGH sogar eine Stunde Abrufzeit nicht, um perse die inaktive Zeit noch als Ruhezeit zu qualifizieren (vgl. Dr. Eylert/Dr. Meyer a.a.O. m.w.N.). Andererseits hält der EuGH eine Reaktionszeit von zehn Minuten noch für möglich, die Bereitschaftszeit als Ruhezeit anzusehen – das heißt als Rufbereitschaft -.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Autoren Dr. Eylert und Dr. Meyer der Ansicht, dass die vom EuGH gewählten Kriterien unglücklich gewählt worden sind, wenn einerseits der vom Arbeitnehmer frei gewählte Wohnort bei der Betrachtung der Entfernung zum gewöhnlichen Arbeitsort keine Rolle spielt, andererseits das Freizeitverhalten des Einzelnen bzw. die Möglichkeit, „sich ohne größere Einschränkungen seinen eigenen Interessen zu widmen“, Einfluss bei der Gesamtbeurteilung haben soll. Da der Arbeitgeber ebenso wenig Einfluss auf den Wohnort des einzelnen Arbeitnehmers noch auf seine privaten Interessen hat (vgl. Dr. Eylert/Dr. Meyer a.a.O m.w.N.).
Jedenfalls ist nach der Rechtsprechung des EuGH eine dreißigminütige Anrückzeit nicht zu beanstanden.
Darüber hinaus gilt das, was das LAG Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung unter dem 7. Januar 2022 unter II. der Gründe, Seite 7f. bereits ausgeführt hat:
„… Es spricht einiges dafür, dass § 10 Abs. 8 TV-Ärzte/VKA ohne Öffnungsklausel die Anrückzeit dahin regelt, dass die Arbeitsaufnahme binnen angemessener Zeit erfolgen muss. Im Geltungsbereich der Tarifvorschrift kann dann eine Betriebsvereinbarung die Länge der Anrückzeit nicht wirksam regeln. Deshalb bestehen ernste Zweifel, ob die Regelung in § 10.2 Arbeitszeit Ärzte, wonach die Beschäftigten in der Lage sein müssen, ihre Arbeit innerhalb einer für die notwendige Patientenversorgung angemessenen Zeit aufzunehmen, wirksam sein kann.
…“,
denn
„Betriebsvereinbarungen müssen den Tarifvorrang beachten. Sie können nur insoweit abgeschlossen werden, als eine Regelung durch Tarifvertrag nicht besteht. Für Betriebsvereinbarungen gilt § 77 Abs. 3 BetrVG, wonach Arbeitsentgelte oder sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein können. Dies gilt dann nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam (BAG, 29.04.2015 – 7 ABR 102/12, juris Rn 48). Gleiches gilt für den Spruch einer Einigungsstelle, der die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt (BAG, 26.04.2005 – 1 ABR 1/04, juris Rn 27). Dabei führt § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auch im Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 BetrVG zur Unwirksamkeit einer betrieblichen Regelung, wenn dieser eine zwingende tarifliche Regelung entgegensteht, die den Abschluss ergänzender betrieblicher Regelungen nicht ausdrücklich zulässt (BAG, aaO. Rn 28).
… Vorliegend besteht eine die Arbeitgeberin als Verbandsmitglied bindende tarifvertragliche Regelung zur Rufbereitschaft. § 7 Abs. 6 TV-Ärzte/VKA Ärzte normiert die Verpflichtung, unter Umständen Rufbereitschaft leisten zu müssen. § 10 Abs. 8 TV-Ärzte/VKA definiert die geschuldete Rufbereitschaft dahin, dass sie den Arzt im Anordnungsfall verpflichtet, sich an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Dabei macht die Tarifvorschrift zwar keine ausdrücklichen Vorgaben zur Anrückzeit, insbesondere zu deren maximaler Länge. Andererseits ist aber, wie es das Bundesarbeitsgericht zu der gleichlautenden Vorschrift in § 7 Abs. 6 Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte/TdL) zutreffend ausgeführt hat, für die Rufbereitschaft kennzeichnend, dass zwischen dem Abruf und der Arbeitsaufnahme nur eine solche Zeitspanne liegen darf, deren Dauer den Einsatz nicht gefährdet und die Arbeitsaufnahme im Bedarfsfall gewährleistet. Der Zweck der Rufbereitschaft besteht gerade darin, dass der Arbeitnehmer in der Lage sein muss, die Arbeit innerhalb einer angemessenen Zeitspanne auf Abruf aufnehmen zu können (BAG, 25.03.2021 – 6 AZR 264/20, juris Rn 14). Danach würde die Vorgabe einer angemessenen Anrückzeit bereits der Tarifvorschrift zu entnehmen sein. In dieser Auslegung verpflichtet § 7 Abs. 6 iVm § 10 Abs. 8 TV-Ärzte/VKA Ärzte in Rufbereitschaft unmittelbar dazu, nach Abruf die Arbeit in angemessener Zeit aufzunehmen. Damit bestünde eine tarifvertragliche Regelung, die die Unwirksamkeit einer sich überschneidenden Regelung durch Betriebsvereinbarung begründen würde. Eine ausdrückliche Öffnungsklausel zu Gunsten betrieblicher Regelungen über Anrückzeiten bei der Rufbereitschaft enthält der TV-Ärzte VKA nicht.
… Ein Mitbestimmungsrecht würde auch dann nicht wieder aufleben, wenn die Arbeitgeberin vorliegend, wie es der Betriebsrat geltend macht, mit der Vorgabe einer maximalen Anrückzeit von 30 Minuten die Grenzen ihrer Anordnungsbefugnis bezüglich Rufbereitschaft überschreiten würde. Bei abschließender tariflicher Regelung lebt ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht deswegen wieder auf, weil sich der Arbeitgeber tarifwidrig verhält. Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat zwar der Betriebsrat darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge durchgeführt werden. Aus der Überwachungsaufgabe folgt jedoch kein eigener Anspruch des Betriebsrats darauf, dass der Arbeitgeber einen Tarifvertrag gegenüber seinen Arbeitnehmern auch einhält und durchführt. Der Betriebsrat ist darauf beschränkt, eine Nichtbeachtung oder fehlerhafte Durchführung des Tarifvertrages beim Arbeitgeber zu beanstanden und auf Abhilfe zu drängen (BAG, 05.05.1992 – 1 ABR 69/91, juris Rn 19).
…“
Nach Ansicht der Kammer ist dem nichts hinzuzufügen.
Wie bereits in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2021 ausgeführt, ist die Wahl des Arbeitsortes ausschließlich Sache des Arbeitnehmers/ der Arbeitnehmerin. Diese Wahl hat keine Auswirkung auf die Anrück-/Reaktionszeit im Zusammenhang der Rufbereitschaft.
Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.