Gericht | OLG Brandenburg 10. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 31.08.2023 | |
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Aktenzeichen | 10 U 207/22 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:0831.10U207.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 2. Dezember 2022, Az. 4 O 131/22, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Potsdam ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
I.
Der Kläger ist selbständiger Prüfingenieur. Er bestellte zwischen dem 7. Juli 2020 und dem 10. Juli 2020 telefonisch über die Telefonnummer … ein generalüberholtes Getriebe für seinen gewerblich genutzten …. Die Telefonnummer hatte der Kläger auf der Webseite … herausgesucht.
Auf Getriebe wurde laut damaligem Stand der Webseite eine Garantie von 5 Jahren gewährt. Ein schriftlicher Kaufvertrag existiert nicht.
Das Getriebe wurde dem Kläger von einem Mitarbeiter des Beklagten bzw. dessen Firma am 20. Juli 2020 übergeben und am 22. Juli 2020 von einer vom Kläger beauftragten Werkstatt in das Fahrzeug des Klägers, bei gleichzeitigem Austausch der Kupplung, bei einem Kilometerstand von 314.161 km eingebaut. Der Kläger übergab den Kaufpreis in Höhe von 950,00 € in bar.
Die Firma A… G… Sp. z.o.o., eine juristische Person nach polnischem Recht, erstellte unter dem 31. Juli 2020, also etwa 10 Tage nach Übergabe und Einbau, für die Lieferung des streitgegenständlichen Getriebes eine Rechnung mit der Nr. … (Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 5. Oktober 2022, Bl. 77 LGA); diese ist vom Beklagtenvertreter erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 5. Oktober 2022 in erster Instanz vorgelegt worden. Ein mit demselben Schriftsatz vorgelegter Garantieschein (Bl. 79 ff. LGA) weist gleichfalls die Firma A… G… Sp. z.o.o. als Garantiegeberin aus. Der Beklagte ist Gesellschafter der A… G… Sp. z.o.o.
Am 17. Juni 2021 blieb das Fahrzeug in der Nähe von H… erneut liegen, wobei die genauen Umstände zwischen den Parteien streitig sind.
Der Kläger wandte sich an die info@instandsetzung-a....de und teilte einen Schaden am Getriebe mit. Ihm wurde mit E-Mail vom 22. Juni 2021 mitgeteilt, dass der Verkäufer das Getriebe prüfen wolle und der Kläger ein beiliegendes Formular zur Bearbeitung der Reklamation ausfüllen solle, was der Kläger auch tat. Mit weiterer E-Mail vom 23. Juni 2021 teilte ihm ein Herr S… mit, dass man das Getriebe prüfen wolle und die Prüfung bis zu 10 Tage in Anspruch nehme.
Der Kläger erhielt ein Schreiben vom 10. August 2021 (Anl. K9, Blatt 34 LGA), mit dem Ansprüche des Klägers aus inhaltlichen Gründen zurückgewiesen wurden. Dieses Schreiben wurde unter dem Briefkopf „A… G… Inhaber A… G… – N… Weg … - in D…/M…“ versandt und wies eine Frau J… K… in der Schlusszeile als Verfasserin aus.
Auf der o.g. Webseite war jedenfalls bei einem Zugriff am 19. Juli 2021 der Beklagte im Impressum und als Verantwortlicher in der Datenschutzerklärung angegeben. Am 7. November 2022 hieß es in der Datenschutzerklärung: „A… G…, … Weg in D…: Telefon: …“. Zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Verhandlung waren auf der Webseite drei verschiedene Unternehmen genannt: „A… G… Sp. z.o.o., K… in Polen, A… A… P…, … Weg in Deutschland, und A… A… G…, in Polen.“
Der Kläger hat behauptet – vom Beklagten mit Nichtwissen bestritten –, er habe am 6. Oktober 2020 bei einem Kilometerstand von 323.924 km gemäß der Anleitung des Beklagten das Getriebeöl wechseln lassen. Ein weiterer Wechsel des Getriebeöls sei am 23. März 2021 bei einem Kilometerstand von 329.758 km erfolgte. Am 17. Juni 2021 sei es in der Nähe von H… auf der B… zu einem Getriebeschaden gekommen.
Er hat behauptet, in dem nach dem Getriebeschaden abgelassenen Öl seien Metallspäne zu sehen gewesen. Einzige Ursache für ein defektes Getriebe nach derartig wenigen Kilometern sei eine nicht fachgerecht vorgenommene Überholung. Er hat behauptet, zur Reparatur des Getriebeschadens habe er insgesamt einen Nettobetrag von 5.849,21 € aufgewandt und den Brutto-Rechnungsbetrag an die Werkstatt überwiesen.
Mit der Klage hat er ausgeführt, er mache Reparaturkosten in Höhe von 4.274,15 € netto geltend, und hierfür Einzelpositionen aufgezählt, die in der Summe 4.324,49 € ergeben (also 50,34 € mehr), nämlich 31,60 € für Getriebeöl, 256,36 € für die Antriebswelle vorn rechts, 258,58 € für die Kupplungsreparatur, 512,61 € für das Zweimassenschwungrad, 5,00 € für den Dichtring für den Turboschlauch, 360,00 € für den Kupplungssatz und 50,34 € für die notwendige Achsvermessung. Für das Getriebe macht er lediglich 2.850,00 € geltend und behauptet insoweit, dies seien die Kosten für ein regeneriertes Getriebe von …. Weiter hat er eine Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum 18. Juni 2021 bis 29. Juli 2021 in Höhe von 2.730,00 € geltend gemacht.
Erstinstanzlich hat der Kläger beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 7.054,49 € an den Kläger nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2021 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 527,00 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2021 zu verurteilen. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Der Beklagte hat mit Nichtwissen bestritten, dass die in der Rechnung vom 3. August 2021 enthaltenen und mit der Klage geltend gemachten Kosten tatsächlich auf einen bestrittenen und vom Beklagten zu verantwortenden Getriebeschaden zurückzuführen seien und dass der Kläger diese Beträge tatsächlich bezahlt habe. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar dass der Ersatz einer Antriebswelle, die Reparatur der Kupplung, der Ersatz des Zweimassenschwungrades, der Ersatz des Dichtrings für den Turboschlauch, der Einbau eines Kupplungssatzes sowie die Durchführung einer Achsvermessung erforderlich für den Einbau eines Getriebes gewesen seien. Er hat die Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten für das Schaltgetriebe in Höhe von 3.950,00 € bestritten, da der Kläger lediglich ein überholtes Getriebe gekauft habe. Hierfür würden die Preise bei unter 1.000,00 € brutto liegen. Er hat außerdem geltend gemacht, der Kläger müsse sich einen Abzug neu für alt gefallen lassen.
Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, abgewiesen. Es sei nicht mit der ausreichenden Sicherheit davon überzeugt, dass der Beklagte persönlich Vertragspartner des Klägers geworden sei. Denn auf der Webseite seien drei Personen, einschließlich des Beklagten, genannt. Zudem sei im Rechtsstreit eine Rechnung der polnischen Gesellschaft vorgelegt worden, hierzu habe sich der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz nicht mehr geäußert. Dass der Kläger die Rechnung nicht erhalten haben will, glaube die Kammer dem Kläger nicht, weil er das Getriebe für sein gewerblich genutztes Fahrzeug erworben habe und auch vorsteuerabzugsberechtigt sei. Selbst wenn man das Vorbringen als richtig unterstelle, bestünde kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz, weil der Vertrag dann wegen einer „Ohne-Rechnung-Abrede“ nichtig sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzlich verfolgtes Begehren weiterverfolgt.
Er behauptet, der Beklagte habe im Jahr 2020 die streitgegenständliche Webseite betrieben.
Er beanstandet, dass das Landgericht davon ausgegangen sei, dass der Stand der Webseite in der Verhandlung vom 5. Oktober 2022 den Stand der Webseite im Juli 2020 wiedergeben habe. Das Landgericht dürfe dem Kläger nicht vorwerfen, dass er sich erklärt habe, er wisse nicht mehr, ob schon im Juli 2020 die drei später auf der Webseite genannten Firmen genannt worden seien, hierzu müsse sich der Beklagte äußern. Die vorgelegte Rechnung habe außer Betracht zu bleiben, aus ihr ergebe sich noch nicht einmal, dass diese tatsächlich im Juli 2020 erstellt worden sei. Es bestehe im Übrigen eine Rechtsscheinhaftung des Beklagten analog § 128 HGB. Auch die Ausführungen des Landgerichts zu einem nichtigen Geschäft seien falsch. Die Rechnung weise auf eine Umsatzsteuer hin. Der Kläger habe den Kaufpreis für das Schaltgetriebe letztlich privat voll bezahlt.
Mit nachgelassenem Schriftsatz behauptet er, er sei davon ausgegangen, mit der Lieferung des Getriebes eine Rechnung zu erhalten. Er habe das Getriebe in bar bezahlt, weil er auf das Getriebe angewiesen gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
das am 2. Dezember 2022 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam Az. 4 O 131/22 abzuändern und den Beklagten zu verurteilten, an den Kläger 7.054,49 € netto nebst Zinsen in Höhe von 9%-Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 BGB i.V.m. § 247 BGB seit dem 1. September 2021 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil. Er bemängelt, der Vortrag, der Beklagte betreibe oder habe als Inhaber der Firma A… die Webseite betrieben, sei neu. Der Beklagte betreibe auch nicht die in der Berufungsbegründung bezeichnete Internetpräsenz. Der Kläger müsse sich schon entscheiden, welcher der drei genannten Personen die Homepage betreiben müsse.
II.
Die zulässige, insbesondere gem. §§ 517ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.
1.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Streitgegenstand ausreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Eine Auslegung der Klageschrift ergibt, dass der Kläger als Sachschaden entgegen der Ausführungen in der Klageschrift einen Betrag von 4.324,49 € geltend macht und nicht den dort genannten Betrag von 4.274,15 €. Die vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen ergeben nämlich in der Summe nicht den Betrag von 4,274,15 €, sondern 50,34 € mehr (für die Achsvermessung). Dass in der Klageschrift nur ein Betrag von 4.274,15 € genannt wird, stellt offensichtlich einen Rechen- bzw. Schreibfehler dar. Denn der mit der Klage geltend gemachte Betrag von 7.054,49 € umfasst alle aufgezählten Einzelbeträge (einschließlich der Achsvermessungskosten) und den Nutzungsausfallschaden, woraus sich zweifelsfrei ergibt, dass der Kläger als Sachschaden einen Betrag von 4.324,49 € geltend macht.
2.
Die Klage ist allerdings unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten nicht zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281, 283 BGB.
Insoweit kann offenbleiben, ob der Vertrag zwischen den Parteien zustandegekommen ist oder der Kläger den Vertrag statt mit dem Beklagten mit der A…G… Sp. z.o.o. geschlossen hat. Denn ein etwaiger mit dem Beklagten selbst geschlossener Vertrag wäre unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags gem. § 134 BGB i.V.m. § 370 AO nichtig, wovon auch das Landgericht zutreffend ausgegangen ist.
a) Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig. Die Voraussetzungen der Norm liegen vor, weil dem Vertragsschluss die Erwartung zu Grunde lag, dass auf den Verkauf anfallende Umsatz(erwerbs)steuer nicht erklärt werden sollte, was aber durch § 370 Abs. 1 AO verboten ist. Dabei muss nicht weiter aufgeklärt werden, welche Steuer genau hinterzogen werden sollte. Sollte die Lieferung der Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterfallen, wäre sie umsatzsteuerpflichtig gewesen. Sofern die Lieferung des Getriebes nicht der deutschen Umsatzsteuer unterlegen haben sollte, weil sie von einem polnischen Unternehmen erfolgen sollte, so wäre der Erwerb nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 5, 1a Abs. 1 UStG steuerpflichtig gewesen. In beiden Fällen hätte die Lieferung versteuert werden müssen und wäre die Nichterklärung der Steuer durch § 370 AO verboten.
Der Senat kann unter Zugrundelegung des Klägervortrags von einem Verstoß gegen das deutsche Steuerrecht ausgehen, obwohl sich keine der Parteien auf einen solchen Verstoß berufen hat. Denn ein Verbotsgesetz steht nicht zur Disposition der Parteien. Wenn schwerwiegende Indizien, die den Schluss auf den Verstoß gegen das Verbotsgesetz erlauben, vorliegen, kann allein durch die Äußerung der Rechtsansicht, ein Verstoß gegen das Verbotsgesetz liege nicht vor, dessen Anwendung nicht ausgeschlossen sein. Bei Vorliegen entsprechender Indizien genügt es daher nicht, dass eine oder beide Parteien einen Verstoß gegen das Verbotsgesetz schlicht leugnen. Eine Häufung von Indizien kann vielmehr dazu Anlass geben, einen Verstoß auch dann anzunehmen, wenn keine Partei sich auf eine solche Abrede beruft (vgl. zur Schwarzarbeit: OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. November 2020 – I-22 U 73/20 –, Rn. 24, juris; OLG Oldenburg, Urteil vom 20. Dezember 2016 – 7 U 49/16, juris-Rn. 9; OLG Oldenburg, Urteil vom 30. Oktober 1996 – 2 U 151/96; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Januar 2020 – 21 U 34/19). Ob ein Zivilgericht aufgrund des Beibringungsgrundsatzes an den Vortrag beider Parteien gebunden ist, wenn diese übereinstimmend vortragen, dass keine Ohne-Rechnung-Abrede getroffen sei (so: Kammergericht, Urteil vom 8. August 2017 - 21 U 34/15), kann offenbleiben. Denn der Beklagte hat sich auf den Hinweis des Senats, dass er von einer solchen Abrede ausgehe, nicht weiter erklärt, es liegt daher kein übereinstimmender Vortrag vor, dass einem von den Parteien geschlossener Kaufvertrag nicht die Erwartung zu Grunde lag, dass der Beklagte keine Rechnung erstellt werden würde. Ob dies auch für etwaige Ansprüche gegen die A…G… Sp. z.o.o. geltend würde, für die der Beklagte eine ausgestellte Rechnung vorlegt, kann offenbleiben, da der Kläger Ansprüche gegen die Gesellschaft in diesem Rechtsstreit nicht geltend macht.
Hier liegen ausreichende Anhaltspunkte für eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede vor, welche dem Beklagten bzw. der Firma A…G… Sp. z.o.o. die Hinterziehung der Umsatzsteuer (oder im Fall einer Erwerbssteuerpflicht, dem Kläger die Hinterziehung der Erwerbssteuer) ermöglichen sollte. Denn der Kläger handelte nach eigenem Vortrag gewerblich, so dass die Erteilung einer Rechnung in seinem Interesse lag, um die Kosten als Betriebsausgabe steuerlich geltend zu machen und darüber hinaus die Umsatzsteuer von der eigenen Umsatzsteuerschuld abzuziehen. Gleichwohl hat der Kläger die Leistungen des Beklagten bzw. der A…G…Sp. z.o.o. in Anspruch genommen, ohne sich eine Rechnung erteilen zu lassen und ohne hierfür einen nachvollziehbaren Grund zu benennen. Soweit er mit nachgelassenem Schriftsatz vom 10. August 2023 vorträgt, er sei davon ausgegangen, die Rechnung noch zu erhalten, der spätere Versand sei bei Lieferungen von Ersatzteilen auch üblich, so erklärt dies nicht, warum er dann trotz der o.g. Interessenlage nicht bei Lieferung nachfragte, als er nach seinem eigenen Vortrag keine Rechnung erhielt. Aus demselben Grund genügt auch der Vortrag im nachgelassenen Schriftsatz, er sei auf das Getriebe angewiesen gewesen, nicht als Erklärung, warum nicht zumindest nach einer Rechnung nachgefragt wurde. Trotz entsprechender Diskussion in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nicht nachvollziehbar erläutern können, was ihn dazu bewogen hat, auf erhebliche steuerliche Vorteile zu verzichten, für deren Erlangung er lediglich einmal nach der Rechnung hätte fragen müssen. Für den Senat ist insoweit auch entgegen des Vorbringens des Klägers nicht entscheidend, dass der Vertrag nicht schriftlich geschlossen wurde. Ein schriftlicher Vertragsschluss hätte zwar maßgeblich gegen eine Ohne-Rechnung-Abrede gesprochen, da mit ihm nachweisbar die ausgehandelten Bedingungen festgelegt worden wären. Das Fehlen eines solchen Vertrags ist jedoch alleine nicht ausschlaggebend, ergibt aber zusammen mit den anderen Indizien, nämlich der Bar-Zahlung ohne vorweisbare Quittung und der Tatsache, dass der Kläger keine Rechnung erhalten hat und auch nicht nach einer Rechnung gefragt hat, obwohl er hierdurch steuerliche Vorteile gehabt hätte, das stimmige Bild, dass die Vertragsparteien bei Vertragsschluss davon ausgingen, dass keine Rechnung zur Vermeidung von entsprechenden steuerlichen Erklärungen erteilt werden würde. Soweit der Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz darauf abstellt, ihm sei bekannt gewesen, dass der Beklagte mit anderen Werkstätten zusammenarbeite und ihm nicht von Problemen berichtet worden sei, so führt dies zu keiner anderen Beurteilung, da dieser Vortrag auch in Einklang mit einer Ohne-Rechnung-Abrede zu bringen ist. Denn gerade bei „an der Steuer vorbei“ erteiltem Auftrag hat der Auftraggeber ein besonderes Interesse daran, dass die Zusammenarbeit problemlos klappt. Insbesondere wenn die Zusammenarbeit des Beklagten mit anderen Werkstätten nach Kenntnis des Klägers problemlos verlief, erschließt sich zudem nicht, warum der Kläger dann nicht eine Rechnung für seine Unterlagen und seine eigenen steuerlichen Zwecke vom Beklagten verlangte. Denn bei nach seiner Kenntnis problemloser Zusammenarbeit hätte er davon ausgehen können, dass er eine solche - sofern er nicht von einer Ohne-Rechnung-Abrede ausgegangen sein sollte - ohne Weiteres hätte erhalten können.
Schon diese Tatsachen reichen für den Rückschluss auf eine Ohne-Rechnung-Abrede aus, so dass offenbleiben kann, ob als Indiz auch berücksichtigt werden kann, dass der vom Kläger vorgetragene Preis sehr niedrig war, nämlich nur 1/3 des Preises für vergleichbare gebrauchte …-Getriebe. Insoweit hatte der Kläger mit der Klageschrift selbst vorgetragen, die Kosten für ein regeneriertes Getriebe von … würden 2.850,00 € betragen, er selbst habe sogar 3.950,00 € für ein Ersatzgetriebe aufgewandt. Auf der Grundlage dieses Vortrags wurde der Hinweis im Rahmen der mündlichen Verhandlung erteilt. Soweit der Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz nunmehr geltend macht, es gebe keine handelsüblichen Preise für Getriebe, kann dies angesichts des erstinstanzlichen Vortrags des Klägers zur Berechnung seines Schadensersatzanspruchs dahinstehen. Da die o.g. Indizien auch bei einem marktgerechten Preis auf eine Ohne-Rechnung-Abrede schließen lassen, ist eine weitere Aufklärung insoweit nicht erforderlich.
Ohne dass es darauf entscheidend ankommt, spricht als Indiz für eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede im Übrigen weiter, dass sogar die vom Beklagten vorgelegte Rechnung (Bl. 77 LGA) einen Kaufpreis von 905 € netto und 1015 € brutto ausweist und damit nicht mit dem unstreitig bar bezahlten Betrag von 950 € übereinstimmt.
b) Die Ohne-Rechnung-Abrede führt zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages mit der Folge, dass keine Gewährleistungsansprüche mehr bestehen.
Zwar ist gem. § 134 BGB zunächst nur der Teil des Rechtsgeschäfts nichtig, der gegen das gesetzliche Verbot verstößt, hier also die (stillschweigende) Absprache der Beteiligten, dass keine Rechnung erteilt werden soll, damit Steuern verkürzt werden können. Offenbleiben kann insoweit, ob der Kläger als Käufer selbst verbotswidrig gehandelt hat, was er (wenn er nicht selbst Schuldner einer Erwerbssteuer gewesen sein sollte) im vorliegenden Fall bei einer Umsatzsteuerpflicht des Beklagten bzw. der A… G… Sp. z.o.o. allenfalls als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) einer Steuerhinterziehung hätte tun können. Auch wenn der Käufer selbst nicht verbotswidrig handelt, reicht es, wenn er den Gesetzesverstoß des Vertragspartners kennt und diesen bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt (BGH, Urteil vom 19. Januar 1984 – VII ZR 121/83 –, BGHZ 89, 369-376, Rn. 24). Hiervon kann im vorliegenden Fall ausgegangen werden, weil die o.g. Indizien darauf hindeuten, dass der Kläger davon ausging, die Nichterteilung einer Rechnung diene einer Steuerverkürzung und er dies zur Erlangung eines besonders niedrigen Kaufpreises, was den Verzicht auf die steuerlichen Vorteile einer Rechnung aufwog, bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzte.
Die Ohne-Rechnung-Abrede führt aber zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags. Da die Nebenabrede einen Teil des ganzen Geschäfts bildet, kann der Vertrag insgesamt gemäß § 139 BGB nur dann aufrechterhalten bleiben, wenn festgestellt werden kann, dass er auch ohne die steuerverkürzende Abrede zu denselben Bedingungen, insbesondere mit derselben Gegenleistung abgeschlossen worden wäre (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2016 – IV ZR 7/15 –, Rn. 36, juris). Hieran fehlt es schon deswegen, weil noch nicht einmal unterstellt werden kann, dass der hier in Anspruch genommene Beklagte selbst den Vertrag geschlossen hätte, wenn eine Rechnung hätte ausgestellt werden müssen. Ebenso steht nicht fest, dass der Beklagte bzw. die Firma A…G… Sp. z.o.o den Vertrag auch dann zum Nettopreis von 950,00 € geschlossen hätte, wenn sie eine Rechnung erteilen und dann neben der Umsatzsteuer auch andere Steuern hätte abführen müssen.
Einer Gesamtnichtigkeit des Vertrags steht auch nicht die Ansicht des Bundesarbeitsgerichts entgegen, nach der bei einem Arbeitsvertrag mit Schwarzgeldabrede nur die Schwarzgeldabrede und nicht der Arbeitsvertrag nichtig ist (siehe BAG, Urteil vom 17. März 2010 – 5 AZR 301/09, Rn. 12; Urteil vom 24. März 2004 - 5 AZR 233/03; Urteil vom 26. Februar 2003 - 5 AZR 690/01, juris-Rn. 48). Denn auch beim Kaufvertrag führt eine Schwarzgeldabrede alleine nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags. Die Gesamtnichtigkeit beruht im vorliegenden Fall vielmehr darauf, dass davon ausgegangen werden muss, dass der gesamte Vertrag ohne die Schwarzgeldabrede nicht zu denselben Konditionen abgeschlossen worden wäre.
c) Es verstößt auch nicht gegen § 242 BGB, wenn dem Kläger wegen der Nichtigkeit des Vertrags Gewährleistungsansprüche gegen den Beklagten versagt werden.
Das ergibt sich zwar nicht daraus, dass der Bundesgerichtshof den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG in der Regel für ausgeschlossen hält, weil die Einführung der Norm dazu führe, dass die Verstöße gegen steuerrechtliche Pflichten bereits ohne weiteres zur Nichtigkeit des gesamten zugrunde liegenden Werkvertrages führen und eine isolierte Prüfung nur der Ohne-Rechnung-Abrede nicht erfolge und schließlich eine nach § 134 BGB im öffentlichen Interesse und zum Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs angeordnete Nichtigkeit - anders als die Nichtigkeitsfolge aus § 139 BGB - allenfalls in ganz engen Grenzen durch eine Berufung auf Treu und Glauben überwunden werden könne (BGH, Urteil vom 1. August 2013 – VII ZR 6/13 –, BGHZ 198, 141-150, Rn. 28 - 30). Denn eine vergleichbare Norm wie § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG gibt es für das Kaufrecht nicht, die Erwägungen sind daher nicht unmittelbar übertragbar.
Grundsätzlich gilt vielmehr, dass gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB allein die Ohne-Rechnung-Abrede verstößt, nicht aber der Austauschvertrag als solcher ohne diese Abrede (BGH, Urteil vom 24. April 2008 – VII ZR 42/07 –, BGHZ 176, 198-204, Rn. 14). Folgt die Nichtigkeit nicht unmittelbar aus § 134 BGB, sondern gegebenenfalls aus der Anwendung von § 139 BGB, so ist zu beachten, dass diese Vorschrift dispositives Recht enthält; die in ihr vorgesehene Gesamtnichtigkeit also abbedungen werden kann (BGH, a.a.O.).
Bei einem Bauvertrag konnte sich nach der Rechtsprechung des BGH (vor dem Inkrafttreten des SchwarzArbG) ein Verstoß gegen Treu und Glauben durch die Berufung auf die Nichtigkeit des Vertrags zur Abwehr von Gewährleistungsansprüchen daraus ergeben, dass der Unternehmer die von ihm geschuldeten Bauleistungen regelmäßig an dem Grundstück des Bestellers erbringt. Eine Rückabwicklung des Vertrages durch Rückgabe der Leistung ist deswegen, wenn überhaupt, gewöhnlich nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich. Durch sie würden wirtschaftliche Werte gefährdet; der Unternehmer müsste bei einer solchen Rückabwicklung in fremdes Eigentum eingreifen. Ist die erbrachte Bauleistung mangelhaft, ist daher das Eigentum des Bestellers mit den hieraus folgenden Nachteilen nachhaltig belastet, die durch schlichte Rückabwicklung des Bauvertrags regelmäßig nicht wirtschaftlich sinnvoll zu beseitigen sind; der Besteller wird daher das mangelhafte Werk typischerweise behalten. Diese Belastungssituation führt dann zu einem besonderen Interesse des Bestellers an vertraglichen, auf die Beseitigung des Mangels gerichteten Gewährleistungsrechten, die bei einer Nichtigkeit des gesamten Bauvertrages entfallen würden (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2008 – VII ZR 42/07 –, BGHZ 176, 198-204, Rn. 16).
Vergleichbare Erwägungen treffen auf den Kaufvertrag aber nicht zu. Er ist zwar, anders als ein auf Umsatzsteuerhinterziehung gerichteter Werkvertrag, als solcher nicht verboten (vgl.: BGH, Urteil vom 14. Dezember 2016 – IV ZR 7/15 –, Rn. 49, juris). Anders als bei einem Bauvertrag ist die Rückforderung aber nicht nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil der nicht unter die Verkürzung der Umsatzsteuer gerichtete Teil des Vertrags nicht vom Rückforderungsverbot erfasst ist (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 14. Dezember 2016 – IV ZR 7/15 –, Rn. 50, juris). Ebenso ist die Rückabwicklung nicht wie beim Bauvertrag dadurch erschwert, dass der Besteller das mangelhafte Werk typischerweise behalten wird, weil es sein eigenes Eigentum betrifft. Ein Kaufvertrag kann vielmehr typischerweise unproblematisch rückabgewickelt werden, indem jeweils Kaufpreis und Kaufsache zurückgegeben werden. Soweit eine mangelhafte Kaufsache Schäden am Eigentum des Käufers verursacht haben sollte, kämen selbst bei Nichtigkeit des Kaufvertrags Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB bei entsprechendem Verschulden des Anspruchsgegners in Betracht. Es liegt daher keine besondere Situation vor, in dem die Versagung von Gewährleistungsansprüchen bei nichtigem Vertrag gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoßen würde.
Der Senat kann offenlassen, ob dem Oberlandesgericht Hamm darin zu folgen ist, dass eine Rückabwicklung eines nichtigen Kaufvertrages ausscheidet, weil die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Verstößen gegen das Schwarzarbeitergesetz aufgrund der Vergleichbarkeit der Interessenlage (Eindämmung der Steuerhinterziehung und damit die Verfolgung eines fiskalischen Zwecks, ebenso die Verhinderung von oder zumindest die Einschränkung der damit einhergehenden Wettbewerbsverzerrung, womit auch dem Schutz gesetzestreuer Unternehmer gedient wird) auch auf das Kaufrecht zu übertragen ist (so: OLG Hamm, Urteil vom 6. Februar 2023 – I-2 U 78/22 –, Rn. 39, juris). Dann wäre zwar die Rückabwicklung des Kaufvertrags ausgeschlossen, aber ebenso die Berufung auf Treu und Glauben.
d) Das Vorbringen des Klägers in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen des Klägers vom 14. August 2023 und vom 16. August 2023 hat der Senat zur Kenntnis genommen. Deren Inhalt rechtfertigt nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 Abs. 1 ZPO, weil der darin enthaltene Vortrag nicht entscheidungserheblich ist. Dass die Finanzverwaltung zu dem vom Kläger mitgeteilten Sachverhalt der Auffassung ist, ihm sei kein bußgeld- oder steuerstrafrechtlicher Vorwurf zu machen, ist für den Senat zunächst nicht bindend. Im Übrigen entspricht die der Steuerverwaltung gemachte Mitteilung vom 15. Juli 2023 auch nicht vollständig dem Parteivortrag im vorliegenden Verfahren. In der Mitteilung führt der Kläger nämlich zunächst aus, die Bezahlung sei bar erfolgt, dabei sei ihm eine Quittung ausgestellt worden. Dass der Kläger eine Quittung über die Zahlung des Kaufpreises erhalten hat, hat er aber im vorliegenden Prozess zu keinem Zeitpunkt vorgetragen und auf den Vortrag des Beklagten, er mache mit der Klage Gewährleistungsansprüche ohne Rechnung, Quittung oder Garantieurkunde geltend, auch nicht erwidert. Schließlich würde die umsatzsteuerliche Beurteilung aber auch davon abhängen, mit wem der Vertrag geschlossen wurde und ob es sich bei der Getriebelieferung um eine Lieferung im Inland oder einen innergemeinschaftlichen Erwerb im Inland handelt, wozu der Kläger in seinem Schreiben an die Finanzverwaltung aber keine Angaben macht. Der Senat hat daher trotz der Mitteilung der Finanzverwaltung keinen Anlass, von den oben ausgeführten Beurteilung abzuweichen.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Der Senat wendet höchstrichterlich anerkannte Rechtssätze an und weicht auch nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung anderer gleich- oder höherrangiger Gerichte ab.
4.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.