Gericht | OLG Brandenburg Senat für Landwirtschaftssachen | Entscheidungsdatum | 10.08.2023 | |
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Aktenzeichen | 16 WLw 4/20 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:0810.16WLW4.20.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin - Landwirtschaftsgericht - vom 2. Juli 2019, Az. 44 Lw 34/17, werden zurückgewiesen. Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 3 und 4 wird der Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin - Landwirtschaftsgericht - vom 2. Juli 2019, Az. 44 Lw 34/17, insoweit aufgehoben, als darin die Mitteilung der Genehmigungsbehörde, des Landkreises P..., über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts im Bescheid vom 27. September 2017 einschließlich der damit zum Ausdruck gebrachten Versagung der erneuten Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung aufgehoben worden ist. Die Anträge der Antragsteller zu 1 und 2 auf gerichtliche Entscheidung über Einwendungen gegen das Vorkaufsrecht werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der weiteren Beteiligten werden den Antragstellern zu 1 und 2 auferlegt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 528.505,92 € festgesetzt.
I.
Mit notarieller Urkunde vom 29. Juni 2015 verkauften 14 Gesellschaften eines Konzerns, darunter die Antragstellerin zu 1, jeweils in ihrem Alleineigentum stehende landwirtschaftliche Grundstücke (insgesamt rund 2.262 ha) zu einzeln ausgewiesenen Kaufpreisen (insgesamt rund 26,7 Mio. €) an die ebenfalls konzernzugehörige und als landwirtschaftliches Unternehmen registrierte Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2, die ... Landbau GmbH. Vorliegend waren die darin als Kaufgegenstand 13 (auch LOS 13 genannt) in der Anlage 1.1.13 aufgelisteten Grundstücke betroffen, die 55,0527 ha an landwirtschaftlichen Flächen zu einem Kaufpreis von 528.505,92 € (= 9.600,00 €/ha) umfassen. Die Vertragsparteien vereinbarten eine langfristige Rückverpachtung der Flächen an die jeweiligen Verkäuferinnen. Der Landkreis P... (im Folgenden: Genehmigungsbehörde) erteilte am 30. Juli 2015 die Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz. Auf der Grundlage eines im August 2015 geschlossenen Vertrages übertrug die Alleingesellschafterin der Käuferin 94,9 % ihrer Geschäftsanteile auf eine konzernfremde Kapitalanlagegesellschaft. Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2 wurde am 19. Februar 2016 als Eigentümerin der von der Antragstellerin zu 1 verkauften Flächen in das Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 29. Juni 2017 teilte die Genehmigungsbehörde den Antragstellern zu 1 und 2 mit, dass sie die Rücknahme der erteilten Genehmigungen beabsichtige und die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts vorbereite. Gestützt auf den Versagungsgrund einer ungesunden Verteilung des Grund und Bodens erklärte die Genehmigungsbehörde sodann mit Bescheid vom 27. September 2017 für sechs Kaufgegenstände, darunter die verfahrensgegenständlichen, von der Antragstellerin zu 1 verkauften Flächen, die Rücknahme der erteilten sowie eventuell fingierter Genehmigungen. Zugleich teilte sie die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 4, das gemeinnützige Siedlungsunternehmen, mit. Am 25. September 2017 verkaufte die Beteiligte zu 4 die Grundstücke aus dem Kaufgegenstand 13 gemeinsam mit denen aus dem Kaufgegenstand 4 mit notariellem Kaufvertrag (Bl. 202 GA) an die ... Landwirtschafts KG (im Folgenden: KG) zu einem Kaufpreis von 1.682.000,00 € (davon 1.106.000,00 € auf die als Kaufgegenstand 4 bezeichneten Grundstücke und 576.000,00 € auf die verfahrensgegenständlichen Grundstücke). Vertragsgemäß stellte die Erwerberin am Beurkundungstag eine Bankbürgschaft über den gesamten Kaufpreis zuzüglich 10 % (Bl. 214R GA).
Die Genehmigungsbehörde hat im Rücknahmebescheid vom 27. September 2017 zum erwerbsbereiten aufstockungsbedürftigen Landwirt, der KG, ausgeführt (Bl. 8R GA), sie sei ein Marktfruchtbetrieb mit Sitz in 1… Pl…, der 2015 1.233 ha bewirtschaftet habe und über keine Eigenflächen verfüge. Die Erhöhung der Flächenausstattung aus beiden Kaufgegenständen 4 und 13 (insgesamt 132,892 ha) sei mit dem vorhandenen Maschinenpark bereits 2015 möglich gewesen.
Die Antragstellerin zu 1 hat in ihrer Antragsbegründung vom 23. März 2018 (Bl. 48 GA) vorgetragen, die KG bewirtschafte 1.190,81 ha landwirtschaftliche Flächen, vornehmlich Ackerland. Die Gesellschafter würden über 328 ha Eigentumsflächen und zudem 972 ha Forstflächen verfügen. Ihrer Ansicht nach könne es für die Ermittlung des Aufstockungsbedarfs nicht allein auf das Eigentum an Flächen der Gesellschaft ankommen. Es seien auch die im Eigentum der Gesellschafter stehenden Flächen zu berücksichtigen.
Die Antragstellerin zu 2 hat schon in erster Instanz (Bl. 115 GA) gemeint, die Ausübung des Vorkaufsrechts sei rechtswidrig, weil der Weiterveräußerung an die KG durch das Siedlungsunternehmen das europäische Beihilferecht entgegenstehe. Der jetzige (zum Zeitpunkt des Einwands: 2018) Marktwert der verfahrensgegenständlichen Flächen betrage etwa 14.000,00 €/ha. Jedenfalls übersteige er den im Kaufvertrag vom 29. Juni 2015 zugrunde gelegten Wert von 9.600,00 €/ha um mehr als 10 %, so dass die Weiterveräußerung zu ca. 9.600,00 €/ha eine notifizierungspflichtige Beihilfe enthalte. Eine Genehmigung dieser Beihilfe sei nicht erfolgt, so dass der Weiterveräußerungsvertrag nach § 134 S. 1 BGB unmittelbar nichtig sei.
Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat auf Antrag der Antragsteller zu 1 und 2 auf gerichtliche Entscheidung deren Einwendungen gegen die Rücknahme der Grundstückverkehrsgenehmigungen als unbegründet zurückgewiesen und die Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts wegen Verfahrensfehlern aufgehoben. Die Genehmigungsbehörde habe die erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigungen wirksam zurückgenommen. Nach § 1 VwVfGBbg i. V. m. § 48 Abs. 1, 3, 4 VwVfG könne die Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz als privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt grundsätzlich auch nach Eintritt der Gestaltungswirkung noch zurückgenommen werden. Die erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigungen seien rechtswidrig. Im Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung habe ein Versagungsgrund im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GrdstVG vorgelegen. Von einer ungesunden Bodenverteilung sei auszugehen, wenn landwirtschaftliche Flächen an einen Nichtlandwirt veräußert werden sollen, obwohl ein leistungsfähiger und aufstockungsbedürftiger Landwirt zum Erwerb dieser Flächen bereit und in der Lage sei. Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2 sei zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung kein Landwirt im grundstücksverkehrsrechtlichen Sinn gewesen. Wenn Flächen erworben würden, um sie – wie hier - anschließend zu verpachten, handele es sich um eine Kapitalanlage und nicht um einen Erwerb zum Zweck der Landwirtschaft. Die Antragstellerin zu 2 sei auch keine einem Landwirt gleichgestellte Besitzgesellschaft, weil alsbald nach Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigungen 94,9 % ihrer Geschäftsanteile an die C... GmbH veräußert worden seien. Bei letzterer handele es sich um eine reine Kapitalanlagegesellschaft, die keine Landwirtschaft betreibe und nicht zum Konzernverbund der ... Agrar SE gehöre.
Für die sechs von der Rücknahme betroffenen Kaufverträge hätten zum Zeitpunkt der jeweiligen Genehmigungsentscheidungen am 22. Juni 2015 und am 30. Juli 2015 und zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung am 27. September 2017 erwerbsbereite und aufstockungsbedürftige Landwirte zur Verfügung gestanden. Dass nur Erwerbsinteressenten für jeweils einzelne Kaufgegenstände und nicht für alle beurkundeten Kaufverträge vorhanden gewesen seien, sei unschädlich, da der notarielle Vertrag keine rechtliche Einheit darstelle. Es handele sich vielmehr um einzelne, rechtlich selbständige Kaufverträge.
Weil das Vertrauen der Begünstigten auf den Bestand der erteilten grundstücksverkehrsrechtlichen Genehmigung grundsätzlich den Vorzug verdiene, komme eine Rücknahme nur in Ausnahmefällen in Betracht. Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2 als Käuferin habe hier von vornherein keine berechtigte Aussicht darauf gehabt, eine rechtmäßige Grundstücksverkehrsgenehmigung zu erhalten, weil sie nicht als erwerbsfähige Landwirtin qualifiziert werden konnte. Sie könne sich angesichts des Umstandes, dass bereits im Zeitpunkt der Antragstellung beabsichtigt gewesen sei, durch die Veräußerung der Geschäftsanteile der ... Landbau GmbH das Flächeneigentum aus dem Konzernverbund zu lösen und auf einen Kapitalanleger zu übertragen, auch nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Eine Genehmigungsfiktion nach § 6 Abs. 2 GrdstVG stehe der Rücknahme nicht entgegen. Die Entscheidungsfrist habe erst mit der Bekanntgabe des Rücknahmebescheides erneut in Lauf gesetzt werden können. Bereits mit diesem Bescheid sei aber zugleich auch die Mitteilung über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts erfolgt und damit die Genehmigung konkludent versagt worden. Ob die Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts selbst wirksam erfolgt sei, sei dabei ohne Belang.
Der Rücknahme stehe auch nicht die Genehmigungsfiktion des § 7 Abs. 3 GrdstVG entgegen. Für eine Genehmigungsfiktion bestehe kein Bedürfnis, wenn – wie hier – eine Genehmigung erteilt worden sei.
Die Rücknahmefrist des § 48 Abs. 4 VwVfG sei nicht verstrichen. Sie habe nicht vor Abschluss des Anhörungsverfahrens beginnen können. Die Antragsteller zu 1 und 2 hätten noch im Juli 2017 bzw. September 2017 im Anhörungsverfahren nach Akteneinsicht Stellung genommen. Dadurch erst sei die Jahresfrist in Gang gesetzt und mit der Bescheidung am 27. September 2017 eingehalten worden.
Die Mitteilung über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts sei aufzuheben, weil sie verfahrensfehlerhaft gemeinsam mit der Rücknahme der Grundstücksverkehrsgenehmigung verbunden worden sei. Durch die Gleichzeitigkeit habe keine Möglichkeit bestanden, den Genehmigungsantrag zurückzunehmen. Außerdem sei es verfahrensfehlerhaft gewesen, bereits vor Bekanntgabe der Entscheidung über die Rücknahme ein Verfahren über die Ausübung des Vorkaufsrechts einzuleiten und durchzuführen.
Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer zu 1 bis 4 mit ihren fristgemäß eingelegten Beschwerden, die Antragsteller zu 1 und 2 beschränkt auf die Zurückweisung ihrer Einwendungen gegen die Rücknahme der Genehmigung, die Beteiligten zu 3 und 4 nur, soweit das Landwirtschaftsgericht die Mitteilung über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts aufgehoben hat.
Die Antragsteller zu 1 und 2 sind der Ansicht, die Genehmigungsbehörde habe die 2015 erteilten Genehmigungen nicht zurücknehmen können. Der damalige Antrag der Antragstellerin zu 2 auf Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung habe sich auf den gesamten Kaufgegenstand aus dem notariellen Vertrag vom 29. Juni 2015 bezogen, so dass darüber nur einheitlich entschieden werden könne. Eine Aufspaltung in einzelne Kaufgegenstände sei nicht möglich. Gleiches gelte für die Rücknahme. Die erteilte Genehmigung sei nicht rechtswidrig gewesen. Es seien 2015 keine dringend aufstockungsbedürftigen Landwirte ermittelt worden, so dass auch der Erwerb durch die ... Landbau GmbH, selbst wenn sie als Nichtlandwirt anzusehen sei, zu genehmigen gewesen wäre. Die KG habe ihre anderen Betriebsflächen 21 km entfernt, so dass ihr Erwerb selbst gegen Maßnahmen der Agrarstruktur, der Schaffung zusammenhängender Wirtschaftseinheiten, widerspräche. Im Rahmen der Ermessensausübung bei der Rücknahmeentscheidung überwiege hier der Vertrauensschutz der Antragsteller zu 1 und 2 sowie des Rechtsverkehrs gegenüber dem Rücknahmeinteresse. Mit dem strengen Fristenregime und der Regelung von Genehmigungsfiktionen insbesondere in § 7 Abs. 3 GrdstVG treffe das Grundstücksverkehrsgesetz eine den allgemeinen Regelungen im Verwaltungsverfahrensgesetz vorgehende und abschließende Abwägung zwischen Rechtssicherheit und materieller Gerechtigkeit. Weder ein missbräuchliches Verhalten der ... Landbau GmbH noch gar eine Täuschungshandlung lägen objektiv vor. Erst recht wäre eine solche nicht kausal für die Entscheidung der Behörde gewesen. Jedenfalls sei deren Mitverschuldensanteil wegen unterlassener Aufklärung des Sachverhalts so gewichtig, dass ein behördliches Rücknahmeinteresse zurücktreten müsse. Die Mitteilung zur Ausübung des Vorkaufsrechts sei schon deshalb rechtswidrig, weil vorher zwingend der Erlass eines Zwischenbescheids an den Veräußerer erforderlich gewesen wäre. Mit der vom Landwirtschaftsgericht festgestellten Rechtswidrigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts sei wie im Fall der Nichtausübung die Grundstücksverkehrsgenehmigung nach § 9 Abs. 5 GrdstVG zu erteilen.
Die Antragstellerin zu 1 wendet daneben ein, die vom Sohn C... der beiden einzigen Gesellschafter der KG an diese verpachteten Flächen seien der KG wie Eigentumsflächen zuzurechnen. Für die dringende Aufstockungsbedürftigkeit sei im Hinblick auf die künftige Pachtflächenausstattung eine Prognoseentscheidung erforderlich. Dabei könne hier der offenbar als Betriebsnachfolger vorgesehene Sohn C... nicht wie ein Dritter als Verpächter betrachtet werden. Es sei somit von Eigenflächen der KG im Umfang von 425 ha auszugehen, 325 ha davon aus dem Eigentum des Gesellschafters sowie aus den von der von diesem beherrschten ... GmbH & Co.KG und 100 ha von den vom Sohn des Gesellschafters überlassenen Flächen. Im Übrigen verliere die KG mit der Ausübung eines der beiden Vorkaufsrechte, für die sie Interesse bekundet hat, ihren dringenden Aufstockungsbedarf. Hier sei aus der numerischen Aufzählung in der Kaufvertragsurkunde eine Reihenfolge für die Berücksichtigung der Vorkaufsfälle vorgegeben.
Die Antragstellerin zu 2 ist darüber hinaus der Ansicht, der 2015 von der Genehmigungsbehörde unterlassene Vorgang der Suche nach dringend aufstockungsbedürftigen, erwerbswilligen sowie erwerbsfähigen Landwirten sei nicht mehr nachholbar. Der Versagungsgrund der ungesunden Verteilung von Grund und Boden nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG habe nicht vorgelegen. Auch wenn die ... Landbau GmbH kein Landwirt war, ergebe sich aus der zugleich mit dem Kaufvertrag erfolgten langfristigen Rückverpachtung, dass der Erwerb dem Erhalt des landwirtschaftlichen Betriebs der Antragstellerin zu 1 gedient habe.
Die Beteiligte zu 4 begründet ihre Beschwerde damit, dass die Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht verfahrensfehlerhaft gemeinsam mit der Rücknahme der Grundstücksverkehrsgenehmigung erfolgt sei. Zu beiden Vorgängen, zur beabsichtigten Rücknahme und zum Verfahren über die Ausübung des Vorkaufsrechts habe die Genehmigungsbehörde die Antragsteller zu 1 und 2 mit Schreiben vom 29. Juni 2017 angehört und damit § 28 Abs. 1 VwVfG Genüge getan. Auch seien die Antragsteller zu 1 und 2 nicht schutzwürdig gewesen. Sie hätten durch ihre Täuschung im Genehmigungsverfahren die Situation für die Rücknahme der Genehmigung herbeigeführt. Mit der Rücknahme sei über den Genehmigungsantrag aus 2015 und damit auch über die Frage des Vorliegens eines Versagungsgrundes aufgrund Ausübung des Vorkaufsrechts nach dem Reichssiedlungsgesetz zu entscheiden gewesen. Die Rücknahme hänge vom Vorliegen des Versagungsgrundes ab.
Der Beteiligte zu 3 verweist für die Begründung seiner Beschwerde auf den Inhalt seiner im Verfahren 44 Lw 32/17 (Beschwerdeverfahren des Senats 16 WLw 2/20) übermittelten Beschwerdebegründung vom 25. September 2019 (Bl. 590 GA), ohne sie zum hiesigen Verfahren einzureichen. Nach dem Inhalt des Nichtabhilfeschlusses (Bl. 797 GA) greift er im Wesentlichen die Argumente zur hinreichenden Anhörung der Beteiligten zu 1 und 2 sowie zur Unteilbarkeit der Entscheidung über die Rücknahme mit der über die Ausübung des Vorkaufsrechts auf, die die Beteiligte zu 4 vorgebracht hat.
Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Beschwerden mit Beschluss vom 4. Februar 2020, Bl. 779 GA, nicht abgeholfen.
Der Senat hat die Genehmigungsbehörde und die landwirtschaftlichen Berufsvertretungen angehört. Die Behördenakte (VA) lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Außerdem ist der persönlich haftende Gesellschafter der KG, A... W...-M..., (im Folgenden: Zeuge) angehört worden. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Inhalt des Protokolls vom 29. Juni 2023, Bl. 882 ff. GA, Bezug genommen. Aus der Behördenakte ergibt sich für das Verfahren Folgendes: Der Zeuge hat für die KG bei der Bewerbung um den Erwerb der Grundstücke (damals noch betreffend Teilflächen aus den LOSen 1, 2, 3, 4, 12 und 13; vgl. Tabelle Bl. 107 VA zu Kaufgegenstand 4) in seinem Schreiben vom 20. August 2017 (Bl. 52 VA zu Kaufgegenstand 4) mitgeteilt, dass er in der KG gemeinsam mit seiner Ehefrau 1.350 ha Acker- und Grünlandflächen bewirtschafte. Er verfüge über 180 ha Eigenland, die restlichen Flächen seien dazu gepachtet. Der weitere Flächenerwerb diene dem Aufbau eines neuen Standbeins für den Betrieb, bei dem der ökologische Landbau und Sonderkulturen im Mittelpunkt stehen sollen. Eine beigefügte Berechnung der … Agrarverbände Brandenburg GmbH vom 12. Juni 2017 (Bl. 76 VA zu Kaufgegenstand 4) bescheinigt, dass der in der KG vorhandene bzw. gemeinsam mit der … Sch… GmbH genutzte Maschinenpark die Bewirtschaftung auch der hinzuzuerwerbenden Flächen bewältigen würde.
In der Verwaltungsakte zu Kaufgegenstand 4 befindet sich die Kopie einer Auskunft aus dem Handelsregister zur KG (Bl. 8 VA), nach der der Zeuge deren einziger persönlich haftender Gesellschafter ist. Seine Ehefrau ist Kommanditistin mit einer Einlage in Höhe von 300.000,00 €. Im Schreiben der Genehmigungsbehörde an die Siedlungsbehörde vom 13. September 2017 (Bl. 10 VA zum Kaufgegenstand 13) zur Herbeiführung einer Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts wird die Ansicht der Genehmigungsbehörde dahingehend mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts im Hinblick auf die erwerbsbereite, leistungsfähige und aufstockungsbedürftige KG vorliegen würden. Die KG habe 2015 1.240,4103 ha und 2017 1.241,0056 ha bei Fehlen von Eigentumsflächen bewirtschaftet. Eine handschriftliche Aufstellung auf Bl. 50 VA zu Kaufgegenstand 4 weist aus, dass der Zeuge persönlich 774 ha Eigentumsflächen habe, davon 92,2987 ha Ackerflächen, 56,9489 ha Grünflächen (also zusammen 149,2476 ha landwirtschaftliche Flächen) und 600,0546 ha Wald. Die Ehefrau des Zeugen habe Eigentum an 1,9 ha Ackerflächen und 371,62 ha Wald.
II.
1.
Die Beschwerden der Beteiligten zu 1 bis 4 sind zulässig. Sie sind gemäß § 10 Satz 2 und 3 RSG (für die der Beteiligten zu 3 und 4), § 22 Abs. 1 GrdstVG, § 1 Nr. 2 und 3, § 9 LwVG und § 53 Abs. 1 FamFG statthaft. Die nach § 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG gegenüber § 63 Abs. 1 FamFG verkürzte Beschwerdefrist von zwei Wochen ist gewahrt (§ 63 Abs. 1 FamFG). Der angefochtene Beschluss hat mit der Genehmigung der rechtsgeschäftlichen Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG zum Gegenstand (v. Selle/Huth/Huth, 1. Aufl. 2017, LwVG § 9 Rn. 192).
2.
Die Rechtsmittel der Antragsteller zu 1 und 2 haben in der Sache keinen Erfolg. Auf die begründeten Beschwerden der Beteiligten zu 3 und 4 ist der Beschluss des Landwirtschaftsgerichts aufzuheben, soweit es die Mitteilung der Genehmigungsbehörde über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts einschließlich damit zum Ausdruck gebrachter Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung aufgehoben hat. Die Anträge der Antragsteller zu 1 und 2 auf gerichtliche Entscheidung über ihre Einwendungen gegen die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts sind zurückzuweisen.
a)
Die Beteiligte zu 4 hat als zuständiges Siedlungsunternehmen (§ 1 Abs.1 Satz 3 RSG i.V.m. § 2 RSGDV vom 29. Juli 1998) das Vorkaufsrecht nach §§ 4 ff. RSG wirksam ausgeübt. Durch den Kaufvertrag vom 29. Juni 2015 werden landwirtschaftliche Grundstücke veräußert; diese Veräußerung bedarf der Genehmigung nach dem GrdstVG, und diese Genehmigung wäre nach § 9 GrdstVG zu versagen (§ 4 Abs.1 RSG).
aa)
Die am 30. Juli 2015 erteilte Genehmigung für die Veräußerung der vom Kaufgegenstand 13 (LOS 13) umfassten Grundstücke ist von der Genehmigungsbehörde mit Bescheid vom 27. September 2017 wirksam zurückgenommen worden, so dass über den Genehmigungsantrag der Antragstellerin zu 2 aus 2015 erneut zu entscheiden war.
bb)
Nach den in den Parallelverfahren 16 WLw 5/20 und 16 WLw 7/20 getroffenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschlüsse vom 29. April 2022 – Az. BLw 4/20 und BLw 5/20) liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme auch der hier erteilten Genehmigung gemäß § 48 Abs. 3 VwVfG aus folgenden Gründen vor:
Genehmigungen nach dem Grundstückverkehrsgesetz sind einer Rücknahme nach den allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts grundsätzlich zugänglich (vgl. näher dazu: BGH, Beschluss vom 29. April 2022 – BLw 5/20 –, Rn. 14 ff., juris).
Die hier auf einzelne Kaufgegenstände beschränkte Genehmigungsrücknahme trotz des ursprünglich einheitlich gestellten Genehmigungsantrags und der einheitlich erteilten Genehmigung ist zulässig, weil ungeachtet der Zusammenfassung der Vereinbarungen in einer Vertragsurkunde nach dem Willen der Vertragspartner kein einheitliches Rechtsgeschäft vorliegt. Die einheitliche Urkunde enthält hier mehrere rechtlich selbständige Verträge, die der Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz bedürfen (BGH, a.a.O., Rn. 17 ff.).
Die Rücknahme ist nicht nach § 7 Abs. 3 GrdstVG ausgeschlossen. Zwar scheidet sowohl eine direkte als auch eine analoge Anwendung der Vorschrift aus. Ihre Wertung muss allerdings bei einem nach § 48 VwVfG durchzuführenden Rücknahmeverfahren berücksichtigt werden. Die Rücknahme einer rechtswidrigen Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz ist nach dem im Rahmen der Ermessenausübung einzubeziehenden Rechtsgedanken des § 7 Abs. 3 GrdstVG regelmäßig ausgeschlossen, wenn das Rücknahmeverfahren nicht innerhalb eines Jahres nach Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch eingeleitet worden ist; das gilt jedoch nicht, wenn die in § 48 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 VwVfG genannten Voraussetzungen vorliegen, unter denen sich die Beteiligten nicht auf Vertrauensschutz berufen können (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 26, juris).
So liegt der Fall hier. Es kann dabei dahinstehen, ob der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 VwVfG erwirkt worden ist. Denn jedenfalls ist mit den Ausführungen des Bundesgerichtshofs in den o.g. Entscheidungen der Parallelverfahren auch hier der Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 VwVfG erfüllt. Danach kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren.
Dies ist angesichts der in wesentlichen Punkten unvollständigen und unrichtigen Angaben in dem Antrag der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2 der Fall. Denn die Erwerberin hatte in ihrem Antrag angegeben, dass die Veräußerung der Grundstücke an sie dazu diene, im Zuge einer Umstrukturierung eine konzerninterne Besitzgesellschaft zu schaffen. Diese Angaben waren unvollständig, da die Änderungen bei den Gesellschaftern der Antragstellerin zu 2 im Zeitpunkt des Antrags schon in die Wege geleitet worden waren, und unrichtig, weil die dauerhafte Einbringung der Flächen in eine konzerninterne Besitzgesellschaft nicht beabsichtigt war. Die unvollständigen und unrichtigen Angaben waren entscheidungserheblich.
Als Rechtsgrundlage für eine Versagung der beantragten Genehmigung kam nur § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG in Betracht. Danach darf die Genehmigung zur Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet. Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 GrdstVG vorliegt, ist, ob die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Das ist nach ständiger Rechtsprechung in der Regel dann der Fall, wenn landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nichtlandwirt veräußert werden soll und ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist, die Fläche zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben (st. Rspr., vgl. nur: BGH, Beschluss vom 26. November 2010 - BLw 14/09 -, Rn. 10 m.w.N., juris). Eine Ausnahme von dieser Regel ist für den Erwerb durch die Besitzgesellschaft nach einer Aufspaltung des landwirtschaftlichen Unternehmens in eine Besitz- und eine oder mehrere Betriebsgesellschaft(en) anerkannt, aber nur dann, wenn eine sachliche und personelle Verflechtung zwischen Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft besteht, bei der die Überlassung der Grundstücke an das landwirtschaftliche Unternehmen sichergestellt ist, und die hinter den Unternehmen stehenden Personen den einheitlichen Willen haben, Landwirtschaft zu betreiben (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 16 ff., juris).
Jedenfalls wegen der geplanten Übertragung der Geschäftsanteile an der Erwerberin wäre sie zweifelsfrei als Nichtlandwirt anzusehen gewesen. Der Flächenerwerb diente nämlich der Weiterveräußerung an eine konzernfremde Kapitalanlagegesellschaft, die Gewinne aus der Rückverpachtung erzielen sollte, also nicht einer Besitzgesellschaft. Eine Gesellschaft der Art hier ist nach gefestigter Rechtsprechung auch dann nicht als Landwirt anzusehen, wenn sie - wie vorliegend - zu einer langfristigen Verpachtung an Landwirte, hier die Veräußerin, die Beteiligte zu 1, bereit ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2022 – BLw 5/20 –, Rn. 38 – 40, juris).
Darauf, ob die Genehmigungsbehörde eine Mitverantwortung trifft, wie die Antragsteller zu 1 und 2 meinen, indem sie darauf verweisen, dass die Behörde den Sachverhalt näher aufzuklären und zu überprüfen hatte, kommt es nicht an, weil § 48 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 VwVfG auch dann anwendbar ist (BGH a.a.O., Rn. 44, mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 24. Juli 2014 – 3 C 23/13 –, Rn. 33 m.w.N., jew. juris).
b)
Soweit der Bundesgerichtshof in den zu den Parallelverfahren getroffenen Rechtsbeschwerdeentscheidungen (BLw 4/20 und BLw 5/20) darauf verwiesen hat, dass, da die Rücknahme und die (in der Mitteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts enthaltene) Genehmigungsversagung denselben Verfahrensgegenstand betreffen, die Entscheidung nur einheitlich getroffen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2022 – BLw 4/20 –, Rn. 9, juris), kommt es darauf an, ob dringend aufstockungsbedürftige und leistungsfähige Landwirte zu einem Erwerb der Flächen zu den Bedingungen des Kaufvertrags bereit und in der Lage gewesen sind. Dann ist ein Versagungsgrund gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG gegeben; maßgeblich ist insoweit der in § 6 Abs. 1 Satz 3 RSiedlG festgelegte Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2022 – BLw 5/20 –, Rn. 59, juris), hier also September 2017.
aa)
Gemessen daran, lagen hier die Voraussetzungen für die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts nach § 4 Abs. 1 RSiedlG vor. Die ... Landwirtschafts KG ist als Landwirt zum Erwerb der Grundstücke betreffend den Kaufgegenstand 13 bereit, benötigt die Flächen dringend zur Aufstockung ihres Betriebes und ist in der Lage, die Flächen zu den Bedingungen des Kaufvertrages vom 29. Juni 2015 zu erwerben.
(1)
Ihre Bereitschaft zum Erwerb hat die KG im Verwaltungsverfahren 2017 schriftlich bekundet.
(2)
Ihre Leistungsfähigkeit hat sie mit der Stellung der Bürgschaft über den Kaufpreis aus der notariellen Vereinbarung mit der Beteiligten zu 4 vom 25. September 2017 zzgl. 10 % belegt.
(3)
Sie hat auch den erforderlichen dringenden Aufstockungsbedarf. Für das Aufstockungsinteresse ist nicht erforderlich, dass der kaufinteressierte Landwirt zur Aufrechterhaltung seines Betriebes auf das streitgegenständliche Grundstück angewiesen ist. Grundsätzlich stellt jeder Schritt auf dem Weg zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Eigenland und Pachtland eine strukturelle Verbesserung dar und dient damit der wirtschaftlichen Stärkung des Betriebs, was wiederum einen Aufstockungsbedarf begründet. Dringend ist der Aufstockungsbedarf, wenn eine gesteigerte Notwendigkeit für den Erwerb nach wirtschaftlichen und agrarstrukturellen Gesichtspunkten in mittel- und langfristiger Perspektive zu bejahen ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 28. April 2017 – BLw 1/15 –, Rn. 14, juris; BGH, Beschluss vom 26. April 2002 - BLw 2/02, RdL 2002, 242 f.). Anerkannt hat der Bundesgerichtshof dies auch bei einer geringfügigen Anhebung eines bislang geringen Eigenlandanteils (BGH, Beschluss vom 26. April 2002 - BLw 36/01, NJW-RR 2002, 1169 f.). Nach verbreiteter Ansicht besteht ein dringendes Aufstockungsbedürfnis bei Betrieben, die bis zu ca. 50 % aus Pachtflächen bestehen (vgl. z.B. OLG Celle, RdL 2013, 77, 80; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rn. 2069). Dagegen lehnen es andere ab, sich von starren Prozentsätzen leiten zu lassen (BGH, Beschluss vom 28. April 2017 – BLw 1/15 –, Rn. 14, juris, mit Verweis auf Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 5 W (Lw) 5/12 –, Rn. 76, juris). Danach beurteilt sich, ob ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt, nach den Umständen des Einzelfalls. Es lässt sich nicht allgemein definieren, welches Verhältnis zwischen Pacht- und Eigenland als unausgewogen anzusehen ist. Dies hängt vielmehr von den konkreten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab, die sich im Lauf der Zeit ändern und zudem regionale Unterschiede aufweisen können; darüber hinaus müssen Besonderheiten des Einzelfalls Berücksichtigung finden. Je unsicherer die Verlängerung von Pachtverhältnissen (auch infolge veränderter Konditionen) in der betroffenen Region erscheint, desto eher kann eine Erhöhung des Eigenlandanteils dringend geboten sein. Zudem kann sich ein dringender Aufstockungsbedarf schon daraus ergeben, dass die zu erwerbenden Flächen in unmittelbarer Nähe der Hofstelle oder der bereits bewirtschafteten Flächen des kaufinteressierten Landwirts liegen und daher besonders geeignet sind, die Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung zu verbessern (BGH, Beschluss vom 28. April 2017 – BLw 1/15 –, Rn. 15, juris).
Können hiernach Pachtverhältnisse, deren Verlängerung unsicher ist, für die Erhöhung des Eigenlandanteils sprechen, gilt umgekehrt, dass sichere Pachtverhältnisse gegen einen dringenden Aufstockungsbedarf sprechen können. Im Einzelfall können damit nicht nur Pachtverhältnisse, für die eine lange Laufzeit oder aber allein vom Pächter abhängige (langfristige) Verlängerungsoptionen vereinbart sind, zu berücksichtigen sein. In vergleichbarem Maße kann auch für andere Pachtverhältnisse ein sicherer Fortbestand angenommen werden, wenn sie auf besonderer wirtschaftlicher oder persönlicher Verbindung mit dem aufstockungsbedürftigen Landwirt gegründet sind. Insbesondere in Fällen der (bewussten) Aufteilung des landwirtschaftlichen Betriebs auf verschiedene juristische Personen oder Personengesellschaften können untereinander verpachtete Flächen die Gewähr für eine sicherere Verlängerung der Pachtverträge bieten. Gleiches gilt für Flächen, die von dem persönlich haftenden Gesellschafter der Personengesellschaft verpachtet werden. Gleichwohl folgt hieraus nicht, dass jede persönliche oder wirtschaftliche Verbindung der Aufstockungsbedürftigkeit entgegen stehen muss. So werden Pachtverhältnisse mit Kommanditisten keine hinreichende Sicherheit bieten, dass kurzfristige Pachtverhältnisse regelmäßig verlängert werden. Auch Verwandtschaftsverhältnisse alleine genügen hierfür nicht, weil sie weder ein grundsätzliches gemeinsames wirtschaftliches Ziel noch ein rechtlich relevantes Vertrauen begründen müssen. Letztlich sind auch hier keine festen Abgrenzungskriterien möglich, sondern von den Besonderheiten des Einzelfalls abhängig.
Gemessen daran gilt hier folgendes:
Die KG bewirtschaftete 2017 nach den Ermittlungen der Genehmigungsbehörde 1.241,0056 ha landwirtschaftliche Flächen, wovon keine in ihrem (unmittelbaren) Eigentum stand. Diese Angaben hat der Zeuge W…-M… in seiner Anhörung glaubhaft bestätigt. Die bewirtschaftete Fläche der KG liegt damit erheblich über dem Durchschnittswert für Personengesellschaften von 369 ha nach dem Agrarbericht für das Land Brandenburg (2016) und ist insoweit eher juristischen Personen (eingetragenen Genossenschaften) von der Größe her vergleichbar, die durchschnittlich 1.399 ha im Jahr 2016 genutzt haben. Die Betrachtung der KG als Personengesellschaft oder wie eine juristische Person ist letztlich nicht entscheidungserheblich, weil für sie in beiden Kategorien ein dringender Aufstockungsbedarf anhand einer unterdurchschnittlichen Eigenlandquote festgestellt werden kann.
Nach den auch im Übrigen glaubhaften Angaben des Zeugen sind die in seinem persönlichen Eigentum stehenden landwirtschaftlichen Flächen von 159,76 ha sowie die der von ihm beherrschten … GmbH & Co KG gehörenden Flächen von 165,27 ha, beide in der fraglichen Zeit, September 2017, an die KG verpachtet, wie deren Eigenland zu behandeln und als solches zu berücksichtigen. Aufgrund der persönlichen Verbindung der dem Gesellschafter der KG gehörenden Flächen bzw. aufgrund der in seiner Person über die … GmbH & Co KG begründeten wirtschaftlichen engen Verbundenheit sind die von diesen überlassenen Pachtflächen wie Eigenland der KG zu berücksichtigen. Unberücksichtigt bleiben als solche allerdings die Flächen, die der Sohn C... des Zeugen der KG im Umfang von 100 ha aufgrund eines Pachtvertrages von 2015 bis 2025 überlassen hatte. Anders als bei den im Eigentum des Zeugen selbst bzw. im Eigentum der … GmbH & Co KG stehenden Flächen steht dem Zeugen bzw. der KG gegenüber seinem - zum Vertragsschluss schon volljährigen - Sohn keine derart beherrschende Position zu, die eine dauerhafte, Eigentumsflächen vergleichbare Verfügbarkeit der Flächen begründen würde. Gleiches gilt für die landwirtschaftlichen Flächen von 1,9 ha, die sich im Eigentum der Ehefrau des Zeugen befinden. Die Ehefrau ist lediglich Kommanditistin der KG.
Mit diesen von dem Zeugen und von der … GmbH & Co KG an die KG überlassenen Flächen von insgesamt 325,03 ha, die als Eigenland zu berücksichtigen sind, verfügte die KG über eine Eigentumsquote von 26,2 %. Dieser Wert lag jedenfalls unter dem nach dem Agrarbericht für das Land Brandenburg für 2016 ermittelten Durchschnittswerten für Personengesellschaften von 31,8 % bzw. bei juristischen Personen von 28,3 % für Eigenland.
Für den dringenden Aufstockungsbedarf sprechen außerdem die vom Zeugen belegte bessere Auslastung des von der KG benutzten Maschinenparks sowie das Vorhaben, mit ökologischer Landwirtschaft und Anbau von Sonderkulturen bei Erwerb der verfahrensgegenständlichen Flächen ein weiteres Standbein für die Tätigkeit der KG aufzubauen und damit ihre betriebswirtschaftliche Leistungsfähigkeit langfristig zu erhalten und zu erhöhen.
Auch wenn die KG ihr Erwerbsinteresse sowohl für den hier verfahrensgegenständlichen Kaufgegenstand 13 als auch für den Kaufgegenstand 4 (Verfahren des Senats 16 WLw 3/20) angemeldet hat, ist der Aufstockungsbedarf getrennt und unabhängig für jedes der beiden Verfahren zu bewerten, bezogen auf den Stichtag der Genehmigungsrücknahme. Es kommt daher nicht darauf an, ob die KG bei etwaigem Erwerb hier, der im Übrigen mit der Entscheidung im Verfahren selbst noch nicht vollzogen, noch nicht einmal sicher ist, weil es der Veräußerung durch das Siedlungsunternehmen noch bedarf, über die dargestellte Grenze des Durchschnitts an Eigenland käme.
c)
Entgegen der Ansicht der Antragsteller zu 1 und 2 bedarf es vorliegend keines Zwischenbescheides gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG, weil dieser bei der Rücknahme der Genehmigung nicht vorgesehen ist und seine Funktion mit Durchführung des Anhörungsverfahrens nach § 28 VwVfG gewahrt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2022 – BLw 5/20 –, Rn. 49 ff., juris).
d)
Die Genehmigungsbehörde handelte auch im Übrigen nicht ermessensfehlerhaft bei Erklärung der Rücknahme, verbunden mit der Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts.
Sind die Anforderungen an einen Versagungsgrund im Sinne von § 9 Abs. 1 GrdstVG erfüllt, so ist die Ermessensausübung dahingehend intendiert, dass die Genehmigung (durch Mitteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts) versagt werden muss bzw. nur mit Einschränkungen erteilt werden darf; die Entscheidung wird durch das Ziel des Grundstückverkehrsgesetzes vorgegeben, das darin besteht, die Agrarstruktur der Bundesrepublik zu verbessern und land- und forstwirtschaftliche Betriebe zu sichern (vgl. BVerfG 21, 73, 80 und die Überschrift des Gesetzes). Eine Erteilung der Genehmigung trotz bestehenden Versagungsgrundes kommt, wie die Beteiligte zu 4 zutreffend ausführt, nur unter den in § 9 Abs. 6 und 7 GrdstVG gesetzlich geregelten Voraussetzungen in Betracht (BGH, a.a.O., Rn. 59, juris). Diese liegen hier jedoch offenkundig nicht vor.
e)
Einwendungen gegen das Vorkaufsrecht i. S. v. § 10 RSG, die durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch das nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen zuständige Gericht geltend gemacht werden können, sind nach dessen Satz 1 nur solche, die sich darauf gründen, dass die Veräußerung einer Genehmigung nach dem GrdstVG nicht bedarf oder die Genehmigung nach § 9 dieses Gesetzes nicht zu versagen wäre.
Die Antragsteller können in diesem Verfahren nicht mit dem Einwand gehört werden, die Weiterveräußerung von der Beteiligten zu 4 an die KG sei gemäß § 134 BGB nichtig, weil damit eine ungenehmigte Subventionierung der Erwerberin erfolge, da die verfahrensgegenständlichen Grundstücke nicht unerheblich unter ihrem jetzigen Wert veräußert würden.
Die Frage der Wirksamkeit der Weiterveräußerung Veräußerung gehört nicht zum Prüfungsumfang des Landwirtschaftsgerichts. Sie hat weder etwas damit zu tun, dass die Veräußerung der Antragstellerin zu 1 an die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 2 einer Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz nicht bedarf, noch dass die Genehmigung nach § 9 des Grundstückverkehrsgesetzes nicht zu versagen wäre.
Im Übrigen, ohne dass es darauf noch ankommt, sind Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligte zu 4 die verfahrensgegenständlichen Grundstücke an die KG weit unter Wert veräußert habe, nicht ersichtlich. Der Vertrag ist bereits am 25. September 2017 geschlossen worden, also gut 2 Jahre nach dem Veräußerungsgeschäft der Antragsteller zu 1 und 2. Der bei der Weiterveräußerung vereinbarte Kaufpreis von 576.000,00 € entspricht 10.462,70 €/ha und liegt damit etwa 9 % über dem im Kaufvertrag zwischen den Antragstellern zu 1 und 2 bezifferten von 9.600,00 €/ha. Dafür dass der Wertzuwachs der Grundstücke in dieser kurzen Zeit erheblich darüber lag, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Vielmehr lässt die bei der Weiterveräußerung vereinbarte Erhöhung des Kaufpreises gegenüber dem im genehmigungsbedürftigen Vertrag erkennen, dass den Vertragsparteien des späteren Geschäfts die Berücksichtigung eines durch den Zeitablauf eingetretenen Wertzuwachses bewusst war.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44 Abs. 1, Abs. 2, 45 Satz 2 LwVG.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen (§ 9 LwVG i. V. m. § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG).
Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 76 Nr. 4 GNotKG.