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Wasserrecht; Zulassungsantrag; öffentliche Wasserversorgung; freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe; "Privatisierung" der Wasserversorgung; Einhaltung der Trinkwasserversorgung; Passivlegitimation; ernstliche Richtigkeitszweifel; Verfahrensfehler; Aufklärungspflicht; tatsächliche/rechtliche Schwierigkeiten; Darlegungsanforderungen


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 13.10.2010
Aktenzeichen OVG 2 N 27.08 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 2 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 5 VwGO, § 59 Abs 1 WasG BB, AVBWasserV, TrinkwV

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. Februar 2008 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Die Zulassung der Berufung kommt nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) in Betracht.

a) Dabei kann offen bleiben, ob die von der Klägerin genannten, hier allein zu prüfenden Gründe geeignet wären, die Feststellung des Verwaltungsgerichts in Zweifel zu ziehen, die streitgegenständliche Brunnenanlage sei auch vor dem Beitritt kein Bestandteil der öffentlichen Wasserversorgung gewesen, sodass eine jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossene Fortwirkung insoweit nicht bestehen könne (UA S. 6). Denn das angegriffene Urteil erweist sich im Ergebnis, wenn auch aus anderen als vom Verwaltungsgericht erwogenen Gründen als zutreffend (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 7. April 2010 - OVG 2 N 179.07 - ; Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. A. 2006, § 124 Rn. 101; VGH München, Beschluss vom 26. März 2003, NVwZ 2004, 629), weil der Beklagten bezogen auf das klägerische Begehren die erforderliche Passivlegitimation fehlt. Den Beteiligten ist vor der Entscheidung des Senats zu diesem Gesichtspunkt rechtliches Gehör gewährt worden.

Die Beklagte ist nach materiellem Recht zu der von der Klägerin begehrten Leistung nicht verpflichtet. Selbst wenn der streitgegenständliche Brunnen - entsprechend der Behauptung der Klägerin - Bestandteil der öffentlichen Wasserversorgung wäre, ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Sicherstellung, „dass der zur Trinkwasserversorgung mehrerer Anlieger genutzte Brunnen im öffentlichen Bereich der … die Anforderungen der Trinkwasserverordnung erfüllendes Trinkwasser liefert“, nicht gegen die Beklagte zu richten.

Ausweislich der Satzung der Stadt Brandenburg an der Havel über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und deren Benutzung (Wasserversorgungssatzung) vom 9. November 2005 (ABl. Nr. 15 vom 22. November 2005) betreibt zwar die Beklagte die Wasserversorgung als öffentliche Einrichtung zur Versorgung der Grundstücke des Stadtgebietes mit Trinkwasser und Betriebswasser (§ 1 Nr. 1 Satz 1). Betreiber der öffentlichen Wasserversorgung ist jedoch die B. GmbH W.gesellschaft Brandenburg an der Havel (§ 1 Nr. 1 Satz 2). Der Anschluss an die öffentliche Einrichtung und die Wasserlieferung erfolgen durch die B. GmbH W.gesellschaft Brandenburg an der Havel auf der Grundlage privatrechtlicher Verträge nach Maßgabe der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) nebst den dazu von der B. erlassenen ergänzenden Bestimmungen jeweils in der bei Erlass dieser Satzung geltenden Fassung (§ 1 Nr. 2). Ob die Beklagte mit diesen Regelungen die in § 59 Abs. 1 Satz 1 BbgWG als Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinde festgeschriebene Aufgabe der Wasserversorgung insgesamt auf die B. GmbH übertragen hat („Aufgabenprivatisierung“) oder aber sich unter Beibehaltung der Aufgabenzuständigkeit lediglich zur Erfüllung der konkreten Leistungen der Einrichtung der B. GmbH bedient („Erfüllungsprivatisierung“), bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung, da bei der von der Beklagten mit den o.a. Regelungen gewählten Gestaltung das die Wasserlieferung betreffende Rechtsverhältnis in jedem Fall nur zwischen der Klägerin und der B. GmbH zustande kommt. Denn dadurch, dass der Betrieb der Einrichtung ausdrücklich nicht bei der Beklagten verbleibt und die B. GmbH über die Wasserlieferung privatrechtliche Verträge im eigenen Namen abschließt, läge eine Erfüllungsprivatisierung weder in der Konstellation eines Verwaltungshelfers noch in der Form vor, dass die B. GmbH die öffentliche Einrichtung im Namen der Gemeinde als deren Vertreter betreibt. Durch die in § 1 Nr. 2 Wasserversorgungssatzung enthaltene Ermächtigung zum Abschluss privatrechtlicher Verträge im eigenen Namen ist die B. GmbH berechtigt eigene Rechtsbeziehungen zu den Kunden zu begründen. Im Fall dieser als Konzession bezeichneten Ausformung der Erfüllungsprivatisierung, die bei der Einschaltung einer Eigengesellschaft der Kommune oder eines mehrheitlich von ihr gehaltenen Unternehmens unter dem Begriff der „Organisationsprivatisierung“ behandelt wird, ist Partei in einem Gerichtsverfahren der private Konzessionär bzw. das Wirtschaftsunternehmen. Bei der Aufgabenprivatisierung ist dies ohnehin der Fall, da die ursprüngliche Einrichtung der Gemeinde als privatnütziges wirtschaftliches Unternehmen fortgeführt wird (vgl. z. Vorstehenden insgesamt: Sächs. OVG, Beschluss vom 24. September 2004 - 5 BS 119/04 -, juris, z. SächsWG; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Komm., Stand: März 2010, Kommunalabgaben § 6 Rn. 130a, 130b). Die Beklagte ist sowohl zu einer Aufgabenprivatisierung als auch zu einer Erfüllungsprivatisierung in der beschriebenen Form berechtigt. Die Organisation der Wasserversorgung fällt nach Art. 28 Abs. 2 GG unter das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden und ist ihnen nach § 59 Abs. 1 Satz 1 BgWG als freiwillige Aufgabe übertragen, derer sich die Gemeinden auch durch Übertragung auf Private entledigen können.

Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung ist die Einhaltung der Trinkwasserverordnung in Bezug auf Wasser, welches die Klägerin dem streitgegenständlichen Brunnen als – entsprechend ihrer Behauptung – Teil der öffentlichen Wasserversorgung entnimmt. Diese wird im Stadtgebiet, zu dem auch der Ortsteil Bohnenland gehört (UA S. 2; vgl. auch Wikipedia), aufgrund der in § 1 Nr. 1 Satz 2 der Wassersatzung getroffenen Regelung von der B. GmbH betrieben. Gemäß § 4 Abs. 3 AVBWasserV i.V.m. § 1 Nr. 2 Wasserversorgungssatzung muss Letztere sicherstellen, dass das Wasser den jeweils geltenden Rechtsvorschriften und den anerkannten Regeln der Technik für die vereinbarte Bedarfsart (Trink- oder Betriebswasser) entspricht, d.h. u.a. der Trinkwasserverordnung. Der Anspruch der Klägerin als Nutzerin des Brunnens auf Entnahme/Lieferung diesen Anforderungen entsprechenden Wassers ist - jedenfalls soweit er wie hier ausweislich des Streitgegenstandes auf die öffentliche Wasserversorgung gestützt wird - allein gegen die B. GmbH zu richten. In diesem Verhältnis wäre inzident zu prüfen, ob die in Rede stehende Brunnenanlage Bestandteil der öffentlichen Wasserversorgung ist bzw. vor dem 3. Oktober 1990 in Verbindung mit einer ggf. bestehenden Fortwirkung gewesen ist, ohne dass es auf eine Übergabe des konkreten Brunnens als Wasserversorgungsanlage seitens der Beklagten an die B. GmbH oder eine Eigentumsübertragung ankommt.

b) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, ihr erstinstanzlich gestellter Antrag sei auch darauf gerichtet, im Verhältnis zur Beklagten feststellen zu lassen, dass nicht sie, sondern die Beklagte die Verpflichtungen der Trinkwasserverordnung einzuhalten habe, und es daher entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts darauf ankomme, ob die Beklagte Inhaberin oder Eigentümerin der Brunnenanlage sei. Insoweit muss sich die Klägerin an ihrem Klageantrag festhalten lassen, wonach es ausschließlich um den Bezug von den Anforderungen der Trinkwasserverordnung genügenden Trinkwassers, mithin um die Lieferung von Trinkwasser in einer bestimmten Qualität geht. Nichts anderes ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht protokollierten Erklärung der Klägerin zu entnehmen. Auch hiernach richtet sich ihr Begehren auf die Möglichkeit, aus dem Brunnen der Trinkwasserverordnung entsprechendes Wasser zu entnehmen. Dies sicherzustellen, fordert die Klägerin von der Beklagten, und hat den hierauf gerichteten Anspruch zum Gegenstand einer gegen die Beklagte gerichteten Leistungsklage gemacht.

Soweit dem Zulassungsvorbringen zu entnehmen sein sollte, die Klägerin stütze ihr Begehren auch darauf, dass die Beklagte aufgrund ihres von der Klägerin behaupteten Eigentums an der Brunnenanlage verpflichtet sei, die Trinkwasserverordnung einzuhalten, könnte sie dies allein aufgrund eines faktischen Nutzungsverhältnisses gegenüber der Beklagten geltend machen. Hierfür wäre jedoch lediglich der Zivilrechtsweg eröffnet. Mit Blick hierauf ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Klagebegehren im Interesse der Zulässigkeit der Klage allein im öffentlichen Recht verortet hat.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensfehlers, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), zuzulassen.

a) Dabei bedarf keiner Entscheidung, ob das Verwaltungsgericht seiner Aufklärungspflicht genügt hat. Eine Zulassung der Berufung kommt nämlich dann nicht in Betracht, wenn der Verfahrensmangel - nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - für den Ausgang des Berufungsverfahrens ohne Bedeutung wäre, wenn sich also das Urteil des Verwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig erweist, und der gerügte Verfahrensfehler - wie hier - nicht zu den in § 138 VwGO genannten absoluten Revisionsgründen zählt (vgl. Beschluss des Senats vom 7. April 2010 - OVG 2 N 179.07 - ; Seibert, a.a.O., § 124 Rn. 224; OVG Münster, Beschluss vom 31. März 2004, NVwZ-RR 2004, 701).

Die von der Klägerin monierte Verletzung der Aufklärungspflicht betrifft im Wesentlichen die Zugehörigkeit des streitgegenständlichen Brunnens zur öffentlichen Wasserversorgung und die von ihr in diesem Zusammenhang für maßgeblich erachteten Umstände. Hierauf kommt es jedoch für den Ausgang des Berufungsverfahrens nicht an, da es für den geltend gemachten Anspruch aus den oben dargestellten Gründen bereits an der erforderlichen Passivlegitimation der Beklagten fehlt.

b) Soweit die Klägerin darüber hinaus rügt, das Verwaltungsgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Beklagte Inhaberin bzw. Eigentümerin der Brunnenanlage sei, scheitert die Annahme einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht - unabhängig von etwaigen Darlegungsanforderungen - bereits daran, dass sich dem Verwaltungsgericht nach seiner Rechtsansicht weitere Ermittlungen nicht aufdrängen mussten. Für die nach dessen Ansicht allein streitentscheidende Frage, ob der in Rede stehende Brunnen Bestandteil der öffentlichen Wasserversorgung ist, kam es nach der in diesem Verfahrensstadium maßgeblichen Meinung des Verwaltungsgerichts auf die Eigentumsverhältnisse nicht an (UA S. 7).

3. Eine Zulassung der Berufung kann schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erfolgen.

Dabei dürfte mit dem schlichten Hinweis auf Schwierigkeiten bei der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts sowie den erhöhten Begründungsaufwand des Verwaltungsgerichts den Darlegungsanforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht genügt sein.

In jedem Fall weist eine Rechtssache nur dann Schwierigkeiten der beschriebenen Art auf, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben, die sich nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern. Die Berufung ist danach zuzulassen, wenn der Ausgang des Rechtsstreits auf Grund der summarischen Prüfung im Zulassungsverfahren als offen erscheint (OVG Berlin-Brandenburg, vgl. u.a. Beschluss vom 31. Mai 2007 - OVG 12 N 55.07 -). Dass dies vorliegend nicht der Fall ist, ergibt sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).