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Die Zustellung der Ladung zum Anhörungstermin an einzelne Beteiligte ist durch § 59 Abs. 3 S. 1 u. 2 FlurbG nicht zwingend vorgeschrieben. Die Ladung kann nach § 59 Abs. 3 S. 3 Hs. 1 FlurbG auch durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Soweit neben der öffentlichen Bekanntmachung der Ladung eine fehlerhafte individuelle Bekanntgabe durch Zustellung erfolgt sein sollte, macht dies die öffentliche Bekanntgabe nicht wirkungslos.


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 70. Senat Entscheidungsdatum 30.08.2023
Aktenzeichen 70 A 2/22 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0830.70A2.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 59 Abs 2 FlurbG, § 8a FlurbuaGAG BB, § 59 Abs 3 FlurbG, § 59 Abs 5 FlurbG, § 110 FlurbG, § 111 Abs 1 FlurbG, § 134 Abs 2 FlurbG, § 134 Abs 3 FlurbG

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30,00 EUR erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig nach einem Streitwert von 5.000,00 EUR.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Bodenordnungsplan im Bodenordnungsverfahren.

Er ist seit dem 10. Januar 2013 Eigentümer mehrerer im Gebiet des Bodenordnungsverfahrens „W...“ gelegener Grundstücke in der Gemarkung W... (K...) und der Gemarkung U... (K...). Die Flurstücke standen zuvor im Eigentum seines im O... 2009 verstorbenen Vaters R... und daraufhin seiner Mutter Z... als Erbnehmerin, die dem Kläger die Grundstücke übertragen hat. Der Kläger ist mit Einlageflächen von 8... m² (Wertzahl: 6... WE) Teilnehmer des mit Beschluss vom 4. Dezember 2000 angeordneten Bodenordnungsverfahrens. Dieser wurde nach Auslegung in der Gemeinde ortsüblich bekannt gemacht. Die Feststellung der Wertermittlung datiert vom 24. Januar 2007. In einem Planwunschtermin am 5. März 2008 teilte der Vater des Klägers mit, dass er eine Zusammenlegung aller Flurstücke in der Lage U...i... wünsche und mit einer Verschlechterung bzw. Verbesserung der Bodenqualität und Änderung der Nutzungsart zwischen Grün- und Ackerland sowie Wald und Wirtschaftsflächen einverstanden sei. Die Neuordnung der Flächen erfolgte im Entwurf gemäß diesem Planwunsch. Mit Schreiben vom 24. Februar 2012 erhob die Mutter des Klägers Einwände gegen diesen Entwurf.

Die Eigentumsverhältnisse im Verfahrensgebiet wurden mit Bodenordnungsplan vom 3. August 2016 neu geregelt. Danach soll der Kläger mit den Flurstücken 8... in der Gemarkung U... abgefunden werde. Die Abfindungsfläche beträgt 6... m² (Wertzahl: 6... WE). Fünf Werteinheiten sind dem mit Zustimmung der Mutter des Klägers der klägerischen Ordnungsnummer zugeordneten K... zuzurechnen.

Mit Schreiben des Verbandes für Landentwicklung und Flurneuordnung Brandenburg vom 15. November 2016 wurde dem Kläger ein Auszug aus dem Bodenordnungsplan zugestellt und er zum Anhörungstermin am 14. und 15. Dezember 2016 geladen (PZU vom 16. November 2016, VV Bl. 237). In der Ladung befindet sich der Hinweis, dass Widersprüche gegen den Bodenordnungsplan zur Vermeidung des Ausschlusses in dem Anhörungstermin oder innerhalb von zwei Wochen nach diesem schriftlich bei der zuständigen Flurbereinigungsbehörde erhoben werden müssen und bei Versäumung der fristgerechten Einlegung des Widerspruchs oder Nichterklärung bis zum Ablauf der Frist über den Verhandlungsgegenstand angenommen wird, dass der Beteiligte mit dem Bodenordnungsplan oder dem Ergebnis der Verhandlung einverstanden ist. Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Bodenordnungsplans und die Ladung zur Anhörung nebst Rechtsbehelfsbelehrung erfolgte in dem Amtsblatt für i... vom 23. November 2016.

Mit Schreiben vom 1. Februar 2017 zeigte der Bevollmächtigte des Klägers dessen Vertretung an und teilte mit, den dem Kläger am 16. November 2016 zugestellten Bodenordnungsplan erst am 1. Februar 2017 durch diesen zur Kenntnis erhalten zu haben. Er beanstandete, nicht durch den Verband über das Verfahren informiert worden zu sein, obwohl die Mutter des Widerspruchsführers ihn bereits im Bodenordnungsverfahren bevollmächtigt gehabt habe. Mit Schreiben vom 7. Februar 2017 legte der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch gegen den Bodenordnungsplan und die Feststellung der Wertermittlungsergebnisse ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da dem Kläger nur ein unvollständiger Text des Informationsschreibens vom 15. November 2016 zugestellt worden sei, der keine Angaben zum Anhörungstermin enthalten habe.

Mit Vorbescheid vom 23. November 2021 wies die Spruchstelle für Flurbereinigung den Widerspruch zurück. Der Widerspruch sei unzulässig, da er nicht in einem der Anhörungstermine am 14. oder 15. Dezember 2016 oder zwei Wochen danach erhoben worden sei. Gründe für die Gewährung von Nachsicht gemäß § 134 Abs. 3, Abs. 2 FlurbG, die den Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgehe, seien nicht gegeben, da schon eine unverschuldete Versäumung der Widerspruchsfrist nicht vorliege. Das unsubstantiierte Vorbringen zur unvollständigen Zustellung des Schreibens vom 15. November 2016 rechtfertige keine andere Auffassung. Der Anhörungstermin sei zudem öffentlich bekannt gemacht worden. Das Flurbereinigungsgesetz sehe eine bestimmte Form der Bekanntgabe nicht vor. Eine persönliche Ladung sei nicht zwingend vorgeschrieben. Die Ladung könne auch durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. In diesem Fall sei eine Zustellung der Ladung sogar entbehrlich. Dass neben der öffentlichen Bekanntmachung zugleich auch eine individuelle Bekanntmachung durch Zustellung erfolge, mache die öffentliche Bekanntmachung nicht wirkungslos. Die vorliegend erfolgte öffentliche Bekanntgabe der Termine im Amtsblatt und auf der Internetseite der Stadt G... bewirke mithin kraft rechtlicher Fiktion eine Bekanntgabe an den Widerspruchsführer unabhängig von der persönlich erfolgten Kenntnisnahme. Es komme daher nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Prozessbevollmächtigte des Klägers ordnungsgemäß bevollmächtigt gewesen sei. Im Übrigen sei mit Schreiben vom 24. Februar 2012 lediglich die Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten durch die Mutter des Klägers angezeigt worden, eine Bevollmächtigung durch den Kläger sei erst mit Schreiben vom 1. Februar 2017 angezeigt worden. Soweit der Kläger sich auf die Vorschriften über das Eintreten eines Grundstückserwerbers in einen bestehenden Rechtsstreit des Veräußerers mit einem Dritten berufe, seien diese nicht einschlägig, da im Zeitpunkt der Zustellung des Bodenordnungsplans und der Anhörungstermine kein Rechtsstreit anhängig gewesen sei, der hätte fortgeführt werden können. Andere Gründe, die eine Nachsichtsgewährung rechtfertigen würden, seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2021 beantragte der Kläger eine Entscheidung durch die Spruchstelle für Flurbereinigung und trug ergänzend vor, es käme vorliegend nicht auf die öffentliche Bekanntmachung an, da die Behörde den Weg der Zustellung für die Bekanntgabe gewählt habe und diese Zustellung nicht formal wirksam sei, da seine Mutter als damalige Grundstückseigentümerin anwaltlich vertreten gewesen sei. Die Zustellung hätte daher an den Bevollmächtigten gerichtet werden müssen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2022 wies die Spruchstelle für Flurbereinigung den Widerspruch im Wesentlichen aus den Gründen des Vorbescheides zurück. Ergänzend wird ausgeführt, eine öffentliche Bekanntgabe einer Ladung werde nicht dadurch wirkungslos, dass neben ihr zugleich auch eine individuelle Bekanntgabe durch Zustellung erfolge. Es sei sogar unschädlich, wenn die parallel erfolgte persönliche Zustellung unvollständig sei, was der Kläger zwar pauschal behaupte, jedoch nicht substantiiert vorgetragen habe, welche Teile des Ladungsschreibens gefehlt haben sollen. Die erfolgte öffentliche Bekanntgabe der Termine habe somit eine Bekanntgabe an den Kläger unabhängig von der persönlich erfolgten Zustellung bewirkt.

Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, im November 2016 sei ihm nur ein unvollständiger Teil des Informationsschreibens des Verbandes vom 15. November 2016 über die Erläuterung des Bodenordnungsplans mitgeteilt worden, der keine Angaben zum Anhörungstermin enthalten habe. Die Ladung sei seinem Prozessbevollmächtigten erst unter dem 6. Februar 2017 mitgeteilt worden. Ihm sei daher Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, eine eidesstattliche Versicherung des Klägers werde nachgereicht. Auf die öffentliche Bekanntgabe komme es nicht an, da die Behörde ausdrücklich den Weg der Zustellung für die Bekanntgabe gewählt habe. Sowohl dem Kläger als auch seiner Mutter sei der Bodenordnungsplan förmlich zugestellt worden. Diese Zustellungen seien jedoch formal unwirksam, da die Mutter des Klägers als Grundstückseigentümerin anwaltlich vertreten gewesen sei, was gegenüber der Behörde angezeigt worden sei. Auch wenn ihm noch keine Akteneinsicht gewährt worden sei, spreche vieles dafür, dass die Ergebnisse der Wertermittlung vom 24. Januar 2007 wegen der vollständigen Veränderung der Bewertungsgrundlagen für landwirtschaftliche Grundstücke für seine Grundstücke heute nicht mehr verwertbar seien. Ihm werde durch den Bodenordnungsplan eine teilweise stark minderwertige Gesamtfläche von lediglich 6... Hektar mit der falschen Wertzahl 6... zugeordnet, er verliere somit 6... Hektar. Dass die Neuordnung ohne Geldausgleich stattfinden solle, beruhe auf der fehlerhaften Bewertung der Flächen, die nicht mit deren Verkehrswert zu vereinbaren sei. Bei dem entzogenen Flurstück 6... in der Gemarkung Rieben handele es sich um eine derzeit sehr gut für die klägerische Pferdehaltung geeignete Weidefläche. Das neu zu bildende Flurstück 8...könne nicht als gleichwertiger Ausgleich angesehen werden, da es aufgrund naturschutzrechtlicher Vorgaben (Flora-Fauna-Habitat) nur zweimal jährlich gemäht werden dürfe. Es sei zudem mit Binsen bewachsen und könne daher weder als Weidefläche noch für die Pferdehaltung genutzt werden. Die Bewertungsgrundsätze des § 28 FlurbG seien verletzt, da nicht ersichtlich sei, dass die Bewertung die hier erforderliche Einteilung in zehn Klassen enthalte. Die Wertermittlung beruhe vielmehr auf einer Nachschätzung der Bodenwerte aus der Reichsbodenschätzung für das Verfahrensgebiet, ohne die seit der Wiedervereinigung und der Finanzkrise 2008 eingetretenen Wertveränderungen zu berücksichtigen. Auch werde übersehen, dass der Teilnehmer bei einem Landverlust Optionen für die GAP-Flächenprämie verliere.

Der Kläger beantragt,

den Bodenordnungsplan der Beklagten vom 15.12.2016 betreffend den Kläger in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz – Spruchstelle für Flurbereinigung – vom 24. Januar 2022 aufzuheben,

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug und führt ergänzend aus, der Bodenordnungsplan sei bestandkräftig geworden, so dass die Klage abzuweisen sei. Der Widerspruch des Klägers sei nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen nach dem Anhörungstermin erhoben worden. Der Bodenordnungsplan sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden; Bekanntmachungsmängel seien nicht ersichtlich. Die Zustellung hätte nicht an den Prozessbevollmächtigten des Klägers erfolgen müssen, da dieser erst mit Schreiben vom 1. Februar 2017 seine Bevollmächtigung angezeigt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage hat keinen Erfolg, weil der Kläger es entgegen § 63 Abs. 2 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) in Verbindung mit § 59 Abs. 2 und 4 des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) versäumt hat, im Termin zur Anhörung der Beteiligten und zur Bekanntgabe des Bodenordnungsplans am 14. und 15. Dezember 2016 oder innerhalb der Frist von 2 Wochen nach diesem Termin (§ 59 Abs. 5 FlurbG in Verbindung mit § 8a des Brandenburgischen Landentwicklungsgesetzes [BbgLEG]) Widerspruch einzulegen.

1. Nach 59 Abs. 2 FlurbG müssen die Beteiligten Widersprüche gegen den bekanntgegebenen Bodenordnungsplan zur Vermeidung des Ausschlusses in einem Anhörungstermin vorbringen. Das Flurbereinigungsgesetz schreibt damit zwar nicht ausdrücklich vor, in welcher Form, mündlich oder schriftlich, eine Beschwerde nach § 59 Abs. 2 FlurbG zu erheben ist. Jedenfalls aber müssen die Beteiligten nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Norm Beschwerden gegen den Bodenordnungsplan „zur Vermeidung des Ausschlusses in einem Anhörungstermin vorbringen“ (BVerwG, Urteil vom 6. Mai 1970 – IV C 59.69 – juris Rn. 13). Nach § 59 Abs. 5 FlurbG in Verbindung mit § 8a BbgLEG kann zudem innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach dem Anhörungstermin schriftlich Widerspruch erhoben.

2. Der Kläger ist mit Schreiben des Verbandes für Landentwicklung und Flurneuordnung vom 15. November 2016 (dazu unter a) sowie mit der öffentlichen Bekanntmachung der Ladung im Amtsblatt für die Stadt Beelitz vom 23. November 2016 (dazu unter b) ordnungsgemäß zu dem Anhörungstermin am 14. und 15. Dezember 2016 geladen worden.

a) Der Kläger ist am 16. November 2016 zum Anhörungstermin geladen worden (vgl. Postzustellungsurkunde vom 16. November 2016). Soweit er bereits im Widerspruchsverfahren vorgetragen hat, ihm sei nur ein unvollständiger Teil des Informationsschreibens des Verbandes für Landentwicklung und Flurneuordnung vom 15. November 2016 (VV Bl. 239) über die Erläuterung des neuen Bodenordnungsplans mitgeteilt worden, der keine Angaben zum Anhörungstermin enthalten habe, hat er dies auch im Klageverfahren schriftsätzlich nicht weiter substantiiert. Hierzu hätte Anlass bestanden, zumal der Vortrag bereits in dem Vorbescheid als unsubstantiiert bewertet worden ist. Das schriftsätzliche Vorbringen des Klägers lässt auch im Klageverfahren offen, welcher Teil des dem Kläger mit Postzustellungsurkunde zugestellten Schreibens des Verbandes für Landentwicklung und Flurneuordnung nicht beigefügt gewesen sein soll. Im Übrigen lässt der Kläger unberücksichtigt, dass auf der ersten Seite des Schreibens, dessen Erhalt der Kläger schriftsätzlich nicht in Abrede stellt, im Betreff neben der „Bekanntgabe des Bodenordnungsplanes“ die „Ladung zum Anhörungstermin“ aufgeführt ist. Unter den ebenfalls auf der ersten Seite aufgelisteten Anlagen finden sich an erster Stelle die „Hinweise zum Anhörungstermin“. Die erste Seite des Schreibens vom 15. November 2016 endet mit dem Satzbeginn „Der Anhörungstermin zum Bodenordnungsplan findet für alle Teilnehmer und Nebenbeteiligten vom“. Dieser Satz wird auf der nächsten Seite mit Angabe der Daten und der Ortsangabe fortgesetzt. Es hätte dem Kläger somit oblegen, sich bei Fehlen der zweiten Seite des Schreibens an den Verband zu wenden. Gleiches gilt für den Fall, dass die als Anlage aufgeführten Hinweise zum Anhörungstermin gefehlt haben sollten. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung hiervon abweichend vorgetragen hat, er habe das oben genannte Schreiben gar nicht bekommen und von der Teilnehmerbesprechung durch einen Nachbarn erfahren, ist dies mit Blick auf sein bisheriges Vorbringen sowie auf die Postzustellungsurkunde der Deutschen Post AG vom 16. November 2016, wonach das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt worden ist, nicht nachvollziehbar. Es drängt sich daher der Eindruck auf, dass es sich um verfahrensangepassten Vortrag handelt.

Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, das Schreiben vom 15. November 2016 hätte nicht ihm, sondern seinem Verfahrensbevollmächtigten zugestellt werden müssen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat erstmals mit Schreiben vom 1. Februar 2017 gegenüber dem Verband für Landentwicklung und Flurneuordnung angezeigt, dass er nunmehr zusätzlich neben der ursprünglichen Mandantin, der Mutter des Klägers, auch deren Sohn, den hiesigen Kläger, in der Angelegenheit anwaltlich vertrete. Im Übrigen hat der Verband für Landentwicklung und Flurneuordnung zu Recht die Ladung an den Kläger zugestellt, da dieser bereits seit dem 10. Januar 2013 als Eigentümer des Flurstücks im Grundbuch von W... (K...) und im Grundbuch von U... (K...) eingetragen ist. Vor diesem Hintergrund überzeugt der Einwand des Klägers, er sei als Rechtsnachfolger in das von seiner Mutter geführte Verwaltungsverfahren eingetreten, nicht.

b) Selbst wenn man unterstellt, eine ordnungsgemäße Ladung sei mit Schreiben vom 15. November 2016 nicht erfolgt bzw. der Kläger habe die Ladung nicht erhalten, ist dieser jedenfalls durch öffentliche Bekanntmachung der Ladung nach §§ 59 Abs. 3 Satz 3, 111 Abs. 1 Satz 2 FlurbG ordnungsgemäß geladen worden.

aa) Die Zustellung der Ladung zum Anhörungstermin ist durch § 59 Abs. 3 Satz 1 und 2 FlurbG nicht zwingend vorgeschrieben. Sie ist eine Möglichkeit, um die Rechtzeitigkeit der Ladung nachzuweisen, doch kann die Ladung nach § 59 Abs. 3 Satz 3 Hs. 1 FlurbG auch durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. In diesem Fall ist eine Zustellung der Ladung entbehrlich. Es widerspräche Sinn und Zweck der öffentlichen Bekanntmachung, wenn neben ihr wegen der Übersendung des Auszuges aus dem Bodenordnungsplan auch eine individuelle Zustellung der Ladung zu erfolgen hätte (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 22. Februar 2011 – 9 K 15/08 – RzF 23 zu § 59 Abs. 2 FlurbG; OVG Magdeburg, Urteil vom 8. Juni 2017 – 8 K 5/15 – juris Rn. 24).

bb) Eine solche öffentliche Bekanntmachung ist vorliegend im Amtsblatt für die Stadt Beelitz vom 23. November 2016 erfolgt. Dass sie entgegen der Bestimmung des § 110 FlurbG und damit fehlerhaft erfolgte, ist nicht ersichtlich und wird auch von dem Kläger nicht geltend gemacht. Dass die Beklagte neben der öffentlichen Bekanntmachung zugleich auch eine individuelle Bekanntgabe durch Zustellung bewirken wollte, macht die öffentliche Bekanntmachung nicht wirkungslos. Das Gesetz regelt eine solche Ausschlusswirkung der individuellen Zustellung nicht und auch aus rechtsstaatlichen Grundsätzen lässt sich eine solche Wirkung nicht ableiten. Die individuelle Zustellung schafft keinen Vertrauensschutz dergestalt, dass es allein auf sie ankommt. Vielmehr ist es eine bloße Begünstigung des Adressaten der Zustellung, wenn die Behörde eine solche neben der öffentlichen Bekanntmachung veranlasst. Zu diesem Vorgehen mag die Regelung des § 59 Abs. 3 Satz 3 FlurbG angeregt haben, aus der sich aber die Notwendigkeit einer Zustellung nicht ergibt (OVG Greifswald, a.a.O.).

c) Der Kläger ist sowohl in der förmlich zugestellten Ladung als auch in der öffentlichen Bekanntmachung der Ladung ordnungsgemäß im Sinne des § 59 Abs. 2 FlurbG belehrt worden. Danach ist in der Ladung darauf hinzuweisen, dass die Beteiligten Widersprüche zur Vermeidung des Ausschlusses in dem Anhörungstermin vorbringen müssen. Die Belehrung umfasst auch die landesrechtlich nach § 59 Abs. 5 FlurbG in Verbindung mit § 8a BbgLEG vorgesehene Möglichkeit, Widerspruch innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach dem Anhörungstermin schriftlich zu erheben.

d) Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragen hat, er sei informell bei dem Anhörungstermin anwesend gewesen und habe dort erwähnt, dass seine Mutter bereits Widerspruch bzw. Einspruch erhoben habe, konnte die Beklagte dies nicht bestätigen, da sich ein entsprechender Hinweis nicht in der Niederschrift über den Anhörungstermin befinde. Nach dem klägerischen Vorbringen bleibt zudem unklar, wogegen seine Mutter Widerspruch erhoben haben soll. In den Akten befindet sich lediglich ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Mutter des Klägers vom 24. Februar 2012 (VV Bl. 222), in dem vorsorglich dem Inhalt des Entwurfs des beabsichtigten Bodenordnungsplans widersprochen wurde. Dessen ungeachtet trifft der Hinweis der Beklagten zu, dass ein bereits vor dem Anhörungstermin erfolgter Widerspruch gegen den Bodenordnungsplan im Allgemeinen oder gegen die Wertermittlung im Einzelnen in keinem Fall ein Widerspruch ist, der den Erfordernissen des § 59 Abs. 2 FlurbG entspricht (vgl. Urteil des Senats vom 1. Juni 2023 – OVG 70 A 1/22 – juris Rn. 18 ff.).

3. Soweit der Kläger sich zur Fehlerhaftigkeit des Bodenordnungsplans geäußert hat, lässt er unberücksichtigt, dass dieser unanfechtbar ist. Zudem haben etwaige Fehler des Bodenordnungsplans von vornherein keine Auswirkungen auf den Eintritt der Ausschlusswirkung des § 59 Abs. 2 FlurbG. Nach allem ist der Kläger gemäß § 59 Abs. 2 FlurbG mit seinem erst unter dem 7. Februar 2017 erhobenen Widerspruch gegen den Bodenordnungsplan – abgesehen von nachträglichen Zulassungen nach § 134 Abs. 2 und 3 FlurbG – ausgeschlossen (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 8. Juni 2017, a.a.O., Rn. 28 f. m.w.N.).

4. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Nachsichtgewährung gemäß § 134 FlurbG.

Gründe für die Zulassung eines verspäteten Widerspruchs nach § 134 Abs. 3, Abs. 2 FlurbG (sog. Nachsichtgewährung), der als spezialgesetzliche Regelung die Vorschrift des § 32 VwVfG (Wiedereinsetzung) verdrängt (OVG Magdeburg, Urteil vom 7. Dezember 2010 – 8 K 10/09 - juris Rn. 23), hat die Beklagte zu Recht nicht angenommen.

a) Eine unverschuldete Versäumung der Widerspruchsfrist nach § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil durchgreifende Gründe, warum der ordnungsgemäß über die Widerspruchsfrist und die Folgen einer Versäumung belehrte Kläger nicht bereits im Anhörungstermin oder innerhalb der Frist von zwei Wochen nach diesem Termin seine formellen und materiellen Beschwerden vorgetragen hat, nicht geltend gemacht worden sind. Selbst wenn die dem Kläger zugestellte Ladung zum Anhörungstermin unvollständig gewesen sein soll oder er diese nicht erhalten haben sollte, traf den Kläger jedenfalls die Obliegenheit, sich selbstständig über öffentliche Bekanntmachungen im Bodenordnungsverfahren zu informieren. Er kann sich mit Blick auf sein seit dem Jahr 2013 bestehendes Grundeigentum auch nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe gedacht, das Verfahren werde von dem Verfahrensbevollmächtigten seiner Mutter betreut, weshalb er an dem Anhörungstermin nicht offiziell habe teilnehmen wollen. Dies ist im Übrigen nicht nachvollziehbar, da nahegelegen hätte, dass der Kläger diese Vorgehensweise mit dem Verfahrensbevollmächtigten seiner Mutter abgestimmt hätte.

b) Es ist vorliegend auch nicht geboten, den Widerspruch des Klägers trotz Fristversäumnis zuzulassen. Eine – bei schuldhafter Fristversäumnis – im Ermessen stehende Nachsichtgewährung gemäß § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG setzt eine Interessenabwägung zwischen den Erfordernissen der Beschleunigung des Verfahrens und der Rechtssicherheit, die eine zeitliche Begrenzung des Beschwerderechts erfordern, und dem sachlich-rechtlichen Anspruch des Teilnehmers auf eine dem Gesetz entsprechende Abfindung voraus. Nur wenn dieser Anspruch derart berührt wird, dass für den Teilnehmer eine unbillige Härte eintritt, ist die Nachsichtgewährung gerechtfertigt. Unbedeutende Beeinträchtigungen haben außer Betracht zu bleiben. Die für den Teilnehmer eintretende Härte muss offenbar sein, d.h. sie muss ohne besondere Untersuchungen erkennbar zu Tage treten. Es ist nicht Sinn dieser Regelung, die sachlichen Einwendungen auf das Genaueste so zu untersuchen, als wären sie fristgerecht in das Verfahren eingeführt worden. Bei der erforderlichen Abwägung ist außerdem der Zeitablauf zwischen dem Eintritt der Säumnis und der Erhebung des verspäteten Rechtsmittels zu berücksichtigen; aus dem Beschleunigungsgrundsatz ergeben sich zeitliche Grenzen für die im Ermessen der Behörde stehende Nachsichtgewährung. Es muss von einem Teilnehmer erwartet werden, dass er Einwendungen gegen die mit Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbaren Schlussakte eines abgeschlossenen Verfahrensabschnitts unverzüglich nach deren Bekanntwerden geltend macht (OVG Magdeburg, Urteil vom 7. Dezember 2010, a.a.O., Rn. 25 m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 19. November 1970 – IV B 51.69 – RdL 1971, 72).

Hiervon ausgehend hat der Kläger weder dargelegt noch ist ersichtlich, dass eine offenbare Härte erkennbar zu Tage tritt. Insoweit ist die Annahme des Beklagten, dass andere Gründe, die eine Nachsichtgewährung rechtfertigen würden, weder vorgetragen noch ersichtlich seien, nicht zu beanstanden (vgl. Vorbescheid vom 23. November 2021 S. 5). Die lediglich allgemein gehaltenen und in keiner Weise belegten Rügen des Klägers zur fehlerhaften Bewertung der Flurstücke bieten auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Einschätzung, zumal nach den Erläuterungen des Verbandes für Landentwicklung und Flurneuordnung die Abfindung den Wunschvorstellungen der Voreigentümer (siehe Niederschrift zur den Abfindungswünschen, VV Bl. 206 ff.) entspreche, wonach alle Flurstücke in der Nähe von U... ausgewiesen werden sollten und dabei unter anderem auch eine Flächenreduzierung in Kauf genommen worden sei (vgl. Schreiben des Verbandes für Landentwicklung und Flurneuordnung vom 24. September 2012, VV Bl. 233, 235; Vorbescheid vom 23. November 2021 S. 2). Dem ist der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert entgegengetreten. Er muss sich als derzeitiger Eigentümer an den Planwünschen des Voreigentümers festhalten lassen bzw. darlegen, aus welchen Gründen diese unter Verstoß gegen die Bewertungsgrundsätze des § 28 FlurbG umgesetzt worden sein sollen. Hierzu genügt nicht das pauschale, auch in der mündlichen Verhandlung nicht näher konkretisierte Vorbringen, die Bewertungsgrundsätze des § 28 FlurbG seien verletzt, was mangels vollständig gewährter Akteneinsicht nicht näher hätte überprüft werden können, die Einlagefläche sei zu niedrig und die Abfindungsfläche zu hoch bewertet worden, zudem habe er FFH-Flächen bekommen, auf denen Tiere nicht die ganze Zeit sein dürften, und im Grundbuch habe er gesehen, dass diese als Wasserfläche bewertet worden seien.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 60 LwAnpG i.V.m. § 147 Abs. 1 FlurbG. Die Gebührenpflicht richtet sich nach Nr. 5112 der Anlage I zum GKG. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Verfahrensgebühr bemisst sich mangels konkreter Anhaltspunkte für ein anders zu bewertendes wirtschaftliches Interesse des Klägers an der Aufhebung des Bodenordnungsplans anhand eines Streitwerts von 5.000 EUR. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30 EUR erhoben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 60 LwAnpG, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG und § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.