Gericht | VG Cottbus 1. Kammer | Entscheidungsdatum | 25.09.2023 | |
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Aktenzeichen | 1 L 265/23 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2023:0925.1L265.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 16a TierSchG, § 37 VwVfG |
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.
I. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 28. April 2023 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 14. April 2023 ist nach § 80 Abs. 5 S. 1 2. Alt. i. V. m. Abs. 2 S. 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig.
Dem Antragsteller steht sowohl die Antragsbefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO analog, als auch das Rechtsschutzbedürfnis zu, die Regelungen dieses Bescheids verwaltungsgerichtlich überprüfen zu lassen. Zwar hat der Antragsgegner den jeweils mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen und von dem Antragsteller gegengezeichneten Kontrollberichten der Amtlichen Veterinärüberwachung nach (Bl. 2 und 3 des Verwaltungsvorgangs [VV]) bereits am 21. und 22. Februar 2023 die Fortnahme und vorübergehende anderweitige vorübergehende Unterbringung des Hundes verfügt und diesem aufgegeben, seine Wohnung binnen einer Frist von sechs Wochen in einen „sauberen und ordentlichen Zustand“ zu versetzen. Die Kammer wertet insbesondere Ziffer 1. des Bescheides vom 14. April 2023, mit der der Antragsgegner (nochmals) die Fortnahme und anderweitige Betreuung und Versorgung des Chihuahua-Mischlings „M... “ auf Kosten des Antragstellers verfügt hat (Satz 1), dessen ungeachtet nicht als (lediglich) wiederholende Verfügung – mit dem auf die vorausgehenden, ihrem Inhalt nach ohnehin nicht zweifelfreien, Verfügungen lediglich hingewiesen wird –, sondern als eine (zumindest teilweise) erneute Sachentscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 des Brandenburgischen Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfGBbg) i.V.m. § 35 S. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG).
Ob eine lediglich informatorische Wiederholung einer Entscheidung oder Maßnahme vorliegt oder ob eine behördliche Maßnahme (ganz oder teilweise) als ein Zweitbescheid anzusehen ist, bestimmt sich im Wege der Auslegung des Bescheids danach, ob und inwieweit die Verwaltung durch ihre Verlautbarung eine neue Sachentscheidung getroffen hat (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 25. Februar 2016 – 1 WB 33/15 –, juris Rn. 35; zur Abgrenzung auch: Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, Anh § 42 Rn. 29 m. w. N.).
Das ist hier der Fall. Die Ordnungsverfügung vom 14. April 2023 lässt durch ihre Tenorierung und ihre Begründung erkennen, dass der Antragsgegner den Fristablauf am 04. April 2023 abgewartet und nach wiederholten (ergebnislosen) Kontaktaufnahmen mit dem Antragsteller und dessen Verfahrensbevollmächtigten und nach nochmaliger Überprüfung des Sachverhalts eine erneute, abschließende Sachentscheidung über die Fortnahme, anderweitige Unterbringung und Freigabe des Hundes zur Vermittlung treffen und darüber hinaus seine vorausgegangen Entscheidungen konkretisieren wollte. So ordnet der Antragsgegner nicht nur in Ziffer 4. erstmals die sofortige Vollziehung der im Wesentlichen auf § 16a des Tierschutzgesetzes (TierSchG) gestützten Regelungen an, sondern er konkretisiert die Anordnungen vom 21./22. Februar 2023 in den Ziffern 1. und 2. des Bescheides und verbindet diese Regelungen mit einer erneuten Fristsetzung. Vor diesem Hintergrund ist auch Ziffer 1. Satz 2 des Bescheides vom 14. April 2023, mit dem der Antragsgegner „die darauf gerichtete Maßnahme“ vom 21. Februar 2023 „bestätigt“, als ein Hinweis auf eine erneute Sachentscheidung nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage zu verstehen.
II. Der Antrag bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
1. Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung der Entscheidungen zu Ziffer 1. - 3. des Bescheides vom 14. April 2023 in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügenden Weise begründet.
Zwar muss aus der Begründung im Grundsatz hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen Gründen die Behörde in dem konkreten Einzelfall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen eingeräumt hat. Dieses allgemeine Erfordernis bedarf aber im Tierschutzrecht als Gefahrenabwehrrecht in mehrfacher Hinsicht der Einschränkung: Zum einen sind von der Behörde in diesem Rechtsgebiet häufig vergleichbare Sachverhalte zu beurteilen, so dass, sofern keine Besonderheiten des Einzelfalls vorliegen, die eine am Einzelfall ausgerichtete Begründung gebieten, eine standardisierte Darlegung des Sofortvollzugsinteresses regelmäßig den Anforderungen des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt; zum anderen ist im Gefahrenabwehrrecht anerkannt, dass sich die Behörde sogar auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen kann, wenn die den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Gründe zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung zu begründen geeignet sind. Diese Voraussetzung ist in diesem Rechtsgebiet ebenfalls regelmäßig gegeben: Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Regelungen ist zwingend geboten, weil ansonsten stets die Gefahr besteht, dass ohne sofortiges Einschreiten der Behörde nach §§ 1, 2 und 16a TierSchG anhaltende und oft erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden des Tieres fortdauern (vgl. Hirt in: Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz, 4. Aufl. 2023, § 16a Rn. 9 ff.; Sadler/Tillmanns in: Sadler/Tillmanns, VwVG/VwZG, 10. Aufl. 2019, § 6 VwVG Rn. 139 unter „Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes“).
Der Antragsgegner führt im Wesentlichen zur Begründung der Wegnahme, anderweitigen Unterbringung und der Versorgung des vom Antragsteller gehaltenen Hundes sowie zu der aufschiebend bedingten Veräußerung des Tieres aus, die sofortige Vollziehung dieser Regelungen sei aus Gründen des Tierschutzes geboten. Eine Fortsetzung der erheblichen Haltungsdefizite und zu erwartender weiterer Verstöße gegen das Tierschutzrecht würde zu irreversiblen Schäden bei dem Tier führen und eine Duldung dieses Zustandes könne nicht bis zur Bestandskraft der Regelungen hingenommen werden. Diese Ausführungen auf den Seiten 7 - 8 des angefochtenen Bescheides genügen den Begründungsanforderungen des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO. Ob die Erwägungen in der Sache überzeugen, ist in dem vorliegenden Zusammenhang unerheblich.
2. Der Bescheid unterliegt auch weder in formeller noch in materieller Hinsicht durchgreifenden Bedenken.
Nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in Fällen, in denen die Behörde die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat, wiederherstellen, wenn das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der erlassene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, weil in diesem Fall an dessen sofortiger Vollziehung ein öffentliches Interesse regelmäßig nicht bestehen kann.
Dagegen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers, wenn sich der Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist und – in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO – wenn ein besonderes Vollzugsinteresse hinzutritt. So liegt es auch hier. Die Interessenabwägung der Kammer muss zu Lasten des Antragstellers ausfallen, weil sich die Ordnungsverfügung des Antragsgegners mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweist und entgegenstehende private Interessen des Antragstellers, die in dem vorliegenden Zusammenhang rechtserheblich wären, nicht vorliegen.
2.1 Die Ordnungsverfügung ist formell rechtmäßig, insbesondere hat der Antragsgegner nicht gegen das Anhörungserfordernis des § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 28 Abs. 1 VwVfG verstoßen.
Dem Antragsteller ist am 21. und 22. Februar 2023 sowie im Rahmen des – so der Antragsgegner auf Seite 4 des angefochtenen Bescheids – „Kontrollgesprächs“ vom 21. März 2023 (Bl. 2, 3 und 12 des Verwaltungsvorgangs) Gelegenheit gegeben worden, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern.
Im Übrigen würde eine unterbliebene Anhörung für sich genommen eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nicht rechtfertigen, weil diese nach § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ohne Weiteres nachgeholt und der Fehler damit unbeachtlich werden könnte, sofern die Funktion der Anhörung für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht worden ist (vgl. Beschl. d. 3. Kammer v. 17. November 2020 – VG 3 L 463/20 –, juris Rn. 17 m. w. N.)
2.2 Die Ordnungsverfügung entspricht auch in materieller Hinsicht den rechtlichen Anforderungen. Die Regelungen zu Ziffer 1. bis 3. der Ordnungsverfügung finden ihre Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 TierSchG und durchgreifende Rechtsfehler sind weder hinreichend vorgetragen noch ersichtlich.
2.2.1 Die Regelung zu Ziffer 1. Satz 1 des Bescheides beruht auf § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Ts. 1 TierSchG.
Nach dieser Bestimmung kann die zuständige Behörde – nach § 1 Abs. 1 S. 1 der Tierschutzzuständigkeitsverordnung (TierSchZV) vom 30. November 2007 (GVBl. II 2007, S. 495) die Landkreise und kreisfreien Städte als Kreisordnungsbehörden – insbesondere ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage unterliegen im Ergebnis keinen Bedenken. Der Antragsteller ist unzweifelhaft Halter des Hundes und das Tier wurde mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 Nr. 1 und (wohl auch) der Nr. 2 TierSchG erheblich vernachlässigt. Nach diesen Bestimmungen muss unter anderem der Halter eines Tieres dieses seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend pflegen und verhaltensgerecht unterbringen (Nr. 1); er darf die Möglichkeiten zu artgerechter Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen, vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden (Nr. 2). Für eine erhebliche Vernachlässigung im Sinne des § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Ts. 1 TierSchG kann bereits die Nichterfüllung einzelner Pflichten des Tierhalters nach § 2 TierSchG ausreichen (Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 16a Rn. 22 m. w. N.; Beschl. d. 3. Kammer v. 17. November 2020 – VG 3 L 463/20 –, juris Rn. 31).
Es liegt hier auf der Hand, dass der Hund in der Wohnung des Antragstellers nicht verhaltensgerecht untergebracht ist. Die Wohnung des Antragstellers war am 21. Februar 2023 insgesamt nicht als eine „Wohnung“ im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs, nämlich als eine Zusammenfassung mehrerer Räume, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen (und ggf. Tieren) dient, nutzbar. Das ergibt sich aus den gefertigten Fotografien und dem Einsatzprotokoll des Veterinäramtes des Beklagten, wonach die Tür angesichts der aufgestapelten Berge von Unrat „nur bedingt“ geöffnet werden konnte und nur ein schmaler Gang durch die Aufhäufungen freigeräumt war. Zwar stand für den Hund jedenfalls dem Kontrollbericht (Bl. 2 VV) nach wohl eine auf dem Fußboden freigeräumte Schlaf- und Fressmöglichkeit zur Verfügung; dass der Zustand der Wohnung dessen ungeachtet den Anforderungen an eine verhaltensgerechte Unterbringung auch eines kleinen Hundes nicht entspricht, ergibt sich jedoch zweifelsfrei schon aus den Feststellungen des Einsatzprotokolls, die von Seiten des Antragstellers – auch in dem dem Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 21. März 2023 anliegenden „Memorandum“ (Bl. 13 Rs. VV) – nicht in Frage gestellt werden:
„Nach genauem Begutachten des Eingangsbereichs der Wohnung konnte ein kleiner Hund festgestellt werden, der sich den Weg über die angehäuften Berge zur Eingangstür erkämpfte. (…) Es fielen auch immer wieder Gegenstände von den Schränken, welche den Hund fast getroffen hätten.“
Dass der Zustand der Wohnung des Antragstellers auch seinem eigenen Verständnis nach keine den Anforderungen des Tierschutzgesetzes entsprechende Unterbringung des (zudem gehörlosen) Hundes erlaubte, lässt sich darüber hinaus dem Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 27. April 2023 entnehmen, wonach der Mandant „eine anderweitige geeignete Unterbringungsmöglichkeit für seinen Hund gefunden“ habe (Bl. 29 VV).
Der Zustand der Wohnung entspricht aber auch weiterhin nicht den tierschutzrechtlichen Anforderungen und er ist, wie bereits die im Rahmen der Nachkontrolle am 23. August 2023 gefertigten Fotografien belegen, im Wesentlichen unverändert. Die Behauptung des Antragstellers, es hätten sich zwischenzeitlich „erste Fortschritte in der Schaffung eines besseren Wohnumfelds in der Wohnung ergeben“ und er habe einen „ausreichenden barrierefreien Durchgang von der Wohnungstür über den Flur zur Küche und zum Bad herstellen (können), wo sich der Hund gefahrlos aufhalten (könne)“ überzeugt in mehrfacher Hinsicht nicht. Schon die Behauptung der Möglichkeit eines „gefahrlosen“ Aufenthalts wird durch die im Eilverfahren vorgelegten Ablichtungen nicht hinreichend belegt und ein vermeintlich „gefahrloser“ Aufenthalt des Tieres allein in der Küche und im Bad würde den Anforderungen an eine artgerechte Haltung des Hundes zudem nicht genügen, weil ihm aus tierschutzrechtlicher Sicht auch in den anderen Räumen der Wohnung ein gefahrloser Freiraum zur Verfügung stehen muss. Dem Wesen der Hunderasse Chihuahua ist in besonderem Maße eine lebhafte, wachsame, ruhelose und mutige Verhaltensweise immanent und es liegt auf der Hand, dass der auf einen kleinen Bereich der Wohnung beschränkte Hund versuchen wird, seinem Bewegungs- und Spieltrieb nachzukommen, indem er bestrebt sein wird, sich auch in den nicht freigeräumten Bereichen der Wohnung aufzuhalten.
Es ist bereits danach offensichtlich, dass die Haltung des Hundes in der Wohnung des Antragstellers nicht mit den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 TierSchG konform geht und dass auch von einem „sauberen“ Aufenthaltsbereich, § 8 Abs. 2 Nr. 4 Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV), nicht die Rede sein kann. Auf die Fragen, ob – wovon der Darlegung des Antragsgegners nach wohl ebenfalls auszugehen wäre – auch Verstöße gegen § 5 Abs. 1 S. 1 und 5 TierSchHuV vorliegen, wonach ein Hund nur in Räumen gehalten werden darf, bei denen der Einfall von natürlichem Tageslicht und eine ausreichende Frischluftversorgung sichergestellt ist, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Ebenfalls kann offen bleiben, ob eine entsprechende Anwendung der Vorschriften der Tierschutz-Hundeverordnung über die Anforderungen an eine Zwingerhaltung, § 6 Abs. 2 Nr. 1 TierSchHuV, in Betracht käme und ob diese Anforderungen vorliegend gewahrt sind.
Die von Seiten des Antragstellers problematisierte Frage eines Schadenseintritts in der Vergangenheit ist – ungeachtet des Umstandes, dass die Behauptung nicht glaubhaft gemacht wurde – ebenfalls unerheblich, weil im Rahmen der Regelungen des § 16a TierSchG eine entsprechende Gefahr hinreicht (Bayerischer VGH, Beschl. v. 05. April 2017 – 9 ZB 15.358 –, juris Rn. 10; Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 16a Rn. 24 m. w. N.).
Auch ist es aus tierschutzrechtlicher Hinsicht irrelevant, ob der Hund für den Antragsteller die Stellung eines „Therapiehundes“ hat, denn weder gesundheitliche Folgen noch ein besonderes Affektionsinteresse des Hundehalters wären geeignet, die Anforderungen insbesondere des § 2 TierSchG zu überspielen oder Verstöße gegen Bestimmungen des Tierschutzes zu rechtfertigen. Im Übrigen unterläge auch dieser Vortrag des Antragstellers Bedenken. Er ist im Eilverfahren nicht glaubhaft gemacht worden und er erscheint darüber hinaus schon deshalb als zweifelhaft, weil es dem Antragsteller angesichts der zeitverzögerten Antragstellung bei Gericht und eines mehrmonatigen bloßen „Besuchsrechts“ des Hundes im Tierheim offenbar über längere Zeit ohne Weiteres gelungen ist, auch ohne das Tier zurechtzukommen.
2.2.2Die Regelung zu Ziffer 2. des Bescheides vom 14. April 2023 findet ihre Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TierSchG. Auch insoweit sind Rechtfehler weder ersichtlich noch hinreichend dargelegt.
Die Auffassung des Antragstellers, Ziffer 2. der Ordnungsverfügung genüge den materiellen Anforderungen hinreichender Bestimmtheit nach § 1 Abs. 1 S. 1 VwVfGBbg i. V. m. § 37 Abs. 1 VwVfG nicht, geht fehl. Das Bestimmtheitserfordernis für Verwaltungsakte bedeutet, dass insbesondere sein Adressat aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, neben dem Tenor insbesondere der Begründung, aber auch den weiteren bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen, unzweifelhaft erkennen muss, was verlangt wird (Tegethoff in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 37 Rn. 5 m. w. N.).
Das ist hier der Fall. Was unter „Müll“ und „Unrat“ – nämlich Materialien, die keinen unmittelbaren Verwendungszweck mehr erfüllen – (allgemein und losgelöst von dem sehr subjektiven Verständnis des Antragstellers) zu verstehen ist, liegt auf der Hand und die Begriffe „sauber und ordentlich“ sind übliche Umschreibungen von Anforderungen in Rechtsnormen (vgl. zu dem Begriff „sauber“ § 8 Abs. 2 Nr. 4 TierschHuV und zu beiden Begriffen etwa: § 23 Abs. 1 Nr. 4 des Hamburgischen Fischerei- und Angelgesetzes und § 11 Abs. 1 Nr. 11 der Verordnung über den Verkehr mit Taxen in der Stadtgemeinde Bremen), die je nach den Anforderungen des jeweiligen Rechtsgebiets zu konkretisieren sind. Vorliegend ist vor dem Hintergrund der Begründung des Bescheids ersichtlich nicht gemeint, dass der Antragsteller „seine Wohnung uneingeschränkt von Papier befreien“, sondern dass er sie in der Weise in einen von Müll und Unrat freien Zustand zu versetzen hat, dass dem Hund ein gefahrenloses Betreten nicht nur eines eingeschränkten Bereichs für die Grundbedürfnisse Fressen und Schlafen, sondern auch der weiteren Räume der Wohnung, insbesondere des Wohnzimmers und des Flurs, gefahrlos ermöglicht wird.
2.2.3 Die Regelung in Ziffer 3. der Ordnungsverfügung vom 14. April 2023 beruht auf
§ 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Ts. 2 TierSchG.
Danach kann die Behörde, sofern eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen ist, das Tier veräußern. Die Voraussetzungen der zweiten Alternative liegen vor. Der Antragsteller hat in dem Zeitpunkt der Wegnahme und der Unterbringung des Hundes gegen § 2 TierSchG verstoßen und es sind, wie ausgeführt, keine Umstände ersichtlich, die darauf deuten könnten, dass inzwischen eine den Anforderungen entsprechende Haltung des Hundes in der Wohnung des Antragstellers durch ihn sichergestellt wäre. Im Gegenteil wäre das Verhalten des Antragstellers nach Erlass der Ordnungsverfügung – nach Aktenlage und entsprechend den Darlegungen des Antragsgegners – geeignet, seine Uneinsichtigkeit in die Belange des Tierschutzes zu belegen.
2.3 Ermessenfehler sind im Rahmen des § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 TierSchG ebenso wenig ersichtlich wie ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Dem Antragsgegner steht im Rahmen des § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 TierSchG ein Entschließungsermessen nicht zu und die Regelungen zu Ziffer 1. – 3. des Bescheides – Fortnahme, anderweitige pflegliche Unterbringung und Freigabe zur Vermittlung, sofern der Antragsteller seiner Verpflichtung zu Ziffer 2. nicht fristgerecht entspricht – sind auch im Rahmen des Auswahlermessens nicht zu beanstanden. Sie sind vielmehr alternativlos.
Die anderweitige pflegliche Unterbringung des Hundes erweist sich schon auf Grund der vorstehenden Umstände und angesichts des Verhaltens des Antragstellers nach Erlass der Ordnungsverfügung nach wie vor als erforderlich und eine Änderung der Haltungszustände in der Wohnung ist nicht zu erwarten. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller mit den weiteren Regelungen in Ziffer 2. und 3. des Bescheides vom 14. April 2023 und durch seine tatsächliche Handhabung der tierschutzrechtlichen Möglichkeiten in dem Verwaltungsverfahren mehr als ausreichend Zeit gegeben, die Haltungsbedingungen für das Tier in der Wohnung mit den Anforderungen des Tierschutzrechts in Einklang zu bringen, eine Vermittlung des Tieres abzuwenden und den Hund zurück zu erhalten. Das Entgegenkommen des Antragsgegners hat der Antragsteller nach Aktenlage jedoch nicht erwidert.
2.4 Ein besonderes öffentliches Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Regelungen in Ziffer 1. S. 1, Ziffer 2. und 3. des Bescheids vom 14. April 2023 liegt vor.
Die Gefahr für die Gesundheit des Hundes galt es auch vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Staatszielbestimmung des Schutzes der Tiere als Individuen, Art. 20a des Grundgesetzes (GG), Art. 39 Abs. 3 S. 1 der Verfassung des Landes Brandenburg (Verf BB), unverzüglich zu unterbinden und derjenige, der das Tier hält, hat die Folgen tierschutzrechtlicher Maßnahmen ohne Zeitverzug hinzunehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus der weiteren Haltung oder Betreuung des Tiers durch den Betroffenen eine Gefahr für dessen angemessene Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung resultiert (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 25. Mai 2012 – OVG 5 S 22.11 –, juris Rn. 10). Dafür, dass es sich im Falle des Antragstellers so verhält, ergeben sich – wie ausgeführt – aus den Vorgängen des Antragsgegners zahlreiche ernstzunehmende Anhaltspunkte.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i. V. m. Ziffer 35.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt u. a. bei Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für eine „Anordnung gegen Tierhalter“ der Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000,00 € anzusetzen ist. Diesen Streitwert hat das Gericht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren halbiert, Ziffer 1.5 S. 1 des Streitwertkatalogs.