Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 08.04.2023 | |
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Aktenzeichen | 11 U 37/23 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:0408.11U37.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I. Beide Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 19.01.2023 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus - 6 O 387/20 - aus den nachfolgend dargestellten Gründen gem. § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
II. Für die Klägerin besteht Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Zurückweisung ihres Rechtsmittels binnen drei Wochen ab der Zustellung dieses Beschlusses zu äußern. Ihr bleibt anheimgestellt, die Berufung - aus Gründen der Kostenersparnis gemäß GKG-KV Nr. 1222 - vor dem Ablauf dieser Frist zurückzunehmen.
A. Die Berufung der Klägerin ist offensichtlich unbegründet.
1. Das Landgericht hat die auf Schadensersatz gerichtete Klage der Klägerin, mit der sie im Kern die Rückabwickluing des im April 2016 bei der („Firma 01“) in („Ort 01“) abgeschlossenen Kaufvertrages begehrt, zutreffend in vollem Umfang abgewiesen. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Haupt- und Nebenansprüche aus den §§ 823 ff. BGB nicht zu. Sowohl zum Thermofenster, als auch mit Blick auf die anderen als unzulässig behaupteten Abschalteinrichtungen entspricht das angefochtene Urteil der ständigen Senatsrechtsprechung zum VW-Motor EA 288 (vgl. statt vieler 11 U 252/22; 11 U 195/21; 11 U 167/21; 11 U 168/21) und auch der einhelligen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (vgl. statt vieler OLG Frankfurt, Urt. v. 03.03.2023 – 19 U 222/22, BeckRS 2023, 3833; OLG Köln, Beschl. v. 10.01.2023 – 19 U 66/22, BeckRS 2023, 283; OLG Bremen, Urt. v. 21.01.2022 – 2 U 62/21, juris; OLG Schleswig, Urt. v. 11.01.2022 – 7 U 84/21, BeckRS 2022, 792 sowie Urt. v. 13.8.2021 – 17 U 9/21, BeckRS 2021, 23055; OLG Saarbrücken, Urt. v. 05.01.2022 – 2 U 61/21, BeckRS 2022, 429; OLG Bamberg, Urt. v. 15.04.2021 - 1 U 328/19; OLG München, Beschl. v. 10.02.2021 - 3 U 7524/19; OLG Köln, Beschl. v. 04.07.2019 - 3 U 148/18; OLG Brandenburg, Urt. v. 22.02.2023 – 4 U 201/21, BeckRS 2023, 3270; Beschl. v. 20.04.2020 - 1 U 103/19 und vom 24.09.2020; Beschl. v. 09.01.2023 - 10 U - 5 U 47/19 BeckRS 2023, 254; OLG Stuttgart, Urt. v. 19.01.2021 - 16a U 169/19; OLG Dresden, Urt. v. 01.07.2021 – 11a U 1085/20, BeckRS 2021, 29248; Beschl. v. 21.02.2023 – 4 U 2359/22, BeckRS 2023, 3556). Der Bundesgerichtshof hat sich dieser Rechtsprechung in mittlerweile mehreren Beschlüssen angeschlossen (BGH, Beschl. v. 21.03.2022 – VIa ZR 334/21, BeckRS 2022, 10201; Beschl. v. 09.05.2022 – VIa ZR 303/21, BeckRS 2022, 11891). Der Senat geht davon aus, dass den Prozessbevollmächtigten der Klägerin die vorgenannten obergerichtlichen und höchstrichterlichen Entscheidungen aufgrund zahlreicher auch vor dem Senat geführter Berufungsverfahren (vgl. statt vieler 11 U 252/22; Hinweisbeschl. v. 30.11.2022; Zurückweisungsbeschl. gem. § 522 Abs. 2 ZPO v. 27.01.2023) bekannt sind, weshalb derzeit davon abgesehen wird, diese im Einzelnen zu referieren. Auch das Landgericht hat die ständige obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung in der angefochtenen Entscheidung zutreffend zugrundegelegt (LGU 6). Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die überzeugenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden, mit denen sich die textbausteinartige Berufungsbegründung der Klägerin allenfalls kursorisch auseinandersetzt.
Soweit sich die Klägerin in Ihrer Berufungsbegründung auf eine Rechtsprechung des 8. Zivilsenats des OLG Naumburg zum Motor EA 288 der Beklagten beruft (BB 6, BB 18, BB 21), wonach dieser hinsichtlich der fehlenden Täuschung des KBA, des fehlenden Unrechtsbewusstseins bzw. des fehlenden Vorsatzes der Beklagten und bzgl. des fehlenden Schadens der Käufer im Urteil vom 09.04.2021 (8 U 68/20) eine dementsprechende Rechtsauffassung vertreten hatte, hält der vorgenannte Senat daran in seiner ständigen jüngsten Judikatur ausdrücklich nicht weiter fest (OLG Naumburg, Urt. v. 20.01.2022 – 8 U 46/21, BeckRS 2022, 1132 Rn. 31; Urt. v. 17.12.2021 – 8 U 54/21, Rn. 67, juris). Auch die weiteren obergerichtlichen Entscheidungen (etwa OLG Köln, Urt. v. 10.03.2022 - 24 U 112/21 und v. 07.05.2021 – 19 U 151/20), die die Berufung anführt (BB 9 f., BB 23), stehen dem nicht entgegen, da schon nicht erkennbar ist, welcher konkrete Tatsachenvortrag den genannten Judikaten jeweils zugrundelag. Im Übrigen sind diese durch die zwischenzeitlich ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu überholt (st. Rspr. des Senats vgl. statt vieler v. Beschl. v. 23.11.2022 - 11 U 201/22).
Selbst bei einem verpflichtenden Rückruf durch das KBA, kann nicht ohne Weiteres auf ein vorsätzlich sittenwidriges Schädigungsverhalten des Autoherstellers geschlossen werden (BGH, Beschl. v. 29.09.2021 - VII ZR 126/21; Senat, a.a.O.). Dementsprechend spricht ein hier nicht erfolgter Rückruf des KBA in Kenntnis der gesamten, nunmehr seit Jahren geführten Thematik um das Thermofenster und auch den Motor EA 288 als Nachfolgemotor des inkriminierten Motors EA 189 sehr deutlich gegen die Annahme eines sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten in Bezug auf den hier in Rede stehenden Pkw (Senat, a.a.O.). Auch dies hat das Landgericht richtig erkannt und sorgfältig begründet (LGU 6 f.). Die hiergegen von der Berufung vorgebrachten Erwägungen überzeugen nicht (vgl. etwa BB 13 ff.).
Im Übrigen würden selbst aus einer etwaig unterbliebenen Offenlegung der genauen Wirkungsweise der Abgasstrategie seitens der Beklagten gegenüber dem KBA keine Anhaltspunkte dafür folgen, dass für die Beklagte tätige Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Die Ausführungen der Klägerin hierzu (BB 17 ff.) verfangen nicht. Selbst wenn die Beklagte im Typgenehmigungsverfahren - erforderliche - Angaben zu den Einzelheiten der temperaturabhängigen Steuerung unterlassen haben sollte, wäre die Typgenehmigungsbehörde auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG gehalten gewesen, diese zu erfragen, um sich in die Lage zu versetzen, die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug zu prüfen (BGH, Beschl. v. 13.10.2021 – VII ZR 99/21, BeckRS 2021, 38651 Rn. 17; Kammergericht, Beschl. v. 25.8.2022 – 27 U 50/22, BeckRS 2022, 24952 Rn. 22). Anhaltspunkte für wissentlich unterbliebene oder unrichtige Angaben der Beklagten im Typgenehmigungsverfahren, die noch dazu auf ein heimliches und manipulatives Vorgehen oder eine Überlistung des KBA und damit auf einen bewussten Gesetzesverstoß hindeuten würden, vermag der Senat auf der Grundlage des klägerischen Tatsachenvortrags in beiden Instanzen nicht zu erkennen. Im Gegenteil, das KBA geht für baugleiche Fahrzeuge, was auch die Berufung grundsätzlich einräumt, davon aus, dass keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei. Die Ausführungen auf S. 17 der Berufungsbegründung stehen dem nicht entgegen.
Soweit die Berufung erneut eine Prüfstandserkennung durch Vorliegen einer Fahrkurvenerkennung anführt (etwa BB 15), wird diese nicht einmal vom KBA als grundsätzlich unzulässig erachtet, was der Senat aus einer Vielzahl vergleichbarer Fälle weiß, die hier anhängig waren und noch sind. Diese Einschätzung wird von der einhelligen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte geteilt (vgl. etwa OLG Naumburg, Urt. v. 10.12.2021 – 8 U 63/21, BB4; OLG Schleswig, Urt. v. 11.01.2022 – 7 U 84/21, BeckRS 2022, 792; OLG Saarbrücken, Urt. v. 05.01.2022 – 2 U 61/21, BeckRS 2022, 429; Kammergericht, Beschl. v. 25.8.2022 – 27 U 50/22, BeckRS 2022, 24952 Rn. 39; OLG Frankfurt, Urt. v. 22.09.2022 – 4 U 230/20, BeckRS 2022, 25179 Rn. 43).
Ebenso wenig bestehen auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin hinreichende Anhaltspunkte für einen bei ihr entstandenen Schaden (was für alle in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen maßgeblich wäre) und einen Schädigungsvorsatz bei der Beklagten. Die Klägerin nutzt das Fahrzeug ohne jegliche Einschränkung (vgl. hierzu Senat, a.a.O). Insoweit unterscheidet sich der zu entscheidende Streitfall grundlegend von den von der Beklagten hergestellten Fahrzeugen, bei denen ein Motor des Typs EA 189 mit einer unzulässigen Prüfstandserkennung verbaut war und auf die sich die Klägerin bezieht, wenn sie sich hierzu auf die Ausgangsentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.05.2020 beruft (vgl. BB 4).
Auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht geboten, zumal die Berufungsbegründung der Klägerin nicht einmal konkrete Behauptungen und ein nachvollziehbares Beweisthema enthält, auf dessen Grundlage eine Beweisanordnung durch den Senat überhaupt möglich wäre. Die gesamte Berufungsbegründung ist allgemein gehalten und differenziert weder hinreichend nach Fahrzeugtyp noch nach dem Zulassungszeitpunkt.
Auch ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB besteht insoweit nicht, was das Landgericht zutreffend entschieden und begründet hat (LGU 9 f.).
B. Zudem fehlt es der vorliegenden Rechtssache an grundsätzlicher Bedeutung. Auch zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Judikatur ist keine Entscheidung durch das Berufungsgericht im Urteilswege erforderlich und auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten (§522 Abs.2 S.1 ZPO). Die Voraussetzungen einer deliktischen Haftung, insbesondere gemäß § 826 BGB, sind höchstrichterlich abstrakt seit langem geklärt und auch hinsichtlich der Entwicklung und des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Rahmen der Abgasreinigung weiter konkretisiert worden (BGH, Beschl. v. 29.09.2021 – VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 8). Die aufgeworfenen Fragen lassen sich im Streitfall auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der einhelligen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zweifelsfrei beantworten. Das gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch dann, wenn noch eine große Anzahl vergleichbarer Fälle bei Gericht anhängig ist (vgl. statt vieler Senat, Beschl. v. 29.01.2021 – 11 U 113/20, BeckRS 2021, 7532 Rn. 19; Beschl. v. 18.11.2020 – 11 U 50/19, BeckRS 2020, 35720 Rn. 13; vgl. allgemein hierzu BGH, Beschl. v. 01.10.2002 - XI ZR 71/02; Beschl. v. 03.02.2015, II ZR 52/14, Rn. 9 jeweils zit. n. juris; OLG München, Beschl. V. 29.09.2020 - 8 U 201/20, BeckRS 2020, 24517 Rn. 37).
Der Bundesgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (vgl. statt vieler Beschl. v. 10.02.2022 - III ZR 87/21 Rn. 8 ff, juris) davon aus, dass die Auslegung von § 823 Abs. 2 BGB bezogen auf die unionsrechtlichen Vorschriften der Verordnung (EG) 715/2007 und auch im Hinblick auf § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV von vornherein eindeutig sind ("acte clair", vgl. EuGH, Urt. v. 06.10.1982 - Rs 283/81, NJW 1983, 1257, 1258; BVerfG, NVwZ 2015, 52 Rn. 35) sei. Nochmals hat er dies im Beschluss vom 04.05.2022 - VII ZR 656/21 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das den Gegenstand der Schlussanträge des Generalanwalts Rantos vom 02.06.2022 bildende Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Ravensburg ausgesprochen. Die Ausführungen des EuGH im Urt. v. 21.03.2023 (C-100/21, BeckRS 2023, 4652), die im klägerseits angesprochenen Verkündungstermin (BB 4) in Auslegung des Unionsrechts gesprochen wurden und denen sich der Senat anschließt, führen zu keinem anderen Ergebnis. Dies betrifft zunächst die Annahme des EuGH, wonach Art. 5 der Verordnung (EG) 715/2007 ein allgemeines Ziel verfolgt, das darin besteht, ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen (Rn. 71). Dementsprechend kann der Käufer eines (gemeint ist offensichtlich) Neufahrzeugs vernünftigerweise erwarten, dass dieses zur Serie eines genehmigten Fahrzeugtyps gehört und somit mit einer Übereinstimmungsbescheinigung versehen ist, die die Vorschriften der Verordnung Nr. 715/2007 zum Zulassungszeitpunkt beachtet (Rn. 81). Infolgedessen kann vom Hersteller eines Fahrzeugs bei der Aushändigung der Übereinstimmungsbescheinigung des Fahrzeugs für die Zulassung an den Käufer – auch hier ist offensichtlich der Neuwagenkauf gemeint – erwartet werden, dass dieser die sich aus Art. 5 der VO Nr. 715/2007 ergebenden Anforderungen beachten muss. Folgerichtig ist dann die weitere Annahme, wonach diese Vorschriften den Käufer davor zu schützen sollen, dass der Hersteller seine Pflicht, im Einklang mit dieser Bestimmung stehende Fahrzeuge auf den Markt zu bringen, nicht einhält (Rn. 82). Überzeugend ist in diesem Zusammenhang auch die Annahme des EuGH, dass es nach Art. 46 der RL 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.09.2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie) Sache der Mitgliedstaaten ist, die Sanktionen festzulegen, die im Fall der Nichtbeachtung der Richtlinienbestimmungen und der Verordnung Nr. 715/2007 anwendbar sind, wobei diese wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen (Rn. 90, 91) und hieraus die Möglichkeit resultieren muss, den Hersteller eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs auf Schadensersatz für den Schaden in Anspruch nehmen kann, der durch diese Abschalteinrichtung entstanden ist. Hierbei betont der EuGH, dass die Ausgestaltung dieses Schadensersatzanspruchs und die damit zusammenhängenden Modalitäten Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats sind (Rn. 91), wobei zu beachten ist, dass es dem Käufer eines Kraftfahrzeugs nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf, einen angemessenen Ersatz des Schadens zu erhalten, der ihm durch den Verstoß des Herstellers dieses Fahrzeugs gegen das in Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 715/2007 enthaltene Verbot entstanden ist (Rn. 93). All dies darf schließlich nicht dazu führen, wie der EuGH abschließend betont, dass der Schutz der unionsrechtlich gewährleisteten Rechte zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Anspruchsberechtigten führt (Rn. 94, m.w.N.; vgl. hierzu insgesamt auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urt. v. 30.03.2023 – 5 U 20/22).
Die genannten Grundsätze, die der Senat in vollem Umfang teilt (vgl. bereits Senatsbeschl. v. 28.03.2023 – 11 U 196/22), enthalten für die Beurteilung des hier zu entscheidenden Streitfalls, mit Blick auf die hierzu ergangene BGH-Rechtsprechung in den Dieselfällen seit der Ausgangsentscheidung zum VW-Motor EA 189 (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, ZVertriebsR 2020, 236, Rn. 19, 21), der der Senat in ständiger Rechtsprechung ebenfalls folgt, keine Ansatzpunkte dafür, die bisherige Rechtsprechung des Senats aufzugeben oder inhaltlich zu ändern. Die vorgenannten Entscheidungsgründe besagen nämlich, wie der BGH bislang bereits in ständiger Rechtsprechung betont, dass für die hier allein interessierende Frage, ob damit auch der Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts und damit der Schutz des Käufers vor dem Abschluss eines ungewollten Vertrages erfasst sein soll, nichts (vgl. statt vieler BGH, Beschl. v. 12.01.2022 – VII ZR 438/21, BeckRS 2022, 1191 Rn. 3). Es sind auch unter Berücksichtigung der angeführten EuGH-Entscheidung keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber mit den genannten Vorschriften (auch) einen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit und speziell des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts der einzelnen Käufer bezweckte und hieraus den konkret geltend gemachten Anspruch auf (Rück-)Abwicklung eines mit einem Dritten geschlossenen Kaufvertrags hätte knüpfen wollen (BGH, a.a.O.; BGH, Beschl. v. 04.05.2022 - VII ZR 656/21, Rn. 3, juris; Urt. v. 30.07.2020 - VI ZR 5/20 Rn. 11, ZIP 2020, 1715; vgl. statt vieler der Senat u.a. in den Verfahren 11 U 196/22; 11 U 55/22, 11 U 138/22, 11 U 146/22). Die in der Folge der EuGH-Rechtsprechung ergangene obergerichtliche Praxis teilt diese Einschätzung in vollem Umfang (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 23.03.2023 – 7 U 113/22, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urt. v. 30.03.2023 – 5 U 20/22; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urt. v. 29.03.2023 – 12 U 119/22, juris; so auch Senatsbeschl. v. 28.03.2023 – 11 U 196/22).
Wie der EuGH ausdrücklich betont, steht es den Mitgliedstaaten frei, die Modalitäten des Schadensersatzes zu regeln, was in der Folge auch ermöglicht, einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen einer Verletzung des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts zu verneinen, wenn dem Käufer im nationalen Rechtsschutzsystem ein grundsätzlich wirksamer und effektiver Rechtsschutz bei Verletzungen des Herstellers gegen die Vorschriften des Art. 5 VO (EG) 715/2007 zukommt.Dies entspricht bereits der einhelligen, hierzu ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung, die der Senat in ständiger Rechtsprechung teilt (vgl. Senatsbeschl. v. 28.03.2023 – 11 U 196/22; Beschl. v. 23.11.2022 - 11 U 201/22 v. 07.12.2022 – 11 U 256/22; vgl. auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 14.07.2022 - 5 U 80/21 BeckRS 2022, 23387; OLG München, a.a.O.; Rn. 32 ff.; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.06.2022 – 15 U 2169/21, Rn. 8, juris, Kammergericht, Zurückweisungsbeschl. 24 U 10/22; OLG Stuttgart, Urt. v. 28.06.2022 – 24 U 115/22; OLG Bamberg, Beschl. v. 20.06.2022 – 1 U 565/21, Rn. 51). Maßgeblich ist insoweit, dass, wovon auch der EuGH in der Entscheidung vom 21.03.2023 ausgeht (vgl. Rn. 90 ff.), ein solcher Ersatzanspruch nicht unabhängig von weiteren Voraussetzungen eingeräumt werden muss (vgl. bereits Senat, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O. zu den vorausgegangenen Schlussanträgen des GA Rantos). Insoweit enthält das deutsche Recht bei der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in erster Linie - sogar z.T. verschuldensunabhängige - äußert „wirksame und abschreckende“ kaufvertragliche Ansprüche gegen den Fahrzeugverkäufer (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 21.07.2021 - VIII ZR 254/20; hierzu auch Senat, a.a.O.; OLG München, a.a.O., Rn. 35) und Ansprüche aus unerlaubter Handlung gegen den Fahrzeugverkäufer. Deshalb trifft es nicht zu, dass der Fahrzeughersteller nach derzeitigem Rechtsstand in Deutschland keine Inanspruchnahme zu befürchten hätte. Denn der Fahrzeughersteller unterliegt wegen etwaiger Aufwendungen des Fahrzeugverkäufers im Rahmen der Gewährleistung gem. § 445a BGB dem Rückgriff des Händlers, hat also wirtschaftlich die Folgen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen ggf. voll und allein zu tragen, was nach Auffassung des Senats fraglos auch ausreichenden Anreiz böte, die Unionsvorschriften im Sinne der jüngsten EuGH-Rechtsprechung penibel einzuhalten (vgl. bereits Senat, a.a.O.; ähnlich auch OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG München, a.a.O.). Dass es aus Gründen der Äquivalenz und der Effektivität gleichwohl unionsrechtlich noch zusätzlich der Begründung einer auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten unmittelbaren Fahrlässigkeitshaftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 5 Abs. 2, 3 Nr.10 der VO Nr. 715/2007 gegen den Fahrzeughersteller bedürfte, ist nach der neueren Rechtsprechung des EuGH zu verneinen (vgl. hierzu insgesamt Senat, a.a.O.; OLG München, a.a.O., Rn. 37; OLG Hamm, a.a.O.).
Demnach sind auch eine Verfahrensaussetzung nach § 148 ZPO oder eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht angezeigt.
C. Der Senat hat auch den weiteren Sach- und Rechtsvortrag der Klägerin aus ihrer Berufungsbegründung vom 20.03.2023, der sich im Wesentlichen mit bereits aus anderen Berufungsverfahren der klägerischen Prozessbevollmächtigten bekannten Schriftsätzen deckt, zur Kenntnis genommen und geprüft; ein anderslautendes Ergebnis ist gleichwohl nicht zu erzielen.