Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 70. Senat | Entscheidungsdatum | 30.08.2023 | |
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Aktenzeichen | OVG 70 A 1.19 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0830.OVG70A1.19.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 62 Abs 3 FlurbG, § 65 FlurbG, § 110 Satz 1 FlurbG, § 115 FlurbG, § 134 FlurbG, § 135 Abs 1 S 1 FlurbG, § 113 Abs 1 S 1 VwGO |
1. Zu den Anforderungen der öffentlichen Bekanntmachung nach § 65 FlurbG
2. Zur Nachsichtgewährung bei versäumter Widerspruchsfrist
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30 Euro erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig nach einem Streitwert von 5.000 Euro.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin ist als Eigentümerin mehrerer betroffener Grundstücke in der Gemarkung P ... Teilnehmerin des im Jahr 2007 bestandskräftig angeordneten und 2017 erweiterten Bodenordnungsverfahrens P ... .
Am 23. April 2018 ordnete der Beklagte die vorläufige Besitzeinweisung sowie Überleitungsbestimmungen hierzu an und gab dies im Amtsblatt der Stadt K ... am 25. Mai 2018 öffentlich bekannt. Mit Schreiben vom 27. September 2018 legte die Klägerin gegen die vorläufige Besitzeinweisung mit Überleitungsbestimmungen Widerspruch ein. Sie sei mit der Neugestaltung ihrer Fläche nicht einverstanden. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2018 als unzulässig zurück, da er verfristet sei.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage. Zur Begründung macht sie geltend, die vorläufige Besitzeinweisung sowie die Überleitungsbestimmungen vom 23. April 2018 seien nicht wirksam bekannt gegeben worden. Namentlich sei nicht ersichtlich, dass der Bürgermeister der Stadt K ... die öffentliche Bekanntmachung verfügt habe oder sonst hieran beteiligt gewesen sei. Die in der Anordnung vom 30. April 2018 festgelegte Auslegungsfrist von einem Monat sei nicht gewahrt. Ausgelegt worden sei vom 26. Mai 2018 bis 25. Juni 2018. Das Amtsblatt der Stadt K ... vom 25. Mai 2018, in der die Allgemeinverfügung bekannt gegeben worden sei, sei der Klägerin nicht zugegangen. Auch bei Nachbarn sei es nicht eingeworfen worden, wie entsprechende Nachfragen ergeben hätten. Nachforschungen bei der Stadt, beim Verlag Q ..., der das Amtsblatt drucke und in Umlauf bringe, und bei der Deutschen Post AG, die das Amtsblatt verteile, hätten keine Klärung erbracht, wann genau das Amtsblatt verteilt worden sei. Da die Bekanntgabe an einen unbestimmten Personenkreis über eine Allgemeinverfügung zumindest eine abstrakte Kenntnisnahmemöglichkeit dieses Personenkreises voraussetze, sei dieses Kriterium hier nicht erfüllt. Die bloße Weitergabe der Allgemeinverfügung an den Verlag sei noch keine öffentliche Bekanntgabe. Ob die Verfügungen öffentlich bekannt gegeben worden seien und wenn ja, wann, sei strittig. Die Klägerin sei auch nicht gehalten, auf Verdacht ein Amtsblatt anzufordern.
Sie hat schriftsätzlich beantragt,
die Allgemeinverfügung über die vorläufige Besitzeinweisung vom 23.04.2018 im Bodenordnungsverfahren „P ... sowie die Überleitungsbestimmungen zur vorläufigen Besitzeinweisung im Bodenordnungsverfahren „P ... vom 23.04.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2018, Geschäftszeichen: Q ... aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Klage für unbegründet, da der Widerspruch verspätet eingelegt worden sei. Die Bekanntmachung der vorläufigen Besitzeinweisung mit Überleitungsbestimmungen sei wirksam erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
I. Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden waren (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 102 Abs. 2 VwGO).
II. Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat das nach § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG vorgesehene Widerspruchsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt, weil sie den Widerspruch nicht innerhalb der Widerspruchsfrist eingelegt hat.
Die Klägerin kann die materiell-rechtliche Prüfung der vorläufigen Besitzeinweisung und der dazugehörigen Überleitungsbestimmungen vom 23. April 2018 daher nicht verlangen.
1. Gemäß § 115 Abs. 1 FlurbG beginnen die gesetzlichen Fristen mit der Bekanntgabe (Zustellung), wenn öffentliche Bekanntmachung erfolgt, mit dem ersten Tage der Bekanntmachung. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte ausweislich der Bescheinigung der Stadt K ... vom 30. Mai 2018 durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Stadt vom 25. Mai 2018. Sie endete nach einem Monat (§ 70 VwGO in Verbindung mit § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 1 VwVfG Bbg, § 79 VwVfG; Mayr, in Wingerter/Mayr, Flurbereinigungsgesetz, 10. Auflage 2018, § 141 Rn. 7), hier also am Montag, den 25. Juni 2018. Die Klägerin hat erst mit Schreiben vom 27. September 2018 und damit verspätet Widerspruch eingelegt.
2. Der Einwand der Klägerin, die Widerspruchsfrist habe nicht zu laufen begonnen, weil das Verfahren in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft durchgeführt worden sei, ist unbegründet. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.
Rechtsgrundlage der vorläufigen Besitzeinweisung ist § 65 FlurbG. Sie ist nach Absatz 2 Satz 1 dieser Vorschrift von der Flurbereinigungsbehörde anzuordnen und gemäß Absatz 2 Satz 3 öffentlich bekannt zu machen. Nach § 65 Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 62 Abs. 3 FlurbG ist sie bei den Gemeindeverwaltungen der Flurbereinigungsgemeinden oder beim Vorstand der Teilnehmergemeinschaft zur Einsichtnahme für die Beteiligten auszulegen. Diese Voraussetzungen sind sämtlich erfüllt.
a) Die vorläufige Besitzeinweisung sowie die Überleitungsbestimmungen sind entsprechend § 65 Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 62 Abs. 3 FlurbG bei den Gemeindeverwaltungen zur Einsichtnahme für die Beteiligten öffentlich ausgelegt worden. Nach der Bescheinigung der Stadt K ... vom 27. Juni 2018, in der die Klägerin ihren Wohnsitz hat und auf deren Ortsrecht deshalb abzustellen ist, hat die hier streitige vorläufige Besitzeinweisung mit den Überleitungsbestimmungen vom 23. April 2018 zusammen mit den Karten zur vorläufigen Besitzeinweisung vom 25. Mai 2018 bis zum 26. Juni 2018 während der Geschäftszeiten bei der Stadt K ... ausgelegen. Die in der Anordnung vom 23. April 2018 festgelegte Auslegungsfrist von einem Monat ist damit eingehalten. Der Einwand der Klägerin, die Auslegung sei vom 26. Mai bis zum 25. Juni 2018 erfolgt, ist nicht nachvollziehbar.
Die von dem Beklagten festgelegte Auslegungsfrist ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu beanstanden. Wie sich aus § 65 Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 62 Abs. 3 Satz 1 FlurbG ergibt, ist eine bestimmte Frist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Ihre Festlegung steht damit im Ermessen der Behörde. Mit der hier bestimmten Dauer von einem Monat ist ein ausreichend bemessenes Zeitfenster vorgesehen. Das OVG Lüneburg hat im Fall einer vorläufigen Besitzeinweisung sogar eine Auslegung von lediglich zwölf Tagen als ausreichend erachtet (Urteil vom 21. Februar 2017 - 15 KF 13/16 -, RdL 2017, 187 ff., juris Rn. 32). Der Vortrag der Klägerin, es handele sich bei der vorläufigen Besitzeinweisung um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff in ihr Eigentum, rechtfertigt keine andere Einschätzung.
b) Die Anordnung sowie die Überleitungsbestimmungen vom 23. April 2018 sind auch gemäß § 65 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 62 Abs. 3 FlurbG öffentlich bekannt gemacht worden. Nach § 110 Satz 1 FlurbG erfolgen die im Flurbereinigungsgesetz vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachungen in den Flurbereinigungsgemeinden nach den für die öffentliche Bekanntmachung von Verfügungen der Gemeinden bestehenden Rechtsvorschriften. Das ist vorliegend die Hauptsatzung der Stadt K ... vom 18. Dezember 2008.
aa) Nach deren § 13 Abs. 2 erfordern öffentliche Bekanntmachungen der Stadt, die durch Rechtsvorschrift vorgeschrieben sind, soweit - wie hier - keine sondergesetzlichen Vorschriften bestehen, die Veröffentlichung des vollen Wortlautes im „Amtsblatt für die Stadt K ... “. Diese Anforderung ist erfüllt. Die hier streitige vorläufige Besitzeinweisung nebst den zugehörigen Überleitungsbestimmungen ist im Amtsblatt Nr. 5 der Stadt vom 25. Mai 2018 in vollem Wortlaut veröffentlicht worden.
bb) Der nicht näher begründete Einwand der Klägerin, die Bekanntmachung müsse durch den Bürgermeister verfügt werden, was hier nicht erfolgt sei, dürfte sich auf § 13 Abs. 1 der Hauptsatzung beziehen. Danach erfolgen Bekanntmachungen durch den hauptamtlichen Bürgermeister. Die Auffassung der Klägerin, hieraus sei abzuleiten, dass sämtliche Veröffentlichungen im Amtsblatt der Stadt vom Bürgermeister „verfügt“ werden müssten, ist rechtsirrig. § 13 Abs. 1 der Hauptsatzung bezieht sich auf Bekanntmachungen des Ortsrechts der Stadt, wie bspw. Satzungen oder Verordnungen. Bekanntmachungen im Amtsblatt der Stadt durch andere Behörden und Verbände erfolgen demgegenüber nach § 13 Abs. 2 der Hauptsatzung und bedürfen schon nach dessen Wortlaut nicht der Anordnung oder eines sonstigen Tätigwerdens des hauptamtlichen Bürgermeisters. Die öffentliche Bekanntmachung wird in diesen Fällen vielmehr durch die jeweils andere Behörde oder den anderen Verband angeordnet. Dem entspricht, dass vorliegend der Beklagte die öffentliche Bekanntmachung der vorläufigen Besitzeinweisung gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 FlurbG angeordnet hat. Eine Notwendigkeit oder ein Grund, eine (weitere) Bekanntmachungsanordnung durch den Bürgermeister zu fordern oder vorzusehen, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin verkennt zudem, dass die fragliche Bekanntmachung im Wege der Amtshilfe (vgl. § 135 Abs. 1 Satz 1 FlurbG) erfolgt. Amtshilfe ist ergänzende Hilfe. Sie lässt die beantragte Tätigkeit nicht zur eigenen Aufgabe der ersuchten Behörde werden. Die ersuchte Behörde ist vielmehr „der verlängerte Arm“ der Flurbereinigungsbehörde (Wingerter, in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 135 Rn. 2).
c) Auch der weitere Einwand der Klägerin, ihr sei die fragliche Ausgabe des Amtsblattes nicht durch die Post ausgeliefert worden, führt nicht auf einen Fehler der Bekanntmachung der vorläufigen Besitzeinweisung und der Überleitungsbestimmungen.
aa) Die Hauptsatzung der Stadt K ... setzt für eine wirksame Bekanntmachung die tatsächliche und erfolgreiche Verteilung der Amtsblätter an jeden einzelnen Haushalte nicht voraus, vielmehr genügt hierfür die Veröffentlichung im Amtsblatt der Stadt, die erfolgt ist und dessen Bezugsmöglichkeit. Anforderungen, die Amtsblätter im Land Brandenburg allgemein zu erfüllen haben, sind in der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Vorschriften in den Gemeinden, Verbandsgemeinden, Ämtern und Landkreisen (Bekanntmachungsverordnung - BekanntmV -) vom 1. Dezember 2000 (GVBl. II/00, [Nr. 24], S. 435), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. Januar 2022 (GVBl.II/22, [Nr. 2]) geregelt. Nach § 4 Abs. 2 BekanntmV muss das amtliche Bekanntmachungsblatt in ausreichender Auflage nach Bedarf erscheinen (Nr. 1), den Ausgabetag angeben (Nr. 2), jahrgangsweise fortlaufend nummeriert sein (Nr. 3) sowie die Bezugsmöglichkeiten und -bedingungen angeben (Nr. 4). Dass eine dieser Anforderungen nicht erfüllt sei, legt die Klägerin nicht dar; es ist auch nicht ersichtlich.
bb) Aus dem Rechtsstaatsprinzip des Artikels 20 Abs. 3 GG ist weiter abzuleiten, dass Betroffene sich verlässlich Kenntnis vom Inhalt einer Rechtsnorm verschaffen können müssen und diese Möglichkeit nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein darf (BVerfG, Beschluss vom 22. November 1983 - 2 BvL 25/81 -, BVerfGE 65, 283 ff., juris Rn. 36). Die Klägerin zeigt nicht auf, dass diese Anforderungen vorliegend nicht gewahrt seien. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es ihr unzumutbar erschwert gewesen wäre, sich das Amtsblatt ggf. selbst zu beschaffen.
Ihr Vortrag, ohne einen entsprechenden Anstoß sei sie nicht verpflichtet, ein Amtsblatt „auf Verdacht“ anzufordern, überzeugt nicht. Die Klägerin hätte das Amtsblatt zumutbarerweise bei dem Verlag beziehen können. Die einzelnen Ausgaben des Amtsblattes weisen jeweils ausdrücklich auf diese Möglichkeit hin, sofern man bei der Verteilung an die Haushalte der Gemeinde im Einzelfall kein Amtsblatt erhalten habe. In den Ausgaben jedes Amtsblatts wird zudem jeweils auf das Erscheinungsdatum der nachfolgenden Amtsblätter hingewiesen. Weshalb es vor diesem Hintergrund eines (weiteren) Hinweises oder Anstoßes auf das Erscheinen des hier fraglichen Amtsblattes hätte bedürfen sollen, erschließt sich nicht. Hinzu kommt, dass die Klägerin mit öffentlichen Bekanntmachungen im Rahmen des Bodenordnungsverfahrens jederzeit rechnen musste, so dass schon allein aus diesem Grund Anlass bestanden hätte, sich bei Ausbleiben des angekündigten Amtsblattes an die Gemeinde oder den Verlag zu wenden.
3. Eine Nachsichtgewährung nach § 134 Abs. 2, Abs. 3 FlurbG wegen Versäumung der Widerspruchsfrist kam nicht in Betracht.
a) Bei unverschuldeter Fristversäumnis muss gemäß § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG Nachsicht gewährt werden, wenn die Erklärung unverzüglich nach Behebung des Hindernisses nachgeholt wird. Unverzüglich in diesem Sinne erfordert in der Regel für das Nachholen der Erklärung eine kürzere als die in § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO festgelegte Zwei-Wochen-Frist (Wingerter, a.a.O., § 134 Rn. 8 m.w.N.). Werden Gründe für eine Nachsichtgewährung erst im Klageverfahren vorgebracht, ist dies nicht mehr unverzüglich (VGH München, Urteil vom 1. März 2001 - 13 A 00.3039 -, juris Rn. 19). So ist es hier. Die Klägerin hat ihren Widerspruch im Schreiben vom 27. September 2018 nicht begründet. Sie hat lediglich ausgeführt, mit der Neugestaltung ihrer Fläche nicht einverstanden zu sein. Die Gründe hierfür hat sie erstmals mit Schreiben vom 9. August 2023, das ihr Prozessbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 21. August 2023 zur Akte gereicht hat, dargelegt. Hinzu kommt, dass die Fristversäumung nicht unverschuldet war. Der Umstand, dass das Amtsblatt mit der öffentlichen Bekanntmachung nicht an die Klägerin auf dem üblichen Wege ausgeliefert worden sein mag, rechtfertigt die Annahme, die Frist sei unverschuldet versäumt worden, nicht. Denn der Klägerin war es zumutbar, sich Kenntnis des Amtsblatts auf anderem Wege zu verschaffen. Dem entsprechend ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine verschuldete Fristversäumung vorliegt, wenn ein Teilnehmer keine Vorkehrungen trifft, um ihm ausreichende Informationen über seine Grundstücke betreffende Maßnahmen zu sichern (Wingerter, a.a.O., § 134 Rn. 5 m.w.N.).
b) Die Nachsichtgewährung nach § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG bei verschuldeter Fristversäumnis scheidet ebenfalls aus. Nach der Rechtsprechung des Senats setzt sie eine Interessenabwägung zwischen den Erfordernissen der Beschleunigung des Verfahrens und der Rechtssicherheit, die eine zeitliche Begrenzung des Beschwerderechts erfordern, und dem sachlich-rechtlichen Anspruch des Teilnehmers auf eine dem Gesetz entsprechende Abfindung voraus. Nur wenn dieser Anspruch derart berührt wird, dass für den Teilnehmer eine unbillige Härte eintritt, ist die Nachsichtgewährung gerechtfertigt. Unbedeutende Beeinträchtigungen haben außer Betracht zu bleiben. Die für den Teilnehmer eintretende Härte muss offenbar sein, d.h. sie muss ohne besondere Untersuchung erkennbar zutage treten. Es ist nicht Sinn dieser Regelung, die sachlichen Einwendungen auf das Genaueste zu untersuchen, als wären sie fristgerecht in das Verfahren eingeführt worden. Bei der erforderlichen Abwägung ist außerdem der Zeitablauf zwischen dem Eintritt der Säumnis und der Erhebung des verspäteten Rechtsmittels zu berücksichtigen; aus dem Beschleunigungsgrundsatz ergeben sich zeitliche Grenzen für die im Ermessen der Behörde stehende Nachsichtgewährung. Es muss von einem Teilnehmer erwartet werden, dass er Einwendungen gegen die mit Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbaren Schlussakte eines abgeschlossenen Verfahrensabschnitts unverzüglich nach deren Bekanntwerden geltend macht (Senatsurteil vom 1. Juni 2023 - OVG 70 A 1/22 -, juris Rn. 26 m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kommt eine Nachsichtgewährung nach § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG vorliegend nicht in Betracht.
Abgesehen davon, dass die Klägerin ihre Einwendungen im Schreiben vom 9. August 2023 schon nicht unverzüglich geltend gemacht hat, ist ihr Vortrag auch nicht hinreichend substanziiert. Sie legt keine Unterlagen vor, aus denen sich die sachliche Richtigkeit ihres Vortrags, die Flächenangaben ihrer Grundstücke im Grundbuch wichen von denjenigen des Katasteramtes ab, ergibt. Auch mit den Angaben zu den Grundstücksflächen und deren Nutzungsarten in den Einlagennachweisen und den Abfindungsnachweisen setzt sie sich nicht auseinander. Aus ihrem Vorbringen tritt daher das Vorliegen einer Härte nicht „zutage“.
III. Die Kostenentscheidung folgt § 147 Abs. 1 und § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 VwGO. Die Gebührenpflicht richtet sich nach Nr. 5112 (Verfahren im Allgemeinen) der Anlage I zum GKG. Die Verfahrensgebühr bemisst sich mangels konkreter Anhaltspunkte für ein anders zu bewertendes wirtschaftliches Interesse der Klägerin anhand des Auffangstreitwerts von 5.000 Euro (§ 52 Abs. 2 GKG). Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30 Euro erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG und § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.