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(keine) Entfernung aus dem Beamtenverhältnis; Kürzung der Dienstbezüge; Polizeibeamter; WhatsApp-ChatverkehrSicherstellung und Auswertung eines Handys in einem Strafverfahren;Zufallsfunde; (kein) Beweisverwertungsverbot; Einstellen von Bildern und Kommentaren in kleinen privaten WhatsApp-Gruppen; Bilder von Adolf Hitler und NSDAP-Kennzeichen; Auslegung des Aussagegehalts; mögliches Sympathisieren mit dem Nationalsozialismus; Anschein einer verfassungsfeindlichen Gesinnung; Befugnis zur Einlegung einer Berufung; Vertretungsbefugnis von Mitarbeitern einer Behörde


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 80. Disziplinarsenat Entscheidungsdatum 24.08.2023
Aktenzeichen OVG 80 D 3/22 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0824.OVG80D3.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 64 Abs 1 S 2 BDG, § 64 Abs 1 S 4 BDG, § 33 Abs 1 S 3 BeamtStG, § 34 Abs 1 S 3 BeamtStG, § 47 Abs 1 S 1 BeamtStG, § 47 Abs 1 S 2 BeamtStG, § 8 DiszG, § 13 DiszG, § 34 Abs 2 DiszG, § 41 DiszG, § 101 S 2 BG BB, § 86a StGB, § 108 Abs 1 StPO

Leitsatz

1. Die Berufung in einem Disziplinarverfahren gegen einen Beamten der Polizei Berlin muss nicht von der Polizeipräsidentin oder dem Polizeivizepräsidenten persönlich eingelegt werden.

2. Von einer eindeutig erkennbaren inneren Abkehr von den Fundamentalprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sind Fälle abzugrenzen, in denen der betroffene Beamte sich durch einige wenige geschmacklose Nachrichten oder versendete Bilder wegen Setzen eines „bösen Scheins“ zwar achtungs- und vertrauensunwürdig verhalten hat, er aber kein Gegner der Verfassung ist.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. April 2022 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger erstrebt weiterhin die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Der 19 in G ... geborene Beklagte besuchte bis 1986 eine Oberschule und an-schließend eine Betriebsberufsschule in Berlin, die er 1989 mit der Reifeprüfung und Facharbeiterprüfung als Elektromechaniker abschloss. Anschließend arbeitete er in dem erlernten Beruf, leistete von November 1989 bis einschließlich September 1990 seinen Wehrdienst und absolvierte im Jahr 1991 eine Umschulung. Zum 1. Dezember 1991 trat er als Polizeihauptwachtmeister-Anwärter in den mittleren Dienst der Schutzpolizei des Landes Berlin. Er wechselte im Jahr 1993 in den Vorbereitungsdienst für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst der Polizei und besuchte parallel die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege Berlin (Fachbereich nichttechnischer Verwaltungsdienst). Das Studium schloss er am 15. November 1996 mit dem akademischen Grad „Diplom-Verwaltungsfachwirt (FH)“ ab. Nach bestandener Laufbahnprüfung für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst im Jahr 1996 und anschließend erfolgreich absolvierter Probezeit als Polizeiinspektor z.A. ernannte ihn der Kläger im Februar 1999 in diesem Amt zum Beamten auf Lebenszeit. Im Jahr 2000 ermöglichte er dem Beklagten den Laufbahnwechsel in die Laufbahn des gehobenen Dienstes der Schutzpolizei. Nach erfolgreichem Abschluss der erforderlichen Zusatzausbildung ernannte er den Beklagten im Februar 2002 zum Polizeikommissar und beförderte ihn im April 2006 zum Polizeioberkommissar. Die dienstlichen Leistungen des Beklagten wurden in den Beurteilungszeiträumen vom 24. August 2004 bis 8. November 2006, vom 9. November 2006 bis 12. Juni 2007 und zuletzt vom 13. Juni 2007 bis 31. Dezember 2012 jeweils mit der Gesamtnote „oberer Bereich C“ bewertet.

Der Beklagte ist geschieden und hat keine Kinder. Er ist bis zu den Vorwürfen, die Gegenstand dieses Verfahren sind, straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten.

Im August 2017 leitete die Polizei gegen den Beklagten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer falschen Verdächtigung ein. Ihm wurde vorgeworfen, ein anonymes Schreiben an die Polizei gesandt zu haben, mit dem ein Kollege von ihm fälschlich des Besitzes kinderpornografischer Schriften bezichtigt wurde. Das Amtsgericht Tiergarten erließ deshalb am 18. August 2017 Durchsuchungsbeschlüsse, mit denen die Durchsuchung der Wohn- und Nebenräume des Beklagten, seines Fahrzeugs und der ihm gehörenden Sachen sowie seines Arbeitsplatzes angeordnet wurde. Es lägen Tatsachen vor, aus denen zu schließen sei, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde, nämlich Computern und geeigneten Speichermedien, auf denen sich im logischen oder gelöschten Bereich das anonyme Anzeigeschreiben befinde. Bei der am 7. September 2017 durchgeführten Durchsuchung wurden zahlreiche Speichermedien des Beklagten einschließlich seines Smartphones sichergestellt und in der Folgezeit ausgewertet. Das Anzeigeschreiben wurde nicht gefunden. Die Staatsanwaltschaft Berlin stellte das Verfahren wegen falscher Verdächtigung unter dem Aktenzeichen 284 Js 2351/17 am 29. März 2018 nach § 170 Abs. 2 StPO ein.

Aufgrund der Auswertungsergebnisse des WhatsApp-Chatverkehrs auf dem Smartphone warf die Staatsanwaltschaft dem Beklagten stattdessen mit Anklageschrift vom 29. März 2018 vor, einer anderen Person den Besitz an einer kinderpornografischen Schrift verschafft zu haben. Er habe am 3. Januar 2017 von seinem Smartphone an die Zeugin O ... über WhatsApp eine Videodatei übersandt, die den Geschlechtsverkehr zwischen einem unter 14 Jahre alten Jungen und einem Tier (Esel) zeige. Das Video war mit dem Kommentar „Bestimmt wieder ein Peter, Paul oder Friedrich…“ versehen. Das Amtsgericht Tiergarten veranlasste Nachermittlungen zu diesem Vorwurf, weil sich die im Anklagesatz geschilderte Videodatei anhand eines auf dem Smartphone nur noch vorhandenen grob verpixelten Vorschaubildes nicht nachvollziehen lasse. Die Zeugin K ... sei zu vernehmen. Diese gab unter dem 14. Juni 2018 eine schriftliche Stellungnahme ab. Danach sei ihr nicht bekannt, dass der Beklagte ihr jemals kinderpornografisches Material, als Bild oder auch als Video, zugesandt habe. Das Amtsgericht Tiergarten stellte daraufhin mit Beschluss vom 5. Oktober 2018 – (244 Ds) 284 Js 2351/17 (69/18) – das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Beklagten nach § 153 Abs. 2 StPO ein. Es sei nicht sicher festzustellen, dass es sich bei der Person auf der verfahrensgegenständlichen Aufnahme um ein Kind handele. Es komme daher nur die Verbreitung jugendpornografischer Schriften in Betracht. Es sei nur eine Aufnahme, der Beklagte habe ersichtlich keine entsprechenden Neigungen und die Aufnahme auch nicht aus derartigen Gründen weitergeleitet.

Aufgrund des bei der Auswertung des Smartphones des Beklagten überprüften WhatsApp-Chatverkehrs leitete die Polizei gegen den Beklagten zudem strafrechtliche Ermittlungen wegen einer möglichen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ein. Anlass hierfür war, dass er am 18.Mai 2017 ein Hitlerportrait sowie am 21. Juli 2017 das Bild einer „Hitler-Sport“ Schokoladenverpackung, auf der unter anderem Adolf Hitler mit einer Hakenkreuzbinde abgebildet ist, in eine WhatsApp-Gruppe eingestellt hatte. Außerdem hatte er am 23. August 2017 das Foto einer dunkelhäutigen männlichen Person mit Hakenkreuz-Tattoos in zwei verschiedene WhatsApp-Gruppen gepostet. Die Staatsanwaltschaft Berlin stellte das Ermittlungsverfahren mit dem Aktenzeichen 231 Js 3878/17 am 7. Dezember 2017 nach § 170 Abs. 2 StPO ein, weil kein öffentliches Verwenden und auch kein Verbreiten im Sinne von § 86a StGB vorliege bzw. nachzuweisen sei. Es habe sich um einen Austausch im Rahmen kleiner geschlossener WhatsApp-Gruppen von drei bzw. fünf Personen gehandelt.

Im Hinblick auf die strafrechtlichen Beschuldigungen hatte der Dienstvorgesetzte des Beklagten, der Leiter der Direktion 1, bereits am 25. Januar 2018 ein Disziplinarverfahren gegen diesen eingeleitet und es bis zum rechtskräftigen Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt. Er teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 11. Juli 2019 mit, dass er nach Abschluss der Strafverfahren das Disziplinarverfahren fortführe. Der Vorwurf der falschen Verdächtigung werde entsprechend zum Ergebnis des Strafverfahrens auch disziplinarrechtlich nicht aufrechterhalten. Es bestehe jedoch weiterhin der Verdacht, außerdienstlich einer anderen Person den Besitz einer kinderpornografischen Videodatei verschafft zu haben. Ebenso bleibe der Verdacht des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen durch Versenden von drei Bilddateien. Das Disziplinarverfahren werde außerdem um den Vorwurf erweitert, dass der Beklagte am 17. Februar 2017 in einem WhatsApp-Chat der „Sommer Sonne“-Gruppe auf einen Eintrag eines Chat-Mitglieds: „Der müsste die Rückennummer 88 haben…“ mit den Worten „18 ist auch OK“ reagiert habe. Die 18 stehe in der Neonazi-Szene für den ersten und den achten Buchstaben des lateinischen Alphabets und werde als Synonym für die Initialen Adolf Hitlers verwendet. Die Ziffer 88 stehe in der rechten Szene als Abkürzung für den Gruß „Heil Hitler“.

Der Kläger erstellte am 16. September 2019 einen Ermittlungsbericht und übersandte diesen im Rahmen der abschließenden Anhörung dem Beklagten. Darin konkretisierte er die ihm als Dienstvergehen vorgehaltenen Handlungen und erweiterte den Vorwurf. Der Beklagte habe in einem nur zwischen ihm und PK U ... geführten Chat auf dessen Vorschlag, gemeinsam am 15. Juli 2017 zu dem Rechts-Rock-Konzert „Rock gegen Überfremdung II“ nach Themar in Thüringen zu fahren, am 14. Juli 2017 mit den Worten abgesagt: „Samstag kann ich nicht. Schade eigentlich, hört sich ganz gut an.“ Am 16. Juli 2017 habe er sich mit PK U ... noch einmal zu dem Konzert ausgetauscht. Dabei hätten sie über die Medienberichterstattung zu diesem Konzert gesprochen und sich über den schwachen linken Gegenprotest gefreut. Der Beklagte nahm im September 2019 und ergänzend im Oktober 2019 zum Ermittlungsbericht Stellung. Der Kläger teilte ihm mit Schreiben vom 17. März 2020 mit, dass der höhere Dienstvorgesetzte (Polizeipräsident in Berlin) das Disziplinarverfahren an sich gezogen habe.

Nach Beteiligung der Frauenvertreterin und des Personalrats hat der Kläger am 30. April 2020 Disziplinarklage erhoben, mit der er die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis beantragt hat. Im Einzelnen stützt sich die Disziplinarklage auf drei Anschuldigungskomplexe mit insgesamt sechs Vorwürfen. Der Beklagte habe außerdienstlich einer anderen Person eine als kinder- oder zumindest jugendpornografisch eingestufte Videodatei übersandt. Ferner habe er in WhatsApp-Gruppen drei Bilder mit Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingestellt sowie auf den Eintrag eines Chat-Mitglieds: „Der müsste die Rückennummer 88 haben…“ mit den Worten „18 ist auch OK“ reagiert. Schließlich seien ihm seine Nachrichten im Chat mit PK U ... zum Rechts-Rock-Konzert „Rock gegen Überfremdung II“ vorzuwerfen. Er habe mit seinen WhatsApp-Nachrichten den Anschein gesetzt, sich mit fremdenfeindlichem Gedankengut zu identifizieren, zumindest aber damit zu sympathisieren.

Das Verwaltungsgericht hat nach Vernehmung der Zeugin K ... mit Urteil vom 8. April 2022 gegen den Beklagten eine Kürzung seiner Dienstbezüge in Höhe von 10 v.H. für die Dauer von drei Jahren verhängt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Ansicht des Beklagten bestehe kein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der vom Kläger herangezogenen und ausgewerteten Chatprotokolle. Diese seien Zufallsfunde im Sinne von § 108 Abs. 1 StPO im Rahmen der Sicherstellung und Auswertung des Smartphones des Beklagten in dem gegen ihn geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen falscher Verdächtigung. Der Beklagte sei allerdings von dem Vorwurf freizustellen, der Zeugin K ... am 3. Januar 2017 eine als kinder- oder zumindest als jugendpornografisch eingestufte Videodatei übersandt zu haben. Die ihm mit der Disziplinarklage vorgehaltene Videodatei habe sich im Zeitpunkt der Untersuchung nicht (mehr) auf seinem Handy befunden. Mehr als ein Verdacht bestehe nach Aktenlage nicht. Dagegen spreche die schriftliche Erklärung der Zeugin im Ermittlungsverfahren. Bei ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung habe sie auch nach Vorhalt des noch vorhandenen Chatverlaufs angegeben, sich nicht an eine vom Beklagten übersandte Videodatei erinnern zu können. Diese befinde sich auch nicht mehr auf ihrem Handy. Demgegenüber seien nach dem Inhalt der Strafakten und dem dort ersichtlichen Chatverkehr des Beklagten die ihm vorgeworfenen WhatsApp-Nachrichten erwiesen. Danach habe er am 18. Mai 2017 eine Hitlerdatei in eine unbenannte WhatsApp-Gruppe (mit zwei weiteren Personen) eingestellt. Das gepostete Bild sei zweigeteilt; es zeige in der oberen Hälfte die frühere Kanzlerin Merkel mit der Sprechblase „Hat jemand ne Idee, wie wir nun unsere ganzen Fachkräfte wieder los werden?“ und in der unteren Hälfte Adolf Hitler mit erhobenem Zeigefinger der rechten Hand, wobei in der oberen Ecke des unteren Bildes die Aufschrift „FB/Schwarzer Sarkasmus“ stehe. Am 21. Juli 2017 habe der Beklagte in diese WhatsApp-Gruppe (mit zwei weiteren Personen) eine „Hitler-Sport“-Bilddatei eingestellt, die eine an die Marke „Ritter-Sport“ angelehnte Schokoladenpackung mit dem Titel „Hitler Sport – Olympia 1936 – Leni Riefenstahl-Edition“ zeige. Zu sehen seien Adolf Hitler in Uniform und Hakenkreuzbinde während einer öffentlichen Rede sowie diverse Zuhörer und NS-Funktionäre beim Zeigen des „Deutschen Grußes“. Ferner habe der Beklagte am 23. August 2017 eine Bilddatei einer dunkelhäutigen Person mit ein oder zwei (mutmaßlich tätowierten) Hakenkreuzsymbolen am linken Arm in diese WhatsApp-Gruppe sowie in eine weitere, aus insgesamt fünf Personen bestehende WhatsApp-Gruppe eingestellt. Nachgewiesen sei ebenso, dass der Beklagte am 17. Februar 2017 in einer weiteren aus fünf Mitgliedern bestehenden WhatsApp-Gruppe auf den Kommentar eines Chatmitglieds zu einer vorher geposteten Videodatei „Der müsste die Rückennummer 88 haben…“ mit den Worten „18 ist auch OK“ reagiert habe. Mangels Kenntnis der kommentierten Videodatei sei zugunsten des Beklagten von dessen Beschreibung des Videoinhalts auszugehen. Danach soll in diesem Video eine stark alkoholisierte Person zu sehen sein, bekleidet mit einem T-Shirt mit dem Rückenaufdruck „19“, die fortwährend gepöbelt und dabei ausländerfeindliche Parolen von sich gegeben habe. Darüber hinaus habe in einem WhatsApp-Einzelchat des Beklagten mit dem PK U ... letzterer am 13. Juli 2017 einen Flyer zu der Veranstaltung „Rock gegen Überfremdung II“ am 15. Juli 2017 in Thüringen übersandt und geäußert „Wie sieht’s aus Samstag? Hätte zwei Leute die dahin fahren. Ist in Thüringen.“ Der Beklagte habe am 14. Juli 2017 mit den Worten geantwortet „Samstag kann ich nicht. Schade eigentlich, hört sich ganz gut an.“ Soweit es in der Disziplinarklage weiter heiße, der Beklagte habe sich mit PK U ... am 16. Juli 2017 noch einmal zum Konzert „ausgetauscht“, genüge diese Beschreibung nicht den für einen disziplinarrechtlichen Vorwurf geltenden Substanziierungsvoraussetzungen. Dies gelte auch für den Zusatz, „die Beteiligten“ hätten hierbei über die Medienberichterstattung zu dem Konzert gesprochen, wobei der schwache linke Gegenprotest erfreut zur Kenntnis genommen worden sei. Auf der Grundlage dieser tatsächlichen Feststellungen sei das Verhalten des Beklagten nur teilweise disziplinarrechtlich relevant. Das kommentarlose Weiterleiten des Fotos eines Dunkelhäutigen, der auf seinem linken Arm Hakenkreuzsymbole zeige, belege nicht hinreichend deutlich ein Sympathisieren des Beklagten mit nationalsozialistischen Kennzeichen und Symbolen. Soweit der Beklagte auf den Kommentar eines Chatmitglieds zu einer vorher geposteten Videodatei „Der müsste die Rückennummer 88 haben…“ mit den Worten „18 ist auch OK“ reagiert habe, sei dies als politische Einordnung des ausländerfeindlichen Auftretens der auf dem Video pöbelnden Person zu werten. Eine Befürwortung dieses Verhaltens sei darin nicht zu sehen. Der dem Beklagten ferner vorgehaltene Chat mit PK U ... zu einem möglichen Besuch einer rechtsextremistischen Kundgebung bzw. eines Rockkonzerts am 15. Juli 2017 in Thüringen zeige ebenfalls keine verfassungsfeindliche Einstellung des Beklagten. Aus der ihm vorgeworfenen Absage-Nachricht könne nicht mit hinreichender Sicherheit auf eine Identifikation mit den rechtsextremistischen Musikgruppen geschlossen werden. Demgegenüber sei hinsichtlich der am 18. Mai 2017 und am 21. Juli 2017 geposteten Bilddateien ein Dienstvergehen des Beklagten gegeben. Die am 18. Mai 2017 eingestellte Bildkomposition suggeriere, dass Hitler eine „Idee“ zum Loswerden der „ganzen Fachkräfte“ – gemeint seien ersichtlich die nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge – habe, was in verharmlosender und menschenverachtender Weise auf den Holocaust oder sonstige Massenmorde des NS-Regimes Bezug nehme. Auch wenn der Beklagte das Bild nicht selbst erstellt haben dürfte, habe er sich dessen rechtsextremistischen Inhalt durch das kommentarlose Einstellen in die Chatgruppe zu eigen gemacht. Gleiches gelte für die am 21. Juli 2017 gepostete „Hitler-Sport“-Bilddatei. Das Bild stelle eine Verherrlichung bzw. Verharmlosung des Nationalsozialismus dar. Mit dem Posten dieser beiden Bilder habe der Beklagte in disziplinarwürdiger Weise gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verstoßen, nicht aber gegen seine aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG folgende Pflicht zur Verfassungstreue. Gegen ein verfestigtes verfassungsfeindliches Weltbild beim Beklagten spreche schon die geringe Anzahl der beanstandungswürdigen Nachrichten. Es handele sich lediglich um zwei Bilddateien. Es sei zugunsten des Beklagten nicht auszuschließen, dass er diese beiden Dateien an seine Chatpartner weitergeleitet habe, ohne die damit objektiv verbundene Botschaft hinreichend zu bedenken. Da kein Verstoß des Beklagten gegen die Verfassungstreuepflicht vorliege, sondern ein erstmaliger Verstoß gegen die Pflicht aus § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, sei die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis als Höchstmaßnahme nicht indiziert. Das Dienstvergehen bedürfe jedoch einer deutlich spürbaren disziplinarrechtlichen Reaktion. Erhebliche Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Unter Berücksichtigung des mittlerweile eingetretenen Zeitablaufs seit Begehung des Dienstvergehens und der für den Beklagten belastenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren erscheine die mittlere Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge für die Dauer von drei Jahren erforderlich, aber auch ausreichend.

Der Kläger hat gegen dieses am 23. Mai 2022 zugestellte Urteil am 9. Juni 2022 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er innerhalb der gewährten Fristverlängerung im Wesentlichen vorträgt: Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des festgestellten Sachverhalts seien zutreffend, jedoch stufe es zu Unrecht die WhatsApp-Nachrichten des Beklagten vom 23. August 2017, 17. Februar 2017 und 13. Juli 2017 nicht als disziplinarwürdig ein. Diese Nachrichten seien im Zusammenhang mit den anderen – auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts – disziplinarrechtlich relevanten Postings vom 21. Juli 2017 und 23. August 2017 zu sehen und entsprechend zu werten. Sie brächten ein Sympathisieren des Beklagten mit der rechtsextremistischen Gesinnung zum Ausdruck. Allein das Setzen eines fremden- oder verfassungsfeindlichen Anscheins sei eine bedeutsame Dienstpflichtverletzung. Der Beklagte habe innerhalb eines kurzen Zeitraums von sechs Monaten fünf Dienstpflichtverletzungen begangen. Bei einer Gesamtbetrachtung sei das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn irreparabel zerstört und der Beklagte deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. April 2022 zu ändern und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte tritt der Berufung entgegen. Die Berufung sei nicht ordnungsgemäß erhoben, weil sie nicht durch die Polizeipräsidentin oder den Polizeivizepräsidenten unterzeichnet worden sei, sondern nur „im Auftrag“ durch Herrn R ... . Zwar könne die Befugnis zur Einlegung der Berufung auf nachgeordnete Beschäftigte übertragen werden. Eine solche Übertragung sei aber nicht dargelegt. Außerdem bedürfte sie einer Veröffentlichung im Amtsblatt. Abgesehen davon hätte die Berufung nicht mit dem Zusatz „im Auftrag“ unterzeichnet werden dürfen. Die Berufung sei aber auch deshalb unzulässig, weil sie auf Zweifel an der Richtigkeit des Urteils abstelle, obwohl kein Zulassungsantrag, sondern eine Berufung vorliege. Abgesehen davon zeige der Beklagte nicht auf, dass die vom Verwaltungsgericht verhängte Disziplinarmaßnahme fehlerhaft sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, die von dem Kläger vorgelegten Verwaltungsvorgänge und die Strafakten der Staatsanwaltschaft Berlin zu den Verfahren 231 Js 3878/17, 284 Js 2351/17 sowie – den PK U ... betreffend – 231 Js 3848/17 und – den PK a.D. Q ... betreffend – 231 Js 3868/17 verwiesen. Diese Akten haben vorgelegen und deren Inhalt ist – soweit wesentlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist innerhalb der nach § 41 DiszG i.V.m. § 64 Abs. 1 Satz 2 BDG geltenden Monatsfrist eingelegt und in der vom Vorsitzenden des Disziplinarsenats bis zum 25. Juli 2022 verlängerten Frist begründet worden. Wegen der antragsgemäßen Fristverlängerung konnte die Berufungsbegründung ausnahmsweise fristwahrend beim Oberverwaltungsgericht eingereicht werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Mai 2017 – 2 B 51.16 – juris Rn. 13 und vom 22. Juli 2019 – 2 B 25.19 – juris Rn. 8, jeweils m.w.N.).

Die Berufungsbegründung genügt auch den Anforderungen des § 64 Abs. 1 Satz 4 BDG. Sie enthält einen bestimmten Antrag und lässt hinreichend deutlich erkennen, weshalb der Kläger das erstinstanzliche Urteil für unrichtig hält und die Berufung durchführen will (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Juli 2019 – 9 B 29.18 – juris Rn. 3; Schmiemann, in: Schütz/Schmiemann, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Stand Juli 2022, § 64 BDG Rn. 12, jeweils m.w.N.). Bei dieser Sachlage ist es unschädlich, dass der Kläger seine Berufungsbegründung mit dem Obersatz einleitet, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Der Zweck, dem Berufungsgericht zu verdeutlichen, warum das angefochtene Urteil abzuändern ist, ist erfüllt (vgl. OVG Münster, Urteil vom 14. März 2018 – 3d A 502/17.O – juris Rn. 36 f. m.w.N.).

Es begegnet ferner keinen Bedenken, dass der Berufungsschriftsatz vom 8. Juni 2022 nicht von der Polizeipräsidentin oder dem Polizeivizepräsidenten unterzeichnet ist, sondern von Herrn R ... „im Auftrag“. Der Beklagte beruft sich für seine gegenteilige Auffassung ohne Erfolg auf § 34 Abs. 2 DiszG und die Anordnung zur Übertragung von Befugnissen der Senatsverwaltung für Inneres und Sport nach dem Disziplinargesetz und zur Durchführung des Disziplinargesetzes im Zuständigkeitsbereich der Beamtinnen und Beamten der Polizei Berlin und der Berliner Feuerwehr (Übertragungsanordnung) vom 22. Dezember 2020 (ABl. 2021 S. 83).

Nach § 34 Abs. 2 Satz 1 DiszG wird die Disziplinarklage bei (aktiven) Beamtinnen und Beamten durch die oberste Dienstbehörde erhoben. Die oberste Dienstbehörde kann nach Satz 2 der Vorschrift ihre Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage durch allgemeine Anordnung ganz oder teilweise auf nachgeordnete Dienstvorgesetzte übertragen; die Anordnung ist im Amtsblatt für Berlin zu veröffentlichen. Auf dieser Grundlage hat die Senatsverwaltung für Inneres und Sport in Nr. 2 der Übertragungsanordnung vom 22. Dezember 2020 bestimmt, dass die Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage nach § 34 Abs. 2 Satz 2 DiszG für die Beamtinnen und Beamten der Polizei, die nicht dem höheren Dienst angehören, auf die Polizeipräsidentin/den Polizeipräsidenten und die Polizeivizepräsidentin/den Polizeivizepräsidenten als nachgeordnete Dienstvorgesetzte/nachgeordneten Dienstvorgesetzten übertragen wird. Im Einklang mit § 34 Abs. 2 Satz 2 DiszG ermöglicht Nr. 2 der Übertragungsanordnung keine weitere Übertragung der Befugnis oder Vertretung. Vielmehr ist die Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage durch die oder den nachgeordneten Dienstvorgesetzten höchstpersönlich wahrzunehmen (vgl. auch Gansen, in: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand Juli 2023, § 34 BDG Rn. 6 m.w.N.).

Die Übertragungsanordnung enthält in ihren Nummern 3 und 4 Bestimmungen zur Prozessvertretung. Nach Nr. 4 Abs. 1 Satz 1 der Anordnung ist in Verfahren gegen Polizeibeamte in Disziplinarangelegenheiten vor dem Oberverwaltungsgericht die/der nach Nr. 3 dieser Anordnung nachgeordnete Dienstvorgesetzte oder die/der gemäß dieser Bestimmung befugte nachgeordnete Beschäftigte für die Einlegung von Berufungen zuständig. Nachgeordnete Dienstvorgesetzte nach Nr. 3 Satz 1 (i.V.m. Nr. 2) der Anordnung sind die Polizeipräsidentin/der Polizeipräsident und die Polizeivizepräsidentin/der Polizeivizepräsident. Diese können ihre/seine Befugnisse auf nachgeordnete Beschäftigte übertragen (Nr. 3 Satz 2 der Anordnung).

Der Berufungsschriftsatz entspricht diesen Vorgaben. Wegen der Rüge des Beklagten hat der Kläger im Berufungsverfahren dargelegt, dass es zu den übertragenen Aufgaben der Leiterin der gesamtbehördlichen Disziplinarstelle der Polizei Berlin gehöre, Rechtsmittel in Disziplinarverfahren einzulegen. Herr R ... sei als stellvertretender Leiter des Justiziariats der Polizei Berlin (derzeit und auch zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung) zugleich Vertreter der Leitung der gesamtbehördlichen Disziplinarstelle (gewesen). In dieser Funktion obliege ihm die Zuständigkeit und Befugnis im Vertretungsfall, der zu dem einschlägigen Zeitraum vorgelegen habe, Rechtsmittel in Disziplinarsachen einzulegen. Als Nachweis für dieses Vorbringen hat der Kläger den Ausdruck einer E-Mail der damaligen Leiterin der gesamtbehördlichen Disziplinarstelle der Polizei Berlin vom 2. September 2022 mit entsprechenden Angaben nebst der dort aufgeführten Unterlagen vorgelegt. Darüber hinaus hat er den Ausdruck einer E-Mail vom 30. Mai 2022 eingereicht, mit der Herr K ... vom Justiziariat der Polizei Berlin die Polizeipräsidentin unter Beifügung des angegriffenen Urteils „um Zustimmung oder Ablehnung der beabsichtigten Vorgehensweise“ bat. Er schilderte in der E-Mail zunächst den Ablauf des behördlichen und gerichtlichen Disziplinarverfahrens, erklärte, es sei „beabsichtigt, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen“, und bat schließlich wegen der Rechtsmittelfrist um schnellstmögliche Mitteilung, „ob wie vorgeschlagen verfahren werden soll“. Die Polizeipräsidentin vermerkte auf diesem E-Mail-Ausdruck handschriftlich am 1. Juni 2022 „Ja bitte Rechtsmittel einlegen!“. Ungeachtet der internen Regelungen über die behördliche Organisation und Geschäftsverteilung enthält dieser handschriftliche Vermerk der Polizeipräsidentin fallbezogen eine Bevollmächtigung des Justiziariats zur Berufungseinlegung.

Abgesehen davon lässt sich Nr. 4 der Übertragungsanordnung nicht entnehmen, dass die Polizeipräsidentin/der Polizeipräsident oder die Polizeivizepräsidentin/der Polizeivizepräsident Berufungen höchstpersönlich einlegen muss. Entsprechendes ergibt sich auch nicht aus der vom Beklagten genannten Regelung in § 34 Abs. 2 Satz 2 DiszG. Es trifft zwar zu, dass danach nur eine Übertragung auf nachgeordnete Dienstvorgesetzte erlaubt ist und damit im Falle einer Übertragung die oder der nachgeordnete Dienstvorgesetzte höchstpersönlich handeln muss. § 34 Abs. 2 DiszG regelt aber nur die Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage. Es gibt keine entsprechende gesetzliche Bestimmung für die Prozessvertretung und Einlegung einer Berufung in Disziplinarangelegenheiten. Dementsprechend treffen Nr. 3 und 4 der Übertragungsanordnung auch nur Vorgaben dazu, durch wen „der Dienstherr“ in gerichtlichen Verfahren „vertreten“ wird. Vertreten die oder der nachgeordnete Dienstvorgesetzte im gerichtlichen Verfahren den Dienstherrn, handeln sie nicht aus eigenem Recht und müssen deshalb auch nicht höchstpersönlich tätig werden. Mit Blick hierauf kann aus der Formulierung „…Befugnis … übertragen“ in Satz 2 Nr. 3 der Übertragungsanordnung nicht geschlossen werden, hiermit sei eine Übertragung im Sinne von § 34 Abs. 2 Satz 2 DiszG gemeint und eine Vertretung nicht möglich. Vielmehr zeigt der Regelungszusammenhang von Nr. 3 und 4 der Übertragungsanordnung, dass keine – über das Disziplinargesetz hinausgehenden – einschränkenden Vorgaben für die Prozessvertretung getroffen werden sollen. In diesem Sinne werden die Vorgaben der Übertragungsanordnung zur Prozessvertretung in der Praxis auch gehandhabt. Dies ist bei der Auslegung der Übertragungsanordnung als Verwaltungsvorschrift zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2020 – 2 C 2.20 – juris Rn. 19 und Beschluss vom 21. Dezember 2020 – 2 B 63.20 – juris Rn. 25, jeweils m.w.N.).

Die von dem Beklagten herangezogenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Februar 2012 – 80 K 24.10 OL – (juris Rn. 10 f.), des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 23. Juli 2013 – 28 K 698/13.WI.D – (juris Rn. 3) und des erkennenden Senats vom 10. November 2011 – OVG 80 D 6.09 – (juris Rn. 16 ff.) rechtfertigen keine andere Betrachtungsweise. Diese betreffen ausschließlich die Zuständigkeit zur Erhebung der Disziplinarklage nach § 34 Abs. 2 DiszG. Der Beklagte beanstandet weiter zu Unrecht, die Berufung dürfe nicht mit dem Zusatz „im Auftrag“ unterzeichnet werden. Die in Nr. 8 der Übertragungsanordnung vorgesehene persönliche Unterzeichnung ohne Zusätze bezieht sich nur auf Dienstvorgesetzte, nicht auf nachgeordnete Beschäftigte.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Beklagte hat zwar ein Dienstvergehen begangen. Dieses erfordert aber keine schwerere Disziplinarmaßnahme, als sie das Verwaltungsgericht verhängt hat.

In tatsächlicher Hinsicht geht der Senat von dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt aus. Er schließt sich dessen Feststellungen nach eigenständiger Überprüfung auf der Grundlage der vorliegenden Akten, der erstinstanzlichen Beweisaufnahme (§ 41 DiszG i.V.m. § 65 Abs. 4 BDG) und der Einlassungen des Beklagten an. Seine erstinstanzlich erhobene Rüge, die Disziplinarklage beruhe auf rechtswidrig erlangten und deshalb unverwertbaren Beweismitteln, hat der Beklagte im Berufungsverfahren zu Recht nicht aufrechterhalten. Ein Beweisverwertungsverbot stellt von Verfassungs wegen eine begründungsbedürftige Ausnahme dar. Es kann nach schwerwiegenden, bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind, geboten sein (vgl. BVerfG, Beschlüsse 2. Juli 2009 – 2 BvR 2225/08 – juris Rn. 17 und vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09 – juris Rn. 117, jeweils m.w.N.). Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte. Abgesehen davon hat der anwaltlich vertretene Beklagte die ihm mit der Disziplinarklage vorgeworfenen WhatsApp-Nachrichten – mit Ausnahme der als kinder- oder zumindest als jugendpornografisch eingestuften Videodatei – eingeräumt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 2022 – 2 WD 1.22 – juris Rn. 14 m.w.N.). Er hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, er habe sein Fehlverhalten eingesehen, werde dafür einstehen und akzeptiere deshalb die vom Verwaltungsgericht verhängte Disziplinarmaßnahme. Der Kläger hat in seiner Berufungsbegründung die Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichts ebenfalls für zutreffend erachtet und sich daher auch nicht mehr zu dem Vorwurf geäußert, der Beklagte habe einer anderen Person eine als kinder- oder zumindest als jugendpornografisch eingestufte Videodatei übersandt. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nunmehr die Auffassung vertreten hat, nach dem erstinstanzlichen Urteil sei auch dieser Vorwurf erwiesen, missversteht er die Urteilsbegründung. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten von diesem Vorwurf freigestellt, weil sich der nach Aktenlage unbewiesene Vorwurf auch durch die Vernehmung der Zeugin nicht habe aufklären lassen. Diese Einschätzung ist zutreffend. Der Beklagte bestreitet den Vorwurf. Auf seinem Handy wurde nicht die mit der Disziplinarklage vorgehaltene Videodatei, sondern nur ein stark verpixeltes Vorschaubild festgestellt, das neben den Konturen einer jungen männlichen Person und eines Tieres nichts Konkretes erkennen lässt. Die Chat-Kommentare des Beklagten und der Zeugin unmittelbar im Anschluss an das Bild lassen keine Rückschlüsse auf dieses zu. Die Zeugin konnte sich bei ihrer Vernehmung durch das Verwaltungsgericht – auch nach Vorhalt des noch vorhandenen Chatverlaufs – nicht an eine ihr vom Beklagten übersandte Videodatei erinnern.

Mit dem festgestellten Verhalten beging der Beklagte mehrere außerdienstliche Pflichtverletzungen, die als ein einheitliches Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtStG zu bewerten sind.

Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass nur das Einstellen der Bilddateien am 18. Mai 2017 und am 21. Juli 2017 disziplinarrechtlich relevant ist. Der Beklagte hat gegen die Begründung des Verwaltungsgerichts keine Einwände erhoben. Anders als der Kläger meint, sind die übrigen WhatsApp-Nachrichten des Beklagten nicht disziplinarwürdig. Sie belegen auch unter Berücksichtigung des zeitlichen Zusammenhangs mit den Postings am 18. Mai 2017 und am 21. Juli 2017 nicht hinreichend deutlich ein Sympathisieren des Beklagten mit nationalsozialistischen Kennzeichen und Symbolen. Sie sind auch nicht geeignet, das Setzen eines entsprechenden Anscheins anzunehmen. Das kommentarlose Weiterleiten des Fotos einer dunkelhäutigen, männlichen Person mit Hakenkreuzsymbolen auf dem linken Arm hat keine eindeutige Aussage. Die abgebildete Person passt nicht in das nationalsozialistische „Rasse“-Ideal, vielmehr wäre sie auf der Opferseite des Nationalsozialismus zu finden. Sie lässt sich freiwillig im öffentlichen Straßenraum – vermutlich in den USA – fotografieren, trägt ein T-Shirt einer Südstaatenmarke und hält demonstrativ den linken Arm zur Kamera. Für einen unbefangenen Betrachter bleibt offen, wie dieses Bild einzuordnen sein soll. Soweit der Beklagte auf einen Eintrag eines Chat-Mitglieds: „Der müsste die Rückennummer 88 haben…“ mit den Worten „18 ist auch OK“ reagierte, ist zwar davon auszugehen, dass ihm als Polizeibeamter die Bedeutung dieser Zahlencodes bekannt ist. Wird zu seinen Gunsten von dessen Beschreibung des kommentierten Videoinhalts ausgegangen, könnten die Äußerungen zur Rückennummer als kritische Einstufung des Verhaltens der gezeigten Person (als ausländerfeindlich) zu werten sein. Jedenfalls sind diese mehrdeutig und zeigen nicht hinreichend deutlich eine Befürwortung oder positive Bewertung des ausländerfeindlichen Verhaltens. Die Anmerkung des Klägers, der Beklagte hätte eine andere „Wortwahl“ nutzen können, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Die gewählte Formulierung kann auch durch den Polizeidienst geprägt sein. Die Absage-Nachricht des Beklagten im Einzelchat mit PK U ... zu einem möglichen Besuch einer rechtsextremistischen Kundgebung bzw. eines Rockkonzerts am 15. Juli 2017 lässt nicht eindeutig auf eine Identifikation des Beklagten mit den dort auftretenden Musikgruppen schließen. Es ist durchaus möglich, dass der Beklagte die beanstandete Formulierung der Absage („… Schade eigentlich, hört sich ganz gut an.“) nur aus Höflichkeit wählte. Der Einwand des Klägers, die Äußerung des Beklagten stelle jedenfalls „keine eindeutige Distanzierung von einem rechtsextremistischen Rockkonzert dar“, führt nicht weiter. Denn ihr lässt sich auch nicht mit hinreichender Deutlichkeit eine Befürwortung dieses Konzerts entnehmen. Abgesehen davon postete im gesamten Chatverlauf mit PK U ... nur dieser mehrfach Kommentare, mit denen er sein Bedauern an der entgangenen Konzertteilnahme ausdrückte, nicht jedoch der Beklagte. Letzterer hat vielmehr dem Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugend erklärt, niemals vorgehabt zu haben, das Rockkonzert in Thüringen zu besuchen, und diese Art von Musik nicht zu mögen.

Der Beklagte verstieß mit dem Posten der Bilddateien am 18. Mai 2017 und am 21. Juli 2017 schuldhaft gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten aus § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, mit seinem Verhalten außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert. Darüber hinaus verletzte er die besonderen Pflichten eines Polizeivollzugsbeamten aus § 101 Satz 2 LBG, das Ansehen der Polizei und Disziplin zu wahren. Das Fehlverhalten lag außerhalb des Dienstes, weil es in keinem funktionalen Zusammenhang mit seiner Dienstausübung stand (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. August 2018 – 2 B 5.18 – juris Rn. 21 f. und vom 19. August 2019 – 2 B 72.18 – juris Rn. 8, jeweils m.w.N.). Es erfüllt zudem die qualifizierenden Voraussetzungen, die § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG an die Disziplinarwürdigkeit eines Fehlverhaltens außerhalb des Dienstes stellt. Denn es ist nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen in einer für das Amt des Beklagten bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

Ein Polizeibeamter ist im Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit in eine dem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat verpflichtete Beamtenschaft gehalten zu vermeiden, dass er durch sein öffentliches außerdienstliches Verhalten in vorhersehbarer und ihm daher zurechenbarer Weise den Anschein setzt, sich mit dem Nationalsozialismus und rechtsextremen Strömungen zu identifizieren oder auch nur zu sympathisieren. Er ist im Interesse der Akzeptanz und der Legitimation staatlichen Handelns verpflichtet, bereits den Schein der Identifikation mit einem dem freiheitlichen Rechtsstaat diametral entgegengesetzten Gedankengut und mit Vereinigungen zu vermeiden, die sich zu einem solchen Gedankengut bekennen. Schon das zurechenbare Setzen eines solchen Scheins stellt eine disziplinarrechtlich bedeutsame Dienstpflichtverletzung dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2001 – 1 DB 15.01 – juris Rn. 36; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1. April 2014 – OVG 81 D 2.12 – juris Rn. 33 und Beschluss vom 9. Februar 2023 – OVG 81 S 1/22 – juris Rn. 12, jeweils m.w.N.). Ein Beamter ist insbesondere verpflichtet, bereits dem Anschein einer Wiederbelebung nationalsozialistischer Tendenzen entgegenzutreten, und hat den Gebrauch entsprechend assoziierungsgeeigneter Symbole und Verhaltensweisen zu unterlassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 86 m.w.N.; Urteil des Senats vom 25. Mai 2023 – OVG 80 D 1/22 – juris Rn. 73).

Mit dem Versenden der beiden disziplinarrechtlich relevanten Bilddateien in WhatsApp-Gruppen konnte der Beklagte bei einem vorurteilsfrei wertenden Betrachter jedenfalls den Eindruck erwecken, er habe selbst rechtsextreme Ansichten und verherrliche die Zeit des Nationalsozialismus. Dabei ist unerheblich, dass er die Bilder nur in eine kleine private WhatsApp-Gruppe einstellte. Die beamtenrechtliche Pflicht, nicht einmal den Anschein einer verfassungsfeindlichen Einstellung zu erzeugen, gilt auch im kleineren – nicht öffentlichen – Rahmen (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2001 – 1 D 55.99 – juris Rn. 2 ff., 39 und vom 17. November 2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 28 f. m.w.N.). Vor allem Polizeibeamte haben jeden Anschein zu vermeiden, selbst Anhänger verfassungsfeindlicher Ziele zu sein (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Februar 2023 – OVG 81 S 1/22 – juris Rn. 12 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn – wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht behauptet hat – die übrigen Chatmitglieder seine Wertvorstellungen kennen. Denn Wertvorstellungen können sich ändern.

Der Beklagte verstieß hingegen nicht gegen seine Pflicht zur Verfassungstreue.

Nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG müssen Beamtinnen und Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Gemäß § 101 Satz 2 LBG haben Polizeivollzugskräfte sich rückhaltlos für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und für den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung von Berlin einzusetzen. Inhalt und Grenzen dieser politischen Treuepflicht entsprechen der verfassungsrechtlichen Treuepflicht, die von Art. 33 Abs. 5 GG verlangt wird. Art. 33 Abs. 5 GG enthält als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums auch eine allgemeine politische Treuepflicht. Der Beamte muss sich danach mit den Prinzipien der verfassungsmäßigen Ordnung ohne innere Distanz identifizieren. Gefordert ist die Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dem der Beamte dienen soll, mit der freiheitlich-​demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren und für sie einzutreten (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 27. Juli 2023 – OVG 4 S 11/23 – juris Rn. 5 m.w.N.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 33 Abs. 5 GG ist das bloße Haben einer Überzeugung und die bloße Mitteilung, dass man diese habe, keine Verletzung der politischen Treuepflicht. Anders liegt es, wenn der Beamte Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugungen zieht (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22. Mai 1975 – 2 BvL 13/73 – juris Rn. 45 und vom 6. Mai 2008 – 2 BvR 337/08 – juris Rn. 31; BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2001 – 1 D 55.99 – juris Rn. 46 und vom 2. Dezember 2021 – 2 A 7.21 – juris Rn. 28), seine Gesinnung also ihren Niederschlag in einem äußeren Handeln findet (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 1989 – 1 D 2.86 – juris Rn. 40). Die zu beanstandende Betätigung muss zudem von besonderem Gewicht sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 2021 – 2 A 7.21 – juris Rn. 28). Eine Verletzung der Verfassungstreuepflicht liegt aber nicht erst dann vor, wenn der Beamte ein Verhalten zeigt, das auf die wirksame Verbreitung eines verfassungsfeindlichen Standpunktes oder auf die Teilnahme am politischen Meinungskampf gerichtet ist. Das in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geforderte „Mehr“ als das bloße Haben und Mitteilen ist nicht erst bei einem offensiven Werben erreicht. Zwischen dem „bloßen“ Haben und Mitteilen einer Überzeugung und dem planmäßigen werbenden Agieren oder gar Agitieren liegen differenzierungsfähige und erhebliche Abstufungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. November 2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 22 f. vom 2. Dezember 2021 – 2 A 7.21 – juris Rn. 29 sowie Beschluss vom 29. Juli 2019 – 2 B 19.18 – juris Rn. 35). Die Öffentlichkeit einer verfassungsfeindlichen Betätigung ist dabei nicht Voraussetzung für einen Verstoß gegen die Treuepflicht des Beamten. Auch wenn sich ein Anhänger verfassungsfeindlicher Ziele „nur im Kreis Gleichgesinnter“ offenbart und betätigt, zieht er Folgerungen aus seiner Überzeugung für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. November 2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 29 und vom 2. Dezember 2021 – 2 A 7.21 – juris Rn. 29 sowie Beschluss 29. Juli 2019 – 2 B 19.18 – juris Rn. 17, 33; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. März 2020 – OVG 82 D 1.19 – juris Rn. 107). Von einer eindeutig erkennbaren inneren Abkehr von den Fundamentalprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (BVerwG, Urteil vom 17. November 2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 81 f.) sind Fälle abzugrenzen, in denen der betroffene Beamte sich durch einige wenige geschmacklose Nachrichten bzw. versendete Bilder wegen Erweckung eines „bösen Scheins“ zwar achtungs- und vertrauensunwürdig verhalten hat, er aber kein Gegner der Verfassung ist.

Ebenso wie das Verwaltungsgericht kann auch der Senat unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Vorwürfe und des sonstigen Persönlichkeitsbildes des Beklagten, wie es sich aus den Personal- und Disziplinarakten sowie seinem Auftreten in der mündlichen Verhandlung ergibt, nicht die Überzeugung gewinnen, dass dieser über ein mit der politischen Treuepflicht nicht vereinbares verfestigtes ausländerfeindliches und menschenverachtendes Weltbild verfügt bzw. eine mit dem Gedankengut des Nationalsozialismus sympathisierende Gesinnung zeigt. Hiergegen spricht die geringe Anzahl der beanstandungswürdigen WhatsApp-Nachrichten. Disziplinarrechtlich relevant sind lediglich zwei Bilddateien, die der Beklagte innerhalb eines kurzen Zeitraums von zwei Monaten (am 18. Mai 2017 und am 21. Juli 2017) in WhatsApp-Gruppen einstellte. Zudem ist zu seinen Gunsten nicht auszuschließen, dass er die beiden den Nationalsozialismus verharmlosenden bzw. verherrlichenden Bilddateien an seine Chatpartner nur schnell weiterleitete, ohne sich ausreichend Gedanken über deren Inhalt zu machen.

Das festgestellte Dienstvergehen des Beklagten erfordert seiner Art und Schwere nach keine statusberührende Disziplinarmaßnahme. Vielmehr teilt der Senat die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass eine langfristige Kürzung der Dienstbezüge in Höhe von 10 v.H. für die Dauer von drei Jahren (§ 5 Abs. 1 Nr. 3, § 8 DiszG) erforderlich, aber auch ausreichend ist.

Die Auswahl der im Einzelfall erforderlichen Disziplinarmaßnahme richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG). Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss daher unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem angemessenen und gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 12 und vom 24. Oktober 2019 – 2 C 3.18 – juris Rn. 20 sowie Beschlüsse vom 4. April 2019 – 2 B 32.18 – juris Rn. 15 und vom 8. April 2021 – 2 B 2.21 – juris Rn. 8, jeweils m.w.N.). Soweit ein außerdienstliches Verhalten disziplinarrechtlich zu ahnden ist, muss der außerdienstliche Charakter auch bei der Maßnahmebemessung Berücksichtigung finden. Jedenfalls statusberührende Disziplinarmaßnahmen kommen deshalb nur bei schwerwiegenden Verfehlungen in Betracht. Ein außerdienstliches Dienstvergehen, das – wie hier – keinen Straftatbestand erfüllt, kann die Höchstmaßnahme nur im Ausnahmefall rechtfertigen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. April 2019 – 2 B 32.18 – juris Rn. 12, 14, 19 und vom 17. Juni 2019 – 2 B 82.18 – juris Rn. 9, 12, 17, jeweils m.w.N.). Das kommt insbesondere bei einem Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. November 2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 55, 57, 91 und vom 1. Dezember 2022 – 2 WD 1.22 – juris Rn. 38; OVG Münster, Beschluss vom 17. August 2023 – 31 B 601/23.O – juris Rn. 18).

Das Verwaltungsgericht hat die be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls zutreffend aufgeführt und gewürdigt und ist dabei zu einer Kürzung der Dienstbezüge in Höhe von 10 v.H. für die Dauer von drei Jahren gekommen. Während dieser Zeit darf der Beklagte nicht befördert werden (§ 8 Abs. 4 Satz 1 DiszG). Eine strengere Disziplinarmaßnahme – wie sie der Kläger fordert – ist nicht angezeigt. Das außerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten ist nach seiner Schwere dem mittleren Bereich zuzuordnen. Es erfüllt keinen Straftatbestand und erschöpft sich in zwei privaten WhatsApp-Nachrichten in einem kurzen Zeitraum von zwei Monaten. Dieser Zeitraum liegt inzwischen über sechs Jahre zurück. Mildernd ist zu berücksichtigen, dass die vorgeworfenen WhatsApp-Nachrichten nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur für einen sehr kleinen privaten Kreis bestimmt waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2001 – 1 D 55.99 – juris Rn. 63; Urteil des Senats vom 25. Mai 2023 – OVG 80 D 1/22 – juris Rn. 90). Zu seinen Gunsten sind des Weiteren seine glaubhaft zum Ausdruck gebrachte Reue und Unrechtseinsicht in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu berücksichtigen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11. November 2021 – 2 WD 28.20 – juris Rn. 60).

§ 15 Abs. 2 DiszG steht dem Ausspruch einer Kürzung der Dienstbezüge nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift darf eine Kürzung der Dienstbezüge nicht mehr ausgesprochen werden, wenn seit der Vollendung eines Dienstvergehens mehr als drei Jahre vergangen sind. Zwar war das Dienstvergehen im Juli 2017 beendet. Der Fristlauf wurde jedoch durch die Einleitung des Disziplinarverfahrens am 25. Januar 2018 unterbrochen und für die Dauer der am selben Tag verfügten Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die strafrechtlichen Ermittlungen gehemmt. Nach Fortführung des Disziplinarverfahrens im Juli 2017 lief die Drei-Jahres-Frist weiter, die bei Erhebung der Disziplinarklage am 30. April 2020 noch nicht verstrichen war. Sie ist mit der Klageerhebung erneut unterbrochen und für die Dauer des gerichtlichen Disziplinarverfahrens einschließlich des Berufungsverfahrens gehemmt worden (§ 15 Abs. 4 und 5 Satz 1 DiszG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 DiszG, § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 3 DiszG i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 41 DiszG, § 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.