Gericht | OLG Brandenburg 7. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 27.09.2023 | |
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Aktenzeichen | 7 U 107/22 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:0927.7U107.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 31. Mai 2022 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
I.
Die Klägerin beteiligte sich im Juni 2005 als atypisch stille Gesellschafterin mit einer Einlage in Höhe von 3.000 Euro an der in Deutschland ansässigen D… GmbH, die den Beitritt annahm (Bl. 262, 263). Im August 2008 erwarb die Klägerin Namens-Genussrechte im Nennwert von 3.500 und weiteren 15.000 Euro an der T…Investments AG (Bl. 264, 265) mit Sitz in „X“ Die T…Investments AG wurde in die ebenfalls in „X“ ansässige T… Investments GmbH umgewandelt.
Zum Inhalt der Genussrechtsbedingungen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen (S. 2 bis 4 UA).
Die Beklagte teilte der Klägerin im Februar 2019 mit, die D… GmbH und die T…Investments GmbH seien auf sie, die Beklagte, verschmolzen worden, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Großbritannien. Die Klägerin sei nun Aktionärin der Beklagten mit B-Anteilen (B-Shares nach englischem Recht). Dabei gab die Beklagte den rechnerischen Wert der stillen Beteiligung mit 2.361,69 Euro an und die rechnerischen Werte der Genussrechte mit 1.805,31 und 7.737,17 Euro. Die Eintragungen in den Handelsregistern weisen für die D… GmbH Verschmelzungsbeschlüsse vom 10.10./08.11.2018 aus und für die T…Investments GmbH vom 25.09.2018.
Die Klägerin erklärte im August 2020 die außerordentliche fristlose Kündigung der stillen Beteiligung und der Genussrechte. Sie forderte vergeblich die Rückzahlung eingezahlter 21.500 Euro. Darauf und auf den Ersatz außergerichtlich entstandener Anwaltskosten von 1.658,57 Euro hat sie ihre Klage gerichtet, die nach Einreichen und Vorschusszahlung im Dezember 2020 im Juli 2021 zugestellt worden ist, nachdem das Landgericht eine Übersetzung ins Englische für erforderlich gehalten hatte.
Die Klägerin hat gemeint, ihre Beteiligungen und Genussrechte gegenüber den Rechtsvorgängerinnen der Beklagten hätten nicht einseitig in Aktienbeteiligungen verändert werden können.
Die Beklagte hat das Landgericht für international unzuständig gehalten; sie müsse an ihrem Sitz verklagt werden. Die Klägerin sei nicht Verbraucherin, sondern führe eine gesellschaftsinterne Streitigkeit. Die Beteiligung der Klägerin an der Beklagten habe nicht gekündigt werden können. Ihre B-Anteile hätten nach einer Kapitalherabsetzung keinen Wert mehr; dies ergebe sich aus der aus Anlass der Umwandlung gefertigten Bilanz.
Das Landgericht hat die Beklagte mit dem angefochtenen Urteil zur Zahlung von 21.500 Euro verurteilt und die auf den Ersatz der Anwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen. Es hat sich für zuständig gehalten, weil die Klägerin als Verbraucherin die Klage noch unter Geltung der EuGVVO erhoben habe. Die Beklagte habe den Nennwert der Beteiligung zurückzuzahlen, weil die Klägerin kraft Gesetzes nicht Aktionärin der Beklagten geworden sei und die Genussrechte nach den vereinbarten Bedingungen nicht nachträglich einseitig hätten verändert werden können. Die Klägerin habe aus wichtigem Grund außerordentlich kündigen dürfen, weil der Verweis der Beklagten auf wertlose B-Anteile grob vertragswidrig gewesen sei. Sie müsse den Nennwert der Beteiligung zurückzahlen, weil für eine Kapitalherabsetzung eine vertragliche Regelung fehle. Anwaltskosten müsse die Beklagte nicht ersetzen, weil die Klägerin ihren Anwalt vor Fälligkeit der verlangten Zahlung beauftragt habe.
Beide Parteien haben Berufungen eingelegt.
Die Beklagte wiederholt ihre Auffassung, es handele sich wegen der Aktionärsposition der Klägerin um eine innergesellschaftliche Streitigkeit. Sie beruft sich auf einen Verschmelzungsplan, nach dessen Inhalt sie bei der Verschmelzung die „erforderliche Anzahl“ von B-Anteilen zu einem Nennwert von 0,001 Euro übernommen habe und treuhänderisch für die Genussrechtsinhaber gehalten habe. Die Ansprüche aus der Treuhanderklärung seien unter Bezugnahme auf das verbleibende eingezahlte Beteiligungskapital der ehemaligen Genussrechtsinhaber zugewiesen und die Anzahl den Anlegern im Februar 2019 mitgeteilt worden. Der Anleger handele daher nicht als Verbraucher, sondern als Aktionär. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die in L… ansässige Beklagte sei nicht begründet.
Die Beklagte beantragt,
das am 31.05.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin, Az. 5 O 258/20, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 31.05.2022 zum Aktenzeichen 5 O 258/20 die Beklagte zu verurteilen, an sie den verbleibenden Rest der entstandenen außergerichtlichen Geschäftsgebühr gemäß § 13, 14 Nr. 2300 VV RVG i.H.v. 1.013,03 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte wiederholt ihre Einwendungen gegen die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte.
Sie hält sowohl die Genussrechte als auch die stille Beteiligung der Klägerin für durch die Verschmelzung beendet und surrogiert. Die Gewährung gleichwertiger B-Anteile sei im Verschmelzungsverfahren geprüft und durch das befasste Gericht für rechtmäßig erklärt worden. Die Genussrechte hätten zur Zeit der Verschmelzung durch die Zuweisung von Verlusten keinen Wert mehr gehabt. Die Verlustbeteiligung der Genussrechte habe sich zum 31.12.2017 vollständig realisiert. Die Gesellschaft hätte zum 31.12.2017 einen Verlust ausweisen müssen. Um dies zu vermeiden, sei ein Ertrag aus Verlustübernahme bilanziert worden, der dazu führe, dass die Sonderrechte mit „0“ zu bilanzieren seien. Die Genussrechte seien an den Verlusten der Emittentin während der gesamten Vertragslaufzeit beteiligt worden. Dies habe zu einer Verlusttragung in Höhe des jeweiligen Nennbetrages geführt. Dieser sei auf der Passivseite der Bilanz mit dem Genussrechtskapital zu verrechnen gewesen. Daher seien die Anteile an der Beklagten mit dem Wert der zuvor bestehenden Genussrechte gleichwertig.
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf deren Schriftsätze und auf die Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist begründet, die Klage unbegründet. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
1. Die internationale Zuständigkeit, die auch in der Berufungsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist, ist gegeben. Für das Verfahren sind deutsche Gerichte zuständig.
Für die im Jahr 2020 bewirkte Zustellung finden die europarechtlichen Regelungen über die internationale Zuständigkeit noch in der bis zum 31.12.2020 geltenden Übergangsfrist Anwendung (Art. 126, 127 Abs. 1 des EU-UK-Austrittsabkommens vom 24.01.2020, ABl. L 29, S. 7).
Die Zuständigkeit richtet sich nach Art. 66 Abs. 1, 17 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 EuGVVO. Danach gilt für Verfahren, die Ansprüche aus einem Vertrag betreffen, den eine Person, die Verbraucher ist, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zuzurechnen ist, der für die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen anwendbare Abschnitt 4 EuGVVO Anwendung, wenn der andere Teil in dem Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse (OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 2009, 645; MüKoZPO/Gottwald, Art. 17 EuGVVO Rn. 9; Musielak/Voit/Stadler § 17 EuGVVO Rn. 7b) übten sowohl die D…GmbH als auch die T… Investment AG ihre Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland aus. Die Klägerin ist berechtigt, die Klage in der Verbrauchersache nach Art. 18 Abs. 1 EuGVVO vor dem Gericht des Ortes zu erheben, wo sie ihren Wohnsitz hat.
Die Klägerin handelte nicht als Aktionärin der Beklagten mit der Folge, dass für die internationale Zuständigkeit Gesellschaftsrecht (Art. 1 Abs. 2 Buchst. f Rom-I-VO) Anwendung fände. Dies gilt, soweit die Klägerin die schuldrechtliche Genussrechtsbeteiligung gezeichnet hat, da Genussrechte Dauerschuldverhältnisse eigener Art sind, die keine Mitgliedschaftsrechte begründen, sondern schuldrechtliche Ansprüche, die gesellschafter- oder aktienrechtlichen Ansprüchen lediglich nachgebildet sein können (BGHZ 119, 305, Rn. 9).
Auch die von der Klägerin gezeichnete stille Beteiligung ist nicht gesellschaftsrechtlicher Natur, sondern vertragsrechtlich zu qualifizieren (BGH, WM 2004, 2150, Rn 4; NJW 2015, 2581, Rn. 12).
Ein abweichender internationaler Gerichtsstand ist nicht vereinbart worden.
2. Auf die gezeichneten Anlagen ist deutsches Recht anzuwenden. Die in Deutschland wohnende Klägerin zeichnete zur Geldanlage ihr in Deutschland angebotene Genussrechtsbeteiligungen an einer Gesellschaft, die von einem Betriebssitz in Deutschland um die Zeichnungen warb. Nach dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch anwendbaren Art. 28 Abs. 1 EGBGB ist das Recht des Staates anwendbar, zu dem er die engsten Verbindungen aufweist. Dies ist hier das deutsche Recht.
Ebenso ist die Konstellation bei der stillen Beteiligung an der D… GmbH mit Sitz in F….
3. Die Genussrechte sind nicht kraft Gesetzes in Aktien umgewandelt worden.
Soweit die Folgen der Verschmelzung auf die erworbene Genussrechtsbeteiligung zu prüfen sind, findet ebenfalls deutsches Recht Anwendung. Für grenzüberschreitende Verschmelzungen gilt zwar grundsätzlich, dass das Recht desjenigen Staates Anwendung findet, nach dessen Recht der übernehmende Rechtsträger gegründet wird (EuGH Urteil vom 12.07.2012 - C 378/10 „Vale“). Allerdings gilt Abweichendes für Finanzierungsvereinbarungen, die die zuziehende Gesellschaft vor der Verschmelzung geschlossen hat.
Bei der hier eingetretenen Umwandlung handelt es sich nach dem Vortrag der Beklagten um eine grenzüberschreitende Verschmelzung durch Aufnahme, die die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2005/56/EG vom 26.10.2005 erfüllt, da die T… Investments GmbH nach dem Vortrag der Beklagten ihr Vermögen auf die Beklagte übertragen hat. Die Norm regelt den Fall der Aufnahme durch eine Gesellschaft, die nicht zuvor Anteilsinhaberin der übergehenden Gesellschaft ist. Dies war hier der Fall (so die Präambel zum Verschmelzungsplan). Für die Umwandlung sieht Art. 14 Abs. 1 lit. a RL 2005/56/EG vor, dass das Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft übergeht. Dies bewirkt, dass die übernehmende Gesellschaft hinsichtlich sämtlicher Verträge, die von der übertragenden Gesellschaft geschlossen wurden, als Partei an deren Stelle tritt. Damit ist das Recht, das vor der Verschmelzung auf diese Verträge anzuwenden war, auch nach der Verschmelzung anzuwenden (EuGH, IPrax 2016, 589 Rn. 57).
4. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens nach außerordentlicher Kündigung. Obwohl sie nach eigenem Vortrag im Februar 2019 Mitteilungen an die Anleger erhielt, erklärte sie die Kündigung der Anlagen erst im August 2020.
Ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 314 BGB stand der Klägerin zu dieser Zeit nicht mehr zu, da es jedenfalls nicht innerhalb der gemäß § 314 Abs. 3 BGB vorgesehenen angemessenen Frist ausgeübt worden ist.
Die Frist hat den Zweck, dem anderen Vertragspartner in angemessener Zeit Klarheit über den Bestand des Vertrages zu verschaffen. Zudem ist davon auszugehen, dass ein längeres Zuwarten dafür spricht, dass der zur Kündigung Berechtigte das Festhalten am Vertrag nicht für unzumutbar hält. Dabei sind die tatsächlichen Umstände, die Bedeutung des Kündigungsgrundes, die Auswirkungen für die Beteiligten und der Umfang der für den Kündigenden zuvor vorzunehmenden Prüfungen zu berücksichtigen (BGH, NZM 2010, 552, Rn. 13). Unter Beachtung aller Umstände ist hier davon auszugehen, dass eine nach ungefähr anderthalb Jahren erklärte Kündigung nicht mehr innerhalb angemessener Frist vorgenommen ist. Dass die Klägerin sich vor ihrer Kündigung zunächst bei der Beklagten nach der Bedeutung der Umwandlung der Beteiligung in B-Aktien erkundigte oder rechtlichen Rat einholte, begründet eine derart lange Frist nicht. Vielmehr wäre sie binnen eines Zeitraums von bis zu sechs Monaten in der Lage gewesen, Informationen einzuholen, um sich Klarheit zu verschaffen, ob sie infolge der Verschmelzung die Kündigung erklären will.
5. Die ordentliche Kündigung der Genussrechte konnte die Klägerin gemäß § 6 II der Genussrechtsbedingungen mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten erklären, die ordentliche Kündigung der atypisch stillen Beteiligung gemäß § 14 Abs. 1 der Bedingungen mit einer Kündigungsfrist von 24 Monaten zum Ende eines Geschäftsjahres. Auf Auseinandersetzungswerte der Genussrechte bzw. der stillen Beteiligung nach Ablauf dieser Fristen auf die im August 2020 erklärte Kündigung, wenn sie wie eine ordentliche wirken sollte, stützt die Klägerin aber ihre Klage nicht.
6. Auch ein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung des § 23 UmwG ist nicht begründet. Nach § 23 UmwG sind den Inhabern von stimmrechtslosen Sonderrechten an dem übertragenden Rechtsträger bei der Verschmelzung gleichwertige Rechte in dem übernehmenden Rechtsträger zu gewähren. Sowohl Genussrechte als auch stille Beteiligungen sind solche Sonderrechte, da sie keine Stimmrechte gewähren, aber eine Gewinnbeteiligung vorsehen, die durch die Verschmelzung an dem dann größeren Unternehmen und wegen des veränderten Verhältnisses des Anteils am Gesamtvermögen der Gefahr einer Entwertung unterliegen.
Ob die von der Beklagten hier gewährten Rechte, die sogenannten B-Aktien gleichwertig sind, hängt von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ab. Maßgeblich ist die inhaltliche Ausgestaltung und Anpassung auf die durch die Verschmelzung herbeigeführte Situation (BGH, NZG 2013, 987). Soweit der Anspruch auf Gewährung gleichwertiger Rechte nicht erfüllt wird, kann der Inhaber des Sonderrechts die Rechte geltend machen, die sich ergäben, wenn ihm die Rechte, die ihm zustehen, gewährt worden wären (vgl. BGH, NZG 2013, 987, 992, für Gewinnansprüche aus einer Genussrechtsbeteiligung, die der dortige Kläger trotz Umwandlung geltend machte). Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob die gewährten B-Aktien gegenüber den Genussrechten und der atypisch stillen Beteiligung gleichwertig sind. Denn die Klägerin vermag nicht darzulegen, dass der Anspruch auf „Anpassung“ hier zu einem Zahlungsanspruch nach dem Umwandlungsstichtag führt.
a) Die Klägerin beruft sich darauf, dass die B-Aktien wirtschaftlich weniger attraktiv seien, vor allem weil sie - anders als die Genussrechte - nicht kündbar seien. Die Gleichwertigkeit im Einzelnen kann indes dahinstehen, da die Klägerin als Folge einer nicht gleichwertig gewährten Anlage kein Anspruch auf Auszahlung der ursprünglichen Anlagesumme oder in Höhe der im Februar 2019 mitgeteilten rechnerischen Bewertung zustehen könnte. Auch wenn der Klägerin wirtschaftlich gleichwertige, nämlich kündbare Rechte gewährt worden wären, hätte sie die Anlage in Form der Genussrechte kündigen und - allein - deren Wert im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung verlangen können. Ausgehend vom Vortrag der Parteien führte hier aber die Auszahlung der Genussrechte nicht zu einem Zahlungsanspruch. Vielmehr ist wegen einer vollen Verlusttragung der Genussrechte bereits zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Umwandlung ohne Darlegung weiterer Umstände nicht davon auszugehen, dass bei Wirksamwerden der Kündigung von nach der Umwandlung gebildeten Anteilen ein Guthaben bestanden hätte, das auszuzahlen wäre.
Im hier zu entscheidenden Berufungsverfahren sind die den Parteien obliegenden Darlegungen anders zu beurteilen als in dem vom Senat zuerst anhängig gewesenen Fall und - soweit das den übersandten Entscheidungen ohne Kenntnis der dort geführten Akten zu entnehmen ist - anders als in den bei anderen Oberlandesgerichten anhängig gewesenen Fällen, auf die die Klägerin verweist. Die Beklagte hat hier - insoweit anders als in dem vom Senat entschiedenen Verfahren 7 U 63/21 - vorgetragen, dass die Genussrechte in der Bilanz für Verluste aus dem laufenden Geschäft aufgekommen sind und - Jahr für Jahr - mit den Verlusten zu verrechnen waren. Sie hat mitgeteilt, dass aus der Veräußerung anderer von ihrer Rechtsvorgängerin gehaltener Anlagen ein negativer Saldo entstanden sei, der mit dem Genussrechtskapital ausgeglichen worden sei. Eine solche bilanzielle Verrechnung nach den Genussrechtsbedingungen war zulässig. Die hier anwendbaren Genussrechtsbedingungen (Anlage K 5) sehen in § 5 Abs. 2 eine Verlustbeteiligung bis zur vollen Höhe der Anlage vor, da die Genussrechte vorrangig gegenüber anderen besonders geschützten Kapitalbestandteilen der Genussrechtsgeberin zu vermindern sind.
Diese bilanzielle Entwicklung der Beklagten bzw. der T… Investments GmbH hat die Klägerin im hier geführten Verfahren - ebenso wie der Kläger im jüngst abgeschlossenen Verfahren 7 U 149/22 - nicht konkret angegriffen. Sie trägt mit der Berufung vor, dass die erheblichen Defizite ihm nicht nachvollziehbar seien, insbesondere die Verluste in 2017 gegenüber dem Ergebnis von 2016. Die Beklagte ist aber nicht gehalten, auf diesen allgemein gehaltenen Einwand hin im Rechtsstreit die wirtschaftliche Entwicklung der T…Investments GmbH im Einzelnen darzustellen, da es die Klägerin als Genussrechtsinhaberin in der Hand hat, sich durch Auskunftsverlangen nähere Erkenntnis über einzelne Bilanzpositionen zu verschaffen und diese im Einzelnen zu bestreiten (vgl. BGH, NZG 2016, 983).
Anders als im Verfahren 7 U 63/21 hat die Beklagte hier - und im Verfahren 7 U 149/22 - erläutert, dass der „rechnerische Wert“ der umgewandelten Beteiligung in der Mitteilung über die Beteiligung vom Februar 2019 nicht den Auseinandersetzungswert im Fall einer Beendigung der Genussrechtsbeteiligung an der T…Investments GmbH darstellt, sondern den Wert, der sich für die in B-Aktien umgewandelten Genussrechte rechnerisch ergibt. Der Unterschied in der Bewertung der Genussrechte im Vergleich zu den B-Aktien bestehe darin, dass die Genussrechte ein Einzahlungskonto darstellen, das sich durch Gewinnausschüttungen erhöhen und durch Verluste vermindern kann. Es müsse bei einer Verminderung durch Gewinne in den folgenden Jahren aufgewertet werden. Der rechnerische Wert der B-Aktien stelle den Wert des Anteils am Vermögen der Beklagten dar, der unter Einbeziehung des Unternehmenswertes und der stillen Reserven ermittelt worden sei. Er solle in die Zukunft gerichtet den zukünftig erzielbaren Wert der „neuen“ Beteiligung darstellen.
Der Text der an die Klägerin übermittelten Informationen weist nicht auf Abweichendes hin und begründet keine weiteren Darlegungsanforderungen für die Beklagte. Für die Zukunft trete infolge der Umwandlung der Genussrechte in B-Aktien eine Beteiligung an Vermögen, stillen Reserven und Unternehmenswert ein. In der „Vertragshistorie“ der beiden Genussrechtszeichnungen (Anlagen K 7, K 8) sind ausgeschüttete Basisdividenden von 672,38 und 2.881,67 € aufgeführt. Der „rechnerische Wert der Genussrechte“ zum 31.12.2018 ist mit 1.805,31 und 7.737,17 € angegeben. Er wird einem „Gesamtbeteiligungsbuchwert“ in nahezu derselben Höhe gegenüber gestellt sowie einem möglichen Beteiligungsbuchwert bei vollständiger Realisierung eines Aufwertungspotentials von 2.669,60 und 11.443,02 €. Der Auszug ist mit dem Hinweis versehen, dass die „vorstehenden Darstellungen zum rechnerischen Wert der Genussrechte zum 31.12.2018, dem rechnerischen Anteil an der Kapitalrücklage, dem Gesamtbeteiligungsbuchwert und dem rechnerischen Beteiligungsbuchwert ... kein Anerkenntnis“ darstelle und „keine Zahlungspflichten/-rechte ... gegenüber dem Anleger“ begründe.
Zu der zum Umwandlungsstichtag, dem 31.12.2017, geltenden Bewertung der Genussrechte hat die Beklagte vorgetragen: Das Genussrechtskapital von 74.203.120,02 € sei in der Bilanz der T…Investments GmbH zum 31.12.2017 mit einer Verlustzuweisung von 56.658.238,08 € verbucht worden (Bl. 472), um kein negatives Jahresergebnis auszuweisen. Es handele sich um Veräußerungsverluste aus dem Jahr 2017, nicht um eine Beteiligung am Verlustvortrag. Der Jahresverlust sei dadurch auf null reduziert worden. Bei einer Bilanzierung nach den IFRS-Richtlinien ergebe sich trotz der Verrechnung mit den Genussrechten ein Jahresverlust von 459.413,70 € (Bl. 476).
Die für die Begründung ihres Anspruchs darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat nicht dargelegt, inwiefern die Bilanzierung der Beklagten unrichtig sei oder die Verrechnung mit Verlusten den Genussrechtsbedingungen nicht entsprochen haben soll. Zwar trifft es zu, dass das Schreiben zur Umwandlung der Genussrechtsbeteiligung vom Februar 2019 insoweit nicht klar verständlich war, als sich der auf null reduzierte Wert der Genussrechtsbeteiligung zum Umwandlungsstichtag daraus nicht ersehen ließ. Vielmehr wurden der Klägerin - nach der Umwandlung - sogenannte „rechnerische Werte“ mitgeteilt, die einen positiven Eindruck von dem wirtschaftlichen Potential der Beklagten vermitteln sollten, die aber, wie sich aus dem Schreiben weiter ergibt, keine Verbindlichkeit haben und weder Zahlungspflichten noch -ansprüche begründen sollten. Zur Begründung eines bei Gewährung kündbarer Rechte zu erwartenden positiven Ergebnisses, das hier eine Zahlungspflicht der Beklagten begründen könnte, ist das Schreiben vom Februar 2019 damit nicht geeignet. Die Klägerin hat einen Wiederspruch der im Rechtsstreit von der Beklagten vorgetragene tatsächliche Entwicklung der Genussrechtsbeteiligung zu vorherigen Abrechnungen nicht aufgezeigt.
b) Auch hinsichtlich der Umwandlung der stillen Beteiligung in B-Aktien legt die Klägerin eine ohne die Umwandlung potentiell eingetretene positive Entwicklung nicht dar. Die Beklagte hat sich auch insoweit auf ihre Bilanzen zum 31.12.2017 und 31.03.2018 berufen, die das Kapital der stillen Gesellschafter mit null ausweisen. Die von der Klägerin vorgelegte Information vom Februar 2019 führt hier bereits die bis zum 31.03.2018 eingetretene Zuweisung von „steuerlich nutzbare[n] Verluste[n] in Höhe von bis zu 100 % des bis dahin investierten Kapitals“ auf (Anlage K 6). Auch insoweit hat die Beklagte dargestellt, dass die stille Beteiligung durch Verluste auf null reduziert sei im Zeitpunkt der Umwandlung. Die stille Beteiligung haftet - wie die Genussrechte - auch für Verluste bis zur vollen Höhe (Anlage K 4).
Daher ergibt sich auch bei fehlender Gleichwertigkeit der gewährten Rechte an der Beklagten kein Anspruch aus § 23 UmwG auf Erstattung der Einlage in voller Höhe oder in Höhe des im Februar 2019 mitgeteilten rechnerischen Wertes.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.
Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 II ZPO), besteht nicht. Die Entscheidung des Senats beruht auf einer abweichenden Würdigung des vorgetragenen Sach- und Streitstandes im Einzelfall und der darauf beruhenden Beurteilung der Frage, ob die Beklagte ihrer erweiterten Darlegungslast zum Wert der Anlagen im Zeitpunkt der Umwandlung ausreichend nachgekommen ist. Die von der Klägerin vorgelegten Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte beruhen unter anderem darauf, dass in der - von der hier übersandten abweichenden - Anlegerinformation eine „temporäre Abwertung“ mitgeteilt worden sei, die die Gerichte dort bewerten. In weiteren Verfahren wird ausgeführt, die Darlegung der Beklagten sei unzureichend, weil die Bilanz zum 31.12.2018 nicht vorgelegt worden sei. Diese Begründungen betreffen andere Fallkonstellationen als die hier beurteilte.
Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 22.513,03 Euro festgesetzt (§§ 63 II, 47 I 1, 43 II, 39 I GKG).