Gericht | OLG Brandenburg 12. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 20.12.2010 | |
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Aktenzeichen | 12 W 31/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Cottbus vom 15. April 2010, Az. 4 O 30/09, wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Der Beklagte begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung gegen eine Klage, mit der er auf Rückzahlung geleisteter Anlagegelder in Anspruch genommen wird.
Der Kläger investierte mit Vertrag vom 25.10.2002 einen Betrag von 6.000,00 € in einen Leasingfonds mit der Bezeichnung V…. Nach der unter dem Briefkopf der Handelsvertretung S… K… erstellten und von dem Beklagten unterzeichneten Vertragsbestätigung vom 30.10.2002 wurde die Vertragslaufzeit auf 3 Jahre festgeschrieben bei einer garantierten Rendite von 480,00 € und einer garantierten jährlichen Rendite von 8 %. Die Rückzahlung der Anlagesumme sollte zum Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit am 25.10.2005 erfolgen. Eine Rückzahlung der Anlagesumme einschließlich der Rendite erfolgte nicht.
Der Kläger macht nunmehr den Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anlage einschließlich der garantierten Rendite gegenüber dem Beklagten geltend. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass seine Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten geschuldet wird. Dazu behauptet er, die eingezahlten Anlagegelder seien durch den Beklagten zur Deckung der laufenden Renditeforderungen und damit zweckentfremdet verwandt worden. Die versprochene Rendite sei risikolos nicht erzielbar gewesen, es habe sich um ein sittenwidriges „Schneeballsystem“ gehandelt. Tatsächlicher Inhaber der Handelsvertretung S… K… sei der Beklagte gewesen. Dieser habe aufgrund einer ihm erteilten Generalvollmacht ohne Wissen des Namensinhabers die Geschäfte geführt, sämtlichen im Namen der Handelsvertretung S… K… geführten Schriftverkehr unterzeichnet und die angelegten Gelder in betrügerischer Absicht für sich vereinnahmt. Das Anlagekonzept V…. sei durch den Beklagten erdacht und umgesetzt worden. Der Beklagte habe die Verträge durch von ihm persönlich geschulte Vermittler vermitteln lassen und diese instruiert, mit welchen Versprechungen das Konzept an den Markt gebracht werden sollte. Dabei seien Sicherheiten in Form einer bestehenden Rückversicherung vorgetäuscht worden, die es tatsächlich nicht gegeben habe. Es sei von vornherein nicht geplant gewesen, die vertraglich zugesicherten Ergebnisse zu erzielen, ein Leasingfonds sei nicht aufgelegt worden. Der Namensinhaber S… K… sei von dem Beklagten nur als Strohmann vorgeschoben worden, um seine eigene Tätigkeit zu verschleiern.
Der Beklagte bestreitet den Klagevortrag, insbesondere dass er die angelegten Gelder vereinnahmt habe. Er sei lediglich aufgrund der ihm erteilten Handlungsvollmacht im Rahmen des Vertriebs und der Abwicklung des V... tätig geworden. Dies sei im Auftrag und mit Wissen des S… K… geschehen.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 15.04.2010 den Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das beabsichtigte Verteidigungsvorbringen habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Anspruch der Kläger sei über § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 54, 32 und 1 KWG begründet. S… K… habe in einem Parallelrechtstreit vor dem Landgericht Cottbus zum Az.: 2 O 168/07 als Zeuge bekundet, dass sämtliche unternehmerischen Entscheidungen nicht von ihm, sondern durch den Beklagten getroffen worden seien, so dass sich das Gebot des § 32 KWG auch gegen den Beklagten gerichtet habe. Es sei davon auszugehen, dass der vom Kläger angebotene Zeuge K… auch in diesem Rechtstreit nicht anders aussagen werde, so dass der Beklagte zumindest als Mitinhaber des Unternehmens anzusehen sei. Eine vorweggenommene Beweiswürdigung sei zulässig, da der enge Rahmen, innerhalb dessen eine solche im Prozesskostenhilfeverfahren zulässig sei, eingehalten werde.
Der Beklagte hat gegen den ihm am 23.04.2010 zugestellten Beschluss mit am 06.05.2010 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.
Der Beklagte führt weiter aus, seine beabsichtigte Rechtsverteidigung biete hinreichende Aussicht auf Erfolg. Hinreichende Erfolgsaussichten bestünden bereits dann, wenn über eine Behauptung der mittellosen Partei Beweis zu erheben sei. Im übrigen habe er unter Beweisantritt vorgetragen, der Zeuge K… habe anlässlich seiner Vernehmung in dem gegen ihn, den Beklagten, geführten Strafverfahren eingeräumt, dass er entgegen seinen Angaben in dem vor dem Landgericht Cottbus geführten Parallelrechtsstreit Kenntnis von der Geschäftstätigkeit der unter seinem Namen geführten Handelsvertretung gehabt habe. Darüber hinaus seien die Einlagen aus dem V... in der Bilanz der Handelsvertretung S… K… ausgewiesen gewesen. Zudem sei der Zeuge Inhaber verschiedener Konten gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass es sich bei den in dem Parallelrechtsstreit vor der 2. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus getätigten Aussagen um Schutzbehauptungen gehandelt habe. Eine erneute Vernehmung des Zeugen sei mithin angezeigt. Die Beiziehung der Akten aus dem Parallelrechtsstreit im Wege des Urkundsbeweises könne eine originäre Beweisaufnahme nicht ersetzen. Soweit das Landgericht einer Haftung wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften des KWG angenommen habe, habe er, der Beklagte, keine Kenntnis von einer notwendigen Genehmigung gehabt, da er davon ausgegangen sei, dass es sich bei der Anlageform um partiarische Darlehen handle, die keiner Genehmigung nach dem KWG bedürften, sodass er sich in einem den Vorsatz ausschließenden Irrtum befunden habe.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 28.05.2010 der sofortigen Beschwerde des Beklagten nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist gemäß §§ 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der Monatsfrist des § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegt worden.
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verneint. Nach § 114 S. 1 ZPO kann Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn - neben dem Vorliegen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen des Antragstellers - die beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da das Verteidigungsvorbringen des Beklagten gegenüber dem schlüssig vorgetragenen Klageanspruch nicht erfolgversprechend erscheint.
1.
Das Vorbringen der Kläger als wahr unterstellt, rechtfertigt dies einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der geleisteten Anlagesumme sowie der garantierten Rendite gegenüber dem Beklagten aus § 826 BGB.
Nach dem Vortrag des Klägers hat der Beklagte die vom Kläger und den übrigen Anlegern des V... eingezahlten Anlagegelder, die nach der Zweckbestimmung des V... zum Erwerb von Leasing- und Geschäftsgütern verwendet werden sollten, für sich vereinnahmt und damit den Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB erfüllt. Damit hat er eine entsprechende Schädigung der Anleger dadurch, dass die angelegten Gelder sowie die vertraglich zugesagten Renditen zum Fälligkeitszeitpunkt nicht zurückgezahlt werden konnten, zumindest billigend in Kauf genommen. Der Beklagte ist danach zum Schadensersatz in Form der Rückzahlung der geleisteten Anlagegelder sowie der Auszahlung der zugesagten Rendite, die nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit von 3 Jahren zum 01.02.2006 fällig gewesen wäre, verpflichtet. Die dagegen mit der Klageerwiderung sowie der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwendungen des Beklagten greifen nicht durch.
Soweit der Beklagte in der Klageerwiderung bestritten hat, dass der vom Kläger eingezahlte Betrag von 6.000,00 € durch ihn zweckentfremdet verwendet worden ist, ist dieses pauschale Bestreiten unbeachtlich. In der vom Kläger vorgelegten und vom Beklagten unterzeichneten Vertragsbestätigung vom 30.10.2002 bestätigt der Beklagte im Namen der Handelsvertretung S… K…, dass mit Wertstellung vom 25.10.2002 ein Betrag von 6.000,00 € über 3 Jahre angelegt worden ist und die Anlagesumme nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit zum 25.10.2005 zur Rückzahlung fällig ist. Das Schreiben bestätigt dabei zugleich die Einzahlung des Anlagebetrages von 6.000,00 €, wie sich aus der Formulierung ergibt, dass man sich für das entgegengebrachte Vertrauen bedanke und auf gute Zusammenarbeit hoffe. Zugleich hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 23.07.2010 ausdrücklich eingeräumt, Anlagegelder als Darlehen an die Q… GmbH, deren Geschäftsführer er gewesen sei, vergeben zu haben. Diese Vorgehensweise war jedoch von dem eigentlichen Zweck des Leasingfonds, in wirtschaftliche Güter zum Zwecke des Leasens und Verleasens zu investieren, nicht gedeckt, was dem Beklagten auch bekannt war. In dieser Situation wäre es aber Sache des Beklagten, konkret vorzutragen und unter Beweis zu stellen, dass eine Anlage der Gelder des Klägers durch ihn - im Hinblick auf seine umfassende Bevollmächtigung durch den S… K… - gleichwohl entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Kläger erfolgt ist oder dass er den Anlagebetrag an S… K… weitergegeben habe, der die Anlage persönlich habe durchführen wollen. Inwieweit der Beklagte hingegen strafrechtlich etwa wegen der Vergabe von Darlehen an die Q… GmbH zur Verantwortung gezogen worden ist, ist für die Beurteilung der Rechtslage in dem vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, zumal im zivilgerichtlichen Verfahren eine Bindung an die im Strafverfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Wertungen nicht besteht. Im Hinblick auf die von dem Beklagten selbst eingeräumten Zahlungsabschlüsse kommt es auch nicht darauf an, in welchem Umfang S… K… tatsächlich Kenntnis von den im Namen der Handelsvertretung geführten Geschäften gehabt hat und diese möglicherweise sogar gebilligt hat, da dies allenfalls für eine Frage der zivilrechtlichen Haftung des S… K… neben dem Beklagten als Gesamtschuldner gem. §§ 823 Abs. 1, 830 Abs. 2 BGB von Bedeutung ist. Von daher kommt es auf eine Vernehmung des S… K… als Zeugen und etwaige Widersprüche zu den von ihm in dem gegen den Beklagten geführten Strafverfahren getätigten Aussagen nicht an. Ebenso ist in diesem Zusammenhang unerheblich, von wem der V... gegründet worden ist.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund des Vortrags des Klägers auf Seite 6 der Klageschrift (Bl. 16 d. A.) gerechtfertigt, das ganze Konzept sei bewusst in betrügerischer Absicht durch Herrn K… aufgezogen worden. Es handelt sich insoweit um einen offensichtlichen Schreibfehler, da der Kläger im Übrigen in der Klageschrift ausführlich darlegt, dass die Geschäfte der Handelsvertretung K… allein vom Beklagten betrieben wurden während dem S… K… entsprechende Kenntnisse gerade fehlten.
2.
Der Feststellungsantrag ist ebenfalls zulässig und begründet. Das Feststellungsinteresse des Klägers folgt aus § 850 f Abs. 2 ZPO. Danach kann das Vollstreckungsgericht, wenn die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben wird, auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850c ZPO vorgesehenen Beschränkungen bestimmen. Der Gläubiger kann, wenn er auf die durch diese Norm erweiterte Pfändungsmöglichkeit Wert legt, den Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung bereits im Erkenntnisverfahren geltend machen und eine Entscheidung des Prozessgerichts dadurch erzwingen, dass er neben dem Leistungsantrag die Feststellung eines derartigen Anspruchs begehrt (vgl. BGH NJW 2003, 515, 516). Entsprechendes gilt für eine mögliche spätere Insolvenz des Beklagten im Hinblick auf §§ 302 Nr. 1, 174 Abs. 2 InsO (vgl. Münchener Kommentar/Schumacher, InsO 2. Aufl. § 184 Rn. 8 c).
3.
Der vom Kläger geltend gemachte Zinsanspruch ist zwar teilweise unbegründet, soweit über die vertraglich garantierten Zinsen hinausgehend Zinsen vor dem Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides am 02.01.2009 und in einer den Betrag von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz übersteigenden Höhe geltend gemacht werden. Da der Zinsanspruch jedoch kostenneutral ist und im Falle einer Verurteilung der Beklagte gem. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits im vollen Umfang zu tragen hat, ist eine hinreichende Erfolgsaussicht auch diesbezüglich nicht gegeben. Ebenso wie bei der Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht zu prüfen ist, inwieweit Nebenforderungen Erfolg haben, die den Streitwert nicht erhöhen (vgl. Geimer in Zöller, ZPO, Kommentar, 28. Aufl. § 114, Rn. 23b), ist die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung in vollem Umfang zu verneinen, wenn der mit der Klage geltend gemachte Anspruch lediglich hinsichtlich der streitwertneutralen Nebenforderungen teilweise unbegründet ist.
4.
Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 23.07.2010 die Aussetzung des Verfahrens gem. § 149 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen ihn geführten Strafverfahrens beantragt hat, braucht hierüber nicht entschieden zu werden, da im Prozesskostenhilfeverfahren eine Aussetzung wegen der summarischen Prüfung nicht in Betracht kommt (vgl. Stadler in Musielak, ZPO, Kommentar, 7. Aufl. § 149 Rn. 3).
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Inanspruchnahme des Beklagten für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens bereits aus Nr. 1812 der Anlage 1 zum GKG ergibt, das erstinstanzliche Verfahren gerichtsgebührenfrei ist und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden, §§ 118 Abs. 1 S. 4, 127 Abs. 4 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Gründe gegeben ist. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.