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Entscheidung 1 AR 29/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Zivilsenat Entscheidungsdatum 17.10.2023
Aktenzeichen 1 AR 29/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:1017.1AR29.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Gemeinsam zuständig ist das Landgericht Potsdam.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten zu 1. als Halter und Fahrer des unfallverursachenden Fahrzeugs und die Beklagte zu 2. als dessen Haftpflichtversicherung gesamtschuldnerisch auf die Leistung von Schadensersatz aus einem Verkehrsunfallgeschehen am 9.8.2022 in Ungarn in Anspruch.

Der Kläger hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14.3.2023 die Klage auf die Zahlung von 5.367,10 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung weitergehender Schadensersatzpflichten der Beklagten beim Landgericht Potsdam erhoben. Das Landgericht Potsdam hat am 20.6.2023 einen Termin zur Güte- und mündlichen Verhandlung am 23.10.2023 bestimmt.

Mit Schriftsatz vom 22.8.2023 hat der Kläger die Bestimmung eines gemeinsamen zuständigen Gerichts beantragt. Die Antragsschrift ist den Beklagten zur Stellungnahme zugeleitet und dem Beklagten zu 1. am 22.9.2023 sowie der Beklagten zu 2. am 19.9.2023 zugestellt worden. Die Beklagte zu 2. hat mit Schriftsatz vom 26.9.2023 Stellung genommen.

II.

Der Antrag des Klägers führt zur Bestimmung des Landgerichts Potsdam als gemeinsam zuständiges Gericht.

1. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ZPO über die Bestimmung des gemeinsam zuständigen Gerichts zu entscheiden, weil das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Gerichtsstände der Beklagten der Bundesgerichtshof wäre und im Anschluss an die Klageerhebung beim Landgericht Potsdam das Brandenburgische Oberlandesgericht als erstes mit der Gerichtsstandsbestimmung befasst worden ist (vgl. BGH NJW 2008, 3789; Zöller/Schultzky, ZPO, 34. Aufl., § 36, Rn. 8).

2. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.

a) Die Beklagten werden in einem gemeinsamen Prozess und folglich als einfache Streitgenossen in Anspruch genommen werden, §§ 59, 60 ZPO. Sie sind jedenfalls Streitgenossen im Sinne des § 60 ZPO. Das Kriterium der „Gleichartigkeit“ im Sinne dieser Vorschrift ist unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit und Prozesswirtschaftlichkeit weit auszulegen; entscheidend ist, ob zwischen den geltend gemachten Ansprüchen ein innerer Zusammenhang besteht (Zöller/Althammer, a. a. O., § 60, Rn. 7). Ein solcher Zusammenhang ergibt sich nach dem hier maßgeblichen Vortrag des Antragstellers (vgl. Zöller/Schultzky, a. a. O., § 36, Rn. 28) bereits daraus, dass die geltend gemachten Ansprüche sämtlich aus demselben Verkehrsunfallgeschehen erhoben werden.

b) Dass die Klage bereits beim Landgericht Potsdam eingereicht worden ist, steht der Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen, weil das anhängige Verfahren noch nicht weit vorangeschritten und es insbesondere noch nicht zu einer Beweisaufnahme gekommen ist (vgl. Zöller/Schultzky, a. a. O., § 36, Rn. 26).

c) Die Beklagten haben ihre allgemeinen Gerichtsstände nach §§ 12, 13, 17 ZPO bei verschiedenen Gerichten, nämlich der Beklagte zu 1. beim Landgericht Amberg und die Beklagte zu 2. beim Landgericht Potsdam. Ein die Gerichtsstandsbestimmung ausschließender gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand besteht nicht. Er folgt insbesondere nicht aus § 32 ZPO im Hinblick auf das Verkehrsunfallgeschehen in Ungarn, da ein etwaiger gemeinsamer besonderer ausländischer Gerichtsstand bei der Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO außer Betracht bleibt (Senat, Beschluss vom 30.3.2010, 1 AR 5/10; Beschlüsse vom 3.8.2006, 1 AR 44/06 und 1 AR 45/06; BayObLG, Beschluss vom 23.7.2020, 1 AR 66/20, zitiert nach juris; Zöller/Schultzky, a. a. O., § 36, Rn. 23; vgl. auch: OLG Hamm, Beschluss vom 15.1.2019, 32 SA 64/18, zitiert nach juris).

3. Unter dem maßgeblichen Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit (Zöller/Schultzky, a. a. O., § 36, Rn. 29) ist das Landgericht Potsdam als gemeinsam zuständiges Gericht zu bestimmen. Das Landgericht Potsdam ist seit März 2023 mit der Sache befasst und hat bereits einen Termin zur Güte- und mündlichen Verhandlung am 23.10.2023 bestimmt. In seinem Bezirk befindet sich der allgemeine Gerichtsstand der Beklagten zu 2., die sich – anders als der Beklagte zu 1. –, gegen die Klage verteidigt hat. Dazu befindet sich von den hier in Betracht kommenden Landgerichten in Potsdam und Amberg (vgl. Zöller/Schultzky a. a. O.) das Landgericht Potsdam ortsnäher am Wohnsitz des Klägers und am Sitz seiner Prozessbevollmächtigten, weshalb ein etwaiges Interesse des Beklagten zu 1. an der Durchführung der Klage beim Landgericht Amberg – das der Beklagte zu 1. weder im Klageverfahren noch im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren zum Ausdruck gebracht hat – hintanzustehen hat.