Gericht | OLG Brandenburg 12. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 25.09.2023 | |
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Aktenzeichen | 12 U 209/22 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:0925.12U209.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 26.10.2022 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az. 11 O 312/20, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil des Landgerichts Potsdam vom 19.10.2021, Az. 11 O 312/20 wird teilweise aufgehoben und die Beklagten werden als Gesamtschuldner verteilt, an den Kläger 988,90 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 736,10 € seit dem 01.04.2020 sowie aus weiteren 252,80 € seit dem 13.12.2020 zu zahlen. Im Übrigen bleibt das Versäumnisurteil aufrechterhalten und die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten und Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.
2. Den Beklagten werden vorab als Gesamtschuldner die Kosten der Beweisaufnahme, die durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Carsten Wegner in erster Instanz entstanden sind, auferlegt. Von den übrigen Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger 93 % und die Beklagten 7 % mit Ausnahme der Kosten der Säumnis zum Termin am 19.10.2021, die dem Kläger auferlegt werden.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 93 % der Kläger und zu 7 % die Beklagten.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.656,49 € festgesetzt.
I.
Der Kläger macht Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall am 19.11.2019 gegen 6:20 Uhr auf der B … geltend. Die alleinige Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht im Berufungsverfahren außer Streit.
Das Landgericht hat die Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von 1.390,49 € nebst Zinsen verurteilt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Ausführungen wird auf das Urteil Bezug genommen.
Die Beklagten haben gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 01.12.2022 zugestellte Urteil mit einem am 07.12.2022 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 01.03.2023 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 21.02.2023 begründet. Eine Unkostenpauschale stehe dem Kläger nicht zu, weil er schon seinen Fahrzeugschaden nicht hinreichend dargelegt habe, jedenfalls aber nur i.H.v. 20 €. Auch der Nutzungswille sei nicht nachgewiesen, sodass ihm eine Nutzungsausfallentschädigung nicht zuzusprechen sei. Die Bergungs- und Abmeldekosten stellten Nebenforderungen dar und seien nicht schlüssig dargelegt. Gleiches gelte für die Handykosten die, nachdem der vorgelegte Beleg nicht auf den Kläger ausgestellt sei, nicht nachgewiesen und die Beschädigung bestritten worden seien. Der Schmerzensgeldanspruch sei der Höhe nach nicht weiter begründet. Nachdem schmerzensgeldrelevante Verletzungen auch nicht dokumentiert seien und sich der Kläger erst nach einer Dienstreise nach Polen beim Arzt vorgestellt habe, bestehe - jedenfalls ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens - kein Anspruch auf Schmerzensgeld. Im Übrigen seien die Forderungen des Klägers zu Recht abgewiesen worden
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 26.10.2022, Az. 11 O 312/20, die Klage insgesamt abzuweisen, mit der Maßgabe, dass das klageabweisende Versäumnisurteil des Landgerichts Potsdam vom 19.10.2021 aufrechterhalten bleibt, und die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung unter der entsprechenden Aufhebung des Versäumnisurteils vom 19.10.2021 und teilweiser Abänderung des Endurteils des Landgerichts Potsdam vom 04.10.2022 zum Aktenzeichen 11 0 312/20, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
1. an ihn eine Summe von 5.423,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2020 zu zahlen;
2. an ihn eine Summe von 6.487,20 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz
aus 2.519,00 € von Rechtshängigkeit bis zum 31.01.2021,
aus 3.226,60 € vom 01.02.2021 bis zum 28.03.2021,
aus 3.928,70 € vom 29.03.2021 bis zum 08.04.2021,
aus 4.297,60 € vom 09.04.2021 bis zum 25.05.2021,
aus 4.654,60 € vom 26.05.2021 bis zum 05.10.2021,
aus 6.118,30 € vom 06.10.2021bis zum 09.12.2021 und
6.487,20 € seit dem 10.12.2021 zu zahlen;
3. 103,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
4. 252,80 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen.
Zur Begründung führt er aus, der Wiederbeschaffungswert (5.500 € abzgl. Restwert 77 € = 5.423 €) sei zu ersetzen. Er habe durch den Zeitstrahl, die vorgelegten Rechnungen und der Rechnung der „Generalinstandsetzung“ die Beseitigung der Vorschäden schlüssig dargetan und belegt. Das ergebe sich auch aus dem Sachverständigengutachten R..., der einen Wiederbeschaffungswert von 5.500 € sachgerecht angegeben habe. Angaben zu Vorschäden seien nicht enthalten; darin liege ein negativer Beweiswert. Nach dem weiteren Gutachten von L... und L... GmbH bemesse sich der Wiederbeschaffungswert sogar mit 6.000 €. Auch dort seien keine Vorschäden festgestellt worden. Im Übrigen seien Vorschäden bei Überschreiten der „Oldtimerschwelle“ irrelevant.
Die Kosten der Zulassung von 103 € seien ebenfalls erstattungsfähig. Zwar stünden diese mit dem Unfallgeschehen nicht im Zusammenhang. Die Aufwendungen seien jedoch durch den Unfall nutzlos geworden.
Ebenfalls zu ersetzen seien die Standkosten bei der Firma A... von 6.487,20 € als auch die Kosten der Verbringung dorthin von 252,80 €. Die Aufbewahrung des Fahrzeugs sei notwendig gewesen, um gutachterliche Feststellungen durch das Gericht zu ermöglichen, nachdem die Beklagten von Anfang an den Unfallhergang bestritten habe. Anderenfalls hätte er das Fahrzeug lieber entsorgt oder verkauft, jedoch nicht aufbewahrt. Zudem habe das Landgericht eine Übersendung der schriftlichen, in der mündlichen Verhandlung am 04.10.2022 überreichten Ausarbeitung nicht vorgenommen und eine beantragte Stellungnahmefrist unzutreffend nicht gewährt. Darin liege zugleich ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Im Übrigen verteidigt er die angefochtene Entscheidung.
II.
Die Berufung und Anschlussberufung sind innerhalb der gesetzlichen Fristen eingelegt und begründet worden, mithin zulässig. Sie haben jedoch in der Sache nur in dem geringen, aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Die vom Landgericht festgestellte Alleinhaftung der Beklagten aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 18 StVG, §§ 823, 253 BGB i.V.m. 115 VVG und § 1 PflVersG, der aus Rechtsgründen nichts zu begegnen ist, ist in der Berufung unstreitig geblieben. Die Beklagten stellen eine Mithaftung des Klägers wegen der angeblichen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mehr in den Raum.
2. a) Die vom Kläger geltend gemachten Kosten für die Bergung des verunfallten Fahrzeugs von 214,20 € und die Abmeldekosten von 112 € sind von den Beklagten zu tragen. Der Kläger hat die Kosten belegt. Nachdem das Fahrzeug vor dem Unfall zweifelsfrei fahrbereit und für den Straßenverkehr zugelassen war und durch den Unfall einen Totalschaden erlitten, die Fahrbereitschaft eingebüßt hat und die Unfallstelle beräumt werden musste, sind diese Kosten kausal auf den Unfall zurückzuführen und erstattungsfähig. Etwaige Vorschäden des Fahrzeugs sind dafür nicht relevant (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 30. Juni 2021 – 1 U 90/19 –, Rn. 34, juris). Es handelt sich hierbei auch nicht um bloße Nebenkosten zum Hauptanspruch, sondern um eigenständige Schadenspositionen. Soweit die Beklagten obergerichtliche Rechtsprechung zitieren, die im Falle des Fehlens eines Hauptanspruchs auch die Kostenerstattung von „Nebenansprüchen“ ablehnt, bezieht sich diese Rechtsprechung auf Gutachterkosten und die Unkostenpauschale.
b) Die Kosten für den Ersatz des Displays des Handys von 89,90 € sind dem Kläger ebenfalls zu ersetzen. Das Landgericht hat im Ergebnis der persönlichen Anhörung des Klägers die Gewissheit erlangt, dass das Handydisplay beschädigt wurde. Der Kläger legt insoweit auch eine Rechnung vom 28.11.2019 vor, die einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall aufweist. Die Berufung zeigt hier Rechtsfehler in der Beweiswürdigung des Landgerichts nicht auf. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass, die Schadensposition abzusprechen.
c) Nachdem der Kläger neben dem Fahrzeugschaden weitere ersatzfähige Schäden erlitten hat, ist auch der Ansatz einer Kostenpauschale nicht zu beanstanden, die der Senat mangels anderweitigem Vortrag regelmäßig mit 20 € bemisst, § 287 ZPO.
d) Ein Anspruch auf Ersatz eines Nutzungsausfallschadens besteht jedoch nicht. Auch für den Nutzungsausfallschaden gelten die schadensrechtlichen Grundsätze der subjektbezogenen Betrachtung des Schadens sowie des Bereicherungsverbots (Senatsurteile BGHZ 45, 212, 219 f.; 162, 161, 165 m.w.N. und Urteil vom 18. Dezember 2007 - VI ZR 62/07 - DAR 2008, 139). Zwar hat der Ersatzpflichtige für den vorübergehenden Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs grundsätzlich auch dann eine Entschädigung zu leisten, wenn sich der Geschädigte einen Ersatzwagen nicht beschafft hat (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 – VI ZR 248/07 –, Rn. 7f, juris). Dem betroffenen Eigentümer gebührt die Entschädigung aber nicht unabhängig davon, ob er seinen Wagen während der Reparaturzeit benutzen wollte und hierzu in der Lage war. Die Entbehrung der Nutzung muss auch deshalb "fühlbar" geworden sein, weil der Geschädigte das Fahrzeug mangels eines weiteren geeigneten Kraftfahrzeuges für seine alltägliche Lebensführung wirklich gebraucht hätte. Das hat der Kläger nicht substantiiert dargetan.
Er macht insoweit einen fiktiven Nutzungsausfall für 14 Kalendertage geltend. Dabei berücksichtigt er schon nicht, dass er nach seinem - nicht belegten - Vortrag Ende November 2019 ein Ersatzwagen beschafft haben will. Der Unfall datiert jedoch auf den 19.11.2019. Anschließend war er 2 Tage auf Dienstreise in Polen. Selbst wenn hier die Ersatzbeschaffung auf den 30.11.2019 datiert werden könnte, liegt kein Nutzungsausfall über 14 Tage vor.
Ferner führt er aus, er sei von Anfang 2019 bis zum Unfalltag mit dem Fahrzeug zur Arbeit gefahren. Seit Jahren führe er eine Excel Tabelle über seine Tankausgaben aus der sich die Nutzung ergebe. Daraus lässt sich die tägliche Nutzung für Fahrten zur Arbeitsstelle jedoch nicht entnehmen. Denn die einfache Fahrtstrecke von seinem Wohnort nach Lu... umfasst ca. 50 km. Eine tägliche Nutzung ist mit den vorgetragenen vier Tankfüllungen im Zeitraum von April 2019 bis Oktober 2019 nicht in Einklang zu bringen. Zudem findet sich in den Anmerkungen zur Fahrzeughistorie der Zusatz: „Seit Oldtimernutzung Februar bis November 2019 nach kompletter Restauration alle 14 Tage 1 x Fahrt zur Arbeit als Bewegungsfahrt.“ Schon der Nutzungswille ist daher nicht ausreichend dargetan.
e) Ferner steht dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 300 € zu.
Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden (§ 253 Abs. 2 BGB). Das Schmerzensgeld verfolgt dabei vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen Ausgleich für die erlittenen immateriellen Schäden zu gewähren und ihm zugleich Genugtuung für das ihm zugefügte Leid zu geben (BGH, NJW 1993, 1531; NZV 2017, 179, beck-online). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien (vgl. BGHZ 18, 149, 154). Als objektivierbare Umstände sind u.a. maßgebend die Art und Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und der Grad des Verschuldens des Schädigers (BGH, NJW 1998, 2741, beck-online). Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 – VI ZR 259/15 –, Rn. 6, juris).
Nach dem Durchgangsarztbericht vom 22.11.2019, mithin 3 Tage nach dem Unfall, sind sichtbare Gurtmarken, Schmerzen und eine Schwellung des Handgelenks links, HWS-Beschwerden und Schmerzen im Sternum dokumentiert und die Diagnose multiple Prellungen (Thorax), eine HWS Distorsion und eine Prellung Handgelenk links getroffen worden. In seiner persönlichen Anhörung bestätigt der Kläger die Verletzungen. Der Senat hat ebenso wie das Landgericht keine Zweifel daran, dass die dokumentierten Gesundheitsbeeinträchtigungen Folge des Verkehrsunfalls sind, ohne dass es hierzu noch eines Sachverständigengutachtens bedarf. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass er zwar bereits auf der nachfolgenden Dienstreise in Polen Schmerzen gehabt habe, jedoch nicht eine Behandlung im Ausland habe veranlassen wollen. Nach seiner Rückkehr aus Polen habe er sich - auch auf Drängen seines Arbeitgebers - beim Durchgangsarzt vorgestellt. Die Verletzungen lassen sich aus Sicht des mit Unfallsachen regelmäßig befassten Senats auf das Unfallgeschehen zurückführen. Arbeitsunfähigkeit lag nicht vor. Nachdem der Kläger weitergehende Beeinträchtigungen nicht vorgetragen hat, setzt der Senat hier ein Schmerzensgeld im unteren Bereich an; 300 € sind insoweit angemessen, die Unfallfolgen angemessen immateriell zu entschädigen.
f) Ein Ersatzanspruch für den Fahrzeugschaden besteht nicht. Nach allgemeinen Regeln ist es Aufgabe des Klägers, die Voraussetzungen eines Haftungstatbestandes, hier also das Entstehen und den Umfang eines Sachschadens im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG, darzulegen und zu beweisen. Wenn der Unfallgegner den Umfang oder die Höhe eines Schadens mit der Begründung bestreitet, der Gegenstand sei bereits durch ein früheres Ereignis beeinträchtigt worden, verbleibt die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich bei ihm. Zwar kommt ihm insoweit § 287 ZPO zugute, der dem Geschädigten nicht nur die Beweisführung, sondern auch die Darlegung erleichtert. Auch für die Schadensschätzung nach dieser Vorschrift benötigt der Tatrichter aber greifbare Tatsachen, die der Geschädigte im Regelfall im Einzelnen darlegen und beweisen muss. Eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens, auch in der Form der Schätzung eines "Mindestschadens", lässt § 287 ZPO grundsätzlich nicht zu (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2019 – VI ZR 377/18 –, Rn. 8, juris). So schließt allein das Bestehen weiterer Beschädigungen am Fahrzeug, die nach dem Sachverständigengutachten nicht eindeutig dem Unfall zugeordnet werden können, einen Schadensersatz nicht ohne weiteres aus. Vielmehr muss allein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gemäß § 287 ZPO auszuschließen sein, dass die weiteren Schäden bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind. Dazu muss der Geschädigte grundsätzlich, vor allem aber im Fall von Schadensüberlagerungen, den Umfang des Vorschadens und gegebenenfalls dessen Reparatur belegen, da sich der Ersatzanspruch lediglich auf den Ersatz derjenigen Kosten erstreckt, die zur Wiederherstellung des vorbestehenden Zustandes erforderlich sind (OLG Köln, Beschluss vom 27. Dezember 2018 – I-16 U 118/18 –, Rn. 6; OLG München, Urteil vom 27. Januar 2006 – 10 U 4904/05 –, Rn. 30, juris; OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.5.2016 – I-1 U 118/15, NJOZ 2016, 1405, beck-online). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht.
Nach dem von den Beklagten vorgelegten Dekra-Gutachten gab es im Bereich des aktuellen Schadens einen Vorschaden. Dieser beschränkte sich nicht nur auf den Scheinwerfer und das Blinklicht, die der Kläger ausgetauscht haben will. Vielmehr wurde für eine fachgerechte Reparatur auch der Austausch des Kotflügels sowie Reparaturen im Stoßfängerbereich als erforderlich angesehen. Der Schaden belief sich nach der Reparaturkostenkalkulation auf 2.089,93 €. Dazu trägt der Kläger nicht vor, die Rechnung vom 15.07.2016 bezieht sich lediglich auf den Scheinwerfer und das Blinklicht. Hierauf hatte bereits zutreffend das Landgericht hingewiesen. Auch zum Steinschlagschaden aus April 2016 fehlt jeder Vortrag. Zu den im Gutachten R... festgestellten Altschäden im Bereich der Tür hinten rechts und den Seitenteilen rechts und links „mit fachgerechter Reparaturlackierung“ erklärt sich der Kläger ebenfalls nicht. Schließlich sind im Kaufvertrag von 2015 ebenfalls Unfallschäden vermerkt, zu denen sich der Kläger nicht äußert. Insoweit bleibt offen, ob es sich hier um Gebrauchsspuren oder um Unfallschäden handelt. Die Gutachten R... und der L... GmbH gehen zwar von reparierten Vorschäden aus. Dafür fehlt jedoch die Grundlage. Ferner legen sie einen abgelesenen Kilometerstand zugrunde, der tatsächlich nicht zutrifft. Weder besteht sicherer Anhalt für den Kilometerstand bei Erwerb des Fahrzeugs in 2015 mit rd. 308.000 km, noch über die zwischenzeitlich gefahrenen Kilometer. Denn der Tacho ist unstreitig defekt und wies trotz Fahrleistung im April 2016 307.982 km und in 12/2016 ebenso wie in 12/2019 307.985 km aus. Hierbei handelt es sich jedoch um ein wesentliches Wertkriterium. Beide Gutachten sind daher für die Fahrzeugbewertung nicht brauchbar. Hinzu kommt, dass das Gutachten der L... GmbH - letztlich ebenso wie das Gutachten R... - eine Begründung des Zustandes „3+“ vermissen, zumal der Gesamtzustand nur „nach grober äußerlicher Inaugenscheinnahme“ festgelegt worden sei. Ein Beweisantritt des Klägers für den Wert fehlt. Im Übrigen zeigen die durch Rechnungen belegten Reparaturen eine starke Schadensanfälligkeit des Fahrzeugs. Sie beziehen sich überwiegend auf regelmäßige Wartungsarbeiten und Reparaturen von eingetretenen Schäden. Inwieweit hier tatsächlich werterhöhende Maßnahmen vorliegen, ist nicht substantiiert dargetan. Auch eine „Generalsanierung“, wie sie der Kläger für sich reklamiert, kann den Rechnungen nicht und erst recht nicht dem Vortrag entnommen werden. Vielmehr wurde lediglich versucht, das Fahrzeug fahrtüchtig und TÜV-tauglich zu halten. Es erklärt sich auch nicht die Diskrepanz des Wiederbeschaffungswertes, den der Dekra-Gutachter mit 1.500 € ermittelt hat zu den gutachterlich festgestellten Werten von 5.500 € und 6.000 €. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch ein Mindestschaden nicht bestimmen.
g) Die Kosten für die Begutachtung des Fahrzeugs zur Zulassung als Oldtimer Anfang 2019 stehen, wie auch der Kläger selbst zutreffend ausführt, in keinem Zusammenhang mit dem Unfall. Soweit sich die Kosten im Nachhinein wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs mit dem Unfall als nutzlos erweisen, begründet dies gleichwohl keinen Haftungszusammenhang im Sinne der rechtlichen Kausalität.
h) Erstattungsfähig sind allerdings die Verbringungskosten von 252,80 €. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, er habe das Fahrzeug zur Klärung der Angelegenheit zunächst verwahren wollen. Dazu habe ihm der Geschäftsführer der A... Landtechnik GmbH eine kostenlose Abstellmöglichkeit bis zum 31.03.2020 angeboten und lediglich die Verbringungskosten von der Bergungsfirma Autocenter J... GmbH auf das Betriebsgelände € mit 252,80 € berechnet. Diese Kosten sind erstattungsfähig. Denn es entspricht der Schadensminderungspflicht, das Fahrzeug möglichst kostengünstig für die Zeit der Beweissicherung und Entscheidung über die Verwertung unterzustellen. Da bei der Bergungsfirma - wie aus deren Rechnung ersichtlich - Tagesstandkosten von 10 € anfallen, die offenbar auch üblich sind, ist die Vorgehensweise bei den geringen Überführungskosten nicht zu beanstanden. Denn ein Zeitraum von rd. 25 Tagen (bei 10 € Standkosten/Tag) liegt innerhalb der zu erwartenden Standzeit.
i) Schließlich besteht kein Anspruch auf Ersatz der Standkosten von 6.487,20 €. Grundsätzlich ist es anerkannt, dass die Kosten für die Verwahrung des Unfallfahrzeuges im Rahmen des Schadensersatzes nach § 249 BGB ersatzfähig sind. Allerdings gilt dies unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht, § 254 BGB, nur in dem zeitlichen Umfang, der für die Prüfung der Art der zu wählenden Schadensbeseitigung und für die Beweissicherung durch Erstellung eines Gutachtens erforderlich ist. Dazu kommen ggf. Zeiten für eine Nachbegutachtung durch den Unfallgegner. Nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens hat der Geschädigte im Falle eines Totalschadens das Fahrzeug zu verwerten oder einer anderweitigen Nutzung zuzuführen (vgl. OLG München, NJW-RR 2022, 31 Rn. 26, beck-online).
Dies gilt erst recht, wenn wie hier der Kläger nicht darauf hinweist, dass weitere Standkosten auflaufen. In seinem Schreiben vom 13.03.2020 hat er vielmehr auf die kostenlose Unterstellmöglichkeit „auf seinem Grundstück“ verwiesen, obwohl diese Möglichkeit nach seinem Vortrag nur bis zum 31.03.2020 tatsächlich bestand. Jedenfalls war der Zeitraum vom Unfall am 19.11.2019 bis zum 31.03.2020 ausreichend für eine Beweissicherung durch Sachverständigengutachten, als auch zur Entscheidung über die weitere Verwertung. Das Verhalten der Beklagten ist hierbei auch nicht treuwidrig. Es bleibt ihnen vielmehr unbenommen, den Unfallhergang zu bestreiten. Der Kläger hat es dabei in der Hand, durch eine ohnehin notwendige Begutachtung durch einen Sachverständigen und umfassende Fotodokumentation die ggf. erforderlichen Beweise zu sichern.
Danach ergeben sich folgende erstattungsfähige Positionen:
Abmeldekosten 112,00 €
Abschleppkosten 214,20 €
Display 89,90 €
Pauschale 20,00 €
Nutzungsausfall 0,00 €
Schmerzensgeld 300,00 €
Verbringungskosten 252,80 €
Summe 988,90 €
3. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 284, 288 Abs. 1 BGB.
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 96, 97 Abs. 1, 344, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.