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Entscheidung 11 U 66/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 11. Zivilsenat Entscheidungsdatum 13.10.2023
Aktenzeichen 11 U 66/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:1013.11U66.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 21.02.2023, Az. 15 O 345/22, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 13.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit von Prämienanpassungen im Rahmen einer privaten Krankenversicherung und sich daraus ergebende Ansprüche auf Rückerstattung sowie Herausgabe von Nutzungen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist vollumfänglich unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Berufungsgründe sind nicht gegeben; weder beruht das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere - für den Kläger günstige(re) - Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht entrichteter, überhöhter Prämienzahlungen noch auf Feststellung der Unwirksamkeit der in Rede stehenden Beitragsanpassungen. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beitragsanpassungen, soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, in materieller Hinsicht ordnungsgemäß erfolgten, der Kläger die angegriffenen Beitragszahlungen mithin mit Rechtsgrundgrund im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB leistete.

Im Einzelnen:

1.

Nach dem Sach- und Streitstand zum Schluss der mündlichen Verhandlung ist zugrunde zu legen, dass die materiellen Voraussetzungen der jeweiligen Beitragsanpassung in 2015, 2017, 2018, 2019 und 2021 - die formelle Wirksamkeit der Anpassungen zieht der Kläger mit der Berufung nicht länger in Zweifel - vorgelegen haben.

a)

Dabei ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das Bestreiten des Klägers, wonach dem Treuhänder die maßgeblichen Unterlagen nicht vollständig vorgelegen haben sollen, der Klage nicht zum Erfolg verhelfen kann.

Denn einerseits entbehren die streitigen Behauptungen des Klägers jeglicher, objektiver Anhaltspunkte. Zwar hat er im Ansatz zutreffend ausgeführt, dass ein Klagevortrag bereits dann schlüssig und erheblich ist, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Dabei darf er auch von ihm nur vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn er mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben kann. Das gilt insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat. Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei aber dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (st. Rspr. BGH, z.B. Beschl. v. 10.01.2023 - VIII ZR 9/21, Rn. 14 f., juris, m.w.N.). Die bloße Vermutung ins Blaue hinein liegt hier schon deshalb auf der Hand, weil der Kläger dem Vortrag der Beklagten, wonach weder er noch seine Klägervertreter die fraglichen Treuhänderunterlagen jemals gesichtet haben, nicht entgegengetreten ist (zu einem offenbar ähnlichen Sachverhalt: OLG Köln, Beschl. v. 16.12.2022 - 20 U 53/22; s.a. LG München, Urt. v. 10.03.2023 - 12 O 6308/22, Rn. 57 ff., juris). Die ebenso pauschale wie nichtssagende Behauptung, dass er seine „substanziellen Zweifel“, dass das Prüfverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, aus „ihm bekannten Unterlagen“ ableite, ist vor diesem Hintergrund unsubstantiiert und unbeachtlich.

b)

Ohnehin aber unterliegen die Prüfvorgänge des eingesetzten Treuhänders andererseits nicht der isolierten zivilgerichtlichen Kontrolle.

Nach § 203 Abs. 2 VVG ist der Versicherer bei einem Versicherungsverhältnis, in welchem sein ordentliches Kündigungsrecht ausgeschlossen ist, bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage (§ 203 Abs. 2 Satz 3 VVG) berechtigt, die Prämien entsprechend den berichtigten Rechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat. Grundlage der Prämienänderung sowie ihrer Überprüfung und Zustimmung durch den Treuhänder sind die Vorschriften der §§ 12 b, 12 c VAG a.F. i.V.m. der Kalkulationsverordnung (KaIV / Verordnung über die versicherungsmathematischen Methoden zur Prämienkalkulation und zur Berechnung der Alterungsrückstellung in der privaten Krankenversicherung vom 18.11.1996; BGBl. I S. 1783), bzw. §§ 155, 160 VAG i.V.m. der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung (KVAV / Verordnung betreffend die Aufsicht über die Geschäftstätigkeit in der privaten Krankenversicherung vom 18.04.2016). Damit wird dem Versicherer unabhängig von einer vertraglichen Anpassungsklausel ein gesetzliches Anpassungsrecht eingeräumt, dessen nähere Voraussetzungen sich aus dem Aufsichtsrecht ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.2004 – IV ZR 117/02, Rn. 10, juris [noch zu § 178 g Abs. 2 VVG a.F.]). In einem gerichtlichen Verfahren über die Beitragsanpassung hat grundsätzlich der Versicherer darzulegen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen der vorgenannten Rechtsvorschriften für die erhöhte Prämie vorliegen. Da hierin die einseitige Bestimmung einer Hauptleistungspflicht durch den Versicherer liegt, der Versicherungsnehmer mithin von einer gesetzlichen Einschränkung der Vertragsfreiheit betroffen ist, ist diesem ein wirkungsvoller Rechtsschutz zu gewähren, was die umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes voraussetzt. Aus diesem Grunde unterliegen die Prämienanpassungen im Individualprozess in sachlicher Hinsicht einer wirkungsvollen richterlichen Kontrolle auf Veranlassung des einzelnen Versicherungsnehmers, die grundsätzlich durch eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung durch die Zivilgerichte anhand der maßgeblichen privatrechtlichen Normen zu gewährleisten ist (vgl. BGH, Urt. v. 09.12.2015 – IV ZR 272/15, Rn. 21, juris; BGH, Urt. v. 16.06.2004 – IV ZR 117/02, Rn. 7; juris; Boetius in: Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2017, § 203 Rn. 904). Maßstab für die gerichtliche Prüfung ist, ob die Prämienanpassung nach aktuariellen Grundsätzen als mit den bestehenden Rechtsvorschriften und eventuell davon abweichenden wirksamen vertraglichen Bestimmungen in Einklang stehend anzusehen ist (§ 12 b Abs. 1 Satz 2 VAG a.F.; § 155 Abs. 1 Satz 2 VAG). Die danach vorzunehmende Kontrolle der Prämienerhöhung hat sich auf der Grundlage der dem Treuhänder vom Versicherer vorgelegten Unterlagen zunächst darauf zu erstrecken, ob die Anpassungsvoraussetzungen gegeben sind (§§ 12 b Abs. 2 Satz 2 VAG a.F.; § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG). Ist das der Fall, ist der Umfang der Prämienerhöhung zu überprüfen (BGH, Urt. v. 16.06.2004 – IV ZR 117/02, Rn. 15, juris). Die Überprüfung erfolgt hinsichtlich des Vorliegens der Anpassungsvoraussetzungen und sodann hinsichtlich der vom Versicherer vorgenommenen Neuberechnung der Prämie zunächst anhand der ins Einzelne gehenden engen und verbindlichen materiellen Vorgaben und umfasst schließlich auch die sog. Limitierungsmaßnahmen. Steht die Neuberechnung der Prämie nach aktuariellen Grundsätzen mit den bestehenden Rechtsvorschriften bzw. maßgeblichen vertraglichen Bestimmungen in Einklang, so hat der Treuhänder die ihm obliegende Zustimmung zu erteilen (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.2004 – IV ZR 117/02, Rn. 13 juris). Die gerichtliche Überprüfung ist dabei auf diejenigen Unterlagen beschränkt, die der Versicherer dem Treuhänder zur Prüfung gemäß §§ 12 b VAG a.F., 15 KaIV a.F. bzw. § 155 VAG, § 17 KVAV vorgelegt hat. Denn nur darauf gründet sich die für die Wirksamkeit der Erhöhung erforderliche Zustimmung des Treuhänders. Aus diesen Unterlagen müssen sich die Voraussetzungen und der Umfang der vorgenommenen Anpassung für den Sachverständigen nachvollziehbar und in tatsächlicher Hinsicht belegt ergeben. Soweit dies nicht der Fall ist, fehlt es (ganz oder teilweise) schon mangels entsprechender Unterlagen an der Berechtigung des Versicherers zur Prämienerhöhung. Der Versicherer kann dem grundsätzlich nicht dadurch entgehen, dass er im Prozess weitere oder neue Unterlagen beibringt oder mit einer anderen Berechnungsmethode belegt, dass die Erhöhung im Ergebnis doch berechtigt ist. Allenfalls bei geringen offensichtlichen Unvollständigkeiten im Rechenwerk oder in den statistischen Nachweisen kann eine spätere Nachbesserung in Betracht kommen. Das Zustimmungserfordernis des Treuhänders aus § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG erfüllt daher auch eine Filterfunktion, denn es beschränkt auch die Möglichkeiten des Versicherers, die Berechtigung der Prämienerhöhung durch das Nachschieben von Unterlagen im Prozess darlegen zu können (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.2004 – IV ZR 117/02, Rn. 15 f. und 25, juris; BGH, Urt. v. 19.12.2018 – IV ZR 255/17, Rn. 54, juris; zusammenfassend: OLG Nürnberg, Beschl. v. 07.03.2023 - 8 U 3056/22, Rn. 20, juris).

Ausgehend von diesen Vorgaben ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits erstinstanzlich die grundsätzliche Richtigkeit der den Beitragsanpassungen zugrundeliegenden Kalkulationen bzw. die technischen Berechnungen im Sinne des § 155 Abs. 1 VAG, insbesondere die Richtigkeit der Beitragskalkulation, der auslösenden Faktoren und der Neuprämie, nicht bestreitet. Seitens des Klägers wird auch nicht gerügt, dass das Landgericht ein versicherungsmathematisches Gutachten hätte einholen müssen; im Gegenteil geht er sogar davon aus, dass eine Überprüfung ohne weiteres auch ohne versicherungsmathematische Spezialkenntnisse möglich sei. Das Erstgericht hat vor diesem Hintergrund zu Recht von einer Beweiserhebung mittels eines entsprechenden Gutachtens abgesehen. Die auf die (Un-)Vollständigkeit der dem Treuhänder vorgelegten Unterlagen bezogenen Rügen waren ohne rechtliche Bedeutung, weswegen es hinsichtlich der erstinstanzlichen Bewertung der materiellen Rechtmäßigkeit der angegriffenen Beitragsanpassungen sein Bewenden haben muss (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 07.03.2023 - 8 U 3056/22, Rn. 30, juris; Hanseatisches OLG Bremen, Beschl. v. 28.03.2023 - 3 U 26/22, Rn. 57, juris), denn die Frage nach der Erforderlichkeit der dem Treuhänder für eine sachgerechte Prüfung zu übergebenden Unterlagen lässt sich nicht losgelöst von der Richtigkeit der Beitragskalkulation beantworten (OLG Nürnberg, Beschl. v. 07.03.2023 - 8 U 3056/22, Rn. 27, juris; Hanseatisches OLG Bremen, Beschl. v. 28.03.2023 - 3 U 26/22, Rn. 57, juris). Vielmehr ist die Frage, welche Unterlagen die konkrete Prüfung des Treuhänders tatsächlich unterstützen, unter Berücksichtigung des normativen und der Bewertung des Treuhänders unterliegenden Begriffs der Erforderlichkeit im jeweiligen Einzelfall zu klären; diese können sich von Versicherer zu Versicherer und auch innerhalb desselben Unternehmens von Tarif zu Tarif unterscheiden (vgl. hierzu Franz/Püttgen, VersR 2022, 1, 19; OLG Nürnberg, Beschl. v. 07.03.2023 - 8 U 3056/22, Rn. 26, juris; s.a. OLG Dresden, Vfg. v. 19.01.2023 - 6 U 1968/22).

Die Vollständigkeit der dem Treuhänder seitens der beklagten Versicherung übergebenen Unterlagen betrifft genau genommen nicht die materielle Rechtmäßigkeit, sondern das hierfür vorgesehene Verfahren. Dem Landgericht ist demnach – anders als der Kläger meint – ein Gehörsverstoß mit Blick auf die Frage, welche Unterlagen dem Treuhänder vorgelegen haben, nicht vorzuwerfen.

Soweit es die in § 155 Abs. 2 VAG (bzw. § 12 b Abs. 2 VAG a.F.) gesondert geregelte Verwendung der (erfolgsunabhängigen und erfolgsabhängigen) RfB-Mittel betrifft, die der Zustimmung des Treuhänders bedürfen, heißt es demgegenüber lediglich, dass dieser darauf zu achten habe, dass die in der Satzung und den Versicherungsbedingungen bestimmten Voraussetzungen erfüllt und die Belange der Versicherten ausreichend gewahrt sind (vgl. Hierzu auch Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 21.02.2023 – 16 U 139/19, Rn. 69 ff., juris). Der Umstand, ob dem Treuhänder die erforderlichen Unterlagen vollständig vorgelegt worden sind, betrifft demnach nicht die formelle oder materielle Wirksamkeit der Beitragsanpassung als solche (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, a.a.O., Rn. 71, juris). Dieser Umstand und die daraus resultierende Folgefrage, ob nämlich der Treuhänder auf der Grundlage der – vollständig oder nicht – vorgelegten Unterlagen seine tatsächlich erteilte Zustimmung hätte erteilen dürfen, ist vielmehr Teil der aufsichtsrechtlichen Aufgaben des Treuhänders. Diese zu überprüfen ist aber nicht Sache der Zivilgerichte, sondern der Aufsichtsbehörde (vgl. mit überzeugender Begründung OLG Nürnberg, Beschl. v. 05.06.2023 – 8 U 3284/22, BeckRS 2023, 12283 Rn. 44). Zwar macht § 203 Abs. 2 S. 1 VVG die Berechtigung des Versicherers zur Neufestsetzung der Prämie davon abhängig, dass der zustimmende Treuhänder die „technischen Berechnungsgrundlagen“ überprüft hat. Allein deren Unvollständigkeit als solche vermittelt dem Versicherungsnehmer nach zutreffender Auffassung des OLG Nürnberg, der der Senat folgt, aber keine Befugnis, die Wirksamkeit der Prämienanpassung mit Erfolg zu beanstanden. Der Wortlaut des § 203 VVG gibt insoweit keinen Aufschluss darüber, ob sich der Versicherungsnehmer im Prämienanpassungsstreit mit Erfolg auf die Unvollständigkeit der Treuhänderunterlagen berufen kann. § 203 Abs. 2 S. 1 VVG verlangt lediglich, dass die Unterlagen den Treuhänder in die Lage versetzen müssen, die Beitragsanpassung nach Maßgabe des in § 203 Abs. 2 S. 4 VVG in Verbindung mit § 155 VAG vorgeschriebenen Verfahrens zu überprüfen. Rechtssystematische Erwägungen und die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung sprechen jedenfalls nicht dafür, dass der Versicherungsnehmer die Wirksamkeit der Prämienanpassung allein mit der behaupteten Unvollständigkeit der Treuhänderunterlagen angreifen könnte (vgl. OLG Nürnberg, a.a.O. unter Hinweis auf OLG Hamm, Hinweisbeschl. v. 12.05.2023 – 20 U 7/23). Der Senat schließt sich insoweit der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung an, wonach die Zivilgerichte jedenfalls den Treuhändervorgang an sich nicht zu überprüfen haben.

Soweit der Kläger bereits in seiner Klageschrift bestritten hatte, dass aus den dem Treuhänder übergebenen Unterlagen die durchschnittliche Altersverteilung der von der Verteilung der Limitierungsmittel betroffenen Tarife erkennbar gewesen sei und worauf sich der Kläger in seiner Berufungsbegründung augenscheinlich bezieht, verfängt auch dies nicht. Eine Kontrolle, die sich auf eine „Ausbalancierung“ der Limitierungsmaßnahmen über alle in einem Jahr anzupassenden Tarife hinweg zu erstrecken hätte und die der Versicherer – bei Strafe der Unwirksamkeit sämtlicher Beitragsanpassungen eines jeweiligen Jahres – durch ein verschriftlichtes Limitierungskonzept oder eine anderweitige ausführliche Dokumentation seiner jeweiligen tarifbezogenen Motivation zu ermöglichen hätte und ein damit verbundener Überprüfungsauftrag hinsichtlich der Angemessenheit der Verteilung auf die Versichertenbestände insgesamt durch den Treuhänder, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Insbesondere § 155 Abs. 2 S. 2, 3 VAG räumt dem Treuhänder ein eigenständiges Ermessen nicht ein. Von der Forderung eines Limitierungskonzeptes, einer Dokumentation oder auch nur eines ausführlichen Prüfvermerks des Treuhänders sind Expertenkommission und Gesetzgeber schon bei ihren Überlegungen weit entfernt gewesen; Anklang im Gesetz haben sie erst recht nicht gefunden (vgl. hierzu insgesamt und mit weiteren Nachweisen Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, a.a.O., Rn. 87, juris). Auch insoweit teilt der Senat die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung, wonach seitens des Klägers weder ein Bestreiten der ordnungsgemäßen Limitierung noch diesbezüglich eine Ermessensüberschreitung zu entnehmen ist.

Ohne Erfolg bezieht sich der Kläger in seiner Berufungsbegründung überdies auf obergerichtliche Verfügungen und Entscheidungen, die der Argumentation des Landgerichts im Streitfall vermeintlich entgegenstünden. Ob und inwieweit der dortige Sachvortrag dem hiesigen Sachvortrag vergleichbar ist, ist nicht ersichtlich.

2.

Im Übrigen teilt der Senat die in der einschlägigen, obergerichtlichen Rechtsprechung aufgeworfenen Bedenken, wonach auch im Streitfall – folgte man der klägerischen Argumentation - die Gefahr einer Störung des Äquivalenzverhältnisses zu besorgen wäre, wenn eine Anpassung auch bei Vorliegen der materiellen Anpassungsvoraussetzungen für unwirksam erklärt würde, obwohl der Treuhänder seine Zustimmung auch bei Vorlage der vollständigen Unterlagen hätte erteilen müssen und sich demnach eine Unvollständigkeit also gar nicht ausgewirkt hätte. Angemerkt sei, dass die Frage, welche Unterlagen dem Treuhänder zur Verfügung gestellt worden sind, damit auch im zivilgerichtlichen Verfahren über die Wirksamkeit von Beitragsanpassungen keineswegs gänzlich ohne Relevanz ist (OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 44). Denn die Einbindung des Treuhänders beschränkt - worauf auch der Bundesgerichtshof abgestellt hat (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2018 – IV ZR 255/17, juris Rn. 54) - insbesondere die Möglichkeiten des Versicherers, die Berechtigung der Prämienerhöhung durch das Nachschieben von Unterlagen im Prozess darlegen zu können, weil nur die Unterlagen, die der Versicherer dem Treuhänder zur Prüfung vorgelegt hat, Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind. Dies bedeutet, dass dann, wenn der Versicherungsnehmer bestreitet, dass eine die Anpassung tragende – also richtige – versicherungsmathematische Berechnung vorliegt, die Überprüfung der Berechnung durch einen gerichtlichen Sachverständigen grundsätzlich nur auf der Grundlage der Unterlagen zu erfolgen hätte, die dem Treuhänder vorgelegt worden sind (vgl. OLG Nürnberg, a.a.O. unter Hinweis auf OLG Köln, Urt. v. 10.02.2023 – 20 U 355/22 und OLG Bamberg, Urt. v. 06.04.2023 – 1 U 299/22).

3.

Mangels Anspruch in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf die als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen, Nutzungen und auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

III.

Die Kostengrundentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Die Revision war in Ermangelung der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG nicht zuzulassen. Die entscheidenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt; der Senat weicht hiervon nicht ab, sondern subsumiert den Sach- und Streitstand des vorliegenden Einzelfalls im Lichte dieser Rechtsprechung.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren war auf bis zu 13.000,00 EUR festzusetzen. Hier war zunächst der Berufungsantrag zu 2, der auf Rückzahlung in Höhe von 7.171,30 EUR gerichtet ist, maßgeblich. Für die Feststellung der künftigen Nichtleistungspflicht ist grundsätzlich gemäß § 9 ZPO analog ein Zeitraum von 3,5 Jahren ab Anhängigkeit des Feststellungsantrags am 10.06.2022 zugrunde zu legen; eine Kürzung ist vorzunehmen, soweit sich der Feststellungsantrag mit dem Antrag auf Rückzahlung der Prämienanteile überschneidet (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2021 - IV ZR 353/19, Rn. 37). Dies Betrifft vorliegend die Monate Juni 2022 bis Juli 2023 (= 14 Monate). Der Streitwert erhöht sich damit um 4.522,00 EUR (28 Monate x 161,50 EUR).