Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 10. Kammer | Entscheidungsdatum | 27.07.2023 | |
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Aktenzeichen | 10 Sa 871/21 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2023:0727.10SA871.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 615 BGB |
Wenn sich ein Arbeitnehmer während des Annahmeverzugs bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend meldet und den Vermittlungsangeboten konkret nachgeht, kann ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs nicht mehr angenommen werden.
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. Mai 2021 – 6 Ca 1054/20 teilweise abgeändert.
1.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 30. April 2021 fortbestanden hat.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
o (für Juli 2020) 2.300 EUR brutto abzüglich 1.284,90 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem ab dem 1. Oktober 2020 zu zahlen.
o (für August 2020) 2.300 EUR brutto abzüglich 1.284,90 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem ab dem 1. Oktober 2020 zu zahlen.
o (für September 2020) 2.300 EUR brutto abzüglich 1.284,90 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 11. Oktober 2020 zu zahlen.
o (für Oktober 2020) 2.300 EUR brutto abzüglich 1.284,90 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 11. November 2020 zu zahlen.
o (für November 2020) 2.300 EUR brutto abzüglich 1.284,90 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 11. Dezember 2020 zu zahlen.
o (für Dezember 2020) 2.300 EUR brutto abzüglich 1.284,90 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 11. Januar 2021 zu zahlen.
o (für Januar 2021) 2.300 EUR brutto abzüglich 1.301,10 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 11. Februar 2021 zu zahlen.
o (für Februar 2021) 2.300 EUR brutto abzüglich 1.301,10 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 11. März 2021 zu zahlen.
o (für März 2021) 2.300 EUR brutto abzüglich 1.301,10 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 11. April 2021 zu zahlen.
o (für April 2021) 2.300 EUR brutto abzüglich 1.301,10 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 11. Mai 2021 zu zahlen.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.431,98 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 1. August 2021 zu zahlen.
4.
Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III.
Der Gebührenwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.418,18 EUR festgesetzt.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in der Zeit vom 1. Juni 2020 bis 30. April 2021 sowie daraus resultierende Ansprüche auf Vergütung sowie Ansprüche auf Urlaubsabgeltung nebst Zinsen.
Der Kläger ist 61 Jahre alt (geb. …) und war bei der Beklagten mit einer anerkannten Betriebszugehörigkeit seit dem 2. Oktober 2003 zunächst als Einrichtungsberater und später als Hausleiter zu einem Bruttogrundgehalt von monatlich zuletzt 2.300,00 EUR beschäftigt. In dem unter dem 15. Mai 2019 letzten zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag hatten diese unter § 7 Nr. 2 vereinbart, dass der Kläger von der Beklagten einen Dienstwagen im Wert von 35.000,- € (Bruttolistenpreis) erhalte.
Die Beklagte betrieb bis Ende Mai 2020 in Frankfurt (Oder), A Straße seit vielen Jahren ein gut eingeführtes und regional bekanntes Einrichtungshaus mit zuletzt 21 Beschäftigten.
Ende 2019 entschied sich die Beklagte, den Betrieb des Einrichtungshauses zum 31. Mai 2020 aufzugeben und an die B Unternehmensgruppe zu veräußern. Für die Unternehmensgruppe der Erwerberin trat hierbei die B Immobilien GmbH auf, die das Betriebsgrundstück A Straße vom Gesellschafter der Beklagten erwarb und zusagte im Zuge der Betriebsfortführung auch alle Mitarbeiter der Beklagten weiter zu beschäftigen. Die B Gruppe gründete in der Folge, ohne Kenntnis der Beklagten, für den tatsächlichen Betrieb des Einrichtungshauses offenbar eine eigene Gesellschaft, die C GmbH Co. KG. Soweit ersichtlich erfolgte die Eintragung dieser Firma im Handelsregister beim Amtsgericht Göttingen am 27. April 2020.
Die Beklagte unterrichtete mit Schreiben vom 25. März 2020 alle Mitarbeiter einschließlich des Klägers gemäß § 613 a BGB über einen anstehenden Betriebsübergang auf die B Immobilien GmbH. Dieses Schreiben ist dem Kläger am 27. März 2020 zugegangen. Auch in den regionalen Medien wurde die Übernahme des Einrichtungshauses ab Februar 2020 kommuniziert.
Unter dem 19. Mai 2020 schloss der Kläger mit der C GmbH Co. KG einen Arbeitsvertrag, wonach er ab dem 1. Juni 2020 in dem Frankfurter Möbelhaus als Möbelverkäufer mit einer 6-monatigen Probezeit und 2.000 EUR brutto tätig werden sollte. Dieses Arbeitsverhältnis kündigte die C GmbH Co. KG bereits vor dessen Beginn mit Schreiben vom 25. Mai 2020 zum 17. Juni 2020. In dem folgenden Kündigungsrechtstreit vereinbarte die C GmbH Co. KG mit dem Kläger insbesondere, dass das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2020 geendet habe und der Kläger eine Abfindung von 10.000 EUR brutto erhalte. In Ziffer 1 des Vergleiches haben die Parteien des dortigen Rechtsstreits vereinbart:
„Die Parteien sind sich darüber einig, dass ihr Arbeitsverhältnis durch den am 19. Mai 2020 abgeschlossenen Arbeitsvertrag begründet worden ist und nicht im Wege eines Betriebsübergangs.“
Mit einem an das Büro der Beklagten in Guben gerichteten anwaltlichen Schreiben vom 23. Juli 2020 teilte der Kläger der Beklagten u.a. mit, dass die B Immobilien GmbH wie der Beklagten bekannt sei, das Vorliegen eines Betriebsübergangs bestreite und der Kläger rein vorsorglich gemäß § 613a Abs. 6 BGB dem Übergang des mit der Beklagten begründeten Arbeitsverhältnisses widerspreche. Zugleich machte der Kläger Vergütungsansprüche geltend und bot seine Arbeitskraft an.
Unter dem 16. September 2020 erhielt der Kläger ein Arbeitsangebot von der Arbeitsagentur. Es betraf die Tätigkeit als Abteilungsleiter bei der B Einrichtungsmärkte GmbH in Frankfurt (Oder), frühestens zum 1. November 2020. Nach Rücksprache mit der Arbeitsagentur bestätigte Frau D, dass der Kläger sich aufgrund des vorher bestehenden und dann gekündigten Arbeitsverhältnisses dort nicht bewerben müsse.
Mit Schreiben vom 28. Oktober 2020 kündigte die Beklagte vorsorglich ein etwaiges Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich zum 30. April 2021. Gegen diese Kündigung erhob der Kläger keine Einwände.
Der Kläger ist der Rechtsauffassung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht kraft Gesetzes durch einen Betriebsübergang geendet habe. Der Widerspruch vom 23. Juli 2020 sei mangels zuvor erfolgter richtiger Unterrichtung wirksam. Zumindest ab Juli 2020 schulde die Beklagte auch die vertraglich mit dem Kläger vereinbarte Vergütung.
Die Beklagte meinte, dass das Unterrichtungsschreiben vom 25. März 2020 nicht zu beanstanden gewesen sei. Sie habe erstinstanzlich detailliert zu der Fortführung des Betriebes durch die betriebsübernehmenden Gesellschaften der B-Gruppe vorgetragen. Es liege ein sogenannter Kettenbetriebsübergang vor. Deshalb sei der Widerspruch vom 23. Juli 2020 verfristet. Zumindest sei der Widerspruch treuwidrig, da der Kläger durch den Vergleichsschluss mit der C GmbH Co. KG sein Widerspruchsrecht verwirkt habe. Die Höhe der Abfindung zeige auf, dass das Risiko eines Betriebsübergangs habe damit abgegolten werden sollen.
Selbst wenn der Kläger noch Vergütungsansprüche gegenüber der Beklagten besitzen sollte, sei die Abfindung als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und damit für die entgangene weitere Vergütung anzurechnen. Es handele sich um einen anderweitigen Erwerb gemäß § 615 Satz 2 BGB. Auch habe der Kläger es böswillig unterlassen, einen anderweitigen Erwerb zu erzielen. Die Behauptung des Klägers, die Agentur für Arbeit habe ihm im gesamten Zeitraum von Juni 2020 bis April 2021 nur einen Vermittlungsvorschlag zugesandt, sei schlicht unglaubwürdig, wenn tatsächlich Arbeitsfähigkeit und Arbeitsbereitschaft seitens des Klägers bestanden haben sollte.
Mit Urteil vom 26. Mai 2021 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei zum 31. Mai 2020 durch den Betriebsübergang auf die B Immobilien GmbH beendet worden. Der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 23. Juli 2020 erklärte Widerspruch gegen den Betriebsübergang gemäß § 613 a Abs. 6 BGB sei formell nicht wirksam. Darüber hinaus sei ein etwaiges Widerspruchsrecht des Klägers jedenfalls durch Verwirkung erloschen, da der Kläger durch Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung mit Abfindungszahlung mit der der nachfolgenden Betriebsübernehmerin über sein Arbeitsverhältnis abschließend disponiert habe. Da das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 31. Mai 2020 erloschen sei, stünden dem Kläger auch nicht die weiter geltend gemachten Zahlungsansprüche zu.
In der rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung hat der Kläger ausgeführt, dass das Arbeitsgericht den klägerischen Sachvortrag ignoriert habe. Tatsächlich sei vom Kläger das Vorliegen eines Betriebsübergangs stets bestritten worden. Der Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsübergang sei offensichtlich nicht verfristet im Sinne von § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB, da das Mitteilungsschreiben der Beklagten vom 25. März 2020 in völligem Widerspruch zu den Geschehensabläufen nach dem 31. Mai 2020 stehe. Insbesondere habe die B-Immobilien GmbH den Betrieb des Kaufhauses nicht zum 1. Juni 2020 übernommen und auch zu keinem anderen Zeitpunkt irgendeinen Kaufhausbetrieb geführt. Das Widerspruchsrecht des Klägers sei auch nicht verwirkt. Eine Verwirkung durch den Vergleichsschluss mit der C GmbH & Co.KG könne nur angenommen werden, wenn es einen Betriebsübergang von der Beklagten auf die C GmbH & Co.KG gegeben hätte. Ein solcher sei jedoch weder dargelegt noch vom Arbeitsgericht festgestellt worden. Der Beklagten sei der Kündigungsschutz-Prozess des Klägers gegen die C GmbH & CO. KG und der abgeschlossene Gerichtsvergleich vollkommen unbekannt gewesen, bevor sie das Forderungsschreiben des Klägers vom 23. Juli 2020 erhalten habe. Deshalb habe aus dem Vergleichsabschluss schon kein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten erwachsen können. Dem Kläger stehe deshalb der Verzugslohn vom 1. Juli 2020 bis 30. April 2021 sowie die Abgeltung des noch offenen Urlaubs im Umfang von 22,91 Tagen zu.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. Mai 2021 – 6 Ca 1054/20 – abzuändern und
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 30. April 2021 fortbestanden hat;
2.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 23.000,00 € brutto abzüglich 12.913,80 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins auf
o 3.045,30 € ab dem 01.10.2020
o 1.015,10 € ab dem 01.11.2020
o 1.015,10 € ab dem 01.12.2020
o 1.015,10 € ab dem 01.01.2021
o 998,90 € ab dem 01.02.2021
o 998,90 € ab dem 01.03.2021
o 998,90 € ab dem 01.04.2021
o 998,90 € ab dem 01.05.2021
zu zahlen.
3.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 2.431,98 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 1. August 2021 zu zahlen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte entgegnet, dass der Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsübergang unbeachtlich sei. Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei gemäß § 613 a BGB durch einen Betriebsübergang zum Ablauf des 31. Mai 2020 beendet worden. Der Kläger habe sein Widerspruchsrecht gemäß § 613 a Abs. 6 BGB nicht fristgerecht ausgeübt. Darüber hinaus sei ein etwaiges verbliebenes Widerspruchsrecht des Klägers durch diesen verwirkt worden. Das Arbeitsverhältnis des Klägers sei im Wege eines sogenannten Kettenbetriebsüberganges von der Beklagten auf die B Immobilien GmbH und schließlich die C GmbH Co. KG übergegangen. Die Beklagte habe den Kläger durch ihr Schreiben vom 25. März 2020 ordnungsgemäß über den anstehenden Betriebsübergang informiert. Die offenbar im Laufe des Mai 2020 vollzogene Auswechselung der betriebsübernehmenden Gesellschaft von der B Immobilien GmbH zur C GmbH Co. KG sei der Beklagten weder zum Zeitpunkt des Informationsschreibens noch zum Zeitpunkt des Vollzugs des Betriebsüberganges zum 31. Mai 2020 bekannt gewesen. Die C GmbH Co. KG sei erst am 27. April 2020 im Handelsregister eingetragen worden. In Presseveröffentlichungen sei kommuniziert worden, dass nach notwendigen Umbaumaßnahmen und bedingt durch die Corona-Pandemie eine Neueröffnung des Möbelhauses für die 1. Hälfte des Jahres 2021 geplant sei.
Selbst wenn die Beklagte noch vor dem Betriebsübergang von dieser Eintragung erfahren hätte, hätte es für sie keine Anhaltspunkte gegeben, dass diese Gesellschaft nun den Betrieb fortführen sollte, zumal die Eintragung nicht im Handelsregister in Frankfurt (Oder), sondern beim Amtsgericht Göttingen erfolgt sei. Zu Recht habe das Arbeitsgericht auch etwaige rechtliche Einwände des Klägers gegen den Eintritt des Betriebsüberganges unberücksichtigt gelassen. Auch in der Berufungsbegründung beschränke sich der Kläger auf ein unzulässiges Bestreiten des Betriebsüberganges mit Nichtwissen. Die Beklagte habe erstinstanzlich detailliert zu der Fortführung des Betriebes durch die betriebsübernehmenden Gesellschaften der B Gruppe vorgetragen. Die Übernahme des Hauses einschließlich der Belegschaft sei in der regionalen Presse sowohl von Seiten der Beklagten als auch der B Gruppe seit Anfang 2020 mehrfach bestätigt worden. Konkrete Einwände gegen die Tatsache eines Betriebsüberganges seien durch den Kläger nicht formuliert worden. Da der Kläger dem Betriebsübergang nicht innerhalb der Monatsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB nach Zugang des Informationsschreibens vom 25. März 2020 widersprochen habe, sei sein Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31. Mai 2020 endgültig von der Beklagten auf die B Immobilien GmbH und nachfolgend die E GmbH Co. KG übergegangen. Die Zahlungsanträge des Klägers seien unabhängig von der Frage des Betriebsüberganges unbegründet, da sich die Beklagte für den geltend gemachten Zeitraum nicht im Annahmeverzug gemäß § 615 Satz 1 BGB befunden habe.
Nachdem das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 16. Dezember 2021 den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis April 2021 festgestellt und dem Kläger teilweise die geltend gemachten Vergütungsansprüche zugesprochen hatte, hat das Bundesarbeitsgericht im Rahmen der zugelassenen Revision das Urteil des Landesarbeitsgerichts am 15. Dezember 2022 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
In der Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht zunächst ausgeführt, dass das LAG im Rahmen der vorhergehenden Entscheidung vom 16. Dezember 2021 nicht hinreichend geprüft habe, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers im Rahmen eines Kettenbetriebsübergangs zunächst von der Beklagten auf die (nach der Begrifflichkeit in der BAG-Entscheidung) P-Immobilien GmbH und sodann auf die P-Markt GmbH übergegangen sei. Der Umstand, dass die P-Immobilien GmbH das Möbelhaus nicht tatsächlich betrieben habe, genüge nicht, um den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf diese Gesellschaft - als Zwischenerwerberin - auszuschließen. Eine Stilllegung seitens der Beklagten liege nicht vor und während einer Unterbrechung der Betriebstätigkeit komme dem Kriterium der tatsächlichen Fortführung nur nachrangige Bedeutung zu. Es sei deshalb nicht ausgeschlossen, dass zunächst ein Betriebsübergang auf die P-Immobilien GmbH als Zwischenerwerberin stattgefunden habe.
Habe danach ein Kettenbetriebsübergang vorgelegen, könne der Arbeitnehmer dem durch den vorangegangenen Betriebsübergang eingetretenen Übergang seines Arbeitsverhältnisses (von der Beklagten auf die P-Immobilien GmbH) nur dann wirksam widersprechen, wenn er zuvor erfolgreich dem mit dem weiteren Betriebsübergang verbundenen Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen (aktuellen) Inhaber (von der P-Immobilien GmbH auf die P-Markt GmbH) widersprochen habe.
Wenn kein Betriebsübergang vorliege, habe der Kläger mit dem anwaltlichen Schreiben seine Arbeitskraft gegenüber der Beklagten wirksam angeboten. Denn mit dem Unterrichtungsschreiben habe die Beklagte deutlich gemacht, dass sie den Kläger nach dem 31. Mai 2020 nicht mehr beschäftigen werde. In diesem Fall genüge ein wörtliches Angebot der Arbeitskraft. Allerdings müsse das LAG dann klären, ob der Kläger, wie von der Beklagten behauptet böswillig anderweitigen Erwerb unterlassen habe und ob die Abfindung aus dem Rechtsstreit mit der P.- Markt, wie von der Beklagten behauptet, anzurechnen sei.
Wenn der Kläger Annahmeverzug beanspruchen könne, sei zu berücksichtigen, dass das anzurechnende Arbeitslosengeld erst ab dem 1. Januar 2021 mit 43,37 EUR täglich (= 1.301,10 EUR) zu berücksichtigen sei. Für die Zeit davor sei der Kläger von einem Anrechnungsbetrag von 1.284,90 EUR monatlich ausgegangen, obwohl es tatsächlich nur 1.276,20 EUR gewesen seien. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Vergütung arbeitsvertraglich jeweils erst zum 10. des Folgemonats fällig geworden sei.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 24. April 2023 hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die Beklagte zum tatsächlichen Geschehen bezüglich des Betriebsübergangs vorgetragen habe, dass die Betriebsübernehmerin „die dort vorhandenen Räumlichkeiten einschließlich der vorhandenen Kojen, Teppich- und Fliesenböden, Rasterdecken sowie Corletten und ergänzender Wartungsverträge zum 1. Juni 2020 von der Beklagten“ übernommen habe. Der Kläger habe zwar das Vorliegen eines Betriebsübergangs bestritten, nicht aber den Tatsachenvortrag der Beklagten dazu. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der neue Betreiber des Möbelhauses bereits im Februar 2020 kommuniziert habe, dass eine Übernahme des Hauses erfolgen werde, um so die Stammkundschaft zu erhalten. Darauf hat der Kläger dieses mit Nichtwissen bestritten, zugleich aber darauf hingewiesen, dass das auch nicht maßgeblich für den Betriebsübergang sei.
In dem Schreiben hatte das LAG weiter ausgeführt, dass beim Nichtvorliegen eines Betriebsübergangs das böswillige Unterlassen anderweitigen Erwerbs zu prüfen sei. Es käme darauf an, welche Bemühungen der Kläger hätte anstrengen müssen, um eine andere Tätigkeit aufzunehmen. Ein „böswilliges“ Unterlassen anderweitiger Bewerbungsbemühungen im Sinne des § 615 BGB sei eher nicht ersichtlich. Denn wenn es in einer Rechtsordnung eine staatliche Stelle zur Vermittlung von offenen Stellen an Arbeitssuchende gebe, dürfe es wohl ausreichend sein, wenn man diese Stelle zu derartigen Vermittlungen aufsuche und sich auf entsprechende Vorschläge auch bewerbe. Der Kläger sei hier wohl hinreichend auf die Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur eingegangen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung des Klägers vom 19. Juli 2021 und seine Schriftsätze vom 12. Oktober 2021, 6. Dezember 2021, 18 April 2023 und 5. Juni 2023 sowie den Inhalt der Berufungsbeantwortung der Beklagten vom 17. September 2021 und ihre Schriftsätze vom 25. November 2021, 14. April 2023 und 31. Mai 2023 sowie die Sitzungsprotokolle vom 16. Dezember 2021 und 27. Juli 2023 Bezug genommen.
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.
II.
Die auch im Zusammenhang mit der Klageerweiterung in der 2. Instanz zulässige Berufung (vgl. die Entscheidung des BAG im vorhergehenden Revisionsverfahren der Parteien, RN 35-37) des Klägers ist auch weit überwiegend begründet.
1.
Die Beklagte hat keinen Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB dargelegt. Dass die Beklagte dabei nach ihrem Vorbringen selbst von der B Unternehmensgruppe im Unklaren gelassen wurde, wer der Betreiber des Möbelhauses ab 1. Juni 2020 sein werde, ändert daran nichts.
§ 613a BGB setzt voraus, dass ein „Betrieb“ oder ein „Betriebsteil“ auf einen neuen Inhaber übergeht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist darunter der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit zu verstehen. Der Übergang eines Betriebs - verstanden als wirtschaftliche Einheit - ist anhand einer Gesamtabwägung verschiedener Teilaspekte festzustellen.
Dazu hat die Beklagte erstinstanzlich ausgeführt, dass die Betriebsübernehmerin „die dort [in dem Möbelhaus in der A Str.] vorhandenen Räumlichkeiten einschließlich der vorhandenen Kojen, Teppich- und Fliesenböden, Rasterdecken sowie Corletten und ergänzender Wartungsverträge zum 1. Juni 2020 von der Beklagten“ übernommen habe. Gleichzeitig habe die Betriebsübernehmerin die Hauptbelegschaft der Beklagten einschließlich des Klägers weiterbeschäftigt.
Damit hat die Beklagte nicht die erforderlichen Tatsachen zur Annahme eines Betriebsübergangs dargelegt. Der Betrieb der Beklagten war ein Möbelhaus. Um damit eine ihre Identität bewahrende wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit annehmen zu können, genügt es nicht, dass eine leere Gebäudehülle übernommen wird. Soweit sich dort noch Teppich- und Fliesenböden befanden, handelte es sich nicht um Ware des Möbelhauses, sondern um die im Gebäude verbauten bzw. verlegten Gegenstände. Das Gleiche gilt für die Rasterdecken. Bei den Kojen und den Corletten handelte es sich um Regalteile und Transportbehältnisse. Mit diesen Gegenständen konnte ein Übernehmer aber vielfältige Arten von Geschäft betreiben. Die Identität eines Möbelhauses wurde damit nicht bewahrt. Bezüglich der Wartungsverträge vermochte die Beklagte trotz des entsprechenden Hinweises in dem gerichtlichen Schreiben vom 24. April 2023 und ausdrücklicher Nachfrage im Kammertermin nicht näher auszuführen, um welche Art von Wartungsverträgen es sich gehandelt haben soll. So konnte auch nicht festgestellt werden, dass es möbelhausspezifische Wartungsverträge gewesen wären und nicht nur auf das Gebäude bezogene wie Strom, Gas und Wasser. Die Identität eines Möbelhauses wurde damit nicht bewahrt.
Auch wenn die B-Gruppe am selben Standort später wieder ein Möbelhaus betrieben haben sollte und dazu die Belegschaft der Beklagten übernommen haben sollte, ergibt sich daraus keine die Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit. Denn es reicht nicht aus, dass an dem Standort vorher und nachher ein Möbelhaus betrieben wird. Es fehlt an einem Übergang von organisiert zusammengefassten Ressourcen des alten Betriebes Möbelhaus, um den neuen Betrieb Möbelhaus als eine ihre Identität bewahrende wirtschaftliche Einheit ansehen zu können.
2.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (vgl. etwa BAG, 1. Dezember 2020 – 9 AZR 102/20) kommt der Arbeitgeber mit der Vergütungszahlung gemäß § 293 BGB in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung grundsätzlich tatsächlich anbieten, um den Verzug des Arbeitgebers auszulösen, § 294 BGB. Ein nur wörtliches Angebot des Arbeitnehmers (§ 295 BGB) genügt nur dann, wenn der Arbeitgeber ihm zuvor erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen (BAG 18. September 2019 - 5 AZR 240/18; 25. Februar 2015 - 1 AZR 642/13). Bislang hatte das BAG dieses lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung angenommen, so dass in einem solchen Fall ein Angebot der Arbeitsleistung nach § 296 BGB regelmäßig entbehrlich sei (BAG 18. September 2019 - 5 AZR 240/18; 15. Mai 2013 - 5 AZR 130/12). Hierzu hat das BAG in dem vorhergehenden Revisionsverfahren der Parteien nun aber auch ausdrücklich festgestellt, dass der Fall, in dem sich ein Arbeitgeber auf den Standpunkt stelle, dass ein Betriebsübergang vorliege, damit zugleich erklärt werde, den Arbeitnehmer nach dem Datum des (angenommenen) Betriebsübergangs nicht mehr beschäftigen zu wollen.
Da der Kläger nur im Juni 2020 Vergütung von einem anderen Arbeitgeber erhalten hat, konnte er jedenfalls grundsätzlich für die Zeit ab Juli 2020 die vertraglich von der Beklagten geschuldete Vergütung verlangen. Dazu musste er, wie auch geschehen, das erhaltene Arbeitslosengeld in Abzug bringen. Ein weiterer Abzug hätte nur dann zu erfolgen, wenn der Kläger es böswillig unterlassen hätte, anderweitigen Verdienst zu erzielen (§ 615 Satz 2 BGB). Wie vom Bundesarbeitsgericht vorgegeben und in den gerichtlichen Hinweisen vom 24. April 2023 ausdrücklich noch einmal erwähnt, kommt es mangels Betriebsübergang hier darauf an, welche Bemühungen der Kläger hätte anstrengen müssen, um eine andere Tätigkeit aufzunehmen. Der Kläger hat ausgeführt, dass er sich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet habe und ihm von dort nur ein Vermittlungsangebot für das Möbelhaus in Frankfurt (Oder) unterbreitet worden sei, was er angesichts der vorhergehenden Kündigung nicht weiter habe verfolgen müssen.
Die Beklagte hat zwar bestritten, dass der Kläger von der Arbeitsagentur nur ein Angebot zur Beschäftigung vermittelt bekommen habe. Anhaltspunkte, dass die diesbezügliche Behauptung des Klägers falsch gewesen wäre, vermochte die Kammer aber nicht zu erkennen. Die Beklagte hat sich auch nicht bemüht, durch Einsicht in die frei zugängliche Stellenbörse der Agentur für Arbeit (https://www.arbeitsagentur.de/jobsuche/) etwa Anhaltspunkte darzustellen, weshalb die Behauptung des Klägers fehlerhaft gewesen sein sollte. Jedenfalls hat sie entsprechendes nicht vorgetragen. Ohne entsprechend plausibilisierende Erläuterungen war das Bestreiten der Beklagten jedoch unerheblich, da es sich so um eine ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung handelte.
Soweit die Beklagte meint, dass der Kläger sich über die Meldung zur Arbeitssuche bei der Arbeitsagentur hinaus um andere Beschäftigung hätte bemühen müssen, verkennt die Beklagte, dass § 615 Satz 2 BGB nicht nur das Unterlassen anderweitiger Dienste bzw. anderweitigen Erwerbs verlangt, sondern diese Unterlassung muss böswillig erfolgen. Wenn es aber in einer Rechtsordnung eine staatliche Stelle zur Vermittlung von offenen Stellen an Arbeitssuchende gibt, ist es ausreichend, wenn man diese Stelle zu derartigen Vermittlungen aufsucht und sich auf entsprechende Vorschläge auch bewirbt. Anderes zu unterlassen führt jedenfalls nicht zur Böswilligkeit.
Auf die begründete Klageforderung steht dem Kläger entsprechend § 286 Abs. 1 und § 288 Abs. 1 BGB zudem noch ein Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu (Verzug). Lediglich der Zinsbeginn war entsprechend den Gründen der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in dem vorhergehenden Revisionsverfahren der Parteien anzupassen.
3.
Die Urlaubsabgeltung (Tenor zu 3.) war zwischen den Parteien in rechnerische Höhe unstreitig. Aufgrund des bis zum 30. April 2021 fortbestehenden Arbeitsverhältnisses konnte dem Kläger dieser nebst Zinsen seit dem 1. August 2021 zugesprochen werden. Auf die begründete Klageforderung steht dem Kläger entsprechend § 286 Abs. 1 und § 288 Abs. 1 BGB zudem noch ein Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu (Verzug).
III.
Die Kostenentscheidung folgt § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 92 Abs. 2 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da der Kläger nur in einem unbedeutenden Umfang unterlegen war.
Die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.