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Entscheidung 5 L 210/23


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer Entscheidungsdatum 17.10.2023
Aktenzeichen 5 L 210/23 ECLI ECLI:DE:VGFRANK:2023:1017.5L210.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des von den Antragstellern am 13. Juli 2023 erhobenen Widerspruchs wird bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheides wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen den für sofort vollziehbar erklärten Widerruf einer bestandskräftigen Waldumwandlungsgenehmigung.

Sie sind Eigentümer – zu je ½ Anteil – des hier streitgegenständlichen Grundstücks, gelegen in der Gemarkung Friedland, Flur 13, Flurstück 51, eingetragen im Grundbuch von Friedersdorf auf Bl. 97, mit einer Größe von 122.006 Quadratmetern. Eine Teilfläche mit ca. 4,6 ha war ursprünglich mit Waldbäumen (Nadelholz) bestockt (Kartendarstellung Bl. 27 Verwaltungsvorgang). Auf einer Teilfläche des Grundstücks betreiben die Antragsteller derzeit auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche einen Aroniabeerenanbau. Auf der ursprünglichen Waldfläche haben die Antragsteller inzwischen vollständig den aufstockenden Baumbestand (Forstpflanzen) eingeschlagen und flächig eine Rodung der Wurzelstöcke durchgeführt.

Die untere Forstbehörde erteilte unter dem 4. Mai 2001 dem Voreigentümer eine bestandskräftige und mit Nebenbestimmungen versehene Genehmigung zur dauernden Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart (Wildgatter zur Rot- und Schwarzwildhaltung) gemäß § 8 Landeswaldgesetz für eine Fläche von 45.111 m². In dem Bescheid war u.a. tenoriert worden:

„Der Widerruf der Genehmigung bleibt vorbehalten, sofern die Fläche in eine andere als die oben angegebene Nutzungsart umgewandelt wird.“

Weiter enthielt die Umwandlungsgenehmigung folgende Auflage:

„Der derzeitig vorhandene Baumbestand ist möglichst zu erhalten. Bäume ab einem Brusthöhendurchmesser von 15 cm bis 25 cm sind dauerhaft vor Wildschäden zu schützen.“

Das Wildgehege/Wildgatter ist mit in den Boden eingegrabenen Baustahlmatten 2 m hoch eingezäunt. Zusätzlich befindet sich im Abstand von ca. 0,20 m ein handelsüblicher Knotengeflechtzaun. Nach Feststellungen der unteren Forstbehörde wird auf der streitgegenständlichen Fläche mindestens seit dem Jahr 2017 kein Rot- oder Schwarzwildgatter mehr betrieben. Die amtliche Tierärztin des Landkreises Oder-Spree teilte am 6. Februar 2023 dem Antragsgegner mit, dass das Schwarzwildgatter zum 30. Juni 2015 abgemeldet worden sei und die Antragsteller im Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt nicht als Betreiber geführt würden. Nach Wegfall der Zweckbindung „Zielnutzungsart Rot- und Schwarzwildgatter“ wird diese Fläche von der unteren Forstbehörde wieder als Wald im Sinne von § 2 Landeswaldgesetz im Waldverzeichnis geführt.

Nach Feststellungen des Antragsgegners anlässlich einer Besichtigung der Fläche am 17. März 2023 wurde der Oberstand aus Kiefer komplett entnommen und die vorhandene Naturverjüngung auf rund 50 % der Fläche entfernt, des Weiteren auf rund 50 % der Fläche Stubben gerodet und auf Wälle abgelegt.

Nach Anhörung untersagte der Antragsgegner den Antragstellern mit für sofort vollziehbar erklärter Ordnungsverfügung vom 12. April 2023 unter Androhung von Zwangsgeldern ausdrücklich (Tenorpunkt 1),

„das forstbehördlich gekennzeichnete Holz in Verkehr zu bringen. Die Untersagungsverfügung betrifft die Hälfte = 50 % des lagernden Holzes.“

Am 26. April 2023 erließ der Antragsgegner eine weitere Ordnungsverfügung, mit der er den Antragstellern sofort vollziehbar und unter Androhung von Zwangsgeldern ausdrücklich untersagte (Tenorpunkt 1),

das forstbehördlich gekennzeichnete Holz in Verkehr zu bringen. (Die Untersagungsverfügung betrifft die Gesamtmenge = 100 % des lagernden Holzes).

Gegen die Ordnungsverfügungen über die Inverkehrbringenverbote vom 12. April 2023 und 26. April 2023 haben die Antragsteller am 10. Mai 2023 Widerspruch erhoben und am 11. Mai 2023 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Ihr vorläufiger Rechtsschutzantrag blieb erfolglos (Beschluss der Kammer vom 14. September 2023, Az. VG 5 L 123/23).

Mit Bescheid vom 14. Juni 2023 widerrief der Antragsgegner nach Anhörung der Antragsteller die Genehmigung zur Umwandlung von Wald in die Nutzungsart Wildgatter und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung dieses Widerrufsbescheides an. Er berief sich auf den in der Waldumwandlungsgenehmigung enthaltenen Vorbehalt des Widerrufs und führte zur Begründung weiter aus, die Antragsteller hätten die o.g. Auflage des Genehmigungsbescheides vom 4. Mai 2001, den Baumbestand zu erhalten und die Fläche nicht in eine andere Nutzungsart als „Wildgatter“ umzuwandeln, mit Einschlag des Baumbestandes und Rodung der Stubben nicht erfüllt. Da das Wildgatter vom Voreigentümer beim Veterinäramt des Landkreises Oder-Spree abgemeldet worden sei, sei die veterinärrechtliche Genehmigung erloschen, eine Wiederaufnahme der Gatterhaltung sei beim Veterinäramt nicht angezeigt und auch nicht genehmigt worden. Mithin sei die Fläche wieder Wald i.S. des Landeswaldgesetzes und liege eine andere Nutzungsart als „Wildgatter“ vor, die zum Widerruf der Waldumwandlungsgenehmigung führe. Es sei von einer Vorbereitung zur „ackermäßigen“ Bearbeitung auszugehen. Es bestünde die Gefahr, dass die Antragsteller die Umwandlung illegal weiter betreiben würden. Von daher sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung zwingend notwendig und angemessen, um die illegale Umwandlung von Wald in eine landwirtschaftliche Nutzfläche zu verhindern.

In Ihrem Widerspruch vom 12. Juli 2023 bringen die Antragsteller vor, es handle sich nicht um Wald, sondern um eine genehmigte landwirtschaftliche Wildgatterfläche nach dem Bundesnaturschutzgesetz. Die Fläche sei aus dem Landeswaldgesetz bestandskräftig entlassen worden, so dass auch kein Kahlschlag i. S. des Landeswaldgesetzes vorliege. Mithin sei der Antragsgegner sachlich nicht mehr zuständig und der Widerrufsbescheid nichtig.

Die Antragsteller haben am 13. Juli 2023 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung ihres vorläufigen Rechtsschutzbegehrens beziehen sie sich auf ihren Widerspruch.

Der Antragsgegner tritt dem Widerspruchsvorbringen der Antragsteller entgegen und hält den Widerruf der Waldumwandlungsgenehmigung für rechtmäßig. Die vormals erteilte Genehmigung zur Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart sei ausschließlich zum Zwecke der Errichtung und des Betriebs eines Wildgatters zur Rot- und Schwarzwildhaltung genehmigt worden. Der Betrieb des Wildgatters sei bereits zum 30. Juni 2015 eingestellt worden (Betriebsabmeldung); hingegen würden die Antragsteller im Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt nicht als Betreiber eines Wildgatters geführt. Es sei offensichtlich, dass die Antragsteller angesichts der durchgeführten Holzeinschlagsmaßnahmen weder die Absicht gehabt hätten noch aktuell hätten, auf der in Rede stehenden Fläche ein Wildgatter zu führen. Es bestehe vielmehr der dringende Verdacht, dass die genannte Fläche in eine landwirtschaftliche Nutzung (Anbau von Aronia-Pflanzen) überführt werden soll.

Der Verwaltungsvorgang hat vorgelegen.

II.

Der zulässige, sinngemäße Antrag der Antragsteller,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 12. Juli 2023 gegen den Widerrufsbescheid vom 14. Juni 2023 wiederherzustellen,

erweist sich im Ergebnis als begründet.

A.

1. Das Gericht kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage oder des Widerspruchs wiederherstellen, wenn diese gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO aufgrund einer entsprechenden behördlichen Anordnung entfällt - wie hier nach Ziffer 2 des Widerrufsbescheides vom 14. Juni 2023. Voraussetzung hierfür ist, dass aufgrund der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung, bei der die Erfolgsaussichten in der Hauptsache in den Blick zu nehmen sind, das Aussetzungsinteresse des Betroffenen gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse überwiegt.

2. Gemessen daran ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen Tenorpunkt 1 des Widerrufsbescheides vom 14. Juni 2023 wiederherzustellen. Denn die Interessenabwägung bezüglich Tenorpunkt 1 des Widerrufsbescheides fällt zulasten des Antragsgegners aus. Nach dem Ergebnis der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich der Widerruf der Waldumwandlungsgenehmigung vom 4. Mai 2001 nach dem derzeitigen Erkenntnisstand als offensichtlich rechtswidrig.

3. Entgegen der sinngemäßen Rechtsansicht der Antragsteller handelte der Antragsgegner allerdings als zuständige Behörde. Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (des Bundes) i.V. mit § 1 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg – VwVfGBbg zuständige Behörde, § 49 Abs. 5 VwVfG. Örtlich und sachlich zuständig ist danach der Landesbetrieb Forst Brandenburg als untere Forstbehörde, §§ 31 Nr. 2, § 32 Abs. 1 S. 1 Waldgesetz des Landes Brandenburg - LWaldG, die für die Erteilung von Waldumwandlungsgenehmigungen zuständig ist: „nur mit Genehmigung der unteren Forstbehörde“, § 8 Abs. 1 LWaldG, mithin auch für ihren Widerruf.

4. Als Rechtsgrundlage für den verfügten Widerruf der Waldumwandlungsgenehmigung kommt hier zunächst § 49 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. VwVfG i. V. mit § 1 Abs. 1 VwVfGBbg in Betracht. Danach darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise für die Zukunft nur widerrufen werden, wenn der Widerruf im Verwaltungsakt vorbehalten ist. Vorliegend enthält die bestandskräftige, also unanfechtbare Waldumwandlungsgenehmigung vom 4. Mai 2001 einen ausdrücklichen Widerrufsvorbehalt mit dem Inhalt, dass der Widerruf der Genehmigung vorbehalten bleibt, „sofern die Fläche in eine andere als die oben angegebene Nutzungsart umgewandelt wird.“

a) Die bestandskräftige Waldumwandlungsgenehmigung entfaltet gegenüber den Antragstellern als den gegenwärtigen Grundstückseigentümern in vollem Umfang einschließlich des Widerrufsvorbehaltes rechtliche Wirkungen, obwohl die Fläche schon bei Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages im Jahre 2015 nicht mehr Wald gewesen und die Waldumwandlung in Wildgatter zur Rot- und Schwarzwildhaltung nicht von den Antragstellern selbst durchgeführt worden ist. Die Verpflichtungen aus diesem bestandskräftigen Bescheid nebst dem darin vorbehaltenen Widerruf und den weiteren Auflagen sind nämlich nicht höchstpersönlicher Natur, sondern an die - übertragbare - Verfügungsgewalt über das Grundstück gebunden. Sie teilen als dieser Verfügungsgewalt zugeordnete Rechte und Verpflichtungen deren Schicksal und treffen somit denjenigen, der gegenwärtig als Eigentümer für den ordnungsgemäßen Zustand des Grundstücks einzustehen hat. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Antragsteller selbst oder ihr Rechtsvorgänger die Waldumwandlung vorgenommen haben; die Antragsteller, die vor Erlass des angefochtenen Widerrufsbescheides Eigentum an dem Grundstück erwarben, sind als Grundstückseigentümer aus der unanfechtbaren Waldumwandlungsgenehmigung berechtigt und verpflichtet gewesen (vgl. auch zu einer Wiederaufforstungsanordnung OVG Lüneburg, Urteil vom 24. Juni 1996 – 3 L 2690/96 –, Rn. 19, juris).

b) Zwar ist der Widerrufsvorbehalt in der Waldumwandlungsgenehmigung rechtswidrig. Denn die Waldumwandlungsgenehmigung, die als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet ist, stellt sich als gebundener Verwaltungsakt dar. Die Erteilung dieser Genehmigung gemäß § 8 LWaldG steht nicht im behördlichen Ermessen, vielmehr handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, im Rahmen derer gemäß ihrem Abs. 2 eine verwaltungsgerichtlich grundsätzlich voll nachprüfbare Abwägung der Rechte, Pflichten und wirtschaftlichen Interessen des Waldbesitzers mit den Belangen der Allgemeinheit gegeneinander und untereinander erforderlich ist (vgl. für das Berliner Landesrecht Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. April 2018 – OVG 11 B 2.16 –, Rn. 28, juris). Ist die Umwandlung einer Waldfläche nicht mit Gefahren verbunden, muss die Erlaubnis im Hinblick auf die grundrechtlichen Freiheiten aus Art. 14 und Art. 2 Grundgesetz zwingend erteilt werden (vgl. m.w.N. Koch, Waldgesetz des Landes Brandenburg, § 8 LWaldG, Ziff. 3.1.1).

c) Mithin bedurfte es für die Beifügung des Widerrufsvorbehalts einer fachrechtlichen Ermächtigung, § 36 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG: „wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist“. Eine solche fachrechtliche Ermächtigung ist nicht ersichtlich. Der Widerrufsvorbehalt verstößt auch gegen § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG. Danach darf ein Verwaltungsakt, auf den – wie hier – ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung (nur) dann versehen werden, wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Zweck dieser Ermächtigung ist es allein, rechts- und anspruchsbegründende Voraussetzungen, deren Fehlen zur Versagung des Verwaltungsakts führen muss, auszuräumen. Sie rechtfertigt keine Nebenbestimmung, die - wie hier intendiert - sicherstellen soll, dass die Anspruchsvoraussetzungen auch erfüllt bleiben. Hierauf zielt der nicht näher begründete Widerrufsvorbehalt. Mit ihm soll der Behörde ersichtlich die Möglichkeit verschafft werden, auf zukünftige Entwicklungen auf einfachere Weise durch Aufhebung des Verwaltungsakts reagieren zu können, indem die Entstehung rechtlich geschützten Vertrauens verhindert wird. Dies widerspricht der differenzierten Regelung über den Widerruf rechtmäßig erlassener Verwaltungsakte, die insbesondere dem Bestandsinteresse des Betroffenen Rechnung trägt (vgl. m.w.N. BVerwG, NVwZ 2019, 886 Rn. 33, beck-online). Hingegen bezieht sich der nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG vorgesehene Vorbehalt des Widerrufs auf Ermessensverwaltungsakte.

d) Gleiches gilt für den Widerruf bei Nichterfüllung einer Auflage i. S. von § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG. Ausweislich der dem Widerrufsbescheid beigegebenen Begründung bezieht sich der Antragsgegner ersichtlich auf die der Waldumwandlungsgenehmigung beigefügte Auflage, dass der derzeitig vorhandene Baumbestand möglichst zu erhalten ist. Es ist schon zweifelhaft, ob es sich hierbei überhaupt um eine „echte“ Auflage handelt. Erforderlich ist, dass eine Regelung getroffen wurde und es sich um eine Bestimmung handelt, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Schoch/Schneider/Schröder, 3. EL August 2022, VwVfG § 36 Rn. 76). Die Einfügung des Wortes „möglichst“ deutet darauf hin, dass es die untere Forstbehörde bei einem bloßen Hinweis auf den Gesetzeszweck in § 1 Nr. 1 LWaldG belassen wollte, wonach der Wald wegen seiner Bedeutung für die Umwelt sowie wegen seines wirtschaftlichen Nutzens zu erhalten ist. Jedenfalls stellt sich aus den o.g. Gründen auch diese bestandskräftig gewordene Auflage mit Blick auf das Vorliegen eines gebundenen Verwaltungsakts als rechtswidrig dar.

e) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Widerruf sind indes nach allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen schon dann gegeben, wenn der Widerrufsvorbehalt wirksam ist. Denn der Widerrufsgrund gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 VwVfG setzt nur die Wirksamkeit des Widerrufsvorbehalts voraus, d.h. er darf nicht nichtig oder erledigt sein (vgl. Schoch/Schneider/Schoch, Verwaltungsrecht, 3. EL August 2022, VwVfG § 49 Rn. 96). Auf die Rechtmäßigkeit der Beifügung des Widerrufsvorbehalts kommt es demnach – vorbehaltlich der Nichtigkeit, für die hier allerdings nichts ersichtlich ist – in dieser Hinsicht nicht an. Die Rechtmäßigkeit des der Waldumwandlungsgenehmigung beigefügten Widerrufsvorbehalts ist keine Tatbestandsvoraussetzung für den Widerruf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Auflage, § 49 Rn. 37a). Vielmehr müssen der Begünstigte bzw. seine Rechtsnachfolger, die von den ihnen eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten gegen den Widerrufsvorbehalt keinen Gebrauch gemacht haben, sich auch insoweit die Bestandskraft des Bescheides entgegenhalten lassen (vgl. BVerwG, NVwZ 2019, 886 Rn. 32, beck-online). Ebenso ist die Rechtmäßigkeit der Auflage i. S. von § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG nicht Voraussetzung für die Ausübung des Widerrufsrechts, sondern nur ihre Wirksamkeit. Die Rechtswidrigkeit der Auflage ist aber im Rahmen der Ermessensentscheidung bei der Bewertung des Verstoßes zu berücksichtigen, weil das öffentliche Interesse am Widerruf wegen eines Verstoßes gegen eine rechtswidrige Auflage fehlen kann (vgl. Schoch/Schneider/Schoch, 3. EL August 2022, VwVfG § 49 Rn. 153).

f) Gleichwohl berechtigt ein wirksamer und bestandskräftiger sowie anwendbarer Widerrufsvorbehalt nicht schon als solcher zur Aufhebung des Verwaltungsakts, insbesondere nicht zum jederzeitigen willkürlichen Widerruf. Die Widerrufsbefugnis gemäß § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwVfG unterliegt keinem Automatismus dergestalt, dass bei Vorliegen der o.g. Voraussetzungen die Aufhebung des Verwaltungsakts wegen des vorbehaltenen Widerrufs oder der mit dem Bescheid verbundenen Auflage unvermittelt bzw. jederzeit ohne weitere Voraussetzungen vorgenommen werden kann. Vielmehr setzt die Ausübung des Vorbehalts in concreto einen sachlichen Grund voraus. Im Widerrufsvorbehalt genannte besondere Gründe müssen vorliegen (Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, 10. Aufl. 2022, VwVfG § 49 Rn. 42). Enthält der Widerrufsvorbehalt selbst Festlegungen zur Aufhebung des begünstigenden Verwaltungsakts, müssen jene Maßgaben beachtet werden; von Bedeutung für den Betroffenen sind insbesondere im Widerrufsvorbehalt fixierte Beschränkungen für den Ausspruch des Widerrufs (Schoch/Schneider/Schoch, a.a.O., Rn. 100). Sachlicher Grund ist hier der Umstand, dass die Fläche ersichtlich nicht mehr als Wildgatter zur Rot- und Schwarzwildhaltung genutzt wird und die fragliche Fläche i. S. des Widerrufvorbehalts in eine andere als die Nutzungsart „Wildgatter“ umgewandelt wurde. Nach den im vorläufigen Rechtsschutzverfahren VG 5 L 123/23 (Beschluss der Kammer vom 14. September 2023, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen) getroffenen Feststellungen geht die Kammer davon aus, dass sich die Waldumwandlungsgenehmigung i. S. von § 43 Abs. 2 VwVfG durch Wegfall des Regelungsobjekts auf andere Weise erledigt hat und das gesetzliche präventive Verbot der Waldumwandlung greift.

g) Die Ausübung des Widerrufsvorbehalts aufgrund des Vorliegens eines „sachlichen Grundes“ führt gleichwohl nicht eo ipso zu einer ermessensfehlerfreien Entscheidung. Macht eine Behörde von einem bestandskräftigen, aber zugleich rechtswidrigen Widerrufsvorbehalt zu Lasten eines Bürgers Gebrauch, muss sie dessen Rechtswidrigkeit im Rahmen der ihr obliegenden Ermessensentscheidung berücksichtigen. Denn im Rahmen der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens ist die Frage der Rechtmäßigkeit des Widerrufsvorbehalts (oder einer rechtswidrigen Auflage) von Belang. Diese ist hier – wie oben ausgeführt - zu verneinen. Dabei spielt nicht nur die Frage der Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit eine Rolle, sondern auch die Frage, ob trotz der Rechtswidrigkeit des Vorbehalts für den Widerruf berechtigte öffentliche Interessen ins Feld geführt werden können (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O.). Die Behörde muss sachbezogene Erwägungen anstellen, um ihr Ermessen pflichtgemäß zu betätigen (Schoch/Schneider/Schoch, a.a.O., VwVfG § 49 Rn. 149). Daran fehlt es hier z. Zt. Die Antragsteller haben im parallel geführten Verfahren VG 5 L 123/23 vorgetragen, dass sie weiterhin die Absicht hätten, dort Wildtiere – bevorzugt Wildschweine – zu halten. Aufgrund der afrikanischen Schweinepest sei die Wildschweinhaltung bis auf weiteres nicht möglich gewesen. Insoweit sehen sich die Antragsteller in ihrem Vertrauen in die Bestandskraft der Waldumwandlungsgenehmigung verletzt.

h) Will die Behörde von der nach der gesetzgeberischen Konzeption nicht vorgesehenen Widerrufsmöglichkeit Gebrauch machen, muss sie hier in Erwägung ziehen, ob den Antragstellern in Ansehung ihres Vorbringens gleichwohl die Berufung auf den grundsätzlichen Vertrauensschutz versagt bleiben soll. Denn bei ursprünglich gebundenen Verwaltungsakten – so wie hier – ist der Widerruf in der Regel ermessensfehlerhaft. All dem hat der Antragsgegner im angefochtenen Bescheid nicht Rechnung getragen; er stellt vielmehr unter Verweis auf den Widerrufsvorbehalt ausdrücklich nur darauf ab, dass mit Einschlag des Baumbestandes und Rodung der Stubben eine andere Nutzungsart als „Wildgatter“ vorliegt, die zum Widerruf der Waldumwandlungsgenehmigung führe. Vertrauensschutz spielt danach ersichtlich keine Rolle (vgl. m.w.N. BVerwG, NVwZ 2019, 886 Rn. 33, beck-online). Nichts Anderes gilt für den Verstoß gegen die bestandskräftige, rechtswidrige Auflage – unbeschadet ihrer Rechtsqualität, den derzeitig vorhandenen Baumbestand möglichst zu erhalten.

i) Die bislang insoweit fehlenden Ermessenserwägungen kann die Behörde bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nachholen. Denn jedenfalls durch die mögliche Ergänzung der Ermessenserwägungen in einem Widerspruchsbescheid können die Voraussetzungen einer hinreichenden behördlichen Betätigung des Entschließungs- und des Auswahlermessens gegeben sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2011 – 8 C 50/09 –, Rn. 44, juris). Dem trägt die Tenorierung Rechnung.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 S. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts richtet sich nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes. Die Kammer hat hinsichtlich des Widerrufsbescheides den Auffangstreitwert zugrunde gelegt, der angesichts der Vorläufigkeit der begehrten Entscheidung zu halbieren war.