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Entscheidung 5 L 123/23


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer Entscheidungsdatum 14.09.2023
Aktenzeichen 5 L 123/23 ECLI ECLI:DE:VGFRANK:2023:0914.5L123.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen Nr. 2 der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 26. April 2023 wird wiederhergestellt und hinsichtlich der insoweit tenorierten Zwangsgeldandrohung in Tenorpunkt 4 der Ordnungsverfügung angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt.

Von den Verfahrenskosten tragen die Antragsteller 3/5 und der Antragsgegner 2/5.

2. Der Streitwert wird für das vorläufige Rechtsschutzverfahren auf 5.204,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen sog. Inverkehrbringenverbote von illegal eingeschlagenem Holz gemäß Holzhandels-Sicherungs-Gesetz (HolzSiG).

Sie sind Eigentümer – zu je ½ Anteil – des hier streitgegenständlichen Grundstücks, gelegen in der Gemarkung F..., Flur, Flurstück, eingetragen im Grundbuch von F...auf Bl. 97, mit einer Größe von 122.006 Quadratmetern. Eine Teilfläche mit ca. 4,6 ha war ursprünglich mit Waldbäumen (Nadelholz) bestockt (Auszug aus dem Liegenschaftskataster Bl. 36 Verwaltungsvorgang –VV; Lageplan Bl. 39 VV). Auf einer Teilfläche des Grundstücks betreiben die Antragsteller derzeit auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche einen Aroniabeerenanbau. Auf der ursprünglichen Waldfläche haben die Antragsteller inzwischen vollständig den aufstockenden Baumbestand (Forstpflanzen) eingeschlagen und flächig eine Rodung der Wurzelstöcke durchgeführt.

Die untere Forstbehörde erteilte unter dem 4. Mai 2001 dem Voreigentümer eine bestandskräftige und mit Nebenbestimmungen versehene Genehmigung zur dauernden Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart (Wildgatter zur Rot- und Schwarzwildhaltung) gemäß § 8 Landeswaldgesetz für eine Fläche von 45.111 m². Unter anderem enthielt die Umwandlungsgenehmigung folgende Auflage:

„Der derzeitig vorhandene Baumbestand ist möglichst zu erhalten. Bäume ab einem Brusthöhendurchmesser von 15 cm bis 25 cm sind dauerhaft vor Wildschäden zu schützen.“

Das Wildgehege/Wildgatter ist mit in den Boden eingegrabenen Baustahlmatten 2 m hoch eingezäunt. Zusätzlich befindet sich im Abstand von ca. 0,20 m ein handelsüblicher Knotengeflechtzaun. Nach Feststellungen der unteren Forstbehörde wird auf der streitgegenständlichen Fläche mindestens seit dem Jahr 2017 kein Rot- oder Schwarzwildgatter mehr betrieben. Die amtliche Tierärztin des Landkreises Oder-Spree teilte am 6. Februar 2023 dem Antragsgegner mit, dass das Schwarzwildgatter zum 30. Juni 2015 abgemeldet worden sei und die Antragsteller im Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt nicht als Betreiber geführt würden. Nach Wegfall der Zweckbindung „Zielnutzungsart Rot- und Schwarzwildgatter“ wird diese Fläche von der unteren Forstbehörde wieder als Wald im Sinne des § 2 Landeswaldgesetz im Waldverzeichnis geführt.

Nach Feststellungen des Antragsgegners anlässlich einer Besichtigung der Fläche am 17. März 2023 wurde der Oberstand aus Kiefer komplett entnommen und die vorhandene Naturverjüngung auf rund 50 % der Fläche entfernt, des Weiteren auf rund 50 % der Fläche Stubben gerodet und auf Wälle abgelegt.

Nach Anhörung untersagte der Antragsgegner den Antragstellern mit für sofort vollziehbar erklärter Ordnungsverfügung vom 12. April 2023 unter Androhung von Zwangsgeldern ausdrücklich (Tenorpunkt 1),

„das forstbehördlich gekennzeichnete Holz in Verkehr zu bringen. Die Untersagungsverfügung betrifft die Hälfte = 50 % des lagernden Holzes.“

Am 26. April 2023 erließ der Antragsgegner eine weitere Ordnungsverfügung, mit der er den Antragstellern sofort vollziehbar und unter Androhung von Zwangsgeldern ausdrücklich untersagte (Tenorpunkt 1),

das forstbehördlich gekennzeichnete Holz in Verkehr zu bringen. (Die Untersagungsverfügung betrifft die Gesamtmenge = 100 % des lagernden Holzes).

Im Tenorpunkt 2 führte der Antragsgegner wörtlich aus:

„Da der Einschlag und die Rückung bereits abgeschlossen sind, habe ich das illegal geschlagene Holz auf beiliegenden Lageplänen eindeutig gekennzeichnet. Eine materielle Kennzeichnung an den Holzpoltern selbst kann nicht vorgenommen werden, da das Gelände verschlossen ist.“

Die Anordnung des Sofortvollzugs (Tenorpunkt 3) betraf auch die vorstehende „Anordnung“ unter Nr. 2.

In der Ordnungsverfügung vom 12. April 2023 setzte der Antragsgegner lt. Tenorpunkt 5 eine Verwaltungsgebühr i. H. von 648,00 Euro und in der nachfolgenden Ordnungsverfügung vom 26. April 2023 eine Verwaltungsgebühr i. H. von 168,00 Euro fest (ebenfalls Tenorpunkt 5).

Gegen die Ordnungsverfügungen über die Inverkehrbringenverbote vom 12. April 2023 und 26. April 2023 haben die Antragsteller am 10. Mai 2023 Widerspruch erhoben und am 11. Mai 2023 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Die Antragsteller bringen im Wesentlichen vor, sie hätten einen Unternehmenskaufvertrag (Notarvertrag vom 16. Juni 2015) abgeschlossen und den Handelsbetrieb S... und den Aufzucht- und Verwertungsbetrieb S... mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen einschließlich des streitgegenständlichen Grundstücks käuflich erworben. Die Zaunanlage bestehe unverändert (einschließlich mehrerer verschließbarer Stahltore), da sie weiterhin die Absicht hätten, dort Wildtiere – bevorzugt Wildschweine – zu halten. Aufgrund der afrikanischen Schweinepest sei die Wildschweinhaltung bis auf weiteres nicht möglich gewesen. Hinsichtlich der gefällten Bäume weisen die Antragsteller darauf hin, dass aufgrund der zunehmenden trockenen Jahre und Stürme sich der Zustand der Bäume (Alter Robinien- und Kiefernbestand) seit dem Jahr 2017 stark verschlechtert habe, sodass entsprechende Maßnahmen unumgänglich gewesen wären. Zudem habe es sich nicht um Wald i.S. des Landeswaldgesetzes gehandelt, da die Fläche aus dem WaldG bestandskräftig entlassen worden sei. Es handele sich vielmehr um eine genehmigte landwirtschaftliche Wildgatterfläche nach dem Bundesnaturschutzgesetz. Mithin sei der Antragsgegner sachlich nicht mehr zuständig.

Der Antragsgegner tritt dem Vortrag der Antragsteller entgegen und erwidert, dass die vormals erteilte Genehmigung zur Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart ausschließlich zum Zwecke der Errichtung und des Betriebs eines Wildgatters zur Rot- und Schwarzwildhaltung genehmigt worden sei. Unter Berücksichtigung der Zweckbindung sei es dem Begünstigten nicht gestattet gewesen, die auf der Teilfläche vorhandene Bestockung von Forstpflanzen vollständig zu entfernen und deren Wurzelstöcke zu roden. Zudem sei der Betrieb des Wildgatters bereits am 30. Juni 2015 eingestellt worden (Betriebsabmeldung). Indem die Antragsteller den aufstockenden Bestand an Kiefern auf der in Rede stehenden Teilfläche des Flurstücks vollständig eingeschlagen hätten, liege der Tatbestand eines ungenehmigten Kahlschlags vor. Von daher sei es seitens des Antragsgegners folgerichtig gewesen, ein Inverkehrbringen des eingeschlagenen Holzes durch Erlass der hier streitigen Ordnungsverfügung zu untersagen.

Nach Feststellung der unteren Forstbehörde wurde das gelagerte Holz zwischen dem 8. Juni 2023 und dem 5. Juli 2023 (größtenteils) abgefahren.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2023 widerrief der Antragsgegner die Genehmigung zur Umwandlung von Wald in die Nutzungsart Wildgatter und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung dieses Widerrufsbescheides an. Der Widerrufsbescheid ist Streitgegenstand des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens VG 5 L 210/23, über das die Kammer gesondert entscheidet.

II.

Der Antrag der Antragsteller,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 9. Mai 2023 gegen die Ordnungsverfügungen vom 12. April 2023 sowie vom 26. April 2023 wiederherzustellen bzw. anzuordnen,

erweist sich insgesamt als zulässig, in der Sache jedoch nur teilweise als begründet.

A.

Der Antrag ist zulässig.

1. Hinsichtlich der Ordnungsverfügung vom 12. April 2023 liegt zwar ein Fall der sog. inhaltlichen Überholung vor, weil die Ordnungsverfügung vom 26. April 2023 insgesamt eine neue Sachentscheidung vornimmt, durch die die frühere Entscheidung überholt ist. Denn die „neue“ Ordnungsverfügung strukturiert – deutlich über den bisherigen Verwaltungsakt hinausgehend – einen bestimmten Regelungsbedarf umfassend neu und konsumiert die punktuelle historische Regelung (in der Ordnungsverfügung vom 12. April 2023). Denn das in Tenorpunkt 1 der letztgenannten Ordnungsverfügung getroffene Inverkehrbringenverbot betraf nur die Hälfte = 50% des lagernden Holzes, während das Inverkehrbringenverbot vom 26. April 2023 die Gesamtmenge (= 100% des lagernden Holzes) betrifft. Nach dem objektiven Willen der Behörde sollte die ursprüngliche Ordnungsverfügung vom 12. April 2023 vollständig ersetzt werden (vgl. hierzu Schoch/Schneider/Goldhammer, VwVfG § 43 Rn. 118, 119). Ein Rechtsschutzinteresse der Antragsteller ist im Hinblick auf den Erstbescheid gleichwohl gegeben, auch wenn die Tenorpunkte 1 bis 4 der Ordnungsverfügung vom 12. April 2023 in Bezug auf die Untersagungsverfügung überholt sind; denn diese Ordnungsverfügung bildet weiterhin die Grundlage für die gemäß ihrem Tenorpunkt 5 festgesetzte Verwaltungsgebühr in Höhe von 648,00 Euro.

2. Soweit der Antragsgegner unter Tenorpunkt 3 der Ordnungsverfügung vom 26. April 2023 „die sofortige Vollziehung vorstehender Anordnungen unter Nr. 1 und 2“ angeordnet hat, dürfte die für sofort vollziehbar erklärte Anordnung Nr. 2 nach ihrem allein maßgebenden materiellen Gehalt keinen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellen. Der für sofort vollziehbar erklärten Anordnung unter Nr. 2 fehlt es einerseits am Regelungscharakter i. S. von § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz, da der Antragsgegner lediglich darlegt, er habe, „da der Einschlag und die Rückung bereits abgeschlossen sind, … das illegal geschlagene Holz auf beiliegenden Lageplänen eindeutig gekennzeichnet“. Es handelt sich auch nicht um einen feststellenden Verwaltungsakt. Ein mit der Anfechtungsklage anfechtbarer feststellender Verwaltungsakt ist nach allgemeiner Ansicht nur gegeben, wenn durch die hoheitliche Maßnahme ein Rechtsverhältnis oder einzelne sich daraus ergebende Rechte oder Pflichten für den Betroffenen verbindlich und in einer der Rechtsbeständigkeit fähigen Weise festgestellt werden. Eine in diesem Sinne regelnde Feststellung fehlt indes im Streitfall, da lediglich auf dem Bescheid beiliegende Lagepläne hingewiesen wird. Allerdings hat der Antragsgegner diesen deskribierenden Hinweis seiner äußeren Form nach in die Gestalt eines ein Verwaltungsverfahren abschließenden Verwaltungsakts gekleidet. Dafür spricht jedenfalls die Aufnahme der Anordnung in den Tenor der Verfügung, die ausdrückliche Erstreckung der in Nr. 3 erfolgten Anordnung der sofortigen Vollziehung auf „die Anordnungen unter Nr. 1 und 2“ und damit dem äußeren Anschein nach u.a. auf das in Nr. 2 ausgesprochene „Gebot“ sowie die im Bescheid gewählte Rechtsbehelfsbelehrung, nach der ohne weitere Differenzierung „gegen diesen Bescheid“ Widerspruch eingelegt werden könne. Der Antragsgegner hat mit dieser Gestaltung von Nr. 2 seiner Ordnungsverfügung den Rechtsschein eines Verwaltungsakts gesetzt (auch sog. formeller oder Schein-Verwaltungsakt), der ungeachtet der fehlenden materiellen Verwaltungsaktsqualität statthafterweise im Wege der Anfechtungsklage und im vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO beanstandet werden kann (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Oktober 2016 – 1 S 1662/16 –, Rn. 13, juris).

B.

Der vorläufige Rechtsschutzantrag ist (nur) teilweise - im Hinblick auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen Tenorpunkt 2 der Ordnungsverfügung vom 26. April 2023 - begründet.

1. Das Gericht kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage oder des Widerspruchs wiederherstellen bzw. anordnen, wenn diese gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO aufgrund einer entsprechenden behördlichen Anordnung entfällt - wie hier nach Ziffer 3 der Ordnungsverfügung vom 26. April 2023 - oder gesetzlich ausgeschlossen ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 16 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg [VwVGBbg] vom 16. Mai 2013 [GVBl. I Nr. 18], geändert durch Gesetz vom 10. Juli 2014 [GVBl. I Nr. 32] bezüglich der Zwangsgeldandrohung). Voraussetzung hierfür ist, dass aufgrund der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung, bei der die Erfolgsaussichten in der Hauptsache in den Blick zu nehmen sind, das Aussetzungsinteresse des Betroffenen gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse überwiegt.

2. Gemessen daran ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen Nr. 2 der Ordnungsverfügung vom 26. April 2023 wiederherzustellen. Sie erfolgt ausschließlich wegen der zu Unrecht erfolgten äußeren Gestaltung als Verwaltungsakt und führt hier ohne weitere Sachprüfung zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, 10. Aufl., VwVfG, § 35 Rn. 16; jeweils m.w.N.). Es bedarf daher an dieser Stelle auch keiner Ausführungen zu der Frage, ob der in Nr. 2 der Verfügung ausgesprochene Hinweis auf die beiliegenden Lagepläne hinreichend bestimmt ist.

Die Interessenabwägung bezüglich Tenorpunkt 1 der Ordnungsverfügung fällt zulasten der Antragsteller aus. Zum einen erweist sich nach dem Ergebnis der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Untersagung des Inverkehrbringens im Zeitpunkt ihres Erlasses als rechtmäßig (hierzu unter 3.). Zum anderen besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnung (hierzu unter 4.). Gegen die Zwangsgeldandrohung ist ebenfalls nichts zu erinnern (hierzu unter 5.). Ebenso erweisen sich die Gebührenentscheidungen voraussichtlich als rechtmäßig (hierzu unter 6.).

3. Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung des Inverkehrbringens des auf dem Lageplan markierten Holzes ist § 2 Abs. 1 Satz 1 Holzhandels-Sicherungs-Gesetz – HolzSiG vom 11. Juli 2011 (BGBl. I 2011, 1345). Danach trifft die zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen zur Feststellung von Verstößen gegen die in § 1 Abs. 1 HolzSiG bezeichneten Rechtsakte, zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhinderung künftiger Verstöße. Die Voraussetzungen liegen vor. In der Sache geht es um die Verhinderung künftiger Verstöße gegen die Verordnung (EU) Nr. 995/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 (im Folgenden: EU-Holzhandels-VO, ABl. L 295 vom 12. November 2010, 23 ff).

a) Entgegen der sinngemäßen Rechtsansicht der Antragsteller handelte der Antragsgegner als zuständige Behörde für die Untersagung des Inverkehrbringens gemäß Tenorpunkt 1 der Ordnungsverfügung vom 26. April 2023. Die Überwachung der inländischen Marktteilnehmer obliegt gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 HolzSiG den nach Landesrecht zuständigen Behörden. Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten nach dem Holzhandels-Sicherungs-Gesetz vom 2. Juli 2013 (HolzSiGZV, GVBl.II/13 [Nr. 50]) sind das im Land Brandenburg die unteren Forstbehörden. Sie überwachen die Einhaltung des Verbots, illegal geschlagenes Holz in Verkehr zu bringen. Bei der Prüfung, ob es sich um illegales Holz handelt, haben sie insbesondere die Bundes- und Landeswaldgesetze sowie die Bundes- und Landesnaturschutzgesetze zu berücksichtigen.

b) Die Antragsteller meinen, aufgrund der bestandskräftigen Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart mit Bescheid vom 4. Mai 2001 sei eine sachliche Zuständigkeit des Antragsgegners nicht gegeben; vielmehr sei eine örtliche und sachliche Zuständigkeit der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Oder-Spree gegeben. Dabei verkennen sie, dass der Genehmigungstatbestand in § 8 des Waldgesetzes des Landes Brandenburg – LWaldG als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet ist (Koch, LWaldG, § 8 Nr. 3.1.1). Vorliegend ist die Genehmigung zur dauernden Umwandlung von Wald in Wildgatter zur Rot- und Schwarzwildhaltung erteilt worden. Nach Feststellungen der unteren Forstbehörde wird auf der streitgegenständlichen Fläche mindestens seit dem Jahr 2017 kein Rot- oder Schwarzwildgatter mehr betrieben. Die amtliche Tierärztin des Landkreises Oder-Spree teilte am 6. Februar 2023 dem Antragsgegner mit, dass das Schwarzwildgatter zum 30. Juni 2015 abgemeldet worden sei und die Antragsteller im Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt nicht als Betreiber geführt würden. Ihre im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erklärte Absicht, das Wildgatter weiterbetreiben zu wollen, ist mangels konkreter Anhaltspunkte für eine zeitnahe Wiederaufnahme der Rot- und Schwarzwildhaltung unerheblich. Nach alldem geht die Kammer davon aus, dass sich die Waldumwandlungsgenehmigung i. S. von § 43 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz durch Wegfall des Regelungsobjekts auf andere Weise erledigt hat und das gesetzliche präventive Verbot der Waldumwandlung greift. Denn von einer derartigen Fallgestaltung ist etwa auszugehen bei betriebsbezogenen Geboten oder Erlaubnissen, wenn der Betrieb eingestellt wird (BVerwG, NVwZ 2012, 1547 Rn. 20, beck-online; s.a. Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, 10. Aufl. 2022, VwVfG § 43 Rn. 212).

c) Insofern rückt die ursprüngliche Nutzungsart Wald für einen objektiven Beobachter wieder in den Vordergrund und handelte es sich nach der maßgeblichen tatsächlichen Betrachtungsweise um Wald i. S. von § 2 Abs. 1 LWaldG. Indem die Antragsteller die fragliche Fläche gerodet und die Stubben entfernt haben, haben sie ihrerseits eine nicht genehmigte Waldumwandlung durchgeführt und zugleich gegen die Auflage aus der Waldumwandlungsgenehmigung vom 4. Mai 2001 verstoßen, wonach der vorhandene Baumbestand möglichst zu erhalten ist. Zudem sind Kahlschläge nach § 10 Abs. 1 LWaldG verboten (repressives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, vgl. Koch a.a.O., § 10 Nr. 4.1.1; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. März 2017 – OVG 11 S 77.16 –, juris). Die kahlgeschlagenen Flächen gelten indes weiterhin als Wald, § 2 Abs. 2 Nr. 1 LWaldG.

d) Zu den in § 1 Abs. 1 HolzSiG benannten Rechtsakten zählt unter anderem die EU-HolzhandelsVO. Gemäß ihrem Art. 1 legt die Verordnung u.a. die Verpflichtungen der Marktteilnehmer fest, die erstmalig Holz und Holzerzeugnisse auf dem Binnenmarkt in Verkehr bringen.

Vorliegend war zu besorgen, dass die Antragsteller entgegen Art. 4 Abs. 1 der EU-HolzhandelsVO illegal geschlagenes Holz in den Verkehr bringen würden. Denn die markierte Holzmenge wurde unter Verstoß gegen das Kahlschlagverbot des § 10 LWaldG geschlagen. Holz, das entgegen dem Kahlschlagverbot des § 10 Abs. 1 LWaldG geschlagen wird, gilt als illegal geschlagen i.S.d. EU-HolzhandelsVO.

(1) Nach Art. 4 Abs. 1 der EU-HolzhandelsVO ist das Inverkehrbringen von Holz oder Holzerzeugnissen aus illegalem Einschlag verboten. Der Begriff „illegal geschlagen“ wird in Art. 2 lit. g) EU-HolzhandelsVO definiert. Danach bezeichnet „illegal geschlagen“: im Widerspruch zu den einschlägigen Rechtsvorschriften des Landes des Holzeinschlags geschlagen.

§ 10 Abs. 1 Satz 2 LWaldG definiert Kahlschläge legal als Holzerntemaßnahmen, die freilandähnliche Verhältnisse bewirken und damit mindestens zeitweilig zum Verlust von Schutzfunktionen des Waldes führen. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 LWaldG liegt ein Kahlschlag regelmäßig dann vor, wenn der Holzvorrat auf einer zusammenhängenden Fläche von über 2 ha auf weniger als 40 vom Hundert des nach gebräuchlichen Ertragstafeln oder bekannter standörtlicher Wuchsleistung üblichen Vorrats reduziert wird.

(2) Vorliegend ist das Regelbeispiel des § 10 Abs. 1 Satz 3 LWaldG erfüllt, mit der Folge, dass ein Kahlschlag vorliegt und das geschlagene Holz als illegal geschlagen i.S.d. EU-HolzhandelsVO gilt. Damit liegen zugleich die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 HolzSiG vor.

Die Holzerntemaßnahmen erstrecken sich unstreitig auf eine zusammenhängende Gesamtfläche von insgesamt ca. 4,5 ha. Der ermittelte Bestockungsgrad des verbliebenen Oberbestandes beträgt nach den Feststellungen des Antragsgegners 0,0. Auf dieser Fläche wurde der gesamte aufstockenden Bestand inklusive der Holzpolter entfernt. Der Bestockungsgrad des verbliebenen Oberbestandes belief sich daher auf null; die Fläche wurde baumfrei geschlagen.

(3) Soweit die Antragsteller hinsichtlich der gefällten Bäume darauf hinweisen, dass aufgrund der zunehmenden trockenen Jahre und Stürme sich der Zustand der Bäume (alter Robinien- und Kiefernbestand) seit dem Jahr 2017 stark verschlechtert habe, sodass entsprechende Maßnahmen unumgänglich gewesen wären, kommt es entgegen der Auffassung der Antragsteller für die Annahme eines Kahlschlags nicht auf den Willen oder die Willensrichtung des Verursachers im Sinne seiner subjektiven Einschätzung an. Ein subjektives Tatbestandselement etwa im Sinne eines zu beachtenden Sorgfaltsmaßstabs ist § 10 Abs. 1 LWaldG nicht zu entnehmen. Derartige Erwägungen mögen im Rahmen der Ahndung eines Kahlschlags als Ordnungswidrigkeit gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 4 LWaldG eine Rolle spielen, wenn es um die Frage geht, ob ein Kahlschlag vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wurde. So heißt es dort: Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 10 Abs. 1 einen Kahlschlag führt. Darum geht es vorliegend jedoch nicht. Entscheidend ist, dass die Bäume (objektiv) gefällt worden sind. Ob und was die Antragsteller mit dem vollständigen Kahlschlag subjektiv beabsichtigten, kann dahinstehen.

(4) Der Bescheid ist hinsichtlich der verschiedenen Polter hinreichend bestimmt gemäß § 1 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg – i. V. mit § 37 Verwaltungsverfahrensgesetz (des Bundes). Er verweist im Tenorpunkt 2 auf die der Ordnungsverfügung vom 26. April 2023 beiliegenden Lagepläne mit Bilddokumentation (Anlage 2).

(5) Die Antragsteller sind die richtigen Adressaten der Untersagungsverfügung. Sie sind verantwortliche Marktteilnehmer i.S.d. Art. 2 lit. c) EU-HolzhandelsVO. Danach ist Marktteilnehmer jede natürliche oder juristische Person, die Holz oder Holzerzeugnisse in Verkehr bringt. Inverkehrbringen ist gemäß Art. 2 lit. b) EU-HolzhandelsVO jede erstmalige entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe von Holz oder Holzerzeugnissen auf dem Binnenmarkt, unabhängig von der angewandten Verkaufstechnik, zum Vertrieb oder zur Verwendung im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit.

(6) Der Antragsgegner hat schließlich das ihm eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.

(a) Bei § 2 Abs. 1 Satz 1 HolzSiG handelt es sich um eine Ermessensnorm. Dabei ist zu beachten, dass die Vorschrift der zuständigen Behörde nur ein Auswahl-, nicht jedoch ein Entschließungsermessen einräumt. So heißt es eindeutig: „Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen […]“ und nicht etwa: „Die zuständige Behörde kann die erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen treffen […]“. Nachdem der Antragsgegner das Vorliegen eines (illegalen) Kahlschlags festgestellt hatte, war er folglich von Gesetzes wegen verpflichtet, die erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen zu treffen.

(b) Das Auswahlermessen hat der Antragsgegner ordnungsgemäß ausgeübt. Neben der Geeignetheit zur Erreichung eines legitimen Zwecks (Verhinderung künftiger Verstöße gegen die EU-Holzhandels-VO durch das Inverkehrbringen illegal geschlagenen Holzes) ist die Untersagung des Inverkehrbringens erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Untersagungsverfügung stellt gegenüber der gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 lit. a) HolzSiG ebenfalls in Betracht kommenden Beschlagnahme und Einziehung das mildere Mittel dar.

(c) Die Mitgliedsstaaten sind zudem gemäß Art. 19 Abs. 1 EU-Holzhandels-VO gehalten, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Durchführung der Bestimmungen der Verordnung sicherzustellen. Zu diesem Zweck haben sie Sanktionen für Verstöße gegen die Bestimmungen der EU-Holzhandels-VO festzulegen, die gemäß Art. 19 Abs. 2 EU-Holzhandels-VO wirksam, verhältnismäßig und abschreckend wirken. Ein Nichteinschreiten des Antragsgegners wäre mit diesen Vorgaben des EU-Rechts nicht vereinbar (vgl. hierzu insgesamt VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 14. Februar 2019 – 5 K 1620/17 –, Rn. 33 - 53, juris).

4. An der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung besteht angesichts des Verwaltungsgrundsatzes der Effektivität der Gefahrenabwehr ein besonderes öffentliches Interesse. Dies gilt insbesondere, da das gelagerte Holz nach Feststellung der unteren Forstbehörde zwischen dem 8. Juni 2023 und dem 5. Juli 2023 (größtenteils) abgefahren wurde und daher die konkrete Gefahr besteht, dass das illegal geschlagene Holz alsbald in den Marktkreislauf gebracht wird. Zudem besteht das öffentliche Interesse auch zur Verhinderung künftiger Verstöße, § 2 Abs. 1 HolzSiG.

5. Gegen die Zwangsgeldandrohung ist nichts zu erinnern. Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen sind gegeben. Mit der wirksamen und sofort vollziehbaren Untersagungsverfügung gemäß Tenorpunkt 1 liegt ein vollstreckbarer Grundverwaltungsakt vor, § 3 Nr. 2 VwVGBbg. Aus der Androhung geht hinreichend bestimmt hervor, dass der Tatbestand in Bezug auf Tenorpunkt 1 unabhängig davon, ob Teil- oder Nichterfüllung der Anordnung erfolgt, als erfüllt gelten soll. Das Zwangsgeld ist gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 1 VwVGBbg ein zulässiges Zwangsmittel. In Übereinstimmung mit §§ 28, 30 VwVGBbg wurde das Zwangsgeld schriftlich in bestimmter Höhe angedroht, die Androhung mit dem Grundverwaltungsakt verbunden und ordnungsgemäß per Übergabeeinschreiben mit Rückschein zugestellt. Eine Fristsetzung war entbehrlich, da eine Unterlassung erzwungen werden soll, § 28 Abs. 1 S. 3 VwVGBbg. Die Höhe ist mit 1.000,00 € ohne weiteres angemessen i.S.d. § 30 Abs. 2 VwVGBbg.

Die vorstehenden Erwägungen gelten dem Grundsatz nach auch für die der Ordnungsverfügung vom 26. April 2023 vorangegangene Ordnungsverfügung vom 12. April 2023 entsprechend, die nach dem damaligen Sachstand 50% des lagernden Holzes betraf.

6. Schließlich bleibt der vorläufige Rechtsschutzantrag auch hinsichtlich der Gebührenentscheidungen in den Ordnungsverfügungen vom 12. April 2023 und 26. April 2023 ohne Erfolg, da sich die Gebührenentscheidungen voraussichtlich als rechtmäßig erweisen.

Rechtsgrundlage für die Gebührenfestsetzung sind §§ 1 Abs. 1, 3 und 15 Gebührengesetz für das Land Brandenburg (GebGBbg) i.V.m. §§ 1, 3 sowie Tarifstelle Nr. 17 der Anlage 2 zur Verordnung zur Erhebung von Verwaltungsgebühren in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft sowie Jagd (GebOLandw, GVBl. II/14 [Nr. 47]). Die erhobenen Gebühren sind rechtmäßig, wenn die ihnen zugrundeliegenden Amtshandlungen rechtmäßig sind, die in Anspruch genommenen Gebührenschuldner sind und die Gebühren innerhalb eines etwaig vorgegebenen Gebührenrahmens angemessen sind. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Untersagungsverfügungen sind nach den gemachten Erläuterungen rechtmäßig. Die Antragsteller haben den Kahlschlag und die darauf ergangene Untersagungsverfügung zurechenbar veranlasst. Die Gebührenfestsetzungen sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

aa) Der Antragsgegner hat den erforderlichen Zeitaufwand in der Ordnungsverfügung vom 12. April 2023 wie folgt veranschlagt:

- in Stunden 10,00 g.D. für die Erstellung des Bescheides, Zuarbeit des Revierleiters, Ortstermin

- in Stunden 1,00 m.D. für die Erstellung des Bescheides

Dieser Aufwand ist nachvollziehbar. Er umfasst die Erfassung des Kahlschlages, die Ermittlung, Erfassung und Kennzeichnung des illegal eingeschlagenen Holzes sowie die Zuarbeit für den Erlass der Ordnungsverfügung. In den der Berechnung zu Grunde liegenden Zeiten sind auch die Zeiten für Ortsbesichtigungen, einschließlich der An- und Abreise berücksichtigt. Diese Ausführungen geben keinen Anlass zu Beanstandungen. Berechnungsfehler sind nicht ersichtlich (vgl. § 3 Abs. 1 Buchst. b und c GebOLandw). Die Antragsteller selbst sind den Gebührenentscheidungen auch nicht weiter substantiiert entgegengetreten (vgl. auch VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 14. Februar 2019 – 5 K 1620/17 –, Rn. 59 - 63, juris).

bb) In der Ordnungsverfügung vom 26. April 2023 hat der Antragsgegner den weiteren Zeitaufwand als geringer eingeschätzt:

- in Stunden 2,00 g.D. für die Erstellung des Bescheides, Zuarbeit des Revierleiters, Ortstermin

- in Stunden 1,00 m.D. für die Erstellung des Bescheides

Auch dieser Aufwand ist ohne weiteres nachvollziehbar dargestellt und nicht zu beanstanden. Die Antragsteller haben sich hierzu ebenso nicht verhalten.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts richtet sich nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes. Die Kammer hat hinsichtlich der beiden Ordnungsverfügungen jeweils den Auffangstreitwert zugrunde gelegt, der angesichts der Vorläufigkeit der begehrten Entscheidung zu halbieren war. Die Verwaltungsgebühren waren im vorläufigen Rechtsschutzverfahren jeweils mit ¼ des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes zu berücksichtigen (Ziff. 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).