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Entscheidung 11 O 56/13


Metadaten

Gericht LG Cottbus Kammer für Handelssachen Entscheidungsdatum 17.12.2013
Aktenzeichen 11 O 56/13 ECLI ECLI:DE:LGCOTTB:2013:1217.11O56.13.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden, begehrt von dem Beklagten, einem in Lauchhammer niedergelassenen Arzt, die Unterlassung verschiedener Äußerungen im Zusammenhang mit einem in einer Zeitschrift erschienenen Beitrag über KernspinResonanz- Therapie und Zahlung von Abmahnkosten.

In der Zeitschrift „...“, Ausgabe ..., erschien auf einer Doppelseite links auf Seite ... mit dem Hinweis „Ratgeber“ ein Artikel mit der Überschrift „KernspinResonanzTherapie: Moderne Behandlungsmethode bei Arthrose“.

Rechts auf Seite ... der Doppelseite sind linksseitig auf einer Seitenbreite von ca. 1/3 mit dem Hinweis „Anzeige“ und der Überschrift „Anwender von therapeutischen Kernspin in ihrer Nähe“ 10 Arztpraxen mit Namen und Adressen aufgeführt, unter anderem auch der Beklagte.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Anzeige verwiesen, Anlage K 3 BL 44 bis 47 d. A. bzw. Anlage K 12 Bl. 323 d. A.

Im November 2012 mahnte der Kläger zunächst den Gerätehersteller als vermeintlichen Auftraggeber der streitgegenständlichen Veröffentlichung erfolglos ab und nahm in im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung in Anspruch. Das Landgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 16.01.2013 den Antrag wegen mangelnder Passivlegitimation des Geräteherstellers abgewiesen. Auf das Urteil wird Bezug genommen (Anlage K 13, Bl. 334 f. d. A.).

In der Folge mahnte der Kläger im Januar 2012 erfolglos die Arztpraxen/Ärzte ab und nimmt sie in gesonderten Verfahren gerichtlich in Anspruch, so auch den Beklagten. Auf die Abmahnung wird verwiesen, Anlage K 4 Bl. 48 f. d. A.

Der Kläger ist der Auffassung, Prozessführungsbefugnis und Klagebefugnis seien gegeben. Er behauptet, die ausgelobte Wirkung einer Behandlung mit Magnetfeldtherapie sei wissenschaftlich ungesichert und in keiner Weise belegt. Hieraus ergebe sich ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 3 Nr. 1 HWG und § 5 Abs. 1 Abs. 2 Nr. 1 UWG. Der Beklagte sei als Anzeigenkunde auch für den Inhalt des redaktionellen Beitrages verantwortlich. Dies folge auch aus der äußerlichen Aufmachung der Anzeige, die optisch eine Einheit darstelle. Die Anzeige sei graphisch als auch inhaltlich und ihrem Sinn nach aus einem Guss gestaltet. Es spräche auch für sich, dass der Beklagte bis heute die Anzeigenrechnung nicht vorgelegt habe.

Der Kläger beantragt:

I. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft,

oder

einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen

am Beklagten,

zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für eine Magnetfeldtherapie,

insbesondere für eine „KernspinResonanzTherapie“ zu werben:

1.1.

„Behandlungsmethode bei Arthrose“,

1.2.

„Gelenke erhalten statt ersetzen“,

1.3.

„Weil es nichts Besseres als die eigenen Gelenke gibt, sollte jede Möglichkeit genutzt werden, diese so lang wie möglich zu erhalten. Bei einer fortgeschrittenen Arthrose ist der operative Einsatz eines künstlichen Gelenks häufig die letzt Option, um langfristig die eigene Beweglichkeit zu erhalten. Die KernspinResonanzTherapie versucht diesem Verlauf entgegenzuwirken, indem sie auf die Aktivierung körpereigener Regenerationsprozesse aufbaut“,

1.4.

„Patienten mit Arthrose steht ein umfangreiches Spektrum an therapeutischen Maßnahmen zur Verfügung … Viele der vorhandenen Möglichkeiten zielen jedoch nur auf eine Reduzierung der Symptome und erreichen so häufig nur eine kurzzeitige Linderung des Schmerzes. Eine Behandlung der Ursachen dagegen bietet die therapeutische KernspinResonanz“,

1.5.

„Diese in Deutschland entwickelte, auf der Technik der bewährten MagnetResonanzTomografie (MR) basierende, Verfahren setzt ab der Ursache von Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, dem Verschleiß von Knorpelgewebe, an“,

1.6.

„Warum wirkt die Therapie so gut?

Die MBST®-KernspinResonanz-Therapie bietet … ein nicht operatives und natürliches Verfahren, um die

Zellregeneration des Knorpels wieder anzuregen. Dies

geschieht durch den gezielten Einsatz von Kernspinfeldern.

Abgestimmt auf den jeweiligen Gelenk- bzw. Gewebetyp wird so durch die effektive Übertragung von Energie in die Zelle ein Regenerationsprozess im Körper ausgelöst.

Dadurch kann es gelingen, den Zellstoffwechsel erneut zu aktivieren und vorhandenes aber geschädigtes Knorpelgewebe nachhaltig zu regenerieren“,

1.7.

„Klinische Studien bestätigen der MBST®-

KernspinResonanz-Therapie eine hohe Wirksamkeit sowie einen über vier und mehr Jahre andauernden Behandlungserfolg“,

1.8.

„Patienten berichten meist schon im Verlauf der Behandlung von einer deutlichen Schmerzreduktion, einer Verbesserung der Beweglichkeit und somit einem hohen Zugewinn an Lebensqualität“,

II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 166,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Er ist der Auffassung, dem Kläger fehle die Klagebefugnis und der Kläger sei auch nicht zur Geltendmachung der Ansprüche aktiv legitimiert.

Das Verhalten des Klägers sei missbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG. Der Rechtsmissbrauch werde vor allem dadurch belegt, dass der Kläger die einzelnen Arztpraxen in getrennten Verfahren in Anspruch nehme. Dies gelte vor allem, soweit die Arztpraxen in demselben Landgerichtsbezirk ansässig seien.

Der Beklagte behauptet, er habe den redaktionellen Beitrag in der Zeitschrift „...“ nicht in Auftrag gegeben, sondern nur die auf Seite ... der Ausgabe der Zeitschrift befindliche Gemeinschaftsanzeige. Dem Beklagten sei bei Schaltung der Gemeinschaftsanzeige nur bekannt gewesen, dass eine redaktionelle Berichterstattung zum therapeutischen Einsatz von Kernspineffekten in der Zeitschrift „...“ erfolgen solle. Er habe auch keinen Einfluss auf den Inhalt des Beitrages gehabt, insbesondere keine Möglichkeit zur Untersagung des Erscheinens. Dem Beklagten sei der redaktionelle Text auch vor Veröffentlichung nicht vorgelegt worden. Ihm sei der Inhalt des Beitrages erst nach Erscheinen und Auslieferung der Zeitschrift bekannt geworden.

Unabhängig davon behauptet der Beklagte unter Berufung auf von ihm vorgelegte zahlreiche Studien den wissenschaftlichen Nachweis der Wirkungen der MBST-Therapie.

Zuletzt erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Es kann zunächst dahingestellt bleiben, ob der Kläger nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG prozessführungsbefugt ist. Was die Prüfungsreihenfolge angeht, kann aus Gründen der Prozessökonomie offen bleiben, ob die Klagebefugnis oder Anspruchsberechtigung besteht, wenn bereits eine Rechtsprüfung ergibt, dass der Anspruch nicht besteht und damit die Klage unbegründet ist (vgl. BGH GRUR 1999, 1119; BGH GRUR 2003, 804; Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. § 8 Rn. 3.66). Dies ist hier der Fall.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten nach § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 3 Nr. 1 HWG, § 5 Abs. 1 Abs. 2 Nr. 1 UWG der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, da der Beklagte nicht passiv legitimiert ist.

Der Kläger vermochte nicht den Nachweis zu erbringen, dass der Beklagte für die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Beitrags in der Zeitschrift „...“ verantwortlich ist. Insoweit obliegt dem Kläger als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für einen Wettbewerbsverstoß des Beklagten.

Für eine wettbewerbswidrig redaktionelle Werbung in einer Zeitschrift ist vorrangig der Verleger verantwortlich. Eine Verantwortlichkeit für den Wettbewerbsverstoß der Presse nach § 8 Abs. 2 UWG setzt voraus, dass die Presse bei Veröffentlichung der redaktionellen Werbung als Beauftragter des durch die redaktionelle Werbung begünstigten Unternehmens tätig wird. Dazu müsste das Unternehmen dem Verlag einen Auftrag zur Veröffentlichung erteilt und ihm einen Spielraum zur Ausgestaltung der Veröffentlichung eingeräumt haben (vgl. Köhler/Bornkamm, aaO, § 4 Rn. 3.32, 3.34).

Ein Beweisangebot des Klägers für die zwischen den Parteien umstrittene Auftragserteilung des Beklagten zur Veröffentlichung des streitgegenständlichen Beitrages über die KernspinResonanzTherapie liegt nicht vor. Unstreitig ist nur, dass der Beklagte zusammen mit anderen Ärzten bzw. Arztpraxen einen Anzeigenauftrag zu ihrer Nennung als Anwender der KernspinResonanzTherapie erteilt hat. Mit diesem Anzeigenauftrag allein hat der Beklagte jedoch noch nicht die Veröffentlichung der redaktionellen Werbung selbst beauftragt. Eine Rechnung des Zeitungsverlages an den Beklagten liegt nicht vor. Es lässt sich danach auch nicht feststellen, ob ein Auftrag des Beklagten zur Veröffentlichung des Artikels selbst vorlag. Unstreitig ist insoweit nur ein Auftrag zur Gemeinschaftsanzeige.

Auch die Ausgestaltung der streitgegenständlichen Veröffentlichung in der Zeitschrift „...“ lässt nicht den Schluss dahin zu, dass der Beklagte die redaktionelle Werbung in Auftrag gegeben hat. Die Gestaltung redaktioneller Beiträge liegt grundsätzlich im eigenen Verantwortungsbereich des Pressorgans. Es bleibt daher die Möglichkeit offen, dass der Zeitungsverlag den redaktionellen Beitrag ohne Auftrag veröffentlicht hat.

Auch ein eigener Wettbewerbsverstoß des Beklagten lässt sich nicht feststellen. Unabhängig von weiteren Voraussetzungen sind bereits konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die redaktionelle Werbung vorliegend auf Informationen des Beklagten zurückzufuhren ist, weder von dem Kläger vorgetragen noch ersichtlich. Insoweit reicht auch nicht aus, dass die Ärzte bzw. Arztpraxen als Anwender von therapeutischem Kernspin auf der rechten Seite der Anzeige aufgeführt werden. Im Übrigen wäre selbst für den Fall, dass der Beklagte Informationen an das Presseorgan weitergeleitet hat, erforderlich, dass gerade auch die angegriffenen Aussagen von dem Beklagten stammen. Auch das lässt sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen.

Mangels berechtigter Abmahnung kann der Kläger von dem Beklagten auch nicht Zahlung der Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG verlangen.

Die Kammer war an der Entscheidung auch nicht dadurch gehindert, dass sie in der mündlichen Verhandlung die vorläufige Rechtsauffassung geäußert hat, dass möglicherweise eine Passivlegitimation des Beklagten vorliegen könnte. Die Passivlegitimation des Beklagten und der anderen abgemahnten Ärzte ist ein zentraler Punkt der Verfahren. Das Gericht darf ohne vorherigen Hinweis nicht auf rechtliche Gesichtspunkte abstellen, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (vgl. BVerfG ZIP 1995, 1850). Dass die Klage an mangelnder Passivlegitimation des Beklagten scheitern kann, wer nach dem bisherigen Prozessverlauf ohne Weiteres denkbar.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.