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Entscheidung 7 U 102/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 7. Zivilsenat Entscheidungsdatum 08.11.2023
Aktenzeichen 7 U 102/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:1108.7U102.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 31.05.2022, Az. 5 O 259/20, abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung, hilfsweise auf Abrechnung, im Zusammenhang mit einer Genussrechtsbeteiligung sowie einer atypisch stillen Beteiligung in Anspruch.

Die Beklagte ist eine Gesellschaft nach dem Recht Englands und Wales mit Sitz in (Stadt 01).

Der Kläger beteiligte sich im März 2005 an der (Firma 01) mit Sitz in (Stadt 02) als atypisch stiller Gesellschafter (GOF …) mit einer nominalen Einlage von 18.000 € und er erwarb im Januar 2005 Namens-Genussrechte mit Gewinn- und Verlustbeteiligung (VAG …) im Wert von insgesamt 10.000 € an der (Firma 02) mit Sitz in (Stadt 03).

Der Genussrechtsbeteiligung lagen die Genussrechtsbedingungen (Firma 02)-Absolute Return und 1J zugrunde. Danach ist eine Kündigung mit einer Frist von 6 Monaten frühestens zum Ablauf eines Geschäftsjahres seit Begebung der Genussrechte möglich. Nach § 6 Abs. 4 erfolgt die Rückzahlung der Genussrechte zu 100 % des Nennbetrages abzüglich eines etwaigen Verlustanteils. Wegen der Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Kopie der Genussrechtsbedingungen (Anlage K6, Bl. 24 ff., 25 d.A.) verwiesen.

Bei der Zeichnung der stillen Gesellschaftsanteile wurden der Verkaufsprospekt und die darin enthaltenen Gesellschaftsverträge zugrunde gelegt. Nach § 11 des Gesellschaftsvertrages erhält ein Gesellschafter, der ausscheidet, eine Abfindung, zu deren Ermittlung die Buchwerte zugrunde zulegen sind. Sofern der Zeitpunkt des Ausscheidens auf das Ende eines Geschäftsjahres fällt, ist dieser Stichtag für die Abfindungsermittlung entscheidend, ansonsten das Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres.

Die stille Beteiligung haftet - wie die Genussrechte - auch für Verluste bis zur vollen Höhe.

Wegen der Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Verkaufsprospekts sowie der Gesellschaftsverträge (Anlage K4, Bl. 590 ff. d.A.) verwiesen.

Die (Firma 02) wurde in die (Firma 03), ebenfalls mit Sitz in Österreich, umgewandelt. Die (Firma 03) und die (Firma 01) sind zum 31.12.2018 mit der Beklagten verschmolzen und inzwischen aus dem Register gelöscht.

Die Schlussbilanz der (Firma 03) zum 31.12.2017 weist einen Wert von 0 € aus. Die Schlussbilanz der (Firma 01) weist zum Stichtag 31.03.2018 ebenfalls einen Wert von 0 € aus.

In zwei Schreiben aus dem Februar 2019 (Anlage K 7) wurde der Kläger darüber informiert, dass aufgrund der Verschmelzung sich seine Genussrechte/-scheine sowie seine stille Beteiligung jeweils automatisch in Aktien der Beklagten gewandelt hätten. Der rechnerische Wert der stillen Beteiligung wurde zum 31.03.2018 mit 12.600,00 € angegeben und der rechnerische Wert der Genussrechtsscheine zum 31.12.2018 mit 4.597,80 €. Zum rechnerischen Wert wird in dem jeweiligen Anschreiben erläutert, dass diesem die Werte der Rechnungslegung mit Stand vom 31.12.2018 zugrunde lägen und bezüglich der stillen Beteiligung hierbei die steuerlich nutzbare Verlustzuweisung berücksichtigt worden sei. Die Darstellungen zum Wert der Genussrechte bzw. dem rechnerischen Anteil an der Kapitalrücklage, dem Gesamtbeteiligungsbuchwert und dem rechnerischen Beteiligungsbuchwert sowie deren Berechnung stellten kein Anerkenntnis dar und begründeten keine Zahlungspflichten/ -rechte der Beklagten gegenüber dem Anleger.

Mit Anwaltsschreiben vom 19.08.2020 (Anlage K 8) kündigte der Kläger seine atypisch stille Beteiligung sowie die Genussrechtsbeteiligung außerordentlich und fristlos und forderte die Beklagte unter Fristsetzung zum 02.09.2020 zur Rückzahlung der von ihm eingezahlten 28.000 € auf.

Die Prozessbevollmächtigen der Beklagten wiesen die vom Kläger abgegebenen Erklärungen zur Beendigung des Vertrages unter Hinweis auf dafür fehlende Voraussetzungen zurück.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er sei berechtigt gewesen, die mit der (Firma 01) sowie der (Firma 03) geschlossenen Verträge zu kündigen.

Er habe eine Genussrechtsbeteiligung erworben, die nicht durch die Verschmelzung der früheren (Firma 02) mit der Beklagten in eine Aktienbeteiligung habe einseitig verändert werden können. Dasselbe gelte für seine atypisch stille Beteiligung bei der (Firma 01).

Der Kläger hat die Auszahlung seines angelegten Betrages von 28.000 € nebst Zinsen sowie die Zahlung seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten beantragt.

Hilfsweise hat er beantragt, die atypisch stille Beteiligung sowie die Genussrechtsbeteiligung zum 31.12.2018 abzurechnen und sich das hieraus ergebende Auseinandersetzungsguthaben auszuzahlen.

Mit Schriftsatz vom 01.03.2022 hat er ferner die Stellung von zwei Hilfsanträgen angekündigt (Bl. 379 und 380 d.A., Feststellung, dass die Genussrechtsbeteiligung ordentlich bis zum 31.12.2021 gekündigt worden ist und Feststellung, dass die stille Beteiligung ordnungsgemäß zum 31.12.2022 gekündigt worden ist). Diese Anträge sind im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht gestellt worden.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat eingewandt, das Landgericht Neuruppin sei international nicht zuständig, insbesondere da die Zustellung der Klage erst im Jahr 2021 erfolgt sei und daher § 18 EuGVVO nicht mehr gelte. Der Kläger sei zudem kein Verbraucher, sondern nach der Umwandlung Gesellschafter der Beklagten, da er sogenannte „B-Anteile“ infolge der Verschmelzung erhalten habe, die mit den ursprünglichen Anteilen gleichwertig seien. Es handele sich infolgedessen um eine gesellschaftsinterne Streitigkeit, die an dem für den Sitz der Beklagten maßgeblichen Gerichtsstand in England zu führen sei.

Sie ist der Auffassung gewesen, dass die Kündigung nicht wirksam erklärt worden sei, zudem sei zum maßgeblichen Stichtag die Beteiligung infolge einer Kapitalherabsetzung auf „0“ reduziert worden, wie die zum Zeitpunkt der Umwandlung am 31.12.2018 gefertigte Bilanz ausweise.

Außerdem sei die Kündigung nicht unverzüglich erfolgt, sondern erst 18 Monate nach Kenntnis der maßgeblichen Umstände.

Wegen des Sachverhaltes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand und die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils ergänzend Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 28.000 € nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass es international zuständig sei, weil der Kläger als Verbraucher Geld angelegt habe und der dadurch begründete Gerichtsstand auch gegenüber der Beklagten als Rechtsnachfolgerin Geltung behalte. Nachdem die Klage noch im Jahr 2020 bei Gericht eingegangen sei, gelte auch bei Zustellung der Klage im Jahr 2021 die EuGVVO. Die (Firma 01) und die (Firma 03) seien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Deutschland gewerblich tätig gewesen, so dass eine internationale Zuständigkeit anzunehmen sei.

Die Klage sei auch bis auf die als Nebenforderung geltend gemachten Anwaltskosten begründet. Ein Anspruch auf Rückzahlung des vom Kläger eingebrachten Kapitals ergebe sich aus den von den Parteien vereinbarten Regelungen. Eine Umwandlung in eine Aktienbeteiligung habe ohne Zustimmung des Klägers nicht erfolgen können. Die Beteiligungen seien wirksam gekündigt worden. Die Wirksamkeit der Kündigung richte sich nach österreichischem Recht.

Die Herabsetzung des Kapitals auf „0“ könne die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, da sie keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen habe, dass ihr die Auszahlung des Kapitals unzumutbar sei. Auch habe die Kapitalherabsetzung nicht der getroffenen Abrede entsprochen.

Anwaltskosten seien hingegen nicht zu erstatten, da die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten vor Fälligkeit der Hauptforderung erfolgt sei.

Gegen das am 03.06.2022 zugestellte Urteil hat die Beklagte am selben Tag Berufung eingelegt und der Kläger am 29.06.2022.

Der Kläger wendet sich gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin insoweit, als dieses die ihm entstandenen vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten für nicht erstattungsfähig erachtet hat. Die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sei wegen einer schuldhaften Verletzung des Gesellschaftsvertrages über die stille Beteiligung des Klägers bei der (Firma 01) und der Genussrechtsbeteiligung gemäß §§ 275 Abs. 1, 280 Abs. 1, 283 BGB geschuldet. Dies habe das Landgericht verkannt.

Das angerufene Gericht sei international und örtlich zuständig gewesen. Trotz des zwischenzeitlich vollzogenen Brexit sei die Zuständigkeit nach Art. 6, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 der Brüssel Ia Verordnung zu bestimmen. Art. 6 gelte auch für Großbritannien.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe ihre Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag verletzt, da keine Zustimmung zur Verschmelzung eingeholt worden sei. Es gelte § 5 Abs. 2 und 3 asGV. Eine außerordentliche Kündigung sei auch im August 2020 noch möglich gewesen, da diese sich an § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 BGB orientiere.

Nach der Verschmelzung seien dem Kläger gerade keine gleichwertigen Rechte eingeräumt worden.

Sollte das Gericht davon ausgehen, dass aufgrund der Verschmelzung die atypisch stille Beteiligung nicht mehr existiere, so mache der Kläger einen Schadensersatzanspruch geltend. Er sei pflichtwidrig erst im Februar 2019 über die zum 31.12.2018 vollzogene Verschmelzung informiert worden. Der Schadensersatzanspruch gehe auf Naturalrestitution. Er sei so zu stellen, als sei er über die Verschmelzung rechtzeitig informiert worden. Dann hätte er dieser widersprochen und wäre aus der Gesellschaft ausgeschieden. In Anwendung des Rechtsgedankens des § 235 Abs. 1 HGB könne er daher die Auszahlung eines Abfindungsguthabens nach § 15 des Vertrages über die Errichtung einer atypischen Gesellschaft verlangen. Es bestehe auch aus diesem Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Einlagesumme wegen der von der (Firma 01) zu vertretenden Unmöglichkeit der Erfüllung des stillen Beteiligungsvertrages nach §§ 275 Abs. 1, 280 Abs.1, 283 BGB.

Hinsichtlich der Genussrechtsbeteiligungen sei eine außerordentliche Kündigung möglich gewesen, da die Genussrechte mangels Gleichwertigkeit nicht in Aktien haben umgewandelt werden dürfen. Jedenfalls bestehe ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB. Die Umwandlung der Genussrechte sei nachteilig gewesen, da dem Kläger keine gleichwertigen Rechte in dem übernehmenden Rechtsträger eingeräumt worden seien. Die Genussrechte in Höhe von 10.000 € an einer Gesellschaft mit 250 Mitarbeitern an 17 Standorten und aktuellen Vermögenswerten von über 3,2 Milliarden Euro für mehr als 60.000 private Anleger und institutionellen Investoren seien mit Genussrechten, die nur mittelbar über eine andere Gesellschaft gehalten würden in Höhe von 0,001 € pro bisherigem 1 € Anteil an einer englischen Limited ohne Mitarbeiter und einem Stammkapital von 242,50 € nicht vergleichbar. Damit sei auch gegen § 226 öAktG verstoßen worden. Aus der Rechtmäßigkeitsbescheinigung des Handelsgerichts (Stadt 03) folge nicht, dass dem Kläger gleichwertige Rechte eingeräumt worden seien. Dies werde in diesem Zusammenhang gar nicht geprüft.

Die Genussrechtsbeteiligungen seien nur temporär auf ein Minimum abgewertet worden. Die Beklagte sei für einen Abzug eines etwaigen Verlustanteils gemäß § 5 der Genussrechtsbedingungen darlegungs- und beweisbelastet. Jedenfalls bestehe ein Schadensersatzanspruch. Die dem Kläger am 31.12.2018 überlassenen Aktien hätten nicht denselben wirtschaftlichen Wert wie die Genussrechte.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 31.05.2022 zum Aktenzeichen 5 O 259/20 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger den verbleibenden Rest der entstandenen außergerichtlichen Geschäftsgebühr gemäß §§ 13, 14 Nr. 2300 VV RVG i.H.v. 1.714,44 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

2. unter Abänderung des am 31.05.2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Neuruppin, Az.: 5 O 259/20, die Klage abzuweisen.

Die Berufung des Klägers habe keine Aussicht auf Erfolg, da sich die Beklagte gegenüber dem Kläger zum Zeitpunkt der anwaltlichen Beauftragung nicht im Verzug befunden habe. Auch fehle Vortrag dazu, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers zunächst nur den Auftrag zu einer außergerichtlichen Klärung erhalten hätten. Schließlich sei die Rechnung überzogen und es werde bestritten, dass diese bezahlt worden sei.

Zur Begründung ihres eigenen Rechtsmittels wiederholt die Beklagte ihre Auffassung, dass die Klage schon unzulässig sei.

Das Landgericht Neuruppin sei schon nicht international zuständig gewesen. Die Klage sei zwar noch im Jahr 2020 bei Gericht eingegangen. Da die Zustellung aber erst im Juli 2021 erfolgt sei, könne diese nicht im Sinne des § 167 ZPO demnächst erfolgt sein. Damit könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Verfahren im Jahr 2020 im Sinne des Art. 67 Abs. 1 a) und Art. 126 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft eingeleitet worden sei.

Nach dem Brexit sei eine internationale Zuständigkeit in der vorliegenden Konstellation gerade nicht gegeben (vgl. LG Dresden, Urteil vom 3.2.22 – 9 O 1128/21).

Dem Kläger fehle auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage, da ein etwaiges obsiegendes Urteil mangels Existenz eines Exequaturverfahrens nicht für vollstreckbar erklärt werden könne.

Die Klage sei auch unbegründet.

Die Genussrechte des Klägers seien anlässlich der Verschmelzung wirksam beendet und durch gleichwertige Rechte surrogiert worden, was sich aus Art 226 Abs. 3 öAktG ergebe. Auch existiere die Genussrechtsemittentin nicht mehr. Dies ergebe sich aus Art. 225a Absatz 3 öAktG.

Mangels Bestehens hätten die Genussrechte am 19.08.2020 nicht mehr gekündigt werden können.

Ein Genussrechtsinhaber sei kein Gläubiger, sondern ein Inhaber von Sonderrechten. Sonderrechte seien von der wirtschaftlichen Entwicklung der übertragenden Gesellschaft abhängig und bei Übernahme der Rechte auch von der Ertrags-, Vermögens- und Liquiditätslage des Übernehmenden. Dies ergebe sich aus Artikel 13 und 14 der Richtlinie 78/855. Die Anteile des Klägers seien zutreffend zum 31.12.2017 auf „0“ bilanziert worden. Dies entspreche dem im Verschmelzungsplan vorgesehenen Stichtag. Auf eingezahltes Genusskapital seien 56.658.238,08 € an Verlusten zugewiesen worden. Zum Stichtag habe sich die Verlustbeteiligung daher vollständig realisiert. Die B-Anteile mit einem Nominalwert von jeweils 0,001 € seien daher wirtschaftlich gleichwertig.

Es bestehe auch kein Anspruch des Klägers und keine Verpflichtung der Beklagten auf Abrechnung des Rückzahlungsanspruches zum 31.12.2017, 31.12.2018 oder 19.08.2020.

Eine fristlose Kündigung sei wegen § 314 Abs. 2 BGB nach 18 Monaten nicht fristgerecht im Sinne des § 314 Abs. 3 BGB. Auch bestehe mangels Pflichtverletzung gar kein Kündigungsgrund.

Zur atypisch stillen Beteiligung enthalte das Urteil gar keine Ausführungen und sei daher schon deswegen offenkundig fehlerhaft. Es sei von der Einzelrichterin nur ein Urteil des Brandenburgischen OLG zu Genussrechten abgeschrieben worden, welches aber in der Begründung auf das vorliegende Verfahren gar nicht passe. Der atypisch stille Gesellschafter könne, wenn er wie hier am Verlust beteiligt sei, nicht die Rückzahlung seiner Einlage verlangen. Zur Höhe eines etwaigen Abfindungsguthabens habe der Kläger aber nichts dargetan. Zu eigenen Steuervorteilen durch Verlustzuweisungen habe er sich wahrheitsgemäß erklären können und dürfe Verluste nicht mit Nichtwissen bestreiten. Zumindest sei auch kein Schaden eingetreten, da die atypisch stille Beteiligung des Klägers zum Zeitpunkt der Verschmelzung wertlos gewesen sei, was sich aus den eingereichten Jahresabschlüssen (Anlagen B 1 und B 2) vom 31.12.2017 und 31.03.2018 ergebe.

Österreichisches Recht sei auf die Beteiligung bei der (Firma 01) mit Sitz in (Stadt 02) keinesfalls anwendbar.

Gemäß § 230 Abs. 1 HGB gehe die Einlage in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäftes über und gemäß § 235 Abs. 1 HGB habe sich der Inhaber des Handelsgeschäftes nach Auflösung der stillen Gesellschaft mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen. Von dieser gesetzlichen Vorlage werde vorliegend durch den Gesellschaftsvertrag nicht abgewichen. Der atypisch stille Gesellschafter könne, wenn er am Verlust beteiligt sei, nie die Rückzahlung seiner Einlage verlangen (BGH II ZR 204/57, WM 1960, 13). Der Kläger habe zur Höhe eines Abfindungsguthabens zu einem bestimmten Zeitpunkt nichts dargelegt. Da die atypisch stille Gesellschaft zum Zeitpunkt der Verschmelzung wertlos gewesen sei, fehle es auch an einem Schaden.

Die Verschmelzung sei rechtmäßig und wirksam und die übertragende Gesellschaft erloschen. Mit Ablauf des 31.12.2018 habe die stille Beteiligung geendet. Hierfür seien dem Kläger gleichwertige Rechte eingeräumt worden. Eine Zustimmung des Klägers sei nicht erforderlich gewesen. Die B Anteile vermittelten genauso wie die atypisch stille Beteiligung die folgenden Rechte: Gewinnbeteiligung, Verlustbeteiligung, Nachrang gegenüber anderen Gläubigern, Beteiligung am Vermögen, stillen Reserven und Unternehmenswert. Auch bestehe in beiden Fällen keine Nachschusspflicht. Da es in Großbritannien keine atypisch stille Beteiligung gebe, sei die Einräumung gleichartiger Rechte ausreichend gewesen.

Eine Kündigung habe am 19.08.2020 nicht mehr erfolgen können, da die stille Beteiligung nicht mehr bestanden habe. Jedenfalls sei eine Kündigung aber verfristet gewesen.

Auch die Zahlung eines rechnerischen Wertes sei nicht geschuldet. Dieser sei durch den Abzug des Steuervorteils vom eingezahlten Betrag bestimmt worden und entspreche nicht einem Abfindungsguthaben.

Ergänzend wird auf die angefochtene Entscheidung sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

1.

Auf die zulässige Berufung der Beklagten ist das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

a.

Die internationale Zuständigkeit, die auch in der Berufungsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 28.11.2002 – III ZR 102/02, NJW 2003, 426 Rn. 10; BGHZ 115, 90, 91; BGHZ 134, 127, 129), ist gegeben. Für das Verfahren sind deutsche Gerichte zuständig.

Trotz des mittlerweile vollzogenen Brexits ist der zuvor, nämlich noch im Jahr 2020, anhängig gewordene Rechtsstreit nach den Regelungen der EuGVVO zu beurteilen. Dies ergibt sich aus Art. 67 Abs. 1 lit. a) des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirlands aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft vom 24.01.2020 (ABl. L 29, 7 vom 31.01.2020).

Danach finden die europarechtlichen Regelungen über die internationale Zuständigkeit in der für bis zum 31.12.2020 eingeleitete Verfahren geltenden Übergangsfrist Anwendung, Art. 126, Art. 127 Abs. 1 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirlands aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft vom 24.01.2020 (ABl. L 29, 7 vom 31.01.2020).

Die Zuständigkeit richtet sich nach Art. 66 Abs. 1, 17 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 EuGVVO. Danach gilt für Verfahren, die Ansprüche aus einem Vertrag betreffen, den eine Person, der Verbraucher ist, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zuzurechnen ist, der für die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen anwendbare Abschnitt 4 des EuGVVO, wenn der andere Teil in dem Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (MüKoZPO/Gottwald, Art. 17 EuGVVO Rn 9; Dörner/ EG-Anerkennungs/VollstreckungsZustVO, Art. 17 EuGVVO Rn. 13; Musielak/Voit/Stadler § 17 EuGVVO Rn. 7b; OLG Frankfurt, NJW-RR 2009, 645) hatte die (Firma 01) ihren Sitz in (Stadt 02) und die (Firma 03) in (Stadt 03), beide vertrieben ihre Kapitalanlagen deutschlandweit. Damit war eine gewerbliche Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland gegeben. Der Kläger war berechtigt, die Klage in der Verbrauchersache nach Art. 18 Abs. 1 EuGVVO vor dem Gericht des Ortes zu erheben, wo er seinen Wohnsitz hat.

Soweit die Beklagte später Rechtsnachfolgerin der (Firma 01) und der (Firma 03) geworden ist, kann sie sich nicht auf ihre fehlende eigene Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland berufen. Vielmehr bleibt die Rechtsnachfolge ohne Einfluss auf die einmal begründete internationale Zuständigkeit (BGH, Urteil vom 09.02.2017 – IX ZR 67/16, MMR 2018, 95).

Der Kläger handelt auch nicht als Aktionär der Beklagten mit der Folge, dass für die internationale Zuständigkeit Gesellschaftsrecht Anwendung finden würde. Er hat eine schuldrechtliche Genussrechtsbeteiligung gezeichnet.

Genussrechte sind Dauerschuldverhältnisse eigener Art, die keine Mitgliedschaftsrechte begründen, sondern schuldrechtliche Ansprüche, die gesellschafter- oder aktienrechtlichen Ansprüchen lediglich nachgebildet sein können (BGH, Urteil vom 05.10.1992 - II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, juris Rn 9 bzw. zu Genussrechten österreichischen Rechts: OGH, Entscheidung vom 06.07.2010 - 1Ob105/10p - ZFR 2010/140, S. 221, Ziffer 7.1. ).

Auch die atypisch stille Beteiligung als bloß interne Beteiligung an einem Unternehmen ist nicht gesellschaftsrechtlicher Natur, sondern vertragsrechtlich zu qualifizieren(BGH, WM 2004, 2150, Rn 4; NJW 2015, 2581, Rn. 12).

Aus der nach Auffassung der Beklagten ohne Mitwirkung des Klägers gegen dessen Willen erfolgte Umwandlung der stillen Beteiligung in eine Beteiligung durch B Shares ergibt sich nichts anderes.

Ein abweichender internationaler Gerichtsstand ist nicht vereinbart worden.

b.

Auf die gezeichneten Anlagen ist deutsches Recht anzuwenden. Die in Deutschland wohnende Klägerin zeichnete zur Geldanlage ihr in Deutschland angebotene Genussrechtsbeteiligungen an einer Gesellschaft, die von einem Betriebssitz in Deutschland um die Zeichnungen warb. Nach dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch anwendbaren Art. 28 Abs. 1 EGBGB ist das Recht des Staates anwendbar, zu dem er die engsten Verbindungen aufweist. Dies ist hier das deutsche Recht.

Ebenso ist die Konstellation bei der stillen Beteiligung an der (Firma 01) mit Sitz in (Stadt 02).

c.

Die Genussrechte sind nicht kraft Gesetzes in Aktien umgewandelt worden.

Soweit die Folgen der Verschmelzung auf die erworbene Genussrechtsbeteiligung zu prüfen sind, findet ebenfalls deutsches Recht Anwendung. Für grenzüberschreitende Verschmelzungen gilt zwar grundsätzlich, dass das Recht desjenigen Staates Anwendung findet, nach dessen Recht der übernehmende Rechtsträger gegründet wird (EuGH Urteil vom 12.07.2012 - C 378/10 „Vale“). Allerdings gilt Abweichendes für Finanzierungsvereinbarungen, die die zuziehende Gesellschaft vor der Verschmelzung geschlossen hat.

Bei der hier eingetretenen Umwandlung handelt es sich nach dem Vortrag der Beklagten um eine grenzüberschreitende Verschmelzung durch Aufnahme, die die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2005/56/EG vom 26.10.2005 erfüllt, da die (Firma 03) nach dem Vortrag der Beklagten ihr Vermögen auf die Beklagte übertragen hat. Die Norm regelt den Fall der Aufnahme durch eine Gesellschaft, die nicht zuvor Anteilsinhaberin der übergehenden Gesellschaft ist. Dies war hier der Fall. Für die Umwandlung sieht Art. 14 Abs. 1 lit. a RL 2005/56/EG vor, dass das Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft übergeht. Dies bewirkt, dass die übernehmende Gesellschaft hinsichtlich sämtlicher Verträge, die von der übertragenden Gesellschaft geschlossen wurden, als Partei an deren Stelle tritt. Damit ist das Recht, das vor der Verschmelzung auf diese Verträge anzuwenden war, auch nach der Verschmelzung anzuwenden (EuGH, IPrax 2016, 589 Rn. 57).

d.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens nach außerordentlicher Kündigung. Obwohl er nach eigenem Vortrag im Februar 2019 Mitteilungen an die Anleger erhielt, erklärte er die Kündigung der Anlagen erst im August 2020.

Ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 314 BGB stand dem Kläger zu dieser Zeit nicht mehr zu, da es jedenfalls nicht innerhalb der gemäß § 314 Abs. 3 BGB vorgesehenen angemessenen Frist ausgeübt worden ist.

Die Frist hat den Zweck, dem anderen Vertragspartner in angemessener Zeit Klarheit über den Bestand des Vertrages zu verschaffen. Zudem ist davon auszugehen, dass ein längeres Zuwarten dafür spricht, dass der zur Kündigung Berechtigte das Festhalten am Vertrag nicht für unzumutbar hält. Dabei sind die tatsächlichen Umstände, die Bedeutung des Kündigungsgrundes, die Auswirkungen für die Beteiligten und der Umfang der für den Kündigenden zuvor vorzunehmenden Prüfungen zu berücksichtigen (BGH, NZM 2010, 552, Rn. 13). Unter Beachtung aller Umstände ist hier davon auszugehen, dass eine nach ungefähr anderthalb Jahren erklärte Kündigung nicht mehr innerhalb angemessener Frist vorgenommen ist. Dass der Kläger sich vor seiner Kündigung zunächst bei der Beklagten nach der Bedeutung der Umwandlung der Beteiligung in B-Aktien erkundigte oder rechtlichen Rat einholte, begründet eine derart lange Frist nicht. Vielmehr wäre er binnen eines Zeitraums von bis zu sechs Monaten in der Lage gewesen, Informationen einzuholen, um sich Klarheit zu verschaffen, ob er infolge der Verschmelzung die Kündigung erklären will.

e.

Die ordentliche Kündigung der Genussrechte konnte der Kläger gemäß der Genussrechtsbedingungen mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten erklären, die ordentliche Kündigung der atypisch stillen Beteiligung mit einer Kündigungsfrist von 24 Monaten zum Ende eines Geschäftsjahres. Auf Auseinandersetzungswerte der Genussrechte bzw. der stillen Beteiligung nach Ablauf dieser Fristen auf die im August 2020 erklärte Kündigung, wenn sie wie eine ordentliche wirken sollte, stützt der Kläger aber seine Klage nicht.

Die angekündigten Hilfsanträge zur Feststellung, dass die jeweiligen Beteiligungen ordentlich gekündigt wurden, hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Über diese ist daher nicht zu befinden.

f.

Auch ein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung des § 23 UmwG ist nicht begründet. Nach § 23 UmwG sind den Inhabern von stimmrechtslosen Sonderrechten an dem übertragenden Rechtsträger bei der Verschmelzung gleichwertige Rechte in dem übernehmenden Rechtsträger zu gewähren. Sowohl Genussrechte als auch stille Beteiligungen sind solche Sonderrechte, da sie keine Stimmrechte gewähren, aber eine Gewinnbeteiligung vorsehen, die durch die Verschmelzung an dem dann größeren Unternehmen und wegen des veränderten Verhältnisses des Anteils am Gesamtvermögen der Gefahr einer Entwertung unterliegen.

Ob die von der Beklagten hier gewährten Rechte, die sogenannten B-Aktien gleichwertig sind, hängt von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ab. Maßgeblich ist die inhaltliche Ausgestaltung und Anpassung auf die durch die Verschmelzung herbeigeführte Situation (BGH, NZG 2013, 987). Soweit der Anspruch auf Gewährung gleichwertiger Rechte nicht erfüllt wird, kann der Inhaber des Sonderrechts die Rechte geltend machen, die sich ergäben, wenn ihm die Rechte, die ihm zustehen, gewährt worden wären (vgl. BGH, NZG 2013, 987, 992, für Gewinnansprüche aus einer Genussrechtsbeteiligung, die der dortige Kläger trotz Umwandlung geltend machte). Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob die gewährten B-Aktien gegenüber den Genussrechten und der atypisch stillen Beteiligung gleichwertig sind. Denn der Kläger vermag nicht darzulegen, dass der Anspruch auf „Anpassung“ hier zu einem Zahlungsanspruch nach dem Umwandlungsstichtag führt.

aa)

Der Kläger beruft sich darauf, dass die B-Aktien wirtschaftlich weniger attraktiv seien, vor allem weil sie - anders als die Genussrechte - nicht kündbar seien. Die Gleichwertigkeit im Einzelnen kann indes dahinstehen, da dem Kläger als Folge einer nicht gleichwertig gewährten Anlage kein Anspruch auf Auszahlung der ursprünglichen Anlagesumme oder in Höhe der im Februar 2019 mitgeteilten rechnerischen Bewertung zustehen könnte. Auch wenn dem Kläger wirtschaftlich gleichwertige, nämlich kündbare Rechte gewährt worden wären, hätte er die Anlage in Form der Genussrechte kündigen und - allein - deren Wert im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung verlangen können. Ausgehend vom Vortrag der Parteien führte hier aber die Auszahlung der Genussrechte nicht zu einem Zahlungsanspruch. Vielmehr ist wegen einer vollen Verlusttragung der Genussrechte bereits zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Umwandlung ohne Darlegung weiterer Umstände nicht davon auszugehen, dass bei Wirksamwerden der Kündigung von nach der Umwandlung gebildeten Anteilen ein Guthaben bestanden hätte, das auszuzahlen wäre.

Die Beklagte hat hier vorgetragen, dass die Genussrechte in der Bilanz für Verluste aus dem laufenden Geschäft aufgekommen sind und mit den Verlusten zu verrechnen waren. Sie hat mitgeteilt, dass aus der Veräußerung anderer von ihrer Rechtsvorgängerin gehaltener Anlagen ein negativer Saldo entstanden sei, der mit dem Genussrechtskapital ausgeglichen worden sei. Eine solche bilanzielle Verrechnung nach den Genussrechtsbedingungen war zulässig. Die hier anwendbaren Genussrechtsbedingungen (Anlage K 6, Bl. 25) sehen in § 5 Abs. 1 eine Verlustbeteiligung bis zur vollen Höhe der Anlage vor, da die Genussrechte vorrangig gegenüber anderen besonders geschützten Kapitalbestandteilen der Genussrechtsgeberin zu vermindern sind.

Diese bilanzielle Entwicklung der Beklagten bzw. der (Firma 03) hat der Kläger im hier geführten Verfahren nicht konkret angegriffen. Er trägt mit der Berufung vor, dass die erheblichen Defizite ihm nicht nachvollziehbar seien. Die Beklagte ist aber nicht gehalten, auf diesen allgemein gehaltenen Einwand hin im Rechtsstreit die wirtschaftliche Entwicklung der (Firma 03) im Einzelnen darzustellen, da es der Kläger als Genussrechtsinhaber in der Hand hat, sich durch Auskunftsverlangen nähere Erkenntnis über einzelne Bilanzpositionen zu verschaffen und diese im Einzelnen zu bestreiten (vgl. BGH, NZG 2016, 983).

Die Beklagte hat erläutert, dass der „rechnerische Wert“ der umgewandelten Beteiligung in der Mitteilung über die Beteiligung vom Februar 2019 nicht den Auseinandersetzungswert im Fall einer Beendigung der Genussrechtsbeteiligung an der (Firma 03) darstellt, sondern den Wert, der sich für die in B-Aktien umgewandelten Genussrechte rechnerisch ergibt. Der Unterschied in der Bewertung der Genussrechte im Vergleich zu den B-Aktien bestehe darin, dass die Genussrechte ein Einzahlungskonto darstellen, das sich durch Gewinnausschüttungen erhöhen und durch Verluste vermindern kann. Es müsse bei einer Verminderung durch Gewinne in den folgenden Jahren aufgewertet werden. Der rechnerische Wert der B-Aktien stelle den Wert des Anteils am Vermögen der Beklagten dar, der unter Einbeziehung des Unternehmenswertes und der stillen Reserven ermittelt worden sei. Er solle in die Zukunft gerichtet den zukünftig erzielbaren Wert der „neuen“ Beteiligung darstellen.

Der Text der an den Kläger übermittelten Informationen (Anlage K7, Bl. 26 u. 29) weist nicht auf Abweichendes hin und begründet keine weiteren Darlegungsanforderungen für die Beklagte. Nach deren Inhalt trete für die Zukunft infolge der Umwandlung der Genussrechte in B-Aktien eine Beteiligung an Vermögen, stillen Reserven und Unternehmenswert ein. Der Auszug ist mit dem Hinweis versehen, dass die „vorstehenden Darstellungen zum rechnerischen Wert der Genussrechte zum 31.12.2018, dem rechnerischen Anteil an der Kapitalrücklage, dem Gesamtbeteiligungsbuchwert und dem rechnerischen Beteiligungsbuchwert ... kein Anerkenntnis“ darstelle und „keine Zahlungspflichten/-rechte ... gegenüber dem Anleger“ begründe (Bl. 29).

Zu der zum Umwandlungsstichtag, dem 31.12.2017, geltenden Bewertung der Genussrechte hat die Beklagte vorgetragen: Das Genussrechtskapital von 74.203.120,02 € sei in der Bilanz der (Firma 03) zum 31.12.2017 mit einer Verlustzuweisung von 56.658.238,08 € verbucht worden, um kein negatives Jahresergebnis auszuweisen. Es handele sich um Veräußerungsverluste aus dem Jahr 2017, nicht um eine Beteiligung am Verlustvortrag. Der Jahresverlust sei dadurch auf null reduziert worden. Bei einer Bilanzierung nach den IFRS-Richtlinien ergebe sich trotz der Verrechnung mit den Genussrechten ein Jahresverlust.

Der für die Begründung seines Anspruchs darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat nicht dargelegt, inwiefern die Bilanzierung der Beklagten unrichtig sei oder die Verrechnung mit Verlusten den Genussrechtsbedingungen nicht entsprochen haben soll. Zwar trifft es zu, dass das Schreiben zur Umwandlung der Genussrechtsbeteiligung vom Februar 2019 insoweit nicht klar verständlich war, als sich der auf null reduzierte Wert der Genussrechtsbeteiligung zum Umwandlungsstichtag daraus nicht ersehen ließ. Vielmehr wurden dem Kläger - nach der Umwandlung - sogenannte „rechnerische Werte“ mitgeteilt, die einen positiven Eindruck von dem wirtschaftlichen Potential der Beklagten vermitteln sollten, die aber, wie sich aus dem Schreiben weiter ergibt, keine Verbindlichkeit haben und weder Zahlungspflichten noch -ansprüche begründen sollten. Zur Begründung eines bei Gewährung kündbarer Rechte zu erwartenden positiven Ergebnisses, das hier eine Zahlungspflicht der Beklagten begründen könnte, ist das Schreiben vom Februar 2019 damit nicht geeignet. Der Kläger hat einen Widerspruch der im Rechtsstreit von der Beklagten vorgetragenen tatsächlichen Entwicklung der Genussrechtsbeteiligung zu vorherigen Abrechnungen nicht aufgezeigt.

bb)

Auch hinsichtlich der Umwandlung der stillen Beteiligung in B-Aktien legt der Kläger eine ohne die Umwandlung potentiell eingetretene positive Entwicklung nicht dar. Die Beklagte hat sich auch insoweit auf ihre Bilanzen zum 31.12.2017 und 31.03.2018 berufen, die das Kapital der stillen Gesellschafter mit null ausweisen. Die vom Kläger vorgelegte Information vom Februar 2019 führt hier bereits die bis zum 31.03.2018 eingetretene Zuweisung von „steuerlich nutzbaren Verlusten in Höhe von bis zu 100 % des bis dahin investierten Kapitals“ auf (Anl. K7, Bl. 28 u. 27). Auch insoweit hat die Beklagte dargestellt, dass die stille Beteiligung durch Verluste auf null reduziert sei im Zeitpunkt der Umwandlung. Die stille Beteiligung haftet - wie die Genussrechte - auch für Verluste bis zur vollen Höhe (Anlage K 4, § 9 des Vertrages über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft, Bl. 602 R.).

Daher ergibt sich auch bei fehlender Gleichwertigkeit der gewährten Rechte an der Beklagten kein Anspruch aus § 23 UmwG auf Erstattung der Einlage in voller Höhe oder in Höhe des im Februar 2019 mitgeteilten rechnerischen Wertes.

2.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen insoweit nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung des Senats beruht auf einer abweichenden Würdigung des vorgetragenen Sach- und Streitstandes im Einzelfall und der darauf beruhenden Beurteilung der Frage, ob die Beklagte ihrer erweiterten Darlegungslast zum Wert der Anlagen im Zeitpunkt der Umwandlung ausreichend nachgekommen ist.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 28.000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 48 Abs. 1, § 45 Abs. 2 GKG).