Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Altersvorsorgezulage für das Beitragsjahr 2005

Altersvorsorgezulage für das Beitragsjahr 2005


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 03.07.2014
Aktenzeichen 10 K 10078/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 19. Februar 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2013 verpflichtet, dem Kläger für das Beitragsjahr 2005 eine Altersvorsorgezulage in Höhe von 76 Euro (Grundzulage) zu gewähren.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger für das Beitragsjahr 2005 einen Anspruch auf Altersvorsorgezulage als mittelbar Zulageberechtigter hat.

Der Kläger war im Jahr 2005 als Steuerberater Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks. Seit dem Jahr 2002 verfügt er über einen nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz -AltZertG- zertifizierten Altersvorsorgevertrag. Der mittlerweile geschiedene Kläger war in 2005 noch verheiratet. Seine vormalige Ehefrau verfügte seit dem Jahr 2003 ebenfalls über einen nach § 5 AltZertG zertifizierten Altersvorsorgevertrag, auf den sie im Beitragsjahr 2005 160 Euro einzahlte. Für 2005 hatte die damalige Ehefrau des Klägers Anspruch auf Kindergeld für zwei Kinder. Sie war ursprünglich rentenversicherungspflichtige Angestellte in der Steuerberatungskanzlei des Klägers. Ihr vom 01. Januar 2004 bis einschließlich 19. Dezember 2004 bezogener Bruttoarbeitslohn betrug 12.739 Euro. Vom 20. Dezember 2004 bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses am 31. Mai 2006 war sie krankgeschrieben und erhielt kein Entgelt des Arbeitgebers. Ausweislich einer Bestätigung der zuständigen Krankenkasse vom 26. Januar 2005 erhielt die damalige Ehefrau des Klägers vielmehr ab dem 20. Dezember 2004 Krankengeld in Höhe von täglich 25,60 Euro brutto, wovon die Krankenkasse unter anderem 2,50 Euro Rentenversicherungsbeitrag einbehielt. Der Auszug aus dem Rentenkonto der vormaligen Ehefrau des Klägers weist daher für 2005 durchgängig Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung aus.

Der Kläger und seine vormalige Ehefrau beantragten für 2005 jeweils die Altersvorsorgezulage (Grundzulage bzw. Grundzulage und zwei Kinderzulagen). Für 2005 beantragten sie ferner die Zusammenveranlagung zu Einkommensteuer und machten darin die von der Ehefrau in Höhe von 160 Euro geleisteten Altersvorsorgebeiträge als Sonderausgaben geltend. Das zuständige Finanzamt veranlagte die damaligen Eheleute zwar zusammen zur Einkommensteuer, lehnte die Berücksichtigung der geltend gemachten Sonderausgaben jedoch mit der Begründung ab, dass der Anspruch auf Altersvorsorgezulage günstiger sei.

Die Beklagte ließ dem Kläger die Grundzulage für 2005 und seiner damaligen Ehefrau die Grundzulage und zwei Kinderzulagen für 2005 zunächst gutschreiben. Nach einer Überprüfung der Zulageberechtigung ließ sie die Zulagen im Jahr 2010 allerdings wieder zurückbuchen, weil sie zu jenem Zeitpunkt aus ungeklärten Gründen keine Versicherungspflicht der vormaligen Ehefrau des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung feststellen konnte. Der Kläger beantragte daraufhin fristgerecht die Festsetzung der Altersvorsorgezulage 2005 über seine Anbieterin bei der Beklagten. Seine vormalige Ehefrau tat dies nicht. Zum September 2012 kündigte die vormalige Ehefrau des Klägers ihren Altersvorsorgevertrag (schädliche Verwendung).

Mit Bescheid vom 19. Februar 2013 lehnte die Beklagte die Festsetzung der beantragten Zulage ab. Der Kläger sei weder unmittelbar noch mittelbar zulageberechtigt. Die mittelbare Zulageberechtigung scheitere daran, dass seine damalige Ehefrau im Beitragsjahr 2005 nicht unmittelbar zulageberechtigt gewesen sei.

Hiergegen erhob der Kläger fristgerecht Einspruch. Seine Ehefrau sei während des gesamten Beitragsjahres 2005 in der inländischen Rentenversicherung pflichtversichert gewesen. Denn sie habe im Beitragsjahr 2005 Krankengeld bezogen, woraus gemäß § 3 Satz 1 Nr. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB VI- eine Rentenversicherungspflicht folge.

Mit Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2013 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Für das Beitragsjahr 2005 habe die damalige Ehefrau des Klägers weder eine Altersvorsorgezulage noch eine Steuerermäßigung erhalten. Daher sei sie für dieses Jahr nicht unmittelbar zulageberechtigt, weshalb der Kläger in der Folge nicht mittelbar zulageberechtigt sei.

Hiergegen wehrt sich der Kläger fristgerecht mit seiner Klage.

Die Beklagte negiere die Voraussetzungen der unmittelbaren Zulageberechtigung seiner vormaligen Ehefrau im Beitragsjahr 2005 zu Unrecht. § 79 Satz 2 Einkommensteuergesetz -EStG- setze nur den Anspruch auf Altersvorsorgezulage des Ehegatten voraus, nicht die tatsächliche Erfüllung dieses Anspruchs.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 19. Februar 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2013 zu verpflichten, eine Altersvorsorgezulage in Höhe von 76 Euro zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zwar sei die vormalige Ehefrau des Klägers für das Beitragsjahr 2005 möglicherweise unmittelbar zulageberechtigt gewesen. Ihre Beiträge seien jedoch nicht steuerverstrickt, denn sie habe für 2005 weder eine Zulage noch eine Steuerermäßigung erhalten.

Entscheidungsgründe

1.Die zulässige Klage ist begründet. Die in den angefochtenen Bescheiden enthaltene Ablehnungsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 101 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Die Beklagte hat dem Kläger die Gewährung der Altersvorsorgezulage zu Unrecht mit der Begründung verweigert, er sei für das Beitragsjahr 2005 nicht zulageberechtigt. Der Kläger erfüllt die in § 79 Satz 2 EStG in der für 2005 gültigen Fassung normierten Voraussetzungen einer mittelbaren Zulageberechtigung im Beitragsjahr 2005.
a)Der Kläger verfügte im Beitragsjahr 2005 über einen nach § 5 AltZertG zertifizierten Altersvorsorgevertrag.
b)Der Kläger gehörte als Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerkes nicht zu dem in §§ 79 Satz 1, 10a Abs. 1 EStG normierten Kreis der unmittelbar Zulageberechtigten. Die in § 10a Abs. 1 EStG verwendete Formulierung "in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte" zielt nicht auf pflichtversicherte Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke ab (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08. Mai 2014 10 K 14253/12, juris, Revision BFH X R 42/14).
c)Der Kläger und seine damalige Ehefrau erfüllten ausweislich des zur Akte gereichten Einkommensteuerbescheids im Beitragsjahr 2005 die in § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG normierten Voraussetzungen. Das zuständige Finanzamt hat sie zusammen zur Einkommensteuer 2005 veranlagt.
d)Die vormalige Ehefrau des Klägers erfüllte für das Beitragsjahr 2005 die Voraussetzungen des § 79 Satz 1 EStG in der damals geltenden Fassung, denn sie war eine nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigte unbeschränkt steuerpflichtige Person.
aa)Die damalige Ehefrau des Klägers gehörte als Empfängerin von Krankengeld und mithin gemäß § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte zu dem in § 10a Abs. 1 EStG normierten Kreis der unmittelbar Zulageberechtigten.
bb)Die damalige Ehefrau des Klägers hat im Beitragsjahr 2005 - wie in § 10a Abs. 1 EStG gefordert - Altersvorsorgebeiträge im Sinne des § 82 EStG auf einen auf ihren Namen lautenden nach § 5 AltZertG zertifizierten Altersvorsorgevertrag geleistet. Die von der Beklagten geforderte Steuerverstrickung der Beiträge ist kein im Gesetz genanntes Tatbestandsmerkmal. Dass die damalige Ehefrau des Klägers angesichts der materiell zu Unrecht erfolgten Rückbuchung der ihr zustehenden Altersvorsorgezulage den in § 90 Abs. 4 EStG vorgesehenen Festsetzungsantrag nicht gestellt hat, berührt den Anspruch des Klägers, der diesen Antrag rechtzeitig gestellt hat, auf Festsetzung der Altersvorsorgezulage somit nicht.
e)Die damalige Ehefrau des Klägers hat für das Beitragsjahr 2005 den erforderlichen Mindesteigenbeitrag (§ 86 Abs. 1 EStG in der für 2005 gültigen Fassung) geleistet (2% der beitragspflichtigen Einnahmen 2004 vermindert um den Anspruch auf Altersvorsorgezulage des unmittelbar und des mittelbar Zulageberechtigten). § 86 Abs. 2 Satz 1 EStG sieht daher die Gewährung einer ungekürzten Altersvorsorgezulage für den mittelbar zulageberechtigten Kläger vor. Die ungekürzte Grundzulage für das Beitragsjahr 2005 beträgt gemäß § 84 EStG 76 Euro.
2.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.
3.Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, da der Streitfall die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, ob eine Steuerverstrickung der vom unmittelbar Zulageberechtigten geleisteten Beiträge Voraussetzung einer mittelbaren Zulageberechtigung seines Ehegatten ist.