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Entscheidung 4 K 1552/18


Metadaten

Gericht VG Potsdam 4. Kammer Entscheidungsdatum 17.10.2023
Aktenzeichen 4 K 1552/18 ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2023:1017.4K1552.18.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 10 BauGB, § 9 BauGB, § 22 Abs 2 S 2 BauNVOBek90, § 72 BauO BB, § 141 KomVerf BB, § 3 KomVerf BB, § 4 KomVerf BB, § 1 BekV BB 2000, § 2 BekV BB 2000, § 5 GemO BB, § 113 Abs 5 S 1 VwGO, § 113 Abs 5 S 2 VwGO

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Dezember 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2018 verpflichtet, den Bauantrag der Klägerin vom 9. Mai 2017 für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem F...unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses.

Sie ist – nach Versterben ihres Ehemanns und vormaligen Klägers zu 2) am 15. Februar 2023, dessen Alleinerbin sie ausweislich des gemeinschaftlichen Testaments vom 10. Oktober 2022 ist – alleinige Eigentümerin des Grundstücks G... – letzteres haben die Klägerin und ihr Ehemann am 13. Mai 2016 an F...verkauft – sind durch Zerlegung aus dem F... entstanden, die am 26. Februar 2015 in das Grundbuch eingetragen wurde. Das an d... hat eine Größe von 701 m², ist unbebaut und grenzt im rückwärtigen Teil östlich an das mit einem Einfamilienhaus b... an, das eine Größe von 361 m² aufweist. Nördlich und südlich grenzt es an mit jeweils einem Einfamilienhaus bebaute Flurstücke an.

Wegen der näheren Einzelheiten zur Lage wird auf den nachfolgenden Auszug aus dem BrandenburgViewer verwiesen.

Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 18 „Ortskern Rehbrücke – Teilbereich A“ (im Folgenden: „Bebauungsplan Nr. 18“). Dieser wurde im Amtsblatt der Beigeladenen vom 12. September 2007 mit folgendem Inhalt bekannt gegeben:

In dem Bebauungsplan Nr. 18 ist für den Bereich, in dem das streitgegenständliche Grundstück belegen ist, als Art der baulichen Nutzung „WR“, „Reine Wohngebiete (§ 3 BauNVO)“, festgesetzt. Der Plan enthält zudem unter anderem folgende textliche Festsetzungen:

„Festsetzungen für Mindestgröße von Grundstücken

5) Mindestgröße für Baugrundstücke für Einzelhäuser:

In den Reinen Wohngebieten, den Allgemeinen Wohngebieten und den Mischgebieten wird die Mindestgröße von Baugrundstücken zur Errichtung von Einzelhäusern gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 BauGB mit 700 qm festgesetzt.

6) Mindestgröße für Baugrundstücke für Doppelhaushälften:

In den Reinen Wohngebieten, den Allgemeinen Wohngebieten und den Mischgebieten wird die Mindestgröße von Baugrundstücken zur Errichtung von Doppelhaushälften gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 BauGB mit 600 qm festgesetzt.

7) Die festgesetzten Mindestgrößen für Baugrundstücke gemäß der textlichen Festsetzung Nr. 5 und 6 gelten nicht für Grundstücke, die zum Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses (13.09.2005) bereits eine geringere Größe aufgewiesen haben.“

Am 9. Mai 2017 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann bei dem Beklagten eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit einer Nutzfläche von 221,65 m² auf dem F...

Nach Anhörung der Klägerin und ihres Ehemanns erließ der Beklagte den Bescheid vom 12. Dezember 2017, mit dem er die Erteilung der beantragten Baugenehmigung ablehnte und eine Gebühr in Höhe 1.155,00 Euro festsetzte. Zur Begründung führte er aus, dass das Bauvorhaben bauplanungsrechtlich nicht zulässig sei. Der Vorhabenstandort liege im Innenbereich und im Geltungsbereich des B...der eine GRZ von 0,2 sowie eine GFZ von 0,4 festsetze und eine Mindestgröße für Baugrundstücke für Einzelhäuser von 700 m² vorsehe. Dem Bauvorhaben stehe entgegen, dass das F... nach der erfolgten Teilung des ehemaligen F... nicht mehr die nach dem Bebauungsplan geforderte Mindestgrundstücksgröße, GRZ sowie GFZ einhalte.

Am 5. Januar 2018 legten die Klägerin und ihr Ehemann Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung führten sie unter anderem aus, dass der Bebauungsplan Nr. 18 dem Bauvorhaben nicht entgegenstehe. Es sei irrelevant, dass das F...nach der erfolgten Teilung nicht mehr die nach dem Bebauungsplan erforderliche Mindestgröße von 700 m² besitze. Denn das Haus werde auf dem F... geplant, nicht auf dem F... Der Bebauungsplan Nr. 18 sei im Übrigen unwirksam. Für die Festsetzung Nr. 7 über die Mindestgröße für Baugrundstücke gebe es keine Rechtsgrundlage. Der Bebauungsplan sei auch abwägungsfehlerhaft. Zahlreiche Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplans – etwa die F... – seien kleiner als 700 m². Der Bebauungsplan sei schließlich auch wegen formeller Fehler unwirksam. Die Bekanntmachungsanordnung fehle und sei nicht bekannt gemacht worden. Da der Fehler unter Geltung der alten Gemeindeordnung begangen worden sei, handele es sich um einen Ewigkeitsfehler. Die an sich nicht erforderliche Legalisierung der Grundstücksteilung könne zudem durch Erteilung einer Befreiung erreicht werden. Da das Gebäude nur eingeschossig geplant sei, werde die GFZ auf dem – unterstellt – ungeteilten Grundstück nicht überschritten. Das auf dem geteilten Grundstück bestehende Gebäude besitze Bestandsschutz.

Am 14. Mai 2018 haben die Klägerin und ihr Ehemann (Untätigkeits-)Klage erhoben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2018 wies der Beklagte den Widerspruchsbescheid zurück, bestimmte die Kostentragung durch die Klägerin und ihren Ehemann und setzte eine Gebühr in Höhe von 1.155,00 Euro fest. Zur Begründung führte er aus, dass auf das ehemalige Flurstück mit einer Größe von 1.062 m² abzustellen sei, weil die Grundstücksteilung rückgängig zu machen und dies deshalb gegenüber den Eigentümern der F... angeordnet worden sei. Auf dem bereits mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück dürfe nach dem Bebauungsplan Nr. 18 kein zweites Einfamilienhaus errichtet werden. Soweit die Klägerin die Unwirksamkeit des Bebauungsplans einwende, könne dies dahinstehen, da ihm, dem Beklagten, keine Normverwerfungskompetenz zustehe. Zudem seien Abwägungsfehler nicht ersichtlich. Das Ziel der Festsetzungen über die Mindestgrundstücksgrößen, angesichts des ständig wachsenden Baudrucks weitere kleinteilige Grundstücksteilungen zu verhindern und den Waldsiedlungscharakter und das Landschaftsbild zu sichern, sei nicht zu beanstanden. Die Ausnahme in der textlichen Festsetzung Nr. 7 für bereits vorhandene kleinere Altbestands-Grundstücke belege, dass eine ausreichende Auseinandersetzung mit der vorhandenen Situation erfolgt sei. Die von der Klägerin angeführten F... fielen unter die Ausnahmeregelung. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da sie weder zum Wohl der Allgemeinheit noch städtebaulich vertretbar wäre.

Nach Erlass des Widerspruchsbescheids haben die Klägerin und ihr Ehemann die Klage auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheids fortgesetzt und zur Begründung Folgendes ausgeführt: Weil es sich bei der fehlenden Bekanntmachungsanordnung um einen offensichtlichen Fehler des Bebauungsplans handele, sei der Beklagte verpflichtet, den Bebauungsplan nicht anzuwenden. Ferner sei der Bebauungsplan zum Zwecke der Ausfertigung nicht unterzeichnet worden. Es finde sich auf beiden Bebauungsplandokumenten jeweils nur eine Paraphe, nicht aber eine Unterschrift im Ausfertigungsfeld der Plandokumente. Eine Verknüpfung der Mindestgröße für Baugrundstücke mit der Bauweise, also Einzel- oder Doppelhaus, sei nicht zulässig. Es gebe keine Rechtsgrundlage für die Festsetzung einer Mindestgröße in Abhängigkeit von der Bebauung mit Einzelhäusern oder Doppelhäusern. Die Kombination verschiedener zulässiger Festsetzungen dürfe nicht zur Folge haben, dass auf diese Weise neue Festsetzungen entstehen, die von den Vorgaben des abschließenden Festsetzungskatalogs des Baugesetzbuchs inhaltlich abweichen. Die Festsetzung der Mindestgröße für Baugrundstücke sei ferner ungeeignet, das damit laut Planbegründung verfolgte Ziel, die Bebauung in zweiter Reihe zu verhindern, zu erreichen. Auch fehle eine sachgerechte Auseinandersetzung mit den vorhandenen Grundstücksgrößen. Der Begründung sei nicht zu entnehmen, dass die Beigeladene die Grundstücksgrößen im Geltungsbereich des Bebauungsplans ermittelt und bewertet und so die Interessen der Grundstückseigentümer abgewogen habe. Der pauschale Hinweis auf die Herausnahme kleinerer Grundstücke, ohne diese zu bezeichnen, reiche nicht, um die textliche Festsetzung Nr. 7 zu rechtfertigen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten, unter Änderung des Ablehnungsbescheides vom 12. Dezember 2017 und des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2018 zu verpflichten, auf den Bauantrag der Kläger vom 9. Mai 2017 die beantragte Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem F... zu erteilen

und die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheids ergänzend insbesondere aus, dass der Bebauungsplan Nr. 18 nicht an einem Ausfertigungsmangel leide. Unten links im Plandokument seien fünf unterschriebene Verfahrensvermerke vorhanden. Der vorletzte laute: „Der Bebauungsplan als Satzung wird hiermit ausgefertigt. Ort, Datum 13. Juli 07 Der Bürgermeister“. Dieser Verfahrensvermerk sei von H... unterschrieben, der zum damaligen Zeitpunkt hauptamtlicher Bürgermeister der Beigeladenen gewesen sei. Darüber hinaus trage der Verfahrensvermerk das gemeindliche Siegel mit der Nummer „1“. Diese Nummer sei dem Bürgermeister vorbehalten gewesen. Somit bestünden keine Zweifel, dass der Bebauungsplan ordnungsgemäß ausgefertigt worden sei, denn die Ausfertigung sei gemäß der Gemeindeordnung vom hauptamtlichen Bürgermeister vorgenommen worden. Im Übrigen sei auch „... lesbar.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie ist der Auffassung, dass ein Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung nicht bestehe. Das Bauvorhaben widerspreche der Festsetzung über Mindestgrundstücksgrößen des Bebauungsplans Nr. 18. Auf dem ungeteilten Gesamtgrundstück, auf das aufgrund der bebauungsplanwidrigen Flurstücksteilung abzustellen sei, sei nach den Festsetzungen des Bebauungsplans nur die Errichtung eines Einfamilienhauses zulässig. Der Bebauungsplan Nr. 18 sei wirksam. Er leide weder an formellen Mängeln, noch sei er inhaltlich zu beanstanden. Die Kombination der nach dem Festsetzungskatalog des Baugesetzbuchs zulässigen Festsetzungen über die Mindestgröße von Baugrundstücken und die Bauweise als Einzelhaus oder Doppelhaus sei zulässig. Dies hätten der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 1. März 2004 – 15 N 00.341 –, juris Rn. 30) und das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 8. Oktober 1998 – 4 C 1.97 –, juris Rn. 2) bestätigt. Die Kombination sei auch sinnvoll, weil die Beigeladene ihr planerisches Ziel so einfach erreichen könne und die Eigentümer im Vergleich zur Festsetzung von Baugrenzen oder Baulinien noch eigenen Gestaltungsspielraum bei der Bebauung ihrer Grundstücke hätten. Auch liege kein Abwägungsfehler vor. Ausweislich der Seiten 4 und 10 der Bebauungsplanbegründung diene die Festsetzung dem legitimen Ziel, den Waldsiedlungscharakter des Gebiets zu sichern und die fortschreitende bauliche Verdichtung zu verhindern. Soweit in den Ausführungen auf Seite 11 der Bebauungsplanbegründung von der vorhandenen Bebauung in zweiter Reihe die Rede sei, sei diese als Synonym für den Begriff der Nachverdichtung zu verstehen. Für die ordnungsgemäße Abwägung aller relevanten Belange sei es nicht erforderlich, zunächst die Größe jedes Grundstücks im Plangebiet zu ermitteln. Die Gemeinde müsse lediglich ermitteln, ob sie mit der Festsetzung einer Mindestgrundstücksgröße ihr Ziel erreichen könne, was sie, die Beigeladene, ausweislich der Ausführungen auf den Seiten 10, 11, 13 und 18 der Bebauungsplanbegründung unter Verweis auf den besonderen Gebietscharakter mit großen Grundstücken und vielen alten Baumbeständen und die Tendenz zur Grundstücksteilung und Nachverdichtung ausreichend getan habe. Sie habe sich einen Überblick darüber verschafft, dass die überwiegende Anzahl der Grundstücke größer als 700 m² gewesen sei und sei damit von den vorhandenen Grundstücksgrößen ausgegangen. Eine genaue zahlenmäßige Ermittlung, wie viele Grundstücke bereits geteilt waren, sowie eine weitere Auseinandersetzung mit der Größe der Grundstücke sei entbehrlich. Die Ausnahme in der textlichen Festsetzung Nr. 7 zeuge davon, dass sie das Ergebnis einer planerischen Abwägung sei, bei der die Belange der Eigentümer von kleineren Grundstücken, für die die Mindestgrößen-Festsetzung tatsächlich die Wirkung eines Bauverbots gehabt hätte, besonders gewichtet worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte, die von dem Beklagten überreichten Verwaltungsvorgänge sowie die Satzungsunterlagen der Beigeladenen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klägerin (allein) klagebefugt. Nach Versterben ihres Ehemanns treten keine weiteren Kläger in das Verfahren ein, weil die Klägerin nach dem Testament die alleinige Erbin ihres Ehemanns ist.

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Klägerin kommt ein Anspruch auf erneute Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu (§ 113 Abs. 5 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –). Der von dem Beklagten im Bescheid allein angeführte Versagungsgrund der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Bauvorhabens aufgrund eines Verstoßes gegen die textliche Festsetzung Nr. 5 des Bebauungsplans Nr. 18 trägt nicht. Die Ablehnung der begehrten Genehmigung durch Bescheid vom 12. Dezember 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Behörde ist zwar bei ihrer Entscheidung über die Erteilung einer Baugenehmigung nach § 72 Abs. 1 der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) kein Ermessen eingeräumt. Das hat zur Folge, dass für das Gericht grundsätzlich die Pflicht besteht, die Sache umfassend spruchreif zu machen (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Etwas anderes gilt aber im Fall eines sog. „steckengebliebenen" Genehmigungsverfahrens, wenn die Genehmigungsbehörde das Vorhaben, ohne seine Vereinbarkeit mit baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften umfassend zu prüfen, wegen eines bestimmten Rechtsverstoßes – etwa mangelnder Konformität mit einzelnen bauplanungsrechtlichen Anforderungen – ablehnt und damit eine ausreichende Sachaufklärung und eingehende inhaltliche Befassung mit dem Antrag auf Erlass des begünstigenden Verwaltungsaktes und dessen Voraussetzungen als Ganzes verhindert hat. Wenn der herangezogene Versagungsgrund die Ablehnung des Antrags nicht trägt und die Genehmigung nach dem bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisstand nicht schon aus anderen Gründen zu versagen ist, erlässt das erkennende Gericht ein Bescheidungsurteil im Sinne von § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. November 1997 – 4 B 179.97 –, juris Rn. 3; OVG Nordrhein-Westfahlen, Urteil vom 15. Juni 2012 – 2 A 2630/10 –, juris Rn. 134 ff. und Urteil vom 3. Februar 2011 – 2 A 1416/09 –, juris Rn. 131; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Mai 2005 – 8 A 10281/05 –, juris Rn. 20; VG Potsdam, Urteil vom 10. Juni 2020 – VG 5 K 6270/17 –, Umdruck Seite 6 f.). Vorliegend hat der Beklagte die Versagung der beantragten Baugenehmigung allein auf den Verstoß gegen die Festsetzung Nr. 5 des Bebauungsplans Nr. 18 über die einzuhaltenden Mindestgrundstücksgrößen gestützt, die, wie nachfolgend dargestellt, unwirksam ist. Aus diesem Grund kommt vorliegend (nur) ein Bescheidungsurteil in Betracht.

Der von dem Beklagten angeführte Verstoß des Bauvorhabens gegen den Bebauungsplan Nr. 18 vermag die Ablehnung der begehrten Baugenehmigung nicht zu begründen. Ob überhaupt ein Verstoß gegen die hier fragliche textliche Festsetzung Nr. 5 des Bebauungsplans Nr. 18 vorliegt, kann offenbleiben. Somit kommt es nicht darauf an, ob, wie die Klägerin meint, auf das aktuelle Vorhabenflurstück abzustellen ist, das eine Größe von 701 m² aufweist und somit die nach der textlichen Festsetzung geforderte Mindestgrundstücksgröße einhält, oder auf das ungeteilte ursprüngliche Flurstück, auf dem die Errichtung eines weiteren Hauses unzulässig wäre, weil durch die Teilung die Regelungen des Bebauungsplans umgangen werden sollten (vgl. für Letzteres Schulz, in: Jäde u. a., Bauordnungsrecht Brandenburg, 79. Aktualisierung März 2023, § 7 BbgBO Rn. 10). Es kommt – jedenfalls an dieser Stelle – auch nicht darauf an, ob die textliche Festsetzung unter Nr. 5 dahingehend zu verstehen ist, dass nur ein Einzelhaus auf einem Grundstück von mindestens 700 m² oder auch mehrere Einzelhäuser errichtet werden können. Denn das Bauvorhaben muss die textliche Festsetzung nicht einhalten, weil der Bebauungsplan unwirksam ist.

Die Wirksamkeit des Bebauungsplans ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens inzident zu überprüfen. In jedem Anfechtungs- und Verpflichtungsrechtsstreit hat das Gericht die Gültigkeit der Rechtsvorschriften zu prüfen, auf denen das zur Prüfung gestellte Verwaltungshandeln beruht. Sind Bauvorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans Verfahrensgegenstand, muss das Gericht von Amts wegen die Gültigkeit des Plans überprüfen. Diese Inzidentkontrolle von Bebauungsplänen ist auch geboten, wenn einem Normenkontrollantrag – wie vorliegend – die Frist des § 47 Abs. 2 VwGO entgegenstände. Über die Frage der Gültigkeit des Bebauungsplans wird in diesem Fall nicht allgemeinverbindlich entschieden, sondern die Feststellung ist als klärungsbedürftige Vorfrage nur ein Element der Begründung der gerichtlichen Entscheidung. Gemäß § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich gewordene Verfahrens- und Abwägungsfehler sind nicht zu berücksichtigen, denn die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214, 215 BauGB sind auch im Rahmen einer inzidenten Kontrolle des Bebauungsplans zu beachten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. September 2022 – OVG 2 B 19/20 –, juris Rn. 33 m. w. N. aus der Rspr.).

Der Bebauungsplan Nr. 18 leidet an (jedenfalls) einem formellen Fehler, der zu seiner Unwirksamkeit führt. Er ist unter Verstoß gegen die maßgeblichen Bekanntmachungsvorschriften veröffentlicht worden, weil der Bürgermeister der Beigeladenen keine Bekanntmachungsanordnung erlassen hat und diese auch nicht bekanntgemacht wurde. Dieser formelle Fehler ist auch nicht unbeachtlich und führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans.

Für die Bekanntmachung von Bebauungsplänen gilt § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Danach ist die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Abs. 1 BauGB zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben (§ 10 Abs. 3 Satz 2 BauGB). In der Bekanntmachung ist nach § 10 Abs. 3 Satz 3 BauGB darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung (§ 10 Abs. 3 Satz 5 BauGB). Das Bundesrecht trifft insoweit keine weiteren Regelungen, sondern setzt dem Landesrecht einen gesetzlichen Rahmen, der nicht überschritten werden darf. Welche Anforderungen im Einzelnen an die Verkündung bzw. Bekanntmachung vom Bebauungsplänen zu stellen sind, richtet sich daher nach den Bekanntmachungsvorschriften des Landes- und Ortsrechts (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. August 2009 – OVG 10 A 6.07 –, juris Rn. 38, und Urteil vom 21. November 2019 – OVG 10 A 12.16 –, juris Rn. 41 m. w. N. aus der Rspr., sowie Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 150. EL Mai 2023, § 10 Rn. 112 m. w. N.).

Die ortsübliche Bekanntmachung des Beschlusses des Bebauungsplans Nr. 18 nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB richtet sich vorliegend nach den Vorschriften der Gemeindeordnung für das Land Brandenburg in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Oktober 2001 (GVBl.I/01, S.154) zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 28. Juni 2006 (GVBl.I/06, [Nr. 07], S.74, 86) – GO –. Denn der Bebauungsplan Nr. 18 ist am 12. September 2007 bekannt gemacht worden, mithin vor Inkrafttreten der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg vom 18. Dezember 2007 (GVBl.I/07, [Nr. 19], S.286) – BbgKVerf a. F. – am 1. Januar 2008 (vgl. GVBl.I/07, [Nr. 19], S. 329). Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GO sind Satzungen vom hauptamtlichen Bürgermeister oder vom Amtsdirektor zu unterzeichnen und öffentlich bekanntzumachen. Diese Regelung wird durch die aufgrund des § 5 Abs. 3 Satz 3 GO vom Minister des Innern erlassene Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Vorschriften in den Gemeinden, Ämtern und Landkreisen vom 1. Dezember 2000 (GVBl.II/00, [Nr. 24], S.435) geändert durch Artikel 4 Nummer 9 des Gesetzes vom 20. April 2006 (GVBl.I/06, [Nr. 04], S.46, 48) – BekanntmV a. F. – und die Regelungen der Hauptsatzung der Beigeladenen ergänzt. In § 1 Abs. 1 Satz 1 BekanntmV a. F. ist normiert, dass Satzungen und sonstige ortsrechtliche Bestimmungen der Gemeinden, Ämter und Landkreise von dem Hauptverwaltungsbeamten (hauptamtlicher Bürgermeister, Amtsdirektor oder Landrat) in ihrem vollen Wortlaut bekannt gemacht werden, soweit keine sondergesetzlichen Bestimmungen bestehen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 4 BekanntmV a. F. ist die Bekanntmachungsanordnung des Hauptverwaltungsbeamten in den Akten schriftlich zu vermerken, zu datieren und mit seiner Unterschrift zu versehen. Sind Pläne, Karten oder Zeichnungen Bestandteile einer Satzung, so kann die öffentliche Bekanntmachung nach § 1 BekanntmV a. F. gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BekanntmV a. F. für diese Teile dadurch ersetzt werden, dass sie zu jedermanns Einsicht während der öffentlichen Sprechzeiten ausgelegt werden (Ersatzbekanntmachung). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BekanntmV a. F. wird die Ersatzbekanntmachung von dem Hauptverwaltungsbeamten angeordnet. Die Anordnung muss nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BekanntmV a. F. genaue Angaben über Ort und Dauer der Auslegung enthalten und zusammen mit der Satzung veröffentlicht werden.

Gemäß § 10 Abs. 3 BauGB werden Bebauungspläne, weil Pläne, Karten oder Zeichnungen Bestandteile dieser sind, stets nur durch Veröffentlichung des Beschlusses der Gemeinde bekannt gemacht, d. h. im Wege der Ersatzbekanntmachung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BekanntmV a. F. Deshalb bedarf es nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BekanntmV a. F. einer Anordnung der Ersatzbekanntmachung des Hauptverwaltungsbeamten, die mit den nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BekanntmV a. F. geforderten Angaben zusammen mit der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses zu erfolgen hat (zum Erfordernis der Bekanntmachung der Bekanntmachungsanordnung auch bei einer Ersatzbekanntmachung von Bebauungsplänen vgl. nur OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. November 2019 – OVG 10 A 12.16 –, juris Rn. 41 ff. m. w. N.). Vorliegend lässt sich schon die Anordnung der Ersatzbekanntmachung des seinerzeitigen Bürgermeisters der Beigeladenen dem Verwaltungsvorgang zu dem Verfahren über den Bebauungsplan Nr. 18 nicht entnehmen. Auch ist die Bekanntmachungsanordnung nicht zusammen mit der Ersatzbekanntmachung im Amtsblatt der Beigeladenen vom 12. September 2007 bekanntgemacht worden.

Dieser formelle Fehler ist weder nach §§ 214, 215 BauGB noch nach den landesrechtlichen Vorschriften unbeachtlich. Die fehlende und nicht bekanntgemachte Bekanntmachungsanordnung fällt nicht unter eine der Fallgruppen des § 214 BauGB. Auch ist der Fehler, obwohl er nicht (binnen eines Jahres) gerügt wurde, nicht nach der hier maßgeblichen Vorschrift des § 3 Abs. 4 BbgKVerf a. F. unbeachtlich. Nach der Überleitungsvorschrift in § 141 Abs. 3 BbgKVerf a. F. gilt § 3 Abs. 4 und 6 BbgKVerf a. F. auch für kommunale Satzungen, Rechtsverordnungen und Flächennutzungspläne, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes fehlerhaft öffentlich bekannt gemacht wurden, mit der Maßgabe, dass die Frist nach § 3 Abs. 4 Satz 1 mit dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes beginnt.

Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 BbgKVerf a. F. ist eine Verletzung von landesrechtlichen Verfahrens- oder Formvorschriften unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines Jahres seit der öffentlichen Bekanntmachung der Satzung – hier nach § 141 Abs. 3 BbgKVerf a. F. seit Inkrafttreten der BbgKVerf am 1. Januar 2008 – gegenüber der Gemeinde unter der Bezeichnung der verletzten Vorschrift und der Tatsache, die den Mangel ergibt, geltend gemacht worden ist. Zwar ist ausweislich der Verwaltungsvorgänge eine Rüge des Fehlens der Bekanntmachungsanordnung und deren Nicht-Bekanntmachung nicht erfolgt; dies wird auch von der Klägerin nicht behauptet, weshalb der Fehler danach unbeachtlich wäre. Nach § 4 Abs. 3 Satz 3 BbgKVerf a. F. gilt die Unbeachtlichkeit nach Satz 1 für die Verletzung von landesrechtlichen Verfahrens- oder Formvorschriften über die öffentliche Bekanntmachung jedoch nur dann, wenn sich die Betroffenen aufgrund der tatsächlich bewirkten Bekanntmachung in zumutbarer Weise verlässlich Kenntnis von dem Satzungsinhalt verschaffen konnten. Dies ist hier gerade nicht der Fall, weshalb der Bekanntmachungsfehler beachtlich ist. Das Fehlen der Bekanntmachungsanordnung hat sich vorliegend auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme von dem Satzungsinhalt ausgewirkt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BekanntmV a. F. muss die Bekanntmachungsanordnung genaue Angaben über Ort und Dauer der Auslegung enthalten. Die diesbezüglichen Angaben im tatsächlich bewirkten Bekanntmachungstext sind vorliegend so gestaltet, dass den Interessierten die Möglichkeit der Kenntnisnahme von dem Satzungsinhalt in relevanter Weise erschwert wurde. Denn in der Bekanntmachung im Amtsblatt der Beigeladenen vom 12. September 2007 wird zunächst mitgeteilt, dass der Bebauungsplan mit Begründung (nur) in der Zeit vom 20. September 2007 bis einschließlich 22. Oktober 2007 in dem mit Adressangabe benannten Service Center der Gemeindeverwaltung der Beigeladenen zu folgenden Zeiten ausliegt: Montag 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr, Dienstag bis Donnerstag 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr und Freitag 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Dann heißt es aber weiter ohne zeitliche Begrenzung, dass jedermann die Satzung über den Bebauungsplan Nr. 18 mit der Begründung in der Gemeindeverwaltung einsehen und Auskunft über den Inhalt verlangen kann. Die Angaben zur Dauer der Auslegung bzw. der möglichen Einsichtnahme erschweren die Kenntnisnahmemöglichkeit. Denn danach bleibt unklar, ob eine Einsichtnahme nur zu den Auslegungszeiten oder jederzeit möglich ist, was für sich bereits die Möglichkeit der Kenntnisnahme erschwert, weil ein interessierter Leser nicht sicher sagen kann, wann genau die Einsichtnahme möglich ist. Sollte die Auslegung und Einsichtnahme tatsächlich nur auf die in der Bekanntmachung angegebenen Zeiten, insbesondere nur für die Dauer eines Monats, beschränkt sein, würde auch dies die Möglichkeit der Kenntnisnahme von Satzungsinhalt merklich einschränken. Aufgrund dieses Befunds ist nicht davon auszugehen, dass sich die Betroffenen anhand der tatsächlich bewirken Bekanntmachung in zumutbarer Weise verlässlich Kenntnis von dem Satzungsinhalt verschaffen konnten. Da die Bekanntmachungsanordnung Angaben zur Dauer der Auslegung hätte enthalten müssen, hat sich deren Fehlen vorliegend auf die (erschwerte) Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Satzungsinhalt ausgewirkt.

Der Fehler führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 18. Denn die Bekanntmachungsanordnung hat nicht nur eine notarielle Funktion, sondern Entscheidungscharakter, weil hierdurch unter anderem festgelegt wird, zu welchem genauen Zeitpunkt die Satzung bekannt gemacht wird, welche Art der öffentlichen Bekanntmachung gewählt und wo, das heißt in welchem Veröffentlichungsorgan, die Bekanntmachung erfolgen soll. Dabei handelt es sich nicht nur um eine sanktionslose Ordnungsvorschrift, sondern um eine wesentliche Verfahrensvorschrift, deren Verletzung grundsätzlich die Ungültigkeit der Satzung zur Folge hat (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2012 – OVG 2 S 106.11 –, juris 13 m. w. N. aus der Rspr.).

Ob der Bebauungsplan Nr. 18 auch aus anderen Gründen an formellen Mängeln leidet, die zu seiner Unwirksamkeit führen – etwa, weil der Ausfertigungsvermerk lediglich mit einer Paraphe versehen sei, nach dem Wortlaut des Bekanntmachungstextes nur der Bebauungsplan und nicht der Beschluss der Gemeindevertretung bekanntgegeben, oder weil nicht auf die Möglichkeit der (dauerhaften) Einsichtnahme jedermanns während der Sprechzeiten hingewiesen wurde, sondern nur in der Zeit vom 20. September 2007 bis 22. Oktober 2007 – kann vor diesem Hintergrund dahinstehen. Ebenso wenig ist relevant, dass nach dem Vorbringen der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung überhaupt anstelle des Satzungsbeschlusses wegen der Unwirksamkeit des maßgeblichen Flächennutzungsplans eine Genehmigung erforderlich und bekanntzumachen gewesen wäre.

Der Bebauungsplan Nr. 18 leidet auch an (jedenfalls) einem inhaltlichen Mangel, der zu dessen Unwirksamkeit führt.

Die textliche Festsetzung unter Nr. 5 des Bebauungsplans Nr. 18 ist unzulässig, weil sie einen Verstoß gegen den in § 9 BauGB zum Ausdruck kommenden bauplanungsrechtlichen Typenzwang begründet.

Die Festsetzung lautet:

„In den Reinen Wohngebieten, den Allgemeinen Wohngebieten und den Mischgebieten wird die Mindestgröße von Baugrundstücken zur Errichtung von Einzelhäusern gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 BauGB mit 700 qm festgesetzt.“

Bei einer isolierten Betrachtung des Wortlauts der Festsetzung, die den Begriff Einzelhäuser im Plural verwendet, könnte erwogen werden, ob danach die Errichtung mehrerer Einzelhäuser auf einem Baugrundstück, das die geforderte Mindestgröße von 700 m² aufweist, zulässig wäre. Hingegen spricht die Verwendung des Plurals auch bei dem Begriff der Baugrundstücke dafür, dass nach der Festsetzung je Baugrundstück nur ein Einzelhaus errichtet werden darf. Bestätigt wird dieser Befund durch den Sinn und Zweck der Regelung, der ausweislich der Begründung zu dem Bebauungsplan, Seite 18, darin besteht, auf den Baugrundstücken nur Einzelhäuser bzw. Doppelhäuser zuzulassen, um den Waldsiedlungscharakter mit Einzel- und Doppelhäusern zu erhalten. Die Festsetzung solle der Tendenz entgegenwirken, Flurstücke aufzuteilen, um eine möglichst hohe wirtschaftliche Verwertung der Grundstücke zu erzielen und vermehrt in den rückwärtigen Grundstücksbereichen Wohngebäude auf verhältnismäßig kleinen Parzellen zu errichten. Dass dieses Verständnis der Festsetzung dem Willen der Beigeladenen entspricht, wird durch ihr Vorbringen im gerichtlichen Verfahren bestätigt, wonach wegen der Festsetzung Nr. 5 die Errichtung nur eines Einzelhauses je Flurstück mit einer Mindestgröße von 700 m2 zulässig sei.

Die so verstandene textliche Festsetzung Nr. 5 verstößt gegen den bauplanungsrechtlichen Typenzwang. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 31. Januar 1995 – 4 NB 48.93 –, juris Rn. 19 ff. zu einem ähnlich gelagerten Fall Folgendes ausgeführt:

„[19] Geklärt ist zunächst, daß der Gemeinde kein bauplanerisches ‚Festsetzungsfindungsrecht‘ zusteht (BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1993 - BVerwG 4 C 18.91 - BVerwGE 92, 56, 62 = Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 61 = DVBl 1993, 654). Vielmehr besteht für bauplanungsrechtliche Festsetzungen ein Typenzwang (BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - BVerwG 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151, 154 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 118 - DVBl 1994, 284). Durch den Bebauungsplan bestimmt die Gemeinde Inhalt und Schranken des Eigentums der im Planbereich gelegenen Grundstücke. Hierfür bedarf sie gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Sie findet sich in § 9 BBauG/BauGB und in den ergänzenden Vorschriften der nach § 2 Abs. 5 BauGB (und den ihm entsprechenden früheren Regelungen) erlassenen Baunutzungsverordnung. Durch sie wird der festsetzungsfähige Inhalt eines Bebauungsplans abschließend geregelt (BVerwG, Beschluß vom 15. August 1991 - BVerwG 4 N 1.89 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 14 = DVBl 1992, 32 m.w.N.). Weicht die Gemeinde bei der Aufstellung von Bebauungsplänen von den Vorgaben des § 9 BBauG/BauGB und der Baunutzungsverordnung ab, so ist die von diesem Fehler betroffene Festsetzung wegen Verstoßes gegen den bauplanungsrechtlichen Typenzwang, durch den die Beachtung des Gesetzesvorbehalts des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet wird, nichtig, und zwar unabhängig von der Frage, ob das mit ihr verfolgte planerische Ziel materiell-rechtlich zulässig ist und möglicherweise sogar auf andere Weise realisiert werden könnte.

[20] Daraus folgt, daß die Kombination verschiedener zulässiger Festsetzungen nicht zur Folge haben darf, daß auf diese Weise "neue" Festsetzungen entstehen, die von den Vorgaben des abschließenden Festsetzungskatalogs inhaltlich abweichen (vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 5. Juli 1991 - BVerwG 4 NB 22.91 - Buchholz 406.12 § 16 BauNVO Nr. 1). Werden in einen Bebauungsplan mehrere Festsetzungen aufgenommen, so sind sie bauplanungsrechtlich nicht stärker miteinander verbunden oder verknüpft, als daß jede dieser Festsetzungen für sich genommen mit dem für sie maßgeblichen Festsetzungsinhalt eingehalten werden muß. Weitergehende Ziele kann der Plangeber mit dem (bloßen) Mittel der Festsetzungskombination nicht erreichen (vgl. auch HambOVG, Urteil vom 27. Mai 1993 - Bf II 108/91 - BRS 55 Nr. 38).

[21] Hiernach kann es lediglich darauf ankommen, ob die einzelnen in Frage stehenden Festsetzungen allein oder in ihrer Summe geeignet sind, das planerische Ziel, nur ein Wohngebäude mit höchstens einer Wohnung auf einem Baugrundstück von mindestens 1 000 qm Größe zuzulassen, in wirksames Ortsrecht umzusetzen.

[22] Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Flächen, auf denen nur Einzelhäuser zulässig sind, ist § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1977 (§ 22 Abs. 2 Satz 3 BauNVO 1990) in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG (BauGB). Die Festsetzung enthält keine Konkretisierung des Maßes der baulichen Nutzung, sondern steht in Zusammenhang mit der Regelung der Bauweise. Diese betrifft allein die Anordnung der Gebäude auf einem Baugrundstück im Verhältnis zu den Nachbargrundstücken und dabei insbesondere zu den seitlichen Grundstücksgrenzen (vgl. Förster, BauNVO, 3. Aufl. 1978, § 22 Anm. 1; Fickert/Fieseler, BauNVO 7. Aufl. 1992, § 22 Rn. 1). Einzelhäuser sind - im Gegensatz zu Doppel- oder Reihenhäusern (Hausgruppen) - allseitig freistehende Gebäude von höchstens 50 m Länge (Fickert/Fieseler, a.a.O., § 22 Rn. 6.1). Die ausschließliche Zulassung von Einzelhäusern enthält keine Aussage über die Anzahl der zulässigen Gebäude. Soweit sie die erforderlichen seitlichen Grenzabstände einhalten, dürfen auf einem Baugrundstück auch mehrere "Einzelhäuser" stehen (vgl. z.B. Fickert/Fieseler, a.a.O.). Die gegenteilige Auffassung wird auch nicht in dem von der Beschwerde zitierten (zum Begriff des Doppelhauses ergangenen) Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Januar 1986 - 1 A 124/84 - (BRS 46 Nr. 99) vertreten.

[23] Die nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 BBauG 1976 zulässige Festsetzung von Grundstücksmindestgrößen hat als gesetzlichen Bezugspunkt das "Baugrundstück". Im planungsrechtlichen Sinne ist hierunter eine Fläche zu verstehen, auf der nach bauplanungsrechtlichen Vorschriften eine oder mehrere bauliche Anlagen nach städtebaulichen Grundsätzen zulässig sind (vgl. Kalb, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, 1987, § 200 Rn. 19; Fislake, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 1988, § 200 Rn. 10). Der Begriff des Baugrundstücks ist dementsprechend flächen- und nicht gebäude(anzahl)bezogen. Mit der Festsetzung einer Mindestgrundstücksgröße allein kann nicht verhindert werden, daß mehrere Häuser auf dem Grundstück errichtet werden (Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, 1993, § 9 Rn. 43).

[…]

[26] Wenn aber alle drei Festsetzungen jeweils für sich nicht zu einer Beschränkung der Gebäudeanzahl auf ein einziges Wohngebäude je Grundstück führen, so können sie dieses Ergebnis auch nicht in ihrer Summe erreichen. Das planerische Ziel der Antragsgegnerin, die Anzahl der zulässigen Gebäude auf einem Grundstück unmittelbar von der Grundstücksgröße abhängig zu machen, läßt sich durch die Kombination der drei Festsetzungen nicht ohne Verstoß gegen den bauplanungsrechtlichen Typenzwang verwirklichen. Das schließt nicht aus, daß je nach den besonderen Umständen ein solcher Erfolg mittelbar durch diese - oder andere zusätzliche - Festsetzungen eintreten kann. Auf diese Möglichkeit hat der Senat in seinem Beschluß vom 5. April 1993 - BVerwG 4 NB 3.91 - (BVerwGE 92, 231 = Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 62 = BRS 55 Nr. 37) hingewiesen, indem er ausgeführt hat, das vom Bundesgesetzgeber gebilligte Ziel, einer zu großen Verdichtung der Wohnbebauung durch eine Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 BBauG entgegenzutreten, könne durch zahlreiche weitere Festsetzungen ergänzt werden. So ließe sich das Planungsziel der Antragsgegnerin, nur ein einziges Wohngebäude auf einem mindestens 1 000 qm großen Grundstück zuzulassen, ohne weiteres mit anderen planerischen Festsetzungen (z.B. Baukörperausweisungen durch Baugrenzen und Bautiefen) erreichen (vgl. HambOVG, Urteil vom 27. Mai 1993 - Bf II 108/91 - BRS 55 Nr. 38).“

Die Kammer macht sich die vorstehenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu eigen. Danach lässt sich das mit einer Festsetzung verfolgte Ziel, die Anzahl der zulässigen Gebäude auf einem Grundstück unmittelbar von der Grundstücksgröße abhängig zu machen, durch die Kombination der beiden Festsetzungen zur Mindestgrundstücksgröße nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 BauGB und zur Bauweise nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB in Verbindung mit § 22 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 1990 (BGBl. I S. 132, 133) – BauNVO 1990 – nicht ohne Verstoß gegen den bauplanungsrechtlichen Typenzwang erreichen. Weder eine nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zulässige Festsetzung über die Bauweise bzw. Bebauung mit Einzelhäusern oder Doppelhaushälften trifft eine Aussage zu der auf einem Grundstück zulässigen Anzahl von Gebäuden, noch ist mit der flächen- und nicht gebäudeanzahlbezogenen Festsetzung einer Mindestgrundstücksgröße nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 BauGB zu verhindern, dass auf einem Grundstück mehrere Häuser errichtet werden. Somit darf dies auch nicht das Ergebnis der Kombination der beiden Festsetzungen sein (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16. August 2022 – 3 K 476/19 OVG –, juris Rn. 41 ff. und OVG Nordrhein-Westfahlen, Urteil vom 2. September 1993 – 10a NE 60/88 –, juris Rn. 57 ff., die in Fällen vergleichbarer Festsetzungs-Kombinationen mit einer entsprechenden Begründung einen Verstoß gegen den bauplanungsrechtlichen Typenzwang bejaht haben). Soweit die Beigeladene auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. März 2004 – 15 N 00.3421 –, juris Rn. 30, verweist, in dem das Gericht eine textliche Festsetzung ausdrücklich nicht beanstandet hat, die für Einzelhausgrundstücke eine Mindestgröße von 500 m² und für Doppelhausgrundstücke von 300 m² forderte, vermag die Kammer dieser Entscheidung nicht zu folgen. Den Entscheidungsgründen dieses Urteils ist keine Auseinandersetzung mit der im Entscheidungszeitpunkt bereits existenten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder des OVG Nordrhein-Westfahlen zu entnehmen. Vielmehr ging der Verwaltungsgerichtshof ohne nähere Begründung davon aus, dass § 9 Abs. 1 Nr. 3 BauGB als Rechtsgrundlage für eine derartige Festsetzung genüge. Dies ist nach den zuvor zitierten Entscheidungen, denen sich die Kammer anschließt, jedoch gerade nicht der Fall. Auch soweit die Beigeladene für die Zulässigkeit der Festsetzungskombination auf die das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Oktober 1998 – 4 C 1.97 –, juris Rn. 1, verweist, führt dies zu keinem anderen Befund. Das Bundesverwaltungsgericht hat die in der zitierten Entscheidung aufgeworfene Frage, „[…] ob die Mindestgröße der Baugrundstücke auch durch eine relative, etwa an Wohneinheiten oder Wohngebäude anknüpfende (Verhältnis-)Zahl festgesetzt werden könne […]“ ausdrücklich offengelassen.

Dieser Mangel führt (jedenfalls) zur Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung Nr. 5 des Bebauungsplans Nr. 18 (vgl. zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans: BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2014 – 4 BN 1.14 –, juris Rn. 15; Beschluss vom 17. September 2013 - 4 BN 40.13 –, juris Rn. 4; Beschluss vom 6. November 2007 – 4 BN 44.07 –, juris Rn. 3; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16. August 2022 – 3 K 476/19 OVG –, juris Rn. 47).

Angesichts dieses klaren Befunds verzichtet die Kammer auf Ausführungen zu den, zum Teil erst in der mündlichen Verhandlung, weiter vorgetragenen Einwänden der Klägerin gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans, wie insbesondere dem Fehlen einer Rechtsgrundlage auch für die textliche Festsetzung Nr. 7 und den darin unzulässig festgelegten zeitlichen Anknüpfungspunkt für „Bestandsschutz“ für kleinere Grundstücke, der vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans liege, oder den behaupteten Abwägungsmangel aufgrund des Fehlens einer Erhebung über die Grundstücksgrößen aller im Plangebiet befindlichen Grundstücke und einer Auseinandersetzung damit.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Kostentragungspflicht des Beklagten auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Da die Beigeladene keinen eigenen Sachantrag gestellt und sich damit nicht einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt; § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Angesichts der Komplexität des Verfahrens ist es der Klägerin nicht zumutbar gewesen, das Verfahren selbst zu führen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 der Zivilprozessordnung.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124 a, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG, wobei das Interesse der Klägerin in Anlehnung an Nr. 9.1.1.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, mit dem festgesetzten Betrag bewertet wird.