Gericht | OLG Brandenburg 6. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 06.11.2023 | |
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Aktenzeichen | 6 W 99/23 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:1106.6W99.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beschwerden der Klägerin und des Beklagten zu 1. gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 19.04.2023 werden als unzulässig verworfen.
Die Klägerin und der Beklagte zu 1. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
I.
Die Klägerin mit Geschäftssitz in London nimmt die Beklagten zu 1. bis 3. als Gesamtschuldner auf Auskunft und Abrechnung betreffend Darlehenssicherheiten in Bezug auf ein Bauprojekt in Potsdam, sowie auf Abtretung noch vorhandener Sicherheiten und Zahlung von Schadensersatz in noch zu beziffernder Höhe nach Erteilung der Abrechnung in Anspruch. Sie stützt ihre Klage auf Vertrag sowie vermeintlich gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung der Beklagten. Der Beklagte zu 1., Rechtsanwalt, hat seinen Kanzleisitz in Oberhausen, die Beklagte zu 2. hat ihren Geschäftssitz auf Gibraltar, der Beklagte zu 3. hat seinen Wohnsitz in der Schweiz. Die Klägerin hat geltend gemacht, das Landgericht Potsdam sei u.a. nach § 29 ZPO und § 32 ZPO örtlich zuständig; Potsdam sei der Ort der Hauptaktivitäten der Beteiligten, das Verfahren sei einheitlich in Potsdam zu führen. Der Beklagte zu 1. hat fehlende örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam gerügt. Auf die Zuständigkeitsrüge des Beklagten zu 1. hin hat die Klägerin vorsorglich beantragt, das Verfahren an das für den Kanzleisitz des Beklagten zu 1. zuständige Landgericht Duisburg abzugeben. Der Beklagte zu 1. hat sodann unter Wiederholung der Rüge fehlender örtlicher Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam Widerklage gegen die Klägerin erhoben auf Feststellung, dass durch sein Verhalten nicht in kollusivem Zusammenwirken mit den Beklagten zu 2. und 3. Sicherheiten abhanden gekommen seien.
Mit Beschluss vom 19.04.2023 hat das Landgericht Potsdam das Verfahren gegen den Beklagten zu 1. abgetrennt, sich in Bezug auf den Beklagten zu 1. für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 1. an das Landgericht Duisburg verwiesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin mit Widerspruch vom 16.05.2023, mit dem sie die Abtrennung und die gesonderte Verweisung (nur) des abgetrennten Verfahrensteils beanstandet. Die Entscheidung sei nicht ausreichend begründet; wenn das Landgericht Potsdam nicht zuständig sein sollte, habe das Verfahren auch gegen die Beklagten zu 2. und 3. abgegeben werden können. Der Beklagte zu 1. beanstandet die Abtrennung mit Schriftsatz vom 10.05.2023 wegen Verletzung rechtlichen Gehörs, es komme eine notwendige Streitgenossenschaft in Betracht, was eine Abtrennung unzulässig mache. Das Landgericht hat die Angriffe gegen den Beschluss als Beschwerden aufgefasst und mit Beschluss vom 14.06.2023 auf Nichtabhilfe und Vorlage an das Oberlandesgericht erkannt.
II.
Die Beschwerden der Klägerin und des Beklagten zu 1. gegen die vom Landgericht mit Beschluss vom 19.04.2023 getroffene Entscheidung, das Verfahren gegen den Beklagten zu 1. abzutrennen sowie die Beschwerde der Klägerin gegen die Verweisung des abgetrennten Teils des Rechtsstreits wegen örtlicher Unzuständigkeit des Landgerichts Potsdam an das Landgericht Duisburg, sind aus den Gründen des den Beteiligten vom Senat bereits erteilten Hinweises unstatthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen.
1. Eine Beschwerde gegen die Entscheidung über die Prozesstrennung nach § 145 ZPO eröffnet das Gesetz nicht. Die Entscheidung ist nicht selbständig anfechtbar, denn als dem Endurteil vorausgehende Entscheidung unterliegt sie der Nachprüfung im Verfahren über ein Rechtsmittel gegen die Endentscheidung. Das Rechtsmittel gegen das Endurteil kann auf einen verfahrensfehlerhaften Gebrauch des § 145 ZPO gestützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1995 – I ZR 20/93, NJW 1995, 3120, juris Rn. 9; BGH, Beschluss vom 19. Mai 2015 – X ARZ 61/15, NJW-RR 2015, 957, juris Rn. 15).
Die Beschwerden gegen die landgerichtliche Entscheidung über die Prozesstrennung, welche erkennbar das Prozessrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. insgesamt, mithin auch die vom Beklagten zu 1. auf Sachzusammenhang zur Klage gemäß § 33 Abs. 1 ZPO gestützte Widerklage gegen die Klägerin erfasst, sind folglich unzulässig.
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Beschwerdeführer die Verletzung rechtlichen Gehörs rügen. Ein nach dem Verfahrensgesetz nicht zulässiges Rechtsmittel kann nicht deshalb zulässig werden, dass es auf die Behauptung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützt wird (BGH, Beschluss vom 7. Januar 1957 – II ZB 23/56, juris; OLG München, Beschluss vom 15.06.1984 - 25 W 1873/84, BeckRS 1984, 4004; OLG Stuttgart, Beschluss vom 23. März 2011 – 3 W 12/11, juris Rn. 10).
2. Unstatthaft ist auch das Rechtsmittel der Klägerin gegen die (isolierte) Verweisung des abgetrennten Verfahrensteils an das Landgericht Duisburg. Für die Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit bestimmt § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO, dass der Beschluss unanfechtbar ist. Eine Überprüfung findet, soweit das Gericht, an welches die Sache verwiesen ist, die gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO grundsätzlich bestehende Bindung an den Verweisungsbeschluss wegen offensichtlich willkürlicher Entscheidung oder Versagung rechtlichen Gehörs verneint, im Rahmen des Verfahrens nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statt (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl. Rn. 13; OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. November 2022 – 11 W 30/22, juris Rn. 8 m.w.N.).
Auf den Gesichtspunkt einer Gerichtsstandsbestimmung bei Streitgenossenschaft nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, welche voraussetzt, dass mehrere Streitgenossen einen unterschiedlichen allgemeinen Gerichtsstand haben, dass im - vorliegend gegebenen - Fall der Auslandsberührung insoweit gegenüber allen Streitgenossen die internationale Zuständigkeit vorliegt und kein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand in Deutschland besteht, hat der Senat nicht einzugehen. Einen dahingehenden Antrag hat die Klägerin nicht gestellt, sie meint vielmehr, bei dem Landgericht Potsdam, bei dem keine der Parteien ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, bestehe der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.