Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 08.11.2023 | |
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Aktenzeichen | 11 U 282/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:1108.11U282.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf bis zu 6.000,- € festgesetzt.
I.
Der Kläger wendet sich im Wege der Feststellungsklage gegen die Erhöhung der monatlichen Prämien seiner Krankheitskostenversicherung für die Jahre 2019 und 2020 im Tarif Compact/Privat/S einschließlich des gesetzlichen Beitragszuschlags - soweit gefordert - und verlangt darüber hinaus die Rückzahlung vermeintlich überzahlter Beiträge sowie die Feststellung der Herausgabe der Nutzungen hieraus und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Schreiben, jeweils vom November des der Erhöhung vorausgehenden Jahres:
· Erhöhung zum 01.01.2019 in Höhe von 40 Euro nebst Beitragszuschlag in Höhe von 3,34 Euro
· Erhöhung zum 01.01.2020 in Höhe von 50 Euro
Die Rückforderungsansprüche umfassen den Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.10.2020 (1266,80 Euro; ursprüngliche Klageschrift) und zwar 866,80 Euro (= 20 x [40 Euro + 3,34 Euro]) + 400 (= 8 x 50 Euro), mithin 1266,80 Euro.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung verwiesen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat der Klage, soweit es die Feststellungsanträge angeht, teilweise und in vollem Umfang dem Zahlungsantrag i.H.v. 1266,80 Euro stattgegeben sowie Nutzungen zugesprochen, allerdings die außergerichtlichen Anwaltskosten und Zinsen auf die Nutzungen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vom Kläger begehrte Feststellung, an deren Zulässigkeit das Landgericht auch im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis keinerlei Zweifel hegt, sei begründet, da die streitgegenständlichen Beitragserhöhungen nicht wirksam seien. Den Beitragserhöhungsschreiben könne nicht entnommen werden, auf welcher der beiden Rechnungsgrundlagen die konkrete Anpassung zulasten des Klägers beruhe. Die Beklagte habe mit Klageerwiderung die Begründung nachgeholt und hierzu ausgeführt, eine Veränderung bei den Leistungsausgaben sei Ursache gewesen. Daraus ergebe sich die Beschränkung bis zum 31.05.2021. Das Bestreiten des Klägers hinsichtlich der materiellen Wirksamkeit der Beitragserhöhungen sei indes nicht hinreichend substantiiert und damit unbeachtlich. Er trage jedenfalls insoweit die Darlegungs- und Beweislast für die materielle Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen. Er müsse konkrete Anhaltspunkte für diese vortragen, zumal die Beklagte die auslösenden Faktoren und die maßgeblichen Beitragsberechnungsbögen vorgelegt habe. Für den Bereicherungsanspruch treffe den Kläger als Gläubiger die Darlegungs- und Beweislast. Für die negative Feststellungsklage könne nichts anderes gelten, zumal er die erhöhten Beiträge vollständig ohne erfüllungshindernden Vorbehalt gezahlt habe. Die Angaben des Klägers hinsichtlich der materiellen Unwirksamkeit seien unzureichend. Er beschränke sein Vorbringen lediglich auf die Unwirksamkeit des § 8b MB/KK und auf Unklarheiten, welche Unterlagen der Treuhänderin übergeben worden seien. Die Unwirksamkeit von § 8b Abs. 2 MB/KK wirke sich nicht auf den ersten Absatz der vorgenannten Vorschrift aus. Zudem sei es nicht zutreffend, dass vom gerichtlichen Sachverständigen nur solche Unterlagen ausgewertet werden dürften, die auch dem Treuhänder vorgelegen hätten. Der Treuhänder überprüfe die kollektive Beitragsanpassung, nicht die individuelle des Klägers. Ihm stehe der Rückzahlungsbetrag in vollem Umfang zu. Dieser Betrag sei auch nicht durch von der Beklagten behauptete Vermögensvorteile zu kürzen. Dem Kläger könne auch nicht der Entreicherungseinwand bzw. der Verwirkungseinwand entgegengehalten werden. Ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten komme hier nicht infrage, da das einzige vorgetragene Aufforderungsschreiben vom 27.05.2020 ersichtlich nur der Vorbereitung der Klage gedient habe.
Den Parteien ist das am 25.11.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam jeweils an diesem Tag zugestellt worden, wobei der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz am 27.12.2021 und die Beklagte ebenfalls mit anwaltlichem Schriftsatz am 22.12.2021 gegen dieses Berufung eingelegt haben. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist für die Beklagte bis zum 22.02.2022 hat diese mit Ablauf dieser Frist ihre Berufung begründet, der Kläger seine am 25.01.2022.
Der Kläger ficht das Urteil an, soweit es ihn beschwert. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens führt er zunächst aus, dass die in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen bestehende Anpassungsklausel unwirksam sei. Demgemäß sei der im Gesetz vorgeschriebene auslösende Faktor nicht erreicht worden. Die Darlegungs- und Beweislast liege unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung entgegen der Auffassung des Landgerichts bei der Beklagten. Dies gelte sowohl für die negative Feststellungsklage als auch für die eingeklagten Bereicherungsansprüche. Jedenfalls treffe die Beklagte die sekundäre Darlegungslast für die materielle Rechtmäßigkeit. Ein substantiiertes Bestreiten könne nur verlangt werden, wenn das Gericht zuvor festgestellt habe, dass der insoweit darlegungsbelastete Versicherer die materielle Rechtmäßigkeit substantiiert dargelegt habe. Diese Feststellung sei dem Gericht aber mangels eigener versicherungsmathematischer Sachkunde ohne Einholung eines versicherungsmathematischen Sachverständigengutachtens nicht möglich. Eine weitergehende Substantiierungslast bestehe für den Kläger nicht. Die Zusammensetzung der maßgeblichen Unterlagen sei erstinstanzlich offen geblieben. Der Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten ergebe sich unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes nach § 280 Abs. 1 BGB. Die vorgerichtliche Einschaltung eines Anwalts sei erforderlich und zweckmäßig gewesen. Die Erhöhungsschreiben seien formell zu beanstanden, da auch den beigefügten Broschüren nichts habe entnommen werden können. Dort seien lediglich abstrakte Angaben zu möglichen Gründen von Beitragsanpassungen vorhanden gewesen. Zudem sei die Mitteilung im Hinblick auf den Mechanismus der Anpassung irreführend, zumal die Beklagte den Eindruck vermittle, sie habe bei einer Abweichung von über 5 % anpassen müssen.
Er beantragt sinngemäß,
unter Aufrechterhaltung des landgerichtlichen Urteils im Übrigen
1. festzustellen, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen ihm und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer … auch in der Zeit ab dem 01.06.2021 unwirksam waren und auch jetzt noch sind und der Kläger nicht zur Zahlung des Erhöhungsbeitrags verpflichtet war und ist:
im Tarif CompactPRIVAT/S die Erhöhung zum 01.01.2019 um 40,- Euro sowie des gesetzlichen Beitragszuschlags um 3,34 Euro und zum 01.01.2020 um 50,- Euro,
2. festzustellen, dass die Beklagte
a. dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie vor dem 15.06.2020 aus dem Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger auf die unter 1. aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,
b. die nach der vorstehenden Ziffer 2a. und Ziffer 3. des landgerichtlichen Urteils herauszugebenden Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.06.2020 zu verzinsen hat,
3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Auslagen in Höhe von 466,12 Euro freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie ficht das landgerichtliche Urteil im Umfang ihrer Beschwer an und führt zur Begründung sowohl ihres Zurückweisungsantrags als auch ihrer eigenen Berufung aus, dass sich für die Beitragserhöhung 2019 die entscheidenden Informationen, nämlich dass die Versicherungsleistungen die einschlägige Rechnungsgrundlage seien, aus der dem Schreiben beigefügten Informationsbroschüre ergeben. Dort werde auch ausdrücklich klargestellt, dass die Sterbewahrscheinlichkeiten nicht Auslöser der Prüfung gewesen seien. Es unterliege keinem Zweifel, welcher Betrag in welchem Tarif betroffen gewesen sei. Dies ergebe sich aus dem Versicherungsschein selbst. Gleiches gelte auch für die Beitragserhöhung 2020. Bei der Heilung der vermeintlichen Unwirksamkeit der Erhöhungsschreiben sei das Landgericht von einem völlig falschen Datum ausgegangen. Allerdings seien die Beitragsanpassungen formell wirksam, wie es eine Vielzahl von Obergerichten bestätigt hätte.
Sie beantragt sinngemäß,
unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens die landgerichtliche Entscheidung, soweit sie für ihn günstig ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die wechselseitigen Berufungen der Parteien sind zulässig.
Die Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg, während die Berufung der Beklagten begründet ist.
Der Kläger hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Feststellung der Unwirksamkeit der von ihr verlangten Prämienerhöhungen für die Jahre 2019 und 2020 noch auf Rückzahlung der vermeintlich überzahlten Prämienanteile aufgrund dieser Erhöhungen. Die Nebenansprüche folgen dabei dem Schicksal der vorbenannten Hauptansprüche.
Die Prämienerhöhungen sind formell rechtmäßig.
Die formellen Voraussetzungen für die Beitragsanpassung im Rahmen einer privaten Krankenversicherung sind allesamt höchstrichterlich geklärt. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH, Urt. v. 16.12.2020, IV ZR 294/19, juris), die der Senat teilt, erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Der Versicherer muss dabei zwar nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben. Der Versicherungsnehmer muss den Mitteilungen aber mit der gebotenen Klarheit entnehmen können, dass eine Veränderung der genannten Rechnungsgrundlagen über dem geltenden Schwellenwert die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst hat (vgl. BGH, Urt. v. 09.02.2022, IV ZR 337/20; Urt. v. 21.07.2021, IV ZR 191/20; Urt. v. 20.10.2021, IV ZR 148/20; Urt. v. 17.11.2021, IV ZR 113/20 - jeweils zitiert nach juris). Ihm muss zwar grundsätzlich verdeutlicht werden, dass es einen vorab festgelegten Schwellenwert für eine Veränderung der betreffenden Rechnungsgrundlage gibt, dessen Überschreitung die in Rede stehende Prämienanpassung ausgelöst hat (vgl. insbesondere BGH, Urt. v. 09.02.2022, IV ZR 337/20; Urt. v. 21.07.2021, IV ZR 191/20 - zitiert jeweils nach juris). Nicht erforderlich ist es hingegen, dem Versicherungsnehmer die Rechtsgrundlage des geltenden Schwellenwerts oder die genaue Höhe der Veränderung der Rechnungsgrundlage mitzuteilen (BGH v. 16.12.2020 – IV ZR 314/19, a.a.O., Rn. 95 und v. 16.12.2020 – IV ZR 294/19, VersR 2021, 240; OLG Hamm, Beschl. v. 23.06.2022 - 20 U 128/22; Senat, Beschl. v. 10.08.2022 – 11 U 224/21 m.w.N.). Ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden (BGH, Urt. v. 30.11.2022 – IV ZR 294/20, BeckRS 2022, 36909 Rn. 16).
Gemessen an diesen Voraussetzungen genügt die von der Beklagten erstrebte Beitragsanpassung 2019 den höchstrichterlichen Anforderungen. Aus dem Anpassungsschreiben in einer Gesamtschau mit den übrigen dem Schreiben beigefügten Unterlagen ergibt sich, dass die Erhöhung ausschließlich aufgrund gestiegener Leistungsausgaben erfolgte und nicht sein individuelles Verhalten Auslöser der Beitragssteigerung war. Auch kann der Versicherungsnehmer dem Schreiben einen Schwellenwert entnehmen. Dass die Sterbewahrscheinlichkeiten nicht Auslöser der Beitragsprüfung bzw. Erhöhung sind, lässt sich der Informationsbroschüre „Beitragsanpassung – eine klare Rechnung“ – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – auf der 1. Seite entnehmen. Soweit der Kläger meint, dass die Beklagte den jeweiligen Versicherungsnehmer in die Irre führen würde, indem sie angibt, dass sie die Beiträge anpassen muss, auch wenn der auslösende Faktor über 5%, aber unter 10 % liegt, kann er damit nicht durchdringen. Maßgebend ist lediglich, dass die Versicherung dem Versicherungsnehmer die Gründe der Beitragserhöhung mitteilt. Dieses Erfordernis ist erfüllt. Soweit die Beklagte dem Versicherungsnehmer noch zusätzliche Informationen zukommen lässt, ist dies nicht schädlich. Diese Informationen stehen nicht im Widerspruch zu den erforderlichen Mitteilungen der Beklagten im Rahmen der Beitragsanpassung. Es liegt damit kein Begründungsfehler vor. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich schließlich der hier im Streit stehende Tarif, der angepasst werden soll, im Nachtrag zum Versicherungsschein anhand der Spalte „Änderung zum“ im Zusammenspiel mit der nebenstehenden Spalte „Änderungsgrund“ mit der dort angegebenen Erläuterung „Beitragsanpassung“ ohne weiteres identifizieren.
Gleiches gilt für das im Wesentlichen identische Erhöhungsverlangen für das Jahr 2020. Insofern kann auf die Ausführungen zu der formellen Rechtmäßigkeit des Erhöhungsverlangens für das Jahr 2019 Bezug genommen werden.
Die Erhöhungen der Prämien sind auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung des Klägers fehlte es nicht an der notwendigen vertraglichen Ermächtigung für die Erhöhung der Prämie für das Jahr 2019.
Die von ihm angegriffene Anpassungsklausel gemäß § 8b Teil II i.V.m. Teil I Nr. 1 der AVB der Beklagten, die ihr die Möglichkeit eröffnet, auch bei einer Veränderung zwischen 5 % und 10 % in die Prüfung einzutreten, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die der Senat teilt, nicht zu beanstanden. Zwar ist § 8b Abs. 2 MB/KK 2009, der inhaltlich den Bedingungen der Beklagten entspricht, unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 22.06. 2022 Rn. 31 f.), aber dies lässt die Wirksamkeit von § 8b Abs. 1 MB/KK 2009 - und ebenso der vorgenannten Option - unberührt. Diese weicht nicht entgegen § 208 Satz 1 VVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der gesetzlichen Regelung in § 203 Abs. 2 VVG ab. § 203 Abs. 2 VVG i.V.m. § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG erlaubt neben der gesetzlichen 10-%-Grenze die Festsetzung eines zusätzlichen Schwellenwertes in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, bei dessen Überschreitung durch den Vergleich der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen der Versicherer zu einer Prämienanpassung berechtigt, aber noch nicht verpflichtet wird (vgl. nur BGH, Urteile vom 19.07.2023 – IV ZR 122/22 – IV ZR 123/22;– IV ZR 127/22 –; juris)
Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, dass sein pauschales Bestreiten der materiellen Rechtmäßigkeit der formell wirksamen Beitragsanpassungen der Beklagten – ohne hinsichtlich der einzelnen Beitragsanpassungen zu differenzieren – zumindest zu einer Beweiserhebung hätte führen müssen.
Soweit der Kläger in seiner Berufungsbegründung meint, das Landgericht habe die materielle Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Beitragsanpassungen schon deshalb verneinen müssen, weil er erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten habe, dass die von dem Beklagten vorgelegten Unterlagen dem Treuhänder tatsächlich vorgelegen hätten (Berufungsbegründung des Klägers vom 25.01.2022, S. 6-8, Bl. 303-305 d. A.), geht dieser Angriff ins Leere. Die Vollständigkeit der dem Treuhänder seitens der beklagten Versicherung übergebenen Unterlagen betrifft nämlich nicht die materielle Rechtmäßigkeit der jeweiligen Beitragsanpassung, sondern das hierfür vorgesehene Verfahren (vgl. hierzu statt vieler Senat, Urt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; v. 22.9.2023 – 11 U 123/23, BeckRS 2023, 26158 Rn. 11; v. 12.07.2023 – 11 U 28/23; v. 05.07.2023 - 11 U 24/23; Beschl. v. 24.05.2023 - 11 U 275/22; so auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 10, juris).
Hierzu im Einzelnen:
Nach § 155 Abs. 1 S. 2 VAG wird dem Treuhänder im Hinblick auf die Berechnung der Prämien auferlegt zu prüfen, ob diese mit den dafür bestehenden Rechtsvorschriften in Einklang stehen. Ist dies der Fall, ist die Zustimmung nach Satz 5 dieser Regelung zu erteilen. Was dagegen die in § 155 Abs. 2 VAG (bzw. § 12 b Abs. 2 VAG a.F.) gesondert geregelte Verwendung der (erfolgsunabhängigen und erfolgsabhängigen) RfB-Mittel angeht, die der Zustimmung des Treuhänders bedürfen, so heißt es demgegenüber lediglich, dass er darauf zu achten habe, dass die in der Satzung und den Versicherungsbedingungen bestimmten Voraussetzungen erfüllt und die Belange der Versicherten ausreichend gewahrt sind (Senatsurt. v. 26.09.2023 – 11 U 65/23; v. 22.9.2023 – 11 U 123/23, BeckRS 2023, 26158 Rn. 11; v. 05.07.2023 - 11 U 24/23, BeckRS 2023, 16581 zustimmend Günther, FD-VersR 2023, 458602, beck-online; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 21.02.2023 – 16 U 139/19, Rn. 69 ff., juris). Der Umstand, ob dem Treuhänder die erforderlichen Unterlagen vollständig vorgelegt worden sind, betrifft demnach nicht die formelle oder materielle Wirksamkeit der Beitragsanpassung als solche (Senat, a.a.O.; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, a.a.O., Rn. 71, juris). Dieser Umstand und die daraus resultierende Folgefrage, ob nämlich der Treuhänder auf der Grundlage der – vollständig oder nicht – vorgelegten Unterlagen seine tatsächlich erteilte Zustimmung hätte erteilen dürfen, betrifft nach mittlerweile ständiger Senatsrechtsprechung nicht die Wirksamkeit der Beitragsanpassung, sondern ist Teil der Aufgaben des Treuhänders, der insoweit die Interessen der Versichertengemeinschaft wahrnimmt. Diese zu überprüfen ist aber nicht Sache der Zivilgerichte, sondern der Aufsichtsbehörde (vgl. mit überzeugender Begründung OLG Nürnberg, Beschl. v. 05.06.2023 – 8 U 3284/22, BeckRS 2023, 12283 Rn. 44). Zwar macht § 203 Abs. 2 S. 1 VVG die Berechtigung des Versicherers zur Neufestsetzung der Prämie davon abhängig, dass der zustimmende Treuhänder die „technischen Berechnungsgrundlagen“ überprüft hat. Allein deren Unvollständigkeit als solche vermittelt dem Versicherungsnehmer nach zutreffender Auffassung des OLG Nürnberg, der der Senat folgt, aber keine Befugnis, die Wirksamkeit der Prämienanpassung mit Erfolg zu beanstanden. Der Wortlaut des § 203 VVG gibt insoweit keinen Aufschluss darüber, ob sich der Versicherungsnehmer im Prämienanpassungsstreit mit Erfolg auf die Unvollständigkeit der Treuhänderunterlagen berufen kann. § 203 Abs. 2 S. 1 VVG verlangt vielmehr lediglich, dass die Unterlagen den Treuhänder in die Lage versetzen müssen, die Beitragsanpassung nach Maßgabe des in § 203 Abs. 2 S. 4 VVG in Verbindung mit § 155 VAG vorgeschriebenen Verfahrens zu überprüfen. § 155 Abs. 1 S. 3 und 4 VAG ordnen ausdrücklich an, dass dem Treuhänder „sämtliche“ Berechnungsgrundlagen, die inhaltlich „vollständig“ sein müssen, vorzulegen sind (statt vieler Senat, a.a.O.). Ob § 203 VVG insoweit aber nur einen Verweis auf das einzuhaltende Verfahren beinhaltet oder dessen Nichteinhaltung – hier: betreffend die Unterlagenvollständigkeit – vom Versicherungsnehmer mit Erfolg im Prämienanpassungsstreit gerügt werden können soll, geht aus dem Wortlaut nicht hervor (OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 45). Rechtssystematische Erwägungen und die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung sprechen jedenfalls nicht dafür, dass der Versicherungsnehmer die Wirksamkeit der Prämienanpassung allein mit der behaupteten Unvollständigkeit der Treuhänderunterlagen angreifen könnte (vgl. OLG Nürnberg, a.a.O. unter Hinweis auf OLG Hamm, Hinweisbeschl. v. 12.05.2023 – 20 U 7/23). Die Zivilgerichte haben demnach den Treuhändervorgang an sich nicht zu überprüfen (vgl. Senat, a.a.O.).
Ebenfalls im Ergebnis ohne Erfolg beruft sich der Kläger – auch unter Berücksichtigung seines Vorbringens in den Schriftsätzen vom 23.10.2023 und 24.10.2023 – darauf, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft angenommen habe, sein pauschales Bestreiten hinsichtlich der materiellen Wirksamkeit der Beitragserhöhungen im Übrigen sei nicht hinreichend substantiiert und damit unbeachtlich.
Hierzu im Einzelnen:
Der Kläger gibt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zutreffend wieder, wonach die Frage einer materiell wirksamen Prämienerhöhung des privaten Krankenversicherers grundsätzlich uneingeschränkt der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Die Klage auf Rückzahlung der Erhöhungsbeträge aufgrund einer behaupteten materiellen Unwirksamkeit der Prämienanpassung setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere zu Verjährungsfragen, nur voraus, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von einer Prämienerhöhung hat und diese für materiell nicht berechtigt hält (vgl. BGH, Urt. v. 22.06.2022 – IV ZR 193/20, juris Rn. 51; statt vieler auch Senatsurt. v. 12.07.2023 – 11 U 28/23). Auch folgt der Senat in diesem Zusammenhang der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach die Prozessbeteiligten die Möglichkeiten haben müssen, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (BVerfG, Beschl. v. 28.12.1999 – 1 BvR 2203/98, juris). Der Kläger führt auch zutreffend die höchstrichterliche Rechtsprechung an, wonach den beklagten Krankenversicherer die Darlegungs- und Beweislast für die materielle Rechtmäßigkeit der von ihm geltend gemachten Beitragsanpassung treffe (vgl. BGH, Urt. v. 22.06.2022 – IV ZR 193/20, r+s 2022, 462 Rn. 51 m.w.N.), wobei der Senat bei der Bewertung des Parteivorbringens zu seinen Gunsten unterstellt, dass dies sowohl für die ausschließlich (vgl. insoweit den Schriftsatz des Klägers vom 23.10.2023, S. 4) geltend gemachte negative Feststellungsklage als auch für die ebenfalls erhobenen Zahlungsansprüche gilt. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann aber in diesem Zusammenhang nicht entnommen werden, dass die allgemeinen Grundsätze der abgestuften Darlegungslast hier gewollt und erkennbar verändert worden sind.
Im Ansatz geht der Kläger daher auch zutreffend davon aus, dass ein Klagevortrag nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits dann schlüssig und erheblich ist, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Das gilt selbst dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat. Dabei darf sie von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung bereits in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben kann. Im Rahmen der weiteren Substantiierungsanforderungen ist dann insbesondere zu berücksichtigen, ob sich die Geschehnisse, die Gegenstand des Parteivortrags sind, im Wahrnehmungsbereich der Partei abgespielt haben und inwieweit der Vortrag der Gegenpartei sodann Anlass zu einer weiteren Aufgliederung und Ergänzung der Sachdarstellung bietet (st. Rspr., vgl. statt vieler BGH, Urt. v. 17.09.1998 - III ZR 174/97, NJW-RR 1999, 361).
Der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei bleibt jedoch dann unbeachtlich, wenn sie
ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich und damit rechtsmissbräuchlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt, auch wenn diese Bewertung einer strengen Kontrolle unterliegt (st. Rspr. BGH, z.B. Beschl. v. 10.01.2023 - VIII ZR 9/21, Rn. 14 f., juris, m.w.N.; vgl. eingehend bereits Senatsurt. v. 08.09.2023 – 11 U 88/23, BeckRS 2023, 26105 Rn. 7). Die Beweislast zu Lasten des Krankenversicherers wird demnach nur im Falle einer prozessual beachtlichen Beanstandung seitens des klagenden Versicherungsnehmers ausgelöst (vgl. statt vieler Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 20, juris m.w.N.).
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 28.12.1999 - 1 BvR 2203/98, r + s 2000, 167), das bei einer Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung eine materielle Überprüfung aus rechtsstaatlichen Gründen für geboten hält, was auch der ständigen Rechtsprechung des BGH entspricht und der auch der Senat folgt (vgl. statt vieler Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Danach ist das Interesse des Versicherungsnehmers an einer umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Überprüfung der Berechnung der Prämienerhöhungen mit einem schutzwürdigen Interesse des Krankenversicherers an der Geheimhaltung der Berechnungsgrundlagen zum Ausgleich zu bringen (Senat, a.a.O.). Von Verfassungs wegen darf daher insoweit eine sachliche Überprüfung der Berechnung der Prämienerhöhungen nicht allein mit Rücksicht auf Geheimhaltungsinteressen der Versicherung gänzlich versagt werden (Senat, a.a.O.). Die Zivilgerichte haben deshalb zu prüfen, inwieweit einem Interesse der Krankenversicherers an Geheimhaltung durch die Anwendung der §§ 172 Nr. 2, 173 Abs. 2, 174 Abs. 3 S. 1 GVG (vgl. auch § 353d Nr. 2 StGB) Rechnung getragen werden kann. Sie haben auch zu klären, worauf dieses Interesse sich im Einzelnen bezieht (BVerfG, a.a.O.; Senat, a.a.O.). Weder das Bundesverfassungsgericht noch der Bundesgerichtshof fordern hierbei allerdings, dass dadurch die im Zivilprozess geltenden Regeln der Darlegungs- und Substantiierungslast außer Kraft gesetzt (vgl. Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23) bzw. modifiziert würden.
Etwas anderes würde – entgegen den Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 23.10.2023 – auch dann nicht gelten, wenn man das gesamte klägerische Vorbringen zur materiellen Rechtmäßigkeit nicht als „einfaches Bestreiten“, sondern als Bestreiten mit „Nichtwissen“ im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO verstehen wollen würde. Auch in diesem Fall ist die Grenze zulässigen Bestreitens mit Nichtwissen ein „rechtsmissbräuchliches“ Vorbringen, das der Bundesgerichtshof mit einem Bestreiten „ins Blaue hinein“ gleichsetzt (st. Rspr. vgl. BGH, Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, NJW 2015, 468 Rn. 12) und jedenfalls bei willkürlicher Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte als gegeben ansieht (BGH, Urt. v. 15.06.2000 - I ZR 55/98, NJW-RR 2000, 1635, 1638; BGH, Urt. v. 17.09.1998 - III ZR 174/97, NJW-RR 1999, 361).
Gemessen daran erfolgte das klägerische Bestreiten der jeweiligen Beitragsanpassungen im Streitfall, wie bereits auch in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle, die beim Senat seitens der klägerischen Prozessbevollmächtigten vertreten werden, anhängig waren und sind, erkennbar „ins Blaue hinein“ und ist damit prozessual unbeachtlich (vgl. hierzu bereits Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; Beschl. v. 24.05.2023 - 11 U 275/22; Urt. v. 21.06.2023 - 11 U 336/22; s.a. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 22.05.2023 - 1 U 218/22, Rn. 11 ff. juris; dass., Beschl. v. 22.05.2023 - 1 U 222/22, Rn. 9 ff., juris; s.a. LG München, Urt. v. 01.06.2023 - 12 O 1228/19). Das Vorbringen des Klägers erschöpft sich – wie auch das seiner Bevollmächtigten in anderen Verfahren mit anderen Versicherern und verschiedenen Tarifen vor dem Senat – darin, dass er bestreitet, dass der auslösende Faktor eine Höhe von 5 % bzw. 10 % gehabt habe, die Prämie bei der (den) vorangegangene(n) Neukalkulation(en) und ihrer Erstkalkulation zureichend kalkuliert worden sei(en), die neue Prämie im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben kalkuliert worden sei und die Limitierungsmaßnahmen den Anforderungen des § 155 Abs. 2 VAG entsprächen.
Der Kläger hat für die behaupteten Rechtsverstöße im Prüfungsverfahren keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, sondern lediglich subjektive Zweifel mitgeteilt, die er auf einen – woran auch immer festgemachten – Eindruck stützt, beispielsweise im Hinblick darauf, dass in Bezug auf die Limitierungsmittelverwendung die treuhänderische Zustimmung ohne tatsächliche Prüfung der Voraussetzungen erteilt worden sei (vgl. hierzu insbesondere das pauschale Bestreiten der Tatbestandsvoraussetzungen auf S. 12 des Schriftsatzes vom 23.02.2021; Bl. 83 d. A.). Selbst wenn man – entgegen der vorgenannten Rechtsauffassung – das Prüfungsverfahren des Treuhänders einer zivilgerichtlichen Kontrolle unterwürfe, setzt diese unabhängig von der Verteilung der Beweislast zumindest voraus, dass insoweit irgendwelche Anhaltspunkte für die Vermutung von Unzulänglichkeiten im Falle der hier in Rede stehenden Beitragsanpassungen vorzubringen gewesen wären. Hieran fehlt es vorliegend in jeglicher Hinsicht, denn Anlass für seinen Vortrag waren erklärtermaßen keine Ungereimtheiten, sondern Spekulationen, denen ein tatsachenbasierter Vortrag seitens des Klägers nicht zugrunde lag. Der Kläger hat hier weder erstinstanzlich noch in der gem. § 520 Abs. 3 ZPO maßgeblichen Berufungsbegründung Anhaltspunkte dafür vorgetragen, weshalb er von der materiellen Unwirksamkeit in dem jeweiligen Tarif ausgeht (in diese Richtung auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 21, juris; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.06.2023 – 1 U 70/23, juris Rn. 10; Franz/Püttgen, VersR 2022, 1, 25; LG Duisburg, Urt. v. 23.05.2023 – 6 O 281/22, juris Rn. 42). Er beschränkt sich vielmehr auf das bloße (pauschale) Bestreiten bzw. Bestreiten mit Nichtwissen der im Gesetz genannten Anpassungsvoraussetzungen und meint zusammengefasst, der Beklagte müsse – mangels eigener Kenntnis – zunächst einmal alles hierfür vortragen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei für die Schlüssigkeit einer jedweden Beitragsanpassung unvermeidbar (vgl. Berufungsbegründung des Klägers S. 6, Bl. 303 d. A.).
Ein Rechtssatz, wonach im Rahmen eines privaten Krankenversicherungsverhältnisses für einen Versicherungsnehmer ein Anspruch gegen den Versicherer dahingehend bestehen soll, dass dieser für alle jemals erfolgten Beitragsanpassungen für jeden Vertragstarif (beendet oder unbeendet) - ohne Benennung eines irgendwie gearteten Anhaltspunktes – einen Anspruch dahingehend habe, vollständig über alle strategischen und versicherungsmathematischen Überlegungen des Versicherers nicht nur offenbarungspflichtig informiert zu werden, sondern in einem zweiten Schritt diese Angaben – ebenfalls ohne das Aufzeigen irgendwelcher Anhaltspunkte - durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens überprüfen zu lassen, lässt sich jedoch weder dem Gesetz noch der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu entnehmen. Ein Verweis auf angeblich nicht eingehaltene Rechtsvorschriften stellt - wie im Streitfall besonders deutlich wird - nämlich keinen Sachvortrag dar, sondern könnte erst und allenfalls das Ergebnis der Bewertung des hier nicht vorliegenden Sachvortrages sein. Allein das Bestehen von Anforderungen bietet – ohne hinzutretende Erkenntnisse - demnach noch keinen Anhalt für die Annahme, diese könnten nicht erfüllt sein (vgl. statt vieler Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.03.2023, I-13 U 125/22, zit. n. LG Duisburg, Urt. v. 23.05.2023 – 6 O 281/22, BeckRS 2023, 16631 Rn. 21; LG Wuppertal, Urt. v. 04.07.2023 – 4 O 276/22, BeckRS 2023, 17390 Rn. 27). Der Kläger hat aber keinen derartigen Individualanspruch auf eine generelle Überprüfung der Prämienanpassung, an dessen Ende sich ein Fehler ergeben könnte (so auch OLG Zweibrücken, Beschl. v. 04.07.2023 – 1 U 70/23, juris). Hierein fügt sich, dass das Prämienanpassungsrecht des Versicherers vorrangig die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge gewährleisten soll (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2018 - IV ZR 255/17 v. 16.06.2004 - IV ZR 117/02, ; juris). In diesem Sinne dient die Berechtigung zur Prämienanpassung nicht der Durchsetzung eigener Interessen des Versicherers zu Lasten des Versicherungsnehmers, sondern den Belangen der Versichertengemeinschaft (BGH, Urt. v. 19.07.2023 – IV ZR 122/22; juris).
Das oben Gesagte gilt auch für sein Vorbringen, mit dem er bestritten hat, dass die Leistungsausgaben bei den vorangegangenen Neukalkulationen (so im Schriftsatz vom 23.01.2021, Bl. 84 d. A.) oder nur der letzten vorangegangenen Neukalkulation (so im Schriftsatz vom 23.010.2023) sowie bei der Erstkalkulation der Prämie korrekt kalkuliert worden seien. Insbesondere bestehen für eine vermeintliche Unterkalkulation im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte. Auch dies stellt demnach ohne jedwede Anhaltspunkte ein Bestreiten „ins Blaue hinein“ dar, zumal die konkrete Höhe der hier streitigen Anpassungen keinen Hinweis darauf zulässt, dass die Annahme zutreffend sein könnte. Die Formulierung lässt nicht einmal konkret erkennen, welche Kalkulationen für welche Jahre der Kläger überhaupt meint; der pauschale Vortrag seiner Prozessbevollmächtigten findet sich nicht nur zu allen hier im Streit stehenden Beitragsanpassungen, sondern auch in zahlreichen Parallelverfahren, die eine Vielzahl von Tarifen verschiedenster Versicherer betreffen, wieder. Bei der Prämienanpassung erfolgt nicht nur die Festsetzung eines Erhöhungsbetrages, sondern eine vollständige Neufestsetzung für den neu kalkulierten Zeitraum. Ob eine frühere Prämienerhöhung fehlerhaft war, wäre bei Wirksamkeit der Neufestsetzung und der daraus folgenden erhöhten Beitragspflicht des Versicherungsnehmers zunächst ohne Bedeutung (BGH, Urt. v. 16.12.2020 - IV ZR 294/19; juris). Die Anwendung des § 155 Abs. 3 S. 4 VAG, wonach eine Anpassung bei einer Unterkalkulation in vorangegangenen Verfahren nicht erfolgen darf, setzt zusätzlich voraus, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Aktuar dies hätte erkennen können. Hierzu findet sich im klägerischen Vortrag nichts.
Auch das Vorbringen des Klägers zu dem auslösenden Faktor bietet keinen Anlass, zu einer anderen Bewertung zu kommen. Maßstab für die gerichtliche Prüfung ist, ob die Prämienanpassung nach aktuariellen Grundsätzen als mit den bestehenden Rechtsvorschriften und eventuell davon abweichenden wirksamen vertraglichen Bestimmungen in Einklang stehend anzusehen ist (§ 155 Abs. 1 Satz 2 VAG). Die danach vorzunehmende Kontrolle der Prämienerhöhung hat sich auf der Grundlage der dem Treuhänder vom Versicherer vorgelegten Unterlagen zunächst darauf zu erstrecken, ob die Anpassungsvoraussetzungen gegeben sind (§ 155 Abs. 3 Satz 2 VAG). Ist das der Fall, ist der Umfang der Prämienerhöhung zu überprüfen (BGH, Urt. v. 16.06.2004 – IV ZR 117/02, Rn. 15, juris). Die Überprüfung erfolgt hinsichtlich des Vorliegens der Anpassungsvoraussetzungen und sodann hinsichtlich der vom Versicherer vorgenommenen Neuberechnung der Prämie zunächst anhand der ins Einzelne gehenden engen und verbindlichen materiellen Vorgaben und umfasst schließlich auch die sog. Limitierungsmaßnahmen. Steht die Neuberechnung der Prämie nach aktuariellen Grundsätzen mit den bestehenden Rechtsvorschriften bzw. maßgeblichen vertraglichen Bestimmungen in Einklang, so hat der Treuhänder die ihm obliegende Zustimmung zu erteilen (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.2004 – IV ZR 117/02, Rn. 13, juris). Die gerichtliche Überprüfung ist dabei auf diejenigen Unterlagen beschränkt, die der Versicherer dem Treuhänder zur Prüfung gemäß § 155 VAG, § 17 KVAV vorgelegt hat. Denn nur darauf gründet sich die für die Wirksamkeit der Erhöhung erforderliche Zustimmung des Treuhänders. Aus diesen Unterlagen müssen sich die Voraussetzungen und der Umfang der vorgenommenen Anpassung für den Sachverständigen nachvollziehbar und in tatsächlicher Hinsicht belegt ergeben. Soweit dies nicht der Fall ist, fehlt es (ganz oder teilweise) schon mangels entsprechender Unterlagen an der Berechtigung des Versicherers zur Prämienerhöhung (vgl. zum Ganzen nur Senatsurt. v. 08.09.2023 – 11 U 88/23).Nach § 155 Abs. 3 VAG sind diese Vergleichswerte (auslösende Faktoren „Versicherungsleistungen“) der Aufsichtsbehörde und dem Treuhänder gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 KVAV spätestens 4 Monate nach dem Ende des Beobachtungszeitraums vorzulegen, ohne dass dies einen Anspruch des Treuhänders auf die Unterlage begründet (vgl. Prölls/Dreher-Präve, § 155 VAG, Rn. 16). Eine Nachprüfung der Berechnung durch den Treuhänder ist nach dem Wortlaut § 17 Abs. 1 S. KVAV nicht vorgesehen. Auch sonst ergeben sich keine Anhaltspunkte aus § 203 VVG i. V. m. § 155 VAG und den Bestimmungen der KVAV, die eine Berechnung des Treuhänders zu den auslösenden Faktoren erfordern. Gemäß § 155 Abs. 1 S. 2, 3, Abs. 2 VVG, auf den die Vorschrift des § 203 VVG verweist, ist im Einzelnen genau festgelegt, was der Zustimmung des Treuhänders bedarf und welche Unterlagen zur Berechnung der Prämien ihm hierfür vorzulegen sind. Die Berechnungen der auslösenden Faktoren sind hiervon nicht erfasst und sind demgemäß auch nicht von ihm zu überprüfen. § 15 Abs. 1 bis 3 KVAV i.V.m. den Formeln des Abschnitts A und B der Anlage 2 – soweit es den auslösenden Faktor „Versicherungsleistungen“ betrifft – legen „lediglich“ das für den Versicherer verbindliche Verfahren zur Gegenüberstellung der erforderlichen und der kalkulierten Versicherungsleistungen in seinen engen Grenzen fest, nicht aber den Umfang der dem Treuhänder vorzulegenden Unterlagen. Im Übrigen wird dieses Ergebnis durch einen Umkehrschluss aus § 17 Abs. 1 S. 2 KVAV gestützt. Nur für den Fall, dass der Versicherer trotz Überschreiten des einschlägigen Schwellenwerts eine Anpassung – was hier nicht einschlägig und bei streitigen Prämienanpassungen nicht relevant ist – nicht für erforderlich hält, sind die Gegenüberstellungen auf der Grundlage der aktuell gültigen Rechnungsgrundlagen zu übermitteln, d. h. für die übrigen Fälle gilt das nicht. Gegenstand der Prüfung ist aber – wie schon oben ausgeführt – auf die Unterlagen beschränkt, die der Versicherer dem Treuhänder zur Prüfung, die sich aber nicht auf die Berechnung der Gegenüberstellung beziehen kann, gemäß § 155 VAG, § 17 KVAV vorgelegt hat. Insofern umfasst die Zustimmungserklärung des Treuhänders zu einer Prämienanpassung nicht die Zustimmung zur Berechnung der auslösenden Faktoren „Versicherungsleistungen“, sondern nur zur gesetzeskonformen Abwicklung der Formalien, die der Erstellung der neuen technischen Berechnungsgrundlagen vorausgehen (so zutreffend Bach/Moser, § 15 KVAV, Rn. 20). Dieses Procedere wird von dem Kläger im Berufungsverfahren nicht in Abrede gestellt.
Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass die Berechnungen zum auslösenden Faktor Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sein könnten, ist das Vorbringen des Klägers ohne greifbare Anhaltspunkte ins Blaue hinein erfolgt. Es ist zudem nicht erkennbar, auf welche Tatsachen sich sein Bestreiten bezieht. Vielmehr trägt er pauschal vor, er bestreite die Überschreitung des Schwellenwerts in Höhe von 5 % bzw. 10 %, ohne auf die einzelne Prämienanpassung näher einzugehen. Dem Gericht ist damit auch nicht der Umfang des Bestreitens deutlich.
Entgegen der von ihm vertretenen Annahme lassen sich Anhaltspunkte für vermeintliche Unregelmäßigkeiten nicht erst nach einer vollständigen Einsichtnahme in alle Geschäftsunterlagen der Beklagten erzielen. So hätte sich der Kläger zur Begründung greifbarer Anhaltspunkte für etwaige Unregelmäßigkeiten, ohne Weiteres etwa auf vergleichbare Anpassungen anderer Versicherungsunternehmen beziehen können (vgl. statt vieler Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Der Kläger hat auch keine anderen Erkenntnisquellen herangezogen, um sein Vorbringen weiter zu substantiieren, was ihm ohne großen Aufwand möglich gewesen wäre (vgl. auch Senat, a.a.O.). So hätte er Auskünfte bei der BaFin hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit des Tarifes bzw. dessen Anpassung einholen können. Hierzu fordert die BaFin auf ihrer Webseite ausdrücklich auf und bietet auf ihrer Internetpräsenz den Versicherungsnehmern sogar ausdrücklich an zu prüfen, ob der Versicherer die gesetzlichen Voraussetzungen für die Beitragsanpassung eingehalten hat (vgl. https://www.bafin.de/SharedDocs/FAQs/DE/Verbraucher/Versicherung/Produkte/Kranken/Beitragserhoehung/03_pruefung_beitragserhoehung.html?id=19628532; letzter Abruf 07.11.2023). Der Kläger hat auch keinerlei sonstige Tatsachen vorgetragen, die einen gewissen Anhaltspunkt dafür liefern könnten, dass und aus welchem Grund die Beitragsanpassungen seitens der Beklagten nicht korrekt vorgenommen worden sein könnten (vgl. zu offenbar ähnlich gelagertem klägerischen Vortrag auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 22, juris). So können sich Auffälligkeiten aus den Angaben der Beklagten zu den einzelnen Werten ergeben. Der Kläger führt selbst zutreffend in seinem Schriftsatz vom 23.10.2023 aus, dass eine überdurchschnittlich hohe Prämienanpassung ein Anhaltspunkt darstellen kann, gleichwohl beruft er sich in diesem Verfahren nicht darauf und führt hierzu auch nicht weiter aus, sondern belässt es bei seinen allgemeinen Wendungen. Er referiert abstrakt, was aus seiner Sicht allgemein bei der Berechnung schieflaufen kann. Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, dass ihm die „Durcharbeitung der Anlagen“ nicht zuzumuten sei, zumal er auch hier nicht deutlich wird, auf welche Anlagen er sich bezieht.
Die hier vorgenommene Wertung entspricht im Übrigen auch der Ausgangslage, die der vorgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde lag. Im genannten Bezugsverfahren hatte der dortige Kläger zumindest – anders als der hiesige Kläger – einen greifbaren Anhaltspunkt, der ihn misstrauisch werden ließ und lassen durfte (vgl. bereits Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Die dortige Versicherung hatte nämlich in einem Umfang Beitragserhöhungen vorgenommen, der nach dem klägerischen (und zumindest insoweit substantiierten) Vortrag weit über den allgemeinen Entwicklungen bei den privaten Krankenversicherungen in vergleichbaren Tarifen aufwies.
Mit dieser Begründung liegt der Senat auch auf der Argumentationslinie des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Fallkonstellationen. So hat der BGH in einer Entscheidung zu Prämienanpassungen (BGH, Urt. v. 09.02.2022, IV ZR 337/20, Rn. 21) in einem gleichgelagerten Fall ausgeführt, dass der Kläger in diesem Verfahren im Wesentlichen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Beitragsanpassungen, einer Abweichung der Rechnungsgrundlagen über den Schwellenwert hinaus und die Richtigkeit der Beitragskalkulation ins Blaue hinein bestritten haben könnte. Der Bundesgerichtshof hat insoweit – auch wenn er diese Frage letztendlich im genannten Bezugsfall offenlassen konnte – ausdrücklich ein Bestreiten „ins Blaue hinein“ in Erwägung gezogen.
Für ein unzulässiges, willkürliches Bestreiten („ins Blaue hinein“) in den Beitragsanpassungsprozessen der klägerischen Prozessbevollmächtigten mit vergleichbarem Vortrag - und so auch im Falle des Prozesses des Klägers im Streitfall - sprechen weitere Argumente:
Eine Erhöhung der Prämien ist nur mit Zustimmung des aufsichtsrechtlich überwachten Treuhänders, der nach der ständigen Praxis des BGH die Interessen der Gesamtheit der Versicherten wahrnimmt und demgemäß auch nicht im Lager des Versicherers steht, möglich (vgl. hierzu grundlegend BGH, Urt. v. 19.12.2018 – IV ZR 255/17, NJW 2019, 919). Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. statt vieler Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23).
Der Treuhänder ist als Kontrollinstanz an die Stelle der Finanzaufsicht getreten. Alle Argumente, die der BGH gegen die Nichtüberprüfbarkeit der Unabhängigkeit des Treuhänders angeführt hat (vgl. hierzu insbesondere BGH, a.a.O., Rn. 48, 53, 55, 71), lassen sich auch gegen die gerichtliche Prüfbarkeit aufgrund eines ausschließlich pauschalen Vortrags „ins Blaue hinein“ übertragen:
Wenn die Zivilgerichte im Bereicherungsprozess eine anhaltlose und umfassende materielle Prüfung von Voraussetzungen und Umfang der vorgenommenen Prämienerhöhung „ins Blaue hinein“ vorzunehmen hätten, wäre dadurch offensichtlich die Stabilität der Prämien gefährdet (vgl. hierzu BGH, a.a.O., Rn. 48, so auch Senat, Urt. v. 04.10.2023 –11 U 79/23 und 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Auch würde diese serienmäßige Prüfung die Gefahr mit sich bringen, dass eine Überprüfung ihrer Richtigkeit die Einhaltung des Äquivalenzprinzips und die dauerhafte Erfüllbarkeit der Versicherungsleistungen unterliefe (Arg. BGH, a.a.O., Rn. 49; Senat, a.a.O.). Zudem muss eine vorübergehende Äquivalenzstörung im Interesse der Beitragsstabilität vermieden werden (BGH, a.a.O., Rn. 49; Senat, a.a.O.). Weiterhin darf der Zweck der Einschaltung des Prämientreuhänders bei dieser Aufgabe keine Überprüfungsmöglichkeit der materiellen Rechtmäßigkeit durch den einzelnen Versicherungsnehmer im Rechtsstreit über eine Prämienanpassung erfordern (BGH, a.a.O., Rn. 50; Senat, a.a.O.), denn der Treuhänder übernimmt an dieser Stelle gerade die Interessen der Versichertengemeinschaft. Durch die Einschaltung eines Treuhänders wird es dem Versicherungsnehmer in der Konzeption des Gesetzes nämlich erspart, erst vor Gericht ziehen und das Prozesskostenrisiko eingehen zu müssen, um überhaupt eine neutrale Kontrolle der Prämienerhöhung zu erreichen (vgl. hierzu Armbrüster, Wirksamkeitsvoraussetzungen für Prämienanpassungsklauseln, r + s 2012, 365, 377).
Die Einführung des Bedingungstreuhänders verfolgte überdies den Zweck, anstelle des bisherigen aufsichtsrechtlichen Instrumentariums der Bedingungsgenehmigung ein neues vertragsrechtliches Instrumentarium zu entwickeln. Dieses Instrumentarium sollte ein Ersatz für die bisherige aufsichtsrechtliche Qualitätskontrolle darstellen. Das bedeutete, dass die Wirksamkeit der Bedingungsänderung an die Prüfung und Zustimmung des Treuhänders geknüpft sein sollte (vgl. hierzu eingehend Senat, a.a.O.; Langheid/Wandt/Boetius, MüKO-VVG; 2. Aufl. 2017, § 203 Rn. 597 m.w.N.).
Aus der engen Verzahnung zwischen Vertrags- und Aufsichtsrecht, wie sie in § 203 Abs. 2 S. 4 VVG zum Ausdruck kommt, folgt zudem, dass der Zweck des Anpassungsrechts nach § 155 VAG, namentlich die dauerhafte Erfüllbarkeit der vertraglichen Verpflichtungen des Versicherers sicherzustellen und damit die Belange der Versicherten zu wahren sind und nicht durch eine anhaltslose bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zu Gunsten Einzelner konterkariert werden dürfen (Senat, a.a.O.; Langheid/Rixecker/Muschner, VVG., 7. Aufl. 2022, § 203 Rn. 37). Zwar ist der Treuhänder kein Organ der Versicherungsaufsicht (Langheid/Wandt/Boetius, a.a.O., § 203 Rn. 603). Allerdings verpflichtet § 155 Abs. 3 Satz 5 VAG den Treuhänder, die Aufsichtsbehörde unverzüglich zu unterrichten, wenn er zu einer notwendigen Prämienanpassung mit dem Versicherungsunternehmen keine übereinstimmende Beurteilung erzielen kann (vgl. insgesamt auch Senat, a.a.O.; Langheid/Wandt/Boetius, a.a.O., § 203 Rn. 606).
Ferner teilt der Senat die Auffassung des BGH, dass die Grenzen der dem Versicherer zustehenden Beurteilungsspielräume grundsätzlich im Rahmen der materiellen Überprüfung der Berechtigung des Versicherers zur Prämienanpassung gewährleistet werden müssen (BGH, a.a.O., Rn. 53). Dies setzt jedoch greifbare Anhaltspunkte für dahingehende Fehler voraus. Dass dies in tausenden, bei den Instanzgerichten anhängigen und annähernd serienmäßig adressierten Fällen „ins Blaue hinein“ geprüft werden muss, mit dem Risiko gravierender inhaltlicher Divergenzen bei jedem einzelnen Tarif und Versicherten, wird weder von den Vorschriften des VVG noch den Normen des VAG und somit überlagernd die allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze gefordert.
Dass der Bundesgerichtshof die vorgenannten Bedenken in der Grundsatzentscheidung vom 16.12.2020 (IV ZR 294/19) revidiert haben könnte, ist fernliegend. Im Gegenteil, die Richtigkeit der hier vertretenen Rechtsauffassung wird vielmehr durch die jüngste Praxis des Bundesgerichtshofs bestätigt. Dieser geht selber nicht davon aus, dass es für den Einstieg in eine materielle Überprüfung der Wirksamkeit der jeweiligen Tarife ausreicht, dass der Kläger die materielle Rechtmäßigkeit lediglich behauptet, da er anderenfalls etwa in seiner Entscheidung vom 19.07.2023 (IV ZR 123/22, juris) die materielle Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Beitragsanpassungen ohne eine weitere Sachprüfung nicht hätte bejahen können und dürfen. Dass der für das Versicherungsrecht zuständige IV. Zivilsenat beim Bundesgerichtshof daher ohne jegliche Begründung von den allgemein anerkannten Grundsätzen abweichen wollte, die er im Übrigen in anderen Zusammenhängen nicht infrage stellt, liegt fern (vgl. bereits Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 79/23 und 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; überzeugend auch LG Wuppertal, Urt. v. 04.07.2023 – 4 O 276/22, BeckRS 2023, 17390 Rn. 25).
Anders als der Kläger behauptet, steht er auch nicht schutzlos dar. Geeignete Anknüpfungspunkte für das Vorliegen einer materiell rechtswidrigen Beitragsanpassung (deren Erheblichkeitsschwelle im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes tatsächlich nicht zu hoch angehängt werden darf), können sich z.B. m Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls aus einer außergewöhnlich starken Beitragsanpassung ergeben, wie der Senat dies etwa in einem beiden Parteivertretern bekannten Parallelverfahren (Az. 11 U 93/19, Beschl. v. 08.11.2023) klargestellt hat.
Für einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gelten die vorgenannten Ausführungen mit Blick auf die allgemeinen Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast, die im Schadensrecht entwickelt wurden, erst recht. Im Übrigen geht es hier nicht um die Verletzung der Leistungspflicht des Beklagten. Der Anspruch auf Rückzahlung entsteht zudem nicht durch ein schädigendes Verhalten des Leistungsempfängers - hier durch die vermeintlich unwirksame Prämienerhöhung -, sondern durch die Verfügungen des Leistenden (vgl. BGH, Urt. v. 22.06.2022, IV ZR 253/20, Rn. 43, juris).
Die Unabhängigkeit des Treuhänders ist in diesem Berufungsverfahren von dem Kläger zu Recht nicht weiter in Abrede gestellt worden (anders noch S. 9 ff. der Klageschrift v. 03.08.2020; Bl. 11 ff. d. A.). Insoweit folgt der Senat in ständiger Praxis (statt vieler bereits Hinweisbeschl. v. 25.08.2022 – 11 U 16/21) der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH, Urt. v. 19.12.2018, IV ZR 255/17).
Soweit der Kläger zunächst in der Klageschrift vermeintlich nicht vorliegende Treuhänderzustimmungen mit Nichtwissen bestritten hatte (S. 9 der Klageschrift v. 03.08.2021; Bl. 11 d. A.), hat er dieses Bestreiten in der Berufungsbegründung nicht weiterverfolgt.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO hierfür nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. hierzu insbesondere und eingehend Senatsbeschl. v. 21.12.2022 – 11 U 224/21; vgl. auch Urt. v. 25.01.2023 – 11 U 133/22; 18.01.2023 – 11 U 154/22).
Zunächst ist der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO - entgegen der vom klägerischen Prozessbevollmächtigten im Rahmen der mündlichen Verhandlung und in den Schriftsätzen vom 23.10.2023 und 25.10.2023 vertretenen Rechtsauffassung - nicht gegeben.
Dieser Zulassungsgrund ist unter anderem in den Fällen einer Divergenz anzunehmen, wenn also die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt allerdings nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein- und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (vgl. BGH, Beschl. v. 19.11.2020 – I ZR 19/20, BeckRS 2020, 36306 Rn. 6; Beschl. v. 10.09.2020 - I ZR 237/19, juris Rn. 8).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, denn die Entscheidung beruht auch zur Frage der materiellen Rechtmäßigkeit - wie eingehend oben ausgeführt - auf Rechtssätzen, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellt wurden. Hiervon weicht der Senat nicht ab. Daran ändern auch die vom Kläger im Schriftsatz vom 23.10.2023 angeführten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Jena, München und Dresden nichts. Maßgeblich für die im Streitfall angenommene Rechtsmissbräuchlichkeit des klägerischen Vortrags ist sein Vorbringen in diesem Rechtsstreit und somit eine tatrichterliche Einzelfallwürdigung. Soweit der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz die angeführten Entscheidungen sinngemäß zusammenfasst, übersieht er dabei, dass der Bundesgerichtshof in keiner Entscheidung, bei der die Wirksamkeit von Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung in Rede stand, eine Abkehr von seiner bislang über Jahrzehnte hinweg gefestigten Rechtsprechung zu den Anforderungen an einen rechtsmissbräuchlichen Vortrag, der stets einer Einzelfallwürdigung zu unterziehen ist, erklärt hat. Das betrifft - entgegen der klägerischen Annahme - auch den Vortrag zu den auslösenden Faktoren. Insoweit folgt der Senat den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Rechtssätzen in ständiger Praxis. Dementsprechend ist die Nichtzulassung der Revision im Streitfall, die sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert weder „objektiv willkürlich“ noch führt diese zu einer „offensichtlichen Divergenz“.
Entgegen der vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung liegt auch der Zulassungsgrund der „grundsätzlichen Bedeutung“ gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Sache zu, wenn sie eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage setzt die Revisibilität des anzuwendenden Rechts nach § 545 Abs. 1 ZPO voraus. Klärungsbedürftig sind solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (BVerfG Beschl. v. 05.07.2022 – 1 BvR 832/21, BeckRS 2022, 20740 Rn. 14). Das kann insbesondere bei Musterprozessen und Verfahren, in denen die Auslegung typischer Vertragsbestimmungen, Tarife, Formularverträge oder allgemeiner Geschäftsbedingungen erforderlich wird, aber auch in sonstigen Fällen, in denen Leitentscheidungen des Revisionsgerichts notwendig erscheinen, der Fall sein. Liegt bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, ist eine (erneute oder ergänzende) Klärungsbedürftigkeit nur zu bejahen, wenn in Literatur und Rechtsprechung – nicht nur vereinzelt – mit beachtlichen, vom Revisionsgericht noch nicht berücksichtigten Argumenten Widerspruch erhoben wird, die Anlass zu einer Überprüfung des bisherigen Standpunkts geben können (vgl. hierzu insgesamt BeckOK ZPO/Kessal-Wulf, 50. Ed. 01.09.2023, § 543 Rn. 19, 21 m.w.N.).
Gemessen daran ist die Grundsätzlichkeit der Entscheidung im Streitfall auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens im Schriftsatz vom 23.10.2023 zu verneinen:
Hinsichtlich der Beurteilung der formellen Rechtmäßigkeit handelt es sich nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Fällen um eine Frage, die der Tatrichter im Einzelfall zu entscheiden hat (BGH, Urt. v. 30.11.2022 – IV ZR 294/20, BeckRS 2022, 36909 Rn. 16).
Schließlich ist die Annahme zu einem rechtsmissbräuchlichen Vorbringen des Klägers zur vermeintlich fehlenden materiellen Rechtmäßigkeit einzelfallbezogen, weshalb auch insoweit eine grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit nicht gegeben ist. Vorliegend beruhen die nach Darstellung des Klägers gegenteiligen Entscheidungen der angeführten Oberlandesgerichte München, Jena und Dresden ebenso auf der Würdigung des jeweils vorgetragenen Sachverhaltes in tatsächlicher Hinsicht und nicht auf anderslautenden abstrakten Rechtssätzen (vgl. zu ähnlich gelagerter Argumentation auch OLG Dresden, Beschl. v. 09.03.2023 – 4 U 2496/22, Rn. 5, juris), zumal keines der genannten Gerichte (insoweit konsequent) eine Revisionszulassung erwogen hat. Aus der Sicht des Senats sind die hierzu maßgeblichen Rechtssätze - wie zuvor oben im Einzelnen dargelegt - unzweifelhaft höchstrichterlich geklärt. Die weiteren Ausführungen des Klägers in den Schriftsätzen vom 23.10.2023 und 25.10.2023, insbesondere zu einer vermeintlichen Grundrechtsverletzung hat der Senat geprüft und zur Kenntnis genommen, sie führen indessen zu keinem anderen Ergebnis.