Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 08.11.2023 | |
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Aktenzeichen | 11 U 172/19 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:1108.11U172.19.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.11.2019 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam – Az: 2 O 204/18 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt dass die Erhöhung des Monatsbeitrags in der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer … Tarif BSG 50 T die Erhöhung zum 01.01.2009 um 17,44 Euro bis zum 31.12.2015 unwirksam und der Kläger nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet war.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 209,28 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2017 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil bis zum 30.06.2021 gezogen hat, den der Kläger auf die oben benannte Beitragserhöhung in dem Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2015 gezahlt hat.
Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.
Die weitergehenden Berufungen des Klägers und der Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf bis zu 8.000,- € festgesetzt.
I.
Der Kläger wendet sich im Wege der Feststellungsklage gegen die Erhöhung der monatlichen Prämien seiner Krankheitskostenversicherung und verlangt darüber hinaus die Rückzahlung vermeintlich überzahlter Beiträge sowie die Feststellung der Herausgabe der Nutzungen hieraus und die Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Gegenstand des Verfahrens sind die von der Beklagten mit mehreren Schreiben angestrebten Erhöhungen in dem Zeitraum 2009 bis 2017, jeweils zum 01.01. des betreffenden Jahres in den Tarifen B 350 T, BSG 50 T und BZ 50.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Schreiben, jeweils vom November des der Erhöhung vorausgehenden Jahres:
· Erhöhung zum 01.01.2009 betreffend den Tarif BSG 50 T in Höhe von 17,44 Euro (Bl. 71 ff. d. A.)
· Erhöhung zum 01.01.2011 betreffend den Tarif B 350 T in Höhe von 7,81 Euro (Bl. 32 ff. d. A.)
· Erhöhung zum 01.01.2013 betreffend den Tarif B 350 T in Höhe von 5,39 Euro (Bl. 43 ff. d. A.)
· Erhöhung zum 01.01.2014 betreffend den Tarif BZ 50 in Höhe von 6,01 Euro (Bl. 82 ff. d. A.)
· Erhöhung zum 01.01.2016 betreffend die Tarife B 350 T, BSG 50 T in Höhe von 21,26 Euro [9,49 + 11,77] (Bl. 50 ff. d. A.)
· Erhöhung zum 01.01.2017 betreffend die Tarife B 350 T, BZ 50 in Höhe von 9,27 Euro [5,53 + 3,74] (Bl. 59 ff. d. A.)
Sämtliche Erhöhungsverlangen der Beklagten sind sowohl im Text als auch im Aufbau im Wesentlichen identisch und umfassen neben dem Nachtrag eine mehrseitige Informationsbroschüre „Informationen zu den Beitragsänderungen“ bzw. „Informationen zu den Beitragsanpassungen“; lediglich die spezifischen Begründungen zu den Beitragsanpassungen sind von der Beklagten im Laufe der Jahre textlich verändert worden.
Die Rückforderungsansprüche umfassen die Zeiträume vom 01.01.2009 bis 30.06.2018 (4.176 Euro; ursprüngliche Klageschrift), vom 01.07.2018 bis zum 31.12.2018 (6 x 67,18 Euro = 403,08 Euro; Erweiterung in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 23.12.2021, Bl. 1461 der Akte) sowie vom 01.01.2019 bis zum 31.12.2021 (23 x 67,18 Euro = 1.545,14 Euro; Erweiterung in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 28.08.2023, Bl. 1481 der Akte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung verwiesen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat der Klage, soweit es die Feststellungsanträge angeht, in vollem Umfang stattgegeben und hinsichtlich des begehrten Zahlungsantrages i.H.v. 4.176 Euro lediglich einen Betrag i.H.v. 804,66 Euro sowie Nutzungen und Zinsen zugesprochen, allerdings dien Antrag auf Freistellung der außergerichtlichen Anwaltskosten abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die streitgegenständlichen Beitragserhöhungen seien nicht wirksam, wobei dahingestellt sein könne, ob sie in formeller Hinsicht den Anforderungen genügen würden. Vielmehr seien die Beitragserhöhungen materiell unwirksam. Die Beklagte habe zu der die Prämienanpassungen auslösenden Berechnungsgrundlage nicht stringent und widerspruchsfrei vorgetragen. Sie habe zunächst in zwei Schriftsätzen vorgetragen, dass Auslöser für die strittigen Beitragsanpassungen allein die Entwicklung der Leistungsausgaben gewesen seien. Hierzu stehe in einem nicht geklärten Widerspruch ihr Vortrag aus dem Schriftsatz vom 02.10.2019, in der sie vorgetragen habe, dass die wesentlichen Kriterien zur Auslösung der Prämienanpassung neben der Veränderung der Leistungsausgaben auch die steigende Lebenserwartung, das Absenken des Rechnungszinses und die Entwicklung des Versichertenbestandes sei. Damit habe sie nunmehr vorgetragen, die Prämienerhöhungen seien unter anderem auch auf eine geänderte Sterbewahrscheinlichkeit als maßgebliche Berechnungsgrundlage zurückzuführen. Aufgrund dieses geänderten Vortrages lasse sich nicht mehr feststellen, worüber im Rahmen einer Überprüfung der materiellen Wirksamkeit überhaupt Beweis zu erheben sei. Dem Kläger stehe nur ein Rückzahlungsbetrag i.H.v. 804,66 Euro für die in den Jahren 2016 und 2017 gezahlten Mehrprämien zu. Dieser Betrag sei nicht durch von der Beklagten behauptete Vermögensvorteile zu kürzen. Daher laufe auch die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung leer. Dem Kläger könne nicht der Entreicherungseinwand bzw. der Verwirkungseinwand entgegengehalten werden. Die übrigen Ansprüche, die sich auf die in den Jahren 2009-2014 gezahlten Mehrprämien bezögen, mithin 3.371,34 Euro, seien verjährt. Ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten käme nur bei einem Verzug in Frage. Dieser habe aber nicht vorgelegen.
Dem Kläger ist das am 27.11.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam am 29.11.2019 und der Beklagten am 02.12.2019 zugestellt worden, wobei der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz am 30.12.2019 und die Beklagte ebenfalls mit anwaltlichem Schriftsatz am 19.12.2019 gegen dieses Berufung eingelegt haben. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist für den Kläger bis zum 02.03.2020 und für die Beklagte bis zum 03.02.2022 haben beide Parteien ihre Berufungen mit Ablauf dieser Fristen begründet.
Der Kläger ficht das Urteil an, soweit es ihn beschwert, also seine Klage im Hinblick auf den Zahlbetrag i.H.v. 3371,34 Euro und die Freistellung von den außergerichtlichen Anwaltskosten abgewiesen worden ist. Des Weiteren erweitert er seine Berufung mit den Schriftsätzen vom 23.12.2021 und 28.08.2023 im Hinblick auf weitere Rückzahlungsansprüche. Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens führt er zunächst aus, dass eine Verjährung wegen der fehlenden Kenntnis bzw. der grob fahrlässigen Unkenntnis von den Begründungsmängeln der Erhöhungsmitteilungen und dem Fehlen der materiellen Erhöhungsvoraussetzungen nicht infrage käme. Der Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten ergebe sich unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes nach § 280 Abs. 1 BGB. Dies gelte auch für den Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Prämien als weitere Anspruchsgrundlage neben § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Kläger, der weiter daran festhält, dass die Unabhängigkeit des Treuhänders Gegenstand einer zivilrechtlichen Kontrolle sein müsse, führt aus, dass es an der erforderlichen ordnungsgemäßen Begründung der Prämienerhöhung durch die Beklagte fehle, insbesondere müsse dem Versicherungsnehmer der auslösende Faktor konkret mitgeteilt werden, da dieser wesentliche Hinweise für eine Plausibilitätsprüfung ergebe. Er könne auf eine anfängliche Unterkalkulation hindeuten. Eine Heilung der Begründungsmängel sei hier nicht gegeben, insbesondere sei eine Nachholung der Begründung nach Klageerhebung nicht mehr möglich. Er führt weiter aus, dass die materiellen Erhöhungsvoraussetzungen anhand der Unterlagen, die bislang in den Prozess eingeführt worden seien, nicht überprüfbar seien. Vor einer Sachverständigenbegutachtung der materiellen Rechtmäßigkeit sei zwingend festzustellen, welche Unterlagen dem Treuhänder bei seiner Zustimmung vorgelegen hätten. In diesem Zusammenhang bestreitet der Kläger die Identität der im Prozess eingereichten Unterlagen mit denen, die dem Treuhänder zur Verfügung gestellt worden seien. Da aber dem Treuhänder unstreitig die zur Prüfung der Erstkalkulation erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegen hätten, sei schon aus diesem Gesichtspunkt die Prämienanpassung rechtswidrig. Dies gelte auch für die früheren Neukalkulationen. Auf diese Kalkulationen sei die gerichtliche Prüfung zu erstrecken. Denn bei einer fehlerhaften Unterkalkulation habe der Versicherer die Beträge aus eigenen Mitteln zu decken. Zudem hätten dem Treuhänder die zur Prüfung der limitierenden Maßnahmen erforderlichen Unterlagen ebenfalls nicht vorgelegen. Auch diese unterlägen der zivilgerichtlichen Überprüfung. Der Kläger bestreitet insbesondere, dass der auslösende Faktor tatsächlich die von der Beklagten behauptete Höhe gehabt habe, die Prämie die vorangegangenen Neukalkulationen und bei der Erstkalkulation der Prämien zureichend kalkuliert worden sei, die neue Prämie im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben kalkuliert worden sei und die Limitierungsmaßnahmen den Anforderungen des § 155 Abs. 2 VAG entsprächen. Er sei auch berechtigt, sich bei den materiellen Voraussetzungen der Prämienanpassung auf ein schlichtes Bestreiten zu beschränken, da die Richtigkeit der Berechnung nur mit versicherungsmathematischen Fachkenntnissen zu beurteilen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufrechterhaltung der erstinstanzlichen Entscheidung sowie unter Erweiterung seiner Berufung die Beklagte zu verurteilen,
1. an den Kläger weitere 5319,56 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.371,34 Euro ab dem 01.07.2017, aus 403,08 Euro ab dem 30.12.2021 sowie aus 1.545,14 Euro ab dem 04.09.2023 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte
a. dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie vor dem 01,´.07.2017 aus dem Betrag in Höhe von 3.371,34 Euro gezogen hat,
b. die nach 2a. herauszugebenden Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.07. zu verzinsen hat,
3. ihn von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Auslagen i. H . v. 891,31 Euro freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ficht das landgerichtliche Urteil im Umfang ihrer Beschwer an und führt zur Begründung ihrer Berufung und Erwiderung auf die Berufung des Klägers an, dass das Urteil unter Verletzung rechtlichen Gehörs der Beklagten zustande gekommen sei. Zudem sei das materielle Recht fehlerhaft angewendet worden. Hierbei beanstandet sie insbesondere, dass dem Feststellungsantrag ohne zeitliche Beschränkung stattgegeben worden sei. Das Landgericht habe den Unterschied zwischen der formellen und materiellen Wirksamkeit der Beitragsanpassungen nicht erkannt. Die Widersprüchlichkeit zu den maßgeblichen Gründen beziehe sich allenfalls auf die formelle Wirksamkeit im Sinne von § 203 Abs. 5 VVG. Auslöser für die Prüfung der Prämien seien jeweils ausschließlich gestiegene Leistungsausgaben gewesen. Ein Widerspruch im Vortrag sei nicht erkennbar gewesen. Unter Bezugnahme auf (obergerichtliche) Rechtsprechung vertritt sie die Ansicht, dass die eingereichten Erhöhungsschreiben allesamt formell und materiell nicht zu beanstanden seien. Die Anforderungen an das Mitteilungsschreiben seien nicht zu überspannen. Die Erwägungen des Landgerichts zur Verjährung seien zutreffend.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt die landgerichtliche Entscheidung, soweit sie ihm nützt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufungen der Parteien sind zulässig. Die Berufung des Klägers hat mit Ausnahme eines geringfügigen Teils keinen Erfolg, während die Berufung der Beklagten überwiegend begründet ist.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 209,28 Euro aufgrund der formell rechtswidrigen Beitragserhöhung aus dem Jahr 2009 für den Tarif BSG 50 T. Darüber hinaus war der Feststellungsantrag für die Unwirksamkeit der Erhöhung für das Jahr 2009 bis zum 31.12.2015 begründet. Für weitere Ansprüche, insbesondere die weiter geltend gemachten Feststellungsansprüche, die der Kläger ausdrücklich als negative Feststellungsklage und nicht als Zwischenfeststellungsklage verstanden wissen will (vgl. insoweit die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 24.10.2023) ist kein Raum; insbesondere ist durch die eindeutige Festlegung des Klägers der Prüfung einer Zwischenfeststellungsklage der Boden entzogen.
Dazu im Einzelnen:
Die Erhöhungsverlangen für die Jahre 2009 und 2011 sind im Gegensatz zu den übrigen Erhöhungsbegehren für die Jahre 2013, 2014, 2016 und 2017 formell zu beanstanden, wobei es für die Erhöhung für das Jahr 2011 an der erforderlichen Relevanz fehlt.
Die formellen Voraussetzungen sind allesamt höchstrichterlich geklärt. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH, Urt. v. 16.12.2020, IV ZR 294/19, juris) erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Der Versicherer muss dabei zwar nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben. Der Versicherungsnehmer muss den Mitteilungen aber mit der gebotenen Klarheit entnehmen können, dass eine Veränderung der genannten Rechnungsgrundlagen über dem geltenden Schwellenwert die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst hat (vgl. BGH, Urt. v. 09.02.2022, IV ZR 337/20; Urt. v. 21.07.2021, IV ZR 191/20; Urt. v. 20.10.2021, IV ZR 148/20; Urt. v. 17.11.2021, IV ZR 113/20 - jeweils zitiert nach juris). Ihm muss zwar grundsätzlich verdeutlicht werden, dass es einen vorab festgelegten Schwellenwert für eine Veränderung der betreffenden Rechnungsgrundlage gibt, dessen Überschreitung die in Rede stehende Prämienanpassung ausgelöst hat (vgl. insbesondere BGH, Urt. v. 09.02.2022, IV ZR 337/20; Urt. v. 21.07.2021, IV ZR 191/20 - zitiert jeweils nach juris). Nicht erforderlich ist es hingegen, dem Versicherungsnehmer die Rechtsgrundlage des geltenden Schwellenwerts oder die genaue Höhe der Veränderung der Rechnungsgrundlage mitzuteilen (BGH v. 16.12.2020 – IV ZR 314/19, a.a.O., Rn. 95 und v. 16.12.2020 – IV ZR 294/19, VersR 2021, 240; OLG Hamm, Beschl. v. 23.06.2022 - 20 U 128/22; Senat, Beschl. v. 10.08.2022 – 11 U 224/21 m.w.N.). Ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden (BGH, Urt. v. 30.11.2022 – IV ZR 294/20, BeckRS 2022, 36909 Rn. 16).
Gemessen an diesen Voraussetzungen genügen die von der Beklagten erstrebten Beitragsanpassungen 2009 (betrifft den Tarif BSG 50 T) und 2011 (betrifft den Tarif 350 T) nicht den oben benannten Vorgaben. Bei der Beitragsanpassung 2009 fehlt es an einem Hinweis in irgendeiner Form zu einem Schwellenwert. Zudem ist nicht klar, welche Rechnungsgrundlage als auslösender Faktor einschlägig ist. Bei der für 2011 fehlt ebenfalls - auch wenn es nicht mehr darauf ankommt - die Angabe der Rechnungsgrundlage, die der auslösende Faktor sein soll. Die übrigen Erhöhungsschreiben für die Jahre 2013, 2014, 2016 und 2017 erfüllen die höchstrichterlichen Kriterien für die formelle Wirksamkeit, wobei die Erläuterungen von Jahr zu Jahr präziser werden. Entscheidend ist bei den formal wirksamen Erhöhungen der Beklagten Folgendes:
Aus dem jeweiligen Nachtrag zum Versicherungsschein ergibt sich in der dort aufgeführten Tabelle unter der Spalte „Änderungsgründe“ die jeweilige Ziffer, die für die Änderung steht. Im Rahmen der Beitragserhöhung nach § 203 VVG ist es immer die Ziffer 1. Diese findet sich in der Erläuterung zu den einzelnen Ziffern wieder. Zu der Ziffer 1 erhält der Versicherungsnehmer folgende Information: „Nähere Informationen finden Sie in der separaten Beilage.“ In dieser ebenfalls beigefügten Beilage mit der Überschrift „Informationen zur Beitragsanpassung zum 01.01. …“ findet er im ersten Abschnitt „Gründe für die Beitragsanpassung in der Kranken- und Krankentagegeldversicherung“ bzw. „Was sind die Gründe für die Beitragsanpassung in der Kranken-, Krankenhaus- und Krankentagegeld-Versicherung“ nähere Ausführungen, warum eine Erhöhung stattgefunden hat. So heißt es unter anderem bei der Erhöhung zum 01.01.2013, dass die Beklagte verpflichtet sei, wie alle Krankenversicherer einmal jährlich die kalkulierenden Leistungsausgaben mit den zukünftig erforderlichen zu vergleichen, was für jeden einzelnen Tarif zu erfolgen habe. Bei einer Abweichung von mindestens 10 % sei die Beklagte verpflichtet, die Beiträge anzupassen, was zum 01.01.2013 erforderlich sei. Die zeitlich nachfolgenden Erläuterungen der Beklagten sind noch ausführlicher gehalten und beschreiben darüber hinaus, welche Faktoren noch die Beiträge beeinflussen. Diese zusätzlichen Ausführungen sind entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht missverständlich, da sich kein Zweifel ergibt, dass es sich hier um ein zweistufiges Verfahren handelt. In der Information zur Beitragsanpassung zum 01.01.2014 ist klargestellt, dass aufgrund der Gegenüberstellung der Leistungsausgaben eine Prüfung zu erfolgen hatte. Des Weiteren wird nachfolgend dargestellt, dass nicht nur die Leistungsausgaben insofern die Beiträge bestimmen, sondern noch weitere Faktoren, die sie im Einzelnen aufgeschlüsselt. Soweit der Kläger meint, dass die Beklagte den jeweiligen Versicherungsnehmer in die Irre führen würde, indem sie angibt, dass sie auch der Aufsichtsbehörde die Kalkulation vorgelegt habe und somit die Beiträge dreifach geprüft und damit angemessen seien, kann er damit nicht durchdringen. Maßgebend ist lediglich, dass die Versicherung dem Versicherungsnehmer die Gründe der Beitragserhöhung in dem gesetzlich verlangten Umfang mitteilt. Dieses Erfordernis ist erfüllt. Soweit die Beklagte dem Versicherungsnehmer noch zusätzliche Informationen zukommen lässt, ist dies völlig unerheblich. Jedenfalls stehen diese Informationen nicht im Widerspruch zu den erforderlichen Mitteilungen der Beklagten im Rahmen der Beitragsanpassung. Es liegt damit kein Begründungsfehler vor.
Die Unabhängigkeit des Treuhänders ist entgegen der vom Kläger noch im Berufungsverfahren vertretenen Ansicht (vgl. Schriftsatz vom 11.06.2020, S. 13, Bl. 1323 d.A.) durch die Zivilgerichte nicht zu überprüfen. Insofern verweist der Senat auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, die der Senat teilt (BGH, Urt. v. 19.12.2018 – IV ZR 255/17, juris; bestätigt durch BVerG, Nichtannahmebeschl. v. 30.10.2020 – 1 BvR 453/19, juris).
Die Erhöhungen der Prämien sind im Übrigen auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die vom Landgericht festgestellten Widersprüche im Vortrag der Beklagten zu den materiellen Voraussetzungen der Beitragserhöhungen für sämtliche Jahre werden vom Senat nicht gesehen.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, dass sein pauschales Bestreiten der materiellen Rechtmäßigkeit der formell wirksamen Beitragsanpassungen der Beklagten 2013, 2014, 2016 und 2017 – ohne hinsichtlich der einzelnen Beitragsanpassungen zu differenzieren – zumindest zu einer Beweiserhebung hätte führen müssen.
Soweit der Kläger meint, das Landgericht habe die materielle Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Beitragsanpassungen schon deshalb verneinen müssen, weil er mit Nichtwissen bestritten habe, dass die von dem Beklagten vorgelegten Unterlagen dem Treuhänder tatsächlich vorgelegen hätten (Schriftsatz des Klägers vom 12.11.2018, Bl. 657 ff. d. A.), geht dieser Angriff ins Leere. Die Vollständigkeit der dem Treuhänder seitens der beklagten Versicherung übergebenen Unterlagen betrifft nämlich nicht die materielle Rechtmäßigkeit der jeweiligen Beitragsanpassung, sondern das hierfür vorgesehene Verfahren (vgl. hierzu statt vieler Senat, Urt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; v. 22.9.2023 – 11 U 123/23, BeckRS 2023, 26158 Rn. 11; v. 12.07.2023 – 11 U 28/23; v. 05.07.2023 - 11 U 24/23; Beschl. v. 24.05.2023 - 11 U 275/22; so auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 10, juris).
Hierzu im Einzelnen:
Nach § 155 Abs. 1 S. 2 VAG (bzw. § 12 b Abs. 1 VAG a.F.) wird dem Treuhänder im Hinblick auf die Berechnung der Prämien auferlegt zu prüfen, ob diese mit den dafür bestehenden Rechtsvorschriften in Einklang stehen. Ist dies der Fall, ist die Zustimmung nach Satz 5 dieser Regelung zu erteilen. Was dagegen die in § 155 Abs. 2 VAG (bzw. § 12 b Abs. 2 VAG a.F.) gesondert geregelte Verwendung der (erfolgsunabhängigen und erfolgsabhängigen) RfB-Mittel angeht, die der Zustimmung des Treuhänders bedürfen, so heißt es demgegenüber lediglich, dass er darauf zu achten habe, dass die in der Satzung und den Versicherungsbedingungen bestimmten Voraussetzungen erfüllt und die Belange der Versicherten ausreichend gewahrt sind (Senatsurt. v. 26.09.2023 – 11 U 65/23; v. 22.9.2023 – 11 U 123/23, BeckRS 2023, 26158 Rn. 11; v. 05.07.2023 - 11 U 24/23, BeckRS 2023, 16581 zustimmend Günther, FD-VersR 2023, 458602, beck-online; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 21.02.2023 – 16 U 139/19, Rn. 69 ff., juris). Der Umstand, ob dem Treuhänder die erforderlichen Unterlagen vollständig vorgelegt worden sind, betrifft demnach nicht die formelle oder materielle Wirksamkeit der Beitragsanpassung als solche (Senat, a.a.O.; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, a.a.O., Rn. 71, juris). Dieser Umstand und die daraus resultierende Folgefrage, ob nämlich der Treuhänder auf der Grundlage der – vollständig oder nicht – vorgelegten Unterlagen seine tatsächlich erteilte Zustimmung hätte erteilen dürfen, betrifft nach mittlerweile ständiger Senatsrechtsprechung nicht die Wirksamkeit der Beitragsanpassung, sondern ist Teil der Aufgaben des Treuhänders, der insoweit die Interessen der Versichertengemeinschaft wahrnimmt. Diese zu überprüfen ist aber nicht Sache der Zivilgerichte, sondern der Aufsichtsbehörde (vgl. mit überzeugender Begründung OLG Nürnberg, Beschl. v. 05.06.2023 – 8 U 3284/22, BeckRS 2023, 12283 Rn. 44). Zwar macht § 203 Abs. 2 S. 1 VVG die Berechtigung des Versicherers zur Neufestsetzung der Prämie davon abhängig, dass der zustimmende Treuhänder die „technischen Berechnungsgrundlagen“ überprüft hat. Allein deren Unvollständigkeit als solche vermittelt dem Versicherungsnehmer nach zutreffender Auffassung des OLG Nürnberg, der der Senat folgt, aber keine Befugnis, die Wirksamkeit der Prämienanpassung mit Erfolg zu beanstanden. Der Wortlaut des § 203 VVG gibt insoweit keinen Aufschluss darüber, ob sich der Versicherungsnehmer im Prämienanpassungsstreit mit Erfolg auf die Unvollständigkeit der Treuhänderunterlagen berufen kann. § 203 Abs. 2 S. 1 VVG verlangt vielmehr lediglich, dass die Unterlagen den Treuhänder in die Lage versetzen müssen, die Beitragsanpassung nach Maßgabe des in § 203 Abs. 2 S. 4 VVG in Verbindung mit § 155 VAG vorgeschriebenen Verfahrens zu überprüfen. § 155 Abs. 1 S. 3 und 4 VAG ordnet ausdrücklich an, dass dem Treuhänder „sämtliche“ Berechnungsgrundlagen, die inhaltlich „vollständig“ sein müssen, vorzulegen sind (statt vieler Senat, a.a.O.). Ob § 203 VVG insoweit aber nur einen Verweis auf das einzuhaltende Verfahren beinhaltet oder dessen Nichteinhaltung – hier: betreffend die Unterlagenvollständigkeit – vom Versicherungsnehmer mit Erfolg im Prämienanpassungsstreit gerügt werden können soll, geht aus dem Wortlaut nicht hervor (OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 45). Rechtssystematische Erwägungen und die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung sprechen jedenfalls nicht dafür, dass der Versicherungsnehmer die Wirksamkeit der Prämienanpassung allein mit der behaupteten Unvollständigkeit der Treuhänderunterlagen angreifen könnte (vgl. OLG Nürnberg, a.a.O. unter Hinweis auf OLG Hamm, Hinweisbeschl. v. 12.05.2023 – 20 U 7/23). Die Zivilgerichte haben demnach den Treuhändervorgang an sich nicht zu überprüfen (vgl. Senat, a.a.O.).
Ebenfalls im Ergebnis ohne Erfolg beruft sich der Kläger – auch unter Berücksichtigung seines Vorbringens in dem Schriftsatz vom 24.10.2023 – darauf, sein pauschales Bestreiten hinsichtlich der materiellen Wirksamkeit der Beitragserhöhungen im Übrigen sei ausreichend und damit beachtlich.
Hierzu im Einzelnen:
Der Kläger gibt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zutreffend wieder, wonach die Frage einer materiell wirksamen Prämienerhöhung des privaten Krankenversicherers grundsätzlich uneingeschränkt der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Die Klage auf Rückzahlung der Erhöhungsbeträge aufgrund einer behaupteten materiellen Unwirksamkeit der Prämienanpassung setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere zu Verjährungsfragen, nur voraus, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von einer Prämienerhöhung hat und diese für materiell nicht berechtigt hält (vgl. BGH, Urt. v. 22.06.2022 – IV ZR 193/20, juris Rn. 51; statt vieler auch Senatsurt. v. 12.07.2023 – 11 U 28/23). Auch folgt der Senat in diesem Zusammenhang der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach die Prozessbeteiligten die Möglichkeiten haben müssen, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (BVerfG, Beschl. v. 28.12.1999 – 1 BvR 2203/98, juris). Der Kläger führt auch zutreffend die höchstrichterliche Rechtsprechung an, wonach den beklagten Krankenversicherer die Darlegungs- und Beweislast für die materielle Rechtmäßigkeit der von ihm geltend gemachten Beitragsanpassung treffe (vgl. BGH, Urt. v. 22.06.2022 – IV ZR 193/20, r+s 2022, 462 Rn. 51 m.w.N.), wobei der Senat bei der Bewertung des Parteivorbringens zu seinen Gunsten unterstellt, dass dies sowohl für die ausschließlich (vgl. insoweit den Schriftsatz des Klägers vom 24.10.2023, S. 4) geltend gemachte negative Feststellungsklage als auch für die ebenfalls erhobenen Zahlungsansprüche gilt. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann aber in diesem Zusammenhang nicht entnommen werden, dass die allgemeinen Grundsätze der abgestuften Darlegungslast hier gewollt und erkennbar verändert worden sind.
Im Ansatz geht der Kläger daher auch zutreffend davon aus, dass ein Klagevortrag nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits dann schlüssig und erheblich ist, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Das gilt selbst dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat. Dabei darf sie von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung bereits in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben kann. Im Rahmen der weiteren Substantiierungsanforderungen ist dann insbesondere zu berücksichtigen, ob sich die Geschehnisse, die Gegenstand des Parteivortrags sind, im Wahrnehmungsbereich der Partei abgespielt haben und inwieweit der Vortrag der Gegenpartei sodann Anlass zu einer weiteren Aufgliederung und Ergänzung der Sachdarstellung bietet (st. Rspr., vgl. statt vieler BGH, Urt. v. 17.09.1998 - III ZR 174/97, NJW-RR 1999, 361).
Der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei bleibt jedoch dann unbeachtlich, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich und damit rechtsmissbräuchlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt, auch wenn diese Bewertung einer strengen Kontrolle unterliegt (st. Rspr. BGH, z.B. Beschl. v. 10.01.2023 - VIII ZR 9/21, Rn. 14 f., juris, m.w.N.; vgl. eingehend bereits Senatsurt. v. 08.09.2023 – 11 U 88/23, BeckRS 2023, 26105 Rn. 7). Die Beweislast zu Lasten des Krankenversicherers wird demnach nur im Falle einer prozessual beachtlichen Beanstandung seitens des klagenden Versicherungsnehmers ausgelöst (vgl. statt vieler Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 20, juris m.w.N.).
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 28.12.1999 - 1 BvR 2203/98, r + s 2000, 167), das bei einer Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung eine materielle Überprüfung aus rechtsstaatlichen Gründen für geboten hält, was auch der ständigen Rechtsprechung des BGH entspricht und der auch der Senat folgt (vgl. statt vieler Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Danach ist das Interesse des Versicherungsnehmers an einer umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Überprüfung der Berechnung der Prämienerhöhungen mit einem schutzwürdigen Interesse des Krankenversicherers an der Geheimhaltung der Berechnungsgrundlagen zum Ausgleich zu bringen (Senat, a.a.O.). Von Verfassung wegen darf daher insoweit eine sachliche Überprüfung der Berechnung der Prämienerhöhungen nicht allein mit Rücksicht auf Geheimhaltungsinteressen der Versicherung gänzlich versagt werden (Senat, a.a.O.). Die Zivilgerichte haben deshalb zu prüfen, inwieweit einem Interesse der Krankenversicherers an Geheimhaltung durch die Anwendung der §§ 172 Nr. 2, 173 Abs. 2, 174 Abs. 3 S. 1 GVG (vgl. auch § 353d Nr. 2 StGB) Rechnung getragen werden kann. Sie haben auch zu klären, worauf dieses Interesse sich im Einzelnen bezieht (BVerfG, a.a.O.; Senat, a.a.O.). Weder das Bundesverfassungsgericht noch der Bundesgerichtshof fordern hierbei allerdings, dass dadurch die im Zivilprozess geltenden Regeln der Darlegungs- und Substantiierungslast außer Kraft gesetzt (vgl. Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23) bzw. modifiziert würden.
Etwas anderes würde – entgegen den Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 24.10.2023 – auch dann nicht gelten, wenn man das gesamte klägerische Vorbringen zur materiellen Rechtmäßigkeit nicht als „einfaches Bestreiten“, sondern als Bestreiten mit „Nichtwissen“ im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO verstehen wollen würde. Auch in diesem Fall ist die Grenze zulässigen Bestreitens mit Nichtwissen ein „rechtsmissbräuchliches“ Vorbringen, das der Bundesgerichtshof mit einem Bestreiten „ins Blaue hinein“ gleichsetzt (st. Rspr. vgl. BGH, Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, NJW 2015, 468 Rn. 12) und jedenfalls bei willkürlicher Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte als gegeben ansieht (BGH, Urt. v. 15.06.2000 - I ZR 55/98, NJW-RR 2000, 1635, 1638; BGH, Urt. v. 17.09.1998 - III ZR 174/97, NJW-RR 1999, 361).
Gemessen daran erfolgte das klägerische Bestreiten der jeweiligen Beitragsanpassungen im Streitfall, wie bereits auch in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle, die beim Senat seitens der klägerischen Prozessbevollmächtigten vertreten werden, anhängig waren und sind, erkennbar „ins Blaue hinein“ und ist damit prozessual unbeachtlich (vgl. hierzu bereits Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; Beschl. v. 24.05.2023 - 11 U 275/22; Urt. v. 21.06.2023 - 11 U 336/22; s.a. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 22.05.2023 - 1 U 218/22, Rn. 11 ff. juris; dass., Beschl. v. 22.05.2023 - 1 U 222/22, Rn. 9 ff., juris; s.a. LG München, Urt. v. 01.06.2023 - 12 O 1228/19). Das Vorbringen des Klägers erschöpft sich – wie auch das seiner Bevollmächtigten in anderen Verfahren mit anderen Versicherern und verschiedenen Tarifen vor dem Senat – im Wesentlichen darin, dass er bestreitet, dass der auslösende Faktor eine Höhe von 10 % gehabt habe, die Prämie bei der (den) vorangegangene(n) Neukalkulation(en) und ihrer Erstkalkulation zureichend kalkuliert worden sei(en), die neue Prämie im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben kalkuliert worden sei und die Limitierungsmaßnahmen den Anforderungen des § 155 Abs. 2 VAG entsprächen.
Der Kläger hat für die behaupteten Rechtsverstöße im Prüfungsverfahren keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, sondern lediglich subjektive Zweifel mitgeteilt, die er auf einen – woran auch immer festgemachten – Eindruck stützt. Jedenfalls bietet sein Vortrag, insbesondere in seinem Schriftsatz vom 24.10.2023, keine Ansätze, die zu einer anderen Entscheidung des Senats führen könnten. Selbst wenn man – entgegen der vorgenannten Rechtsauffassung – das Prüfungsverfahren des Treuhänders einer zivilgerichtlichen Kontrolle unterwürfe, setzt diese unabhängig von der Verteilung der Beweislast zumindest voraus, dass insoweit irgendwelche Anhaltspunkte für die Vermutung von Unzulänglichkeiten im Falle der hier in Rede stehenden Beitragsanpassungen vorzubringen gewesen wären. Hieran fehlt es vorliegend in jeglicher Hinsicht, denn Anlass für seinen Vortrag waren erklärtermaßen keine Ungereimtheiten, sondern Spekulationen, denen ein tatsachenbasierter Vortrag seitens des Klägers nicht zugrunde lag. Der Kläger hat hier weder erstinstanzlich noch in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 24.10.2023 maßgebliche Anhaltspunkte dafür vorgetragen, weshalb er von der materiellen Unwirksamkeit in dem jeweiligen Tarif ausgeht (in diese Richtung auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 21, juris; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.06.2023 – 1 U 70/23, juris Rn. 10; Franz/Püttgen, VersR 2022, 1, 25; LG Duisburg, Urt. v. 23.05.2023 – 6 O 281/22, juris Rn. 42). Er beschränkt sich vielmehr auf das bloße (pauschale) Bestreiten bzw. Bestreiten mit Nichtwissen der im Gesetz genannten Anpassungsvoraussetzungen und meint zusammengefasst, der Beklagte müsse – mangels eigener Kenntnis – zunächst einmal alles hierfür vortragen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei für die Schlüssigkeit einer jedweden Beitragsanpassung unvermeidbar.
Ein Rechtssatz, wonach im Rahmen eines privaten Krankenversicherungsverhältnisses für einen Versicherungsnehmer ein Anspruch gegen den Versicherer dahingehend bestehen soll, dass dieser für alle jemals erfolgten Beitragsanpassungen für jeden Vertragstarif (beendet oder unbeendet) - ohne Benennung eines irgendwie gearteten Anhaltspunktes – einen Anspruch dahingehend habe, vollständig über alle strategischen und versicherungsmathematischen Überlegungen des Versicherers nicht nur offenbarungspflichtig informiert zu werden, sondern in einem zweiten Schritt diese Angaben – ebenfalls ohne das Aufzeigen irgendwelcher Anhaltspunkte - durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens überprüfen zu lassen, lässt sich jedoch weder dem Gesetz noch der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu entnehmen. Ein Verweis auf angeblich nicht eingehaltene Rechtsvorschriften stellt - wie im Streitfall besonders deutlich wird - nämlich keinen Sachvortrag dar, sondern könnte erst und allenfalls das Ergebnis der Bewertung des hier nicht vorliegenden Sachvortrages sein. Allein das Bestehen von Anforderungen bietet – ohne hinzutretende Erkenntnisse - demnach noch keinen Anhalt für die Annahme, diese könnten nicht erfüllt sein (vgl. statt vieler Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.03.2023, I-13 U 125/22, zit. n. LG Duisburg, Urt. v. 23.05.2023 – 6 O 281/22, BeckRS 2023, 16631 Rn. 21; LG Wuppertal, Urt. v. 04.07.2023 – 4 O 276/22, BeckRS 2023, 17390 Rn. 27). Der Kläger hat aber keinen derartigen Individualanspruch auf eine generelle Überprüfung der Prämienanpassung, an dessen Ende sich ein Fehler ergeben könnte (so auch OLG Zweibrücken, Beschl. v. 04.07.2023 – 1 U 70/23, juris). Hierein fügt sich, dass das Prämienanpassungsrecht des Versicherers vorrangig die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge gewährleisten soll (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2018 - IV ZR 255/17; v. 16.06.2004 - IV ZR 117/02, juris). In diesem Sinne dient die Berechtigung zur Prämienanpassung nicht der Durchsetzung eigener Interessen des Versicherers zu Lasten des Versicherungsnehmers, sondern den Belangen der Versichertengemeinschaft (BGH, Urt. v. 19.07.2023 – IV ZR 122/22; juris).
Das oben Gesagte gilt für sein Vorbringen, mit dem er bestritten hat, dass die Leistungsausgaben bei der letzten vorangegangenen Neukalkulation sowie bei der Erstkalkulation der Prämie korrekt kalkuliert worden seien (so zuletzt im Schriftsatz vom 24.10.2023). Insbesondere bestehen für eine vermeintliche Unterkalkulation im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte. Soweit der Kläger in dem vorgenannten Schriftsatz unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Landgerichts Paderborn vom 03.03.2023 (Az.: 4 O 291/19) darauf abstellt, dass die Beklagte die Berechnung der Stornowahrscheinlichkeiten nicht ausreichend nachgewiesen habe und dies eine gängige Praxis der Beklagten darstelle, kann er damit nicht gehört werden. Das Urteil des Landgerichts behandelt Tarife der (Versicherer 01) Krankenversicherung mit anderen Tarifen und nicht die im Streit stehenden der Beklagten. Auch dies stellt demnach ohne jedwede Anhaltspunkte ein Bestreiten „ins Blaue hinein“ dar, zumal die konkrete Höhe der hier streitigen Anpassungen keinen Hinweis darauf zulässt, dass die Annahme zutreffend sein könnte. Die Formulierung lässt nicht einmal konkret erkennen, welche Kalkulationen für welche Jahre der Kläger überhaupt meint; der pauschale Vortrag seiner Prozessbevollmächtigten findet sich nicht nur zu allen hier im Streit stehenden Beitragsanpassungen, sondern auch in zahlreichen Parallelverfahren, die eine Vielzahl von Tarifen verschiedenster Versicherer betreffen, wieder. Bei der Prämienanpassung erfolgt nicht nur die Festsetzung eines Erhöhungsbetrages, sondern eine vollständige Neufestsetzung für den neu kalkulierten Zeitraum. Ob eine frühere Prämienerhöhung fehlerhaft war, wäre bei Wirksamkeit der Neufestsetzung und der daraus folgenden erhöhten Beitragspflicht des Versicherungsnehmers zunächst ohne Bedeutung (BGH, Urt. v. 16.12.2020 - IV ZR 294/19; juris). Die Anwendung des § 155 Abs. 3 S. 4 VAG (Anm.: Von der Benennung der älteren Vorschriften aus dem VAG und der KalV, die zwar für die Erhöhungsverlangen der Beklagten bis 2014 einschlägig sind, hat der Senat abgesehen, da diese wortgleich sind mit den im Urteil verwendeten Vorschrift aus dem VAG und der KVAV), wonach eine Anpassung bei einer Unterkalkulation in vorangegangenen Verfahren nicht erfolgen darf, setzt zusätzlich voraus, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Aktuar dies hätte erkennen können. Hierzu findet sich im klägerischen Vortrag nichts.
Auch das Vorbringen des Klägers zu dem auslösenden Faktor bietet keinen Anlass, zu einer anderen Bewertung zu kommen. Unzutreffend geht er davon aus, dass die Beklagte die Höhe im Prozess nicht mitgeteilt hat. Tatsächlich hat diese die auslösenden Faktoren aufgeschlüsselt nach Tarif und Jahr in ihrer Berufungsbegründung vom 03.03.2020 (Bl. 1128 ff.) dargelegt und hierzu ausgeführt. Maßstab für die gerichtliche Prüfung ist, ob die Prämienanpassung nach aktuariellen Grundsätzen als mit den bestehenden Rechtsvorschriften und eventuell davon abweichenden wirksamen vertraglichen Bestimmungen in Einklang stehend anzusehen ist (§ 155 Abs. 1 Satz 2 VAG). Die danach vorzunehmende Kontrolle der Prämienerhöhung hat sich auf der Grundlage der dem Treuhänder vom Versicherer vorgelegten Unterlagen zunächst darauf zu erstrecken, ob die Anpassungsvoraussetzungen gegeben sind (§ 155 Abs. 3 Satz 2 VAG). Ist das der Fall, ist der Umfang der Prämienerhöhung zu überprüfen (BGH, Urt. v. 16.06.2004 – IV ZR 117/02, Rn. 15, juris). Die Überprüfung erfolgt hinsichtlich des Vorliegens der Anpassungsvoraussetzungen und sodann hinsichtlich der vom Versicherer vorgenommenen Neuberechnung der Prämie zunächst anhand der ins Einzelne gehenden engen und verbindlichen materiellen Vorgaben und umfasst schließlich auch die sog. Limitierungsmaßnahmen. Steht die Neuberechnung der Prämie nach aktuariellen Grundsätzen mit den bestehenden Rechtsvorschriften bzw. maßgeblichen vertraglichen Bestimmungen in Einklang, so hat der Treuhänder die ihm obliegende Zustimmung zu erteilen (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.2004 – IV ZR 117/02, Rn. 13, juris). Die gerichtliche Überprüfung ist dabei auf diejenigen Unterlagen beschränkt, die der Versicherer dem Treuhänder zur Prüfung gemäß § 155 VAG, § 17 KVAV vorgelegt hat. Denn nur darauf gründet sich die für die Wirksamkeit der Erhöhung erforderliche Zustimmung des Treuhänders. Aus diesen Unterlagen müssen sich die Voraussetzungen und der Umfang der vorgenommenen Anpassung für den Sachverständigen nachvollziehbar und in tatsächlicher Hinsicht belegt ergeben. Soweit dies nicht der Fall ist, fehlt es (ganz oder teilweise) schon mangels entsprechender Unterlagen an der Berechtigung des Versicherers zur Prämienerhöhung (vgl zum Ganzen nur Senatsurt. v. 08.09.2023 – 11 U 88/23). Nach § 155 Abs. 3 VAG sind diese Vergleichswerte (auslösende Faktoren „Versicherungsleistungen“) der Aufsichtsbehörde und dem Treuhänder gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 KVAV spätestens 4 Monate nach dem Ende des Beobachtungszeitraums vorzulegen, ohne dass dies einen Anspruch des Treuhänders auf die Unterlage begründet (vgl. Prölls/Dreher-Präve, § 155 VAG, Rn. 16). Eine Nachprüfung der Berechnung durch den Treuhänder ist nach dem Wortlaut § 17 Abs. 1 S. 1 KVAV nicht vorgesehen. Auch sonst ergeben sich keine Anhaltspunkte aus § 203 VVG i. V. m. § 155 VAG und den Bestimmungen der KVAV oder den AVB der Beklagten, die eine Berechnung des Treuhänders zu den auslösenden Faktoren erfordern. Gemäß § 155 Abs. 1 S. 2, 3, Abs. 2 VVG, auf den die Vorschrift des § 203 VVG verweist, ist im Einzelnen genau festgelegt, was der Zustimmung des Treuhänders bedarf und welche Unterlagen zur Berechnung der Prämien ihm hierfür vorzulegen sind. Die Berechnungen der auslösenden Faktoren sind hiervon nicht erfasst und sind demgemäß auch nicht von ihm zu überprüfen. § 15 Abs. 1 bis 3 KVAV i.V.m. den Formeln des Abschnitts A und B der Anlage 2 – soweit es den auslösenden Faktor „Versicherungsleistungen“ betrifft – legen „lediglich“ das für den Versicherer verbindliche Verfahren zur Gegenüberstellung der erforderlichen und der kalkulierten Versicherungsleistungen in seinen engen Grenzen fest, nicht aber den Umfang der dem Treuhänder vorzulegenden Unterlagen. Im Übrigen wird dieses Ergebnis durch einen Umkehrschluss aus § 17 Abs. 1 S. 2 KVAV gestützt. Nur für den Fall, dass der Versicherer trotz Überschreiten des einschlägigen Schwellenwerts eine Anpassung – was hier nicht einschlägig und bei streitigen Prämienanpassungen in der Regel nicht relevant sein dürfte – nicht für erforderlich hält, sind die Gegenüberstellungen auf der Grundlage der aktuell gültigen Rechnungsgrundlagen zu übermitteln, d. h. für die übrigen Fälle gilt das nicht. Gegenstand der Prüfung ist aber – wie schon oben ausgeführt – auf die Unterlagen beschränkt, die der Versicherer dem Treuhänder zur Prüfung, die sich aber nicht auf die Berechnung der Gegenüberstellung beziehen kann, gemäß § 155 VAG, § 17 KVAV vorgelegt hat. Insofern umfasst die Zustimmungserklärung des Treuhänders zu einer Prämienanpassung nicht die Zustimmung zur Berechnung der auslösenden Faktoren „Versicherungsleistungen“, sondern nur zur gesetzeskonformen Abwicklung der Formalien, die der Erstellung der neuen technischen Berechnungsgrundlagen vorausgehen (so zutreffend Bach/Moser, § 15 KVAV, Rn. 20). Dieses Procedere wird von dem Kläger im Berufungsverfahren nicht in Abrede gestellt.
Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass die Berechnungen zum auslösenden Faktor Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sein könnten, ist das Vorbringen des Klägers ohne greifbare Anhaltspunkte ins Blaue hinein erfolgt. Er trägt zunächst pauschal vor, er bestreite die Überschreitung des Schwellenwerts in Höhe von 10 %, ohne auf die einzelne Prämienanpassungen näher einzugehen. Soweit der Kläger sich in seinem Schriftsatz vom 24.10.2024 hinsichtlich der auslösenden Faktoren auf eine „weitere“ Mitteilung des 9. Zivilsenats des OLG Köln und auf ein Urteil des Landgerichts Memmingen vom 02.03.2023 (Az.: 21 O 1098/19) bezieht, wonach die bloße Mitteilung von Schadensquotienten nicht ausreiche, kann er damit nicht durchdringen. Bei der vermeintlichen Mitteilung des OLG Köln, die dem Senat auch nicht zur Kenntnis gebracht worden ist, fehlt jeglicher Bezug zu der Beklagten, während das Urteil des Landgerichts – entgegen seinen Ausführungen – nicht Prämienerhöhungen der Beklagten, sondern der (Versicherer 01) Krankenversicherung AG mit anderen Tarifen zum Gegenstand hatte. Auch das Vorbringen des Klägers unter Bezugnahme auf die landgerichtliche Entscheidung, es handle sich um eine durchgängige Praxis der Beklagten, dass sie dem Treuhänder nur einen Teil der benötigten Werte mitgeteilt habe, ist ohne Substanz. Hierzu hätte der Kläger – da er offensichtlich über entsprechendes Wissen verfügt – im Einzelnen Vortrag halten können, vorausgesetzt dieses Wissen erschöpft sich nicht in der Kenntnis über das Verhalten der (Versicherer 01) Krankenversicherung.
Soweit der Kläger schließlich darauf abstellt, dass die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht ausreichen würden, um bei den limitierenden Maßnahmen die Einhaltung des § § 155 Abs. 2 VAG zu belegen, und er sich auf die von ihm zitierte Rechtsprechung (vgl. Schriftsatz vom 24.10.2023, S. 18) bezieht, kann er damit nicht gehört werden. Sämtliche Entscheidungen betreffen andere Versicherer mit anderen Tarifen. Es ist nicht ersichtlich und auch nicht von dem Kläger vorgetragen, in welchem Zusammenhang diese Entscheidungen zu den hier gegenständlichen Tarifen stehen. Gleiches gilt für sein weiteres Vorbringen zu den limitierenden Maßnahmen. So führt er – ohne dies zu vertiefen – allgemein aus, dass sich den Unterlagen der Beklagten eine – teilweise massive – Ungleichbehandlung bei der Zuweisung von RfB-Mitteln an die einzelnen Tarife entnehmen lasse, Gründe dafür jedoch nicht. Es ist nicht erkennbar, welche Anhaltspunkte hier für die streitgegenständlichen Tarifen und den jeweiligen Erhöhungsjahren bestehen. Grundlage kann indes nicht die in diesem Zusammenhang von ihm zitierte Rechtsprechung sein.
Entgegen der von ihm vertretenen Annahme lassen sich Anhaltspunkte für vermeintliche Unregelmäßigkeiten nicht erst nach einer vollständigen Einsichtnahme in alle Geschäftsunterlagen der Beklagten (unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen) erzielen. Ebenso wenig ist die Hinzuziehung eines Versicherungsmathematikers („mit magischen Kräften“, vgl. insoweit die Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 24.10.2023, S. 13) erforderlich, um Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Prämienerhöhung auszumachen. So hätte sich der Kläger zur Begründung greifbarer Anhaltspunkte für etwaige Unregelmäßigkeiten ohne Weiteres mit den Ausführungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 07.09.2019 (Bl. 204 ff.), ihrer Berufungsbegründung vom 03.03.2020 (Bl. 1119 ff. d. A.) einschließlich der mit Vorbringen eingereichten Anlagen oder den unstreitig übermittelten Beitragsberechnungsbögen auseinandersetzen können sowie etwa auf vergleichbare Anpassungen anderer Versicherungsunternehmen beziehen können (vgl. statt vieler Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). So können sich Auffälligkeiten aus den Angaben der Beklagten zu den einzelnen Werten ergeben. Er hat auch keine anderen Erkenntnisquellen herangezogen, um sein Vorbringen weiter zu substantiieren, was ihm ohne großen Aufwand möglich gewesen wäre (vgl. auch Senat, a.a.O.). Auch hätte er Auskünfte bei der BaFin hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit des Tarifes bzw. dessen Anpassung einholen können. Hierzu fordert die BaFin auf ihrer Webseite ausdrücklich auf und bietet auf ihrer Internetpräsenz den Versicherungsnehmern sogar ausdrücklich an zu prüfen, ob der Versicherer die gesetzlichen Voraussetzungen für die Beitragsanpassung eingehalten hat (vgl. https://www.bafin.de/SharedDocs/FAQs/DE/Verbraucher/Versicherung/Produkte/Kranken/Beitragserhoehung/03_pruefung_beitragserhoehung.html?id=19628532; letzter Abruf 07.11.2023). Der Kläger hat im Übrigen keinerlei sonstige Tatsachen vorgetragen, die einen gewissen Anhaltspunkt dafür liefern könnten, dass und aus welchem Grund die Beitragsanpassungen seitens der Beklagten nicht korrekt vorgenommen worden sein könnten (vgl. zu offenbar ähnlich gelagertem klägerischen Vortrag auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 – 8 U 810/23, Rn. 22, juris). Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 22.08.2023 (Bl. 727- 728 d. A.) – zwar in einem anderen Zusammenhang – eingeräumt, dass sich bei bestimmten Werten Rückschlüsse auf mögliche Mängel der Erhöhungen ziehen lassen könnten. Er führt selbst zutreffend in seinem Schriftsatz vom 24.10.2023 aus, dass es anhand der Berechnungsbögen durchaus möglich ist, die Herleitung der individuellen Prämienhöhe zu belegen; gleichwohl trägt er hierzu nichts weiter vor, sondern belässt es bei seinen allgemeinen Wendungen. Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, dass ihm die „Durcharbeitung der Anlagen“ nicht zuzumuten sei, zumal er hier nicht deutlich wird, auf welche Anlagen er sich bezieht, und er diese teilweise für seinen eigenen Vortrag heranzieht.
Die hier vorgenommene Wertung entspricht im Übrigen auch der Ausgangslage, die der vorgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde lag. Im genannten Bezugsverfahren hatte der dortige Kläger zumindest – anders als der hiesige Kläger – einen greifbaren Anhaltspunkt, der ihn misstrauisch werden ließ und lassen durfte (vgl. bereits Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Die dortige Versicherung hatte nämlich in einem Umfang Beitragserhöhungen vorgenommen, der nach dem klägerischen (und zumindest insoweit substantiierten) Vortrag weit über den allgemeinen Entwicklungen bei den privaten Krankenversicherungen in vergleichbaren Tarifen aufwies.
Mit dieser Begründung liegt der Senat auch auf der Argumentationslinie des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Fallkonstellationen. So hat der BGH in einer Entscheidung zu Prämienanpassungen (BGH, Urt. v. 09.02.2022, IV ZR 337/20, Rn. 21) in einem gleichgelagerten Fall ausgeführt, dass der Kläger in diesem Verfahren im Wesentlichen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Beitragsanpassungen, einer Abweichung der Rechnungsgrundlagen über den Schwellenwert hinaus und die Richtigkeit der Beitragskalkulation ins Blaue hinein bestritten haben könnte. Der Bundesgerichtshof hat insoweit – auch wenn er diese Frage letztendlich im genannten Bezugsfall offenlassen konnte – ausdrücklich ein Bestreiten „ins Blaue hinein“ in Erwägung gezogen.
Für ein unzulässiges, willkürliches Bestreiten („ins Blaue hinein“) in den Beitragsanpassungsprozessen der klägerischen Prozessbevollmächtigten mit vergleichbarem Vortrag - und so auch im Falle des Prozesses des Klägers im Streitfall - sprechen weitere Argumente:
Eine Erhöhung der Prämien ist nur mit Zustimmung des aufsichtsrechtlich überwachten Treuhänders, der nach der ständigen Praxis des BGH die Interessen der Gesamtheit der Versicherten wahrnimmt und demgemäß auch nicht im Lager des Versicherers steht, möglich (vgl. hierzu grundlegend BGH, Urt. v. 19.12.2018 – IV ZR 255/17, NJW 2019, 919). Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. statt vieler Senatsurt. v. 27.09.2023 – 11 U 65/23).
Der Treuhänder ist als Kontrollinstanz an die Stelle der Finanzaufsicht getreten. Alle Argumente, die der BGH gegen die Nichtüberprüfbarkeit der Unabhängigkeit des Treuhänders angeführt hat (vgl. hierzu insbesondere BGH, a.a.O., Rn. 48, 53, 55, 71), lassen sich auch gegen die gerichtliche Prüfbarkeit aufgrund eines ausschließlich pauschalen Vortrags „ins Blaue hinein“ übertragen:
Wenn die Zivilgerichte im Bereicherungsprozess eine anhaltlose und umfassende materielle Prüfung von Voraussetzungen und Umfang der vorgenommenen Prämienerhöhung „ins Blaue hinein“ vorzunehmen hätten, wäre dadurch offensichtlich die Stabilität der Prämien gefährdet (vgl. hierzu BGH, a.a.O., Rn. 48, so auch Senat, Urt. v. 04.10.2023 –11 U 79/23 und 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23). Auch würde diese serienmäßige Prüfung die Gefahr mit sich bringen, dass eine Überprüfung ihrer Richtigkeit die Einhaltung des Äquivalenzprinzips und die dauerhafte Erfüllbarkeit der Versicherungsleistungen unterliefe (Arg. BGH, a.a.O., Rn. 49; Senat, a.a.O.). Zudem muss eine vorübergehende Äquivalenzstörung im Interesse der Beitragsstabilität vermieden werden (BGH, a.a.O., Rn. 49; Senat, a.a.O.). Weiterhin darf der Zweck der Einschaltung des Prämientreuhänders bei dieser Aufgabe keine Überprüfungsmöglichkeit der materiellen Rechtmäßigkeit durch den einzelnen Versicherungsnehmer im Rechtsstreit über eine Prämienanpassung erfordern (BGH, a.a.O., Rn. 50; Senat, a.a.O.), denn der Treuhänder übernimmt an dieser Stelle gerade die Interessen der Versichertengemeinschaft. Durch die Einschaltung eines Treuhänders wird es dem Versicherungsnehmer in der Konzeption des Gesetzes nämlich erspart, erst vor Gericht ziehen und das Prozesskostenrisiko eingehen zu müssen, um überhaupt eine neutrale Kontrolle der Prämienerhöhung zu erreichen (vgl. hierzu Armbrüster, Wirksamkeitsvoraussetzungen für Prämienanpassungsklauseln, r + s 2012, 365, 377).
Die Einführung des Bedingungstreuhänders verfolgte überdies den Zweck, anstelle des bisherigen aufsichtsrechtlichen Instrumentariums der Bedingungsgenehmigung ein neues vertragsrechtliches Instrumentarium zu entwickeln. Dieses Instrumentarium sollte ein Ersatz für die bisherige aufsichtsrechtliche Qualitätskontrolle darstellen. Das bedeutete, dass die Wirksamkeit der Bedingungsänderung an die Prüfung und Zustimmung des Treuhänders geknüpft sein sollte (vgl. hierzu eingehend Senat, a.a.O.; Langheid/Wandt/Boetius, MüKO-VVG; 2. Aufl. 2017, § 203 Rn. 597 m.w.N.).
Aus der engen Verzahnung zwischen Vertrags- und Aufsichtsrecht, wie sie in § 203 Abs. 2 S. 4 VVG zum Ausdruck kommt, folgt zudem, dass der Zweck des Anpassungsrechts nach § 155 VAG, namentlich die dauerhafte Erfüllbarkeit der vertraglichen Verpflichtungen des Versicherers sicherzustellen und damit die Belange der Versicherten zu wahren sind und nicht durch eine anhaltlose bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zu Gunsten Einzelner konterkariert werden dürfen (Senat, a.a.O.; Langheid/Rixecker/Muschner, VVG., 7. Aufl. 2022, § 203 Rn. 37). Zwar ist der Treuhänder kein Organ der Versicherungsaufsicht (Langheid/Wandt/Boetius, a.a.O., § 203 Rn. 603). Allerdings verpflichtet § 155 Abs. 3 Satz 5 VAG den Treuhänder, die Aufsichtsbehörde unverzüglich zu unterrichten, wenn er zu einer notwendigen Prämienanpassung mit dem Versicherungsunternehmen keine übereinstimmende Beurteilung erzielen kann (vgl. insgesamt auch Senat, a.a.O.; Langheid/Wandt/Boetius, a.a.O., § 203 Rn. 606).
Ferner teilt der Senat die Auffassung des BGH, dass die Grenzen der dem Versicherer zustehenden Beurteilungsspielräume grundsätzlich im Rahmen der materiellen Überprüfung der Berechtigung des Versicherers zur Prämienanpassung gewährleistet werden müssen (BGH, a.a.O., Rn. 53). Dies setzt jedoch greifbare Anhaltspunkte für dahingehende Fehler voraus. Dass dies in tausenden, bei den Instanzgerichten anhängigen und annähernd serienmäßig adressierten Fällen „ins Blaue hinein“ geprüft werden muss, mit dem Risiko gravierender inhaltlicher Divergenzen bei jedem einzelnen Tarif und Versicherten, wird weder von den Vorschriften des VVG noch den Normen des VAG und somit überlagernd die allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze gefordert. Denn ohne Vorliegen jeglicher, objektiver Anhaltspunkte, die den Verdacht einer materiell fehlerhaften Beitragsanpassung rechtfertigen, liefe es auf eine ausforschende Prozessführung hinaus, die der ZPO jedoch wesensfremd ist (vgl. Gesetzesbegründung zur ZPO-Reform zum 01.01.2002: BT-Drs. 14/6036, S. 120, 2. Sp.). Das Gericht wäre in jedem Einzelfall – da sich die Berechnungsgrundlagen regelmäßig nur mit Hilfe eines Sachverständigen bis ins Einzelne gehend überprüfen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.2004 – IV ZR 117/02, Rn. 16, juris) - schon bei der Erheblichkeitsprüfung des Parteivortrags angehalten, sich im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Unterstützung eines Sachverständigen zu bedienen (für derartige Verfahrenskonstellationen s.a. BT-Drs. 19/13828, S. 18), was ersichtlich weder im Sinne des Gesetzgebers war noch der höchstrichterlichen Rechtsprechung entnommen werden kann.
Dass der Bundesgerichtshof die vorgenannten Bedenken in der Grundsatzentscheidung vom 16.12.2020 (IV ZR 294/19) revidiert haben könnte, ist fernliegend. Im Gegenteil, die Richtigkeit der hier vertretenen Rechtsauffassung wird vielmehr durch die jüngste Praxis des Bundesgerichtshofs bestätigt. Dieser geht selber nicht davon aus, dass es für den Einstieg in eine materielle Überprüfung der Wirksamkeit der jeweiligen Tarife ausreicht, dass der Kläger die materielle Rechtmäßigkeit lediglich behauptet, da er anderenfalls etwa in seiner Entscheidung vom 19.07.2023 (IV ZR 123/22, juris) die materielle Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Beitragsanpassungen ohne eine weitere Sachprüfung nicht hätte bejahen können und dürfen. Dass der für das Versicherungsrecht zuständige IV. Zivilsenat beim Bundesgerichtshof daher ohne jegliche Begründung von den allgemein anerkannten Grundsätzen abweichen wollte, die er im Übrigen in anderen Zusammenhängen nicht infrage stellt, liegt fern (vgl. bereits Senatsurt. v. 04.10.2023 – 11 U 79/23 und 11 U 62/23; v. 27.09.2023 – 11 U 65/23; überzeugend auch LG Wuppertal, Urt. v. 04.07.2023 – 4 O 276/22, BeckRS 2023, 17390 Rn. 25).
Anders als der Kläger behauptet, steht er auch nicht schutzlos dar. Geeignete Anknüpfungspunkte für das Vorliegen einer materiell rechtswidrigen Beitragsanpassung (deren Erheblichkeitsschwelle im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes tatsächlich nicht zu hoch angehängt werden darf), können sich z.B. m Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls aus einer außergewöhnlich starken Beitragsanpassung ergeben, wie der Senat dies etwa in einem beiden Parteivertretern bekannten Parallelverfahren (Az. 11 U 93/19, Beschl. v. 08.11.2023) klargestellt hat.
Der Kläger kann – wie schon oben ausgeführt – von der Beklagten – insoweit hat seine Berufung Erfolg – die überzahlten Mehrprämien aus dem Tarif BSG 50 T für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2015 in Höhe von 209,28 Euro (12 x 17,44 Euro) verlangen. Das Urteil des Landgerichts ist hinsichtlich der herauszugebenden Mehrprämien in sich nicht verständlich. Einerseits will das Landgericht einen Betrag i.H.v. 804,66 Euro dem Kläger zusprechen, andererseits führt das Landgericht aus, dass lediglich die Mehrprämien, die in den Jahren 2016 und 2017 gezahlt worden sind, herauszugeben sind. Die dort aufgeführten Beträge ergeben rechnerisch allerdings einen Betrag i.H.v. 705,12 Euro. Die nunmehr vom Senat zugesprochenen Beträge waren von dem landgerichtlichen Urteil nicht erfasst.
Die Beklagte ist entgegen ihrer Auffassung auch nicht entreichert. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung greifen die von der Beklagten erhobenen Entreicherungseinwände nicht durch. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das Urteil des BGH vom 16.12.2020 (Az.: IV ZR 294/19, hier insbesondere Rn. 45 ff., 48 ff.) Bezug genommen.
Die Ansprüche des Klägers vor dem 01.01.2015 sind verjährt. Die dreijährige Regelverjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die Rückzahlungsansprüche aufgrund unwirksamer Beitragserhöhungen entstehen jeweils mit der Zahlung der Erhöhungsbeträge (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.2021 - IV ZR 113/20, Rn. 41, juris). Bei rechtsgrundlos erbrachten Leistungen, die periodisch fällig und dementsprechend bezahlt werden, entsteht mit jeder Zahlung ein sofort fälliger und damit ein regelmäßig zeitlich wiederkehrender Bereicherungsanspruch (vgl. BGH, Urt. vom 27.05.2008 - XI ZR 409/06, Rn. 12, juris). Demgemäß wurde lediglich die Verjährung des Anspruchs auf Rückzahlung der ab dem 01.01.2015 geleisteten Prämienanteile durch die Zustellung der Klageschrift am 11.07.2018, nicht jedoch die der bis zum 31.12.2014 geleisteten (betrifft die nicht wirksamen Erhöhungen zum 01.01.2009 für den Tarif BSG 50 T und zum 01.01.2011 für den Tarif B 350 T), rechtzeitig gehemmt wurde und diese Ansprüche nicht verjährt sind.
Für die ebenfalls vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche nach dem 31.12.2015 besteht ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Mehrprämien, da die Erhöhungsverlangen ab diesem Zeitpunkt weder formell noch materiell zu beanstanden sind.
Für einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gelten die vorgenannten Ausführungen mit Blick auf die allgemeinen Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast, die im Schadensrecht entwickelt wurden, erst recht. Im Übrigen geht es hier nicht um die Verletzung der Leistungspflicht des Beklagten. Der Anspruch auf Rückzahlung entsteht zudem nicht durch ein schädigendes Verhalten des Leistungsempfängers - hier durch die vermeintlich unwirksame Prämienerhöhung -, sondern durch die Verfügungen des Leistenden (vgl. BGH, Urt. v. 22.06.2022, IV ZR 253/20, Rn. 43, juris).
Hinsichtlich der Feststellungsanträge hat die Berufung der Beklagten überwiegend Erfolg. Zum einen besteht hinsichtlich des Erhöhungsverlangens vom 01.01.2009 eine Beschränkung der Rechtswidrigkeit bis zum 31.12.2015, da das Erhöhungsverlangen zum 01.01.2016 zum Tarif BSG 50 T die Rechtsgrundlage für alle weiteren Prämienerhöhungen aus diesem Tarif bildet. Bei dem Erhöhungsverlangen vom 01.01.2011 für den Tarif B 350 T besteht kein Feststellungsinteresse, da sämtliche möglichen Ansprüche verjährt sind und mit dem Erhöhungsverlangen vom 01.01.2013 eine wirksame Rechtsgrundlage für die Erhöhung in dem Tarif geschaffen wurde. Da der Kläger ausdrücklich erklärt hat, dass seine Feststellungsanträge nicht im Sinne einer Zwischenfeststellungsklage zu verstehen sind, hat der Senat von einer Prüfung der Vorgreiflichkeit abgesehen.
Die Nebenansprüche folgen insoweit den Hauptansprüchen:
Die Beklagte ist – wie tenoriert – zur Herausgabe gezogener Nutzungen verpflichtet (vgl. hierzu grundlegend BGH, Urt. v. 16.12.2020 – IV ZR 294/19, Rn. 57 f., juris). Allerdings ist diese im vorliegenden Fall bis zu dem beantragten Zeitpunkt – ansonsten zu dem jeweiligen Eintritt der Rechtshängigkeit – zu begrenzen. Prozess- und Verzugszinsen sollen den Nachteil ausgleichen, den der Gläubiger dadurch erleidet, dass er infolge nicht rechtzeitiger Zahlung des Schuldners daran gehindert ist, einen ihm zustehenden Geldbetrag zu nutzen. Dieser Nachteil wird durch einen Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen vollkommen ausgeglichen. Daher besteht neben dem Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen kein Anspruch auf Prozess- oder Verzugszinsen (BGH, Urt. v. 16.12.2020 – IV ZR 294/19, Rn. 58, juris). Im Übrigen teilen die Nutzungsherausgabeansprüche das Schicksal der Hauptansprüche und nehmen dementsprechend an der Verjährung teil, § 217 BGB.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Kosten. In der unberechtigten Geltendmachung nicht geschuldeter Erhöhungsbeträge aus einer unwirksamen Prämienanpassung liegt zwar grundsätzlich eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB des Versicherers, so dass ein Anspruch auf den Ersatz bzw. die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 22.06.2022 - IV ZR 193/20). Auch im Falle einer Pflichtverletzung sind aber gemäß §§ 249 ff. BGB nur solche Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.2015 - IX ZR 280/14, VersR 2016, 874, juris Rn. 8). Bei der Geltendmachung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten als Schaden ist Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch deshalb, dass die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war (vgl. nur OLG Hamm, Urt. v. 17.03.2023 – 20 U 327/22, juris). Gemessen an diesen Grundsätzen kann der Kläger auch nicht für den Teil Schadensersatz verlangen, der ihm aufgrund des Urteils zugesprochen worden ist. Die Prozessbevollmächtigten führen auch hier vor dem Senat eine Unzahl von Verfahren, die im Zusammenhang mit Prämienerhöhungen stehen. In keinem einzigen war die Zahlungsaufforderung erfolgreich. Dem Senat sind auch keine anderen Fälle anderer Gerichte bekannt, in dem dies so war. Auch der Kläger trägt hierzu nichts vor. Vielmehr ist in Anbetracht dieser Umstände davon auszugehen, dass den Prozessbevollmächtigten jedenfalls zum Zeitpunkt der Anhängigkeit die Notwendigkeit der Klageerhebung bewusst war.
Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO hierfür nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. hierzu insbesondere und eingehend Senatsbeschl. v. 21.12.2022 – 11 U 224/21; vgl. auch Urt. v. 25.01.2023 – 11 U 133/22; 18.01.2023 – 11 U 154/22).
Zunächst ist der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO - entgegen der vom klägerischen Prozessbevollmächtigten im Rahmen der mündlichen Verhandlung und in dem Schriftsatz vom 24.10.2023 vertretenen Rechtsauffassung - nicht gegeben.
Dieser Zulassungsgrund ist unter anderem in den Fällen einer Divergenz anzunehmen, wenn also die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt allerdings nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein- und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (vgl. BGH, Beschl. v. 19.11.2020 – I ZR 19/20, BeckRS 2020, 36306 Rn. 6; Beschl. v. 10.09.2020 - I ZR 237/19, juris Rn. 8).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, denn die Entscheidung beruht auch zur Frage der materiellen Rechtmäßigkeit - wie eingehend oben ausgeführt - auf Rechtssätzen, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellt wurden. Hiervon weicht der Senat nicht ab. Daran ändern auch die vom Kläger im Schriftsatz vom 24.10.2023 angeführten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Jena, München und Dresden nichts. Maßgeblich für die im Streitfall angenommene Rechtsmissbräuchlichkeit des klägerischen Vortrags ist sein Vorbringen in diesem Rechtsstreit und somit eine tatrichterliche Einzelfallwürdigung. Soweit der Kläger im nachgelassenen Schriftsatz die angeführten Entscheidungen sinngemäß zusammenfasst, übersieht er dabei, dass der Bundesgerichtshof in keiner Entscheidung, bei der die Wirksamkeit von Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung in Rede stand, eine Abkehr von seiner bislang über Jahrzehnte hinweg gefestigten Rechtsprechung zu den Anforderungen an einen rechtsmissbräuchlichen Vortrag, der stets einer Einzelfallwürdigung zu unterziehen ist, erklärt hat. Das betrifft - entgegen der klägerischen Annahme - auch den Vortrag zu den auslösenden Faktoren. Insoweit folgt der Senat den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Rechtssätzen in ständiger Praxis. Dementsprechend ist die Nichtzulassung der Revision im Streitfall, die sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert weder „objektiv willkürlich“ noch führt diese zu einer „offensichtlichen Divergenz“.
Entgegen der vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung liegt auch der Zulassungsgrund der „grundsätzlichen Bedeutung“ gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Sache zu, wenn sie eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage setzt die Revisibilität des anzuwendenden Rechts nach § 545 Abs. 1 ZPO voraus. Klärungsbedürftig sind solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (BVerfG Beschl. v. 05.07.2022 – 1 BvR 832/21, BeckRS 2022, 20740 Rn. 14). Das kann insbesondere bei Musterprozessen und Verfahren, in denen die Auslegung typischer Vertragsbestimmungen, Tarife, Formularverträge oder allgemeiner Geschäftsbedingungen erforderlich wird, aber auch in sonstigen Fällen, in denen Leitentscheidungen des Revisionsgerichts notwendig erscheinen, der Fall sein. Liegt bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, ist eine (erneute oder ergänzende) Klärungsbedürftigkeit nur zu bejahen, wenn in Literatur und Rechtsprechung – nicht nur vereinzelt – mit beachtlichen, vom Revisionsgericht noch nicht berücksichtigten Argumenten Widerspruch erhoben wird, die Anlass zu einer Überprüfung des bisherigen Standpunkts geben können (vgl. hierzu insgesamt BeckOK ZPO/Kessal-Wulf, 50. Ed. 01.09.2023, § 543 Rn. 19, 21 m.w.N.).
Gemessen daran ist die Grundsätzlichkeit der Entscheidung im Streitfall auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens im Schriftsatz vom 24.10.2023 zu verneinen:
Hinsichtlich der Beurteilung der formellen Rechtmäßigkeit handelt es sich nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Fällen um eine Frage, die der Tatrichter im Einzelfall zu entscheiden hat (BGH, Urt. v. 30.11.2022 – IV ZR 294/20, BeckRS 2022, 36909 Rn. 16).
Schließlich ist die Annahme zu einem rechtsmissbräuchlichen Vorbringen des Klägers zur vermeintlich fehlenden materiellen Rechtmäßigkeit einzelfallbezogen, weshalb auch insoweit eine grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit nicht gegeben ist. Vorliegend beruhen die nach Darstellung des Klägers gegenteiligen Entscheidungen der angeführten Oberlandesgerichte München, Jena und Dresden ebenso auf der Würdigung des jeweils vorgetragenen Sachverhaltes in tatsächlicher Hinsicht und nicht auf anderslautenden abstrakten Rechtssätzen (vgl. zu ähnlich gelagerter Argumentation auch OLG Dresden, Beschl. v. 09.03.2023 – 4 U 2496/22, Rn. 5, juris), zumal keines der genannten Gerichte (insoweit konsequent) eine Revisionszulassung erwogen hat. Aus der Sicht des Senats sind die hierzu maßgeblichen Rechtssätze - wie zuvor oben im Einzelnen dargelegt - unzweifelhaft höchstrichterlich geklärt. Die weiteren Ausführungen des Klägers in den Schriftsatz vom 24.10.2023, insbesondere zu einer vermeintlichen Grundrechtsverletzung hat der Senat geprüft und zur Kenntnis genommen, sie führen indessen zu keinem anderen Ergebnis.