Gericht | OLG Brandenburg 1. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 16.11.2023 | |
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Aktenzeichen | 1 W 25/23 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:1116.1W25.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 29. August 2023 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000,00 € festgesetzt.
I.
Die Parteien sind Mitglieder der Partei …, der Antragsteller ist als Abgeordneter im Europäischen Parlament, der Antragsgegner als Mitglied des Abgeordnetenhauses in (Ort 01) tätig. Der Antragsgegner betreibt über den Telekommunikationsdienst … eine geschlossene Gruppe unter dem Titel „Diskussionsplattform für...“ mit 172 Mitgliedern, in der er am 30. Juli 2023 folgenden Beitrag veröffentlichte:
„Die Transatlantiker um (Name 01) und (Name 02) versuchen (Name 03) wegen seiner Russland und China Kontakte zu verhindern. Dazu haben sie eine massive Schmutzkampagne gestartet. Es geht das Gerücht um dass der ehemalige Pressesprecher unter (Name 04), (Name 05) dafür einen Telegram Account betreibt der AfD Pressespiegel o.ä. heißen soll.“
Mit einer am 11. August 2023 bei dem Landgericht Potsdam eingegangenen Antragsschrift begehrte der Antragsteller, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung zu der Unterlassung dieser Äußerung zu verpflichten. Das Landgericht hat den Erlass der einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 29. August 2023 als unzulässig zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass sich keine örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergebe. Insbesondere sei in seinem Bezirk kein Gerichtsstand nach § 32 ZPO begründet, da es sich – wenngleich internetbasiert – um einen Beitrag in einer geschlossenen Gruppe handele und kein besonderer Bezug zum Bezirk des Landgerichts Potsdam ersichtlich sei.
Gegen diesen ihm am 30. August 2023 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 9. September 2023, der am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht mit Beschluss vom 11. September 2023 nicht abgeholfen hat.
II.
Die sofortige Beschwerde ist nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, nachdem sie insbesondere innerhalb der in § 569 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO bestimmten Frist eingelegt worden ist.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aufgrund der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist im Bezirk des Landgerichts Potsdam kein Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO begründet. Zwar ist danach ein Gerichtsstand auch am Erfolgsort der geltend gemachten unerlaubten Handlung und damit an dem Ort anzunehmen, an dem – unabhängig von einem Schaden – der Verletzungserfolg eintritt. Dieser Erfolgsort besteht nach Auffassung des Senats im Falle von Veröffentlichungen im Internet jedenfalls an dem Ort, zu dem die als rechtsverletzend beanstandete Internetveröffentlichung einen deutlichen Bezug in dem Sinne aufweist, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen aufgrund einer Kenntnisnahme von der beanstandeten Veröffentlichung nach den Umständen des konkreten Falls an dem betreffenden Gerichtsort erheblich näher liegt als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre, und die vom Betroffenen behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung auch an diesem Ort eintreten wird (Senat, MMR 2017, 261 Rn. 14 mwN).
Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, da es sich – wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat – vorliegend gerade nicht um eine jedermann zugängliche Information handelt, die im Internet frei zur Verfügung steht und damit von einem unbestimmten und damit nicht abgrenzbaren Kreis von Personen abgerufen werden kann. Die streitgegenständliche Äußerung wurde zwar im Rahmen eines internetbasierten sozialen Netzwerks veröffentlicht, jedoch in einer geschlossenen Gruppe, deren Zugangsvoraussetzungen der Antragsteller nicht näher darlegt.
Bei einer solchen Fallgestaltung fehlt es an den Voraussetzungen für die Grundsätze des fliegenden Gerichtsstands. Es handelt sich weder um die Geltendmachung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung in einem Presseerzeugnis oder einer Fernsehsendung, für die überall dort ein Gerichtsstand besteht, wo die Druckschrift verbreitet bzw. die Sendung ausgestrahlt wird (vgl. BGH, NJW-RR 2012, 943 Rn. 19; BGH, NJW 1977, 1590, 1591), noch um eine für jedermann weltweit abrufbare Veröffentlichung auf einer Internetseite. Da diese weltweite Verfügbarkeit oft nur eine zwangsläufige, technisch bedingte Gegebenheit des verwendeten Mediums ist, kommt es maßgeblich darauf an, inwieweit auf Grund objektiver Kriterien anhand Darstellung und Inhalt der einzelnen Internetseite ein bestimmter Wirkungskreis festgestellt werden kann (Senat, MMR 2017, 261 Rn. 15). Vorliegend ist zwar nicht ersichtlich, dass sich die Äußerung auf einen örtlich begrenzten Adressatenkreis bezieht, aber es handelt sich jedenfalls von vornherein um einen deutlich begrenzten Personenkreis, so dass sich ein Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Potsdam allenfalls aufgrund eines lokalen Bezugs der Adressaten der Äußerung ergeben könnte, der seitens des Antragstellers nicht dargetan ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO.