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Entscheidung 3 U 120/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 3. Zivilsenat Entscheidungsdatum 07.11.2023
Aktenzeichen 3 U 120/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:1107.3U120.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24.06.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam – 4 O 167/21 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Klägerin auferlegt. Die Kosten der Nebenintervention trägt die Nebenintervenientin selbst.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 8.650,52 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Herausgabe von Grundstücken, auf denen sich Kleingärten befinden. Sie war Eigentümerin der Flurstücke …, …, …/1, …/2, …/1, …/2, …, …, … der Flur … in B… (P…) auf denen sich die Kleingartenanlagen „H... 1922“ und „F... S...“ befinden. Sie veräußerte die Grundstücke nach Schluss der mündlichen Verhandlung in 1. Instanz an die Nebenintervenientin, die am 05.10.22 im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen wurde. Der Beklagte verpachtet die Grundstücke an verschiedene Kleingärtner. Nach dem Erwerb der Grundstücke durch die Klägerin bestand zwischen den Parteien Streit über das zwischen ihnen bestehende Rechtsverhältnis.

Am 02.12.2009 fasste die Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt P… für das Gebiet einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan, der in dem betreffenden Bereich Kleingärten vorsah. Vom 10.06.2014 bis zum 11.07.2014 fand die 1. Öffentlichkeitsbeteiligung für den Bebauungsplan Nr. …-2 „K... O... D.../C...“ statt, der auch die streitgegenständlichen Grundstücksflächen betrifft.

Am 12.07.2016 schlossen die Parteien einen Zwischenpachtvertrag, der unter anderem folgende Regelungen enthält:

„Präambel:

Die Zwischenpächterin hat mit der Verpächterin bislang keinen Vertrag über die Anpachtung der Flächen geschlossen, obwohl sie selbst Pachtverträge mit den Kleingärtnern für diese Flächen abgeschlossen hat und dort als Verpächterin auftritt. (…) Die Parteien versuchen, eine Lösung des Konflikts unter Einbeziehung der Landeshauptstadt P... zu erreichen. Allein zur Regelung des Zwischenzustandes und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht wird dieser befristete Zwischenpachtvertrag geschlossen

§ 1: Die Verpächterin überlässt der Pächterin vorübergehend, nämlich für den Zeitraum 15.12.2015 - 31.07.2018 die Flächen zur Nutzung als Dauerkleingarten/Kleingarten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes. Dabei handelt es sich um die Flurstücke …, …, …/1, …/2, …/1, …/2, …, …, … der Flur … in einer Gesamtgröße von 24.171 m².

§ 2: Der Vertrag endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf am 31.07.2018. Sollten die Parteien vor diesem Zeitpunkt eine gemeinsame dauerhafte Lösung gefunden haben, werden sie alle notwendigen Erklärungen abgeben, um dieses befristete Rechtsverhältnis in ein dauerhaftes Rechtsverhältnis umzuwandeln.

§ 4: Die Höhe der zu entrichtenden Pacht richtet sich nach dem BKleingG. Bis zum 15.12. wird eine jährliche Pacht von 0,1022583 €/qm vereinbart, für den Pachtgegenstand somit 2.471,69 €. (….) Die Pacht ist jährlich für das laufende Pachtjahr zu entrichten. Sie ist fällig und zahlbar am 15.12. jeden Pachtjahres i.H.v. 2.471,69 € und ist binnen 2 Wochen nach Fälligkeit auf das bekannte Konto der Verpächterin zu zahlen.

§ 7: Vorbehaltlich einer von der zuständigen Bauordnungsbehörde zu erteilenden Genehmigung, dürfen auf den einzelnen Kleingärten Gartenlauben mit einer maximalen Grundfläche von 24 m² einschließlich überdachten Freisitz nach den vom Gartenbauamt erstellten und genehmigten Entwürfen errichtet werden.“

Der Bebauungsplan wurde am 06.12.2017 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Nach der Ausfertigung wurde er im Amtsblatt der Landeshauptstadt P… Nr. …/2017 vom 28.12.2017 bekannt gemacht. Es fehlte jedoch die Bekanntmachungsanordnung durch den Oberbürgermeister. Nachdem die Klägerin mit am 28.12.2018 bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingegangenem Schriftsatz einen Normenkontrollantrag erhoben hat und u.a. die fehlende Bekanntmachungsanordnung des Oberbürgermeisters rügte, führte die Landeshauptstadt P… ein ergänzendes Verfahren gemäß § 214 Abs. 4 BauGB durch. Der Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 122-2 „K... O... D.../C... wurde im Amtsblatt der Landeshauptstadt P… Nr. 12/2019 vom 05.09.2019 mit Rückwirkung zum 28.12.2017 bekannt gemacht. Der Bebauungsplan weist die streitgegenständlichen Flächen als „Dauerkleingärten“ aus. Das OVG Berlin-Brandenburg hat den Normenkontrollantrag der Klägerin, nach Veräußerung der Grundstücke durch die Nebenintervenientin fortgeführt, mit Urteil vom 04.11.2022 (OVG 2 A 9.19, BeckRS 2022, 32432) abgelehnt.

Der Beklagte überwies am 13.12.2017 einen Betrag in Höhe von 3.025,17 € an den Geschäftsführer der Klägerin. Der Verwendungszweck der Überweisung lautete „Pacht 2018 KGA F... S..., H... und B... V...“. Am 13.12.2018 überwies der Beklagte wiederum an den Geschäftsführer der Klägerin einen Betrag i.H.v. 3.025,17 €, wobei als Verwendungszweck angegeben war: „Pacht 2019 KGA F... S..., H... und B... V...“.

Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 16.05.2019 zur Räumung der streitgegenständlichen Grundstücke auf und kündigte vorsorglich den Zwischenpachtvertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Gleichzeitig mahnte sie vorsorglich die Zahlung der Pacht für das laufende Pachtjahr an.

Mit der Klageschrift vom 27.01.2020 erklärte die Klägerin vorsorglich die Kündigung eines ggf. bestehenden Pachtvertrages wegen ausstehender Pacht. Zudem erklärte sie die Anfechtung des Zwischenpachtvertrages wegen arglistiger Täuschung. Mit Schriftsatz an das Gericht vom 09.07.2020 kündigte die Klägerin erneut den ggf. bestehenden Pachtvertrag. Mit Schriftsatz an das Gericht vom 03.08.2020 wiederholte die Klägerin die Kündigung und teilte mit, dass die Kündigung wegen Dauerwohnens nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG erfolge.

Der Beklagte zahlte am 13.12.2021 eine Summe von 5.607,68 € auf das Rechtsanwaltsanderkonto der klägerischen Prozessbevollmächtigten ein. Der Verwendungszweck lautete: „Pacht 2021 und 2022, B…, Flur 2, Flst. versch., KGA F... S... 7335 qm und KGA H... 16.836 qm, VGS- Nr. … ABWA+ Kreisverband P…, der G… - und S… e.V.“

Die Klägerin kündigte mit Schriftsatz vom 23.12.2021 den Zwischenpachtvertrag erneut wegen fehlender Zahlungen für 2020 und 2021. Mit Schriftsatz vom 08.04.2020 forderte die Klägerin den Beklagten auf bis zum 30.04.2020 dafür Sorge zu tragen, dass die Nutzer nicht auf dem Gelände wohnen, dass Häuser auf den Grundstücken nicht größer als 24 m² sind und dass Grundstücke als Kleingärten zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf genutzt werden. Mit Schriftsatz vom 25.04.2022 kündigte die Klägerin erneut den Zwischenpachtvertrag wegen unzulässiger Nutzung der Grundstücke als Wohn- und Erholungsgrundstücke. Der Beklagte widersprach allen Kündigungen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien bestehe kein Pachtvertrag oder ein sonstiges Verhältnis, aus dem der Beklagte ein Recht zum Besitz herleiten könne. Das Bundeskleingartengesetz finde auf das bestehende Vertragsverhältnis keine Anwendung. Sofern es Anwendung finden sollte, beruhe dies auf einer Täuschung der Klägerin durch den Beklagten, sodass der Vertrag von Beginn an gemäß § 142 BGB nichtig sei. Der Beklagte habe die Klägerin getäuscht, in dem er erstmalig im Mai 2019 erklärt habe, den Vertrag aufgrund des Bundeskleingartengesetzes für nicht frei kündbar zu halten, aber bereits seit Vertragsabschluss die Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes beabsichtigt habe.

Jedenfalls aber sei ein eventuell bestehendes Vertragsverhältnis durch die erklärten Kündigungen beendet worden.

Die Klägerin hat behauptet, mehr als 40 der über 50 Lauben in den Kleingärten hätten eine Fläche von mehr als 24 m², 4 Lauben über 100 m². Mehrere Häuser würden über eine Heizung verfügen. Ein Großteil der Lauben sei zum dauerhaften Wohnen geeignet. Hierzu hat die Klägerin Fotos von Kleingartenparzellen zur Akte gereicht. Zudem habe sie die Pachtzahlungen für die Jahre 2018, 2019, 2020 und 2021 nicht erhalten.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die Grundstücke …, …, …/1, …/2, …/1, …/2, …, …, … der Flur … in B… (P…) mit einer Gesamtgröße von 24.171 m² an die Klägerin herauszugeben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, er habe im Dezember 2017 und im Dezember 2018 den Pachtzins auf das einzige ihm von der Klägerin mitgeteilte und ihm bekannte Konto überwiesen. Die Grundstücke würden nicht zum Wohnen genutzt. Im Übrigen bestehe der Zustand bereits seit einer Vielzahl von Jahren, sodass hierauf eine Kündigung nicht gestützt werden könne.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Zwischenpachtvertrag sei nicht befristet abgeschlossen, sondern er gelte nach § 6 BKleingG als auf unbestimmte Zeit geschlossen, weil es sich um einen Kleingartenpachtvertrag über Dauerkleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes handele. Eine Täuschungshandlung des Beklagten, die ein mögliches Anfechtungsrecht der Klägerin begründen könnte, habe diese nicht substantiiert dargelegt. Der Zwischenpachtvertrag sei auch nicht wirksam gekündigt worden. Zahlungsverzug des Beklagten nach § 8 Nr. 1 BKleingG habe nicht vorgelegen. Die Zahlungen an den Geschäftsführer der Klägerin hätten Erfüllungswirkung. Hinsichtlich des Pachtzinses für das Pachtjahr 2020 fehle es an einer Abmahnung in Textform nach Verzugseintritt. Auch hinsichtlich des Pachtjahres 2021 fehle eine Abmahnung in Textform nach Verzugseintritt. Zudem sei der Zahlung auf das Anderkonto der Prozessbevollmächtigten der Klägerin Erfüllungswirkung beizumessen. Auch die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG hat das Landgericht verneint, weil eine hinreichende Abmahnung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG nicht erfolgt sei. Zudem habe die Klägerin nicht hinreichend substantiiert Umstände vorgetragen, aus denen das behauptete Dauerwohnen und das Überschreiten der höchstzulässigen Gebäudemaße hervorgehe. Die Klägerin habe auch das Recht auf Kündigung wegen Dauerwohnens bzw. wegen nicht kleingärtnerischer Nutzung verwirkt, da sie derartige Umstände in den Jahren vor 2019 nicht beanstandet habe. Außerdem stehe der Klägerin selbst bei wirksamer Kündigung kein Anspruch auf Herausgabe der Grundstücke zu. Ein Verpächter könne nach einer Kündigung vom Zwischenpächter nicht die Herausgabe der Grundstücke fordern, da nach § 10 Abs. 3 BKleingG die Rechtsfolge der Kündigung des Zwischenpachtvertrages kein Herausgabeanspruch, sondern der Eintritt Verpächters in die Verträge mit den Kleingärtnern ist.

Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Gegen dieses Urteil, das ihrer Prozessbevollmächtigten am 30.06.2022 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 26.07.2022 Berufung eingelegt und die Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.09.2022 am 27.09.2022 begründet. Mit der Berufungsschrift ist die Nebenintervenientin dem Rechtsstreit beigetreten.

1.

Die Klägerin rügt, dass das Landgericht ihren Vortrag zur arglistigen Täuschung mangels hinreichender Substantiierung nicht berücksichtigt hat, aber zuvor keinen entsprechenden Hinweis erteilte. Bei entsprechendem Hinweis hätte die Klägerin vorgetragen, dass sie bei Vertragsabschluss keine Kenntnis von einem Bebauungsplan gehabt hat.Die Klägerin sei an dem Bebauungsplan nicht beteiligt gewesen, obwohl sie Eigentümerin war. Sie hätte den Pachtvertrag nicht geschlossen, wenn sie gewusst hätte, dass dieser nicht kündbar ist. Sie behauptet, der Beklagte habe Kenntnis von dem Bebauungsplan gehabt und deswegen den Zwischenpachtvertrag in der Absicht geschlossen, die Grundstücke so lange nicht zu verlassen, bis der Bebauungsplan „durch“ sei.

2.

Das Landgericht gehe rechtsirrig davon aus, dass § 6 BKleingG Anwendung finde. Da diese Norm keine Anwendung finde, sei der Vertrag seit 2018 aufgrund der Abrede der Befristung beendet. Das Landgericht hätte sich fragen müssen, wie sich die Tatsache auswirkt, dass der Bebauungsplan bei Vertragsabschluss noch nicht in Kraft war und erst nach Vertragsabschluss wirksam in Kraft gesetzt wurde – zu einem Zeitpunkt, der ein halbes Jahr vor Ablauf des Vertrages lag. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bis zum 27.12.2017 finde § 6 BKleingG keine Anwendung, weil es sich bei den streitgegenständlichen Gärten nicht um Dauerkleingärten gehandelt habe. Das Inkrafttreten des Bebauungsplans könne nicht dazu führen, dass aus dem Vertragsgegenstand „Kleingarten“ auf einmal ein „Dauerkleingarten“ wird. Das Landgericht hätte bei der Auslegung des § 6 BKleingG die Wertung von §§ 16 Abs. 2-4, 20a Abs. 2 BKleingG, Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB berücksichtigen müssen. Nach §§ 16 Abs. 2-4 BKleingG wurden nur befristete Verträge für Grundstücke im Eigentum der Gemeinde unbefristet. Nach § 16 Abs. 4 BKleingG konnten die Gemeinden binnen einer Frist von 4 Jahren einen Bebauungsplan für die Flächen beschließen, um aus den vorhandenen Kleingärten befristete Dauerkleingärten zu machen. § 20a BKleingG hat vorgesehen, dass Kleingartenverträge unter das Bundeskleingartengesetz fallen, wenn der Vertrag bei Beitritt der DDR bestand. Nur die Flächen, die im Eigentum der Gemeinde standen, wurden als Dauerkleingärten behandelt. Der Rechtsgedanke finde sich auch in Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB, in dem klargestellt wird, dass bestehende Zeitmietverträge fortbestehen und auch für ihre Beendigung das alte Recht gilt. Zudem sei der Bebauungsplan erst nach Ablauf des Vertrages, nämlich im Jahr 2019 wirksam geworden. Die Rückwirkung habe für den Vertrag keine Auswirkung. § 214 Abs. 3 BauGB diene nicht der Auslegung zivilrechtlicher Verträge, sondern nur dem Schutz der öffentlich-rechtlichen Beziehungen. Wenn § 6 BKleingG auf den hiesigen Fall Anwendung findet, dann wäre dies verfassungswidrig. Denn die Klägerin würde dann in ihren Eigentumsrechten nach Art. 14 Abs. 1 GG über das Maß von Art. 14 Abs. 2 GG hinaus beeinträchtigt und diese Beeinträchtigung würde einer Enteignung gleichkommen.

3.

a) Kündigung vom 27.01.2020 (Klageschrift)

Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass kein Zahlungsrückstand bestand. Zum Zeitpunkt der Kündigung habe der Beklagte die Pacht für 2020 nicht gezahlt und die Pacht für 2018 und 2019 sei nicht auf dem Konto der Klägerin eingegangen. Die Kündigung vom 27.01.2020 sei zumindest auch dahin auszulegen, dass die Klägerin die laufende Pacht für 2020 anmahnte, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetroffen war.

Zudem sei die Klage als Abmahnung für die vertragswidrige Nutzung der Kleingärten auszulegen, denn gleichzeitig mahnte die Klägerin zu große Pachtgrundstücke und zu große Häuser an.

b) Kündigungen vom 09.07.2020 und vom 25.04.2022

Die Abmahnung sei entgegen der Ansicht des Landgerichts hinreichend konkret erfolgt. Die Abmahnung sei anhand von Fotos, die die Wohnnutzung sowie zu großen Lauben darstellen, erfolgt. Der Abmahnung sei konkret zu entnehmen gewesen, welches Verhalten abgestellt werden soll und auch, dass es darum geht, diese Art der Nutzung zu unterbinden. Die Klägerin müsse keine einzelnen Parzellen angeben, weil die Grundstücke im Ganzen verpachtet sind. Zudem hätte das Landgericht den Schriftsatz der Klägerin vom 25.04.2022 berücksichtigen müssen, indem die Größe der einzelnen Parzellen und deren Bebauung dargestellt ist. Es sei deshalb unklar, was das Landgericht damit meine, wenn es ausführt, der Beklagte könne daraus kein mögliches Verhalten ableiten. Die Kündigung wegen der fehlenden kleingärtnerischen Nutzung bzw. des Dauerwohnens sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil dies in den Jahren vor 2019 nicht beanstandet worden ist. Denn die Klägerin ging davon aus, dass der Vertrag befristet war, sodass sie deshalb keine Rüge aussprach. Soweit das Landgericht unter Berufung auf die Entscheidung des OLG München (OLG München Schlussurteil v. 19.8.2021 – 32 U 3372/17, BeckRS 2021, 43655) § 314 Abs. 3 BGB anwende, stehe dies im Widerspruch zu der Entscheidung des BGH (BGH Versäumnisurteil v. 13.7.2016 – VIII ZR 296/15, BeckRS 2016, 15271), wonach § 314 BGB auf die Kündigungen gemäß §§ 543, 569 BGB keine Anwendung findet.

c) Kündigung vom 23.12.21

Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei für die Kündigung vom 23.12.21 keine Abmahnung erforderlich gewesen, weil sie ihren Zweck nicht erfüllen konnte. Denn der Beklagte habe sich bis heute nicht die Mühe gemacht, sich nach dem richtigen Konto zu erkundigen, sondern zahle einfach nicht. Im Übrigen genüge der Vortrag in der Klageschrift, denn daraus gehe eindeutig hervor, dass die Klägerin keinen weiteren Zahlungsverzug dulden würde.

4. Fehlende Herausgabe wegen 10 Abs. 3 Bundeskleingartengesetz.

Das Landgericht habe bereits nicht darauf hingewiesen, dass § 10 Abs. 3 BKleingG in Betracht komme. § 10 Abs. 3 BKleingG ändere aber nichts am Herausgabeanspruch gegen den Beklagten, soweit dieser den mittelbaren Besitz ausübe. Das tue er weiterhin.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 24.08.22, das dem Beklagten 2022 zuging, erneut die fristlose Kündigung wegen des andauernden Zahlungsverzugs für das Jahr 2020 und gemäß § 9 Abs. 1 BKleingG erklärt.

Die Klägerin beantragt:

Unter Abänderung des am 14.06.22 verkündeten Urteils des Landgerichts Potsdam – Az. 4 O 167/21 – wird der Beklagte verurteilt, die Grundstücke …, …, …/1, …/2, …/1, …/2, …, …, … der Flur … in B… (P…) mit einer Gesamtgröße von 24.171 m² an die Nebenintervenientin herauszugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Zu dem behaupteten Zahlungsverzug mit der Pacht für 2020 legt er in zweiter Instanz einen Kontoauszug vor, aus dem sich eineÜberweisung vom 11.12.2019 an den Geschäftsführer der Klägerin mit dem Verwendungszweck: „Pacht 2020, KGA F... S..., H... und B... V...“ ergibt.

Die Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 04.11.2022 (OVG 2 A 9.19, BeckRS 2022, 32432) war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Nachdem die Klägerin die streitbefangenen Grundstücke an die Nebenintervenientin veräußert hat, bleibt sie klagebefugt gemäß § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO. Die Änderung des Klageantrags auf Herausgabe an die Nebenintervenientin ist sachdienlich (§ 263 ZPO). Denn der Kläger muss in derartigen Fällen aufgrund der veränderten materiellen Rechtslage Leistung an den Rechtsnachfolger verlangen (BGH Urt. v. 28.9.1982 – VI ZR 221/80, BeckRS 1982, 30404792). Die Nebenintervenientin ist als nunmehrige Eigentümerin der streitbefangenen Grundstücke auch Partei des zwischen den Prozessparteien bestehenden Zwischenpachtvertrags geworden (§ 4 Abs. 1 BKleingG i.V.m. §§ 581 Abs. 2, 578 Abs. 1, 566 BGB).

2.

Der Nebenintervenientin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Herausgabe der streitbefangenen Grundstücke aus § 4 Abs. 1 BKleingG i.V.m. §§ 581 Abs. 2, 578 Abs. 1, 546 Abs. 1 BGB oder aus § 985 BGB zu.

Der Zwischenpachtvertrag ist weder durch Fristablauf beendet noch wirksam von der Klägerin gekündigt worden.

a)

Der Zwischenpachtvertrag ist trotz der anderslautenden Vereinbarung gemäß § 6 BKleingG nicht befristet. Er endete mithin nicht zum 31.07.2018, wie in § 2 des Zwischenpachtvertrages vereinbart ist. Die Vereinbarung der Befristung des Vertrages gemäß § 2 des Zwischenpachtvertrages ist mit dem Inkrafttreten des Bebauungsplans der Landeshauptstadt Potsdam zum 28.12.2017, der die Festsetzung als Dauerkleingärten bestimmt, gegenstandslos geworden.

Mit dem Zwischenpachtvertrag haben die Klägerin und der Beklagte ausweislich der Zweckbestimmung in § 1 einen Vertrag zur Nutzung der überlassenen Fläche als „Dauerkleingarten/Kleingarten“ geschlossen. Der Zwischenpachtvertrag gilt damit nach § 6 BKleingG als auf unbestimmte Zeit geschlossen, weil es sich um einen Kleingartenpachtvertrag über Dauerkleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes handelt. Ein Dauerkleingarten im Sinne des § 1 Abs. 3 BKleingG liegt vor, weil die Kleingärten auf den streitbefangenen Grundstücken auf einer Fläche liegen, die im Bebauungsplan als Grünfläche für Dauerkleingärten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB festgesetzt ist.

aa)

Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass die ordnungsgemäße Bekanntmachung des Bebauungsplans erst am 05.09.2019, also zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die vereinbarte Vertragslaufzeit schon verstrichen war.

Gleichwohl folgt aus der gemäß § 214 Abs. 4 BauGB vorgesehenen Rückwirkung des Inkrafttretens der Satzung (§ 10 Abs. 3 S, 4 BauGB), dass noch während der Vertragslaufzeit ein wirksamer Bebauungsplan mit einer Festsetzung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB vorlag. Ausweislich der Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 04.11.2022 - OVG 2 A 9.19, BeckRS 2022, 32432) ist der hier maßgebliche Satzungsbeschluss der Stadtverordnetenversammlung zum Bebauungsplan rückwirkend zum 28.12.17 Kraft getreten.Zu diesem Zeitpunkt bestand der Vertrag zwischen den Parteien noch. Die Regelung in § 6 BKleingG steht nicht zur Disposition der Parteien.

bb)

Der Senat sieht es als unerheblich an, dass bei Vertragsabschluss der Bebauungsplan noch nicht vorlag. Für eine restriktive Auslegung des § 6 BKleingG, die Norm nur auf nach dem Inkrafttreten des Bebauungsplans abgeschlossene Kleingartenpachtverträge anzuwenden, besteht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes keine Veranlassung.

Die von der Klägerin angeführten Beispiele, die eine Rückwirkung auf bereits bestehende Vertragsverhältnisse bei einer Änderung des Gesetzes betreffen, sind nicht einschlägig. Anders als in den angeführten Beispielen zu §§ 16 Abs. 2-4, 20a Abs. 2 BKleingG, Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB, betrifft der vorliegende Fall nicht eine Änderung eines Gesetzes und den hieraus resultierenden Vertrauensschutz. Die Übergangsvorschriften des Art. 229 EGBGB beruhen z.B. darauf, dass die damit insgesamt erfassten Vertragsverhältnisse teilweise schon lange Zeit vor Inkrafttreten der auf sie anzuwendenden Reformbestimmungen begründet worden waren und sich die Vertragsparteien auf die bis dahin geltende Rechtslage eingestellt hatten. Deshalb enthält die Vorschrift für die Bereiche, in denen das frühere Recht durch die Reform erheblich geändert worden ist, die aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit erforderlichen Übergangsregelungen für die bestehenden Vertragsverhältnisse (vgl. BeckOGK/Wendtland EGBGB Art. 229 § 3 Rn. 2). Hier geht es indes nicht um den Vertrauensschutz bei einer Änderung eines Gesetzes, sondern um die zivilrechtliche Rechtsfolge eines Bebauungsplans. Es fehlt schon in tatsächlicher Hinsicht an einem Vertrauenstatbestand vor dem Abschluss des Vertrages, weil die Planungen der Landeshauptstadt P... schon seit 2009 bekannt waren. Denn schon am 02.12.2009 fasste die Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt P... für das Gebiet einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan, der in dem betreffenden Bereich Kleingärten vorsah. Folgerichtig werden diese Überlegungen in dem Zwischenpachtvertrag auch aufgegriffen, indem dort unter § 1 die Nutzung der Flächen als „Dauerkleingarten/Kleingarten“ beschrieben wird.

Die Klägerin erleidet durch die Anwendung des § 6 BKleingG auch keinen wesentlichen Rechtsnachteil. Denn die Klägerin darf aufgrund des gültigen Bebauungsplans ihre Grundstücke nicht anders nutzen. Die im Bebauungsplan enthaltene Festsetzung stellt die ortsrechtlich verbindliche Nutzungsregelung dar, der die im Plangebiet gelegenen Grundstücke unterworfen sind. Flächen, die als Dauerkleingärten festgesetzt sind, dürfen und sollen letztendlich auf Dauer – solange der Bebauungsplan nicht geändert wird – nur kleingärtnerisch genutzt werden (so schon zum Gesetzentwurf des Bundeskleingartengesetzes: BT-Drs. 9/1900 S.10). Denn der Bebauungsplan enthält gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 BauGB die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung. Die Klägerin dürfte deshalb, selbst wenn man entgegen § 6 BKleingG die Befristung als wirksam ansehen würde und der Vertrag beendet wäre, die betroffenen Flächen nicht anders nutzen als im Bebauungsplan vorgesehen; nämlich als Dauerkleingärten.

cc)

Der Senat hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken, § 6 BKleingG in der hier vorliegenden Konstellation anzuwenden. Das Grundrecht der Klägerin in Art. 14 Abs. 1 GG wird hierdurch nicht verletzt. Denn die Anwendbarkeit der §§ 1 Abs. 3, 6 BKleingG ist nur die zivilrechtliche Folge des Bebauungsplans. Der Eingriff in das Grundrecht der Klägerin erfolgte durch den Satzungsbeschluss der Landeshauptstadt P.... Mit dem Schutz des Privateigentums der Klägerin bzw. der Nebenintervenientin durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG hat sich das OVG Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung über den Normenkontrollantrag ausführlich auseinandergesetzt und festgestellt, dass die Landeshauptstadt P... die Rechte der Grundstückseigentümer ordnungsgemäß bei ihrer Abwägung berücksichtigt hat. Dabei hat sich das OVG Berlin-Brandenburg ausführlich mit den Einschränkungen bei der Verpachtung der Grundstücke gemäß §§ 1 Abs. 3, 6 BKleingG auseinandergesetzt (OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O. Rn. 71, 72).

b)

Die Klägerin unterlag bei Abschluss des Zwischenpachtvertrages zur Überzeugung des Senats auch keinem Irrtum. Sie wurde auch nicht von dem Beklagten getäuscht (§ 123 Abs. 1 BGB). Die Klägerin trägt zu Ihrer Kenntnis über die Planung der Stadt P... unvollständig vor. Sie hatte trotz ihres gegenteiligen Vortrags Kenntnis von dem Vorhaben der Stadt P.... Das ergibt sich schon aus der Formulierung des Nutzungszwecks „Dauerkleingarten/Kleingarten“ im Zwischenpachtvertrag. Zudem rügte sie mit Schreiben vom 20.09.2016 – knapp 2 Monate nach Vertragsabschluss – ausweislich des Tatbestandes des Urteils des OVG Berlin-Brandenburg (a.a.O.) die planungsrechtliche Festschreibung der Nutzung als Kleingärten sei nicht erforderlich und greife in unverhältnismäßiger Weise in ihre Rechte als Eigentümerin ein. Zu Recht führt das Landgericht deshalb in dem angefochtenen Urteil aus, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses für beide Vertragsparteien nicht fernliegend gewesen sein dürfte, dass es zu dem Erlass eines Bebauungsplans kommen könnte; zumal bereits 2014 die Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt wurde. Die Klägerin dürfte auch deshalb Kenntnis von den Planungen der Landeshauptstadt P... zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gehabt haben, weil sie ausweislich des Urteils des OVG Berlin-Brandenburg (a. a. O.) wusste, dass es sich bei den streitbefangenen Grundstücken um Flächen im Außenbereich gemäß § 35 BauGB handelte. Denn die Landeshauptstadt P... lehnte deshalb einen Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Vorbescheides für die Bebauung der streitbefangenen Fläche mit 8 zweigeschossigen Einfamilienhäusern mit Bescheid vom 18.06.2015 ab. Der Senat vermag deshalb keinen Irrtum der Klägerin und keine Täuschung durch den Beklagten zu erkennen.

c)

Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung eine wirksame Kündigung des Zwischenpachtvertrages verneint.

aa) Kündigung vom 16.05,2019

Die Kündigung mit Schreiben vom 16.05.2019 bleibt ohne Wirkung, weil sie offenbar als eine ordentliche Kündigung gemeint ist, aber keinen Grund zur Kündigung im Sinne des § 9 BKleingG nennt.

bb) Kündigungen wegen Zahlungsverzugs (§ 8 Nr. 1 BKleingG) mit der Klageschrift vom 27.01.2020 und mit Schriftsatz 23.12.2021

Die Kündigung mit der Klageschrift vom 27.01.2020 wegen Verzugs mit der Zahlung des Pachtzinses ist ebenfalls unwirksam. Aus der Klageschrift ist schon nicht ersichtlich, für welches Jahr Zahlungsverzug bestehen soll. Die Klägerin beschränkt sich darauf mitzuteilen, dass die nach Angaben des Beklagten auf ein benanntes Konto am 13.12.2018 gezahlte Pacht bei ihr nicht eingegangen sei. Darüber hinaus hat das Landgericht zutreffend dargelegt, dass der Beklagte mit der Pachtzahlungen für das Jahr 2018 und für das Jahr 2019 nicht in Verzug war, weil die Zahlungen an den Geschäftsführer der Klägerin Erfüllungswirkung hatten. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die zutreffenden Gründe des landgerichtlichen Urteils. Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin zwar über ihren Geschäftsführer die am 13.12.2017 und am 13.12.2018 überwiesenen Beträge entgegennahm, die angeblich ausstehenden Zahlungen aber erst mit dem Schreiben vom 16.05.2019 rügte. Das ist rechtsmissbräuchlich. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Geschäftsführer der Klägerin nach Erhalt der Zahlungen den Beklagten darauf hingewiesen hätte, er sei der falsche Empfänger und anschließend die Beträge an den Beklagten zurück überwies. Das aber wäre zu erwarten gewesen, wenn der Geschäftsführer der Klägerin sich nicht als der richtige Empfänger für die Klägerin gesehen hätte.

Die Kündigung mit Schriftsatz vom 23.12.2021 wegen Zahlungsverzugs ist ebenfalls unwirksam. Es bestand kein Zahlungsrückstand. Die Zahlung der Pacht für das Jahr 2020 erfolgte – was die Klägerin nicht bestritten hat - ausweislich des in zweiter Instanz vorgelegten Kontoauszugs des Beklagten durch Überweisung vom 11.12.2019 an den Geschäftsführer der Klägerin mit dem Verwendungszweck: „Pacht 2020, KGA F... S..., H... und B... V...“. Insoweit gilt für die Erfüllungswirkung dasselbe wie bei den Überweisungen 2017 und 2018.

Der Senat teilt hinsichtlich der am 13.12.2021 erfolgten Überweisung der Pachtzahlungen für die Jahre 2021 und 2022 - unabhängig von der zudem fehlenden Mahnung in Textform gemäß § 8 Nr. 1 BKleingG - die Auffassung des Landgerichts zu der Erfüllungswirkung der Zahlung auf das Anderkonto der Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass eine Berufung auf die fehlende Empfangszuständigkeit der Prozessbevollmächtigten treuwidrig ist. Denn nachdem die Klägerin mit ihrer Kündigung den Beklagten darauf hingewiesen hatte, dass sie Zahlungen auf das dem Beklagten bekannte Konto ihres Geschäftsführers nicht mehr akzeptiere, teilte sie dem Beklagten kein anderes Konto mit.

cc) Kündigungen mit Schriftsatz vom 09.07.2020 und mit Schriftsatz vom 25.04.2022

Die Kündigung vom 09.07.2020 wegen der rechtswidrigen Nutzung der streitgegenständlichen Grundstücke zum Wohnen gemäß §§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG ist unwirksam, weil es an einer hinreichend konkreten Abmahnung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG) durch die Klägerin mangelt.Das ordentliche Kündigungsrecht nach § 9 Nr. 1 BKleingG setzt eine in Textform abgegebene Abmahnung des Verpächters voraus. In der Abmahnung müssen die Verstöße, die der Verpächter als möglichen Kündigungsgrund ansieht, genau bezeichnet werden (OLG München Schlussurteil v. 19.8.2021 – 32 U 3372/17, BeckRS 2021, 43655). Die Abmahnung muss die vermeintlichen Pflichtverstöße so genau bezeichnen, dass der Vertragspartner in die Lage versetzt wird, anhand der Angaben Abhilfe zu schaffen.

Eine solche Abmahnung ist vor der Kündigung vom 09.07.2020 nicht erfolgt. Das Landgericht hat hierzu zu Recht ausgeführt, dass der Vortrag der Klägerin in der Klageschrift und in dem Schriftsatz vom 08.04.2020 diesen Anforderungen nicht genügt. Der Klageschrift sind sieben Lichtbilder beigefügt und die Klägerin führt hierzu aus, dass mindestens die Hälfte der 50 Häuser/Lauben mehr als 24 m² groß seien; vier davon über 100 m². Ein Großteil sei zum dauerhaften Wohnen geeignet. Mit Schriftsatz vom 08.04.2020 forderte die Klägerin den Beklagten auf, jegliche unberechtigte Nutzung abzustellen, die darauf beruht, dass die Nutzer auf dem Gelände wohnen, die Häuser größer als 24 m² sind und die Grundstücke nicht oder nicht ausreichend zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf nutzt. Diese Angaben genügen nicht. Denn danach bleibt es dem Beklagten überlassen, die vermeintlichen Pflichtverstöße ausfindig zu machen. Aus diesem Grund würde der Senat auch keinen Beweis über die Behauptungen der Klägerin erheben, weil es dem Senat überlassen bliebe, die mit mindestens die Hälfte pauschal bezeichneten Häuser/Lauben ausfindig zu machen. Zu der behaupteten Wohnnutzung und der nicht kleingartengerechten Bewirtschaftung der Parzellen ist der Vortrag der Klägerin noch weniger konkret.

Auch vor dem Ausspruch der Kündigung mit Schriftsatz vom 25.05.2022 ist bis auf 4 Ausnahmen keine hinreichende Abmahnung erfolgt. Zwar kann die unwirksame Kündigung vom 09.07.2020 selbst als Abmahnung ausgelegt werden. Sie enthält aber bis auf die genannten Ausnahmen keine hinreichende weitergehende Konkretisierung der vorgeworfenen Pflichtverletzungen. Auch hier führt die Klägerin pauschal aus, dass mehr als 40 Grundstücke (von insgesamt 69 Parzellen) mit einem Haus bebaut seien, das größer als 24 m³ sei.

Die Klägerin legt aber zu vier Parzellen (27, 32, 36, 61) Lichtbilder vor, die Lauben mit einer Größe von mehr als 24m² zeigen und rügt die Übergröße der Parzellen. Hierauf kann die Klägerin aber eine Kündigung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG nicht stützen. Der Beklagte hat hierzu unwidersprochen im Schriftsatz vom 05.05.2022 vorgetragen, dass die Parzelle 27 sich auf einem Flurstück befindet, das gar nicht im Eigentum der Klägerin steht. Zu den weiteren Parzellen hat der Beklagte sich in erster Instanz unwidersprochen darauf berufen, dass die Gartenlauben vor dem Beitritt errichtet wurden und den damaligen rechtlichen Vorschriften entsprachen. Insoweit aber greift der Bestandsschutz gemäß § 20a Nr.7 BKleingG. Auch mit der Berufungsbegründung hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt, dass die Lauben vor dem Beitritt in Einklang mit den damaligen rechtlichen Vorgaben errichtet wurden. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung lediglich ausgeführt, dass der Bestandsschutz deshalb nicht greife, weil der Beklagte sich auf § 6 BKleingG berufe, der erst im Laufe des Vertrages Geltung erlangt haben könnte. Diese Auffassung geht fehl. Vor dem 03.10.1990 rechtmäßig errichtete Lauben, welche die in § 3 Abs. BKleingG vorgesehene Größe von 24 qm Grundfläche überschreiten, genießen rechtlichen Schutz (§ 20a Nr. 7 BKleingG). Das ergibt sich aus dem Bestandsschutz, der seinerseits auf Art. 14 Abs. 1 GG beruht. Das einmal legal errichtete Bauwerk ist auch bei einer späteren Änderung der Sach- und Rechtslage in seinem Bestand geschützt. Es darf weiterhin wie bisher genutzt werden. Der Bestandsschutz bezieht sich auf die bauliche Anlage selbst. Er ist objekt-, nicht subjektbezogen. Es kommt daher nicht darauf an, wer die Anlage errichtet hat. Der Bestandsschutz erlischt auch nicht bei einem Pächterwechsel, sondern erst dann, wenn das Bauwerk nicht mehr vorhanden ist, bzw. wenn (reine) Instandsetzungsmaßnahmen nicht mehr geeignet sind, die Funktion des Bauwerks zu erhalten (Hinweise des Bundesbauministeriums zur Rechtslage der Kleingärten, LKV 1992, 326 – zitiert nach Beck-online).

Auch die vorgetragene Übergröße der Parzellen ist nicht geeignet, eine Kündigung zu rechtfertigen. § 3 Abs. 1 S. 1 BKleingG stellt eine gesetzliche Regelung der zulässigen Gartengröße vor. Demnach soll ein Kleingarten nicht größer als 400 m² sein. Die Regelung des § 3 Abs. 1 S1. BKleingG stellt jedoch lediglich eine Soll-Vorschrift dar. Sie gilt für neu zu errichtende Kleingartenanlagen. Bestehende Anlagen werden durch diese Vorschrift nicht berührt, solange nicht eine Neuordnung der Anlage im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG durchgeführt wird (vgl. OLG München Schlussurteil v. 19.8.2021 – 32 U 3372/17, BeckRS 2021, 43655). Damit ist die Vorschrift auf die vorliegenden Anlagen nicht anwendbar.

dd) Kündigung vom 24.08.2022

Aus den oben angeführten Gründen ist die Kündigung gemäß 8 Nr. 1 BKleingG wegen des Zahlungsverzugs für das Pachtjahr 2020 unwirksam. Auch die mit diesem Schreiben ausgesprochene Kündigung gemäß § 9 Abs. 1 BKleingG bleibt aus den genannten Gründen ohne Erfolg

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Verfahren beträgt gemäß §§ 8, 9 ZPO den dreieinhalbfachen Wert der Jahrespacht (3 x 2.47169 € = 8.650,92 €).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.